gemeinsamem Entgegenkommen uns zu verständigen da, wo es geht,
uad thatsächlich einen modus vivendi zu finden, damit die beiden Bekenntnisse versöhnlich und friedlich nebeneinander wohnen. Meine Herren, von allen Anführungen, die die Herren Polen machen, sind die allerunglücklichsten die Vorlesungen aus dem Besitz⸗ ergreifungspatent und Landtagsrezeß; denn die Herren lesen meist nur soweit, als es ihnen paßt, und wenn nachher die Stellen kommen, die ihren Ansprüchen entgegenstehen, so lassen sie sie weg. (Widerspruch bei den Polen) Das kann natürlich hier in der Debatte und der
Diskussion nicht immer kontroliert werden, heute kann ich es aber be⸗
weisen.
Im Jahre 1830 — die Herren sind ja noch weiter zurückgegangen mit ihren Begründungen — hat der zweite Landtag Beschwerde darüber geführt, daß die Behörden dem in dem Patent vom 15. Mai 1815 ausgesprochenen Allerhöchsten Willen nicht überall nachgehen, und hat
gebeten,
daß der König geruhen möge, den Einwohnern des Großherzogthums Posen ein Vaterland, wie es Allerhöchstdieselben diesen Ihren ge— treuen Unterthanen väterlich zugedacht haben, zu gewähren und die Vollstreckung Allerhöchstihres Willens beider Geschäftssprachen mächtigen Beamten anzuvertrauen.
Was ist nun darauf erwidert? Der Landtagsabschied vom 14. Februar 1832 weist die dem Patent vom 15. Mai 1815 gegebene Auslegung ganz entschieden zurück:
Den Bewohnern des Großherzogthums Posen sei durch ihre Ein⸗
verleibung mit Unserer Monarchie ein Vaterland gegeben worden. Das merken Sie sich, meine Herren, das ist die authentische Inter⸗ pretation dieses Patentes! Es wird der ernste Wille ausgesprochen, die Provinz Posen auch ferner nur als einen Bestandtheil unseres Reiches zu betrachten, und es werden die Stände gemahnt, sich ferner jeder willkürlichen Deutung des Königlichen Wortes gemessenst zu enthalten. Ja, meine Herren, das scheint mir doch deutlich zu sein. (Abg. Dr. von Jazdzewski: Das bestreite ich nicht,; Das hat aber der Abg. Motty gestern nicht mit vorgelesen.
Aehnlich verhält es sich mit einem Provinziallandtagsabschied
von 1841. Da heißt es — und auch das ist uns von den Herren polnischen Rednern nicht mitgetheilt:
In der untrennbaren Verbindung mit Unserer Monarchie hat das Nationalgefühl der polnischen Unterthanen Unserer Provinz Posen die Richtung seiner ferneren Entwickelung, die feste Schranke seiner Manifestation zu erkennen. Die Verschiedenheit der Abstammung, der Gegensatz der Namen Polen und Deutsche, findet seinen Ver⸗ einigungspunkt in dem Namen der einen Monarchie, des Staates, dem sie gemeinsam und für immer angehören, in dem Namen Preußen. Nicht ohne Verschuldung darf diese Thatsache verkannt und der Unterschied der Nationalität als Grundlage eines politischen Gegensatzes wieder hervorgerufen werden.
Nun, meine Herren, das ist es, wogegen wir uns wenden. Wir haben in der Provinz Posen eine exorbitante nationalpolnische Agitation, die darauf hinausgeht, ja die es offen ausspricht, daß der Hintergrund dieser ganzen Agitation die Bestrebung bildet, ein groß⸗ polnisches Reich zu stiften (Lachen bei den Polen), die polnische Nationalität wieder zu organisieren und dazu auch diejenigen preußischen Provinzen heranzuziehen, die niemals oder wenigstens seit Jahrhunderten nicht mehr zu Polen gehört haben, bei denen es sich einfach um polnische Sprachreste handelt. Daß wir solchem Gebahren entgegentreten, ja, meine Herren, darüber werden sich die Herren Polen nicht wundern dürfen. Ich frage die Herren Polen, was sie thun würden, wenn sie an unserer Stelle wären. Meine Herren, ich bin überzeugt, wir würden es sehr viel schwerer haben als die Polen unter der sanften und milden Regierung Preußens. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen und rechts.)
Nun hat der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski von der Gleich berechtigung auf dem Schulgebiete gesprochen; er hat sich darüber beklagt: wir bildeten nicht genug katholische Lehrer aus. Ich kann ihm darauf erwidern: die Zahl der polnisch sprechenden katholischen Seminarzöglinge hat sich auf den Seminarien erheblich vermehrt und wir werden in dieser Vermehrung fortfahren. Wir selbst haben ein Interesse daran; denn da auf der Unterstufe und auch auf der Mittel stufe die polnische Sprache zu Hilfe genommen werden muß, bedürfen wir selbst solcher Lehrer, die das Polnische verstehen. Dessen sind wir uns sehr wohl bewußt. Darauf kommt es Ihnen aber weniger an; die Herren Polen wollen, daß wir von Haus aus polnische, nationalpolnische Lehrer haben, und darauf legen wir gar keinen Werth; uns genügt vollständig, wenn wir Lehrer haben, die des Polnischen mächtig sind. Nun möchte ich aber den Herrn Abg. von Jazdzewski darauf aufmerksam machen, daß, wer in einem Glas⸗ hause wohnt, nicht wohlthut, wenn er mit Steinen wirft. Meine Herren, gerade auf dem Gebiete der Sprache fehlt es in der Provinz Posen sehr häufig an der Parität, die wir Deutschen zu beanspruchen hätten. (Sehr richtig! rechts) Es liegen mir sehr betrübende ernste Be⸗ schwerden vor, darüber, daß die Kinder von deutschen Katholiken in der Provinz Posen trotz der äußersten Bemühungen ihrer Eltern es nicht erreichen können, deutschen Kommunion und Beichtunterricht zu erhalten. (Hört! hört! rechts) Meine Herren, ich habe hier einen Fall, in welchem ein polnischer Probst, der dem Herrn Abg. Dr. von Jazdzewski ganz genau bekannt ist, sich durchaus geweigert hat, dem berechtigten Verlangen der deutschen Katholiken in dieser Be⸗ ziehung an seinem Wohnorte und in seinem Bezirke nachzukommen. Nun, meine Herren, gewähren Sie uns doch die Parität, die Sie von uns verlangen; es ist ein billiges Verlangen, wenn wir damit an Sie herantreten. Also in dieser Beziehung haben Sie uns ganj gewiß nichts vorzuwerfen.
Meine Herren, was den polnischen Schreib⸗ und Leseunterricht anbetrifft, so muß ich nochmals hervorheben — ich habe es schon bei der ersten Einführung dieser Konzession, wie sie hier unrichtig genannt ist, hervorgehoben — der polnische Schreib⸗ und Leseunterricht ist gar keine Konzession. Der polnische Schreib⸗ und Leseunterricht, den ich konzediert habe, ist eine Maßregel, die nothwendig war, um den polnischen Privatunterricht zu beseitigen, der in vielen deutschen Schulen ven unseren Lehrern ertheilt wurde. Wir mußten die Lehrer aus der Hand des polnischen Nationalagitations⸗Comités, von dem sie Geld und zum theil viel Geld bekamen, los machen; und wir mußten zu dem Zweck in beschränktem Umfange einen polnischen Unter⸗ richt einführen, wenn anders wir nicht einen Gewissenszwang gegen die katholischen Polen üben wollten; denn wir mußten die Kinder be⸗ fähigen, daß sie den polnischen Religionsunterricht mit Erfolg wahr—
erledigen konnten. Das ist der Kern der Sache; das ist gar keine Konzession. Ich behaupte, daß wir mit dieser Maßregel nicht einen Schritt zurück, sondern einen Schritt vorwärts gethan haben. Das ist auch die Meinung der Behörden.
Run, meine Herren, die Frage, weshalb ich diese Maßregel nicht auf Ostpreußen und Oberschlesien ausgedehnt habe, ist leicht zu be⸗ antworten. Das habe ich deshalb nicht gethan, weil die Kinder dort, dank unserem vorirefflichen Unterrichtssystem, so gut deutsch sprechen können, daß sie auch die religiösen Begriffe erfassen. Das ist mir von berufener, von amtlicher katholischer Seite ausdrücklich bezeugt, und so lange ich diese Ueberzeugung habe, wäre es wirklich ein Wahnsinn, wenn ich das seit 30 Jahren mit den besten Erfolgen gehandhabte System jetzt ändern wollte, — in einem Momente, wo von Galizien aus uns eine ganz unberechtigte polnische Agitation nach Oberschlesien hineingetragen wird, eine Agitation, die die Herren in Oberschlesien auch noch fühlen werden. Sie werden vielleicht der Regierung noch einmal danken, daß sie Stange und Fuß bei Mal gehalten hat und sich nicht hat schrecken lassen durch jene agitatorischen Bestrebungen, die uns dort entgegentreten.
Hinzufügen will ich noch, daß es mit diesem polnischen Schreib⸗ und Leseunterricht auch deshalb nicht gefährlich ist, weil die kleinen Leute in Posen auf den Unterricht außerordentlich wenig Gewicht legen. Im Regierungsbezirk Bromberg betheiligen sich nur J bis ; der polnischen Kinder an dem Unterricht. In 16 Schulen fehlt es überhaupt an Anmeldungen seitens der Eltern. Das ist doch ein deutliches Zeichen, daß die Eltern gar kein Interesse an dem Unter⸗ richt haben; und so liegt es auch. Wo nicht der polnische Geistliche
drängt, ihre Kinder zu dem polnischen Unterricht anzumelden, da pflegen die Eltern selbst kein Interesse an dem Unterricht zu nehmen.
Nun, meine Herren, noch ein Wort über unsere Behandlung der Männer ⸗Orden und der weiblichen Orden in der Provinz Posen. Herr Dr. von Jazdzewski hat gemeint, ich hätte gar keine Gründe an— geführt, gar keinen Nachweis dafür geliefert, daß wir irgend eine politische Agitation oder einen politischen Einfluß von den polnischen Männer⸗Orden zu erwarten hätten. Ja, meine Herren, der Nachweis braucht auch nicht geführt zu werden; er liegt auf der Hand. Wenn ein polnischer Ordensmann in Posen unter der polnischen Bevölkerung thätig ist, so ist diese eine Thatsache schon hinreichend, um den pol—⸗ nischen Einfluß zu stärken und den deutschen Einfluß zurückzudrängen. Es bedarf deshalb weiterer Gründe nicht.
Das ist nicht richtig, daß wir kein Verständniß für die Kranke pflegenden Orden hätten. Und der Appell an unser Gefühl für die Leistungen dieser Schwestern, die auf dem Gebiete der Barmherzigkeit sich auszeichnen, war sehr überflüssig. Aber die Erfahrung haben wir gemacht, daß auf dem Gebiete der Kleinkinderpflege die weib⸗ lichen Orden allerdings direkt vielfach dem Polenthum vor⸗ gearbeitet und dem Deutschthum entgegengearbeitet haben. Wir können Fälle nachweisen auf Grund amtlicher Ermittelungen, wo die Schwestern in Kleinkinderschulen, in denen auch eine erhebliche Anzahl deutscher Kinder war, niemals deutsch, sondern stets polnisch gesprochen haben. Nein, Herr Abg. Dr. v. Jaidzewski, das ist auch ein Fall, wo wir Parität verlangen können, wo wir verlangen können, daß auch den deutschen Kindern ihr Recht gewährt wird, — das wird ihnen aber nicht gewährt, und deshalb beseitigen wir diese fanatisch⸗ polnischen Schwestern aus den Schulen. (Lebhafter Widerspruch bei den Polen. Zustimmung rechts) Ja, meine Herren, das ist fanatischer Polonismus; den können wir nicht dulden und werden wir nicht dulden! (Oho! bei den Polen. Beifall rechts) Meine Herren, wir haben ja die Er⸗ fahrung gemacht. Aus deutschen Mutterhäusern sind Schwestern nationalpolnischen Ursprungs nach Posen berufen. Wie ist denn die Sache gegangen? Die Schwestern von deutscher Abstammung wurden nach einiger Zeit eine nach der anderen entfernt, und es wurde die ganze Niederlassung mehr und mehr mit nationalpolnischen Schwestern besetzt. Schon diese eine Thatsache weist doch darauf hin, daß wir allen Grund haben, dort auf der Hut zu sein.
Nun hat Herr Dr. von Jatdzewski mich gefragt: was sollen denn die polnischen Schwestern thun? Nun, sie sollen ihre Kranken pflegen, aber sie sollen bei der Pflege der Kranken die deutschen Kranken, bei der Kinderpflege die deutschen Kinder mit ihren Polenisierungs bestrebungen verschonen. Das ist meine Meinung, und zu diesem Ver⸗ langen sind wir berechtigt. Ja, meine Herren, wenn die polnischen Damen immer so loyal gewesen wären, wie sie uns hier dargestellt werden, dann ließe man sich das noch gefallen: aber es hat sich im vorigen Jahre herausgestellt, daß wir in der Provinz Posen 14 Nieder⸗ lassungen der Mägde Mariä aus Koremba gehabt haben, die niemals obrigkel tlich angemeldet sind, die Jahre lang ihre Thätigkeit aus—⸗ geübt haben, ohne daß der Obrigkeit davon Anzeige gemacht wäre. Das ist nicht loyal, und man kann sich nicht darüber., wundern, wenn uns das nicht gefällt.
Damit, meine Herren, mag es genug sein! Ich bin der Meinung, daß wir den Polen in allen rechtlichen Beziehungen volle Gerechtigkeit und volles Entgegenkommen schuldig sind. Aber ich bin umgekehrt auch der Meinung, daß auf dem politischen Gebiet, soweit es sich um irgend eine Förderung der national .polnischen Tendenzen handelt, wir unsere ganze Kraft zusammennehmen müssen, um das Deutschthum zu schützen und dem aggressiven Polonismus entgegenzutreten. Das ist unsere Pflicht und Schuldigkeit; die werde ich erfüllen, so longe ich überhaupt noch in der Lage bin, hier zu stehen, und so lange ich noch Kraft und Macht dazu habe! (Lebhafter Beifall rechts und bei den Nationalliberalen. Zischen bei den Polen.)
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (frkons.): Der Sprachenerlaß des Ministers ist vielleicht eine Besserung des früheren ZJustandes, aber der Fehler liegt darin, daß die olnische Bevölkerung diesen Erlaß als eine Konzession, als ein. Nachgeben des Ministers aufgefaßt hat, als ein Zeichen der Schwäche des Staats. Halt der Staat seine Grundsätze eine Reihe von Jahren fest, dann werden auch die polnischen Agitationen und Aspirationen bald verschwinden. Ich will nicht unterfuchen, ob nicht die Tage der polnischen Revolu⸗ ion das Recht verwirkt haben, sich auf alte Patente zu berufen; aber Cines ist nicht verbürgt worden, in keinem Pergament nämlich, daß die Polen das Recht haben sollen, ihre deutschen Mitbürger zu polonisieren. Herr Mottiy hat für die Polen eine Mitteleperson verlangt, welche eingeschoben werden soll, um den schlecht unter⸗ richteten König über die Polen zu informieren. Ist darunter ein polnischer Landsmann⸗Minister verstanden, oder soll die Stellung dem Primas von Polen eingeräumt werden? Mit dieser , soll außer ·
lich zum Ausdruck gebracht werden die Sonderstellung der Polen im Deutschen Reich. So lange sie daran festhalten, eine
solche Sonderstellung zu erringen, müssen wir die Po⸗
nehmen und daß sie die Aufgaben, die sie hier bekommen, zu Hause
dahinter sitzt und mit allen Mitteln seines Einflusses die Eltern dahin
nicht einseitig ist.
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litik festhalten, welche 1886 eingeschlagen ist. Herrn Virchow stimme in zwei Punkten 6 nämlich daß bald ein Komptabilitätsgesetz erscheinen möge, um unser Kontrolrecht zu sichern. Ich stimme auch darin Überein, daß die Rechtsverhältnisse der Privat⸗ dozenten unhaltbar sind. Es ist unhaltbar, daß ein Pripat⸗ dozent in einem Lehrkörper geduldet werden muß, welcher nach dem Verhalten der Sozialdemokraten gegenüber der Jubelfeier dieses Jahres sich trotzdem zur Sozialdemokratie bekannt hat und sich an sozialdemokratischen Agitationen betheiligt hat, ohne daß er entfernt werden könnte aus dem akademischen Lehrkörper. Nicht einverstanden bin ich mit dem Wunsche Virchowis, daß die Museumsbauten u. s. w. , . in Angriff genommen werden sollen. An die Befriedigung diefer Bedürfnisse werden wir erst später denken können. Aber wie die Dinge liegen, können wir nicht. so hohe Summen in den Etat einstellen, ohne vorher andere Dinge zu befriedigen: ich erinnere an die Justizbauten, die Verbesserung der Bahnhöfe u. f. f. Die Anklage der Imparität wird ja nachher wohl Herr Bachem erheben. Ich kann nur austzsprechen, daß die Grundlagen, von denen seine Aufstellung ausgeht, im Einzelnen und im Ganzen durchaus unrichtig und verfehlt sind. Er hat sich sehr unvergleichbare Zahlen herangezogen und die Zahlen weggelassen, welche herangezogen werden müssen. Zum Beispiel für die Hinterbliebenen der katholischen Geistlichen würde der Staat eben so sorgen wie für die evangelischen Geistlichen, wenn ihm nur die Gelegenheit dazu gegeben würde. Die Stolgebühren⸗ Entschädigung ist ein Aequivalent dafür, daß der katholischen Kirche die Sperrgelder zurückgewährt worden sind. Wenn die katholische Kirche c benachtheiligt glaubt, weil in den letzten Jahren mehr für die evangelische Kirche gethan ist, so liegt das daran, daß früher zu wenig bewilligt worden ist für die ebangelische Kirche. Im Anfang dieses Jahr— hunderts sind allerdings mehr katholische als evangelische Kirchengüter eingezogen worden, aus dem einfachen Grund, weil die evangelischen melst schon kurz nach der Reformation eingezogen sind. Es ist kein Fall angeführt worden, in welchem in irgend einer Schuse unter dem Falk'schen Schulerlaß der Religionsunterricht nicht dem katholischen Dogma entsprechend gegeben worden ist, oder in welchem die katho— lischen Oberen eine Beschwerde erhoben haben. Daraus folgt, daß der Religionsunterricht überall den Lehren der katholischen Kirche ent sprechend ertheilt worden ist und ertheilt wird. Es handelt sich also lediglich um die Aufwerfung einer i nn ge fern und da ergiebt sich an der Hand der verfassungs mäßigen Vorschriften, daß alle Be⸗ hauptungen wegen der Verfassungswidrigkeit unbegründet sind; denn der Staat maßt sich nicht das Recht an, seinerseits den Religionsunter ⸗ richt zu ertheilen. Herr Porsch verlangt, daß die Kirche das Recht haben soll, einem Lehrer den Relsgiengunterxicht zu untersagen, und zwar ohne jeg ; sichen rechtlichen Schutz, der dem Lehrer sonst zur Seite steht. Da—⸗ durch würden das Ansehen und die Stellung der Lehrer erschüttert werden; sie würden nicht mehr Organe des Staats, sondern nur recht⸗ lofe Dlener der kirchlichen Oberen sein. Das geht weiter als der Zedlitz'sche Entwurf, der dem Lehrer noch einen gepwissen Rechtsschutz sieß. Nach dieser Richtung können wir die bewährten preußischen Grundfätze nicht verlassen. Herr Bartels hat bei der er ten Lesung des Lehrerbefoldungsgefetzes die Regierung ermahnt, schleunigst das Schulgesetz vorzulegen. Er sprach von der Barriöre, über welche ein
serd, wenn es nur ordentlich angespornt würde leicht hinwegkäme.
esten ist mir eine so wenig zutreffende Auffassung der politischen und schulpolitischen Lage vorgekommen als diese. Wir wünschen nicht, daß das Regiment Wilhelm's II. in die Zeiten Friedrich Wilhelm's II. und Friedrich Wilhelm's IV. rangiert würde. Deshalb haben wir Widerspruch erhoben gegen das Schulgesetz von 1892. Der Verfuch, gegen ein folches Gesetz anzukämpfen, würde stets erneuert worden fein, wenn ein Gesetz vorgelegt wäre, das die Schule gefährdet hätte. Nicht der Frieden wäre die Folge gewesen, sondern der stete Kampf. Es wäre auf Jahre hinaus der elm en , aller staatserhaltenden Parteien gegen die Sozialdemokratie unmögli geworden. Diese Momente hat man damals. übersehen, als man den Fehler machte, das Gesetz überhaupt einzubringen. 26 .
e staatg⸗ erhaltenden Parteien sollten sich nicht geen zerfleischen im Kampf a die Schule, sondern sich zusammenschließen um Kaiser und Reich.
Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Wenn der Minister von der Staats. hoheit gesprochen hat, so Hat er eigentlich wohl die Staatsomnipotenz gemeint; hätte er diesen Ausdruck gebraucht, so hätte er Recht gehabt. Wenn der Minister auch mit den katholischen Kirchenoberen nicht in einzelnen Fällen im Streit liegt, so besteht doch ein grundsätzlicher Wöderspruch jwischen ihm und den katholischen Oberen. Wenn der Staat die Beaufsichtigung des Religionsunterrichts heansprucht, so beansprucht er auch eine Cinmischung in den Inhalt des Unterrichts, und diese Einmischung würde erfolgen, wenn hier nicht eine katholische
artei ständig auf der Wacht wäre. Deshalb müssen wir gegen das rinjip ankämpfen, welches unter einem Kulturkampf ⸗Minister wieder 5 Deshalb müssen wir auch
. zurückgezogen ist, war ein Akt der Staatsweisheit.
zu unerträglichen Zuständen fübren kann. an unferem Streben nach einem Volksschulgesetz festhalten. Ich bin vollstãndig der Ansicht des Herrn Bartels. Wenn die Herren Konservativen einen Verfuch machen wollen, wir schließen uns an und wünschen nur, daß der Kultus⸗Minister bald vorgehen möge. st das die Freiheit der Wissenschaft des e. von Zedlitz, daß erst die Verwendung der Wissen⸗ schaft zur sozialdemokratischen Agitation strafbar sein soll? Sollen diejenigen, welche die Unterlage, den Atheismus, für die Sosꝛial⸗ demokratie lehren, unbehelligt bleiben? Ein Komptabilitätsgeseß wäre fehr zweckmäßig; aber damit würde noch nicht aufgeräumt mit allen Mißständen des Kultus-Etats, der eine ungebeuere Menge von Dispofitionsfonds enthält, wie kein anderer Etat. Diese Fonds zãhlen nach Millionen, ohne daß eine Unterlage etatgrechtlicher Grund ke ßafür vorhanden wäre. Rechtliche Verpflichtungen, freiwillige eistungen des Stagts u. s. w, Zuwendungen an chulen, an Lehrer, Geiftliche, Alterszulagen und Unterstützungen und . verschiedenartige Dinge sind durcheinander geworfen, sodaß eine n er. Kontrole über die Verwendung absolut unms lich sst. Die Budgettommission hat bezüglich eines Punktes einen Anfang gemacht, um die Grundsätze festzustellen. Sie lönnte auf dem Gebiet des Kultus⸗Etats noch sehr viel verbessern. Ich komme nun zu der Tabelle, welche ich den Herren habe zugehen lassen. Die Tabelle ist als fehlerhaft und einseitig . worden; Herr Friedberg. der das letztere, behauptet t, übernimmt dadurch die Pflicht, eine ähnliche Arbeit zu machen, die
Trotz aller . wird das Se n eisen kaum beeinflußt werden. Will Herr von Zedlitz behaupten, da 1870-50 die' Katholiken beffer behandelt worden sind als die , . Da ist doch alles geschehen, um der katholischen Kirche Abbruch zu thun. 1811 wurden die evangelischen Rirchen · üter, soweit sie noch bestanden, geschont während man mit den r i chen tahßula rasa machte. Jedenfalls bekommt die evange⸗ lische Kirche erheblich mehr als die katholische Kirche, trotzdem die letziere einen rechtlichen und meralischen , hat, die evangelische aber nicht. In den letzten Jahren sind in 7 Jahren im Ordingrium S387 000 M Für evangeiische und 165 000 M für katholssche Zwecke mehr bewilligt worden, im Extraordinarium 1 240 9000 fuͤr die evangelische Kirche und nichts für die katholische Kirche; also im Ganzen IHmal fo viel für die evangelische Kirche als für die katho⸗ sische Kirche. Der Etat stellt sich auf den Standpunkt des Bedürfnisses.
(Schluß in der Zweiten Beilage))
*
M 53.
J ö ö. . 8 J zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Sonnabend, den 29. Februar
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Sollte wirklich das Bedürfniß guf der evangelischen Selte um so viel 3. sein als auf, der katholischen Seite? Ich schiebe keinem die 8 uld zu; die Dinge sind so geworden, ohne daß jemand besonders darüber nachgedacht hat. In der katholischen Bevölkerung besteht das Gefühl daß wir auf dem Boden der gemischten Fonds noch schlechter fortkommen, als hei den für bestimmte Dinge vorgesehenen onde. Wir haben einige Anträge gestellt, un in dieser Beziehung die Ditparität zu beseitigen, B. bezüglich der Gehälter der Geistlichen. (Zuruf des Abg. von Eynern: Keine Frau und
keine Kinder Demgegenüber verweise ich auf die alten Eltern und
alten Verwandten der Geistlichen, Ich bestreite, daß hier über⸗ haupt, ein Unterschied zu, machen ist. Wenn der Staat anerkennt, daß die Thätigkeit der Geistlichen auch für ihn bestimmt ist, wenn er
uschüsse gewährt, so müssen dieselben bemessen werden nach den Teistungen, welche auf der evangelischen und der katholischen Seite die⸗ selben sind. Wenn man den Bedürfnißstandpunkt in den Vordergrund stellt, warum schafft man für die 209 009 Katholiken Berlins nicht ein katholisches Gymnasium? (Zuruf: Es sind genug da Die Katholiken wollen kein paritätisches Gymnasium. Die Protestanten wollen es auch nicht; nun, ich will die Nationglliberalen ausnehmen. In Schöne— berg bei Berlin besteht für 350 katholische Kinder noch keine Schule, . für Protestanten für 30, 49 Kinder schon eine besondere Schule gebaut wird. Das katholische Volk hat nicht die nöthigen Instanzen, um sein Bedürfniß geltend zu machen. Sämmtliche Ober-Regierungs— Räthe bei den Bezirksregierungen sind Protestanten. Gedenkt der Minister, diesen Zustand zu konservieren? Oder will er für die Katholiken etwas thun? Die Behauptung des Ministers, daß die geistliche Schulaufsicht sehr weit verbreitet sei, mit Ausnahme der gemischtsprechenden Bezirke, hat mich verblüfft, weil die katholische gr das Gegentheil, bewiesen hatte, Allerdings, die katholische Presse ist ja eine schlechte; ihre Schlechtigkeit besteht darin, daß sie die Nationalliberalen bekämpft hat und noch immer nicht anerkannt bat, daß Herr von Eynern der größte Parlamentarier Europas ist. In Brandenburg, in Pommern sind protestantische Geistliche Kreis⸗Schulinspektoren. Von der Lokal ⸗Schulinspektion sind die katho— ien Pfarrer in weit größerem Maße ausgeschlossen, wie die evange⸗ lischen. Wir bitten den Minister uns ebenso zu behandeln wie die Protestanten. Den evangelischen Beschwerden wird immer schleunigst abgeholfen, aber das der katholischen Kirche aufgedrängte Vermögens— verwaltungsgesetz besteht immer noch trotz aller Klagen. Nach wie vor sind die religiösen Genossenschaften der vangelischen Kirche vollständig frei von jeder , , ; geben Sie den katholischen Ordens⸗ genossenschaften dasselbe Recht auf Freiheit. (Zuruf des Abg. Dr, Friedberg: Stellen Sie die Orden unter das Vereinsgesez Damit würden meine Freunde wohl gern einverstanden sein, wenn Sie mit der Regierung zusammen einen solchen Vorschlag machen wollten. Wenn man den Kampf nicht mehr will, dann muß auch das Altkatho⸗ k dieses Kampfgesetz, aus der Welt geschafft werden; denn das Bestehen des Gesetzes ist eine Beleidigung für die katholische Kirche. Für die anderen kirchlichen Sekten hat man kein Gesetz ge— macht, nur für die Altkatholiken. Ferner rerlangen wir ein Kirch⸗ hofsgesetz für die Katholiken in der Rheinprovinz, aber selbst in dieser harmlosen Frage will man den Katholiken nicht geben, was die Protestanten haben. Ich weiß, ich werde verurtheilt werden wegen Störung des öffentlichen Friedens, wegen , des Schlendrians im Kultus⸗Ministerium und wegen Störung der Nachtruhe des Herrn von Eynern.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herrrn! Herr Abg. Dr. Bachem hat uns ein so reiches Menu hier aufgetragen (sehr richtig), daß wir Alle wohl Mühe haben werden, damit einigermaßen im Rahmen der uns zugemessenen Zeit heute fertig zu werden. Ich werde aber den Versuch machen; ich werde mich auch in der Beantwortung einzelner Punkte sehr kurz fassen.
Dazu gehört z. B., daß er seine Rede beschloß im Zusammen⸗ hange mit der Harmlosigkeit, die er sich selbst indizierte, — Sie haben ja selbft gebört, wie harmlos die ganze Rede gewesen ist, — daß er dem Kultus. Ministerium den Vorwurf des Schlendrians machte. Diesen Vorwurf weise ich auf das Entschiedenste zurück. (Zuruf im Zentrum: Hilft nichts) Wenn Herr Abg. Dr. Bachem gesprochen hat von Gesetzen, die eine Beleidigung und eine Beschimpfung für die katholische Kirche enthielten, dann hat der Kultus⸗Minister wohl allen Grund, sich derartige Vorwürfe, wie einen Schlendrian im Kultus—⸗ Ministerium, zu verbitten. Und das thue ich hiermit. (Lebhafter Bei⸗ fall links und bei den Freikonservativen. — Unruhe im Zentrum. — Zuruf im Zentrum: Fanatisches Ordensgesetzh)
Dann will ich Herrn Abg. Dr. Bachem sagen, daß wir uns über das Altkatholikengesetz ja bei Kap. 116a unterhalten können. Ich will aber schon heute bemerken, daß für die Regierung in dem zu⸗ fälligen Umstande, daß der Bischof Dr. Reinkens verstorben ist, kein Grund liegt, um ihre Stellung den Altkatholiken gegenüber irgendwie zu ändern. (Bravo! links und bei den Freikonservativen. Zurufe im Zentrum: Leider)
Was das Kirchhofsgesetz anlangt, so habe ich privatim bereits Herrn Dr. Bachem Auskunft gegeben über die Gründe, die die Vorlegung des Gesetzes verhindern, und es wäre nicht nöthig gewesen, die Sache hier nochmals zur Sprache zu bringen. Ich habe unmittelbar nach dem Schlusse der vorigen Landtagssession einen Entwurf zu einem derartigen Kirchhofsgesetz für die Rheinlande und für den Bezirk Wiesbaden gemacht; ich habe den Entwurf demnächst an den Minister des Innern als mitzuständig gehen lassen, im Ministerium des Innern ist ein Ministerwechsel eingetreten, dadurch sind Ver— zögerungen ganz von selbst auch in dem Votenwechsel über diesen Entwurf entstanden, und jetzt ist die Sache so weit, daß der Entwurf zunächst an die betheiligten Ober-⸗Präsidenten herausgegangen ist, um deren Urtheil darüber zu hören. Ich hoffe, daß dies den Intentionen des Herrn Abg. Dr. Bachem ganz entsprechend ist; denn es kann ihm nur genehm sein, wenn die örtlichen Behörden darüber gehört sind, ehe wir hier mit einer fertigen Vorlage vor Sie treten.
Dann bat Herr Abg. Dr. Bachem gefragt, warum wir kein katholisches Gymnasium in Berlin hätten. Er hat sich dabei darauf berufen, daß doch 200 000 Katholiken in Berlin seien. Ja, meine Herren, 200 000 Katholiken sind in Berlin; aber der Prozentsatz der katholischen Schüler höherer Lehranstalten ist nicht entfernt der gleiche und der entsprechende wie das Verhältniß der Katholiken zu der Bevölkerungs« zahl der Cvangelischen. Das würde uns überdies garnicht hindern; aber, meine Herren, erstens will ich Ihnen sagen, daß Ihnen mit einem katholischen Gymnasium garnicht gedient
wäre. Wo soll es denn hin? Wollen Sie denn die katho⸗ lischen Schüler zwei Stunden lang nach einem katholischen Gymnasium laufen lassen? Da werden sich die katholischen Eltern bedanken! Und deshalb können wir es schon nicht machen. Es ist aber noch ein anderer Grund. Die Königliche Staatsregierung hat seit vielen Jahren das Prinzip festgehalten, daß sie bei Gründung höherer Lehranstalten aus Staatsmitteln nicht konfessionelle Lehranstalten ge⸗ gründet hat; denn sie muß Rücksicht darauf nehmen, daß zu den Mitteln, aus denen diese Schulen erhalten werden, die Mitglieder aller Konfessionen beitragen, und deshalb haben wir das gethan. Wir haben den konfessionellen Bedürfnissen an diesen Anstalten vollkommen Rechnung getragen; aber einen konfessionellen Charakter haben wir diesen Anstalten nicht gegeben. (Beifall links und bei den Frei— konservativen.)
Nun, meine Herren, hat Herr Abg. Dr. Bachem gesagt, das Ordensgesetz — dessen Handhabung ihn so sehr beschwert, zu Unrecht, wie ich glaube — sei von der Regierung gemacht worden. Nein, meine Herren, so liegt die Sache nicht. Das Ordensgesetz ist zustande gekommen wie jedes Gesetz in Preußen durch Zustimmung aller drei Faktoren. (Lachen im Zentrum.) Meine Herren, das Ordensgesetz, wie es jetzt besteht, ist ein Theil des Kompromisses, der geschlossen ist über die Beilegung des Kulturkampfes. Und da wir keinen Grund haben, an diesem Kompromiß zu rütteln, so hat auch die Regierung keinen Anlaß, die Initiative zur Beseitigung oder zu einer Aenderung des Ordensgesetzes zu ergreifen. Wenn die katholische Kirche sich be⸗ drückt fühlt, so möge die katholische Kirche die Initiative ergreifen, so mögen uns hier Vorschläge gemacht werden; dann wird man mit sich darüber reden lassen. Wir haben gar keinen Anlaß, das Ordensgesetz zu ändern. Wir haben nur Anlaß, das Ordensgesetz gerecht und dem Gesetze gemäß anzuwenden. Und das thun wir im vollen Maße.
Nun hat Herr Abg. Dr. Bachem weiter gefragt, ob denn alle Ober⸗Regierungs⸗Räthe bei uns protestantisch sind. Ich kann ihm wahrheitsgemäß darauf antworten: ich weiß es nicht! Denn, meine Herren, wir fragen überhaupt nicht danach bei der Besetzung unserer Beamtenstellen, ob es Protestanten oder Katholiken sind (Oh! oh! im Zentrum); wir fragen nur danach, ob es tüchtige Leute sind, die ihrem Vaterland gegenüber das Herz auf dem rechten Fleck haben. (Bravo! bei den Nationalliberalen. Und, meine Herren, wenn es bei einem tüchtigen Beamten hier unter dem linken Knopfloch richtig ist, dann kann er Ober⸗Regierungs⸗Rath werden, mag er katholisch sein oder evangelisch. (Widerspruch im Zentrum.)
Nun, meine Herren, will ich im übrigen den Herrn Abg. Dr. Bachem beruhigen: wir haben vor einiger Zeit einen katholischen Ober⸗Regierungs Rath, den Dirigenten der Schulabtheilung in Münster, angestellt; also al le Ober⸗Regierungs⸗Räthe sind nicht protestantisch!
Teine Herren, wenn ich neulich wirklich gesagt habe — ich weiß es nicht mehr — daß die Schulinspektion im Hauptamte beschränkt sei auf die gemischt⸗sprachlichen Bezirke, so ist mir da ein Omissum passirt; denn sie ist auch eingeführt in den Industriebezirken, und wir haben sie vorgefunden, ich wenigstens habe sie vorgefunden nach dem Kulturkampf in Westfalen. Nun bin ich der Meinung, daß im Ganzen und Großen die Entwickelung, wenn auch sehr langsam, dahin gehen wird, die hauptamtlichen Kreisschul⸗ inspektionen überhaupt einzuführen. (Sehr richtig! bei den National⸗ liberalen Meine Herren! die Ueberlastung der Geistlichen, die Zu⸗ nahme der geistlichen Wirksamkeit und der Ansprüche an dieselbe auf sozialem Gebiet, das alles führt dahin, das geistliche Amt, und nament⸗ lich das geistliche Amt höherer Ordnung, so zu belasten, daß es all⸗ mählich außerordentlich schwer werden wird, die Kreisschulinspektionen damit so zu vereinigen, daß beiden Seiten, der staatlichen und der kirchlichen, volle Gerechtigkeit wird geleistet werden. Aber, meine Herren, wir wollen das nicht plötzlich machen, können das auch nicht wegen der Mittel, sondern das ist eine langsame, sich ganz von selbst vollziehende Entwickelung, der wir darin auch werden folgen müssen.
Nun komme ich zu den Bemerkungen, die der Herr Abg. Dr. Bachem gemacht hat in Bezug auf den Religions unterricht und den sogenannten Falk'sschen Erlaß vom Jahre 1876. Er hat mich mit großer Emphase gefragt, ob denn das die Staatshoheit verlange, daß die Grundsätze dieses Erlasses angewendet werden, und hat ge⸗ sagt: Nein, das verlange die Staatshoheit nicht; das sei eine verkehrte, eine übertriebene, eine falsche Omnipotenz.
Nun, meine Herren, ich will hier überhaupt auf diese Frage nicht noch einmal eingehen, ich habe mich darüber zweimal ausgesprochen. Ich will nur noch darauf hinweisen, daß der Herr Abg. Dr. Bachem mir einen einzigen Fall anführen möge, in welchem die preußische Schulverwaltung in irgend einer Instanz eingegriffen hätte in den
dogmatischen Lehrinhalt des katholischen Religionsunterrichts. Nie.
hat sie das gethan, sie wird es auch nicht thun, sie kann es auch nicht thun. Ich spreche mir garnicht die Zuständigkeit zu, im Gegentheil, ich lehne es ab. Die Sache ist die, daß wir uns darüber mit den geistlichen Oberen der katholischen Kirche verständigen, wenn Fälle auf diesem Gebiet vorkommen, die übrigens außerordent · lich selten sind und noch nie zu ernstlichem Streit Anlaß gegeben haben.
Nun hat der Herr Abg. Dr. Bachem gesagt, ich befände mich mit der Gesammtheit der katholischen Bischöfe in Widerspruch. Gewiß, in⸗ soweit als ich genöthigt gewesen bin, den Ansprüchen, die Grundsätze dieses Februar ⸗Erlasses von 1876 zu ändern, nicht zu entsprechen. Ich habe dem nicht willfahren können, weil meine Ueberzeugung die ist, daß in der Form vielleicht manches geändert werden könnte, daß aber materiell, wenn man die Staatshoheit aufrecht erhalten will, eine prinzipielle Lösung der Frage zur Zeit nicht möglich ist.
Das ist der Standpunkt, den ich hier wiederholt vor dem hohen Hause vertreten habe, und den habe ich offen und ehrlich auch den Herren Bischöfen dargelegt. Meine Herren, es ist auch heute noch meine Meinung, daß es Dinge giebt, über die eine prinzipielle Ver⸗ ständigung zur Zeit völlig aussichtslos ist. Das ist unter anderem der Einfluß des katholischen Klerus auf den Religionsunterricht und durch den Religionsunterricht auf die gesammte Schule. Ja, meine
1896.
Herren, darum handelt es sich, und da versichere ich Sie, daß der preußische Staat, wenn er an der Staatshoheit festhält, unmöglich einwilligen kann, die preußische Schule vermittels des Religions⸗ unterrichts an den katholischen Klerus auszuliefern. (Bewegung im Zentrum. Bravo! bei den Nationalliberalen). Davon bin ich aus— gegangen, und darum habe ich mir den Vorschlag erlaubt: wir wollen uns, wie es auch geschieht, über einen thatsächlichen modus vivsndi verständigen. Mir fällt garnicht ein, eine Lehrgewwalt zu beanspruchen — die steht mir nicht zu, steht auch dem Staate nicht zu — oder eine Disziplin auszuüben über den dogmatischen Inhalt, überhaupt den Inhalt des katholischen Religionsunterrichts; das hat die katholische Kirche allein zu entscheiden. Aber wenn wir das mit ehrlichem Sinne von beiden Seiten wollen, werden wir auch einen Weg finden, um uns zu verständigen, wie wir ihn bisher gefunden haben, und wenn wir das thun, und wenn dadurch ein längerer modus vivendi herbei-⸗ geführt wird, der friedsam und versöhnlich ist, so werden wir damit dem konfessionellen Frieden dienen; wir werden ihm damit mehr dienen als mit all den Rekriminationen, die wir heute aus dem Munde des Herrn Abg. Bachem gehört haben. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Denn dann, meine Herren, wenn wir diese Dinge prinzipiell hier ge⸗ setzlich zum Austrag bringen wollen — das will ich nur noch ganz kurz andeuten —, werden auch unversöhnliche, prinzipielle und zwar konfessionelle Gegensätze aufeinander platzen.
Meine Herren, der Herr Abg. Dr. Bachem hat mich gefragt, ob ich denn nicht den Muth hätte, ein Schulgesetz zu machen. Ich wüßte nicht, vor wem ich mich fürchten sollte. Ich fürchte mich nicht, ein Schulgesetz zu machen. Nein, meine Herren, ich will aber den Kampf, den konfessionellen Streit, den ich deutlich vor Augen sehe, in diesem Augenblicke nicht heraufbeschwören. (Sehr richtig! bei den National⸗ liberalen Wenn wir das thun, meine Herren, so werden wir unserem Vaterlande nicht nützen, sondern wir kommen in Gefahr, es zu schädigen. (Widerspruch im Zentrum.) Und wenn ein konfessioneller Kampf entsteht, dann werden — davon bin ich durchdrungen — ganz gewiß auch die Herren von der konservativen Seite doch schließlich zu dem evangelischen Kultus⸗Minister stehen und stehen müssen. (Bravo h
Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Dr. Bachem sein Augenmerk gerichtet auf die Dispositionsfonds im Kultus ⸗Etat. Er hat so ziemlich die ganzen Kapitel des Unterrichts-Etats vorgelesen und bei⸗ nahe alle als Dispositionsfonds bezeichnet. Darin hat er nun ganz Unrecht. Er hat Alles durcheinander geworfen, er hat z. B. die Fonds mitgerechnet, die zu Zahlungen verpflichten, die rein auf dem Gesetz beruhen. Ja, das sind keine Dispositionsfonds, z. B. der Pensionsfonds für Volksschullehrer, die Wittwen und Waisenfonds. Da haben wir das Gesetz, nach dem Gesetz wird dieser Fonds ver⸗ waltet und ausgetheilt. Also so muß man nicht rechnen; das ist nicht richtig; das entspricht auch gar nicht der Entwickelung unseres ganzen Etats.
Ebensowenig, Herr Dr. Bachem, ist es richtig, wenn Sie gewisser⸗ maßen dem Hause einen Vorwurf daraus machen, daß es dem Unter⸗ richts. Minister diese Unterstützungsfonds so zur Disposition stelle. Ja, meine Herren, ich frage Sie: wie in aller Welt wollen Sie das machen, wenn überhaupt Unterstützungen nöthig sind, diese Unter⸗ stützungsfonds nicht als Dispositionsfonds auszuwerfen? Was soll ich denn machen? Ich kann ja heute nicht wissen, welche Unter⸗ stützungen an arme Lehrer, an arme katholische Lehrerinnen, an arme evangelische Lehrerinnen, an Wittwen und Waisen von Lehrern ich im nächsten Jahre zu leisten habe, welche dringenden Fälle an mich herantreten. Da muß ein Dispositionsfonds sein, und da bleibt gar nichts Anderes übrig, als daß ich nach bestem Wissen und Gewissen nach Anhörung der Provinzialbehörden diese Fonds zur Vertheilung bringe. Das geschieht; darüber ist noch nie Beschwerde geführt, und wenn Sie mal einen einzelnen Fall hören, wo etwa vom Kultus⸗Ministerium in unzulässiger oder in leicht⸗ fertiger Weise Unterstützungen gewährt sein sollten, dann bitte ich Sie, den Fall hier oder bei mir zur Sprache zu bringen; dann will ich Ihnen fest versprechen, daß Abhilfe geschaffen werden soll.
Nun, meine Herren, werde ich zu den Tabellen kommen. Als ich die Tabellen vor einigen Tagen — ich glaube, es war vor 4 Tagen — mir ansah, habe ich mir gesagt: das wird ja wohl die pisce de résistance bei der Paritätsdebatte sein. Sehr resistent — das muß ich nun doch Herrn Bachem sagen — sind Me Tabellen nicht; sie baben außer ordentliche Fehler, nicht bloß das Dutzend Fehler, was Herr Abg. Bachem preisgegeben hat, sie sind in den Grundlagen falsch, und sie führen zu ganz falschen Resultaten. (Hört, Hört) Ich werde darüber mich noch näher auslassen. Ich bin auch fest überzeugt — das möchte ich kurz vorweg bemerken —, daß es nicht wohlgethan ist, daß Sie nun, nachdem Sie vor zwei Jahren angefangen haben, diese Paritätsbeschwerden hier in einer Weise vorzubringen, die ich mir erlaubt habe, als zu mechanisch zu bezeichnen, daß Sie nun dazu übergehen, noch eine kalku⸗ latorische Parität zu verlangen und eine kalkulatorische Imparität nachzuweisen. Denn, meine Herren, ich frage mich bei solchen Dingen, ad quem finem, wozu soll das führen? Glaubt der Herr Abg. Bachem wirklich, daß diese Tabellen, selbst wenn sie richtig wären, das Verhältniß des Staats zur katholischen Kirche in seinem Sinne zu korrigieren vermöchten? Dazu liegt weder ein recht- licher, noch sonst irgend ein Anlaß vor. Nein, meine Herren, mit einer solchen kalkulatorischen Apothekerrechnung (Heiterkeit) ist in der That auf staatsrechtlichem Gebiete und auf dem Gebiete des Staatslebens gar nichts auszurichten. So etwas kann man in einem privatrechtlichen Zivilprozesse vorbringen, da gehört es hin, da ist es unter Umständen sehr nöthig, aber in dem Staatsleben ist diese Rechnung mit diesen Zahlen ohne jeden Werth; am wenigsten ist sie angebracht unter den schwierigen und zum theil recht gespannten konfessionellen Verhältnissen, unter denen wir nun in Preußen einmal leben müssen. Ich habe gesagt: die Rechnung beruht auf nicht richtigen Voraussetzungen, die Ansätze, die Vergleichungspunkte, selbst die Zahlen sind nicht frei von Irrthümern, und wenn man die Rechnung kalkulatorisch richtig stellt, so schlägt sie in der That gerade in das Gegentheil um. Meine Herren, ich werde das nachweisen; ich habe