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XIII. (stõuiglich Württembergisches) Armee ⸗Kornps.
Offiztere, Portepee⸗Fähnriche . Ernennungen, Beiärderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 8 März. Klein, Königl. Preuß. Major, von der Stellung als — Kommandeur im Feld. Art. Regt. König Karl Nr. 13 ent-
oben.
7. März. Die nachbenannten, nach bestandener Offiziers⸗ bejw. 86 Fäbnrs. Prüfung aus der Haupt- Kadettenanstalt zu Groß⸗=
ichterfelde auescheidenden Zöglinge werden im Armee ⸗Kormps angestellt, und jwar: als Sec. Lts. die Portepee Unteroffiziere. Mayer im 8. Inf. Regt. Nr. 125, Großberzog Friedrich von Baden, Hart⸗ mann im Inf. Regt. Kaifer Wilbelm, König von Preußen Nr. 120; als charakteris. Port. Fähnriche: die Kadetten: Picht im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 129, Münst. Seeger im 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König 36 Maarn. Frhr. v. Lindenfels im Drag. Regt. Königin Olga *
Im Sanitäts- Korps. 5. März. Dr. Wggner, Assist. Arzt j. Kl. a. D., bisher Arzt in der Kaiserlichen , fũr Deutsch⸗Ostafrika, vom 13. März d. J. ab als Assist. Arzt 1. Kl. mit einem Patent vom 24. Juli 1894 im Armee-Korps wieder⸗ angestellt und beim Gren. Regt. König Karl Nr. 123 eingetbeilt.
Deutscher Reichstag. 56. Sitzung vom 10. März 1896, 1 Uhr.
Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Lbänderung der Gew erbe⸗ ordnung.
Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Nach Artikel? soll der 842, welcher von dem Waaren⸗ feilbieten und Waarenaufkaufen, dem Aufsuchen von Waaren⸗ bestellungen und dem Anbieten von gewerblichen Leistungen handelt, dahin geändert werden, daß dieser Gewerbebetrieb auf öffentlichen Wegen und Plätzen in der Gemeinde, wo die be⸗ treffenden Perfonen ihren Wohnsitz oder eine gewerbliche Niederlassung haben, der Genehmigung bedarf; die betreffende Vorschrift soll aber nicht mehr wle bisher auf Grund eines Gemeindebeschlusses von der höheren Verwaltungsbehörde aus⸗ gehen, sondern von der höheren Verwaltungsbehörde nach An— hörung der Gemeindebehörde oder durch Beschluß der Ge⸗ meindebehörde mit Genehmigung der höheren Verwaltungs⸗ behörde. Auch soll die Bestimmung auf einzelne Theile des Gemeindebezirks beschränkt werden können, nicht bloß auf gewisse Gattungen von Waaren und Leistungen.
Abg. Rich ter (fr. Volksp.): Es handelt sich bier um einen unbe⸗ rechtigten Eingriff in die Rechte der Selbst verwaltung. Bisher bedurfte es cins Gemeindebeschlusses, also der Uebereinstimmung von Stadt⸗ verordneten und des Magistrats, um einen bestimmten Gewerbebetrieb an öffentlichen en oder von Haus zu Haus zu untersagen. Künftighin soll von eben dekretiert werden dürfen, daß ein be— sftimmter Gewerbebetrieb auf der Straße u. s. w. unterbleiben soll. Was man sonst für die Einschränkung des Hausiergewerbes gesagt, trifft bier nicht zu; die Gewerbe, um die es sich hier handelt, werden pon Einheimischen betrieben, welche der Polizei und in kleinen Städten auch dem Publikum bekannt sind. Gegen Belästigung kann das Publikum durch die Hausbesitzer selbst geschüßt werden, wenn die An— erbieten von Haus zu Haus in lästiger Weise überhand nehmen. Warum also diese ganzen Sachen nicht den Kommunalbehörden zur Entscheidung überlafsen? Ehe man zu so einschneidenden Bestimmungen überging, batte man erst prüfen sollen, ob in der Praxis Unzutrãglich⸗ keiten vorgekommen sind; nur vom Hörensagen weiß man, daß in
raukfurt a. M. gewesen sein soll zwischen dem Polizei⸗ ar. ind den städtischen Bebörden in Bezug auf die fernere Jufaffung des Gewerbebetriebs. Und weil nun die städtischen Be⸗ Förden nicht den Anforderungen des Königlichen Polizei⸗Präsidiums encigt waren, greift man nach der Klinke der Gesetzgebung. Was Berlin anbetrifft, so wird der Straßengewerbebetrieb mehr als billig von der Pelizei bebelligt. Wenn ich die Friedrichstraße vassiere, so tritt dieser oder jener Verkäufer an mich heran und schüttet mir fein Herz aus über die lästige Art der Kontrole durch die Schutz ⸗ männer. Man könnte vielleicht die Gewerbetteibenden vom Bürger⸗ steig fern halten, aber man sollte sie nicht in der Weise chikanieren. Auch die Zeitungsverkäufer leiden darunter, und infolge dessen bat sich der Verkauf von Zeitungen in Berlin nicht so entwickelt wie in anderen großen Städten. Die ite Aenderung ist eine Verbesse⸗ tung, weil dadurch Nöglich zeschaffen wird, ein Verbot, welches fũt Bemeindebezirk ausgesprochen werden müßte,
zufũ Redner tadelt dann ferner, daß die
e benachtbeiligt würden durch eine Unterdrückung des Zwischen⸗ mit Artikeln des Wochenmarktes. Wenn die Landwirthe ibre auf dem Markt nicht absetzen, so können sie dieselben ent⸗ selbst aushökern, oder durch die ortsbekannten Zwischenhändler wlassen, was ihnen jedenfalls bequemer sein wird. Wozu soll
f ᷣ händler erforderlich sein?
es
eine Beschlüss e in dieser Bezie t bat protestiert vorgeschrieben
Wenn die Gemeinden k daß sich keine Mißständ agistra
von oben her
Der Berliner Magiß
n Art. 7 a nen einzuschalten: 1 f öffent⸗ lichen Wegen, Straß . obne vorgängige Bes — Polizeibebörde ist befugt, für bestimmte Zeitperioden wel jwei Wochen nicht ü j rsteh stimmungen in ibrer ezi per
Der Antragsteller hält es für daß Kinder unter 14 Jabren in diese eise beschäftigt werden, ibren Eltern durch ihren kleinen Verdie belfen, vielfach aber auch, weil die Eltern faulenzten und sich di i verdienen h Die Vo ift sei d gen, ; r, nach⸗ werden dürften. He ᷓ ĩ für die Weihnachts⸗ und Ausnahmebestimmungen zu⸗ gelassen. Abg. Dr. Hitze (3Zentr.): Wir wer ber die Aus nahmebestim g ablehne Volke y.) weif eren Berliner Vororten von g sei über die gewerbliche Beschäftigung Kindern bei de ; on Backwaaren, Kegelaufsetzen u. s. w. iese Statistik sei un ssig, aber sie habe jedenfalls ein großes . aufgedeckt, sodaf angebracht sei, wenn die Regierung ieser Frage näher tret Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. von Boetticher: Meine Herren! Ich weiß nicht, wie der Bundesrath sich zu dem orschlag des Antrags Lenzmann stellen wird. Die Materie ist bei
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den bisherigen Berathungen des Bundesraths über die Gewerbe ordnung nicht verbandelt worden. Mir versönlich ist der Antrag durchaus sympathisch. Ich kann den Schilderungen, die die Herren Vorredner über das Elend, das sich bei der Verwendung der Kinder im Gewerbebetriebe herausstellt, vor⸗ gebracht haben, nichts hinzufügen und halte dafür, daß man dahin streben sollte, die Benutzung von Kindern zu gewerblichen Zwecken der hier in Frage ftehenden Art überhaupt auszuschließen. Wer menschen⸗ freundlich gesinnt ist und es mit der Zukunft unserer Kinderwelt gut meint, der kann nicht wünschen, daß solche kleinen und unselbständigen Wesen, und zwar vielfach zu eigennützigen Zwecken ausgebeutet werden. Also ich bin mit der Tendenz des Antrags für meine Person durchaus einverstanden und will auch versprechen, meine Bemühungen darauf zu richten, daß der Bundesrath dem Antrage, der sich auf dem Boden dieser Tendenz bewegt, die Zustimmung ertheilt.
Dagegen glaube ich, das die Aussicht auf Annahme einer solchen Vorschrift im Bundesrath nur dann eine sichere ist, wenn auch der zweite Theil des Antrags Lenzmann angenommen wird. Wir dürfen uns nicht verbeblen — ich weiß nicht, ob das von den früheren Rednern schon angezogen ist, ich bin nicht beim Beginn dieser Debatte im Haufe gewesen —, daß die Verwendung von Kindern in der Weihnachtszeit zum Verkauf kleiner Artikel an manchen Orten eine althergebrachte ist und daß sie nicht überall eine moralisch und ethisch verwerfliche Tendenz hat, und daß sie auch eine wirthschaftliche Bedeutung hat, die, wenn hier störend eingegriffen wird, doch wohl in den betheiligten Kreisen eine große Unzufriedenheit hervorrufen könnte. Ich bin deshalb der Meinung, daß man wohl thut, wenn man einmal dazu übergeht, im allgemeinen die Verwendung von Kindern unter 14 Jahren auf dem hier behandelten Gebiete aus zuschließen, doch den Bebörden eine gewisse Dispensationsbefugniß zu geben, um nach Lage der Gewohnheit und der Fälle da, wo die Gefahr für die Kinder keine dringende ist, doch die althergebrachte Gewohnheit auch ferner üben zu lassen.
Der Antrag des Hern Abg. Lenzmann in seinem jweiten Theil leidet meiner Ansicht nach an einem formellen Mangel. Der wird sich aber, wie ich überzeugt bin, bis zur dritten Lesung korrigieren lassen. Wir werden uns darüber ver⸗ ständigen, einen Paragraphen in das Gesetz hineinzubringen, der nach jeder Richtung zweifelsfrei ist, und werden vielleicht auch die Frist noch etwas verlängern können, die der Herr Abg. Lenzmann vor geschlagen hat, und dann hoffe ich, daß der sebr beachtenswerthe und gesunde Grundgedanke auch in unsere Gesetzgebung übergeht. (Bravo)
Abg. von Holleuffer (d. kons) stimmt dem Antrage Lenzmann zu, fedoch unter der Voraussetzung, daß die Ausnahmebestimmung beschränkt werde auf die Fälle, wo es herkömmlich sei.
Der Antrag Lenzmann wird unverändert angenommen.
Artikel 8 betrifft das Aufkaufen von Waaren und die Aufsuchung von Bestellungen außerhalb des Gemeindebezirks der gewerblichen Niederlassung. Die Bestimmung des 5 44: „Das Aufkaufen darf ferner nur bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Waaren produzieren, oder in offenen Verkaufestellen erfolgen“, soll folgenden Zusatz erhalten; „In⸗ gleichen darf das Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren, soweit nicht der Bundesrath für bestimmte Waaren Aus⸗ nahmen zuläßt, nur bei Kaufleuten oder solchen Personen ge⸗ schehen, in deren Gewerbebetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden.“
Abg. Freiberrr von Stumm (Rp.) keantragt, die Worte soweit nicht der Bundesratb .: . zuläßt. zu ersetzen durch ‚soweit dazu nicht eine ausdrũckliche off entliche oder schriftliche Aufforderung ergangen ist.
Abg. Quentin (nl) will diese Worte ersetzen durch Fbetreffs deren der Bundesrath dies vorschreibt“.
Die Abgg. Dr. Hasse (nl und Dr. Förste r⸗Neustettin (Ref⸗P.) beantragen, den Buchhandel von diesem Verbot aus⸗ zunehmen; Abg. Dr. Bürklin (nl) stellt denselben Antrag bezüglich des Weinhandels.
Für den Fall der Ablehnung seines Hauptantrags bean⸗ tragt Abg. Quentin, die Druckschriften und Bildwerke, Leinen, Wäsche und Aussteuern in diesen Artikeln, Wein und Baumaterialien auszunehmen. Wird auch diese Fassung ab⸗ gelehnt, so beantragt
Abg. Quentin: den Art. 8 erst mit dem 1. Januar 190. Kraft treten zu lassen und folgende Resolution anzunehmen:
Herr Reichskanzler wird ersucht, dafür Sorge zu tragen, daß bei den Ausnahmen, welche der 5 44 der Gewerbeordnung zuläßt, folgende Waaren vorzugẽweise Berücksichtigung finden: Druckschriften, andere Schriften und Bildwerke, Leinen, Waͤsche und Aussteuern in diesen Artikeln, Wein und Baumaterialien, :
Die Abgg. Fuchs und Humann Gentr.) beantragen folgenden Zusatz: ; ᷣ .
Für Gewerbebetriebe, welche vor Inkrafttreten dieses Gesetzes den Nachweis erbringen, daß sie mindestens 5 Jahre lang in ihrem Gewerbe Waarenbeftellungen bei Privaten aufgesucht haben, ver⸗ bleibt es bis zum Ausscheiden des kejw. der Inhaber der Firma für den zeitigen Umfang ihres Gewerbebetriebes bei den bisherigen Bestimmungen.“
Abg. Freiberr von Stumm (Rp): Das Aufsu zestellungen ift in den meisten Fällen ganz genau dassel wie der Dausierbandel; denn es werden nicht bloß Muster vorgezeigt, sondern ie Waaren direkt geliefert; deshalb kann ich keine 15nabme⸗ estimmung zulassen., wie sie die Herren Fuchs und Hamann wollen. Weshalb soll denn ein Gewerbetreibender, der fünf Jahre da tail⸗
isen betreiben läßt, besser gestellt sein, als ein solcher, der erst ier Jahre seinen Betrieb hat? o wie das Aufsuchen von nbestellungen bei Kaufleuten und solchen Personen, welche ie Waaren für ibren Gewerbebetrieb brauchen, zugelassen sein soll, muß es auch gestattet sein da, wo eine direkte Aufforderung seitens der Betbeiligten ergebt. Ich babe sonst nichts gegen die Ertbeilung von Befunnissen an den Bundesrath, aber in diesem Falle würde der Bundesrath doch durch seine Bestimmungen manchen Gewerbeiweig begũnstigen, andere aber schädigen können je nachdem er nur die notb⸗ wendigsten Ausnahmen zuläßt oder dabei so weit gebt, wie die Wünsche der Interessenten. Die Anträge aus dem Hause entsprechen ja wohl meist den Wünschen der Interessenten in den einzelnen Wahlkreisen. Das führt zu bedenklichen Konsequenzen. Redner bittet des balb, möglichst bei der Vorlage ju bleiben, weil dieselbe sonst ein Schlag ins Wasser sein würde.
Von seiten der Abgg. Gröber (Zentr), von Holleuffer (dkons.), Dr. Hitze (Zentr.) und Jacobs kötter (dkons.) ist ein Kompromißantrag eingegangen, den Art. S folgendermaßen zu gestalten:
„Das Auffaufen darf ferner nur bei Kaufleuten oder solchen Personen, welche die Wagren produzieren, oder in offenen Verkaufe stellen erfolgen. Ingleichen darf das Aufsuchen von Bestellungen auf Waaren, mit Ausnahme von Drugschtiften, anderen Schriften und Bildwerken und, soweit nicht der Bundesrath noch für andere Waaren oder Gegenden oder Gruppen von Gewerbetreibenden Ane— nahmen zuläßt, nur bei solchen Personen geschehen, in deren Ge—
werbebetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden Auf das Aufsuchen von Bestellungen auf Druckschriften, ander. Schriften und Bildwerke finden die Vorschriften des 5 56 Abf. entsprechende Anwendung. 3
Abg. Dr. Hasse zieht zu Gunsten dieses Antr ei schlag zurück; ebenso Abg. Dr. Försster. K
Abg. Dr. Hitze meint, daß der Antrag Alles au habe, was . sei, um . möglichst große Me * u denselben zu gewinnen, namentlich auch berüglich des Buchhandelz di. Zustimmung zu erleichtern.
Abg. Quentin (nl) erklärt, daß er seine drei Anträge zurn. ziebe und nur die Resolution aufrechterhalte. Uebrigens würde ein Theil seiner Freunde gegen die ganze Vorschrift des Art. 8 stimmen weil sie es nicht für nothwendig bielten, die kaufmännische Tüchtigte irgendwie zu beschränken. Daß eine Belästigung des Publikums dur die Detailreisenden irgendwie stattgefunden dabe, sei nicht bekannt e worden; solche Behauptungen stammten aus dem Lager der Konken renz und waren daber mit großer Vorsicht aufzunehmen. Was di großen Versandgeschäfte durch die Größe ihres Betriebes leisteten das müßten die kleinen Geschäfte durch versönliche Liebenswürdigken durch das Auffuchen der Kunden u. s. w. ersetzen. Die Annahme der Vorlage obne eine gleichzeitige Beschränkung der Versandgeschäft⸗ würde die Wirkung des Gesetzes illusorisch machen. .
Abg. Hum ann Gentr.) tritt im Interesse der Bielefelder
Leineninduffrie und der Wäschekonfektion im allgemeinen für die Ju. lassung des Detailreisens für diese Branche ein. Abg. Dr. von Cunvy (nl) erklärt, daß der Weinantrag in den Kompromißantrag nicht aufgencmmen sei, trotzdem für ihn gerade daz Detailreisen am meisten üblich sei. Redner tritt für den Antrag Bürklin ein, da der Antragsteller selbst durch Unwohlsein am 6m scheinen verhindert sei.
Abg. Dr. Först er⸗Neustettin erklärt sich für den Kompromißantrag Gröber mit der Maßgabe, daß der Antrag Stumm in denselben eingeschaltet werde.
Abg. Casselm ann (fr. Volksp.) hält die Einschränkung dez Detailreisens für bedenklich, da von einer solchen Maßregel nur die kleineren und mütleren Geschaäftsleute Nachtheile haben würden zu Gunsten der großen Waaren, und Versandhäuser. Die Denail⸗ reisenden sähen in der Gleichstellung mit den Hausierern eine De— gradation.
Abg. Vogt herr (So)) erklärt sich gegen Art. 8, weil derselbe eine durchaus reaktionäre Maßregel sei und eigentlich lediglich der Finanz. Ministern der Einzelstaaten eine neue Einnahme zuführe, da die Kaufleute dann Hausierscheine lösen müßten, vielleicht für de Bezirke der kleinen Einzelstaaten mehrere zu gleicher Zeit. Besonden lästig sei die Bestimmung für die Angestellten; sie könnten in Zukuñ erst mit dem 25. Lebensjahr als Detailreisende auftreten, verlören alfo dadurch mindestens jüänf Jahre ihres Lekens; denn mit dem 26. Lebenejahre wären sie wohl befähigt für diese Arbeit. Wie umstritten die ganze Frage sei, zeigten die zahlreichen Anträge un Gegenanträge, die eingebracht und geändert würden, sodaß man sich faum hineinfinden könne. Für den Weinreisenden wären alle zu Ausnahmen bereit, sogar der Bundesrath sei in den Motiven dafür. Im übrigen nähme jeder die ihn interessierenden Industrien aus und überlicße sonst alles der Vollmacht des Bundesraths, der Erlaubniß geben, aber auch alte Erlaubniß widerrufen könne. Di Sozialdemokraten würden jedoch gegen alle Anträge stimmen, da solche gesetzlichen Maßregeln nur ein schwacher und nutzloser Veisuch seien der Eniwickelung der gewerblichen Verhältnisse entgegenzutreten.
Abg. von Wolszlegier ⸗ Gilgenburg (Pole) erklärt sich für den Antrag von Stumm, den er in den Antrag Gröber⸗Holleuffer auf⸗ nehmen will; für die Weinreisenden will er keine Ausnahme machen.
Abg. Dr. Ha fse (nl): Die Mehrzahl meiner politischen Freunde steht der Vorlage sympathisch gegenüber. Wenn so viele AÄAnträ vorliegen, so zeigt das, wie richtig unser Antrag war, eine Kom missions⸗ berathung stattfinden zu lassen; daß einige Anträge jetzt zurückgerogen werden konnten, erklärt sich durch die inzwischen stattgehabte Ver einbarung, wobei ja auch der Buchhandel in ausgiebiger Weise berücksichtigt worden ist. Redner empfiehlt ferner Ausnahmen füt den Wein und die Wäschefabrikation.
Abg. Fischb eck (fr. Volksv.) : Der Staat scheine jetzt die Berech⸗ tigung für sich in Anspruch zu nehmen, die Bürger in selche erste und zweiter Klasse zu tbeilen. Man nehme es als Pflicht des St in Anspruch, den seßhaften Handel in erster Linie zu schützen gegen
Ausdehnung des Hausierhandels.
? Diese Ausdehnung sei aber eine Folge der salschen Durchfübrung der Sonntagsruhe. Die Bielefelder Leinenindustrie sei durch die Güte ihrer Fabrikate größer geworden, und zwar deshalb, weil sie durch Reisende die Waaren dem Publikum ins Haus bringe. Gerade die einsam wohnenden Beamten der Forstterwaltung, der Zollverwaltung, die Lehrer und Geistlichen auf dem Lande würden gar keine Gelegenheit baben, Einkäufe in gewissen Artikeln zu machen, wenn ihnen nicht die Detailreisenden die Sachen ins Haus biächten.
Nachdem Abg. Dr. Schädler (Zentr.) sich gegen eine Ausnahme zu Gunsten der Weinreisenden ausgesprochen bat, bezeichnet
Abg. Fuchs (Zentr.) es als eine große Härte, daß plötzlich da⸗ Detailreisen aufhören solle; man müsse eine Uebergangeveriode schaffen, während deren das Detailreisen ganz allein verschwinden würde.
Abg. Dr. Hahn (b. k. F) tritt sär den Antrag Gröber⸗Holleuffer ein und wendet sich dagegen, besondere Uebergangebestimmungen a schaffen. Die Lamdwirtke hätten die Schädigung durch die Handels. verträge auch ohne jeden Uebergang auf sich nebmen müssen. Brotlos würden die Detailreisenden nicht, sie würden höchstens etwas höher besteuert.
Abg. Fritzen (Zentr) tritt ebenfalls für die Leineninduftrie ein.
Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. von Boetticher: —
Meine Herren! So viel ist mir aus den Diskussionen klar ge—= worden, daß der Wunsch in weiten Kreisen des Hauses bestebt, ar der Regierungs vorlage irgend welche Aenderungen vorjunebmen. Ich muß indessen betonen, daß auch nach aufmerksamer Verfolgung der Gründe, welche für die verschiedenen Anträge vorgebracht sind, ich dea der Ueberzeugung nicht lassen kann, daß die Regierungẽ vorlage bei weitem den Vorzug verdient.
Zunächst ist von verschiedenen Seiten der Wunsch geäußert worden. daß im Gesetz eine Ausnahme von den neuen Bestimmungen über das Detailreisen zu Gunsten des Buchhandels gemacht werde. Meine Herren, ich balte es nicht für unwahrscheinlich, daß der Bundesrath, wenn er nach der Fassung der Regierungevorlage die Befugnisse er= hielte, seinerseits Ausnahmen von den Bestimmungen Über das Detailreisen zu statuieren, auch den Vertrieb von Druclschriften
se Ausnahmen aufnehmen würde. Nach den in
ben Hause hierüber gepflogenen Ver bandlungen und
Begründung der Petitionen, die auf diesem Gebiete auch
an Reichsregierung gekommen sind, verkenne ich nicht, daß sich
manches dafür anführen läßt, bier den Druckschriftenvertrieb besonder? zu berücksichtigen.
Nun kommt aber der Appetit bekanntlich beim Essen, und wenn man eine Ausnahme macht, so findet man sehr bald Veranlassung, eine Erweiterung des Kreises der Ausnahmen zu wunschen. So ist es auch bier gegangen. Wir haben jetzt schon Wänsche nach Aus nabmen zu Gunsten des Weins, der Textilien, Baumaterialien, Nãb⸗ maschinen u. s. w.; und ich bin nicht zweifelhaft darüber, daß sich bis zur dritten Lesung noch weitere Wünsche geltend machen werden. Aber aus der Erörterung über die Ausnahmen haben wir, glaube ich
en Schluß iu ziehen, daß das pro und contra sich in einzelnen Zallen stark die Wage hält; und deshalb halte ich es nicht für richtig a der Reichstag sich über diesen Streit mit der Wirkung schlüssig nacht, daß nun durch das Gesetz festgelegt wird, welche Aus— abmen bezuglich des Detail reisens stattfinden sollen. (Sehr richtig!) Ich balte es für viel richtiger auch vom Standpunkt der Interessenten, e ibre Wünsche geltend machen, daß der Reichstag dieses schwierige Geschäft, das pro und contra zu ergründen und das Rechte u finden, dem Bundesrath äberläßt, der in dieser Beziehung ketanntlich einen breiten Rücken bat und es auch gerne über⸗ nebmen wird. Was wird die Folge sein? Schlagen Sie hier eine nachgesuchte Ausnahme ab, so ist der betreffende Industriezweig schwer in stande, die Vergũnftigung, die ihm seine Bertreter bier zu theil werden lassen wollten, nachträglich vom Bundesrath zu erlangen, und rebmen Sie die Ausnahme an, so nebmen Sie vielleicht dabei nicht die gebübrende Rücksicht auf die Gegenstände, aus denen gerade für zen sreziellen Zweig die Ausnahme sich nicht empfieblt.
Wenn nun aber geändert werden soll, so könnte ich, wie ich vor⸗ n schon angedeutet babe, mit dem Antrag der Herren Gröber, Holleuffer, Dr. Hitze und Jacobskötter auf Nr. 176 der ucsachen noch am ersten einverstanden sein; nur werde mir gleich den Vorschlag zu machen erlauben, daß auch n diesem Antrag eine Korrektur vorgenommen werden möge. Der frag⸗ che Antrag statuiert zunächst nur eine Ausnahme durch das Gesetz selbst I Gunsten des Druckschriftenhan dels. Er erweitert außerdem den 9 Bundesraths, worüber sich reden läßt.
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raden muß. kKiiuchen von Bestellungen nur zulassen bei solchen Personen, meren Gewerbebetrieb Waaren der angebotenen Art Verwendung Wen, und er weicht von der Regierungsvorlage darin ab, daß diese Ech noch das Aufsuchen von Bestellungen bei Kaufleuten unbeschrãnkt zlassen will. Meine Herren, wenn Sie nach diesem Antrag be⸗ so schaffen Sie mit Rücksicht auf unsere Handels verträge zwei die dasselbe mit verschiedener Befugniß treiben.
1,
st der Wortlaut der Bestimmung derselbe — heißt es ausdrücklich: Gaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, welche sich durch den Besitz einer von den Behörden des Heimathlandes aus— gefertigten Gewerbelegitimationskarte darüber ausweisen, daß sie in dem Staat, wo sie ihren Wohnsitz baben, zum Gewerbebetrieb be⸗ rechtigt sind und die gesetzlichen Steuern und Abgaben entrichten, sollen befug sein, persönlich oder durch stehende
Reisende in Theils bei Kaufleuten offenen oder bei solchen Personen, Waaren produzieren, Waarenankäufe zu machen, oder bei Kaufleuten oder Personen, in deren Gewerbebetrieb Waaren der angebotenen Art Verwendung finden, Bestellungen zu Neine Herren, nach diesen Verabredungen sind die Handelsfirmen der Schweiz und aller derjenigen Staaten, welche sich in gleicher Lage benden, berechtigt, innerbalb Deutschlands unter den entsprechenden Doraussetzungen bei Kaufleuten unbeschränkt Waarenbestellungen suchen zu lassen. Sie stellen also, wenn Sie den Antrag Gröber ebne Einfügung der Worte der Regierungsvorlage bei Kaufleuten oder“ annchmen, die deutschen Kaufleute schlechter, als die Kaufleute der- jenigen Staaten, für welche jene Handelsvertragsfestsetzung gilt. Hört! bärt! rechts) Ich möchte deshalb glauben, Sie thun wohl, die Fassung der Regierung vorlage in dieser Beziehung anzunehmen. Ich kann auch keinen Nachtbeil hierin erblicken; denn gegenüber dem Detailreisenden ist der etablierte Kaufmann unter allen Umständen am viderstandsfäbigsten; er wird den ihm unbequemen Detailreisenden sekr wohl abzuwebren im stande sein. Viel weniger widerstande⸗ zg ist der Privatmann, dem der Detailreisende, sei es ein Wein, back, oder Textilreisender, unter Umständen denn doch recht un— werden kann. Ich gehe nicht so weit, daß ich den Detail⸗ nals eine Landplage ansehe, eine Bezeichnung, die er schon in diesem Hause über sich hat ergeben Aber das verstehe ich sehr wohl, 1 Schichten des Publikums die Vorlage nicht bloß Gesichtsrunkte beraus, daß es sich um eine Maßregel einem großen Theil unseres Mittelstandes zu gute kommt,
Gebiet
Belästigung, die durch den Andrang der Detailreisenden fü publikum entsteht, eingeschränkt wird. Also ich kann Ihnen, wenn Sie doch einmal der Regierungs vorlage in forma produeta die Zustimmung nicht ertheilen zu können glauben, nur empfehlen, den Antrag Grö nach der von mir gegebenen Anregung zu korrigieren.
Was die Anträge Quentin und Fuchs-Humann auf Nr. 19 185 der Drucksachen anlangt, so erkenne ich das Wohlwollen fi Auftechterhaltung bestehender Betriebsinteressen, das diesen Anträgen ju Grunde liegt, in vollem Maße an. Aber, meine Herren, ich halte diese Anträge um deswillen nicht für annehmbar, weil sie einen Zustand schaffen, bei welchem jede Kontrole darüber, ob der betreffende Detail⸗ reisende zu seinem Geschäft legitimiert ist oder nicht, unmöglich sein würde. Sie würden auch in dieser Beziehung in Bezug auf die Firmen und in Bezug auf die Waaren eigen Dualismus schaffen, der die Bebörden außer Stand setzt, eine wirksame Kontrole zu
Ganz mit Recht hat bereits der Herr Abg. Dr. ausgeführt, daß solche Eingriffe in das wirtbschaftliche wenn es sich um eine Maßregel handelt, die wirklich eine Ver⸗
ehenden Zustandes herbeiführen soll, ertragen werden müssen, so unangenebm sie auch in dem einzelnen Falle sein mögen; und der Herr Abg. Dr. Hahn bat auch das Remedium bereits an— gegeben, indem er sagte, die ganze Frage laufe auf eine Steuerfrage binaus denn was bisher die Gewerbelegitimationskarte geleistet hat, wird künftig der Wandergewerbeschein leisten. Abg. von Holleuffer stellt eine Revision Srtõber und Genossen im Sinne der Ausführungen des ckretärs für die dritte Lesung in Aussicht.
Damit schließt die Diskussion über Artikel 8.
Nachdem der Antrag Fritzen⸗Humann bezüglich der lufnahme der Gegenstände der Leinen⸗ und Wäschefabrikation n den Antrag Gröber in namentlicher Abstimmung mit 130 2 109 Stimmen angenommen worden, wird unter Ableh— 2 g sammtlicher 2 Anträge der so veränderte Kompromiß⸗
trag Gröber ebenfalls angenommen und um 6! Uhr die
weitere Berathung auf Mittwoch, 1 Uhr, vertagt Der Vor⸗ 1 des Präfidenten, am Mittwoch einen Schwerinstag“ abzuhalten, findet nicht die Zustimmung des Hauses.
Prensischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 39. Sitzung vom 10. März 1896, 11 Uhr.
Ueber den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Die zweite Berathung des Etats des Minister iums der geistlichen, Unterrichts-⸗ und Medizinal— Angelegenheiten nimmt ihren Fortgang.
Bei dem Kapitel Kunst und Wissenschaft“ wünscht Abg Dr. Beum er (nl) eine Aufstellung, welche Künstler vom Staat Aufträge erhalten, ob nur oder wenigstens in erster Linie Akademiker berüchschtigt werden und welche Summen hierfür be⸗ willigt werden. Eine mehr paritätische Besetzuag der Landegkunft⸗ kommission mit Akademikern und Nichtakademikern sei wünschens. werth, und auch bei der Vergebung von Arbeiten müsse die Tüchtigkeit allein in Betracht gezogen werden, denn auch unter den Nichtakademikern gebe es tũchtige Künstler. Ferner wünsche er, daß, wie das jetzt auch schon bei der Kölner Dombaulotterie geschebe, Kunstwerke mit zur Verloosung gebracht würden; das könne 3. B. auch bei sonstigen Kirchenbaulotterieen im Interesse der Kunst gescheben und habe noch den besonderen Vortheil, daß sich hiermit Kunstausstellungen ver— binden ließen, die sonst ohne einen sinan ziellen Rückhalt nur schwer zu stande gebracht werden könnten, Der Minister des Innern habe sich als Regierungs ⸗Präsident in Düsseldori als ein im hohen Grade kunstverständiger Mann und warmer Freund der Kunst gezeigt, so daß er wahrscheinlich auch gern bierbei mitzuwirken bereit sein werde. Abg. Knebel (n) wänscht die Erhaltung der. Forta Papia in Köln und bittet den Minister, Schritte in dieser Richtung zu thun.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Dem Herrn Abg. Knebel glaube ich versichern zu dürfen, daß voraussichtlich bereits in den nächsten Tagen die Ent—⸗ scheidung ergehen wird, und, wie ich hoffe, in einem Sinn, der ihn vollkommen befriedigt. Auch ich bin der Meinung, daß der jetzige Zustand bei der Porta Papia nicht so bleiben kann, wie er ist, und daß dabei alle Rücksicht auf den Dom genommen werden muß — aber auch auf die Verkehrsverhältnisse der
Was dann die ns des . e betrifft,
möchte ich zunächst hervorh Kunstverwaltung
der Vergebung von Kunstaufträgen us den Kunstfonds
zt noch niemals gefragt hat, n Betracht kommen⸗
ei dieser ganzen Frage besteht
n Unterschied zwischen Akademikern und Nichtakademikern in keiner
Weise, und ich möchte auch nicht, daß er in Zukunft in den Vorder
grund tritt. Meine Herren, wenn wir der Anregung des Herrn Abg.
Beumer entsprechend bei jeder Veröffentlichung über die Vergebung
von Kunstwerken eine Rubrik machen wollten, ob der Künstler
Akademiker ist oder nicht, dann werden wir nächstens den Streit um
die Parität, den wir auf konfessionellem Gebiet haben, auch hier auf
dem Kunstgebiet haben; und das möchte ich absolut vermieden wissen; ich habe schon an einem vollkommen genug. (Heiterkeit.)
Nun möchte ich aber zur Beruhigung des Abg. Beumer bemerken, aß wir über die Verwendung des Kunstfonds bereits öffentlich amt⸗ liche Rechenschaft geben und zwar in den amtlichen Berichten der Königlichen Kunstsammlung. Ich bitte die Herren aus Düsseldorf, die dafür Interesse haben, diese Berichte einzusehen. Dort werden sie über die Verwendung des Kunstfonds vollkommen Auskunft finden .
Hinsichtlich der Lotterien zu kirchlichen Zwecken möchte ich dem Abg. Beumer noch Folgendes sagen. Ich erkenne es mit dem? Beumer als sehr wünschenswerth an, wenn man diese Lotterien d die Aussetzung von Kunstwerken als Gewinne dazu benu um der Kunst ein bischen unter die Arme R auch die Künstler gewünscht — freilich R die Kölner Dombau ⸗Lotterie. Ich
genug gekostet, es endlich dabin
au ⸗Lotterie in dieser Beziehung ei
z Prinziv wurde von vielen Sei ob ich es in künftiger en wieder werde
können. Augenblicklich schwebt keine rtige Lotterie, wenigstens nicht im Rheinland, bei der die Fra prache ge kommen wäre. Ich kann nur e die Lotterie nachsuchen, wehren si mit Füßen gegen die Aussetzung ven Kunstwerken. Dem man sich auch nicht verschließen: der auf des Looses will Geld gewin nen, und wenn er ein Bild bekommt, fühlt er sich enttäuscht. Das ift allgemeine Ansicht; und es ist auch Thatsache, daß Leute, die bei früheren Kölner Lotterien Bilder gewonnen hatten, diese Bilder zu Spottpreisen haben verkaufen müssen, wenn sie sie los werden wollten. Voraussetzung für die Aussetzung von Kunst⸗ werken wäre freilich eine aus künstlerischen Kräften zusammengesetzte Einkaufekommission. Ob aber auch da alles nach rein künstlerischen Gesichtspunkten zugeben würde, ist schwer zu kontrolieren. Auch der Staat bat die Kontrole nicht vollständig in der Hand. Kurt;, ich will nur darauf aufmerksam machen: die Bedingung, daß bei derartigen Lotterien Kunstgegenstãände mit als Gewinne verwendet werden sollen, stößt an vielen Stellen auf den größten Widerspruch. an und für sich hat die Aussetzung von Kunstwerken mit dem Zweck der Lotterie nichts zu thun. Ich meinerseits kann es nur wünschen, weil ich damit den künstlerischen Interessen entgegenkomme. Ich will auch bei künftigen Gelegenheiten den Versuch machen. Aber darüber hinaus kann ich eine Verpflichtung nicht übernehmen.
Abg. von Dziem bop ski (fr. kons. beklagt, daß für die Prodinz Posen in Bezug auf Kunst bisher noch nichts geschehen sei. Gerade durch Förderung eines solchen internationalen Gebiets könne man zur Ausgleichung der n n , beitragen. Das Pro⸗ vinzialmuseum und die Landesbibliothek in Pposen müßten mehr ge—⸗ fördert werden. Als . des Provinzial Landtags, danke er der Regierung für das Entgegenkommen, das der Minister in dieser Sache bewiesen babe, aber das Woblwollen des Ministers genüge nicht, es scheitere Alles an dem Widerstand der Provinzialverwaltung. Der Kultus. Minister möge den Finanz-⸗Minister dabin beeinflussen, daß Mittel zur Förderung der kulturellen Interessen in Posen be— willigt würden.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich kann mich auch bier auf eine allgemeine Er— flärung beschtänken. Es versteht sich ganz von selbst für jeden, der die Posenschen Verhältnisse kennt, und deshalb auch für mich, daß ich wie bisher so auch ferner der Landesbibliothek und der Errichtung
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eines Provinzial Museums in Posen mein wärmstes Interesse schenke und daß ich tbun werde, was ich kann, um diese beiden Institute zu fördern. Ich boffe, daß, wenn das Provinzial Museum erft noch etwas weiter umgestaltet ist, ich auch durch unsere Sammlungen werde behilflich sein können.
Was die Frage einer Geldbewilligung anlangt, so bin ich ja in erfter Linie nicht kompetent; ich habe aber mit dem Herrn Finanz Minifter über die Sache gesprochen und von ihm die Versicherung er⸗ balten, daß er der Sache mit dem größten Wohlwollen gegenũberfteht. Der Antrag des Provinzial Landtags kommt jetzt zur geschäftlichen Erledigung, und ich zweifle nicht, daß der Herr Finanz ⸗Minister thut, was er irgend wie zu thun in der Lage ist.
Abg. von Jazdzews ki (Pole) erwãbnt, daß das Museum in Posen eine große Menge von Alterthümern besitze und gern mit anderen Museen in Austausch treten würde; zu diesem Zweck solle der Minister eine Deputation nach Posen entsenden. Ein friedliches Zusammenwirken auf diesem kulturellen Gebiete könne auch einem Aus. gleich auf anderen Gebieten dienen. . ; .
Abg. Dr. Beum er bemerkt, daß man sich auf dem Gebiete der Kunst vor einem Paritätskriege nicht zu fürchten brauche, ö.
Abg. Dr. Sattler (nl meint, daß es eine Ehrenpflicht, des Staats sei, in Posen als Kulturträger aufzutreten und für wissen⸗ schaftliche Anstalten zu sorgen, daß aber eine Zersplitterung des Museums nicht zu empfeblen sei.
Geheimer Ober-Finanz Rath Dr. Germar betont, daß der Finanz ⸗Minister diesen Wünschen wohlwollend gegenüberstehe und bereits Verhandlungen über die Er üllung derselben schweben.
Bei den Ausgaben für das Me teorologische Institut bei Potsdam spricht sich
Abg. Schu lj⸗ Bochum
dieses Instituts aus und dank
er betont dabei den Werth der Erdströmungen und der magnetischen Ve ] aber in seinen einzelnen Ausführungen fast unverftändlich.
Bei den Positionen für das Astrophysikalische Observatorium bei Potsdam fragt Abg. Szmulg Sentr) an, weshalb die längst angeregte Her⸗ stellung eines großen Refraktors erst jetzt in Angriff genommen werden solle, und ob man nicht statt der von 30 Zoll einen Refrakter von 4 Zoll be n kt
Geheimer Regierungs Rath Dr. Schmidt: Daß wir erst jetzt diesen Plan ausführen, daran ist theils die Finanz
ber die Thätigkeit für ihre Arbeit;
) schuld gewesen,
tbeils der Umstand, daß noch nicht fest ob man das Ziel,
das man damit erreichen wollte, auch errei Es kommen
dabei klimatische Umstände in Betracht, und der Beweis, daß ein
fo großes Instrument bei unseren klimatischen Verhältnissen dasselbe
leisten kör ie in Nizza, England, Amerika, ist erst neuerdings er⸗
bracht, nacht man i St. Petersburg mit einem 30 zölligen
Refraktor gute Resultate erzielt bat. Beliebig weit kann man mit der
Größe des Objektivs nicht gehen, die Größe steht im Zusammenbang
J Rohrs, und da kann durch Strahlenbrechung
nObiektivs verloren gehen. Auf das 44z6511ige
Ausstellung will ich nicht eingehen; die Akademie
ften hat aber die Frage, ob dieses Rohr für ein Ob⸗
verneint; alle wissenschaftlichen Kreise
halten einen Refraktor von 36 Zoll für ausreichend und zweckmäßig.
Zu dem Titel „Biologische Anstalt auf Helgoland“ bemerkt
Dermes (fr. Volksp.): Diese Anstalt, welche die auf sie
nung voll erfüllt hat, ist der Erweiterung und Vervoll⸗
ringend bedürftig. Die Mittel für sie sind außer⸗
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napp bemessen. Die Wohnräume, die Räume für die
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er wissenschaftlichen Sammlungen und Aquarien sind 1
Interbringur
unzureichend. Ist ein Neubau in Aussicht genommen? Zur Förderung der botanischen Seite des Instituts, um welche sich insbesondere Professor Pringsheim erhebliche Verdienste erworben hat, ist die Anstellung eines Botanikers unumgänglich. Auch die definitive An— stellung der Assistenten ist ein Wunsch des Rednergs.
Abg. Szmula Gent) schließt sich diesen Wünschen an, spricht aber sein Bedauern aus, daß die Anstalt nicht dem Landwirthschafts—⸗ Minister unterstellt sei.
Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Schmidt: Mit Freude nimmt die Regierung die Anregung des Abg. Hermes an, wie sie ihm über- baupt für seine dem Institut immer erwiesene Freundschaft dankbar sst. Im Extraordinarlum ist schon eine Summe für die Einrichtung des n Postgebäudes auf Helgoland für die Zwecke der Biologischen Anstalt gefordert. Die Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und der Landwirthschaft decken sich auf keinem Gebiet so sehr, wie auf dem der biolegischen Forschung. Dies Institut bearbeitet jetzt ein
großes Werk Die Meeresforschungen, von dem bereits ein Band vorliegt, der sehr bemerkenswerthe Resultate enthält. Die Regierung wird bemüht sein, den hier geäußerten Wünschen nachzukommen. Bei den Kosten für Unterhaltung der Denkmäler und Alterthümer bittet Abg. Lotichius (nl) um Wiederherstellung des Domanial⸗ gebäudes im Kloster Eberbach und um anderweitige Unterbringung der dort internierten Gefangenen. Minister der geistlichen 2ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Meine Herren! Ich will nur dem Herrn Dr. Lotichius, der die Verhältnisse des Klosters Eberbach zur Sprache gebracht hat, meinen Dank aussprechen und meine Bereitwilligkeit, nach Möglichkeit zu helfen. Es ist ganz unzweifelhaft, daß hier außerordentlich werthvolle, künstlerisch wirksame alte Gebäude vorliegen, deren Erhaltung und Pflege in jeder Beziehung wünschenswerth ist. Ich will gern der Anregung Folge geben, soweit es an mir ist, um eine Evakuierung der Gebäude von den Gefangenen herbeizuführen, mache aber darauf fmerksam, daß mein Ressort nicht dominus dirigens dieses ganzen osters ist, und daß ich deshalb abwarten muß, ob und wann ich in zu einer künstlerischen plan⸗
Bei den Ausgaben für das Meßbildverfahren be⸗ dauert ;
Abg. Dr. Kropatscheck (kons,), daß die Abgg. von Meyer— Arnswalde und Reichen perger nicht mehr im Hause seien, die für solche Angelegenheiten sachverständig waren. Man müsse sich beeilen, alte Denkmäler, namentlich in Kirchen, mit Hilfe des Meßhbild. verfahrens aufjubewahren, ehe sie verfallen. Die dem Professor Meidenbauer, dem Erfinder des Verfahrens, zur Verfügung stehen— den Arbeitskräfte und Mittel reichten nicht aus, um die nächste wichtige Aufgabe der Aufnahme der Photographien schnell genug zu erledigen. Der Minister solle statt der ausgeworfenen 18 000 S6 30 000 „ dafür bewilligen.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich habe das lebhafteste Interesse für das Meß⸗ bildverfahren. Ich glaube auch, daß das Verfahren unserer Bau⸗ denkmal · Verwaltung ein sehr nützliches und werthvolles Material für die Zukunft liefern wird. Die Sache hat aber einen Haken. Es ist wirklich zur Zeit noch nicht mit Sicherheit zu übersehen, ob nach dem Ausscheiden des jetzigen genialen Erfinders, der die Meßbildanstalt auch leitet, sich Nachfolger finden werden, die mit genügendem Geschick die Kunst in vollem Maße werden weiterführen können. Darauf richte ich mein Augenmerk in erster Linie; und darauf habe ich auch den Herrn Geheimen Rath Meiden⸗ bauer immer hingewiesen, daß die Sicherung tüchtiger Nachfolger