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punkt der allgemeinen Staatswohlfahrt; denn die Erfahrung wird
immer lehren, daß mindestens die größte Gefahr vorliegt, daß Regie—⸗ rung sowohl als Landtag in schlechten Jahren aufhören zu amortisteren und in guten Jahren die Ausgaben derartig erhöhen, daß sehr bald für die Amortisation nichts übrig bleibt. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, ich will aber hinsichtlich dieser Dinge, auf die ich nur wider Willen, im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Abg. Richter eingegangen bin, nicht weiter mich verlieren. Ich möchte zur Zeit meine Stellung und die der Staatsregierung zu den ein zelnen Anträgen, da diese noch nicht von den Herren Antragstellern motiviert sind, auch meinerseits noch nicht bestimmt bezeichnen. Ich habe gestern gegenüber dem ursprünglichen Antrag der Herren von der nationalliberalen Partei mich schon geäußert und nament⸗ lich hervorgehoben, daß derselbe — vielleicht nicht mal ihrem eigenen Willen entsprechend — sehr erhebliche Mehrausgaben auf die Staatskasse bringen würde, für die großen Städte über den gegen⸗ wärtigen Betrag hinaus.
Der Antrag des Abg. Dr. Sattler, der jetzt gestellt ist, sucht dies zu vermeiden; wenn ich ihn recht verstehe, will er einfach dem Gedanken Ausdruck geben: was bisher die Städte erhalten haben, be⸗ halten sie. Eine Steigerung tritt nicht ein — auch nicht für die Zukunft. Das ist ein klarer und bestimmter Gedanke. Ich mache nur aufmerksam darauf, daß das erheblich in den finanziellen Wirkungen nicht bloß über die Regierungsvorlage, sondern auch über die Kommissionsbeschlüsse inausgeht.
Was den Antrag der Herren von der freikonservativen Partei betrifft, so will ich, ehe ich mich definitiv über die Sache äußere, die Motivierung der Herren erwarten. Ich glaube aber, der Abg. Richter hat ihn ganz mißverstanden und hat den eigentlichen Haken, der in dem Antrag steckt, übersehen. (Abg. Richter: Habe ich allerdings) Wenn er ihn erkannt hätte, so würde wahrscheinlich das Urtheil noch viel ungünstiger sein. (Abg. Richter: Sehr richtig) Denn ich verstehe den Antrag so, daß er wesentlich darauf hinauskommt, die Stadt Berlin auszuschließen. (Sehr wahr! links; Abg. Richter: habe ich allerdings nicht gesehen!) Und, meine Herren, ich muß allerdings sagen — vor— behaltlich der Berichtigung meiner Meinung, wenn der Antrag näher begründet sein sollte — daß mir ein solches Vorgehen vom Stand⸗ punkt des Staats aus, welcher doch mit gleichem Maße messen muß, und nach Maßgabe der allgemeinen Gesichtspunkte, die ich mehrfach hier zu entwickeln mir erlaubte, höchst bedenklich scheint. Denn, meine Herren, wir haben eine Reihe von Städten, auf die man mit derselben Logik dieselben Konsequenzen würde anwenden können wie auf Berlin. Daher ist mir nicht recht klar, wie man nun gerade dazu gekommen ist, diese eine Stadt anders zu behandeln wie alle anderen Städte, selbst wenn darunter sehr viele sind, die in finanzieller und wirthschaftlicher Be⸗ ziehung mindestens ebenso günstig bezw. ungünstig stehen wie Berlin. Aber, wie gesagt, ich will abwarten, was die Herren Antragsteller zur Vertheidigung ihres Antrags beibringen, und dann mein Urtheil definitiv abschließen. (Bravo! rechts.)
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Wenn ich den Gang der Verhandlungen richtig verfolgt habe, so glaube ich, nähern wir uns dem Zeitpunkt, wo wir aus den allgemeinen Gesichtspunkten des 5 265 heraustreten und mehr der Motivierung der einzelnen Anträge zuschreiten. Sie werden es aber begreiflich finden, daß, obwohl der 5 25 es mit der Finanzierung der Vorlage zu thun hat und es daher ganz natürlich ist, daß das Unterrichtsressort dabei etwas zurücktritt, — Sie werden es begreiflich finden, daß ich das Bedürfniß habe, noch über die allgemeinen Gesicht punkte des § 25 mich hier mit einem kurzen Wort auszusprechen und namentlich darüber keinen Zweifel zu lassen, daß ich mit dem Herrn Finanz⸗Minister die Haftbarkeit für die Vorschläge des § 265 theile, und daß ich die Verantwortung dafür voll und ganz mit zu übernehmen habe und übernehme.
Meine Herren, der wichtigste Einwand, der gegen die Vorschläge des 5 25 gemacht worden ist, kommt darauf hinaus, daß hier eine große Ungerechtigkeit in der stärkeren Heranziehung und in der Behandlung der größeren Städte vorgeschlagen werde. Ich habe mir die äußerste Mühe gegeben, den Argumenten, womit diese Behauptung hier zu begründen versucht worden ist, zu folgen, aber ich habe von der Begründung dieser Vorwürfe mich nicht zu überzeugen vermocht; im Gegentheil, ausgegangen sind wir von dem Gedanken, daß es sich hier um einen Ausgleich, um einen Akt der aus⸗ gleichenden Gerechtigkeit handelt, welcher herbeigeführt ist durch die Steuerreform und durch die Zuwendungen, die den großen Städten dort gemacht worden sind, Zuwendungen, an die bei dem Erlaß der Gesetze von 1888 und 1889 nicht gedacht worden ist und nicht gedacht werden konnte. Nun, meine Herren, ist gestern hier gesagt worden, bei der Ueberweisung der Realsteuern sei überhaupt an die Schullasten garnicht gedacht; das ist nicht richtig. Ein Blick in den § 4 des Kommunalabgabengesetzes genügt, um sich zu überzeugen, daß auch dort an die Unterrichtanstalten, an die Schulen gedacht ist, und ebenso hat das Gesetz wegzen Aufhebung der direkten Staatssteuern ausdrücklich ausgesprochen, daß die Realsteuern für die Erleichterung der Gemeinden in allen ihren Lasten und Aufgaben bestimmt sein sollen.
Nun hat der Herr Abg. Krause gestern den Einwand gemacht: ja, die Realsteuern sind auch dem Lande überwiesen, also das Land hat denselben Vortheil wie die Städte. Nun, meine Herren, wer die Verhaͤlt nisse einigermaßen kennt, wird mir doch zugeben müssen, daß die Wirkung der Ueberweisungen der Realsteuern auf das platte Land, auf die Landgemeinden und auf die größeren Städte eine absolut verschiedene ist. Meine Herren, ich erinnere nur an die Gebäudesteuer und die Gewerbesteuer. Nehmen Sie irgend eine arme Landgemeinde, meinet⸗ wegen mit hundert Gehöften; für sie steht die Ueberweisung der Gebäudesteuer und Gewerbesteuer zwar auf dem Papier, aber thatsächlich hat sie davon garnichts, und nun ver— gleichen Sie damit eine wachsende, aufblühende Stadt — und alle unsere großen Städte sind ja im Wachsen begriffen; das kann man bedauern, es ist aber eine Thatsache. Eine solche Stadt — wir wollen nur Berlin nehmen — hat von der Gebäudesteuer so viel, daß sie mit der Gebäudesteuer, der Betriebssteuer und der Gewerbesteuer, die ihr überwiesen sind, allein ihren ganzen Volksschullasten⸗ Etat — wenigstens zum größten Theil — laufend zu decken im stande ist. Das sind doch Ungleichmäßigkeiten und das ist doch eine Bevorzugung der Städte, an die, als die Schullasten ⸗Erleichterungsgesetze gemacht worden sind, nicht gedacht worden ist und nicht gedacht werden konnte. Deshalb lag bei einer so großen Aufgabe wie die ist, mit der wir es
hier zu thun haben, doch gewiß der Gedanke nicht ganz fern, daß man einen Ausgleich bei dieser Gelegenheit hier herbeiführen konnte.
Nun ist hier eingewendet worden: ja, die Landgemeinden hätten nicht in dem Maße die steigenden Ausgaben wie die Städte. Aber die Landgemeinden haben auch steigende Ausgaben und die Land⸗ gemeinden sind zum theil bei uns so überlastet, daß die Regierungen immer und immer wieder berichten, daß die Landgemeinden mit ihren Schullasten nicht auskommen können bei den jetzigen Zuständen. Ich habe hier einen Bericht aus Ostpreußen aus dem Regierungsbezirk Königsberg, der sehr hcharakteristisch dafür ist, daß man mit der bloßen Frage, ob das prozentuale Verhältniß der bloßen Einkommensteuer ein richtiger Maßstab für die Leistungsfähigkeit ist, absolut nicht auskommt, und ich erlaube mir, daraus nur das mitzutheilen, daß hier die Regierung sagt:
Geht man davon aus, daß ein Zuschlag von mehr als 20000, zu sämmtlichen staatlich veranlagten direkten Steuern, nicht bloß der Einkommensteuer, zu hoch genannt werden muß, so sind an solchen Gemeinden hier bei uns vorhanden 34, davon eine mit mehr als 500, 2 mit mehr als 400 und 6 mit mehr als 3009 Zuschlägen.
— Und soa, meine Herren, steht es dort durchweg.
Wir haben, heißt es in dem Bericht, hier eine Gemeinde mit S00 0/0 Zuschlägen zu sämmtlichen direkten Staatssteuern, andere mit 600 ½, andere mit 500, 400 und viele mit über 300 9ͤ jo. Die eingehende Prüfung bei Gelegenheit der Er— theilung der Zustimmung zu diesen Zuschlägen hat für die Regie rung ergeben, daß es sich in allen Fällen durchaus um nothwendige Aufwendungen handelte, bei; welchen eine Reduktion absolut aus⸗ geschlossen war. Wenn nun darüber nicht volle Klarheit herrscht, welcher Bruchtheil von Ausgaben auf Schulzwecke allein entfällt, so muß doch behauptet werden, daß dieser Antheil, der auf die Schullasten entfällt, schon jetzt so groß ist, daß er die finanzielle
Leistungsfähigkeit der Gemeinden in Frage stellt.
Nun, meine Herren, daraus scheint mir mit absoluter Zuver— lässigkeit hervorzugehen, daß das platte Land und die Landgemeinden mindestens in gleichem Maße hilfsbedürftig für diese Zuschüsse, um die es sich hier handelt, waren als die großen Städte, ja in viel größerem Maße.
Nun, meine Herren, hat ja der Herr Finanz ⸗Minister ein weiteres Entgegenkommen eintreten lassen durch die Zurdispositionstellung von 14 Millionen Mark. Ich will mich darauf nicht weiter einlassen, ob diese Summe ausreicht, da der Herr Finanz⸗Minister selbst sich seine Entschließung vorbehalten hat. Wenn dieser Fonds und die Art und Weise, wie die Kommission ihn zu vertheilen versucht hat, als ein Dispositionsfonds bezeichnet wurde, so ist das ja in gewissem Sinne, aber doch nur mit einer großen Einschränkung, richtig. Meine Herren, das ist überhaupt eine ganz irrige Meinung, daß es der Schul⸗ verwaltung irgendwie am Herzen läge, ihre großen Diepositionsfonds in der bisherigen Weise zu behalten, und ich hoffe, es ist uns vielleicht noch einmal möglich, Ihnen einen Weg zu bezeichnen, um diese Dis—⸗ positionsfonds gesetzlich festzulegen und sie einer Kontrole zu unter stellen, vielleicht auch andere Schultern heranzuziehen, welche die Verantwortung mit uns tragen.“
Meine Herren, also ein Unrecht ist der 5 25, wie wir ihn vor⸗ geschlagen haben und namentlich, wie die Kommission ihn vorschlägt, nicht. Findet sich ein besserer Weg, so werden Sie uns bereit finden, ihn zu gehen, denn nichts liegt uns ferner, als die großen Verdienste zu verkennen, die die großen Städte sich um ihr Schulwesen erworben haben. Es ist gestern gefragt worden, ob wir denn wirklich wollten, daß die großen Städte beeinträchtigt werden sollten in der Freudigkeit, auch ferner für ihr Schulwesen zu sorgen. Ja, meine Herren, natür—⸗ lich wünschen wir das nicht; aber wir sind zugleich der Meinung, daß die großen Städte, auch wenn dieser Vorschlag, wie er Ihnen jetzt von der Kommission unterbreitet ist, Gesetz werden sollte, nicht auf— hören werden, nach wie vor für ihre Schulen zu sorgen. Meine Herren, sie haben für ihre Schulen schon gesorgt, noch ehe sie die Zu— schüsse aus dem Schullasten Erleichterungegesetz bekommen haben, und sie werden dafür sorgen, auch wenn diese mäßige Einschränkung und Ausgleichung ihnen auferlegt werden sollte, denn sie sorgen dafür, weil es sich da um das Beste handelt, was sie haben, um die Erziehung ihrer Kinder und die Erziehung ihrer Jugend. Meine Herren, wir haben daher die Zuversicht, daß das Schulwesen durch diese Vorlage nicht geschädigt, sondern daß es dadurch gehoben werden wird, und ich bin überzeugt, Sie würden damit der Schule, den Lehrern und unserem Volk einen großen Dienst erweisen. Die Verantwortung aber, an dieser Finanzierungsfrage das Ergebniß scheitern zu lassen, ist so groß, daß ich kaum glaube, daß Sie sie werden tragen wollen. Ich kann Sie nur bitten, daß Sie eventuell, wenn sich nicht noch ein anderer Weg findet, die Kommissionsvorschläge annehmen. (Bravo! rechts.)
Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Ich will nicht ß aß Se he lian ö. an hie h H fr 6 n wie Herr Richter, dem Staat von den Ueberweisungen vom Reich etwas abknöpfen will, kann sich nicht wundern, wenn dieses Rezept auch bei den Städten angewandt wird. Die großen Städte über 10 000 Ein wohner haben die Zuschüsse für Alterszulagen bisher auch nicht er— halten, weil sie selbst leistungsfähig genug sind. Wenn auch hoffent— lich das laufende Jahr nicht mit einem Defizit abschließen wied, so müssen wir doch im nächsten Jahre auf Mehrausgaben gefaßt sein für die Justiznovelle, Beamtenaufbesserung und Schuldenzinsen, d. h. auf etwa 31 Millionen Mark. Den Ausführungen des Abg. Richter über die Leistungsfähigkeit von Stadt und Land kann ich nicht zustimmen. Die Steuerreform hat große verborgene Ver mögen herangezogen. Für den Mittelstand von Berlin bedeutet die Steuerreform eine Entlastung an Einkommensteuer von 140 06. Auf dem Lande muß noch heute für die Volksschullasten etwa doppelt soviel Zuschlag erhoben werden als in den Städten. Die Vorlage bringt daher nur eine ausgleichende Gerechtigkeit. Daß der fiene sihffk⸗ Gedanke der Franckenstein'schen Klausel nicht zum Ausdruck kommt, daran ist nichts mehr schuld, als die Finanzpolitik des Herrn Richter im Reichstage, und er hat daher auch selbst Schuld, wenn die Gesetze von 1888 und 1889 aufgehoben werden müssen. Die am meisten benachtheiligten Gemeinden sollen Zuschüsse aus dem Dispositionsfonds erhalten. er Antrag Seyffardt geht uns zu weit, dagegen ist der
Antrag Sattler annehmbar; der erstere beansprucht einen Mehr— bedarf von 7 Millignen, der letztere nur von 5 1060 000 6 Wir wollen die Stadt Berlin nicht schlechter behandeln als die anderen und werden eventuell unter Verzicht auf unseren Antrag auch für den Antrag Sattler stimmen können. ö
Abg. Dr. Sattler 6. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn uns der FinanzMinister eine bestimmte Erklärung gegeben hätte, ob wir bald ein Gesetz über verstärkte Schuldentilgung bekommen würden. Der Antrag edi schließt die Stadt Berlin von den bisherigen Zuschüssen aus, und ich wundere mich, daß dies dem Abg. Richter ent⸗ gangen ist. Unser Antrag will gleiches Maß für die schlechter behandelten
Antrags, der im Namen meiner Freunde gestellt ist, zurück, und wir werden über meinen Antrag die namentliche Abstimmung beantragen. Wir wollen den großen Städten mit dem Antrag mindestens das erhalten, was ihnen bisher err zustand. Sonst wollen wir dem platten Lande gern alle Vortheile dieses Gesetzes zuwenden. Wir unterscheiden uns von der Regierungsvorlage nur dadurch, 9 wir die Städte nicht berauben wollen. Durch die namentliche Ab timmung wollen wir feststellen, wer dieser ungerechten Beraubung zustimmt. Und da wollen wir sehen, wo das Zentrum ist. Wo nd, heute die Herren Lieber und Bachem, die sonst den Ruf nach Gleichheit in das Land schicken und über Imparität klagen? Bei der nament⸗ lichen Abstimmung sollen sie heran und zeigen, ob sie durch die Annahme des § 10a (Anrechnung der Dienstzeit in Privatschulen) veranlaßt sind, eine andere . einzunehmen, als sie sonst einge⸗ nommen hätten. Wir müssen die Träger der Schullasten doch alle leich behandeln, und nicht bloß den Lehrern auf dem platten ö und in den kleinen Städten, sondern allen Lehrern durch die Alterszulagen helfen. Und wenn wir auf diese Forderung im weitesten Entgegenkommen gegen die Wünsche des platten Landes verzichten, so bieten wir mit meinem Antrag die Hand zum Frieden. Das Gesetz von 1888 soll nach dem Finanz-Minister zu unrecht beschlossen sein; damit macht er der Regierung den Vor— wurf, zu unrecht mit der Verwendung der Staats gelder vorgegangen zu sein. Der Kultus⸗Minister hat gefolgert, daß in diesem Entwurf der Grundsatz liegt, der Staat kehre zu dem Grundsatze zurück, daß der Staat nur beispringen sollte im Falle des Unvermögens. Das geschieht hier aber nicht, hier wird, mit verschiedenem Maße emessen; will man wirklich hierzu zurückkehren, dann muß man jede
emeinde, jeden Schulunterhaltungspflichtigen sich auf seine Leistungz⸗ unfähigkeit ansehen. Sind aber alle, Bauerndörfer, alle Grund— besitzer, alle Magnaten leistungsunfähig? Unsere Stellung mußte diesem Gesetz gegenüber von vornherein eine resignierte sein. Wir verkennen die Vortheile nicht, aber auch nicht die Schwierigkeit, ein Besoldungsgesetz vorzulegen ohne Regelung der Frage der Unter ⸗ haltungspflicht. Ein finanzieller Grund gegen die Mehraufwendung der von mir beantragten 15 Millionen kann nicht geltend gemacht werden. Das Defizit von 15 Millionen im diesmaligen Etat habe ich schon früher als ein nur scheinbares erklärt. Drängen mit der Kon vertierung will ich nicht, aber auf die Dauer kann sie bei unserer jetzigen Entwickelung nicht vermieden werden. Ich hoffe, daß auch die Rechte sich überzeugt, daß finanzielle Gründe nicht gegen meinen Antrag sprechen; für, sie sind wohl nur politische Gründe maßgebend. Der mo⸗ ralischen Aufgabe, für die Entwickelung ihres Volksschulwesens in eminenter Weise zu sorgen, haben die Städte in hervorragendem Maße genügt; das zeigt z. B. Hannover. Den Rechnungen, die man uns darüber aufmacht, was die Städte erhalten haben, könnten wir sehr gut andere Rechnungen gegenüberstellen; aber wir wollen den Gegensatz zwischen Stadt und Land nicht noch verschärfen. Der Finanz-Minister wollte das auch nicht, aber gehandelt hat er nicht nach diesem Prinzip. Hier wird dem Einen etwas genommen, ohne daß auch nur der andere einen Vortheil davon hätte. Wie kann man da erwarten, daß das Interesse der Städte an dem Volksschulwesen erhalten bleibt! Nicht allein das Zahlen kommt in Betracht, wenn man erörtern will, ob wir eine Staats⸗ oder Gemeindeschule haben. Bei allen Vorschlägen waren wir bereit, berechtigten agrarischen Forderungen nachzugeben, aber hier hat es den Anschein, als ob schwere Schädigungen dem einen kommunalen Gemeinwesen zugesügt werden sollten, weil es ihm noch nicht so schlecht geht wie anderen. Im Interesse des Friedens und der Bevölkerung bitte ich um Annahme meines Antrags. .
Abg. Br. Dittrich (Zentr.): Nach unserer Auffassung war die Gesetzgebung von 1888 und 1889 der Verfassung zuwiderlaufend. Wir mußten uns fragen, ob wir mitarbeiten sollten daran, diese Ver⸗ fassungswidrigkeiten zu beseitigen. Und dazu sind wir bereit, und wir sehen in der Vorlage das geeignete Mittel dazu. Eine Ungerechtig⸗ keit können wir in der Kommissionsfassung nicht erblicken, besondere Härten sind dadurch beseitigt, Wir haben uns bemüht, einen Weg zu finden, der allen Ansprüchen genügt. Ich bedauere, daß uns die Weisheit des Abg. Sattler nicht in der Kommission zur Verfügung gestanden hat. Wie kommt Herr Sattler dazu, uns das Motid unterzuschieben, daß wir uns nach der Annahme des § 10a richten? Ich muß gegen die Insinuation protestieren, als ob Abmachungen und Handelsgeschäfte unsererseits mit den Konserpativen stattgefunden hätten. Mit wenigen Ausnahmen werden wir für die Kommissions— fassung stimmen. ben bt Gothein (fr. Vg): Während man den Städten die Zuschüsse nimmt, läßt man sie den Landgemeinden, auch solchen, die gar nicht bedürftig sind. Wie die Steuerreform den Städten genützt hat, sehen Sie an Hreslaus wo 3340 (00 6 mehr an Steuern auf—⸗ gebracht werden müssen, d. h. pro Kopf über 6 M oder 36 06 mehr als früher. Breslau kommt auch beim Antrag Sattler noch um 6600 M jährlich schlechter weg als bisher; aber dieser Ver⸗ mittelungsvorschlag ist doch das Mindeste, was wir verlangen können. — Unter großer, immer steigender Unruhe des Hauses und Schluß rufen der Rechten, begründet Redner seinen Antrag, bleibt aber bei der lauten Unterhaltung im Hause auf der Tribüne unperständlich.
Abg. Kirsch (Zentr.) verwahrt sich gegen die schulmeisterliche Art und Weise, wie der Abg. Sattler über das Schweigen des Zentrums gesprochen habe. Er habe sich schon vor der Rede des Abg. Sattler zum Wort gemeldet gehabt. Namens einiger seiner Freunde erkläre er die Zustimmung derselben zu dem Antrag Sattler, da immerhin einige Städte sonst zu stark benachtheiligt würden.
Ein Schlußantrag wird angenommen.
Abg. Dr. Bachem erklärt persönlich dem Abg. Sattler gegen über, daß er nicht zu denen gehöre, die schwänzen; er sei bisher durch den Reichstag verhindert gewesen, hier zu sein, und der Abg. Lieber sei durch den Provinzial⸗Landtag in seiner Heimath verhindert.
Abg. Fuchs (Zentr.) bemerkt, daß er durch den Schluß ver— hindert sei, seine von der seiner Freunde abweichende Stellung dar—
ulegen. : zg. Dr. Sattler erklärt, daß er bereits gestern dem Abg.
Bachem habe mittheilen lassen, daß er so gegen ihn vorgehen würde, wenn er nicht hier wäre. . 1
Abg. Dr. Bachem: Diese Mittheilung ist nicht an mich ge—⸗ langt; ich hätte mich aber doch nicht nach den Wünschen des Abg. Sattler, sondern nach der sachlichen Lage der Geschäfte gerichtet.
Der Antrag Sattler wird in namentlicher Abstimmung mit 185 gegen 125 Stimmen abgelehnt. Dafür stimmen außer den Nationalliberalen die beiden freisinnigen Parteien, der größte Theil der Freikonservativen, einige JZentrumsmitglieder und Polen.
9 Nr. IVa wird darauf in der Kommissionsfassung an genommen und der Antrag Gothein abgelehnt. Die Nr. II wird unverändert nach den Kommissionsbeschüssen angenommen, desgleichen die Nr. II und IV, sowie der Rest des Gesetzes.
Schließlich wird noch folgende, von der Kommission be— antragte Resolution angenommen: —ͤ
„die Regierung zu ersuchen, im ag gn, Etat Mittel bereit zu stellen, aus welchen Lehrer und Lehrerinnen an öffent— lichen Volksschulen bei den im Auftrage der Schulaussichts behörde oder auf deren Verfügung ausgeführten Reisen zu Kreiskonferenzen eine Vergütung aus der Staatskasse nach Maßgabe der vom Unterrichté-⸗Minister in Gemeinschaft mit dem Finanz. Minister zu treffenden Bestimmungen erhalten.“
Ueber eine weitere, von der Kommission beantragte Resolu⸗ tion wegen ,,, eines Volksschulgesetzes soll erst in der dritten 3. verhandelt werden. . ut Die eingegangenen Petitionen werden für erledigt erklart.
Schluß 4/ Uhr. Nächste Sitzung Montag 11. Uhr.
(Kreditvorlage wegen Sekundärbahnen und Kornhaͤuser.)
Städte. Den Antrag Groth. Seyffardt ziehe ich k Gunsten meine
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Köni
m 94.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Die Selbstmorde in Preußen 1894.
Stat. Korr.) Nach amtlichen Nachrichten ist in Preußen 1894 für 6630 Personen, darunter H287 Männer und 1343 Frauen, Selbst. mord als Todegsursache festgestellt worden. Die Selbstmordziffer auf 100 000 der lebenden Bevölkerung berechnet, schwankte seit dem Fahre 1869 bis 1894 zwischen 11 und 22. Die Jahre 1871 und 1873 zeigten ein günstiges, die Jahre 1883 und 1856 ein ungänstiges Ver⸗ hältniß. Während der Folgezeit sind der Selbstmorde zwar weniger . in den Jahren 1891 bis 1394 hat jedoch wieder eine Steigerung
tattgefunden, indem von 100 990 Lebenden je 21 Personen gewaltsam ihr Leben endeten. Hierbei sind die Männer 5 öfter betheiligt als früher; denn es werden in den Jahren 1869 bis 1894 wechselnd 18 bis 36 Selbstmorde auf 100 006 Lebende der männlichen? Be⸗ völkerung nachgewiesen. Im Jahre 1888 sinkt die Verhältnißzahl bis auf 39, steigt 1893 und 1894 aber wieder auf 34. Bern den Frauen stellt sich die bezügliche Zahl nur auf 4 bis 9, welche Höhe 1883 erreicht wurde; von 1884 bis 1894 verharrt sie auf 8.
Was zie Häufigkeit der Selbstmorde betrifft, fo ist sie von einer großen Zahl von Vorgängen beeinflußt, deren gründliche Erforschung meistens ein tiefes Eindringen in das sittliche und feelische Leben der Menschen erfordert. Das Alter steht unter diefen Erscheinungen in erster Linie. Die hierüber für den Zeitraum 1857 big 1894 ange⸗ stellten Untersuchungen haben ergeben, daß mit zunehmendem Alter der Hang zum Selbstmorde wächst und regelmäßig nur einmal, nämlich in der Altersklasse von 25 bis 30 Jahren, die 6 der Verhältnißzahl bei der Gesammtberölkerung eine Unterbrechung erfährt. Eine Augnabme hier von macht das Jahr 1894, in welchem eine derartige Unterbrechung nicht vorkommt. Wenn von 1887 bis 1894 sonst noch Abweichungen von sener Regel in den höchsten Altereklassen eintreten, fo find diefe auf . geringe Zahl von Fällen zurückzuführen, welche hier in Frage ommen.
Während für Männer und Frauen das Lebengalter von 25 bis 30 Jahren eine Unterbrechung in der Steigerung der Selbstmordziffer aufweist, tritt eine solche bei den Frauen auch noch in der Altersklasse von 39 bis 40 Jahren ein. In beiden Zeitabschnitten ist die Selbst⸗ mordziffer für das weibliche Geschlecht eine geringere als bei derjenigen von 20 bis 25 Jahren und allen späteren.
Ueber die Beweggründe der Selbstmorde genaue und verläß⸗ liche Angaben zu sammeln, ist eine überaus schwierige Aufgabe der amtlichen Statistik. Wenngleich diesem Zweige der statistischen For⸗ schung die eingehendste Sorgfalt gewidmer wird, bleibt dennoch eine Anzahl von Selbsttödtungen übrig, deren Veranlassung sich nicht er⸗ gründen ließ. Das Jahr 1894 bringt 1226 solcher Fälle., das sind 185 vom Hundert der Gesammtzahl aller Selbstmorde. Im übrigen bat diese Untersuchung zu sehr beachtenswerthen Ergebnissen geführt und gezeigt, daß alljährlich ungefähr der vierte Theil der Selbst⸗ morde zweifellos durch Geisteskrankheit hervorgerufen wird, und daß auch von den anderen eine größere Zahl auf psychische Ursachen, wie Lebensüberdruß, Leidenschaften, Trauer, Kummer, Reue, Scham zurückzuführen ist. In dem Jeikraum 18587 bis 1894 endeten infolge Geisteskrankheit jährlich 1429 bis 1741 Perfonen durch Selbst⸗ mord. Das weibliche Geschlecht ist hierbei im Verhältniß zur Zahl der Selbstmörder häufiger vertreten als das männliche — mit 57,4 bis 4 weiblichen zu 22.0 bis 233 männlichen Personen unter je 100 Selbstmorden; ebenso zeigten sich Frauen körperlichen Leiden und besonders Leidenschaften gegenüber weniger widerstandsfähig. Bei den Männern hingegen sind Lebensüberdruß, Laster und Kummer hervor⸗ ragende Beweggründe der Selbstentleibung.
— Zur Arbeiterbewegung.
Aus Kottbus wird auswärtigen Blättern unter dem 18. April zum Ausstand der Textilarbeiter gemeldet: Bei der Ab— stimmung am Freitag (vgl. Nr. 935 d. Bl.) hätten 17090 Arbeiter für, 900 gegen Wiederaufnahme der Arbeit unter den jetzt von den Fabrikanten angebotenen Bedingungen gestimmt. Nach einer Mit⸗ theilung des Vorwärts“ sollte das Ergebniß erst gestern vollständig 6 . werden; an der Annahme der Bedingungen sei nicht zu zwesfeln.
In Rathenow stehen nach demselben Blatt die Arbeiter der Industrie optischer Instrumente, welche dort in großem Umfange be⸗ trieben wird, in einer Lohnbewegung. .
Aus Leipzig berichten die Lpz. N. N.“, daß die Tarif⸗ berathungen der Buchdrucker, welche am 15. April begonnen haben, mit folgendem Ergebniß schlossen: Die effektive neunstündige Arbeits zeit ohne die Pausen wird angenommen, desgleichen die Erhöhung der Grundpositionen um 2 3 für 1009 Buchstaben, 68 o o für berechnende Gehilfen, Erhöhung der Grundpofitien für die im Wochenlohn stehenden Gehilfen um 23 Vo. Für Städte unter 35 006 Ein⸗ wohnern bleibt die Arbeitszeit wie früher, ebenso für den Maschinenbetrieb. Dagegen wird der Lohn der Maschinenmeister um das nämliche wie bei den berechnenden Setzern erhöht, außerdem wird ihnen wöchentlich eine freie Zeit von drei Stunden oder alle drei Wochen eine solche von zwei dalben oder einem ganzen Tag gewährt. Die Dauer des Tarifs wurde auf fünf Jahre ef et. ie neuen
estimmungen sollen am J. Mai in Kräst treten.
Aus Stuttgart wird der „Köln. Ztg. telegraphiert: Die Ver handlungen vor dem Gewerbegericht als Schiedsgericht zwischen den aueständigen Zim merern und ihren Meistern hatten kein Ergebniß. Die Arbeit ist nunmehr auf sämmtlichen Bauplätzen eingestellt. (Vgl. Nr. 92 d. Bl)
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Zweite Beilage
Berlin, Montag, den 20. April
Aus ständigen vorläufig in Arbeit zu nehmen. Nach einer Umfrage sollen 130 Gesellen die. Arbeit niedergelegt haben, hiervon haben bereitz 50 wieder um Arbeit nachgesucht, sind aber zurückgewiesen worden. Zu⸗ der Versa:nmlung waren auch eine große Anzahl Nichtinnungsmit. lieder erschienen. — Der Verband Berliner Metall Ind ustriel ler hat sich, wie die Berliner Volk ⸗ Ztg. berichtet, in seiner April⸗Sitzung mit der von den sozialdemokratischen Gewerkschaften erstrẽbten Verkürzung der Arbeitszeit und der Maifeier beschäftigt und ist dabei zu solgenden Entschließungen ge⸗ kommen: J. Die Versammlung hält den früher gefaßten nh. an der hergebrachten Arbeitszeit — vorwiegend die , . — ist festzuhalten / aufrecht und willigt in keine Verkürzung der Arbeitszeit. Auch die prinzipielle Bewilligung von Aufschlägen für Ueberstunden kann nicht zugestanden werden, da Ueberstunden nur in vorübergehenden flotten Geschäftszeiten oder in dringlichen Fällen angeordnet werden. . ö erklärt sich einstimmig gegen eine Freigabe es 1. Mai.
Aus Verviers meldet W. T. B.“: Am Freitag ist hier ein Theilausstand der Weber (vgl. Nr. 92 d. Bl.) ausgebrochen. Am Sonnabend schloß sich ein Theil der Webereiarbeiter der Simonis schen Fa brik dem Ausstand an. Simonis machte bekannt, daß er seine, Betriebe bis zur Wiederaufnahme der Arbeit schließen werde. Die Zahl der in Verviers und Umgegend ausständigen und feiernden Weber betrug am Sonnabend Abend etwa 25600; die Zahl der heute Ausständigen sst noch nicht bekannt. Alles ist ruhig. In Verviers wurden bis jetzt nur polizeiliche Vor⸗ sichtsmaßregeln getroffen, militärische Hilfe ist nicht erbeten worden. Es erscheint als sicher, daß der Ausstand sich weiter ausbreiten wird. Wenn alle Werkstäͤtten feiern, würde die Zahl der Ausständigen etwa 20 000 betragen. Die Arbeitgeber haben beschlossen, die Forderungen der Arbeiter nicht zu bewilligen und mit Aussperrungen vorzugehen. — In Herstal ftehen etwa 2600 Arbeiter aus, welche sich vollkommen ruhlg verhalten. (Vgl. Nr. 91 d. Bl).
Literatur.
olijei und polizeimoral nach den Grundsätzen des Rechtsstaatz. Bon G. J. Ackermann, Geheimem Polhzei⸗ Rath. Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart. — Der Verfasser erörtert zunächst den Gegensatz zwischen ‚Polizeistaat‘ und Rechts. staat !, wie sich derselbe namenllich in Deutschland seit dem 17. Jahr- hundert ausgebildet und entwickelt hat, giebt sodann einen Ueberblick über die große Mannigfaltigkeit der uffgssungen des Wesens, der Aufgabe und der Grenzen der Polizei, die sich bei den Schrijtstellern des vorigen und dieses Jahrhunderts findet, und bestimmt im Anschluß daran selbst den. Begriff und den Umfang der „ modernen . indem er sagt: Polizei ist ein Thun, bestehend in der nach aßgabe von Recht und Gesetz mittels Vorbeugung, Beseitigung und Erforschung geübten Hemmung (Bekämpfung) natürlicher und persönlicher Kräfte in deren Beftreben nach Ausdehnung und Geltung, insoweit durch dieses Bestreben die öffentliche bürgerliche Ordnung bedroht oder gestört wird“ (S. 44). Den Zwang betrachtet er — im Gegensatz zur herrschenden Lehre — nicht als ein wesentliches Merkmal des Begriffs „Polizei?. Nachdem der Verfasser so den Begriff und Umfang der Polizei festgestellt Hat, untersucht er,, inwieweit die polizeilichen Organe bei ihrer amtlichen Thätigkeit an die Vorschriften der Moral gebunden sind, und gelangt dabei zu folgenden Ergebnissen: 1) Die Polizei ist gebunden an Recht und Gesetz; schweigen diese, so hat fie nach der Zweckmaͤßig· keit, im Geiste der Gesetzgebung, zu verfahren. 2) In Ausführung des Staatswillens können die durch die christlichen Llebez. und Leibens? i. geforderten Tugenden nur so weit Raum finden, als die staat· ichen Interessen nicht darunter leiden. Das entspricht, wie der rechts⸗ staatlichen Doktrin, so der christlichen Ethik. 3) Die vom staatlichen Gesetz und von den christlichen Sittengeboten nicht umfaßten Normen der sogenannten natürlichen Moral und der esellschaftlichen Moral sind für die Polizei nicht verbindlich. Dem Polizeimann bleibt überlaffen, nach ihnen zu handeln, wenn er ihnen zustimmt und sie im Einzelfalle dem staatlichen Zweck nicht zuwiderlaufen. ) Da ohne Wahrheit keine Gerechtigkeit und Wohlfahrt bestehen kann, ist der — 2 die Lüge in keiner ihrer Formen gestattet. Doch begründen othstand und. Nothwehr eine Ausnahme, fobald der Staat den Be— griff des staatlichen Nothstands und der staatlichen Nothwehr bezüg⸗ lich der ,,. festgestellt hat. er kürzlich erschienene XI. Band der fünften Auflage von Meyer's Konversations- Lexikon“ (Leipzig, Bibliogravhisches Institut) umfaßt die Artikel Langenbeck“ bis Mauri⸗?. Aus dem mannigfachen Inhalt sind demjenigen, der eine schnelle Belehrung in den betreffenden technischen Fächern sucht, die kurz und präzis orientierenden Abschnitte über Lokomobilen', Lokomotiven“, Leucht thürme', Markthallen, Materialprüfung mit ihren größten · theils neu gezeichneten, vortrefflich instruktiven Tafeln zu empfehlen. Auch die reich illustrierten physikatischen Artikel Licht“, Luftpumpe !, Magnetismus sind leicht verständlich gehalten und dem heutigen Stande der Wissenschaft entsprechend erweitert und verbessert. Ebenso für den Laien klar faßlich dargestellt sind die wichtigen medizinischen Artikel Lungenschwindsucht' und Magenkrankheiten “. Anziehend, belebrend und inhaltreich bei aller Knappheit der Fassung sind die Abschnitte Leonardo da Vinci und Malerei. Der Aitikel Madagaekar⸗ hat gemäß den neuesten Ereignissen wesentliche Aenderungen erfahren müssen und ist mit einer neuen Karte versehen worden; auch der Ab⸗ schnitt Luftschiffahrt“ zeigt erhebliche Veränderungen gegen die frühere Auflage und ist jetzt durch eine interessante geschichtliche Tafel illustriert. Die volkswirthschaftlichen Abschnitte Lotterie, , Lebens versicherung⸗, Lehrlingswesen“, Markenschutz' sind den heutigen Einrichtungen und Bestimmungen entsprechend erweitert. Der illustrative Schmuck ist gegen früher bedeutend vermehrt. Außer den schon erwähnten Tafeln sind neu hinzugekommen eine farbige Beilage mit Abbildungen der Marine⸗, , und Kolonialtruppen Cu dem Artikel Marine.) und eine sehr instruktive Tafel (zu dem Artikel Lithograzhie “), welche das allmähliche Entstehen eines ornamentalen Buntdrucks veranschaulicht. Die Städte Artikel Leipzig'. . Lübeck', Madrid“ sind durch neue Pläne erläutert, der erstgenannte auch noch durch eine Tafel mit An. sichten von Leipziger Bauten, ebenso der Artikel. Mars“ durch eine Tafel mit mehreren Aufnahmen und Karten dieses Planeten. Neu sind ferner die Tafeln Malaiische Kultur. und Leichenschauhãuser und Leichenverbrennung!. Auch die Textillustrationen sind vielfach verbessert und vermehrt. Die Redaktion zeigt sich sonach auch in diesem neuen Bande in jeder Hinsicht erfolgreich bestrebt, die mit Recht geschätzte Eneyklopädie immer mehr zu vervollkommnen und, den wachsenden Ansprüchen an eine schnelle Auskunftsertheilung und . . entgegenkommend, das Werk allseitig weiter auszugestalten. ö — ö. Knobloch in Kolberg ist soeben der siebente Generalbericht über das Sanitäts- und Medizinal— wesen im Regierungsbezirk Köslin, umfassend die Jahre 1892, 1893 und 1894,ü erstattet von dem Negierungse« und Mediinal· Rath Dr. Grisar, im Druck erschienen. Der Bericht verzeichnet die Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen und, behandelt sodann die Bewegung der Bevölkerung, die Gesundheitsverhältnisse, die Wohn⸗ stätten, die Wasserversergung und den Zustand der öffentlichen Wasserläufe. Daran i sich Kapitel über Nahrungg. und Genußmittel, Gebrauchsgegenstände, über gewerbliche Anlagen, Schulen,
Gefängnisse, über Fürsorge für die Kranken und Gebrechlichen, über
glich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1896.
Bäder, Leichenschau und Begräbnißwesen und über das Medizlnal- Personal des a ,, Köslin. ; — Das vorireffliche bayern und Tirol?“ zweiter verbesserter und v Bahn in S leins, welche reits angefũhr worden.
welche die Sehnsucht
ie Freude an ihr mit echter Alpenlandschaften treibt. Diefen
von leiblichen und geistigen
fasser ein selbstloser, überall aus gewissenhafter Rathgeber sein, der den ekannten Reisenden die bequemsten und muthigsten und erhabensten Punkten in Dabei wird überall die Frage der Reise⸗ Sinne einer verständigen, aber nicht über— ndelt und der Wanderer durch seinen Führer ahrt, bei der das Wandern aufhört,
ßeren Umfangs und der eingeführten Ver⸗ des Büchleins ein mäßiger (I, 380 6) ge blieben. . ö ge h ö
— Deutsche Juristen-⸗-Zeitung, herausgegeben bon Prö— fessor Dr. Laband, Reichsgerichts Kath Dr. Sten glein 34 Rechtsanwalt Dr. Staub. Berlin, Verlag von Otto Liebmann. Preis vierteljährlich 369 4M. — Die Hefte 7 und 8 vom 1. und 15. April bringen Auffätze von Professor hr. Strohal über Die zukünftige Gestaltung der Vorlesungen über das Bürgerliche Gesetzbuch . Ober · Landesgerichts Rath Dr. von Buchka über Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Reichstags ⸗Kom⸗ mission., Bank-⸗Direktor und Rechtsanwalt Dr. Rießer über Die Kommissions Berathungen über den Entwurf eines Handels- gesetzbuchs für das Deutsche Reich“, Professor Dr. Frank über -Die Strafverfolgung von Delikten in den Schutzgebieten), Ober · Reichs anwalt Hamm über die Anstellung der Gerichts. Assessoren in ef und in den größeren außerpreußischen Staaten, Geheimem Justiz-⸗Rath von Wilmowski über Auswahl der Gerichts ⸗Assessoren ). An diese Auflätze schließen sich die in jedem Heft wiederkehrenden Rubriken: Juristische Rundschau von Rechtz anwalt Dr. Staub, Sprechsaal, Vermischtes, Personalien, Kritiken, Literaturübersicht, und in besonderen Beilagen Entscheidungen des Reichsgerichts, des Kammer⸗ gerichts und des preußischen Ober · Verwaltungsgerichts.
— „Monatsschrift für deutfche Beamter, allein es Organ des Verbandes deutscher Beamtenveresne. Herausgeber Fr. Catpar, , Geheimer Ober Regierungs- Rath und vor- tragender Rath im Reichsamt des Innern zu Berlin. (Preis viertel⸗ sährlich — 6 Hefte — 1,50 „6 — In der Nummer vom 1. April enthält die an dieser Stelle mehrfach erwähnte Zeitschrift wieder eine . interessanten Materials. Das Heft beginnt, wie att mit einer
nzahl die Rechtsverhältnisse der Beamten berührender P ittheilungen und Abhandlungen, denen sich Aufsätze allgemeinen Inhalts anreihen. Weiter enthält jedes Heft die Rubriken: Vermischtes, Sprechsaal, Bücherschau und Vereinsnachrichten. In einer Beilage bringt es außerdem Stimmen aus dem Publikum und eine Stellenliste.
— Der Militär. Anwärter“. Zeitschrist für alle Militär- Anwärter der deutschen Armee und der Kaiserlichen Marine. Re⸗ daktion und Verlag von S. Gerstmann, Berlin. r. pro Vierteljahr 1,80 M6) — Dieses Blatt, das vier ehntäglich erscheint und bon welchem uns die Nummer 7 des vierten O , . vorliegt, hat sich die Aufgabe gestellt, besonders den noch im aktiven Dienst stehen⸗ den Militär ⸗Anwärtern für ihre später einzuschlagende Zivilcarrière durch Bekanntgebung aller einschlägigen Bestimmungen, . Stellung von Aufgaben, wie sie in den Vorprüfungen und Beruftprüfungen verlangt werden, sowie Korrektur der eingesandten Lösungen berathend und belehrend zur Seite zu stehen. Die als Beilagen zu der Zeitschrift erscheinenden Gesetzesvorschriften, Reglements u. s. w. sind für die Intereffenten von bleibendem Werth. Jeder Jahrgang der Zeitschrift bildet einen Band, zu welchem ein Titelblatt nebst Nachschlageregister geliefert wird. Aus dem Inhalt des uns vorliegenden Hefts seien hervorgehoben die Aufsätze: Wie wird inan Poltjei⸗Kommissar?!‘ und „Die Laufbahn des eichs bank⸗ Beamten‘. Weiter enthält diese Nummer eine Vakanzenliste, einen Sprechsaal, eine Bücherschau 2c. und als Beilage Die wichtigsten Bestimmungen für jeden Militär. Anwärter“.
— Das neue Qugrtal des dritten Jahrgangs der von Dr. Otto Neumann⸗ , . herausgegebenen, wöchentlich erscheinenden Zeitschrist Die Roman welt“ (Preis viertel sãhrlich 3. 26 M0) bringt als erste Gabe einen neuen Roman von Ernst von Wilden hruch; „Der Zauberer Cyprianus , eine Studie aus der Zeit der Christen verfolgung unter Diocletian. Der zweite Roman, Daz Recht der Mutter-, hat Helene Böhlau zur Verfasser n. Besonders bemerkenswerth ist der dann folgende, von Ernst Berg aus dem Spanischen übersetzte Sittenroman „ Vappallenꝰ von dem Jesuitenpater Luig Coloma, der in Spanien viel Aufsehen erregt hat. Neben diesen rößeren erzählenden Werken enthält jedes Hest der Zeitschrift ein e len das kleinere, pointierte Erjählungen sowiẽ mannigfache Aufsätze über interessante Gegenstände bietet. Die zweite Nummer (25) des Quartals veröffentlicht in diesem Theile die erste Prosaarbeit der Volksdichterin Johanna Ambrostus: . Gedanken eineg Ungebildeten ). Sräter wird auch Ludwig Pietsch hier seine Begegnungen mit dem Kaiser Napoleon III. erzäblen.
— Das 20. diesjährige Heft der illustrierten Familienzeitschrift zFür Alle Welt. (Deuischeg Verlagshaus Bong u Co, Berlin M.; Preis des Vierzehntagshests 490 4) bringt einen 2 Aufsatz äber die kleinste Stadt Deutschlands, das Städtchen Hauenstein im badischen Kreije Waldshut, sowie ferner Artitel ber Verbrechermeffungen, über Selle s ieren bot m, das älteste Zweirad ꝛc. Voran gehen zwei große Romane: „Glückspiel am Hofe? von Carl Gd. Klopfer und 8 der kleinsten , von 5 von Kapff ⸗Essenther, sowie eine Nopelle. Kinder der Zeit- von Emil Roland. Aus dem reichen künstlerischen Illustrattonsschmuck seien hervorgehoben das bunt⸗ farbige Aquarell ⸗Faksimile des Gemäldes von A. Parys Im Spielfaal von. Monaco. und die vortreffliche Holjschnift Reproduktion dez Pradilla'schen Gemäldes „Frühlingsfest. Dag Porträt des hohen kilitär⸗Jubilars, des Prinzen Georg von Sachsen und die Sriginal . zeichnung, darstellend Die Salbung des Prinzen Boris von Bulgarien“,
beweisen, daß diese gut redigierte reichhaltige Familienzeitschrift auch die Tagesereignisse nicht unberücksichtigt läßt.