1896 / 64 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

land die größten Ziffern für Pockentodesfälle zeigen, und daß auch andere Länder, wie Italien, England, Oesterreich, die Balkanländer weit hinter uns zurückstehen.

Wenn man nun die interessante Thatsache aus allen diesen statistischen Aufnahmen sich ergeben sieht, daß ein kolossaler Um⸗ schwung in Bezug auf die Pockenerkrankungen und Pockentodesfãlle seit 1374 bei uns eingetreten ist, so bedeutend, daß man sagen kann: die Erkrankungen und Todesfälle an Pocken sind auf ein Minimum seit jener Zeit reduziert, dann frage ich: wer will die Ver⸗ antwortung übernehmen, jetzt ein Gesetz aufzuheben, welches diese Schutzwehr gegen die Pocken aufgerichtet hat, welches zum Segen der Bevölkerung bisher bestanden hat und welches, wenn es aufgehoben wird, die Bevölkerung zum großen Theil wieder dem Elend und der Gefahr preisgiebt? (Bravoh

Abg. Reißh aus verliest eine Reihe von Namen der Aerzte,

wel mit Namenzzunterschrift sich gegen den Impfzwang erklärt ö und führt aus, Laß wenn alle Kinder die offentlichen Impf⸗

ee, aufsuchen müßten, dann die Zahl der Gegner größer sein würde.

Damit schließt die Diskussion; in einem Schlußwort verlangt

Abg. Dr. Förster-⸗Neustettin, daß die durch den Impfzwang Geschädlgten mindestens entschädigt werden sollten.

Abg. Schmidt- Frankfurt (Soz.) als ,, . verzichtet auf das Wort und behält sich vor, bei der zweiten Lesung näher auf die Schrift des Gesundheitsamtes einzugehen.

Der Antrag auf Ueberweisung des Antrags an eine Kom⸗ mission wird verworfen.

Schluß 5i/ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Etat des Auswärtigen Amts und der Kolonien.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 41. Sitzung vom 12. März 1896.

Eingegangen sind der Gesetzentwurf, betreffend die en der Richkergehälter und die Ernennung der Gerichts⸗Assessoren; der Antrag Wallbrecht, betreffend die Einführung von Orts⸗ statuten zur Sicherstellung , für Lieferungen Und Arbelten bei Bauten, der Antrag von Mendel-Steinfels, betreffend die Abwässerungsverhältnisse in der Stadt Leipzig.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Berathung des Etats der Ansiedelungskommission für West⸗ preußen und Posen. ö.

Ueber den ersten Theil der Debatte ist gestern berichtet worden.

Abg. Im Walle (Zentr.): Wir halten das Ansiedelungsgesetz nach wie vor für ungerecht und perfassungswidrig und stimmen für die Aufhebung desselben; es ist ein Kampfgesetz, das nur durch die Autorität eines übergewaltigen Ministers zu ftande gekommen ist. Zu einem Frieden hat es nicht geführt, die polnische Bevölkerung stebt uns feindlicher gegenüber als früher. Mit milden und geringen Mitteln würden wir weiter kommen.

Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Dr. Mizerski schließt die Debatte. Persönlich bemerkt

Abg. Dr. Sattler: Ich will mich nicht immer wieder auf eine Diskussion mit den Herren der Minorstät einlassen und will deshalb nur eins bemerken. Ber Abg. Glebocki hat an meine Worte erinnert: Angesichts der wirthschaftlichen Fertschritte der polnischen Landes. theile müßten deren Bewohner der preußischen Regierung und Gott dankbar fein, daß sie es so weit gebracht haben. Der Abg. Glebocki schloß daraus, daß ich die preußische Regierung über den lieben Gott stefse. Die Antwort darauf hat das Haus bereits gegeben, sie hieß: Allgemeine Heiterkeit“.

Darauf wird der Antrag Motty gegen die Stimmen der Polen, des Zentrums und der Freisinnigen abgelehnt, der Etat der Ansiedelungskommission bewilligt und die Denkschrift durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Sodann wird der Etat der Staatsschuldenver⸗ waltung ohne Debatte bewilligt und der Rechenschaftsbericht über die weitere Ausführung des Gesetzes vom 19. Dezember 1859, betreffend die Konsolidation preußischer Staats⸗Anleihen, durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Es folgt der Etat der Allgemeinen Finanzverwal⸗ tung. Hierzu liegen vor die Denkschrift, betreffend die Aus⸗ führung der gesetzlichen Vorschriften über die Rückerstattung ber Grundsteuerentschädigungen, und der Antrag der Abgg. von Dobeneck (kons) u. Gen,: die Regierung zu er⸗ fuchen, die Beschlüsse beider Häuser des Landtags vom Juni 1833 über die Annahme des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufhebung der 88 18 bis 27 des Gesetzes wegen Aufhebung Direkter Siaatsffegern vom 14. Juli 1893 Allerhöchsten

ung vorzulegen. Zu meinem Bedauern bat der vor—

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mn): 3 ) ; 35 eiae Bestätigung nicht gefunden, ich rung endlich doch einmal die Bestätigung

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len, welche ibnen unbedingt und ielleicht längst verbraucht ist, und nde, weil die Grundsteuer staat⸗ kt ist, dar die Kommunen sie benutzen eine Konfis kation. Der Finanz ⸗Minister len, in denen die zur Rückerstattung fest⸗ me von 5 M nicht überf ie Feststellung und Einziehung ent⸗ es ist doch gleichgültig, Wir werden dem Antrag

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hebt, dann werden wir doch au die Beseitigung dieses Unrechts ver⸗ sangen können. Von dem Woh wollen für die Pflichtigen, das in der Denkschrift versprochen ift, ist nichts zu merken. Sehr zweifelhaft ift die Frage des Gerichtsstandes für die Klagen wegen der Rũckzahlungs⸗ . Findet der persönliche Gerichtsstand oder der der belegenen Sache Anwendung? Kommt ein Bro ieß gleichzeitig vor zwei Gerichten zur Verhandlung, so kann die Einrede der Unzuständigkeit oder der Litispendenz erhoben, also aus rein formalen Gründen die Klage ab-⸗ . werden, und doch follen etwaige Klagen innerhalb von drei

onaten anhängig gemacht werden. Bis zum 1. Januar d. J. sollen im Ganzen nur Ia Prozesse entschieden worden sein, die meisten, —= 0 in Schleswig, von denen 20 zu Gunsten des Fiskus ent⸗ schieden sind; nach einer mir vorliegenden Nachweisung sind allein beim Ober. Landesgericht in Kiel 13 Prozesse mit einem Gesammt- streitobjekt von 38 900 M anhängig. r Minister möge selbständig, nicht durch die Provinzialinstanz, die Fälle prüfen, wo besondere Härten vorliegen.

Finanz⸗Minister Dr. Miguel:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat selbst anerkannt, was diesen letzten Punkt betrifft, daß die Gerichte nach strenger Auslegung des Gesetzes gegen die Wünsche, die der Herr Vorredner geltend gemacht hat, erkannt haben. Er kann also den Grad der Berücksichtigung der Billigkeit in der ganzen Durchführung dieser Maßnahme daraus erkennen, daß tiotzdem der Minister die Regierung angewiesen hat, im entgegengesetzten Sinne zu verfahren, d. h. zu Gunsten der Be⸗ theiligten. Meine Herren, ich habe bier ein Schreiben an die König⸗ liche Regierung zu Schleswig vom 11. Mai 1895, wo ich ausdrücklich auespreche, daß ich damit einverstanden sei, daß ein derartig erhobener Einwand, wie der Herr Vorredner ibn gestellt, Berücksichtigung finde, und in solchen Fällen seitens der Staatskasse auf die Rückforderung der Entschädigung Verzicht geleistet werden muß. Ja, meine Herren, ich bin noch weiter gegangen, ich habe gesagt, die Königliche Regierung wolle in Zukunft hiernach verfahren. Für diejenigen Stellen, von denen dem vorstehenden Grundsatz widersprechende Feststellungen bereits getroffen sein sollten, wird die Königliche Regierung in weiterer Ausdehnung der durch die Verfügung vom 2. d. M. ihr bereits ertheilten Befugniß ferner er— mäch tigt, diefe Feststellungen selbständig wieder aufzuheben.

Meine Herren, ich bin nun noch weiter gegangen! Auf Grund einzelner Beschwerden babe ich die Königliche Regierung in Schleswig aufgefordert, alle diese Fälle an uns direkt einzuschicken, damit wir in der Sache selbst Entscheidung treffen können. Also hier ist doch gewiß nicht der geringste Grund, sich zu beschweren. Wenn man die Sache auf die rechtliche Spitze treibt, so könnte man mir vielleicht bestreiten, ob ich befugt gewesen wäre, aus Billigkeitsrücksichten so weit zu gehen Wenn also die Beschwerden der Schleswig ⸗Holsteiner keinen anderen Boden haben auch im übrigen ich werde darauf gleich noch zurũck · kommen so sind die Beschwerden überhaupt nicht brauchbar.

Meine Herren, dann hat der Herr Vorredner sich darüber be⸗ schwert, daß bei dem Zweifel, ob der Gerichtsstand der belegenen Sache oder der persönliche Gerichtsftand hier in dem Prozesse über die Rückforderung der empfangenen Entschädigungen Platz greift, die Einrede der Inkompetenz gestellt war in dem einen Fall und in anderem Falle die Einrede der rechts hängigen Sache. Ich babe aus⸗ drücklich vorgeschrieben und allen Regierungen zu erkennen gegeben, daß die Einrede der Inkompetenz überhaupt nicht erhoben werden soll; also auch in dieser Beziehung kann gegen den Minister in keiner Weise eine Klage erhoben werden, und soviel ich weiß, ist auch überall danach verfahren. Die Gerichte prüfen aber bei der Frage, ob der Gericht sstand der belegenen Sache vorliegt ex officio ihrer Kompetenz, das kann ich garnicht verhindern; jedenfalls haben wir zu einer solchen Prüfung nicht aufgefordert, indem wir die Einrede der Inkompetenz nicht gestellt haben.

Meine Herren, im Herrenhause war ja die allgemeine Meinung in Beziehung auf die Berechtigung der Hauptfrage der Rückforderungen der ursprünglich gegebenen Entschädigungen gewiß ziemlich einig dahin gerichtet, daß diese Rückforderungen unberechtigte seien. Trotzdem hat der Herr Berichterstatter im Gegensatz gegen die beiden Vorredner aus Schleswig ⸗Holstein ausdrücklich anerkannt, daß das, was an Milde und Wohlwollen zur Beseitigung von Beschwerden und Härten die Staatsregierung überhaupt thun konnte, bei der Durchführung des Ge⸗ setzes in vollem Maße geschehen sei. Das kann auch nach meiner Meinung, wenn man die Denkschrift durchliest und die vielen zweifel⸗ haften Fragen, die stets zu Gunsten der Pflichtigen entschieden worden sind, sich vorlegt, gar nicht bestritten werden.

Meine Herren, was die Hauptsache betriftt, so haben die Herren hervorgehoben, das Haus habe noch keine offizielle Erklärung über die Stellung der Staatsregierung zu der Hauptfrage erhalten. Das ist in so fern richtig, als hier im Plenum die Sache ja jetzt zum ersten Mal zur Sprache kommt, und ich erst jetzt Gelegenheit habe, in diesen Beziehung mich zu äußern. In der Kommission ist bereits von meiner Kommissarien das Erforderliche gesagt worden, und im Herren⸗ hause, wovon die Herren ja doch wahrscheinlich Kenntniß genommen haben, ist die Stellung der Staatsregierung in der bestimmtesten Weise gekennzeichnet.

Meine Herren, ich habe allerdings im Herrenhause gesagt, daß ich persönlich glaube, daß an dieser einen Frage, wenn das Haus oder beide Häuser des Landtags bei der Berathung des Gesetzes wegen Außerbebungsetzung der Realsteuern die vorliegende Frage in anderem Sinne entschieden hätten, wenn das Haus der Meinung gewesen wäre, es solle die Rückforderung der Gundsteuerentschãdigung nicht statt⸗ finden, die Staatsregierung nach meiner persönlichen Auffassung an dieser einen Frage die ganze große Steuerreform nicht würde haben scheitern lassen. (Hört! hört) Was das aber mit der jetzt vorliegenden Frage zu thun hat, das ist mir vollstãndig unverständlich.

Ich bin damals bei der Berathung des Gesetzes selbst ja noch viel weiter gegangen; ich babe deutlich zu erkennen gegeben, daß meiner persönlichen Arsicht nach vom privatrechtlichen Standpunkt eine solche Rückforderung nicht gerechtfertigt werden könnte (hört! hört!), und ich habe also in dieser Beziehung dem Hause die Entscheidung durch⸗ aus nicht schwer gemacht, weder nach der einen, nech nach der anderen Seite hin. Aber darüber kann doch an sich kein Zweifel sein, daß

ese Frage nicht, wie der Hert Vorredner behauptet, eine privatrecht⸗

e Frage sei. Ebensowenig, meine Herren, wie die Gewährung der

itschãdigungen der neuen Grundsteuer eine privat Frage war, sondern eine entschiedene staatsrechtliche und c, ebensowenig ist diese Frage eine rein privatrechtliche;

ber kann lein Zweifel sein.

Meine Herren, der Urquell aller Meinungkverschieden heiten, das

, was ja gewiß in den Kreisen der Betheiligten ist, kommt ursprünglich zurück auf die unrichtige

vielfach zu Grunde aelegt wurde, nämlich, daß es sich cha um privatrechtliche Fragen handele, daß die Grundft nuhts wetter seiů wie eine prinatrechticche Nerte. Das stlhe Urquell aller dieser Meinungsverschiedenheiten und Differenzen, und de wenigen Herren, die damals noch theilgenommen baben ich sq Herrn von Benda hier vor mir sißen werden wissen, daß gero um diese Hauptfrage damals bei Einführung der Grunbsteuer R großen Debatten stattfanden. Nach der Art und Weise, wie die⸗ Rückforderung der Grundsteuerentschädigung durchgeführt ist, lam man jetzt behaupten, daß niemand zur Rückzablung angehalten win der nicht durch diese Entschädigung selbft bereichert war. Denn hh Milderungen, die hier dieses Abgeordnetenhaus eingeführt hat, d namentlich die Erben nur herangezogen werden follten nach Maßgal⸗ des Quotenerbtheils, das auf sie gelangt war, haben eben in der An und Weise, wie diese Bestimmungen durchgeführt sind, selbst in da Fällen, wo zweifellos ein einzelner Erbe thatsächlich einen wei größeren Theil von der Erbschaft bekommen batte, als er als Gleic erbberechtigter zu bekommen berechtigt war, eben dahin geführt, dej nur von solchen Personen tbatsächlich die Entschädigung zurückgeforden wird, die durch den Empfang dieser Entschädigung und soweit si durch denselben bereichert sind.

Ich will im übrigen auf die Frage, ob die Staatz, regierung und die beiden Häuser des Landtags ursprünglih wohlgethan haben, diese Rückforderung der empfangenen Entschädigung vorzusehen, garnicht eingehen; denn nach meiner Meinun kommt es darauf gegenwärtig nicht mehr an. Ich habe das schon in vorigen Jahre ausgeführt, und ich kann es hier nur wiederholen: Wenn eine Frage dieser Art, so bestritten, so verschiedener Auffassun fähig, durch die übereinstimmende Entscheidung von Regierung un Landtag einmal entschieden ist, wenn diese Frage integrierende Theil einer großen zusammen hängenden Gesetzgebung ist, wenn man vielleicht sagen kann, daß sie für manche Mitglieder des Abgeordneten, hauses, vielleicht auch des Herrenhauses, für die Zustimmung zu diese großen Gesetzgebung präjudizierlich war, so kann man verständigerweise ohne die größten Gefahren zu laufen, eine solche vor jwei Jaht getroffene Entscheidung nur dann wieder aufheben, wenn wesentlih neue Gesichtspunkte, Thatsachen und Erfahrungen hervorgetreten sin die von einer solchen Bedeutung erscheinen, daß man sagen mi wären diese Thatsachen damals bekannt gewesen, so würde die En scheidung des Hauses eine andere gewesen sein.

Meine Herren, solche Thatsachen liegen nicht allein nicht dor, sondern im Gegentheil, die Befürchtungen, die damals geknüpft waren an die Maßnahmen selbst, sind durch die Art der Ausführung de Gesetzes beseitigt worden, und insbesondere gehört gerade die Fray, die die Herren aus Schleswig ˖ Holstein hier soeben berührt haben: wie es zu halten sei, wenn jemand verkauft, aber der Verkäufer sich du Recht auf die Grundsteuer⸗Entschädigung vorbehalte, gerade dieß Frage gehört zu den Befürchtungen, die damals geltend gemacht worden sind und die sich nun in der That und Wahrheit clk nicht vorhanden erwiesen haben. Wo einzelne Fälle früher vor meiner Entscheidung von der Regierung in Schleswig in entgegengesetzte Sinne entschieden sind, so habe ich ja schon gesagt, daß man auf di Frage zurückkommen wird in der Zentralinstanz.

Ich habe schon damals darauf hingewiesen, daß allerdings ark diese Frage nach der Art und Weise, wie sie im Landtage behandel ist, als eine Kompromißfrage zwischen dem Landtage und der Regiemmnz erscheint. Eine Reihe von sehr entscheidenden Milderungen, die in einer bedeutenden Reduktion der zurückzuzahlenden Entschãdigungi⸗ summe geführt haben, sind hier im Landtage beschlossen. Die Staal regierung hat diesen Milderungen zugestimmt. Daraufhin haben Parteien sich selbst geeinigt, nunmehr das Prinzip zu acceptieren, un zwar nicht nur einseitig Parteien der Linken, sondern ebenso wobl R Parteien der Rechten. Eine große Zahl und überwiegende Mehrnnll der rechten Seite des Hauses hat nach diesen eingetretenen Milderung für dies Gesetz votiert.

Ganz in gleicher Weise, meine Herren, ist verfahren mit anden Hauptfragen, die sich bei der Steuerreform geltend machten. It erinnere nur an die uns auch nächstens beschäftigende Frage der et⸗ theilung der Kommunallasten in den Kommunen mit Bezug anf ki verschiedenen Steuerarten. Der S 54 des Kommunalabgabengesch⸗ it auch ein Kompromiß; weiter gehende Ansprüche wurden zurũckgefelt man einigte sich auf einer mittleren Linie. Jetzt kommen schor Hunderte von Petitionen städtischer Grundbesitzer und verlangen ent Aenderung des Gesetzes, eine andere Art der Ausführung desselber Ganz ebenso liegt es mit der Frage der Doppelbesteuerung der Altin gesellschaften, und ich könnte Ihnen noch eine ganze Reibe Fragen vorführen.

Müssen nun die Herren nicht selbst anerkennen, auch auf rechten Seite des Hauses, daß es höchst bedenklich ist, bier, wo sich nicht um Gesammtinteressen handelt, sondern doch immer nur Interessen Einzelner in Frage stehen, wo nicht eine allgemeine Fran der Landeswohlfahrt in Betracht kommt, sondern nur das Intertj einzelner betroffener Personen, gerade hier einen Einbruch in nr Steuerreform zu machen und gerade an diesem Punkte allein n zusetzen? Wie will man sich denn wehren gegen gleichartige Anttẽtt also auch von Interessierten, die auf anderen Gebieten eine Aendern der Gesetzgebung wollen? Wir kämen alsdann ju einer allmãblibh Aufrollung dieser ganzen großen Gesetzgebung, die naturgemaß 9 großes zusammenhängendes Ganzes bildet und die doch gewiß R kann man behaupten gerade denjenigen Klassen, welche dur n Verlangen nach Rückforderung der Grundsteuerentschãdigung troffen werden, in erheblichem Maße große Erleichterungen 9 schafft hat.

Wenn man bei denjenigen Gütern in Schleswig⸗Holste darauf wieder zurückzukommen, deren Besitzer mehr als 1000 Æ G . steuerentschädigung jetzt zurückzuerstatten haben, vergleicht das gi hältniß zwischen der erlassenen Grundsteuer einerseits und . von diesen Gütern jetzt zu entrichtenden Grundsteuer. Ent chat i rente andererseits, so ergiebt sich, daß an Stelle von je s *. 24 außer Hebung gesetzter Grundsteuer nur 1 4 Entschãdigung. tritt. Während wir allerdings eine Verpflichtung zur Rück alle⸗ der Entschäbigung auflegen, haben wir gleichzeitig den Betttffend so erhebliche andere Vortheile zugewendet, daß man v sonderen Druck in keinem Falle reden kann.

Für den gesammten Grundbesitz im Reglerungẽbezirk

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unter Miteinrechnung deeienigen, welcher zu einer Rückerstattunl ö nicht verpflichtet ist, stellt sich die Sache sogar so, daß an bann,

Auffaffung, die damals bei der Gewährung der Gntschabigunyn

je 1 außer Hebung gesetzter Grundfteuer nur je 1 Tilgungk⸗ rente tritt.

Ich glaube daher wirklich, daß, nachdem das Prinzip einmal ent- schieden ist, nachdem nun eine milde und entgegenkommende Art der Durchführung stattgefunden hat, nachdem klar vorliegt durch die Statistik, daß ein schwerer Druck jedenfalls die betheiligten In—⸗ teressenten nicht trifft, das hohe Haus diesmal um so mehr den früheren Beschluß nicht wiederholen sollte, als ich doch in keinem Falle eine Zustimmung der Königlichen Staatsregierung in Aussicht stellen kann. (Bravol links.)

Abg. Freiherr von Doben eck (kons. . Der Minister hat mich nicht ükerzeugt, ich kann von meinem früheren Standpunkt nicht juckcktreten. Neue Gründe für die Aufhebung der Rückzahlungspflicht haben wir im vorigen Jahre schon vorgebracht. Die Beträge werden streng eingezogen. Die Denkschrift meint, es seien bei der Einziehung der Betrãge keine Schwierigkeiten entstanden; aber die Schwierigkeiten nd nur nicht zu Tage getreten, weil die Leute schließlich bezahlt

ben, um Weiterungen aus dem Wege zu gehen. Der jetzige Bestzer erfährt durch, die Rückzahlung eine direkte Vermögens⸗ lad nn, er soll zurückzablen, was die Vorfahren erhalten haben. Auf den Beschluß des Landtags muß es doch ankommen, denn er ver ritt die Stimmung im Lande. Ich begreife nicht, weshalb die Regierung sich unseren Wünschen verschließt; der finanzielle Effekt für die Staate kasse ist doch sehr gering, es sind im Ganzen 1 Millionen, die sich auf sechzig Jahre vertheilen. Meinen Antrag habe ich als entschieden zu weitgehend zurückgezogen, aber wir bleiben bei unserem Standpunkt vom vorigen Jahre. Curch die Befolgung unseres Beschlufses würde die Regierung sich die Dankbarkeit weiter Kreise erwerben.

Finanz ⸗Minister Dr. Mi quel:

Der Herr Abg. Freiherr von Dobeneck hat die Behauptung der Denkschrift, daß mit thunlichster Milde unter Vermeidung aller unnöthigen Härten das Gesetz zur Ausführung gekommen wäre, nicht zugeben wollen, und um den Beweis dafür zu führen, hat er auch einen kleinen Fall angeführt, bei dem er von dem Finanz⸗Minister berlangt, daß er geradezu gegen das Gesetz handeln soll. Meine Herren, soweit kann ich nicht geben, soweit werde ich auch in Zukunft nicht gehen. Der Minister muß das Gesetz ausführen, solange es be⸗ stebt, und kann mit der Ausführung erst aufhören, wenn es wieder aufgehoben ist. Aber ich habe in allen Fällen, wo man sagen könnte, die Sache ist rechtlich zweifelhaft, mich berechtigt gehalten, zu Gunsten der Verpflichteten und nicht nach dem Grundsatz zu verfahren: in dubio pro fisco. Ich habe niemals diese ganze Frage als eine wesentlich fiskalische Frage aufgefaßt, und ich ersuche Herrn von Dobeneck, wenn er mir Fälle dieser Art, wo ich berechtigt gewesen wäre, Milde walten zu lassen und es nicht gethan habe, noch nachträglich bezeichnen kann, dies zu thun. Ich werde ihm sehr dankbar sein und sofort ver⸗ suchen, ob noch zu helfen ist.

Wenn er nun aber einen Fall anführt, wo mehrere Erben zwei Güter tbeilen, 6 Kinder im Ganzen vorhanden waren ja, meine Herren, was ist denn da Anderes zu machen, als daß jeder von den Erben P als seinem Erbtheil entsprechend zurückzahlt? Ob das zwei Güter sind oder zehn Güter oder ein Gut, das kann dabei garnicht in Frage kommen; ich war also nicht in der Lage, hier anders zu entscheiden. Die Gutsübernehmer können doch sehr zufrieden sein, wenn sie faktisch durch die Annahme des Gutes einen sehr erheblichen Vorzug vor den übrigen Erben haben (Widerspruch rechts); ja einen Vorzug. Solche Fälle haben wir gehabt, meine Herren, wo der Gutzannehmer mir selber das zugestand: Der Werth des Gutes war viel höher, als mein Antheil an der Erbschaft nach der Zahl der Erben. Wenn da der Gutsannehmer lediglich nach dem Quotenerbtheil behandelt worden ist, so ist das soweit gegangen, wie man überhaupt gehen kann; weiter konnte man doch nicht gehen. Wenn 4 Erben vorhanden sind, einer übernimmt das Gut, hat einen sehr bedeutenden Vorzug, und ich befehle den Behörden, von der Ermittelung dieses Vorjugs abzusehen, sondern ihn einfach so zu behandeln, als wenn er nicht mehr bekommen hätte als die übrigen Miterben, weiter kann ich doch nicht gehen.

Nun sagt der Herr Vorredner und auch die Herren aus Holstein, die Niederschlagung der Beträge von 5 M sei nichts Bedeutendes. Dessen könne man sich nicht besonders berũhmen. Das ift vollständig zutreffend. Die Denkschrift hat sich dessen auch garnicht besonders berühmt. Ich gebe zu, daß dabei auch eine Rücksicht auf Vermeidung von Weiterungen, von unnöthigen Aktenschreiben und von sonstigen Kosten, die mehr be— trugen wie diese ganzen kleinen Beträge, in Betracht gekommen ist. Für diejenigen aber, die von diesen Rückzahlungen ganz freigekommen find meistens kleine Leute —, war das jedenfalls kein unangenehmes Geschenk!

Was nun die Petitionen anbetrifft, die Herr von Dobeneck an— geführt hat ich habe sie nicht selbst gelesen so haben die dar⸗ äber Klage geführt, daß diese Rückzahlung der empfangenen Ent— schädigungen zu Schuldentilgungen verwandt werde. Ja, das beruht sehr einfach auf dem Gesetz und auf einem sehr vernünftigen Gesetz. Die Entschädigungen sind ursprünglich geleistet worden durch Ausgabe von Staatsschuldverschreibungen. Wenn also die Entschädigungen zurückgezahlt werden, so findet eine Kapitalrückzahlung statt, der ein entsprechender Schuldenposten des Staats gegenübersteht. Daß hier also die rückzujahlenden Entschädigungen auf die Staatsschulden zur Anrechnung kommen müssen, liegt klar auf der Hand. Ich sehe nicht ein, wie diejenigen, die die Entschädigung zurückzahlen, dadurch ge⸗ schaͤdist werden können. Es kann ihnen doch ganz gleichgültig sein, zu welchen Zwecken der Staat diese Beträge verwendet. Daß darin eine besondere Schädigung liegt, kann ich nicht verstehen.

Nun sagt Herr von Dobeneck und das ist in meinen Augen das Wichtigste, was er gesagt hat es liege doch etwas Neues vor. Es handle sich nicht darum, ein Gesetz wieder aufzuheben, ohne daß etwa Neues dazwischengetreten wäre, sondern das, was dazwischen⸗ getreten wäre, wäre der Beschluß beider Häuser des Landtags. Ja, bei allem Respekt, den die Staatsregierung und ich insbesondere (Heiterkeit) vor den Entscheidungen der beiden Häuser des Landtags haben, bitte ich, mir doch zu sagen, vor welcher Entscheidung, vor der ersten oder der zweiten, ich nunmehr Respekt haben soll. (Heiterkeit; Das ist doch eine schwierige Frage. Ich kann mir doch nicht erlauben, den Werth der Entscheidungen meinerseits zu kritisieren. Da würde ich ja den Respelt, den ich vor diesem hohen Hause habe (oh! oh! rechts), ver⸗ letzen. Ich will damit nur sagen, daß in der bloßen Entscheidung des Hauses in diesem Fall neue Erfahrungen, neue Thatsachen, die das Haus hätten überzeugen können, daß es das erste Mal eine falsche Entscheidung getroffen hat, an sich nicht vorliegen. Der Herr Vor⸗ redner sagt: ja, das Haus hat offenkundig sich ju einem Irrthum be⸗

kannt, es hat gesagt: wir haben uns das erste Mal geirrt. Alle die Fragen. die jetzt wieder hier erörtert werden, sind damals auch diskutiert worden. Dann hat das Haus jedenfalls im vollen Bewußtsein der ganzen Sachlage geirrt. (Wider⸗ vruch rechts) Ich muß sagen, es ist nichts Neues in dieser Beniehung hervorgetreten, selbst die Zahl der eventuell Ver⸗ pflichteten ist hier deutlich genug in den Regierungsmotiven mitgetheilt worden. Nein, das einzig Neue, was wirklich vorliegen kann, ist, daß in der Zwischenzeit die Grundsteuer aufgehoben worden ist, während sie damals erst aufgehoben werden sollte. Das kann nach meiner Meinung für die Staatsregierung ebensowenig wie für das hohe Haus ein Grund sein, hinterher anders zu entscheiden als vorher.

Ich glaube, Sie werden mir zugeben, daß neue, früher unbekannte Verhãltnisse nicht hervorgetreten sind, sodaß es daher immerhin sehr bedenklich ist, in diesem einzelnen Falle eine große Gesetzgebung zu zerstückeln (oh! oh! rechts), während in vielen anderen Fragen doch auch die Derren selbst das für höchst bedenklich halten.

Ich bitte nochmals, das hohe Haus wolle unter Anerkennung der Thatsache, daß soweit, wie das irgend möglich war, in der Ausführung des Gesetzes in dieser allerdings schwierigen Sachlage, wo ich ver- schiedene Meinungen als vollkommen berechtigt anerkenne, mit der größten Milde und Rücksicht verfahren ist, weiter diesen Gegenstand nicht verfolgen. (Bravo!)

Abg. Engelbrecht (fr. kons.) meint, daß die Ausführunge des Finanz Ministers nichts beweisen, und führt eine Reihe ö. ã I an, in welchen besondere Härten durch die Rückerstattung herbei⸗ geführt worden seien. Wie schwer die Rückerstattung auf die Be⸗ tbeiligten drücke, ersehe man aus den Tabellen der Denkschrift. Die D e e mg vor drei Jahren ging von Voraussetzungen aus, die sich ö 8 n. r eh haben. .

Abg. Dr. Krause (ul.): Gegen die tellungnahme des Finanz- Ministers sind sieben Redner, für dieselbe nur zwei Redner , ,. 5. erfordert es schon die Ritterlichkeit, dem Finanz ⸗Minister beizustehen. Was man an Milde bei der n n, des Gesetzes verlangen kann, hat der Minister gethan. Wo ein Fall vor ein . Gericht ge⸗ bracht wird, muß das Gericht ihn zurückweisen, und daraus kann man doch keinen Grund gegen das Gesetz selbst herleiten. Wenn die Schleswig⸗ Holsteiner besonders benachtheiligt sind, sollten sie doch ein Spezialgesetz zur Abstellung. der Härten einbringen. Im Gesetz sellst liegt keine Unbilligkeit. Im Jahre 1893 Faben die Verhältnisse schon ebenso gelegen wie jetzt und sind ebenso bekannt gewesen. Es ist nicht berechtigt, daß jemand die Entschädigung für eine neue Steuer behält, nachdem die Steuer wieder aufgehoben ist. Die Steuerreform wäre nicht zu stande ge⸗ kommen, wenn nicht die Rückzahlung der Grundsteuerentschädigungen r worden wäre. Es ist doch 1 nthümlich, daß man nun die

ortheile der Steuerreform behalten will, aber die Nachtheile beseitigen will, die man bewußt auf sich genommen hat, um die Reform zu stande zu bringen. Ich vertrete hier die Konservativen von 1893 gegen die Konservativen von heute.

Abg. Han sen (fr. kons.) führt mehrere Fälle an, in welchen die Rückzahlung der Grundsteuerentschädigung einen schweren und unge⸗ rechten Druck auf die Betroffenen ausübe. Besonders ungerecht wirke die Rückjahlung da, wo ein Besitzwechsel eingetreten sei. er Minister frage, vor welchem Beschluß er mehr Respekt haben solle; vor dem letzten natürlich nach dem Grundsatz; „lex posterior derogat priori. Hoffentlich werde sich der Minister trotz des Geschreies der Presse noch zu einer anderen Ansicht bekehren.

Ein Schlußantrag wird angenommen und darauf die Denkschrift durch Kenntnißnahme . erledigt erklärt.

Bei dem Zuschuß für das Theater in Cassel bittet

Abg. Dr. Sattler den Finanz Minister, eine strengere Durch⸗ führung der Sonntags ruhe an diesem Theater anzuregen; er wolle damit nicht gegen die Vorstellung am Sonntag sprechen, sondern nur den Theaterarbeitern, die des Sonntags Vormittags arbeiten müssen, mehr Sonntagsruhe verschaffen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Mit der Verwaltung der Theater hat das Finanz Ministerium glücklicherweise nichts zu thun (Heiterkeit); aber nichts⸗ destoweniger will ich gern dem Wunsch des Herrn Vorredners ent— sprechen, diese Klage an die geeignete Stelle zu übermitteln.

Der Etat der Allgemeinen Finanzverwaltung wird bewilligt.

Schluß 3i/ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. Rest ö Interpellation Ring wegen Maßregeln gegen Vieh⸗ euchen.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Ent⸗ wurf eines Gesetz es, betreffend die Regelung der Richter⸗ gehälter und die Ernennung der Gerichts⸗Assessoren, zugegangen:

§1. Die Gehälter der Richter werden nach Dienstaltersstufen geregelt.

Das für die Bemessung des Gehalts maßgebende Dienstalter (Besoldungẽedienstalter) beginnt in jeder Gehaltsklasse mit dem Tage der ersten etatsmäßigen Anstellung in einem zu derselben gehörenden Amte des höheren Justizdienstes. t

Als Tag der Änstellung im Sinne dieses Gesetzes gilt der Tag, von dem ab der Angestellte das Diensteinkommen der Stelle zu be⸗ ziehen hat.

Die Verleihung von Zulagen erfolgt von dem ersten Tage eines jeden Kalenderquartals ab an diejenigen Richter, welche an diesem Tage das 3 Besoldungsdienstalter erreichen oder es im vorhergehenden Kalenderquartal erreicht haben. .

Das Besoldungsdienstalter hat auf die Bestimmung des in anderen Beziehungen maßgebenden Dienstalters keinen Einfluß.

Tritt ein Beamter des höheren Justizdienstes infolge einer Be⸗ förderung oder einer im dienftlichen Interesse geschehenen ,,, in ein zu einer anderen Gehaltsklasse gehörendes Richteramt über, so wird das Besoldungsdienstalter in der neuen Gehaltzsklasse dergestalt festgesetzt, daß sich die folgende Gehaltsregelung ergiebt:

1) Der Beamte tritt in die dem Normalgehalt der früheren Stelle entsprechende Stufe der neuen Klasse oder, wenn in dieser eine solche Stufe nicht vorhanden ist, in die nächsthöhere Stufe über.

3) Ist das nach Ziff. J bemessene Gehalt dem bisherigen Normal⸗ gehalt gleich oder ist sein Mehrbetrag geringer, als die nächste Zulage, bie dem Beamten in der früheren Klasse zu verleihen gewesen wäre, fo erfolgt die Verleihung der ersten Zulage in der neuen Klasse von bemfelben Tage ab, von dem ab in der früheren Klasse die nächste Zulage verliehen worden wãre. . ,

Gul die vorstehenden Bestimmungen wird der einstweilige Fortbezug eines etwa in der früheren Stelle über das Normalgehalt

bezogenen Mehrbetrags nicht .

Bei der Anstellung in einem Richteramte kann die Zeit, welche der Anzustellende außerhalb des höheren Justizdienstes in einem un— mittelbaren oder mittelbaren Amte des preußischen Staatsdienstes, im Reichsdienst oder im Dienst eines deusschen Bundesstaats zugebracht hat, ingleichen die Dienstzeit als Rechtsanwalt oder Notar mit König⸗ licher Genehmigung ganz oder theilweise auf das Besoldungsdienft⸗ alter in Anrechnung gebracht werden.

§ 5.

Das Beseldungsdienstalter der bereits angestellten Landrichter und Amtsrichter wird auf den Tag ihrer ersten etatsmäßigen Anstel⸗ lung (5 2 Abs. 2) als Richter oder Staats anwalte (Staats auwaltg⸗ Gehilfen, Staatsprokuratoren) oder falls diese Anstellung später als vier Jahre nach dem Tage erfolgt ist, auf den ihr richterliches Dienst⸗ alter 1 der Verordnung vom 16. April 1879 (Gesetz · Samml. S. 318) festgesetzt ist, auf den vier Jahre nach diesem Tage liegenden Tag bestimmt.

Für die übrigen bereits angestellten richterlichen Beamten bildet das ihnen gemäß der 88 1 bis 4 der angeführten Verordnung inner= halb der bisherigen Besoldungsetats beigelegte Dienstalter das Be⸗ soldungsdienstalter. Bei Festsetzung des letzteren ist außerdem die

eit zu berücksichtigen, welche gemäß § 3 dieses Gesetzes zu berück- ichtigen sein würde, wenn der Beamte unter der er tal des gegenwärtigen Gesetzes in seine Stellung befördert oder versetzt worden wäre.

Soweit einem Richter nach den bisherigen Vorschriften ein Dienflalter von einem bestimmten Kalendertage nicht angewiesen ist (G 3 Abs. 3, 5 5 Abs. 1 Nr. 4. 5 6 der angeführten Verordnung), wird das Besoldungsdienstalter ö den Justh-⸗Minister bestimmt.

864 Den beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits ernannten Gerichts⸗ Assessoren wird auf das Besoldungsdienstalter als Landrichter oder Amtsrichter der vier Jahre übersteigende Theil desjenigen Zeitraumes angerechnet, der zwischen dem Tage ihres richterlichen Dienstalters und 3 ersten etatsmäßigen Anstellung im höheren Justizdienste liegt. ei der Berechnung dieses Zeitraums bleibt die Zeit außer Be⸗ tracht, während deren ein Gerichts. Assessor außerhalb des preußischen , , . 5 e, ,, . beschäftigt oder um welche seine

nstellung dadurch verzögert worden ist, daß er die Verleihu in

Richteramts abgelehnt hat. ö J

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Die Richter erlangen mit dem Eintritt des für die Verleihung einer Dienstalterszulage maßgebenden Zeitpunktes (§S 2 Abs. 3) einen Rechtsanspruch auf die Zulage.

Der Anspruch ruht, so lange ein Disziplinarverfahren oder wegen eines Verbrechens oder Vergehens ein Hauptverfahren oder eine Vor⸗ untersuchung schwebt. Führt das Verfahren zum Verlust des r . findet eine Nachzahlung des zurückbehaltenen Mehrgehalts

§ 8. Die Ernennung der Gerichts⸗Assessoren erfolgt nach Maßgabe des für den höheren Justizdienst bestehenden Bedarfs. d ha Die Referendare, welche die große Staatsprufung bestanden haben, aber nicht zu Gerichts Assessoren ernannt werden, erhalten ein Zeugniß über das Bestehen der Prüfung und scheiden mit der Zustellung dieses Zeugnisses aus dem Justizdienst aus; sie sind befugt, die Bezeichnung als Assessor zu führen. 8 9

8 .

Der § 9 des Ausführungsgesetzes vom 24. Arril 1878 zum Deutschen Gerichts verfa ssungsgeseßze Ges.- Samml. S. 230) und die Verordnung vom 16. April 1879 (Ges.Samml. S. 318) werden aufgehoben.

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. . § 10. Dieses Gesetz tritt am 1. April 1897 in Kraft. . 8 Auf diejenigen Referendare, welche die große Staatsprüfung vor dem 1. April 1899 bestehen, findet 8 8 keine Anwendung. Haben die Referendare während ihres Vorbereitungedienstes ihre aktive Dienst ich im stehenden Heer oder in der? karine erfüllt, so verlängert ich die Frist um einen der Dienstzeit entsprechenden Jeilraum. 64 Sind die in Abs. 1 bezeichneten Referendare zu Gerichts⸗ Assessoren ernannt, so wird bei ihrer Anstellung als Landrichter 9 ,, das Besoldungsdienstalter nach Maßgabe des § 6 estimmt.

Die dem Entwurf beigefügte Begründung lautet in ihrem allgemeinen Theil wie gt:

Als die Regelung der Gehälter nach Dienstaltersstufen vom 1. April 1894 ab auf die etatsmäßigen höheren Beamten ausgedehnt wurde, sind die richterlichen Beamten und die höheren Beamten der Staatzanwaltschaft in die neue Regelung vorläufig nicht mit ein⸗ bezogen worden. Die Denkschrift, etreffend jene Gehaltsregelung (Bellage B zum Spezial⸗Etat der Finanzverwaltung für g Kap. 57 Tit. I), bemerkt in dieser Hinsicht:

Bezüglich der richterlichen Beamten bedarf es zur Abänderung der das Dienstalter derselben betreffenden Allerhöchsten Verordnung dem 16. April 1879 (Ges. Samml, S. 318) gemãß z 9 des Ausfũhrungsgesetzes zum Deutschen Gerichts verfassungsgesetz vom 24. April 1878 (Ges. Samml. S. 230) eines Aktes der Gesetz⸗ gebung, und die Erwägungen nach dieser Richtung hin, sowie über enstige dabei in Betracht kommende Fragen sind noch nicht zum Abschluß gelangt. Bleibt es aber für die Richter einstweilen noch bei der bisherigen Gehälterordnung, so erscheint dadurch ein Gleiches auch hinsichtlich der höheren Beamten der Staatsanwaltschaft, wegen des häufigen Uebertritts aus dieser in die richterliche Stellung oder umgekehrt, geboten.“

Der vorliegende Entwurf bezweckt, die nach den angeführten Ge⸗ setzesbestimmungen nothwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zu treffen, auf Grund deren und zwar nach der Absicht der König lichen Staatsregierung vom 1, April 1897 ab die neue Gehälter⸗ ordnung für die richterlichen Beamten durchgeführt werden kann.

Dle Vorzüge der Gehaltsregelung nach Dienstaltersstufen, wie sie auch für die mittleren und unteren Beamten der Justizverwaltung in den verflossenen Jahren sich ergeben haben, sind so bedeutsam, 1a es als ungerechtfertigt erscheinen würde, die Richter von ihnen noch länger auszuschließen. Abgesehen hiervon, machen aber besondere er sfandt die Regelung gerade der Richtergehälter nach Dienstalters⸗ stufen dringend wünschenswerth, wo nicht nothwendig.

Das System der provinziellen Etatsverbände für die Land⸗ und Amtsrichter (5 5 der Verordnung vom 16. April 1879) bat eine weit⸗ gehende Ungleichheit zwischen den Gehaltsverhältnissen gleichaltriger Richter in verschiedenen Ober⸗Landesgerichtsbezirken zur Folge gehabt, die nicht nur mit Grund als unbillig empfunden wird, sondern auch für die Justizverwaltung oft ein Hinderniß bildet, eine dem dienst⸗ lichen Interesse entsprechende und dem betheiligten Richter an sich er⸗ wünschte Verseßung auß einem Beztrk in den anderen zur Ausführung zu bringen. Die der Bildung propinzieller Etats verbande zu Grunde liegende Erwartung, es werde durch die günstigere Gestaltung der Ge⸗ haltsverbältnisse in den klimatisch, landschaftlich oder nach ihren Ver⸗ kehrsverhäftnifsen weniger bevorzugten Bezirken ein Anreiz für die Richter geschaffen werden, die Anstellung in folchen Bezirken zu suchen und n ihnen zu verbleiben, hat sich nur theilweise verwirklicht. Gerade ein Bezirk, der auch an den kleineren Gerichtsorten die verhältniß⸗ mäßig günstigsten Lebensbedingungen bietet, der des Ober Landesgerichts in Köln, zeigt eine den Richtern besonders vortheilhafte Gestaltung der Gehaltsscala, während umgekehrt der Bezirk des Ober⸗Landes-⸗ gerichts in Stettin, in dem zahlreiche Amtsgerichte in unbedeutenden entlegenen Landstädtchen ihren Sitz haben, ungünstige Gehaltsverhaͤlt⸗ nisse aufweist. ;

Die aus der bestehenden, an sich sachgemäßen Gehaltsnormierun

. ergebende Folge, daß ein älterer Land oder Amtsgerichts⸗Rat ei der Beförderung in eine höhere Stelle des Justizdien tes eine Gehaltseinbuße erleidet, läßt sich ferner nur bei Durchführung des neuen Gehaltzsystems ohne Beeinträchtigung des Dienstaltersprinzips im übrigen beseitigen. z

Gnklich hat die starke Vermehrung der etatsmäßigen Richter. stellen (vom 1. April 1889 ab einschließlich der im Etat für 1896/97 vorgesehenen Stellen um 437) ein rasches Aufrücken innerhalb einzelner der bisherigen Ctatsverbände zur Folge gehabt, dem natur- gemäß fväter ein Rückschlag folgen muß; die Autzsichten der in den nnittltren und unkeren Klassen stehenden Beamten würden daher in manchen Bezirken empfindli beeinträchtigt werden, wenn es bei der alten Gehaltsregelung verbliebe.

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