wie dies im Gesetzentwurf, betreffend das Anerbenrecht bei Renten—
und gie n e, rn, ee vorgesehen ist. (.
stei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ ein:
Meine Herren! Die gegenwärtige Vorlage beschäftigt Sie zum zweiten Male. Die Staatsregierung hat in diesem Jahre mit Ein⸗ bringung der Vorlage einen anderen Weg eingeschlagen als im vorigen Jahre. Im vorigen Jahre wurde die Vorlage zuerst an das Abgeordnetenhaus gebracht. Dort fand eine sehr eingehende Be⸗ rathung statt, auf die ich näher eingehen werde. Das Abgeordneten ⸗ haus erklärte sich für die Vorlage, gewährte auch im Budget diejenigen Mittel, die für die Ausführung der Vorlage erforderlich waren. Dann gelangte die Vorlage an das Herrenhaus, und im Herrenhause wurde sie abgelehnt. Dieselben Gründe, meine Herren, welche heute hier vorgebracht sind, welche bei der Behandlung der Vorlage im vorigen Jahre im Herrenhause dargelegt wurden, sind auch Gegenstand sehr eingehender Prüfung und Verhandlungen im Abgeordnetenhause gewesen. Das Abgeordnetenhaus verlangte an ⸗ fänglich in seiner Kommission: die Regierung solle zusichern, im nächsten Jahre eine Gesetzesvorlage zu machen, durch welche die Zu⸗ ständigkeit der General⸗Kommission eingeschränkt, die Zuständigkeit der Selbstverwaltungkorgane bei der Ausgebung von Renten gütern verstärkt würde, und machte die Zustimmung zu der Gesetzes vorlage, betreffend Herstellung einer General ⸗Kommission in Königsberg, von der vorerwähnten, von der Staatsregierung geforderten Zusicherung abhängig. Nachdem in der Kommission des Abgeordneten⸗ hauses aber eingehend sowohl der staatsrechtliche Standpunkt zu einem olchen Beschluß des Abgeordnetenhauses wie auch die materiellen Bedenken gegen solchen Beschluß Gegenstand eingehendster Verhand⸗ lungen gewesen waren, überzeugte sich das Abgeordnetenhaus, daß es nicht richtig sei, die Zustimmung zu einem Gesetzentwurf, der eine ganz andere Frage betraf, abhängig zu machen von einer Zusicherung der Staatsregierung, welche auf einem ganz anderen Gebiet lag. Also aus diesem Grunde ließ das Abgeordnetenhaus seine ursprünglich beabsichtigten Bedingungen fallen und erklärte, nachdem die Königliche Staatsregierung gesagt hatte, wir sind in der Lage und gewillt, Eure Wünsche rücksichtlich dieser Dinge im Verwaltungswege zur Geltung zu bringen, seine Zustimmung zum Gesetzentwurf. Das Herrenhaus lehnte indessen die Vorlage ab, behielt und beharrte auf der Stellung, welche ursprünglich im Abgeordnetenhaus einge⸗ nommen worden war, und machte seine Zustimmung zum Gesetzentwurf davon abhängig, daß die Königliche Staatsregierung zusichern solle, im Verlauf des nächsten Jahres eine Gesetzvorlage, betreffend die Aus⸗ gebung von Rentengütern, vorzulegen, durch welche gesetzlich den Selbst⸗ perwaltungkorganen eine weitgehende Mitwirkung bei Ausgebung von Rentengütern eingeräumt werde.
Inzwischen hat sich die Sachlage vollständig verändert. Die Königliche Staatsregierung hat einestheils diejenigen Bedenken, welche hier und im anderen Hause bezüglich der Ausführung der Rentengutẽe⸗ gesetzgebung vorgebracht sind, widerlegt. Ich werde auf das betreffende statistishe Material noch näher eingehen. Die Königliche Staats- regierung hat die Zusage, die sie ertheilte, daß sie das, was das Herrenhaus und Abgeordnetenhauʒs wünschte, im . Ver⸗ waltungsweg ausführen werde, im vollsten Maße erfüllt. Durch eine Verfügung, die nicht einseitig vom Land⸗ wirthschafts⸗Minister ergangen ist, sondern auf einem Beschluß des Staats. Ministeriums beruht, ist den ausgesprochenen Forderungen voll⸗ ständig Rechnung getragen. Es ist also unrichtig, daß der Landwirth⸗ schafts⸗Minister ohne Zustimmung des Königlichen Staats⸗Ministe⸗ riums diese Verfügung wieder aufheben könne. Durch diese Ver- fügung sind nach allen Richtungen die materiellen Wünsche, welche in diesem Hause ausgesprochen wurden, erfüllt. Es ist unrichtig, wenn der Herr Referent gesagt hat, nach einer Richtung sei dies zwar ge⸗ schehen, nach der anderen Richtung nicht. Meine Herren, die erste Ziffer der Verfügung vom 25. Juli v. J. bezieht sich auf die wirthschaftlichen Fragen bei der Rentengutsbildung. Es heißt da, die Vorbedingungen für die Lebensfähigkeit der Rentengüter sollen mit größerer Beachtung der örtlichen Verhältnisse geprüft werden, und es wird angeordnet, die General- Kommissionen sollen sich bezüglich dieser wirthschaftlichen Fragen stets mit den Selbstverwaltungsorganen ins Benehmen setzen, deren Gutachten einholen und nach deren Gutachten verfahren, wenn sie nicht überzeugt seien, daß den Gutachten die sachliche Begründung fehle. Referent verlangt aber viel weiter Gehendes, er will nicht nur die Anhörung der Selbstverwaltungsorgane in den zur Zuständig⸗ keit der General⸗Kommission gehörenden Entscheidungen vor deren Abgabe, er fordert, daß, wenn die Zustimmung der Selbstverwaltungẽ⸗ organe nicht erfolgt, die Zuständigkeit der General -⸗Kommission zur Entscheidung aufhören soll. Mit anderen Worten, was ich im Vorjahre schon ausgeführt habe: die Entscheidung über die Bildung der Rentengüter nach der wirthschaftlichen Richtung hin soll in zwei Instanzen gelegt werden. Einer— seits sollen die Selbstverwaltungtorgane, andererseits die General⸗ Kommissionen darüber entscheiden. Das würde bedeuten, daß man Pferde vor und hinter den Wagen spannt. Dabei kann etwas Ver⸗ nünstiges nicht herauskommen. Nach meiner Auffassung ist, wenn das . Gutachten der Selbstverwaltungorgane eine sachliche Bedeutung hat, von unseren Behörden mit Sicherheit zu erwarten, besonders von quasi richterlichen Behörden, und das sind die General Kommissionen, daß sie solche sachlich begründete Gutachten in vollem Umfang beachten. Von der gegentheiligen Voraussetzung geht aber der Referent aus, wenn er sagt, die Anhörung der Selbstverwaltungsorgane genüge nicht.
Meine Herren, der zweite in der Verfügung ausgesprochene Punkt bezieht sich auf eine Frage, bezüglich deren auch der Herr Referent an⸗ erkennt, daß durch die ergangene Anweisung den vorjährigen Forde rungen des Herrenhauses Genüge geschehen sei, es betrifft besonders die Bildung von Kolonien. Darauf tiefer einzugehen, ist wohl nicht er⸗ forderlich. Meine Herren, wenn der Herr Referent anerkennt, daß in dieser Beziehung durchaus das Richtige angeordnet sei, so ist nach meiner Auffassung in beiden Richtungen
den Forderungen des Herrenhauses“ sachliche Genüge geleistet, aller⸗ dings im Verwaltungswege, während das Herrenhaus gesetzliche Regelung fordert. Wenn begründete Wünsche des Selbstverwaltung⸗ organs von den General · Sommissionen unbeachtet gelassen werden sollten, so steht ja jedem Betheiligten jederzeit das Recht zu, bei der vorgesetzten Behörde sein Beschwerdeverfahren, sei es beim Land⸗ wirthschafts · Minister, sei es bei dem Landeskulturgericht, die zugelassenen Rechtsmittel geltend zu machen. Ich glaube, meine Herren, mit dieser Darlegung bewiesen zu haben, daß die Lage, in der Sie gegenwärtig die Vor
in dessen
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lage berathen, eine wesentlich andere ist, als wie sie im vorigen Jahr vorlag. Im vorigen Jahr wurde ein Versprechen von der Staatsregierung gegeben; in diesem Jahre ist das Versprechen von der Staats ⸗ regierung bereits eingelöst, nur ist das Versprechen der Staats⸗ regierung nicht im Wege der Gesetzgebung, sondern im Verwaltungs⸗ wege erfüllt. . ;
Nun, meine Herren, halte ich aber staatsrechtlich für zweifellos, daß die Staatsregierung das, was sie im Verwaltungswege machen kann, nicht gezwungen werden kann oder darf — dafür den Weg der Gesetzgebung zu beschreiten. Das würde eine Einschränkung des Ver waltungsrechts der Staatsregierung bedeuten. Am wenigsten, meine Herren, sollte das Herrenhaus Veranlassung nehmen, in dieser Richtung in die Verwaltungsrechte der Staatsregierung eingreifen zu wollen.
Meine Herren, worum handelt es sich? Es handelt sich darum, daß thatsächlich feststeht, und es ist dies im vorigen Jahre und in diesem Jahre vom Abgeordnetenhaus und Herrenhaus bezw. von den Kommissionen dieser Häuser anerkannt, daß die sachliche Ueber⸗ bürdung der General · Rommission in Bromberg und zwar nicht allein mit Rentengutsgeschäften, sondern auch mit den übrigen zu ihrer Zuständigkeit gehörenden Geschäften so groß ist, daß es im Interesse der raͤschen und sachgemäßen Geschäftserledigung geboten ist, entweder eine Theilung der General ⸗Kommission in Bromberg vorzunehmen und eine zweite General ⸗Kommission in Königsberg zu errichten, oder die Zahl der Beamten bei der Bromberger Kommission so zu vermehren, daß die Geschäfte der General ⸗Kommission nicht ins Stocken gerathen. Die Staatsregierung ist nun übereinstimmend mit den Herren Ihrer Kommission sowohl in diesem wie im vorigen Jahre der Ansicht, daß es besser und richtiger sei, eine zweite General ⸗Kommission in Königs⸗ berg zu errichten, anstatt die schon an sich sehr große General⸗ Kommission in Bromberg um eine Zahl von Beamten zu vermehren. Nun werden gegen solche Maßnahmen aber zunächst Gesichtẽpunkte persönlicher Natur geltend gemacht, auf welche näher einzugehen ich ablehnen muß, weil solche Erörterungen persönlicher Natur überall für die in Frage stehende Entscheidung nicht in Betracht kommen. Darüber besteht jedenfalls Uebereinstimmung aller Herren, daß es nothwendig sei, eine Vermehrung der Bromberger Beamten herbeizuführen, wenn die Geschäfte rechtzeitig erledigt werden sollen; daß von den beiden Wegen, die da zu betreten sind, der zweck⸗ mäßigere der einer Errichtung einer General⸗Kommission in Königs⸗ berg ist, ist mit Recht nicht zu bestreiten. Unrichtig ist, was der Herr Referent vorher gesagt hat: daß ich in der Kommission gesagt habe, es fehle an Beamten, um eine zweite General ⸗Kommission zu errichten. Ich habe nur erklärt, daß hin und wieder Mangel an Feldmessern eingetreten sei; aber Beamte, um eine zweite General⸗ Kommission in Königsberg zu errichten, stehen uns in vollem Umfange zur Verfügung, und die Zahl der Feldmesser vermehrt sich von Jahr zu Jahr. Daraus sind also Gründe gegen die Errichtung einer zweiten Kommission nicht zu entnehmen. Während nun in dieser Richtung zwischen Staatsregierung und Landtag vollständiges Einverständniß besteht, während feststeht, daß es den Wünschen der Ansässigen des Verwal⸗ tungsbezirks und allen Verwaltungsorganen im Königsberger Bezirk entspricht, daß eine zweite Kommission in Königsberg errichtet werde, wird beantragt, aus Gründen, welche zu dieser Frage überall nicht in direkter Beziehung stehen, diese Errichtung abzulehnen. Von der Mehrheit Ihrer Kommission ist der Grund der Ablehnung ausdrück⸗ lich dahin präzisiert: man wolle die General ⸗Kommission in Königs⸗ berg ablehnen, um damit zu erklären, daß man mit dem Rentengesetz, mit dessen Folgen und mit der Handhabung des Rentengutsgesetzes nicht mehr einverstanden sei.
Meine Herren, daß man damit doch total heterogene Fragen mit einander unzulässiger Weise verquickt, habe zu beweisen in der Kom⸗ mission ich mich leider vergeblich bemüht. Ich habe den Herren, die diesen Standpunkt vertraten, klar zu machen gesucht, daß, wenn sie glauben, daß in der Handhabung des Rentengutsgesetzes Fehler gemacht werden, oder wenn sie annehmen, daß an sich der Erlaß dieses Gesetzes ein Fehler gewesen sei, da werde Abhilfe nach dieser Richtung dadurch nicht erreicht, daß man eine Behörde nicht genehmige, welche auch mit der Ausführung des Rentengutsgesetzes betraut ist. Ich habe dar⸗ gelegt, daß, wenn man in der Beziehung seine Ziele verfolgen wolle, man Beseitigung bejw. Aenderung des Rentengutsgesetzes zu beantragen habe. Nach meiner Auffassung ist das doch so klar, daß mit Recht dagegen nichts einzuwenden ist, aber, meine Herren, das war vergeblich.
Nun, meine Herren, führt mich das aber zu der Frage, die auch heute von dem Herrn Referenten gestreift ist: ‚Ist denn die Be— hauptung, daß das Rentengutsgesetz ein verfehltes Gesetz sei oder daß Ausführung große Fehler gemacht seien, oder daß schon jetzt die bedenklichsten Folgen des Gesetzes hervor— getreten seien, an sich oder etwa zum theil zutreffend?“ Der Herr Graf von der Schulenburg hat auch gestern bei Berathung des Anerbengesetzes solche Behauptung aufgestellt.
Meine Herren, vorab will ich Folgendes bemerken: Im vorigen Jahre wurde hier und im anderen Hause der Wunsch zu erkennen ge⸗ geben, daß, da es sich um völlig neue Maßnahmen handle, bezüglich deren es sich empfehle, Erfahrungen zu sammeln, so möge doch Bedacht darauf genommen werden, mit der Ausführung des Gesetzes ein langsameres Tempo einzuschlagen. Die Staatsregierung hat diesem Wunsche vollständig Rech⸗ nung getragen. Während im Jahre 1894 in Bromberg 1419 Renten—⸗ güter ausgewiesen wurden, ist infolge einer Weisung von der Staats⸗ regierung die Ausweisung in diesem Jahre auf 836 zurückgegangen, und während in der ganzen Monarchie im Jahre 1894 1902 Renten⸗ güter ausgewiesen wurden, sind in diesem Jahre in der ganzen Mon—= archie nur 1287 ausgewiesen. Also dem Wunsche beider Häuser ist vollständig Rechnung getragen. Im letzten Jahre ist die Zahl der in Bromberg erfolgten Ausweisungen von Rentengütern auf die Hälfte zurückgegangen.
Nun wird ferner, und das geschah auch im vorigen Jahre, die Behauptung aufgestellt, die Erfolge der Ausweisung von Rentengütern seien in hohem Grade bedenklich. Dabei werden Zahlen vorgeführt, die sich als falsch erweisen, die aber, weil sie von den Betheiligten aus solchen Provinzen vorgetragen wurden, welche von der Rentengutsgesetzgebung besonders berührt sind, in der öffent- lichen Meinung und bei der Staatsregieung sehr erhebliche Besorgniß hervorrufen müßten. Ich habe infolge dessen
Veranlassung genommen, auf das allersorgfältigste festzustellen, wie
K gestern gesagt hat, es
8 . 6
ihren Renten rückständig und haben: Stundungen erhalten, so hat sich der Herr Graf leider um eine Null geirrt. Es sind nur 382 Rentengutsnehmer mit ihren Renten rückständig und haben Stundung erhalten. Nach dem Stand vom 1. Dezember 1895 waren es 4521 Rentengutsbesitzer, die nach Ablauf des Frühjahrs bereits Renten zu zahlen haben, mit einer Rentenbelastung im Betrage von 1105 627 ½ Von diesen 4521 Rentengutsbesitzern haben nur 82, nicht wie Herr Graf Schulenburg gestern sagte 800 — Stundung beantragt. Es ist das 14/5 9 der Gesammtzahl. Die gestundeten Beträge belaufen sich auf 265 651 40 gegenüber der Ge⸗ sammtsumme von 1 105 726 4A, das sind 25 5/0. Die Anzahl der unter Zwangsverwaltung gestellten Güter ist 17, also 2/s o/o. Die Kosten, die auf die Zwangsverwaltung verwendet sind, betragen 1800 0 Die Zwangsverwaltang besteht noch in 11 Fällen, also ca. FosJ der Gesammtzahl. Die ist beantragt, aber noch nicht eingeleitet, in 6 Fällen. In den Zwangsversteigerungen hat der Fiskus bei Ueber⸗ nahme von Rentengütern im Bromberger Bezirk, auf den immer exemplifiziert wird, nur 7398 S6, dagegen im Frankfurter Bezirk 17 400 „ vorgelegt. Im Ganzen sind 29 Güter zur Zwangs —
bei diesen Zwangsversteigerungen betragen 24 798
Unter Hinweis auf meine gestrigen Ausführungen, daß die ersten Jahre für die Rentengutnehmer zweifellos die schwierigsten sind, weil sie meistens mit unmelioriertem Acker arbeiten, Gebäude, Inventar u. s. w. zu beschaffen haben, dürften die mitgetheilten, auf sorgfältigster Ermittelung beruhenden Zahlen beweisen, daß die Behauptungen derjenigen, welche sagen, die Erfolge der Rentengutsausweisung seien finanziell und wirthschaftlich in hohem Grade bedenklich, das Gesetz sei in seinen finanziellen und wirthschaft⸗ lichen Folgen gefährlich, man sei mit Rentengutsausweisungen un⸗ vorsichtig vorgegangen, vollständig widerlegt sind. Ich kann den Vorwurf nicht zurückhalten, daß man mit unrichtigen Darstellungen eine nicht berechtigte Beunruhigung bezüglich des Rentengutsgesetzes und dessen Folgen erzeugt hat. Die mitgetheilten Zahlen beweisen das Gegen⸗ theil, und dieselben sind mit der größten Sorgfalt aufgestellt worden. Abgesehen davon, daß, um die behaupteten, aber völlig widerlegten Ausführungen über die nachtheilige Wirkung des Rentengutsgesetzes und um die mit diesen Ausführungen verfolgten Ziele zu erreichen, der eingeschlagene Weg: die General⸗Kommission in Königsberg abzulehnen, ein nach jeder Richtung hin falscher Weg ist, so würden auch die Thatsachen, auf welche man dabei sich stützt, wie ich darlegte, in jeder Beziehung falsch dargestellt sein. Die Zahlen beweisen im Gegen— theil, daß der wirthschaftliche und finanzielle Erfolg bisher ein durchaus günstiger war.
Nun, meine Herren, möchte ich noch auf einen anderen Gesichts— punkt hinweisen. Zweifellos fällt die Ausführung des Renten⸗ gutsgesetzes in eine zur Zeit besonders ungünstige Periode. Bestände zur Zeit ein Aufschwung in der Landwirthschaft, so wäre der Erfolg der Gesetzgebung viel mehr gesichert als jetzt, wo die Landwirthschaft in so ungünstiger Lage sich befindet. Von dem Niedergang werden zweifellos die Rentengutsbesitzer mit betroffen wie alle übrigen Landwirthe.
Wenn ich diese Darlegungen zusammenfasse und mich kurz resumiere, so ist meine Behauptung, die Kommission verquicke Fragen heterogener Art mit einander, berechtigt. Ferner ist nicht zutreffend, daß die Staatsregierung, lediglich um mit Aus führung des Rentengutsgesetzes rascher vorzugehen, die Errich⸗ tung einer General⸗Kommission in Königsberg beantragt habe. Vielmehr liegt das Bedürfniß vor, die Geschäfte der General ⸗ Kom—⸗ mission in Bromberg rascher und sicherer zu erledigen, als das jetzt möglich ist, und um dies Ziel zu erreichen, soll eine zweite Behörde in Königsberg errichtet werden. Diese Behörde wird von dem Be— zirk, für welchen sie errichtet werden soll, von allen Betheiligten ge— wünscht. Die Errichtung ist nothwendig, wenn die Landwirthschaft im betreffenden Bezirknicht Nachtheile erleiden soll. Trotzdem beantragt die Mehrheit Ihrer Kommission die Annahme der Vorlage, und zwar aus dem Grunde, weil erhofft wird, wenn die General⸗Kommission in Königs⸗ berg abgelehnt werde, so habe das zur Folge, daß das Rentengutsgesetz nicht oder doch langsamer ausgeführt werde. Darin irrt man aber voll⸗ ständig. Die Staatsregierung steht vor zwei Alternativen: entweder sie errichtet die General. Kommission in Königeberg oder sie vermehrt das Personal der General ⸗Kommission in Bromberg, soweit als es erforderlich ist, um alle Geschäfte, also auch die Rentengutsaus⸗ weisungen, ordnungsmäßig und rasch zu bewältigen. Das Abgeord— netenhaus hat bereits die für beide Alternativen erforderlichen Mittel bewilligt. Ich habe in der Kommission bereits darauf hingewiesen, daß das Herrenhaus nach geltendem Staattrecht das Budget nur im Ganzen ablehnen oder bewilligen kann. Das Herrenhaus kann die hier in Frage stehenden Mittel also nur durch Ablehnung des Gesammtbudgets versagen. Die Entscheidung hier im Hause bezieht sich nur darauf, welche der
beiden Alternativen Sie wollen, und zwar entweder: Grrichtung einer zweiten General⸗Kommission in Königsberg, oder: Verstärkung der General⸗Kommission in Bromberg. Lehnen Sie die erste und zweckmäßigere Alternative ab, so ist die Staatsregierung gezwungen, die zweite Alternative auszuführen, nämlich der Bromberger General- Kommission soviel Beamten mehr zuzuweisen, wie zur ordnungẽ mäßigen Erledigung der Geschäfte erforderlich sind. Daß das nicht zweckmäßig und nicht vortheilhaft ist, ist auch in Ihrer Kommission anerkannt. Denn man erkannte an, daß es nicht richtig sei, alle Betheiligten des Königsberger Bezirks nach Bromberg hinzuweisen, sie damit zu weiten Reisen und Auslagen aller Art zu zwingen, die Geschäfte zu erschweren. Es werden auch dadurch Mehrkosten ent stehen, daß die Beamten von Bromberg häufige theure und weite Reisen in den Königsberger Bezirk zu machen haben. Wahrscheinlich werden an Reise⸗ und sonstigen Geschäftsunkosten der Bromberger General ⸗Kommission mehr Kosten erwachsen, als die Mehrkosten der Errichtung einer selbständigen Kommission in Königsberg gegenübet den Kosten der Beamtenvermehrung bei der Bromberger Kommission betragen.
Endlich, meine Herren, für Errichtung der Kommission in Königsberg in Frage stehen? Ich habe wiederholt das hier und im andern aue dargelegt. Von den im Ganzen 1306 Geschäftsgegenständen, die die General ⸗Kommission in Bromberg jetzt hat, bilden nur 403 Renten gutsausweisungen, die übrigen betreffen Konsolidationen, Theilungen
um welche Geschäfte handelt es sich, die
thatsächlich die Verhältnisse liegen. Wenn Herr Graf von der
u. s. w. Meine Herren, Sie wissen alle — Sie sind ja der grohen
seien Soo Rentengutsbesitze mit ö. Mehrzahl nach Landwirthe — daß für den Landwirth nichts folg en.
abgiebt, melioriert nicht mehr, ackert schlecht, in der Regel geht
Zwangsverwaltung
versteigerung gestellt, also o/o. Die Aufwendungen der Staats kasse
ö
schwerer und unbequemer ist, als wenn eine Konsolidation unnöthig lange hingeschleppt wird. Der, welcher seine Felder voraussichtlich
während des Konsolidationsverfahrens der Wirthschaftsbetrieb im Konsolidationsobjekt allgemein zurück. Um so mehr muß im Interesse der Landwirthschaft die möglichste Beschleunigung des Konsolidationsverfahrens erstrebt werden. Und das, meine Herren, ist auch mit der Zweck dieser Vorlage. Der Herr Referent Ihrer Kommission bezieht die Vorlage lediglich auf die Rentengutsausweisungen, welche erst in zweiter Linie mit in Betracht kommen. . Und nun zum Schluß, meine Herren, noch eine Bemerkung. Das Organisationsrecht der Regierung an sich kann nicht bestritten werden. Wenn es sich um Errichtung von Verwaltungsbehörden handelt, hat die Staatsregierung nur insoweit mit dem Landtage der Monarchie zu verhandeln, als sie für die Ausübung ihres Organi- sationsrechts Mittel vom Landtage beansprucht. Anders liegt aller⸗ dings die Frage im vorliegenden Fall. Die General-Kommissionen sind keine reine Verwaltungsbehörde, sie sind quasi richter⸗ liche Behörden, und ihr Zuständigkeitsgebiet ist durch die Gesetzgebung festgelett. Daraus ist zu erklären, daß in diesem besonderen Falle die Staatsregierung gezwungen ist, auch rück⸗ sichtlich der Bildung der General⸗Kommission, also auch bezüglich der Organisationsfrage die beiden Häuser des Landtags anzugehen. Han⸗ delte es sich um die Bildung einer reinen Verwaltungsbehörde, so würde, nachdem die Mittel für diese Bildung im Abgeordnetenhaus bewilligt sind, und Sie, meine Herren, nicht in der Lage sind, die⸗ selben abzulehnen, die Frage der Bildung der Behörde allein zur Zuständigkeit der Staatsregierung gehören. Nur weil es sich hier um eine General⸗Kommission, eine richterliche Be— hörde, handelt, nur darin liegt der Grund, weshalb hier ein Akt der Gesetzgebung zur Bildung der Behörde erforderlich ist. Meine Herren, bei dieser Lage der Verhältnisse, wo Ihnen aus⸗ nahmsweise das Recht der Zustimmung zur Bildung der Behörde zusteht, wollen Sie dies Recht gebrauchen, um etwas ganz Anderes von der Regierung zu erzwingen, als das, was mit der Bildung der Behörde zusammenhängt? Ob das mit der Stellung, welche das Herrenhaus zur Staatsregierung stets eingenommen hat, vereinbar ist, darüber will ich mich nicht weiter äußern. Wie die liberale Presse darüber denkt, haben Sie ja, meine Herren, wennn Sie die Zeitungen in den letzten Tagen gelesen, sehen können. Diese Presse folgert, daß das Herrenhaus wegen seiner Stellungnahme zur vorliegenden Frage einer Umgestaltung bedürfe.
Meine Herren, zu dieser Vorlage liegt ein Antrag vor, welcher lautet: das Herrenhaus spricht den Wunsch und die Erwartung aus, daß Folgendes geschehen soll u. s. w, daß also im Wege der Gesetz⸗ gebung möglichst das gewährt und festgelegt würde, was, wie ich dar— gelegt habe, im Verwaltungswege bereits gewährt ist. Auch in dieser Beziehung, meine Herren, habe ich in der Kommission namens der Staatsregierung, soweit ich dazu in der Lage war, das weitgehendste Entgegenkommen ausgesprochen. In der Kommission ist bereits mitgetheilt, daß zweifellos wegen einer ganzen Reihe von Fragen an die Aenderung der Rentengutsgesetzgebung berangetreten werden müsse. Die Staatsregierung ist gewillt, bei der Gelegenheit auch die Frage zu erwägen, ob und wie weit es sich empfiehlt, die Mitwirkung von Selbstverwaltungsorganen bei der Thätigkeit der General⸗Kom⸗ missionen im Wege der Gesetzgebung zu ordnen. Der Ge— danke, einer quasi richterlichen Behörde Laienelemente zur Prüfung rein wirthschaftlicher Fragen beizuordnen, ist mir persönlich ein durchaus sympathischer. Die Frage, ob das zweckmäßig, wird vom Staats Ministerium zweifellos in ernste, sorgfältige Erwägung genommen werden. Aber, meine Herren, ich habe bereits in Ihrer Kommission dargelegt, welche Schwierigkeiten bei solcher Aenderung der bestehenden Gesetzgebung zu überwinden sind. Das Zuständigkeitsgebiet der ver⸗ schiedensten Verwaltungsbehörden wird dabei berührt werden bejw. vielleicht grundlegend geändert werden müssen. Sie wissen alle, wie verwickelt dies Gebiet, wie schwierig es ist, darin ändernd einzugreifen. Es wird besonders schwierig sein, auf diesem Gebiet grundlegende Aenderungen eintreten zu lassen. Es sind dies Fragen, welche fast alle Ressorts berühren, die außer⸗ ordentlich komplizierter Natur sind, und die der sorgfältigsten Prüfung bedürfen. Ich habe bereits im vorigen Jahre ausgesprochen und spreche es auch in diesem Jahre wieder aus: der Staatsregierung muß Zeit und Muße gewäbrt werden, in eine sorgsame Prüfung auch nach der Richtung einzutreten, ob denn die Be⸗ deutung der Sache eine so erhebliche ist, daß man lediglich wegen dieser Fragen, die man entsprechend im Verwaltungswege ge⸗ ordnet hat, den Weg der Gesetzgebung betreten soll. In der Kom⸗ mission wurde auch gesagt, die General⸗Kommissionen haben sich überlebt, sie hätten in einzelnen Theilen der Monarchie ihre Geschäfte bereits vollständig durchgeführt, für sie liege kein genügendes Thãtigkeitgebiet mehr vor; diesen nicht der Gunst der Be⸗ völkerung sich erfreuenden Behörden eine neue Thätigkeit zuzuweisen, sei weder erwünscht noch zweckmäßig. Es ist auch geltend gemacht, die General⸗Kommissionen seien andere Be⸗ hörden geworden, als sie ursprünglich gedacht seien. Meine Herren, alle diese Gesichtspunkte sind gewiß zweckmäßig zu prüfen und zu er⸗ wägen, nur nicht bei diesem Anlaß. Diese Fragen werden richtiger erwogen, wenn die Frage einer veränderten wasserwirthschaftlichen Organisation beziehungsweise der Emanierung eines neuen Wasser— rechts oder ähnlicher Gesetze in Angriff genommen wird. Bei solcher Sachlage können Sie nicht wohl von der Staats—⸗ regierung die bestimmte Zusicherung fordern, daß sie schon etwa im nächsten Jahre, oder in kurzer Frist im Wege der Gesetz⸗ gebung die von Ihnen angeregten Fragen regelt. Das
fordert aber die vorliegende Resolution auch nicht. Dem ausgesprochenen Wunsche wird die Staatsregierung möglichst nachkommen.
Ich bitte um Entschuldigung, meine Ihre Zeit zu lange in Anspruch nahm, aber es handelte sich um eine prinzipiell und sachlich wichtige Frage, ich habe deshalb eingehender und länger mich zu der Frage geäußert. Zum Schluß, meine Herren, bitte ich Sie, gewähren Sie das, was die Regierung kraft ihres Rechts und im Interesse der Unterthanen beanspruchen zu müssen glaubt. (Bravoh
Herren, wenn ich
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schon verbessert worden. Man glaubte, daß die General⸗Kommi onen allmählich auf den Aussterbeetat gesetzt e könnten; . in den östlichen Provinzen sind sie wegen der Menge der Gemein⸗ heitstheilungen noch nicht entbehrlich. Es handelt sich bei dieser , lediglich um eine Erleichterung der General -⸗Kommission in Bromberg, und das ist entscheidend für die sachliche Beurtheilung und die Bewilligung der Vorlage. Die Resolution verlangt ein Gesetz, aber auf keinem Gebiete ist der Verordnungsweg so angemessen, . . 364 , . 6. . Die Er m . 6 e⸗
en zum Fortschreiten mit den Ansiedelungen. es⸗ halb empfehle ich nner die Annahme der k
Graf von Mirbach: Der Minister meinte, wir sollten auch die , der liberalen Presse über das Herrenhaus berück⸗ sichtigen. ir legen auf diese Aeußerungen gar kein Gewicht. Mein Standpunkt ist genau derselbe wie im vorigen Jahre,
ich lehne die Vorlage wieder ab. Die Regierung hätte unsere Wünsche in die Vorlage aufnehmen müssen, die Ber lin vom Juli v. J. hat sie nur theilweise erfüllt. Das bloße fah5 der Selbstverwaltungsbehörden genügt nicht, gegebenen Falls werden die General ⸗Kommissionen deren Gutachten einfach ignorieren. Wir haben das Vertrauen zu dem jetzigen Minister, daß er der Landwirth⸗ schaft helfen wird, aber wir haben nicht das Vertrauen, daß wir einer starken , , gegenüberstehen, und zwar seit 1890. Das zeigte das Zurückweichen der Regierung vor dem liberalen Ansturm . das Schulgesetz, obwohl eine feste Mehrheit für dasselbe por⸗
anden war. Die heutige Vorlage ist genau dieselbe wie im vorigen Jahre, wir lehnen sie .
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
. Ich möchte, da im übrigen die Sache so klar ist, daß es wirklich nicht nöthig ist, wieder aufs neue alle Gründe für und wider zu ent⸗ wickeln, nur an eine Bemerkung, die ich schon mehrmals gehört habe seitens des Herrn Grafen von Mirbach, anknüpfen. Er vergißt bei dieser Bemerkung die ganze Geschichte der Gesetzgebung, um die es sich handelt. Denn wie ist die Sache gegangen? Diese Rentenguts⸗ gesetzgebung, das erste und zweite Gesetz, ist zuerst und am entschiedensten in diesem hohen Hause (sehr richtig) von dem damaligen Führer der rechten Seite dieses Hauses, dem verstorbenen Geheimrath von Kleist“Retzow vertreten, und noch heute sind die linksstehenden Parteien Gegner dieser Gesetzgebung. (Sehr richtigh
Nan braucht nur Tag für Tag — möchte ich sagen — die Frei⸗ sinnige Zeitung' in die Hand zu nehmen, die diese Gesetzgebung unaufhörlich angreift. Man braucht sich nur zu erinnern, wie auch im dandtage bei der Berathung dieser Gesetzgebung die linksstehenden Parteien gegen sie gestimmt haben. Also die Sache so darzustellen, daß die Bildung von Rentengütern eigentlich dem Programm dieses hohen Hauses nicht entspräche, das würde durchaus irrig sein. Dies hohe Haus und gerade die rechte Seite hat immer den Grundgedanken vertreten, daß der Bauernstand erhalten werden müsse, und daß es wünschenswerth wäre, da, wo die jetzige Bodenauftheilung genügenden Raum für die Entwickelung des Bauernstandes nicht bietet, die Anzahl der kleineren und mittleren Güter zu vermehren, und lediglich diesen Zweck hat die Rentengutsgesetzgebung. Nun kann man sich ja gewiß von einem eingenommenen Standpunkt fortbewegen, wenn man sieht, man hat sich geirrt, die Erfahrungen haben das nicht be— stätigt, was man annahm. Gegenüber den Zahlen aber, die der Landwirthschafts⸗Minister angeführt hat — der Herr Staats⸗Minister Freiherr von Lucius hat schon darauf hin gewiesen — kann man doch unmöglich behaupten, daß wir mit diesen Bildungen ungünstige Erfahrungen gemacht haben. Es ist darauf hingewiesen worden, daß ein Bauernstand nicht künstlich geschaffen werden könne. Ja, künstlich gewiß nicht, es müssen in den betreffenden Gegenden die Verhältnisse danach liegen. Ich möchte gerade Herrn Grafen von der Schulenburg auf die geschichtlichen Verhältnisse in seiner eigenen Heimathsprovinz hinweisen. Wenn er die Sache histo⸗ risch studieren will, wird er finden, daß alle die Dörfer um den ganzen Harz herum, die das Schlußwort „rode“ haben, sämmtlich solche Kolonien, und die das Schlußwort „leben“ haben, die alten Urdörfer sind. Gerade am Harz zeigt sich das Gegentheil einer solchen Ansicht, und wir haben keine noch so uralte Provinz, wo nicht zwischen den alten Dörfern Koloniedörfer liegen, die heute in demselben Zustand sich befinden, wie die ältesten Uransiedelungen. Man kann doch auch nicht behaupten, daß die gewaltige Thätigkeit unserer alten Könige in Beziehung auf die Fortentwickelung des mittleren und kleinen Grund⸗ besitzes vergeblich gewesen ist. Friedrich der Große hat die Ein⸗ wohnerzahl in der Mark von 750 auf 1500 pro Quadratmeile ver⸗ mehrt, und wenn man nach dem Oderbruch geht, kann man doch nicht sagen, daß dort der blühende Bauernstand wieder verschwinden würde. Ich theile ganz die Auffassung des Herrn Grafen von Mirbach, daß man nicht zu schnell vorgehen muß, und ich glaube, daß man sich in der ersten Zeit etwas überstürzt hat, daß manche Fehler gemacht worden sind; das liegt auch in der Natur der Sache, denn es war ja eine ganz neue Aufgabe, die an die Behörde gestellt wurde, und daß da mal Mißgriffe vorkommen, das läßt sich nicht vermeiden. Materiell sind wir also ganz einig. Wie die von dem Herrn Minister ange⸗ gegebenen Zahlen beweisen, sind die Wünsche des Herrn Grafen von Mirbach — genauere Prüfung und größere Vorsicht, Einholung von Gutachten u. s. w. — thatsäch⸗ lich befriedigt. Herr Graf von Mirbach kann mit Recht ein Miß— trauen gegen die Königliche Staatsregierung nicht haben, daß sie in der Beziehung leichtsinnig sei, daß sie von den gemachten Erfahrungen keinen Gebrauch machen wolle. Die Staatsregierung hat ja doch ein großes Interesse daran, einmal nach der finanziellen Seite hin, daß mit Vorsicht verfahren wird — und die finanzielle Seite ist doch in der preußischen Verwaltung stets eine sehr starke (Heiterkeit), wie mir Herr Graf von Mirbach wohl zugeben wird —, dann auch im Interesse der Ansiedler selbst. Wenn viele kleine Leute verführt würden, in unangemessener Weise Kapitalien und Ersparnisse zu riskieren, so ist das doch eine schwere Verantwortung für die Staatsregie⸗ rung und die Behörden, die die Sache ausführen. Nun ist es merk würdigerweise gerade die General⸗Kommission in Bromberg, die das Mißfallen mehrfach erregt hat, und merkwürdigerweise diese General⸗ Kommission will man nicht nur konservieren, sondern verstärken und entwickeln. (Heiterkeit Ich sollte umgekehrt glauben, wenn man der Meinung ist, daß die General⸗Kommission in Bromberg — die ja schon den Fehler hat, so weit von Preußen entfernt zu sein, was bei dieser Sache, wo es auf lokale Verhältnisse ankommt, ein großer Mißstand ist — bisher Fehler gemacht hat, der natürliche Schluß wäre: nun, dann wollen wir lieber von dieser General⸗Kommission weg und in Preußen eine neue Kommission bilden. Das wäre nach meiner Meinung viel richtiger und würde die Wünsche der Herren viel mehr befriedigen. Ich kann mir auch nicht
Freiherr Lucius von Ballhausen: Die General. Kommis sind allerdings wenig populär, ihre Geschäftsgebahrung ist .
denken, daß die Provinz Preußen — ich habe auch aus Preußen
Stimmen gehört — allgemein eine solche General⸗Kom nich haben möchte. Ich glaube, wenn man in Preußen mal abstimmen lassen könnte, ob die General Commission in Königsberg errichtet werden soll, so wird die überwiegende Mehrheit der Provinz in ihrem Inter⸗ esse sich dafür erllären. Einzelne werden gewiß dagegen sein, aber die Mehrheit — das kann ich mir gar nicht anders denken — wird dafür stimmen. ;
Wenn einer anderen Provinz eine besondere Kommission geboten wird in der Hauptstadt dieser Provinz, so wird die Provinz sich sagen: diese General⸗Kommission wird unsere Verhältnisse viel genauer kennen lernen als eine entferntere, sie wird viel schneller arbeiten, unsere Eingesessenen werden viel weniger Wege und Kosten haben, sie wird das mit Freuden begrüßen, und ich kann mir unmöglich denken, daß es in der Provinz Preußen anders ist. Ich bin Über- zeugt: wenn das hohe Haus, da allerdings die Lage der Dinge nach den klaren Ausführungen des Herrn Ministers für Landwirthschaft heute eine andere ist als damals — wenn das hohe Haus dem Antrage der Regierung jetzt zustimmt, dann werden Sie der Provinz ein ange⸗ nehmes Geschenk mit nach Hause bringen. (Lebhaftes Bravo )
Graf zu Eulenbur ält die Erri ĩ . Kommission in Königsberg 4 i für ,,
Jahre habe er sich seiner Stimme enthalten, um die Zirk
LI sei politischen Freunde nicht zu stören; in seiner Heimath habe . 1
aber gewundert, daß ein Ostpreuße nicht dafür gestimmt habe. Di Situation sei jetzt eine andere, denn die Verfügung der g,, ic den Wünschen des Herrenhauses entgegengekommen, und er stimme jetzt für die Vorlage.
tei Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ ein:
Meine Herren! Nur drei kurze Bemerkungen! Erstens: Wenn ich Herrn Graf Mirbach richtig verstanden habe, so meinte er, die Forde⸗ rung einer gesetzlichen Regelung der angeregten Fragen habe in der vorliegenden Gesetzesvorlage Aufnahme finden können. Meine Herren, das war doch nicht möglich. Es handelt sich hier um ein Gesetz, betreffend Errichtung einer Behörde. Daß in einem solchen Gesetz die Fragen nicht geregelt werden könnten, um die es sich hier handelt, wird doch unbedingt zugegeben werden müssen.
Zweitens hat der Herr Graf gesagt, er befürchte, daß, wenn die gegenwärtige Staatsregierung bezw. der gegenwärtige Landwirthschafts- Minister auch ehrlich gewillt wäre, die Anordnung vom 24. Juli d. J. aufrecht zu erhalten, ein späterer Minister das nicht thue. Meine Herren, wenn einmal angeordnet ist, daß in gewissen Fragen die Selbstverwaltungsorgane gehört werden müssen, so halte ich es für unmöglich, daß man dieses Anhörungsrecht zurückzieht, das beweist die rückliegende Erfahrung. Dabei kommt die Frage der starken oder schwachen Regierung, wie der Herr Graf das ausführt, überall nicht in Betracht.
Nun hat Herr Graf drittens: die Befürchtung ausgesprochen, daß man die Gutachten der Selbstverwaltungsorgane nicht beachten werde. Darauf habe ich zu erwidern: einer solchen Behauptung fehlt jede thatsächliche Unterlage, während ich in der Lage bin, das Gegen⸗ theil zu beweisen. Die Anordnung vom 24. Juli v. J. besteht jetzt acht Monate, und in diesen acht Monaten sind die Selbstverwaltungs-⸗ organe, soweit sie bei der Auslegung von Rentengütern betheiligt waren, stets gutachtlich gehört. Noch kein einziger Fall ist aber vor⸗ gekommen, wo die Wünsche der Selbstverwaltungsorgane unberück⸗ sichtigt geblieben wären, geschweige denn ist eine Beschwerde darüber, daß dies nicht geschehen an mich gelangt. Damit ist erwiesen, daß bisber solche Gutachten stets volle Beachtung fanden, während Herr Graf Mirbach eine Vermuthung aufstellt, ohne irgendwie den Beweis dafür antreten zu können.
Die Debatte wird geschlossen und in namentlicher Ab⸗ stimmung die Vorlage mit 77 gegen 57 Stimmen angenommen
Die Resolution von Wiedebach wird abgelehnt. .
Schluß 5is/ Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend, 12 Uhr.
(Gesetz über die Taxordnung für Aerzte, Zahnä Vorlagen, Petitionen.) af zte, Zahnärzte 2c, kleinere
Haus der Abgeordneten.
ö 30. Sitzung vom 28. Februar 1896. ie zweite Berathung des Stagtshaushalts⸗ und zwar des Etats des vr fre nns . 246 lichen, Unterrichts⸗ und Medizinal-⸗Angelegen⸗ 2 . ach der gestern mitgetheilten Re P zewski (Pole) . 5. . F Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Herren! Ich habe der Rede des Abg. Dr. von Jazdzewski sehr aufmerksam zugehört, wie ich überhaupt gern mit ihm diskutiere. Aber ich habe den Eindruck empfangen, daß ihm die Antwort auf diese Rede eigentlich bereits gestern in vollstem Umfange ertheilt ist. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen und rechts; Zuruf des Abg. Dr. von Jazdzewski: Leider) Ich will mich deshalb darauf beschränken, in einigen Punkten der Behauptung des Herrn Dr. von Jazdzewski zu begegnen, als ob ich mich zu antworten scheute. Ich fürchte mich nicht weder vor dem Abg. von Jazdzewski, noch vor den Polen über- haupt (Lachen bei den Polen; Heiterkeit); ich habe auch keine Ursache mich zu fürchten. ß Was den Erlaß vom Februar 1876 anlangt, so babe ich gestern aus dem Grunde nicht geantwortet, weil ich mich neulich über diesen Erlaß ausführlich ausgesprochen habe (sehr richtig! bei den Nationalliberalen) und über meine Stellung dazu. Meine Herren, der Streit über diesen Erlaß ist nach meiner Ueberzeugung in diesem Augenblick ein rein theoretischer. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen) Auf dem ganzen Gebiet, den dieser Erlaß berührt auf dem Gebiete der Leitung des Religionsunterrichts besteht augen⸗ blicklich mit keinem einzigen katholischen Oberen ein Streit, der in einem konkreten Fall zum Ausdruck käme. (Hört! hört! rechts) Also meine Herren, warum soll ich mich darauf einlassen! ; Ich will Ihnen sagen, weshalb ich den Erlaß nicht ändern kann. Ich kann der katholischen Kirche, und will es, mit Gerechtigkeit und Billigkeit entgegenkommen bis zur äußersten Grenze; aber diese Grenze wird gebildet durch ein unübersteigliches Hinderniß: das ist die Staat ⸗ hoheit. Meine Herren, sobald die prinzipiellen Ansprüche der katho⸗ lischen Kirche dahin führen, irgend einen Eingriff in die Staatshoheit zu verlangen, so kann und darf ich das nicht zugeben, und ich will e auch nicht. (Bravo! bei den Nationalliberalen) Deshalb stehe ich
auf dem Punkte: lassen wir den theoretischen, doktrinären und r lipielln Streit und fuchen wir im Interefse des Vaterlandes