1896 / 76 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Mar 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Soweit die in dem Haushaltsplan veranschlagten Kosten der Handelskammerberwaltung nicht durch besondere Einnghmen ge werden, werden sie nach dem Maßstab der staatlich veranlagten Gewerbefteuer auf die Beitragspflichtigen (6 3) umgelegt.

Dabei bleibt der enige Theil der Gewerbefteuer außer Anrechnung, . auf Betriebe entfaͤllt, die ihren Sitz nicht im Handelskammerbezirk gaben.

Zur Erhebung von Handelskammerbeiträgen in Höhe von mehr als oM der Gewerbesteuer ist die Genehmigung des Minifters für Handel und Gewerbe erforderlich.

§ 27. Das Ergebniß der Veranlagung zur Gewerbesteuer wird der Handelskammer von den Steuerausschüssen koftenfrei mitgetheilt. Insoweit die Veranlagung sich auf mehrere Betriebe eines Beitrags— pflichtigen erstreckt, die ihren Sitz in verschiedenen Handelskammer— bezirken haben, theilen die Steuerausschüsse den betbeiligten Handels⸗ kammern die auf ihre Bezirke entfallenden Tbeilbeträge mit.

Die Handelskammer stellt nach den Mittheilungen der Steuer ausschüsse die Beitragslisten fest.

S 28.

Auf Ersuchen der Handelskammer haben die Gemeinden und Gutsbezirke die Erhebung der Handelskammerbeiträge gegen eine Ver⸗ gütung von drei vom Hundert der eingezogenen Beiträge zu bewirken und die Beiträge durch Vermittlung der Kreis- (Steuer) Kassen an die Handelskammer abzuführen.

Die Handelskammerbeiträge sind öffentliche Lasten. Rückständige Beiträge werden in derselben Weise wie Gemeindeabgaben eingezogen.

Einsprüche gegen die Heranziehung zu Handelskammerbeiträgen sind innerhalb zwei Wochen nach der Zahlungsaufforderung bei der Handelskammer anzubringen, die darüber beschließt. Gegen den Be⸗ schluß findet innerhalb zwei Wochen nach der Zustellung die Klage beim Bezirksausschusse statt.

Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung.

Einsprüche, welche sich gegen den dem Handelskammerbeitrage zu Grunde liegenden Satz der staatlich veranlagten Gewerbesteuer richten, sind unzulässig.

S 30.

Die Handelskammer ist befugt, zur Deckung der Kosten von Ein— richtungen, die für einzelne Theile des Handelskammerbezirks oder fũr einzelne Betriebszweige ausschließlich bestimmt sind oder ihnen in her— vorragendem Maße zu gute kommen, die Beitragspflichtigen dieser Be⸗ zirkétbeile oder Betriebszweige zu besonderen Beiträgen heranzuziehen.

Die Verwaltung solcher Einrichtungen kann durch Beschluß der Handelskammer örtlichen oder fachlichen Luz scht sen übertragen werden, die aus Mitgliedern der Handelskammer und Vertretern der bethei⸗ ligten Bezirkstbeile oder Betriebszweige zu bilden sind.

Den örtlichen Ausschüssen kann durch Beschluß der Handelskammer die Befugniß eingeräumt werden, über die Deckung der Kosten der ibnen zur Verwaltung überwiesenen Einrichtungen selbstständig zu be— schließen.

Die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen gefaßten Be— schlüffe der Handelskammer und die zu ihrer Ausführung erforderlichen näberen Vorschriften werden als Statuten erlassen und bedürfen der Genehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe,

Auf die in den vorstehenden Bestimmungen erwähnten Beiträge finden die S8 27 bis 29 mit der Maßgabe Anwendung, daß die Ge—⸗ nehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe erforderlich ist, wenn sie zwei Prozent der Gewerbesteuer übersteigen.

Die örtlichen und fachlichen Ausschüsse sind Organe der Handels— kammer und werden durch diese nach außen vertreten.

Staatliche Aufsicht. 831.

Die Handelskammer unterliegt der Aufsicht des Ministers für Handel und Gewerbe.

Auf Antrag des Staats⸗Ministeriums kann eine Handelskammer durch Königliche Verordnung aufgelöst werden. Es sind sodann Neu—⸗ wahlen anzuordnen, die innerhalb dreier Monate, vom Tage der Auf⸗ lösung an, erfolgen müssen.

Ueber die Geschäftsführung und Vermögensverwaltung der Handels kammer während der Zwischenzeit trifft der Minister für Handel und Gewerbe die erforderlichen Anordnungen.

Uebergangs- und Schlußbestimmungen. § 32.

Der Minister für Handel und Gewerbe bezeichnet von den be— stebenden Handelskammern diejenigen, welche auf der Grundlage dieses Gesetzes aufrecht zu erbalten sind.

Er bewirkt etwa erforderliche Aenderungen in der Begrenzung der Bezirke dieser Handelskammern und trifft für ihre Ueberleitung in die neue Organisation die erforderlichen Anordnungen.

Die nicht gemäß Absaß 1 bezeichneten Handele kammern bören mit der Einbeziehung ihres Bezirks in die neue Organisation zu bestehen auf.

Etwaige Vermögensrechte und Verbindlichkeiten gehen auf die Handelskammer, in deren Bezirk sie einbezogen werden, über.

Sie können beanspruchen, daß für den bisherigen Handelskammer⸗ bezirk ein örtlicher Ausschuß mit selbständigem Besteuerungsrechte (8 30 Absatz? und 3) eingerichtet und vorhandenes Vermögen der Verwaltung dieses Ausschusses überwiesen werde. Wenn ein ent—⸗ sprechendes Statut der neuen Handelskammer nicht zu stande kommt, erfelgt die Einrichtung des Ausschufses durch Verfügung des Ministers für Handel und Gewerbe.

833.

Der Minister für Handel und Gewerbe bezeichnet von den im Sz 36 des Gesetzes über die Handelskammern vom 24. Februar 1870 GesetzSamml. S. 134) aufgefübrten kaufmännischen Korporationen diejenigen, welche auf der Grundlage dieses Gesetzes in Handels kammern umgewandelt werden kännen. Diese sind berechtigt, sich in Handelskammern umzuwandeln.

Die Umwandlung erfolgt durch ein von der Korporation zu be— schließendes, der Genehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe unterliegendes Statut, in welchem über die Verwaltung der Ein richtungen und des Vermögens der Korporation, sowie ger das fr ie neue Handelekammer maßgebende Wablsystem (863 Absatz 4 Be⸗ stimmung zu treffen ist. Durch das Statut kann die bisherige Be—⸗ zeichnung der Koworation und ibrer Vertretung aufrecht erhalten und Wahlrecht und Beitragepflicht von der Veranlagung zu einem Mindest⸗ satze der Gewerbesteuer abhängig gemacht werden.

Der Minister für Handel und Gewerbe ist befugt, den in Absatz bezeichneten Korporationen, für die ein Statut gemäß Absatz? nicht erlassen ist, die Umgestaltung in eine Handelskammer aufzugeben. Für die Umgestaltung ist ihnen eine Frist von mindestens zwei Jahren ju setzen. Nach fruchtlosem Verstreichen der Frist kann der Bezirk der Korporation in die Handelskammerorganisation einbezogen werden.

Die Bezirke der nicht gemäß Absatz 1 bezeichneten Korporationen können in die neue Organisation ohne weiteres einbezogen werden. Der Absatz 5 des § 32 findet entsprechende Anwendung.

Mit der Einbeziehung des Bezirks einer kaufmännischen Korpo— ration in die Handelskammerorganisation erlöschen ihre öffentlich ⸗recht⸗ lichen Befugnisse.

Diejenigen kaufmännischen Korporationen, deren Fortbestand durch besonder Verhältnisse gerechtfertigt ist, können mit Genehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe unter den von ihm zu bestimmen den Voraussetzungen erhalten bleiben.

§ 34. Bevor der Minister für Handel und Gewerbe die in den S8 1, 33 bezeichneten Verfügungen trifft, ist den betheiligten

und kaufmännischen Korporationen Gelegenheit jur ußerung zu geben.

Die in den §s§ 16, 11 und 14 Absatz 1 bezeichneten Aufgaben der Handelskammer bei Vollziehung der Wahlen der Kammermit⸗ glieder werden, insoweit eine Handelskammer nicht vorhanden ist, von dem nach § is Absatz 4 zuständigen Regierungs⸗Präsidenten wahr⸗ genommen.

Für Berlin tritt überall an die Stelle des Regierungs⸗Präsidenten der Ober⸗Präsident von Berlin.

Gegen die Endurtheile des Bezirksausschusses in den in diesem Gesetze vorgesehenen Fällen ist nur das Rechtsmittel der Revision

zulässig. 8 35.

Dieses re, tritt mit der Maßgabe an die Stelle des Gesetzes über die Handelskammern vom 24 Februar 1850 (Gesetz⸗Samml. S. 134), daß die Bestimmungen des letzteren Gesetzes fur die be⸗ ssehenden Handelskammern so lange in Wirksamkeit bleiben, bis ihre Bezirke in die neue Organisation einbezogen sind.

Die Bestimmungen, welche für die im § 36 des Gesetzes vom 24. Februar 1870 aufgeführten kaufmännischen Korporationen gelten, treten fur diejenigen Korporationen, die sich in Handelskammern um⸗ wandeln, mit der Genekmigung des zu diesem Zwecke zu erlassenden Statuts außer Kraft. Für die anderen Korporationen treten sie mit der Einbeziehung ihres Bezirks in die Handels kammerorganisation infoweit außer Kraft, als sie öffentlich- rechtliche Befugnisse der⸗ selben regeln. . l J

Mit der Ausführung dieses Gesetzes ist der Minister für Handel und Gewerbe beauftragt.

Urkundlich ꝛc.

Begründung.

Die Organisationen, die in Deutschland zur Vertretung der Interessen von Handel und Industrie bestehen, beruhen entweder auf fachlicher oder auf räumlicher Grundlage. Während die auf Zu— sammenschließung gleicher oder verwandter Produktionszweige be—⸗ gründeten fachlichen Organisationen freie, nur dem Vereinsrecht unter- worfene Vereinigungen sind, ist in den meisten deutschen Staaten für die Bildung der räumlichen Vertretungen von Handel und Industrie, der Handelskammern (Handels- und Gewerbekammern), im Wege der Gesetzgebung eine rechtliche Unterlage geschaffen worden, die ihnen ein? mehr oder weniger festumgrenzte Stellung im staatlichen Organismus anweist.

Die ältesten preußischen Handelskammern sind im Beginn dieses Jahrhunderts in den von Frankreich in Besitz genommenen Landes Fheilen von der französischen Regierung errichtet worden.) Nach Be⸗ seitigung der französischen Herrschaft ist die preußische Regierung auf diesem Wege fortgeschritten, indem sie die Zahl der rheinischen Handelskammern bedeutend vermehrte.“

Eine weitere Ausdehnung bat die Handelskammerorganisation durch die Königliche Verordnung über die Errichtung von Handels— kammern vom 11. Februar 1848 (GesetzSamml. S. 68) erfahren, welche vorschrieb, daß „für jeden Bezirk oder Ort, wo wegen eines bedeutenden Handels- oder gewerblichen Verkehrs ein Beduͤrfniß zu einer Handelskammer obwalte, eine solche nach Einholung der beson deren Königlichen Genehmigung errichtet werden sollte. (6 1 a. a. O.) In Ausführung dieser Verordnung sind zahlreiche Handelskammern, besonders in den Provinzen Schlesien, Sachsen und Westfalen, errichtet worden.

Die gegenwärtige Organisation der Handelskammern gründet sich auf das Gesetz über die Handelskammern vom 24. Februar 1870 (GesetzSamml. S. 134), welches die Bildung der Handelskammern der Initiative der Handels⸗ und Gewerbetreibenden überläßt und die staat⸗ fiche Einwirkung darauf beschränkt, daß die Errichtung einer Handels— kammer der Genehmigung des Handels⸗Ministers unterliegt.

Auf den vorstebend dargelegten Unterlagen haben sich die preußi⸗ schen Handelskammern sehr ungleichmäßig entwickelt, indem einerseits für weite Landestheile Handelskammern uberhaupt nicht errichtet sind, andererseits die bestehenden Handelskammern in ihrer Ausdehnung und wirthschaftlichen Bedeutung die größten Verschiedenheiten auf⸗ weisen.

Das Prinzip der Handelskammern als Zwangsgemeinschaften ist ferner dadurch durchbrochen worden, daß das Handelskammergesetz vom 24. Februar 1870 die durch besondere Verordnungen organisierten kaufmännischen Korporationen aufrecht erhalten hat, bei denen der Beitritt auf Freiwilligkeit beruht, während sie im übrigen die gleichen Aufgaben wie die Handelskammern zu erfüllen haben.

Die in der Anlage beigefügte Nachweisung des Bestandes der Handelskammern und kaufmännischen Korporationen am 31. Dezember 1895 giebt ein Bild von der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung, die die Handelsvertretungen in den einzelnen Theilen der Monarchie ge— nommen haben. Danach sind die Provinzen Hannover und Hessen . Nassau vollständig in Handelskammerbezirke gegliedert. Der Osten der Monarchie hat eine Vertretung in Handelskammern nur in geringem Umfang gefunden. In den Provinzen Ost⸗ und West⸗ preußen sind neben den meist auf das Gebiet einer Stadt beschränkten kaufmännischen Korporationen Handelskammern nur für die Stadt Braunsberg und die Kreise Insterburg und Thorn errichtet worden. In der Provinz Posen sind nur die Städte Posen und Bromberg? ), in der Provinz Pommern, in der für Stettin eine kaufmännische Korporatton bestebt, nur die Städte Swinemünde und Stralsund als Handelskammern organisiert. In Brandenburg steht der Regierungs⸗ bezirk Potedam und etwa die Hälfte des Frankfurter Bezirks außer⸗ halb der Handels kammerorganisation, während die Vertretung von Handel und Industrie in Berlin einer kaufmännischen Korporation obliegt. In der Provinz Schleswig - Holstein bestehen neben dem Kommerzkollegium in Altona Handelskammern nur für die Städte Flensburg und Kiel und deren unmittelbare Nachbarschaft.

In den übrigen Provinzen hat die Entwicklung der Handels kammern zwar einen größeren Umfang erreicht, sich jedoch meift in der Weise vollzogen, daß die Handelskammern, auf den Bezirk einer Stadt und etwa noch deren unmittelbare Umgebung beschränkt, Ver⸗ tretungen rein lokaler Interessen bilden.

Nicht minder große Verschiedenheiten bestehen in der Leistungs⸗ fähigkeit der Handelskammern. Wäbrend der Etat der Handelskammer zu Frankfurt a. M. sich über 50 000 M erhebt, der Etat der Handels kammer für Breslau in Höhe von 36 000 M balanciert und die Handelskammern in Oppeln, Halberstadt und Hannover über mehr als 20 000 Æ jährlich zu verfügen baben, stellen sich bei 30 Handels- kammern die jährlichen Einnahmen auf weniger als 4000 „, bei 4 Kammern sogar auf weniger als 1000 (bis herab zu 560 4).

In ihrer gegenwärtigen Gestalt sind die Handelskammern nicht im ftande, im stagtlichen Organismus die Stellung einzunebmen, die ibnen im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung von Handel und Industrie zukommt. Die durchgreifenden Aenderungen, die die Ge— staltung der wirthschaftlichen Verhältnisse im Verlaufe dieses Jahr- bunderts erfahren hat, bedingen auch für die Handelskammern Er— weiterung ihrer Aufgaben und eine veränderte Stellung. Wäbrend in der ersten Hälfte des Jahrhunderts Handel und Industrie noch vorwiegend auf einzelne Plätze beschränkt war, deren jeder für sich ein mehr oder weniger abgeschlossenes Wirthschaftsgebiet bildete, und während es diesem Zustande der wirthschaftlichen Entwicklung entsprach, Handels- vertretungen ausschließlich für diese Plätze höchstens mit Einschluß ihrer unmittelbaren Umgebung zu schaffen, rief die seindem eingetretene Entwicklung des modernen Verkehrs und die Ausbreitung von Handel und Induftrie über einzelne städtische Zentren hinaus in immer weitere Landestheile mehr und mehr das Streben nach räumlich aus—

1) Französischen Ursprungs sind die Handelskammern zu Krefeld, Köln, Aachen, Eupen und Stolberg.

) In diese Periode fällt die Errichtung der Handelskammern zu Koblenz, Barmen. Elberfeld, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Lennep, M.⸗Gladbach, Mülheim a. d. R., Solingen und Wesel.

2) Seit dem 1 Januar d. J. sind die Handelskammern in Posen ene e Bromberg auf die gleichnamigen Regierungebezirke ausgedehnt worden.

edehnteren Handelskammern von gesteigerter Leistungsfähi

en älteren, für einzelne Stäßte errichteten 8 14 fassen die in neuerer Zeit errichteten oder neu abgegrenzten 8 kammern in der Regel ausgedehnte räumliche Gebiete, zum j ganze Regierungsbezirke. el

Die den Handelskammern zu stellenden Aufgaben haben sich ab nicht nur räumlich, sondern in noch höherem *. sachlich auẽgehen Die moderne Entwicklung hat dahin geführt, den wirthschafts (. Verhältnissen einen ständig steigenden Einfluß im Staatsleben gewãbren. Wirthschaftliche Ar,, sind ebensowohl für 6 Beziehungen zu fremden Mächten, wie für die Richtung der 1 Gesetzgebung häufig von entscheidender Bedeutung, und nicht eee. entwickelt wiederum der Staat eine umfassende Verwaltunget an auf wirtkschaftlichem Gebiete. Aus dieser Sachlage ergiebt scch fi die wirthschaftlichen Berufszweige das ö durch fat anerkannte, zur Vertretung ihrer Interessen berufene Organe ein. ftändige Wechselbeziehung zu den Staatsverwaltungsbehörden unterhalten. Daß dieses Bedürfniß für Handel und Industrie bun die gegenwärtige Handelskammerorganisation nicht ausreichend befriedig wird, ist eine Thatsache, auf die seit Jahren aus den Kreisen de Betheiligten hingewiesen wird. Bereits im Jahre 1882 hat sich de Delegirten⸗Versammlung des Zentralverbands Deutscher Industr ell. mit der Frage einer neuen Organisation der wirthschaftlichen Inte. essenvertretungen beschäftigt und die xreichsgesetzliche Ginrichtun. obligatorischer Vertretungskörper für Handel, Industrie und Gewerke die in der Regel den Bezirk einer höheren Verwaltungsbebörde umfasse sollten, empfohlen. ö

Die Unzulänglichkeit der gegenwärtigen Organisation ist neuer⸗ dings bei Gelegenheit einer im verflossenen Jahre an die Handele= kammern und kaufmännischen Korporationen sowie an die höͤberen Verwaltungsbehörden über die Neuordnung der Handelekammen gerichteten Umfrage fast allseitig anerkannt, und insbesondere von den Handelskammern ist sast ausnahmslos eine Reform des, Handel kammerwesens in der Richtung befürwortet worden, daß obligatorisch⸗ das ganze Staatsgebiet überspannende kaufmännische und industrich. Vertretungen mit erweitertem Geschäftskreise geschaffen werden möchten.

Das Ergebniß dieser Umfrage hat die Staatsregierung in der Ueberzeugung bestarkt, daß eine Neuordnung des Handels kammerwesen ein Bedärfniß sei und, nachdem die Grundlagen für eine kraftrol— und leistungefäbige Organisation des Berufsstandes der Landwirthe n dem Gesetze über die Landwirthschaftskammern vom 30. Juni 183 (Gesetz.Samml. S. 126) geschaffen sind, nunmehr in Angriff genomma werden müsse.

Auf der Grundlage des Gesetzes vom 24. Februar 1870 läßt sch eine solche Maßregel nicht durchführen. Die Einbeziehung der biste nicht vertretenen Gebietstheile in die Handelskammerorganisatz⸗ würde zwar in größerem Umfange erreicht werden konnen. So? neuerdings der Regierungbezirk Cassel zwischen den Handelskammm zu Cassel und Hanau aufgetheilt worden. Ferner sind vom 1. Janne d. J. ab die Handelskammern in Posen und Bromberg, die sich bisher nur auf diese Städte erstreckten, auf die gleichnamigen Regierung bezirke ausgedehnt worden. Ebenso haben sich die kaufmännisce Vertretungen der Provinz Schleswig⸗-Holstein bereit erklärt, ihre Ke⸗ zirke so auszudehnen, daß sie die ganze Provinz überspannen. Die Durchführung einer planmäßigen Organisierung im Verwaltungewez würde aber nothwendigerweise an der Mannigfaltigkeit und Han näckigkeit der in Beziebung auf die Abgrenzung der Bezirke sch geltend machenden Wünsche und Interessen scheitern, auch wenn man es nicht mit zahlreichen, schon vorhandenen kleinen Vertretungen den mangelhafter Leistungsfähigkeit zu thun hätte, deren Bestand mannie— facher Veränderungen bedarf, die auf Grund des bestebenden Geseße ohne Zustimmung aller Betheiligten nicht würden vorgenommen werder können.

Die Neuordnung des Handelskammerwesens muß daber dur Gesetz erfolgen, und zwar glaubt die Staatsregierung den Weg der Landesgesetzgebung beschreiten zu sollen. Es laßt sich freilich nich verkennen, daß eine reichsgeseßzliche Regelung des Handelskammer, wesens in vieler Hinsicht erwuͤnscht wäre. Dagegen spricht aber di Erwägung, daß bei den Schwierigkeiten, die die Verschiedenartigket in der Entwicklung der wirtbhschaftlichen Vertretungskörpver in de einzelnen Staaten Deutschlands einer einheitlichen Regelung entgegen, stellt, ein entsprechendes Reichsgesetz, wenn überhaupt, so doch nur nac langwierigen Verhandlungen zu stande gebracht werden könnte. Mu Rücksicht hierauf ist auch in den Kreisen der Handel- und Gewerke— treibenden bei der vorerwähnten Umfrage der landesrechtlichen Regelung fast ausnabmslos der Vorzug gegeben worden. Der hiernach dem Landtage vorgelegte Gesetzentwurf berubt au folgenden Grundzügen:

Abstand genommen werden.

27) Um die Schaffung leistunge fähiger Handelskammern zu sicher⸗ muß ibre Errichtung und Bezirksbegrenzung der Staatsregierung ver. behalten werden. Babei sollen die bestehenden Verhältnisse insowen Berücksichtigung finden, als Handelskammern, die in ihrem geger— wärtigen Bestande für leistungsfähig gelten können, erhalten werden sollen, während diejenigen Kammern, die weder leistungsfähig nd. noch durch Angliederung benachbarter Gebietstheile leistungẽfãbi⸗ gemacht werden können, selbständig zu bestehen aufhören müssen. Un für diese die Ueberleitung in die neue Organisation möglichst schonend zu bewirken, wird ihnen der Anspruch gewährt, in der Kammer, ihr Bezirk zugewiesen wird, einen örtlichen Ausschuß zu bilden, ni

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der Berechtigung, Einrichtungen der früheren Kammer fortzufübrnh und zu dem Zweck innerhalb gesetzlich festgelegter Schranken Beiträs ju erbeben. Die Vertretung der Interessen von Handel und Genet dem Staat und seinen Behörden gegenüber soll auch in diesem 3 nicht dem Ausschuß zustehen, sondern der Handelskammer verbleibe

3) Was das Wahlrecht und damit korrespondierend die Beitrag? pflicht für die Handele kammern betrifft, se ist daran festgebalten. das Handwerk von der Handelskammerorganisation ausgeschlofsen blei: Als Voraussetzung für die Einbeziehung in die Handelẽ kammer organifation wird wie bisber die Eintragung im Handels⸗ (Hence schafts.) Register und daneben die Veranlagung zur Gewerbesteuer fordert. Für die Bergwerksbetriebe, für die der Registerzwang nic eingeführt ist, wird von diesem Erfordernisse abgeseben. . 4 Einer Aenderung bedarf die Bestimmung des geltenden e. die für die Wahlberechtigten ausnahmslos das allgemeine lis Tahlrecht begründet, da dieses System den Inhabern mittlerer 4. kleiner Firmen ein Uebergewicht uber Großhandel und Großindaltzh gewährt, das um so ungerechtfertigter ist, als die Lasten der Handel kammer vorzugsweise auf den größeren Betrieben ruhen. Bieber in diesem Uebergewichte vielfach dadurch entgegengewirkt werden, das Wahlrecht gemäß 5 3 Äbsatz 2 des Gefetzes vom 24. Februar 1. von der Veranlagung in einer bestimmten Klasse oder ju einem . stimmten Satze der Gewerbesteuer abhängig gemacht worden it. welchem Umfange dies geschehen ist, ergiebt die angeschlossene, bereit erwähnte Uebersicht über den Bestand der Handelskammern am 81. zember 1895. Dieser Regelung steht das Bedenken entgegen,. dadurch Kleinbandel und Kleininduftrie der Vertretung in den Handel;

kammern nicht in dem Umfange theilhaftig werden, wie dies dar Interesse dieser Berufszweige erheischt. w

Um eine Gewähr dafür zu schaffen, daß Groß- und Kleinbeltiz in der Handelskammerorganisation in gleicher Weise zu ibrem .= gelangen, sind von den auch hierüber gehörten Betheiligten verd. Vorschläge gemacht worden. Von der Mebrheit der kaufmann! Vertretungen ist die Bildung von Wahlabtheilungen, unter Zugtune, hung der Gewerbesteuerveranlagung, empfehlen worden, weder 2 Wünsche in Betreff der Zahl und der Abgrenzung der Abtbeilun ft: fowie in Betreff der Vertheilung der zu wählenden Kammern! auf dieselben mannigfach auseinander gingen. Von anderer Sene n

; ffung eines Proxortionalsystems befürwortet worden. Noch i =ammern glauben auch in Zukunft mit dem allgemeinen r recht auskommen zu können. . ö Hin Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Berbältnisse über it der Entwurf die Bestimmung des Wablsystems grundsätzlich den h snen Handelskammern vorbehaltlich der staatlichen Genehmi⸗ r. ker zu dem Zwecke zu treffenden statutarischen Bestimmungen— 9 iebt eine gesetzliche Regelung nur für den Fall vor, daß eine n mdelskammer Fon dieser Befugniß keinen Gebrauch macht, oder das un ihr heschlossene Statut die staatliche Bestätigung nicht findet. dann find unter Zugrundelegung der Gewerbesteuer zwei Wahl kibeilungen iu bilden, deren jede die Hälfte der Mitglieder der ndelskammer wählt. Dis Abgrenzung der Abtheilungen geschieht n diesem Falle durch den Minister für Handel und Gewerbe.

) Den nach den vorstebend dargelegten Grundsãtzen reorganisierten ondelskammern können weitergehende Aufgaben als bisher gestellt erden. Während sich nach dem Gesetze vom 24. Februar 1379 ihre Iuslãndig eit darauf beschränkt, daß sie bestimmt sind, die Behörden der Förderung des Handels und der Gewerbe durch thatsächliche Nittheilungen, Unträge und Erstattung von Gutachten zu unterstützen, fes in dem Entwurfe nach dem Vorbilde des Gesetzes über die Undwirthschaftskammern M als ihre besondere Aufgabe bezeichnet, sch über Maßregeln der Gesetzgebung und Verwaltung zu äußern, äche die allgemeinen Interessen von Handel und Gewerbe oder pie besonderen Interessen der Handel⸗ und Gewerbetreibenden der be— kiligten Bezirke berühren. .

er Kreis der den Handelskammern zugewiesenen Verwaltungs- uufgaben ferner ist genauer bestimmt und in mehrfacher Hinsicht aus yedehnt worden.

Endlich ist ibnen die Möglichkeit gegeben, über den Rahmen der waetzlch bestinmmten Aufgaben hinaus eine umfangreiche Verwaltungs- äugkeit zu Nutzen für Handel und Gewerbe und namentlich auch im Zzuereffe der Hebung der in diesen Berufen beschäftigten Gehilfen und Tahilinge zu entfalten.

Da die Erweiterung des Geschäftskreises der Handelskammern eine rsteigerte Thätigkeit derselben auf privatrechtlichem Gebiete zur Folge ben wird, fo sollen ibnen die Rechte juristischer Persönlichkeit, die mh den Landwirthschaftskammern eingeräumt sind, gewährt werden.

) Die in dem Gesetze vom 24. Februar 1870 aufrecht erhaltenen ummännischen Korporationen stehen zu dem der Neuordnung des ndelskammerwesens zu Grunde zu legenden Prinzip der Zwangs⸗ nraanisterung dadurch, daß die Zugebörigkeit zu ihnen auf freiwilliger Enschließung beruht, in einem Widerspruche, der nur dann unbeachtet heben kann, wenn der Fortbestand der Korporation durch besondere Verbältnisse gerechtfertigt ist.

Der Gesetzentwurf gewährt den kaufmännischen Korporationen, mrest aus ihrem Bezirke eine leistungsfähige Handelskammer errichtet urden kann, die Möglichkeit, sich in eine solche falls es gewünscht Ard, unter Beibehaltung ihrer bis herigen Bezeichnung umzuwandeln. ir den Fall freiwilliger Umwandlung werden ihnen als besondere hertheile das Recht, über die Verwaltung der Einrichtungen der awporation und insbesondere des Korporationsvermögens Bestimmung c treffen und das Recht, die Wahlberechtigung von einem Mindest— uersatz abhängig zu machen, in Aussicht gestellt. Wenn sich diese Kerporationen nicht freiwillig der Handelskammerorganisation an—⸗ pafen, so foll dem Minister jär Handel und Gewerbe die Befugniß pistehen, nach fruchtlosem Ablauf einer ihnen für ihre Umwandlung

n ehe Handelskammer gesetzten auf mindestens 2 Jahre zu bemessenden

zrst ibr Gebiet in die Handelskammerorganisation einzubeziehen und e selbst ihrer öffentlich rechtlichen Befugnisse zu entkleiden.

Diejenigen Korporationen, aus deren Bezirke sich eine leistungs sälige Handelskammer nicht bilden läßt, können ohne weiteres in die nene Drganisation einbezogen werden. Dabei soll ihnen ebenso wie den nyolge der Neuorganisation verschwindenden Handelskammern ein Anspnch darauf eingeräumt weiden, daß sie innerhalb der Handels sammer, der sie zugelegt werden, einen örtlichen Ausschuß bilden.

Die Regel, daß die kaufmännischen Korporationen in die Handels- lammerorganisation einzubezieben sind, soll nicht ausnahmslos gelten. Fär Wirthschaftsgebiete, in denen ein Zweig des Handels so vor⸗ harrschende Bedeutung besitzt, daß dahinter diejenige des übrigen Handels. und Gewerbebetriebes ganz zurücksteht, würde die Zusammen⸗ affung der wirthschaftlichen Inkeressen in einer Handelskammer leicht bewirken, daß entweder die minderen Interessen keine oder keine kenügende Berücksichtigung finden oder aber die Wahrnehmung der Interefsen des vorwiegenden Gewerbszweiges unerwünschte Hemmnisse zleidet. Wo solche Verhältnisse dabin gefübrt haben, daß die wirth⸗ sbaftliche Vertretung einer auf Freiwilligkeit der Mitglied schaft beruhenden Korporation zugefallen ist, erscheint es zulässig, an dieser Hestaltung der Interessenvertretung festzuhalten. Diese Voraus⸗ stzungen dürften bei einigen Seeplaͤtzen zutreffen, wo die Interessen der Rhederei die übrigen Handels und gewerblichen Interessen weit iberragen.

Insoweit es sonach gerechtfertigt ist, einzelne kaufmãännische sorporationen bestehen zu kassen, muß doch auch von ihnen gefordert beiden, das ihre Organisation unbeschadet des Grundsatzes der ztelwilligkeit der Mitgliedschaft nach Möglichkeit in Ueberein- timmung mit den Vorschriften dieses Gesetzes gebracht werde. Der Entwurf gewährt zu dem Zweck dem Minister für Handel und Ge— derbe die Voll macht, den aufrecht zu erhaltenden Korporationen die trjorderlichen Auflagen zu machen.

. 3 den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs ist Folgendes zu bemerken.

Zu § 1. Eine Festlegung der Handelskammerbezirke im Gesetz nan theils wegen der Verschiedenheit der Verhältnisse in den ver⸗ schedenen Landestheilen, theils mit Rücksicht auf die bisherigen des bandelskammerwefens ausgeschlossen. Die Abgrenzung der Bezirke muß des balb im Verwaltungswege erfolgen. Sie ist dem Minister für Endel und Gewerbe übertragen, der durch die Bestimmungen in den ö 32 —4 verpflichtet ist, den bestehenden Vertretungen zuvor Ge⸗ egenheit zu geben, ihre Wünsche zum Ausdruck zu bringen.

( Die Delegirtenversammlung des Zentralverbandes deutscher In⸗ zustrieller hat bei den oben erwähnten Verhandlungen im Jahre 1882 mpfehlen, den zu schaffenden Interessenvertretungen in der Regel den Bezirk einer höheren Verwaltungsbehörde zuzuweisen. Auch von den Handelt kammern treten einzelne für die grundsätzliche Anlehnung i die politische Bezirkgeintheilung ein, während deren große Mehrheit n erster Linie in der wirthschaftlichen Zusammengehörigkeit, daneben nuch in der finanziellen Leistungs fähigkeit die Gesichtspunkte erblickt, die fär die Abgrenzung der Handelskammern entscheidend sein sollen. 6 Wenn nun auch nicht zu verkennen ist, daß die Anpassung der inzeltkammern an die politische Landeseintheilung vom Standpunkt . Verwaltung aus bedeutende Vortheile bieten und namentlich ge— ye: sein würde, enge Wechselbeziehungen zwischen Handelskammern nd Bezirks verwaltungsbehörden zu begründen, so würde doch eine ae lung, die schematisch allein die politische Eintheilung berück. tigt, den wirthschaftlichen Zusammenhang öfter in unerwünschter 22 durchbrechen. Es ist deshalb beabsichtigt, das Hauptgewicht auf der wirthschaftliche Zusammengehörigkeit zu legen und wo diese mit er polischen Eintheilung nicht übereinstimmt, letztere zu verlassen. nend den all muß aber den Handelt kammern ein Bezirk zugewiesen gane, der durch seine Größe oder wirthschaftliche Bedeutung die . währ bietet, daß sich einerseits die für eine weitsichtige Thätigkeit ere, weten Personen finden, andererseits die für die Verwaltung Din n ichen Mittel ohne beträchtliche Belastung bon Handel und die o] . aufgebracht werden können. Wenn berücksichtigt wird, daß een, elskammern bei der Stellung, die ihnen durch die Neuordnung , . werden soll, eines bolkswirtbschaftlich gebildeten Geschäfts⸗ Inter aum werden entbehren können, und daß ihnen außerdem im e l von Handel und Industrie mancherlei Ausgaben erwachsen vie eg so ergiebt sich, daß Handelskammern mit so geringen Mitteln,

deren jetzt giebt, in der neuen Organisation keinen Platz

nden können.

Der § 2 handelt von dem Zwecke der Handelskammern, der wie bereits oben ssiehe Ziffer 57 ausgeführt ist durch die Neu⸗ regelung wesentlich erweitert werden soll. Ihrer berichtenden und gutachtlichen Thätigkeit (Absatz 1) werden im Absatze 2 ihre Ver⸗ waltungtaufgaben gegen übergeftellt. Die letzteren sind zum theil durch die Gesetzgebung . bestimmt (vergl. hierzu 5 21 und 22 des Entwurfs und die Begründung dieser Vorschriften). Daneben ist für eine weitergehende freiwillige Verwaltungsthätigkeit der . kammern eine rechtliche Grundlage in der Bestimmung geschaffen, daß sie befugt fein follen, Anstalten und Einrichtungen, welche die För—= derung von Handel und Gewerbe sowie die technische, geschäftliche und sittliche Ausbildung der Gehilfen und Lehrlinge bejwecken, zu begründen, zu unterhalten und zu unterstüßen. Der Wirkungskreis, der den Handelskammern hierdurch eröffnet wird, ist überaus vielseitig und weitester Ausdehnung fähig.

Insbesondere sind es zwei Gebiete, auf denen die Handelskammern eine ersprießliche Thätigkelt werden entwickeln können; einmal die Fürsorge für das materielle Gedeihen der von ihnen vertretz nen wirth- schaftlichen Unternehmungen durch Förderung von Verkehrsein⸗ richtungen (Hafenanlagen, Kanälen und anderen Wasserwegen, Klein⸗ babnunternehmungen u. s. w., von öffentlichen Lagereinrichtungen, von Änstalten zur Hebung des Absatzes der Erjeugniffe des Handels kam merbezirks, wie Mufterlager u. a. m. sodann die Fürsorge fũr die Angestellten, namentlich die Gehilfen und Lehrlinge. Mit Be⸗ friedigung muß anerkannt werden, daz die Handelskammern. schon gegenwärtig es sich vielfach angelegen sein lassen, für die geschãftliche und technische Ausbildung des Personals der von ihnen vertretenen Berufsstände durch Begründung oder Unterstützung von Fach und Fortbildungsschulen zu sorgen. Es darf des halb erwartet werden, daß die durch die Neugestaltung herbeigeführte gesteigerte Leistungsfãhigkeit der Handelskammern dem technischen Unterrichtswesen zu besonderem Vortheile gereichen werde und das Interesse daran durch zweckdienliche Maßregeln, namentlich auch durch Gewährung von Schul- und Reise⸗ flipendten, von Prämien für Lehrlingsausbildung u. ä. werde lebendig erhalten werden. Auch um die sittliche Hebung der Angestellten werden die Handelskammern sich Verdienste erwerben können. Nament⸗ lich weist die Durchführung der Sonntagsruhe in den hier in Frage kommenden Gewerben naturgemäß darauf hin, für Maßnahmen und Einrichtungen Sorge zu tragen, die eine gute, sittlich und geistig der— edelnde Anwendung der Muße⸗ und Ferienstunden der Angestellten bezwecken.

Im 8 3 erfolgt die Abgrenzung der Berufestände; die in den Handelskammern ihre Zasammenfaffung finden sollen. Wie bereits in der allgemeinen Begründung bemerkt worden ist Ziffer 3), wird an dem bislang geltenden Erfordernisse der Eintragung ins Handels⸗ bezw. Genossenschafts⸗) Register festgehalten.

Ausgeschlossen von der Vertretung in den Handelskammern ist danach einerseits der Handel der sogenannten Minderkaufleute (Höker, Trödler, Hausierer und dergl. Handels leute), andererseits die handwerks⸗ mäßig betriebene Unternehmung (vergl. Art. 10 des Handelsgesetzbuchs).

Als weitere Voraussetzung für die Einbeziehung in die Handels⸗ kammerorganisation wird die Veranlagung zur Gewerbesteuer nach Maßgabe des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891 gefordert. Hierfür war die Erwägung maßgebend, daß für Betriebe, die vermöge sbrer geringen Bedeutung von der Veranlagung zur Gewerbesteuer befreit bleiben, ein Interesse an der Handelskammerorganisation nicht wobl anzunehmen ist. Bei dieser Regelung kann ferner ohne alle Weit⸗ läufigkesten der Grundfatz zur Durchführung gebracht werden, daß Wahlberechtigung und Beitragspflicht, dem Charakter der Handels— fammern als Interessenvertretungen entsprechend, mit einander korre— spondiren.

Für die bergmännischen Betriebe ist die Eintragung ins Handels⸗ register nicht vorgeschrieben, dagegen werden auch sie seit dem Inkraft⸗ treten des Kommunalabgabengeseßzes vom 14. Juli 1893 (Gesetz Sammlung Seite 152) zur Gewerbesteuer veranlagt (8 28 Ziffer 3 a. a. S.). Mit dieser Neuerung ist die Veranlassung zu der bis⸗ berigen Sonderbestimmung weggefallen, wonach ihre Wahlberechtigung dapon abbängig gemacht wurde, daß die Jahresproduktion einen von dem Handels. Hein iter zu bestimmenden Werth oder Umfang erreiche. Die bergmännischen Betriebe sind daher den gewerblichen Betrieben darin gleichgestellt, daß die Veranlagung zur Gewerbesteuer die Vor⸗ aussetzung fär ihr Wahlrecht zu den Handelskammern bildet, während die fernere Voraussetzung der gewerblichen Betriebe, die Eintragung ins Handels, (oder Genossenschafts⸗) Register, für sie nicht erfordert wird.

Wablrecht und Beitragepflicht zu den Handelskammern soll hier— nach nicht nur für die Inhaber der unter das Allgemeine Berggesetz vom 24. Juni 1865 (Gesetz Sammlung Seite 705) fallenden, sondern auch fär die auf dem Rechte des Grundeigenthümers beruhenden berg⸗ männischen Betriebe begründet sein. (Vergl. u. a. S8 219, 211 und 2112 des Allgemeinen Berggesetzes in der Fassung des Gesetzes vom s. April 1594 (Gesetz Sammlung Seite 41), Gesetz vom 22. Februar 1365 (Gesetz Sammlung Seite 401), Artikel II und VII der Ver⸗ ordnung vom 8. Mai 1867 (Gesetz Sammlung Seite 601), Gesetz pom 14. Juli 1895 (Gesetz Sammlung Seite 295).

Der § 4 führt die Fälle auf, in denen das Wahlrecht ruht. Die SS 5 und 6 handeln von der Ausübung der Wabbberechtigung.

Der Entwurf hält daran fest, daß das Wahlrecht der physischen Personen als ein Ehrenrecht grundsätzlich in eigener Person auszuüben ei. Eine Stellvertretung ist wie bisher für die Fälle, in denen eine Frau wablberechtigt ist oder der Wahlberechtigte unter Vormundschaft oder Pflegschaft steht und außerdem einem vielfach geäußerten

Wunsche entsprechend für Zweigniederlassungen vorgesehen. Die

Stellvertretung Üiegt in erster Linie dem ins Handelsregister einge— tragenen Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten (Artikel 47 des Handelsgefetzbuch) subsidiär einem für die Wahl bestellten Bevoll⸗ mächtigten ob.

Für offene Handelsgesellschaften (II. Buch 1. Titel des Handelt · gesetzbuche) übt einer der Gesellschafter das Wahlrecht aus, im übrigen erfolgt die Ausübung des Wahlrechts von Gesellschaften und Gewerk⸗ schaften durch einen ihrer geseßlichen Vertreter. Es sind darunter nach dem gegenwärtigen Fehlen . ö ;

bei Kommanditgesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (II. Buch 2. Titel a. a. O.) die persönlich haftenden Gesell⸗ schafter, ; ;

6. bei Aktiengesellschaften (II. Buch 3 Titel des Handels gesetz buch in der Fassung des Gesetzes vom I8. Juli 1884) und bei eingetragenen Genossenfschafken (Gefetz, betreffend die Erwerbs. und Wirtbschafts. genossenschaften vom 1. Mai 1889 Reichs⸗Gesetzblatt Seite 55 —) die Mitglieder des Vorstandes, . bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Gesetz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, vom 20. April 1892 Reichs⸗Gesetzblatt Seite 477 die Geschãfteführer, .

bei Gewerkschaften der Repräsentant oder die Mltglieder det Grubenvorstandes (5 117 des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 18665).

Von den Bergwerksgesellschaften, die weder in der Form einer der vorerwähnten Gesellschaften noch (ls Gewerkschaften organisiert sind, sind diejenigen, die unter das Gesetz vom 24. Juni 1869 fallen, verpflichtet, einen Repräsentanten zu bestellen, der als ihr gesetzlicher Vertreter anzusehen ist, obschon seine Hen g l mehrfach eingel rankt sind (5 134 4. a. O.). Eine gleiche Verpf ichtung ist durch Spezial⸗ esetze für einzelne mit dem Grundeigenthum verbundene Bergbau⸗

etrsebe vorgeschrieben worden, sodaß auch für diese in dem Reprä⸗ fentanten ein geseßlicher Vertreter vorhanden ist (Gesetz vom 22. Februar 1869 (Gesetz- Sammlung Seite 491), S211 des Gesetzes, betreffend die Abänderung des Allgemeinen Berggesetzes vom 8. April 1394 (Gesetzsammlung Seite 41), 3 2 des Gesetzes vom 14 Juli 1896 (Gesetz Sammlung Seite 295). Insoweit solche Spezialbestimmungen nicht erlassen sind, mangelt es für Gesellschaften, die einen im All⸗ gemeinen Berggesetze nicht geregelten Bergbau betreiben, an einem gesetzlichen Vertreter, sodaß es erforderlich war, Ausübung des Wahlrechts einem Vorstandsmitglied zuzuweisen.

für solche Fälle die

Die Vorschriften über die Wählbarkeit 58 7 und 8 ent halten einzelne Neuerungen. Zunächft ist ebenso wie das aktive auch das passive Wahlrecht dem mit der Leitung einer Zweignie derlassung betrauten Prokuristen seiner sozialen Stellung entsprechend ein⸗ geräumt. Sodann wird den Handelskammern die Möglichkeit ge⸗ währt, die Wählbarkeit noch weiter auszudehnen

1) auf andere Prokuristen,

2) auf Personen, die früher im Handelskammerbenirke wählbar waren, aber die die Wählbarkeit begründende Thätigkeit oder Stellung aufgegeben haben.

Ueber die letztere Bestimmung sind die Handelsvertretungen gut⸗ achtlich gehört worden. Während sich viele dafür ausgesprochen haben, fehlte es andererseits auch nicht an Stimmen, die sich ablehnend verhielten.

Dieser Verschiedenheit der Ansichten, die wohl auf eine Ver⸗ schiedenheit in den örtlichen Verhältnissen zurückjufübren ist, trägt der Entwurf dadurch Rechnung, daß er die Entscheidung über die Wäbl⸗ barkeit früherer Kaufleute 2c. den Handelskammern uͤberläßt.

Die 58 9 bis 14 behandeln das Wahlverfahren. Ueber das Wablfystem ist das Erforderliche in der allgemeinen Begründung f. Ziffer M gesagt worden. Im einzelnen sind im wesentslichen die bisberigen Bestimmungen aufrecht erhalten worden. Theils durch präjzisere Fassung, theils durch mehrfache Ergänzungen sind Zweifel, zu denen die früheren Vorschriften Anlaß gegeben haben, nach Mög⸗ lichkeit beseitigt worden.

Die Fristen für die Auslegung der Wabllisten, für die Geltend⸗ machung von Einwendungen gegen die Listen und für die Einlegung von Ginsprüchen gegen die Wahl konnten unbedenklich auf je eine Woche vermindert werden.

Im S 165 ist die bisher dreijährige Wahlperiode auf 6 Jahre, und Die bisher einjährige Frist für die regelmäßigen Ergänzungs— wahlen auf 2 Jahre verlängert worden. Diese Aenderung entspricht einem von vielen Handelskammern geäußerten Wunsche und ist 16 lich darin begründet, daß die Mitglieder der Handelskammern nicht fowobl nach öfter wechselnden polltischen und wirthschaftlichen An⸗ schauungen als vielmehr im Hinblick auf ihre geschäftliche Stellung und ihre Erfahrungen in wirthschaftlichen Angelegenheiten gewählt werden. Die längere Wahlperiode ermöglicht überdies ein gründ— sicheres Eindringen in den Arbeitsstoff der Handelskammern und wird somit deren Leistungen zu gute kommen.

Bei Verlängerung der Fristen für die regelmäßigen Ergänzungs— wahlen auf 2 Jahre kann die Bestimmung des geltenden Gesetzes nicht mehr aufrecht erbalten werden, daß die inmitten der Wahl⸗ periode Ausscheidenden stets erst bei den nächsten Ergänzungswahlen zu ersetzen sind, eine Bestimmung, die übrigens schon bei den ein⸗ jährigen Ergänzungswahlen Verlegenheiten hervorgerufen hat. Der Entwurf sieht deshalb wie dies auch bei sonstigen Wahlen üblich ist neben den regelmäßigen Ergänzungswahlen Ersatzwahlen für solche Kammermitglieder vor, die während der Wahlperiode aus⸗ scheiden (6 17.

Zu den Bestimmungen über die Geschäftsführung der Handels- kammern (8 18 und 19) ist zu bemerken, daß in Betreff der Oeffent⸗ lichkeit der Sitzungen entsprechende Vorschriften getroffen sind wie für die Sitzungen der Landwirthschaftskammern 17 des Gesetzes über die Landwirthschaftskammern vom 30. Juni 1894).

Durch S 20 werden die Handelskammern mit juristischer Persön⸗ lichkeit ausgestattet (vergl. allg. Theil Ziffer 35).

In den S5 21 bis 23 sind in näherer Ausführung des 8 2 Be— stimmungen über den Geschäftskreis der Handelskammern und inẽ⸗ befondere über ihre Verwaltungsaufgaben getroffen.

Die im § 21 Absatz 1 erwähnten, auf anderweitigen geseßlichen Vorschriften beruhenden Verwaltungsaufgaben sind zur Zeit die folgenden; . . ö

1) Sie machen Vorschläge für die Ernennung von Handelsrichtern (8 112 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877).

2) Sie bestellen in den im Artikel 209 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Fällen Revisoren zur Prüfung des Hergangs der Gründung von Aktiengesellschaften. . l

3) Sie wählen Mitglieder zu den Bezirkseisenbahnräthen (6 3 des Gesetzes, betreffend die Einsetzung von Bezirkseisenbahnräthen und eines Landeseifenbahnraths für die Staatseisenbahnverwaltung vom 1. Juni 1882).

Für die bereits bisher von den Handelskammern geübte Thätigkeit: der Ertheilung von Auskunft, der Erstattung von Gutachten und der Benennnng von Sachverstaäͤndigen für die Gerichte und der Aus⸗ fertigung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Handelsverkehr dienenden Bescheinigungen, wird im Absatz 2 des § 21 eine zweifelt freie rechtliche Grundlage geschaffen. Die anderen daselbst angeführten Aufgaben find aus dem Gesetz vom 24. Februar 1870 übernommen.

Von verschiedenen Seiten ist der Wunsch ausgesprochen worden, es möchte den Handelskammern gesetzlich eine Mitwirkung bei der Führung der Handelsregister eingeräumt werden. Dabei wird fast ausnahmslos anerkannt, daß die Uebertragung der Führung dieser Register an die Handelskammern nicht in Frage kommen, sondern es sich nur darum handeln könne, ihnen Gelegenheit zu gutachtlicher

Aeußerung über die Eintragungspflicht Gewerbtreibender zu geben. Bei

der Justizberwaltung besteht die Absicht, in Erfüllung dieses Wunsches

die Gerichte anzuweisen, daß sie sich in Fällen, in denen über die

Gintragungspflicht Gewerbtreibender Zweifel obwalten, mit. den Handelskammern in Verbindung setzen. Einer besonderen gesetzlichen Vorschrift hierüber, die im Hinblick auf die reichsgesetzliche Regelung der Materie rechtlich nicht unbedenklich wäre, bedarf es hiernach nicht.

Eine Erweiterung der Verwaltungsaufgaben der Handelskammern bezweckt der 22.

Durch § 386 der Reichsgewerbeordnung ist für die daselbst be— zeichneten Gewerbe, die zum größten Theile Hilfsgewerbe des Handels sind, bestimmt, daß die berfassungsmäßig dazu berufenen Staats⸗ oder Kommunalbehörden oder Korporationen berechtigt sind, Personen, welche diese Gewerbe betreiben wollen, auf die Beobachtung der be— stehenden Vorschriften zu beeiden und öffentlich anzustellen. Von diefer Bestimmung ist in Preußen bisher nur geringer Gebrauch ge⸗ macht worden, was namentlich darauf zurückzuführen ist, daß es an bestimmten Gesetzesvorschriften mangelt, die die Zuständigkeit zur öffentlichen Anstellung und Beeidigung dieser Gewerbtreibenden regeln. Dem soll durch die Bestimmung in § 22 Absatz J abgeholfen werden, wodurch den Handelskammern eine entsprechende Befugniß für solche Gewerbtreibende der im S 36 a. 2. b. bezeichneten Art ertheilt wird, deren Thätigkeit in das Gebiet des Handels fällt.

Im Hinblick auf die Bedeutung, die die für solche Gewerb— treibende ergehenden Vorschriften für Handel und Verkehr haben, fordert der Entwurf die Genehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe zu Vorschriften, die von den Handelskammern in dieser Richtung erlassen werden.

Auf die Auktionatoren soll die den Handelskammern eingeräumte Befugniß nicht ausgedehnt werden, weil deren Geschäͤftsbetrieb über das Gebiet des Handels hinausgeht und überdies durch verschiedene partikularrechtliche Bestimmungen geregelt ist.

Absatz 2 des § 22 verfolgt den Zweck, eine geregelte Thätigkeit der Handelskammern auf dem Gebiete der Handels. und Gewerbe⸗ statistik zu ermöglichen. Fürs Erste werden Erhebungen dieser Art dem Ermessen der einzelnen Kammern überlassen werden müssen. Je mehr aber die einzelnen Handelskammern auf diesem Gebiet eine fruchtbare Thätigkeit entfalten, desto mehr wird auch das Bedürfni hervortreten, einzelne Erhebungen von allen Handelskammern 3 einem einheitlichen Plane vornehmen zu lassen. Durch die Ermäch- tigung des Ministers für Handel und Gewerbe, solche Erhebungen anzuordnen, wird diesem Bedürfnisse Rechnung getragen.

Die Bestimmung des § 24 Absatz 2, wonach die Handelskammern zur Anstellung eines geeigneten Geschäftsführers verpflichtet sind, findet lhre Begründung in der veränderten Stellung, die die Handelskammern in Zukunft im Staatsorganismus einnehmen sollen.

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