1896 / 67 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

daß die Deutschen zielbewußte Maßnahmen ergriffen haben, um ihrer Derrfschaft in ihrer großen afrikanischen Kolonie Anseben zu verschaffen. Rur einige nomabische Räubervösker, wie die Wahebes und Massaie baben die Herrschaft ibrer neuen Gebieter noch nicht anerkannt. Auch dieses ist, wie die Herren wissen, glücklich überwunden. Die Wabehes haben die Herrschaft der Deutschen nunmebr anerkannt. Pater van ker Burgt fährt fort: Aber im allgemeinen ist Ruhe und Sicherheit in diesem Lande hergestellt; die Karawanen kaben fast nichts mehr zu fürchten, die berũchtigten Wegegelder Hongo), welche die Weißen Ten. unzãh ligen Häuptlingen ebemals zu entrichten hatten, sind abgeschafft; im Gegen⸗ FHbeil, jeßt kommen diese, um den durchreisenden Europäern Se- schenke anzubieten. Es ist richtig, die Wadentschi- lassen nicht über sich lachen. Ferner: „Das Prestige, welches die Europäer genießen, ist ibr einziger Schutz in Afrika. Und weiter: „In dem ganzen Deutsch⸗Ostafrika beklagt man sich überhaupt oder fast nicht mehr nber die Sklaven jagden, außer in den westlichen Wi keln des Nyassa. Die Kriege zwischen den verschiedenen Negerstãmmen vermindern sich mehr und mebr. Freilich wird noch immer heimlich Sklavenhandel getrieben, und dies wird so lange dauern, bis die Macht der Araber, Wangwana und Bagamovo, Tabora und Udjiji gebrochen sein wird aber solche Dinge ändern sich nur langsam. Es wãre zu wünschen, daß Engländer, Franzosen, Portugiesen und der Congostaat dieselben Fortschritte gemacht hätten, wie die Deutschen in dem Kanpf gegen den Sklavenbandel. Dabei loben noch Pater van der Burgt und ebenfs die Missionare vom Heiligen Geist. das außer ordentliche Entgegenkommen welches er und seine Missions⸗ genossen bei den dentschen Beamten und Behörden im Gegensatz zu den englischen gefunden haben. Sind denn das nicht große Segnungen, die die deutsche Herrschaft über die Bevölkerung, des dunkeln Erdtbeils gebracht bat, wenn man angefübrt bat, daß die großen Kriegs üge der einbeimischen Velkestämme untereinander, die sabhraus jabrein Tausende von Menschenleben gekostet haben, sich ver⸗ ringert baben? Sind denn das keine Segnungen für die Bevölkerung des dunklen Erẽtbeils, daß die Sklapenjagden und Raubzüge mehr und mehr unterdrückt worden sind? Ist das kein Segen für die schwarze Bevölkerung, daß der Sklavenbandel sich immer mehr ver⸗ ringert? Ich glaube, angesichts dieser Errungenschaften baben wir nicht nöthig, wie man nach den Verbandlungen der letzten Tage bãtte ermeinen können, das Gesicht vor Scham zu verhüllen, sondern wir können auf diese Errungenschaften stolz sein. Und nun, meine Herren, möchte ich zum Schluß kommen und glauben, daß, wir bei der Rolonialdebatte uns nicht bloß erschöpfen sollten mit Klagen über Brutalitäten und mit der Widerlegung derselben. Ich möchte in nur ganz kurzen Zügen die Ergebnisse skizziren, welche in den letzten Jahren fn unferen Relonien geeitigt sind. Ich mache darauf gufmerksam, daß der Gesammtbandel unferer Kolonien über 80 9ob O00 beträgt, daß Tavon 19 Millionen auf das deutsche Zollgebiet entfallen. Ich weise darauf bin, daß in Deutsch⸗Ostafrika sich Plantagengesellschaften im Handel- und Bondeigebiet im Betrage von 5 bis ? Millinen ebildet baben, daß in den Plantagen der Oft Afrikanischen Gesellschaft e. über 1 Migion Kaffeebãume in Blöütbe stehen, daß bereins 165000 Pfund Kaffee bierber als erste Ernte eingebracht sind un sebr gute Preise erzielt baben. Ich batte Gelegenheit, vor einigen Tagen einen Pflanzer aus Ost Afrika, einen Derrn Rowebl, kennen zu lernen, der durch viele Jahre in Süd⸗Amerika, Mexiko und Australien als flanzer thätig gewefen ist; derselbe eröffnet uns die besten Aus. ichten in Bezug auf die Bodenbeschaffenbeit unseres Deutsch-Ost— en. Er ist in Ukami, in Uluguru, im Süden und in Theilen des Inlands gewesen und bebauptet, daß diese Gebiete in nichts den fruchtbaren Gefilden Mexikos nachsteben. Dieselbe erfreuliche Ent⸗ wicklung haben wir im Togo. und im Kamerungebiet. Im letzten Jahre ist in der letztgedachten Kolonie eine Tabackernte von s5 Zentnern und eine Kakagernte von über 2000 Zentnern heim. gebracht. Ueberall sind Gesellschaften zur Ausbeutung des Grundes and Bodens in Bildung; im Kamerungebirge werden fortwährend Landgefuche laut, um neue Pflanzungen anzulegen und auch dort die Kultur zu fördern. Ich mochte weiter daran erinnern, daß in jenen weiten Schuß gebieten, wo früher auch nicht ein deutscher Buch⸗ stabe gekannt wurde, jeßt 11 von der Regierung theils unterbaltene, theils Schulen bestehen, wo deutsches auch ferner darauf

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berger trägt die Schuld daran, daß wir damals nicht Samog fũr uns genommen haben. Ist das eine ersprießliche Thätigkeit? Wenn es nach Herrn Richter gegangen wäre, hätten wir kaum eine Armee, keine Flotte; wir hätten unsere Industrie durch den Freihandel ruinierk und hätten keine Kolonien. Aber seine Opposition wird nicht dazu führen, die Kolonialpolitik todt zu machen. Im Reichstage wird fich immer für eine vernünftige Kolonialpolitik eine gute Mehr— heit finden.

Abg. Fürst Radziwill (Pole); Die weitgehende Erregung über einige, hoffentlich vereinzelt bleibende Vorfälle in unseren Kolonien ift ein Zeichen der sittlichen Gesundbeit unseres Volks, ein Zeichen dafür, daß die christlichen und sittlichen Grundsätze den Leitstern der Politik bilden. Wir sind allerdings kein Gerichts · bof, der ein auf bestimmten Thatsachen beruhendes Urtheil zu fällen hat. Aber soxiel ist doch festgestellt worden, daß wir be⸗ rechtigt sind zu dem Schluß, daß große sittliche Schäden bei der Verwaltung unserer Kolonien im einzelnen zu Tage getreten sind— Es bedarf dringend der Abhülfe, daß für die Kolonialbeamten noch keine Verantwortlichkeit besteht für Mißbräuche, wie sie vorge⸗ kommen sind; die Regierung muß die größte Vorsicht gebrauchen bei der Auswahl der Kokonialbeamten. Wenn ideale Ziele und wahre Kultur in den Kolonien verfolgt werden, so müssen wir auch bei uns für bessere Zustände sorgen. Ich erinnere an die zunehmenden Lust— morde, die unentdeckt bleiben. Gegen die zunehmende Verrohung muß eine Abhülfe gesucht werden, wie sie durch die lex Heintze beabsichtigt war. Bei der Verhandlung über die 12* Heintze find uns gewisse Laster als nothwendiges Uebel hingestellt worden; wir baben uns dagegen gesträubt und, gemeint, wir müssen uns auf den Standpunkt der strengsten Sittlichkeit stellen, die überall maßgebend sein muß. Diesen Standpunkt werden wit uns nicht ver⸗ rücken lafsen, und ich bitte auch die Regierung, diesen Standpunkt anzunehmen. . ; 3. .

Abg. Dr Hasse (n weist darauf hin, daß das Sultanat Witu nicht, entsprechend dem Sansibar⸗Vertrag, selbständig geworden sei; dort bause die Englisch-ostafrikanische Gesellschaft wie die Engländer in Transvaal und thue nichts für die Sicherheit des Landes.

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kavser: Die Kaiserliche Regierung stebt ebenfalls auf dem Standpunkt, daß ein Unterschied zu machen ist jwischen Einverleibung eines Gebiets und Protektorat über dasselbe. Wir sind der Ansicht, daß nach Art. 2 des angezogenen Vertrags die großbritannische Regierung nicht das Recht hat, das Wituland einzuverleiben, sondern nur ein Protektorat über dasselbe auszuüben; und wir haben nach dieser Richtung auch die groß— britannische Regierung über unsere Auffassung nicht im Zweifel gelassen. Zur Zeit befindet sich im Wituland ein Sultan.

Äbg. Bebel (Sog): Wenn mein Urtheil vom Sonnabend Herrn Direktor Kerser kalt läßt, so ist das seine Sache. Ich bin aber auch schon zu der Ansicht gekommen, daß ich ihn zu hart behandelt habe; ich babe ibn verantwortlich gemacht für Dinge, für die er nicht verant- wortlich sein kann, weil er nicht vollständig selbständig bandeln kann. Ich babe meine schweren Angriffe gegen Personen, namentlich be⸗ züglich des Falles Peters, nur vorgebracht, wo ich mich auf Zeugen berufen konnte, die zum theil noch jetzt im Kolonialdienst thätig sind. Dadurch ist es schon ausgeschlossen, daß ich alle Kolonialbeamten Herrn Peters gleichgestellt babe. Man sollte doch den Mohren nicht weiß zu waschen suchen. In der ‚Christlichen Welt' wird das, was bezüglich Weblan und Leist geiagt wird, ohne weiteres auf alle Eurtpäer und ibr sittliches Verhalten angewendet. Ich habe die Dinge vorgebracht, weil es sonst nicht gescheben wäre, Man sollte uns dankbar fein, daß wir diese Dinge zur Sprache bringen. Die Beamten geben freiwillig in die Kolonien aus idealem Interesse, oder auch aus Äbenteuerlust; die letzteren sind wohl die zahlreicheren, Für diefe Männer brauchen wir uns nicht in eine besondere Ekstase binein⸗ zureden. Auf die Angriffe des Herrn von Vollmar im vorigen Jahre hätte doch der Direktor Kayser schon am ersten Tage der Debatte antworten und nicht bis heute warten sollen. Die Er— gebnisse der Kolonialpolitik sind durchaus nicht so günstige, wie man es darstellt. Das Land ist nicht beruhigt; die Eingeborenen haben nur ibre Streitigkeiten unter einander aufgegeben, um gegen uns Opposition zu machen, die wir als Eroberer und Ausbeuter kommen, gegen welche die Eingeborenen sich wehren. Unser Handel mit den Felonien soll 30 Millionen Mark betragen; dafür geben wir aber 11 Millionen baares Geld aus. Soll die günstige Schilderung etwa vorbereiten auf neue Forderungen für die Kolonien? Vielleicht gar für die große afrikanische Eisenbabn? Der Sklavenhandel blüht übrigens nack wie vor an der deutsch-ostafrikanischen Küste, wie die Christliche Welt“ anscheinend aus sicherer Quelle bebauptet. Herr. von Ranteuffel bat sich als Unparteiischer aufgespielt, ist aber schließlich As Vertbeidiger des Herrn Peters aufgetreten. Ich habe nicht die Ehre des Herrn Peters vernichtet; ich habe nur die Rolle der Staatsanwaltschaft gespielt. Dem Grafen Arnim gegenüber hat Herr * behauptet, daß Bischof Tucker gar nicht zu jener Zeit in Moschi gewesen fei. Das ist eine grobe Läge, denn in einer englischen Missionszeitschrift s̃nden sich Briefe des Herrn Tucker aus jener Zeit aus Moschi abgedruckt. Die Zustände am Kilimandscharo waren dor Peters Ankunft unter dem Herrn von Elz friedlich, weil er ein bernuͤnftiger rubiger Mann war. Der letztere hat 1892 einen offenen Brief über das Treiben Peters, in der DünaZeitung! . .. er war ein Lirländer .. veröffentlicht; das gewaltsame Auftreten Peters? babe die Unzufriedenheit der Bevölkerung erregt. Aber Herr Peters wollte Tbaten baben, für die ihm Deutschland sich dankbar erweisen sollte. Er sollte belobnt werden durch die Anstellung als Landesbauptmann am Tanganika. Nicht der Reichsregierung, sondern nur dem Ehrgeiz des Herrn Peters, der Wissmann's Stelle einnehmen wollte, ist es zu verdanken, daß er diese Stelle nicht einnimmt. Herr Peters hat einflußreiche Gönner gehabt, und man batte nicht den Muth, so hoben Protektoren gegenüber⸗

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Zivilisation. Je böber die Erwartungen nach dieser NMachtanz . waren, um fo mehr mußten solche Vorkarmmnise schmerzlich enn welche die christlichen Vertreter Deutschlands auch den Mebar meden n verächtlich machen mußten. Aber das muß ich sagen; Es waͤre ee. Landes, wie des Deutschen Reichs unwürdig, sich selbst aus dea: Mee bewerb um die Kolonien auszuschließen. Die Kol anialbon nt I Länder hat ihre Kinderkrankheiten durchmachen müssen. Sind e Rinderkrankbeiten einmal überstanden, so läßt sich doch auch für unsel Kolonialpolitik hoffen, dann macht die Kolonialpolitik ibren Ben n wir würden uns Übel berathen lassen, wenn wir dem Rath von . linken Seite folgen und uns aus dem Wettbewerb ausschließen wider Wir werden daran festhalten: Die Ehre des Christenthums und . Deutschen Reichs erfordert es, daß wir Uebelständen abhelfen, ah⸗

; aber dann auf dem graden Wege vorangehen.

Abg. Richter (fr. Volksp): Die Zukunft gebört nicht der Kolonial. politik, fondern der selhbständigen Entwickelung der Staaten. Herr von Manteuffel zieht die Offiziere in den Kolonien vor. Militarismu⸗ und Assesforismus verhalten sich wie die Sevlla zur Charybdis; beide zusammen sind am schlimmsten. Unsere Kolonien sind nur Misstzr. kolonien. Regierende Kaufleute würden sich niemals solche Mi. bräuche zu schulden kommen lassen. Wenn meine Gegner nichts mehr zu erwidern wissen, dann greifen Sie meine Gesammtpolitik an Habe ich jemals gegen die Notbwendigkeit der Armee gesprochen; Wenn es nach meinen Wünschen . wäre, dann hätten wir schon vor zwanzig Jahren die zweijährige Dienstzeit eingeführt und wir hätten die Schraubereien der Rüstungen nicht gehabt. Die Marine ist eine demokratische Schöpfung des Jahres 1848; uns Fat Graf Bismarck, als er einmal zum Volk herabstieg, den Vorwurf gemacht, daß wir die Gelder des Volks für die Marine verschwender hätten. Die deutsche Industrie ist dem Auslande überlegen; die Schutzzollpolitik hat die Ausfuhr der deutschen Industrie geschädigt. Allerdings Kolonien würden wir nicht baben und es würden uns damit alle blutigen Nasenstüber erspart sein, die Deutschland sonst niemals erlitten hat, und wir würden 50 Millionen erspart haben, die wir für innere Kolonisation und für die Besserstellung der Beamten hätten verwenden können. Herr von Kardorff hat mich mit Herrn Peters verglichen; das ist fast eine Beleidigung. Wenn Herr don Kardorff Peters vielleicht als den größeren Patrsoten sich selbst gegenüber darfiellen will, so mag er das tbun. Ich habe immer den Strom gegen mich gebabt und wenn ich manche Rechtsgrundsätze zur Geltung gebracht babe, und wenn ich einige Spitzen der Bismarck schen Politik abgebrochen habe, so kann ich mit Befriedigung auf meine Thätigkeit zurückblicken. Enischuldigen Sie die persönliche Bemerkung, denn eigentlich stehe ich nicht auf dem Etat, sondern der Herr Peters. Wenn wirklich alle gebildeten und besitzenden Klassen der Nation finter Herrn ven Kardorff ständen, dann könnten sie die Kolonial. kosten allein tragen. Herr von Kardorff hat aber selbst ausgeführt, daß es uns gelungen sel, die besitzenden Klassen von der Kapitalanlage in den Kolonien abzuschrecken. Gott sei Dank, daß uns Samoa entgangen ist, daß wir diesen Aerger nicht auch noch haben. Wir müssen dort zwei Kriegsschiffe unterhalten, das kostet uns mehr als das ganze Koprageschäft dort werth ist! Es wäre ein glänzendes Geschäft, wenn wir diese Last los werden könnten. Südwest- Afrika kostet uns zwei Millionen Mark Zuschuß. Daß Eng= länder dort Geschaäfte machen können, ist richtig; das Kapland sst dafür der natürliche Stützunkt. Aber von Berlin aus kann man dort wirthschaftliche Unternehmungen nicht einrichten. Zinsen haben die Engländer auch von ihren dort angelegten Kapitalien noch nicht erfielt. Aber das große Guanolager! Das ist in ein paar Jahren erschöpft. Wer bürgt uns denn dafür, daß diese nützlichen Vögel unfere Kolonsen auch fernerhin beehren werden? Die Berichte über die einzelnen Kelonien beweisen das Gegentheil von dem schönen Bild, welches Herr Direktor Kapyser entrollt hat. Es sind 100 Deutsche untergebracht, die uns 11 Millionen kosten, also jeder ü G60 M; dafür könnte er als Regierungs⸗Präsident hier im Lande leben. Die Handelsartikel, die nach Afrika gehen, werden größtentheils aus der Reichekasse bezahlt: Pulver und Bedarfsgegenstände für die Offiziere u. f. w. Die eigenen Einnahmen der Kolonien nehmen ab; bald sind die Heuschrecken daran schuld und bald der niedrige Stand der Rupie. Die Ausfuhr von Elfenbein ist vorübergehend eine große gewesen, weil die angesammelten Lager wegen der Congo: Unruhen nach Ost⸗ Afrika gegangen sind. Aber so schnell wachsen die Elephanten nicht nach, Wal bleibt von der ganzen Herrlichkeit da nech übrig? Herr von Kardorf meinte, die italienische Niederlage beweise nichts. Das Christentbum bat die Italiener nicht geschlagen, sondern die Mitrailleusen und die Hinterlader der Abessynier; die Abesspnier hatten durch euroräische Instruktoren gelernt, nicht bloß zu schießen, sondern auch zu zielen. Wenn in unseren Kolonien die Leute zielen lernen, dann können wit auch noch mehr militärische Niederlagen erleben. Ein Kolonial= besitz kann statt zur Stärkung zur Schwächung des Landes gereichen Solche Fälle mäffen bier besprochen werden, weil es in Afrika keine Presse giebt, die solche Mißstände besprechen kann aus eigens Wiffenschaft, und' unfere Preffe kann dafür die Zeugen aus Afrik⸗ nicht beschaffen. Es mag ja manche unrichtige Anschuldigung er= folgen; aber das passiert auch manchem Staatsanwalt trotz aller Vor⸗ bereitung. Eigentlich wäre es Sache der Kolonialverwaltung diefe Dinge selbst zur Sprache zu bringen. Jeder Unbefangene wir am Schluß der Debatte den Eindruck haben; wenn diese Debatte nicht abschreckend wirkte, welche greulichen Mißstände würden wir in

Mein nd der gewesen: der Gerichtshof konstituiert über eine Sache, über die wir n nicht genügend instruiert baben. Die Bebel'sche Methode vertan nach folgendem Rejeyt: Man nimmt unbewiesene und bewie ene Dinge, mischt sie durcheinander mit Schlagworten und bält darünn eine große Rede als über bewiesene Dinge. Was ist denn eigentlich übrig geblieben? Der Brief an den Herrn Bischof Tucker ist noc nicht bekannt geworden, und man kann doch nicht annehmen, daß Herr Peters einen so dummen Brief geschrieben hat. Peters bat em Märchen, mit dem er einmal zu thun gehabt, hängen lassen. Ich schließe mich Herrn von Manteuffel in Bezug darauf vollsiändig an Aber? soll! ein Kommandant einer gefährdeten Station gehinden sein, für die Sicherbeit das zu thun, was nothwendig ist?

solche Frauen sind die gefährlichsten Spione, weil sie überall Zugant haben und überall leicht erfahren können, was sie fahlen wollen; und nun denken Sie sich die Situation! Die Stan von allen Seiten schwer gefährdet; da kann man nicht spaßen! Scl Dinge sind bei uns in viel geringerem Maße vorgekommen, alẽ bei anderen Kolonisatoren. Wir wissen doch, wie die Sram. und die Gngländer, . B. Warren und Hastings, M, gegangen sind! Wie haben die holländischen Kaufleute 1h. Rölonien behandeft? So etwas kommt bei unseren A ssesscten doch nicht vor. Wenn bei der Untersuchung nichts heraus kommt, dann hat der Reichttag in drei Tagen nichts gethan, als für den angegriffenen Mann die größte Reklame zu machen.

Damit schließt die Debatte.

Abg Freiherr von Stumm: Herr Bebel hat von meiner theiligung an der Kolonialpolitik gesprochen. Diese beschrän lediglich auf meine Abstimmung. Danach sind meine Zweifel a persösnlichen Glaubwürdigkeit des Herrn Bebel verstärkt worden.

Abg. Bebel: Ich habe nicht Herrn von Stumm als beth

der Kolonialpolitik bezeichnet, sondern nur gesagt, daß die Re— her ung dem Einfluß so mächtiger Männer nicht widerstebhen kann.

* Ag. Dr. Hammacher bestreitet, daß er jemals für Peters ein⸗ getreten sei. . etre , Dr. von Bennigsen: Ich habe meinen Einfluß nicht altend gemacht für die Verleihung der Landes hauptmannsstelle an ern Peters. Ich bebalte mir mein endgültiges Urtheil vor bis der Zeit, wo das Ergebniß der Untersuchung vorliegen wird. Abg. Weber Heidelberg (ul.) bestreitet ebenfalls, daß er Herrn Peters unterstützt habe; er habe den Kolenialverein verlassen, als derr Peters? Einfluß auf denselben gewann. Abg. Bebel: Unter dem Aufruf für die Peters. Stiftung steht ein aandtagsabgeordneter Karl Weber; ist dieser Herr identisch mit dem Reichs tagsabgeordneten? (Zuruf des Abg. Weber Heidelberg: Ja derr von Bennigsen hat einem Feste beigewohnt und einen Toast uf Peters ausgebracht. .

Abg. Weber; Den Aufruf habe ich unterzeichnet; das hat aber nit kolonialen Bestrebungen nichts zu thun.

Abg. Dr. von Bennigsen: Als Peters zurückkehrte von Uganda, babe ich als Vorsitzender des Hannoverschen Kolonialvereins an einem Fanquet zu Ehren von Peters theilgenommen.

Die Ausgaben für die Kolonialabtheilung werden be— willigt; die von der Budgetkommission vorgeschlagene Resolution, betreffend die strafrechtliche Verfolgung des Mißbrauchs der Amtsgewalt, wird angenommen.

Es folgt der Etat für das afrikanische Schutz— gebiet. ; Abg. Dr. Bachem (Zentr.) bemängelt, daß man in den Schutz⸗ trupven nicht mehr das afrikanische Dienstalter als maßgebend anerkenne, sondern das deutsche Patent. Dadurch kämen oft unerfahrene Offi⸗ ere in die Lage, Vorgesetzte von erfahrenen, mit den afrikanischen Derhältnissen vertrauten Offizieren zu werden. .

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kayser: Die Zivilverwal⸗ tung bat immer den Standpunkt vertreten, daß die afrikanische Ancien⸗ retaͤt maßgebend sein müßte. Der frühere Gouverneur hielt aber ür die Offiziere die europäische Anciennetät für richtiger. Das ist doch noch nicht durchgeführt worden. Die Frage wird erst erledigt verden, wenn die Verhältnisse der Schutztruppen neu geordnet werden.

Gestrichen wird, entsprechend dem Antrag der Budget— lemmission, das Gehalt des Landeshauptmanns in Tangankka, 5 2 „M, und dafür nur ein Bezirksamt mit 10 600 (6. bewiligt.

Ferner werden für die Remunerierung von Hilfskräften N00 „S6 weniger bewilligt; zur Beschaffung eines Dampf⸗ Tonnenlegers werden statt 300 00 S6 nur 200 009 M be— villigt. Der Reichszuschuß für Ost⸗Afrika wird infolge dieser Abstriche um 153 280 MS vermindert.

Bei dem Etat für Kamerun tritt Abg. Graf von Zernstorff (Rp.) für die Einschränkung des Branntwein— handels in den Kolonien ein.

Der Etat wird ohne weitere Debatte genehmigt und darauf um öl Uhr die weitere Berathung auf Dienstag 1 Uhr dertagt. Außerdem steht der Etat der Marine auf der Tages⸗ ordnung.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 44. Sitzung vom 16. März 1896.

Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.

Nach Beendigung der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs, detreffend Abänderungen des Pensionsgesetzes vom 27. März i852, geht das Haus zur zweiten Berathung der Verordnung rom 30. Oktober 1895, betreffend die Förderung eines ver— inderten Bebauungsplans des durch Brand zer— törten Fleckens Brotterode, über.

Die Kommission beantragt: die Vorlage anzunehmen und die Regierung aufzufordern, zur 7 bezw. Wiederher⸗ sellung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde BIrotterobe ins⸗ kecondere zur Bestreitung der durch die Aufräumungsarbeiten Aastandenen Kosten im Betrage von 110 000 , sowie zur ederherstellung der öffentlichen Gebäude und zur Deckung es nach der Verordnung vom 30. Oktober 1895 von der Ge— heinschaft zu tragenden Ausfalls der Gemeinde Brotterode e Summe von 300 000 6 aus bereiten Mitteln zur Ver— gung zu stellen und die Petition der Gemeinde Brotterode om 13. Januar 1896 durch die gefaßten Beschlüsse als er⸗ digt anzusehen.

Abg. Dr. Opfergelt (Zentr. bemerkt, daß die verfassungs⸗« däßigen Bedenken seiner Freunde gegen die Verordnung durch die dommissionsberathung beseitigt seien, und empfiehlt die Annahme des Sommissionsantrags.

. Abe. von Christen (fr. kons.) schließt sich der Ansicht an, da e Verfassungsbedenken beseitigt seien, meint allerdings, daß do zen den Inhalt einiger Bestimmungen der Verordnung Bedenken teben, die aber, da eine Amendierung der Verordnung nicht möglich durch Erklärungen der Regierung beseitigt werden könnten. Es le bei Berechnung der Grundstücke nicht nur der Werth an sich, dern auch der Brandkassen - Versicherungswerth der Gebäude berück⸗ tigt werden. Redner empfiehlt gleichfalls die Annahme der elution der Kommission. Die Gemeinde habe mehrere hundert— end Mark für die Wiedererrichtung der Gemeindegebäude, Kirche, schule, Pfarrhaus ꝛc. auszugeben und sei nicht leistungsfähig genug. ch der Kreis könne mit feinen Mitteln nicht eintreten. Es handle um ein gewaltiges Unglück bei dem der Staat dem nothleidenden Yliede mit seinen Mitteln beistehen müsse.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

. Nine Herren! Ich will nur auf einen Theil der Ausführungen * Abg. von Christen antworten, nämlich auf diejenigen, die das Mustizressort berühren. ö Da bin ich zunächst in der Lage, mein vollständiges Einverständniß . erllãren mit denjenigen Ausführungen, die auf Wunsch der treltion der Hessischen Brandversicherungs-Anstalt der Herr Abg. 3 Ghristen uns vorgetragen hat über die Auslegung des 57 Abs. 3 * Nothverordnung, ssweit dabei die Interessen der Ver— erung. Anstalt in Frage kommen. Die Erklärung, die seitens des 4 Abg. von Christen vorgelesen worden ist, entspricht vollkommen . Luffassung der Königlichen Staatsregierung. Es ist meinerseits u t dagegen zu erinnern, wenn dies, wie es von der Brandkasse ge⸗ insct ist, durch das Sitzungsprotokoll festgestellt wird. Nicht dagegen kann ich mein Einverständniß aussprechen bezüglich . dem Abg. von Christen und der Kommission in Brotterode t nsclten Interpretation des 5 3 der Verordnung. Ich non nicht, ob der Punkt in früheren Verhandlungen berührt ustn ist. Es handelt sich darum, daß bei dem Ausgleich nen n den verschiedenen Grundstücken als Werth zu Grunde gelegt a n nur der Taxwerth der Grundstücke, der Bauflächen, sondern . Betrag der Brandrersicherungsgelder, die für Gebäude, welche auf einer solchen Fläche gestanden haben, zur Auszahlung ge⸗—

, Sinn und Wortlaut . des Paragraphen und auch der sicht der Königlichen Staatsregierung diametral widersprechen. Ich glaube, es liegen auch sachliche Gründe für die GEr— k . he der Brotteroder Kom mission zum Aus st, or. Sie würde eine vollständige Ver⸗ schiebung der Verhältnisse zur Folge haben. Es soll hier nur abgeschãtzt werden dasjenige, was einer in die Masse einwirft, und dat jenige was er dagegen aus der Masse wieder herausbekommt. Das sind nur die Grundflächen, nicht die Gebäude, die auf den Grundflächen gestanden haben. Die Er⸗ gebnisse, auf die der Abg. von Christen aufmerksam ge— macht hat, können als widersinnig nach meiner Meinung unmöglich erscheinen. Denken Sie sich nur den umgekehrten Fall, daß neben einem Grundstück, welches bebaut war, und für welches infolge des Brandes erhebliche Feuerversicherungsgelder an den Be— sitzer ausgezahlt worden sind, ein anderes vollständig gleichwerthiges, aber unbebaut gewesenes Baugrundstück liegt; wie würde es sich da rechtfertigen lassen, daß der Besitzer des Grund stückk, dem das Haus abgebrannt ist, in erhöhterem Maße herangezogen würde bei der Ausgleichung als der benachbarte Grundstücksbesitzer, der nur eine Baufläche hat? Denn was beide einwerfen und wiederbekommen, sind nur Bauflächen und nicht Ge— bäude; daran scheitert nach meiner Auffassung vollständig dasjenige, was die Kommission in Brotterode in den Paragraphen hinein— interpretiert zu sehen wünscht. Ueber die übrigen Punkte, die der Herr Abg. Christen hier vor— geführt hat, wird sich wahrscheinlich einer der anderen Herren Ressort— Minister äußern. Von den Ausführungen des ersten Herrn Redners habe ich keine Silbe verstanden, und ich weiß nicht, ob sie für das Justizressort einen Anlaß hätten geben können, irgend etwas zu erwidern.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Ich glaube, es wird dem hohen Hause erwünscht sein, wenn ich von vornherein die Stellung der Staatsregierung zu den Anträgen der Kommission hier klarlege. Ich habe schon beim ersten Mal, als die Sache hier zur Erörterung kam, darauf hingewiesen, daß es immerhin sehr bedenklich sei, wenn der Staat für der— artige Brandschäden, wie sie hier vorliegen, überhaupt ein— trete, daß man ganz bedenkliche und unübersehbare Berufungen damit herbeiführen würde, und daß man sich denn machen müßte, und daß sonst das Gefühl entstebe, da begünstige und den Anderen zurücksetze. Ich habe aber hinzugefügt, daß bei der außerordentlichen Natur des vorliegenden Falls, wenn die noth— wendigen Voraussetzungen vorlagen, doch der Staat sich in diesem Fall ohne Präjudiz einer Mitwirkung vielleicht nicht ganz entziehen könne. Als Vorbe⸗ dingung aber habe ich aufgestellt: einmal den Nachweis der Leistungs— / unfähigkeit der Gemeinde, zweitens den klaren Nachweis der Höhe der Beträge der Entschädigungen, die hier in Frage kommen, drittens die Klarstellung, was die nächstbetheiligten Verbände, Kreis und Provinz, thun; dann erst könnte man bemessen, oTb und inwieweit der Staat genöthigt sei, mit seinen Mitteln helfend einzutreten. Diese Voraussetzungen liegen hier meines Erachtens z. 3. noch nicht vor, noch weniger so klar, daß das hohe Haus sich entschließen könnte, schon eine ganz bestimmte Summe auf Heller und Pfennig zu bezeichnen, welche die Staatsregierung aufgefordert wird, der Gemeinde Brotterode zuzuwenden.

Meine Herren, ich will unter diesen Umständen auf das Zahlenmaterial, welches der Abg. von Christen bier angeführt hat, nicht näher eingehen; ich erkläre wenigstens, daß ich garnicht im stande bin, diese Zahlen zu kontrolieren, selbst wenn ich sie alle ver⸗ standen hätte, was auch nicht der Fall ist, und ich glaube, das hohe Haus wird dasselbe Gefühl haben, daß, bevor nicht in dieser Be— ziehung ganz klare amtliche Ermittelungen festgestellt sind, man doch nicht auf die bloßen Angaben eines einzelnen gewiß durchaus gut unter⸗ richteten und gut gläubigen Abgeordneten einen solchen Beschluß fassen kann. Wir haben ja vorläufige Berichte über die Höhe der Entschädigungen, aber sie bezeichnen sich ausdrücklich nur als vorläufige. Wir erwarten von der eingesetzten Königlichen Kommission in dieser Beziehung noch dasjenige sichere Material, welches uns allein in den Stand setzt, die Höhe der Beträge, um die es sich hier handelt, klar zu übersehen. Meine Herren, wenn wir erwägen, daß wir es doch mit einer Gemeinde zu thun haben, welche einen Waldbesitz besitzt, der 17 000 6 Reinertrag bringt; wenn wir ferner erwägen, daß der Kreis Schmal⸗ kalden noch keine Kreissteuern hat; wenn wir ferner erwägen, daß der Kreis Schmalkalden und die Gemeinde Brotterode in einer der best— dotierten Provinzen des preußischen Staats gelegen sind, so wird man sich sagen müssen, daß man hier wobl genau zu prüfen hat, weil sich sonst Berufungen in Fällen, wo der Nothstand noch viel größer ist, gar nicht würden abweisen lassen.

Meine Herren, das Herrenhaus hat nach meiner Meinung zu dieser Frage eine durchaus korrekte und richtige Stellung eingenommen. Es hat die Summe nicht bezeichnet; es hat gesagt, es müsse die Leistungsfähigkeit der Gemeinde, die Höhe der Entschädigungen erst festgestellt sein, es müßten die nächstbetheiligten Verbände sich be—⸗ theiligen und dann erst könnte allerdings wohl als be— rechtigt anerkannt werden, daß auch schließlich der Staat mitwirkt bei der Linderung der Noth in der Gemeinde Brotterode. Ich wiederhole: das ist eine Stellung, die mit meinen Auffassungen und mit dem, was ich soeben ausgesprochen habe, übereinstimmt. Ich möchte bitten, daß das hohe Haus an Stelle des Antrags II der Kommission eine Resolution sich vielleicht aneignet in dem Sinne, wie sie im Herrenhaus gefaßt ist; dann wird man die Sache gründlich prüfen können, und es ist nach keiner Seite eine Präjudizierung eingetreten. Ich bitte das hohe Haus, noch zu erwägen: wenn wir hier eine bestimmte Summe aufnehmen als einen vom Staat zu leistenden Unterstützungsbeitrag, so erzeugt man damit vielleicht in der Gemeinde Illusionen, die nachher garnicht erfüllt werden, und die Lage der Gemeinde würde vielleicht noch ungünstiger werden als vorher.

Abg. von Pappenheim (kons.) stimmt dem Kommissionsantrag zu. Der Kreis Schmalkalden werde ebenfalls eine Beihilfe gewähren. Es sei leider zu wenig Material zur Beurtheilung der Sache bei—⸗ gebracht worden, der ginn Fr if scheine nicht zu wissen, daß der Kreis Schmalkalden eine Kreisabgabe und auch eine bedeutende Schuldenlast habe; die Verordnung sei erlassen, ohne daß das er— forderliche Material über die Angelegenheit 2 Die Provinz

werde für Wegebau und auch für die geplante Eisenbahn alles thun, um der Gemeinde Brotterode zu helfen; die Provinz sei aber nicht

tommen se . f * 4 n seien. Meine Herren, eine solche Auslegung würde dem

deren Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Redner empfiehlt, den Kommissionsantrag nach dem Herrenhausbeschluß dahin abzuändern: die Regierung zu ersuchen, zur Erhaltung bezw. Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde Brotterode dieser, soweit nicht die Gemeinde und die Kommunalverbände einzutreten in der Lage sind, auch mit Staatsmitteln zu Hilfe zu kommen. .

Abg. von Voß (fr. kons. befürwortet den Kommissionzantrag und bedauert, daß der Kommission so wenig thatfächliches Materiak zur Verfügung gestellt sei. Der Staat habe doch selbst ein Interesse daran, daß eine leistungsfähige Gemeinde wiederhergestellt werde. Es komme nur darguf an, der Gemeinde zunächst flüssiges Geld zu schaffen durch einen Vorschuß, es brauche ja nicht à fonds perdu ge- geben zu werden.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Da der Herr Abg. von Voß sich in solcher Weise auf den Kommissions⸗ antrag zurückgezogen hat, während ich geglaubt hatte, daß durch den Antrag des Herrn Abg. von Pappenheim der Kommissionsbeschluß mehr oder weniger preisgegeben sei, so gestatte ich mir noch einige Bemerkungen.

Die Interpretation, welche Herr von Voß dem Kommissions⸗ beschluß gegeben hat, ist mir überraschend; denn er sagt: wir wollen gar kein Geschenk haben A fonds perdu von 300 000 A, sondern es kommt uns nur darauf an, daß die Gemeinde erst mal flüssige Gelder bekommt; das kann ja in der Form eines Vorschusses oder sonstwie geschehen. Es wäre doch erwünscht gewesen, wenn die Kommission das ausgedrückt hätte, daß sie den Staat nicht zur Hergabe à fonds perdu, sondern bloß zur Beschaffung flüssiger Mittel auffordern wollte. Wenn es sich lediglich darum handelt, dann könnte die Gemeinde Brotterode doch ein kleines Schreiben nach Cassel richten an die Landes⸗Kreditanstalt; diese würde wohl mit großem Vergnügen einen Betrag von 300 000 auf den Gemeindewald hergeben. Die be⸗ reiten Mittel sind also sehr bald zu beschaffen. Aber auch die Pro—⸗ vinz würde ganz in ihrer Kompetenz bleiben, wenn sie der Gemeinde ein billiges Darlehen gäbe für geringe Zinsen, wie das die Provinzen bei verschiedenen Gelegenheiten zu Meliorationen und sonstigen Zwecken thun. Da wäre dem Bedürfniß leicht abzuhelfen, ohne den Staat mit heranzuziehen in dem vor— liegenden Falle.

Ich habe, da ich mich schon der Hoffnung hingegeben hatte, daß das hohe Haus sich dem Beschluß des Herrenhauses anschließen würde, icht für nöthig gehalten, darauf hinzuweisen, daß die Kommission hier

Forderung stellt, die ich etatsmäßig zu erfüllen nicht im stande

Die Kommission sagt: der Staat soll aus bereiten Mitteln

M zur Verfügung stellen. Da möchte ich die Kommission

n: wo sind diese bereiten Mittel? (Heiterkeit Ich habe gar

willigen hat und die etatsmäßig festzustellen sind. Also bereite

ittel, aus denen ich zahlen könnte, sind mir unbekannt. ss sind gewiß schon solche Fälle vorgekommen, wo der Staat eingegriffen hat, aber in welcher Form? In der Form von Gnaden⸗ bewilligungen aus dem Allerhöchsten Dispositionsfonds, der auch für solche Zwecke mit bestimmt ist. Aber das hohe Haus wird doch Seiner Majestät nicht vorschreiben können oder vorschreiben wollen, zu welchen Beträgen und für welche Zwecke Gnadenbewilligungen zu gewähren sind. Das ist aber bedenklich bei diesem ganzen Beschluß, daß man hier offenbar besondere etatsmäßige Mittel in Aussicht nimmt, die der Staat nur erlangen kann, wenn das Haus solche Mittel bewilligt. Ich glaube, schon aus diesem Grunde wäre es im höchsten Grade bedenklich, und würde es zu ganz eigenthümlichen Konsequenzen führen, wenn Sie den Finanz⸗Minister aufforderten, Mittel zu verwenden, über welche er gar keine Disposition hat. Ich kann im Interesse der Gemeinde selbst das hohe Haus nur dringend bitten, den Antrag des Herrn Abg. von Pappenheim anzunehmen und nicht den Antrag der Kommission. Die Abgg. Jung henn (nl) und Rickert (fr. Vg.) schließen sich dem Antrag von Pappenheim an. ; Abg. Dr. Oswalt (nl.) empfiehlt der Regierung, eine Vorlage nach dem Muster der lex Adickes über die Zonenenteignung ein— zubringen. Abg. Dr. Irmer (kons.) bemerkt, daß seine Partei nach wie vor gegen eine lex Adickes sein würde. . Akg. Jerusalem (Zentr.) stimmt dem Antrage von Pappen⸗ zeim zu. Die Kommissionsanträge werden mit der vom Abg. von Pappenheim beantragten Abänderung angenommen. In der nun folgenden ersten Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Errichtung einer General⸗ Kommission für die Provinz Ostpreußen, erklärt Abg. Schnaubert (kons.), daß seine Partei ihre vorjährige Stellung zu dieser Vorlage aufrecht erhalte und wieder gegen den Gesetzentwurf stimmen werde.

Abg. Rickert hält die Errichtung einer General⸗Kommission für Ostprin gen wegen der Ueberlastung der Bromberger Kommission für nothwendig, ganz abgesehen von der Frage der Rentengüter. Redner führt einen Fall aus dem Kreise Strasburg an, wo der Kreisausschuß 380 Morgen zur Leistungsfähigkeit eines Rentenguts für nothwendig erklärt habe, während nach sachverständigem acht in diesem Falle 40 Morgen genügten. Dieser Fall ibeweise wieder, daß man den Wünschen der Konservativen, die Selbstverwaltungsorgane in diesen Sachen entscheiden zu lassen, nicht folgen dürfe.

Minister für Landwirthschaft 2ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ ste in:

Meine Herren! Der Spezialfall, der hier mitgetheilt ist, ist zur Kenntniß bei der landwirthschaftlichen Zentralverwaltung nicht gelangt. Berichtet ist mir dagegen, daß seit Erlaß des Ausschreibens vom 25. Juli irgendwelche Mißstände bei der Handhabung seiner Bestim⸗ mungen nicht hervorgetreten seien. Ich habe schon im Herrenhause die Erklärung abgeben dürfen, daß bisher durch die praktische Ausführung dieser Bestimmungen irgendwelche Schwierigkeiten oder Verzögerungen in der Austheilung der Rentengüter nicht herbeigeführt worden sind. Sogar ist mir von allen General⸗Kommissionen be- richtet, daß im wesentlichen die Kreisausschüsse einschließlich der land⸗ wirthschaftlichen Sachverständigen in den Spezialfällen sich mit den Maß⸗ nahmen der General⸗Kommissionen überall einverstanden erklärt haben. Nun interessiert es mich in hohem Grade, von Herrn Rickert diesen Fall vorgetragen zu hören. Ich werde der Sache nachgehen, um festzustellen, ob die Gründe, weshalb der Kreisausschuß einen solchen Beschluß gefaßt hat, nur den konkreten Fall betreffen oder auf einem allgemeinen Beschluß des Kreisausschusses beruhen, daß überall nur Güter von einer bestimmten Größe ausgelegt werden sollen. Darauf ist gar kein Gewicht zu legen; denn die Kreisausschüsse sollen nach der Verordnung vom 25. Juli wie auch die Sachverständigen immer

verpflichtet, einer politischen Gemeinde Mittel zu gewähren, um

nur über den konkret vorliegenden Fall gutachtlich gehört werden. In

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