ww e
e, , e, . ö K w ö
——
* —
K 1 r
Titel „Lotto“ erwiderte der Finanz—
Das ungarische Unterhaus beendete gestern die Spezialdebatte uber das Budget des , und damit die Berathung des ganzen Budgets. Bei dem inister Luka ces auf eine Anregung des Abg. Mezey: Ungarn müsse in dieser Ange⸗ ,, mit Oesterreich Hand in Hand gehen; wenn Ungarn das kleine Lotto abschaffe und Oesterreich nicht, so würde dies eine verfehlte Maßregel sein.
Der Finanzausschuß des Unterhauses hat das
inanzgesetz pro 1896 unverändert angenommen. In dem⸗ elben werden für 1896 festgestellt und bewilligt: die ordent⸗ lichen Ausgaben der Länder der ungarischen Krone mit 457 386 726 Fl.; die Uebergangsausgaben mit 9447219 Fl.; die Investitionsausgaben mit 19580 921 Fl.; die außerordent⸗ lichen gemeinsamen Ausgaben mit 6 628 307 Fl.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses stellte, wie „W. T. B.“ berichtet, Orr⸗Ewing die Anfrage, ob der neue Handels vertrag zwischen Deutschland und Japan Deutschland Zugeständnisse mache, die England nicht gewährt würden, und ob durch den Vertrag der deutsche Handel gegen⸗ über dem englischen bevorzugt sei. Der Parlaments⸗ Sekretär des Auswärtigen Curzon erwiderte; er kenne den Inhalt des Vertrages noch nicht und könne daher nicht sagen, ob der Vertrag Bestimmungen im Sinne der Anfrage enthalte. Jedenfalls aber werde England als meistbegünstigte Nation sich Zugeständnisse, welche Japan Deutschland oder einer anderen Macht machen sollte, ebenfalls . Howard Vincent fragte die Regierung, ob er . daß Arrangements getroffen würden, um bedeutende und steigende Quantitäten westfälischer Kohle in flachen n e die weit oben auf dem Rhein lüden, nach London zu bringen. Die Land⸗ und Wasserfracht stelle sich auf nur 6 Schilling für die Tonne infolge der minimalen Fracht, welche die deutsche Staatsbahn berechne. Er frage die Regierung, ob sie eine sorgfältige Ueberwachung dieser neuen Konkurrenz veranlassen werde, damit die britische Kohlenbergwerks⸗Industrie Schritte thun könne, um derselben zu begegnen. Der Präsident des Handelsamts Ritchie erwiderte, er habe keine besondere In⸗ ormation über diesen Gegenstand; er werde durch das Kon⸗ ulat Erkundigungen einziehen lassen. Der Parlaments⸗ Sekretär des Auswärtigen Curzon erklärte, die Bedingungen der Uebergabe Zeituns umfaßten die Ernennung eines Christen zum Kaimakam. Die türkischen Blätter . am 15. März die Wahl Mahmud Bey's für diesen Posten angekündigt. Die Botschafter Englands, Frankreichs und Ruß⸗ lands in Konstantinopel hätten an demselben Tage gegen die Ernennung als eine klare Verletzung der von der Pforte gegebenen Versicherungen protestiert und die Hoffnung ausgesprochen, daß die Ernennung werde annulliert werden. Eine Antwort der türki⸗ schen Regierung sei noch nicht eingegangen. — Der Erste Lord des Schatzamts Balfour erklärte, es würde nicht praktisch sein, das , . Maß⸗ und Gewichtssystem auf dem Wege der Gesetz⸗ gebung in England einzuführen, da ein derartiges Gesetz eine zu große Veranderung in den Gewohnheiten des Volks be⸗ deuten würde. Der Präsident der Lokalverwaltung Chaplin beantragte die erste Lesung der Vorlage, durch welche die Lokalabgaben des der Landwirthschaft ge⸗ widmeten Bodens herabgesetzt werden, und schlug fuß auf die eingeschätzt werde. Die daraus ent⸗ ehende Einbuße in den Lokaleinnahmen werde aus den Reichseinkünften gedeckt und betrage in diesem Jahre, wie im Budget bereits vorgesehen, 975 000 Pfund, im nächsten Jahre das Doppelte. Fowler kritisierte die Vorlage als unbillig und ungerecht und erklärte, die Opposition werde sie in den späteren Stadien auf das energischste bekämpfen. Die erste Lesung der Vorlage wurde sodann angenommen.
Frankreich.
Nach zahlreichen Besprechungen mit dem Direktor seines Ministeriums hat der Finanz⸗Minister Do um er beschlossen, seine Vorlage dahin abzuändern, daß die Steuer nach den Ab⸗ schätzungen, welche von der Verwaltung über jeden Steuer⸗ pflichtigen einzureichen seien, festgesetzt werde.
Der am 6. Juni 1826 geborene bekannte Finanz⸗ und Staatsmann Léon Say ist heute früh in Paris gestorben. Er war lange Zeit Direktor der Nordbahn und . für das „Journal des Débats“ und das „Journal des Economistes“ Artikel, in denen er die Finanzwirthschaft des zweiten Kaiser⸗ reichs bekämpfte. Im Februar 1871 in die National⸗ versammlung gewählt und im Juni zum Präfekten des Seine— Departements ernannt, wurde er im Dezember desselben Jahres Finanz-Minister, welches Amt er bis zum Mai 1873 bekleidete. 1875 übernahm er wieder das Finanz⸗Ministerium, legte jedoch den Posten bereits im Januar 1876 nieder. Auch in dem Ministerium Dufaure 1876, in dem Ministerium Simon 1876, in dem zweiten Ministerium Du—⸗ faure 1877 und in dem Ministerium Waddington 1879 leitete Léon Say abermals das Finanz⸗Ministerium. Im Mai 1880 wurde er zum Präsidenten des Senats gewählt und über— nahm dann im Januar 1882 im Ministerium Freycinet aufs neue das Finanz-Portefeuille bis zum Juli desselben Jahres. 1889 legte er sein Mandabl für den Senat nieder und ließ sich wieder in die Deputirtenkammer wählen, der er bis zu seinem Tode an⸗ gehörte. 1886 wurde Say zum Mitglied der Akademie ge⸗ wählt. Außer mehreren nationalökonomischen Schriften, wie „Histoire de la caisse d'escompte“, „Le socialisme et la question des impöts“, „Les finances de la France“, hat Löon Say auch das „Dictionnaire des finances“ und das „Nouveau Dictionnaire d'économie politique“ heraus⸗ gegeben.
daß solches Land zum Zwecke der Besteuerung . des Werths t
Rußland.
Der Fürst Ferdinand von Bulgarien begab sich, wie W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, gestern Mittag nach der Kathedrale der Petropawlowsk⸗Festung und legte dort an den Grabmälern der Kaiser Alexander II. und 1II. Kränze nieder. Der Fürst besichtigte dann die hauptsächlichsten Sehens⸗ würdigkeiten der Kathedrale und kehrte hierauf nach dem Winterpalais zurück. Dort empfing der rl die Besuche des deutschen, des italienischen und des englischen Botschafters und des französischen Geschäftsträgers. Nachmittags besuchte der Fürst den Minister des Aeußern Fürsten Lobanow.
Gestern stattete der Fürst Ferdinand dem Prokurator des Heiligen Synod objedonoszen und heute dem Metropoliten von St. Petersburg Palladius einen Besuch ab. Später empfing der Fürst das Stadthaupt, von St. Petersburg mit einer Abordnung von sieben Mitgliedern
der Duma. Das Stadthaupt übergab dem Fürsten ein Album mit Ansichten von St. Petersburg und hielt eine Ansprache, auf welche der Fürst erwiderte.
Italien.
Der „Osservatore Romano“ von gestern Abend veröffent⸗ licht ein päpstliches Motu proprio, welches die Be— iehungen zwischen den Patriarchen und den aposto⸗ en Delegaten im Orient regelt. Dieselben werden angewiesen, sich zweimal im Jahre zu versammeln, um bezüglich der religiösen Interessen, insbesondere. über die Organisation der Seminare und Erziehungsinstitute sowie über die periodischen Publikationen in Betreff der katho⸗ lischen Lehre zu einem gegenseitigen Einvernehmen zu gelangen. Den apostolischen Delegaten wird überhaupt empfohlen, über die Eintracht zwischen den lateinischen und orientalischen Missionaren zu wachen und die Beobachtung der apostolischen Konstitution vom Jahre 1894 zu sichern.
Rumänien.
Anläßlich des Geburtstages des Königs wurde gestern in allen Kirchen Bukarests ein feierliches Ted eum abgehalten. An der Feier betheiligten sich das diplomatische Korps, die Minister und die Vertreter der Zivil⸗ und Militär⸗ behörden. Die Stadt war reich beflaggt.
Dänemark.
Der Reichstag ist gestern geschlossen worden, nach dem die ,,,, der Regierung in verschiedener Fassung von beiden Thingen angenommen worden und somit nicht zur Erledigung gekommen war. .
Der Mnister der öffentlichen Arbeiten Ingerslew ist gestern Abend plötzlich am Herzschlag gestorben.
Amerika.
Amtlich wird aus Havanna berichtet, das Bataillon Luzon habe die vereinigten Insurgentenbanden unter Zayas und Rego bei Cienfuegos geschlagen. Die Insurgenten hätten 86 Todte und zahlreiche Verwundete, die Spanier 8 Todte und einige Verwundete verloren.
Asien.
Eine im Haag eingetroffene amtliche Mittheilung aus Atschin vom 19. d. M. bestätigt das Einziehen der Posten Anakgaloeng, Senelop, Lamsoet und Lambarih (s. Nr. 93 d. Bl) Einen großeren Widerstand fanden die Be⸗ satzungen beim Abmarsch auf dem rechten Ufer des Atjeh⸗ Flusses; hierbei wurden 12 Offiziere und 60 Soldaten getödtet bezw. verwundet. Eine unbrauchbar gemachte Kanone war von den holländischen Truppen zurückgelassen worden.
Afrika.
Die „Agence Havas“ meldet aus Kairo: Amtlich sei bekannt gemacht worden, daß das Ministerium trotz des schwe⸗ benden Prozesses weitere 159 000 Pfund zur Verwendung aus der Kasse der öffentlichen Schuld entnommen habe. — Dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge hätten die französi— schen und russischen Mitglieder der Verwaltung der Kasse der öffentlichen Schuld die anderen Mit⸗ ö der Verwaltung auf den 27. d. M. vor den J
erichts hof geladen. Sie erklärten den Beschluß vom 26. März als ungesetzlich und verlangten, daß die egyptische Regierung alle Summen, welche für die Dongola⸗Expedition ee hlt worden seien, mit Zinsen an den Reservefonds zurück⸗ zahle. .
Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus Kapstadt, daß, einer Depesche aus Buluwayo zufolge, am 11. d. M. mehrere Scharmützel in der Nähe der Stadt vorgekommen seien. Die e, seien mit beträchtlichen Verlusten zurückgeschlagen worden.
Die „Times“ meldet aus Prätoria: In der vom Prä—⸗ sidenten Krüger dem Staatssekretär Chamberlain gestern telegraphisch zugegangenen Antwort werde erklärt, Präsident Krüger sei nicht eher in der Lage, die Erlaubniß des Volks⸗ raads zu einem Besuch in England nachzusuchen, bis die Grundlage der Unterhandlungen festgestellt sein werde. — Bisher sei noch keine Abmachung getroffen, aber die Hoffnung auf eine zufriedenstellende Beilegung werde noch immer auf⸗ rechterhalten. Der Ton der Antwort sei ein freundschaftlicher und zuvorkommender.
asselbe Blatt meldet aus Mafeking: 1500 bis 2000 Boers, welche eine Kanone mit sich führten, hätten sich 25 Meilen von Mafeking gesammelt, angeblich, um die Aus⸗ breitung der Viehseuche zu verhindern, thatsächlich jedoch, weil auf Grund der Truppenzusammenziehungen in Mafeking ein neuer Einfall befürchtet werde.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags und der Bericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (73.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Justiz-Minister Schönstedt beiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die Fortsetzung der Be⸗ sprechung der Interpellation des Abg. Bachem über die Duelle, sowie ferner folgender Antrag der Abgg. Rickert (fr. Vgg.) und Lenzmann lfr. Volksp.):
Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, mit allen die ziplinagrischen Mitteln dahin zu wirken, daß das, auch in den Kreisen der Offiziere des stehenden Heeres und der Reserve weiter um sich greifende, der Religion, der Moral und den Strafgesetzen widersprechende Duellunwesen beseitigt werde.
irn lag folgender Antrag der Abgg. Adt (nl.) u. Gen., unterstützt von den Nationalliberalen und dem Zentrum, vor: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dem mit den Strafgesetzen im Wider⸗ spruch stehenden Duellwesen mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Abg. Dr. von Bennigsen beantragte, diesen Antrag in un— mittelbarem Anschluß an den ersten ,, zu verhandeln. Abg. Gröber nn! erklärte sein Einverständniß hiermit. Das Haus beschloß demgemäß.
Darauf nahm die Besprechung der Interpellation ihren
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heut
(56.) Sitzung, in welcher der Sen nl eher Dr. . und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen zugegen waren, die erste Berathung der Sekundärbahnvorlage fort.
Abg. Kache (kons.) empfahl den Bau einer Gisenbahn von Wansen nach Brieg und hob hervor, daß nicht nur die Landwirth⸗ schaft und Industrie, sondern auch der Forstfiskus durch bessere Ver werthung seiner im Brieger Kreise befindlichen quadratmeilengroßen 5 kezw. durch Versendung derselben auf dieser Bahn großen tutzen haben würde.
Abg. Schmieding (ul.) stimmte einigen vom Abg. Schwarze (Zentr.) geäußerten Wünschen bezüglich neuer Bahnlinien im Saucr. lande zu und beschwerte sich dann über die zu hohen Anforderungen, welche die Eisenbahnverwaltung an die Interessenten in Bezug auß die Beiträge bei neuen Bahnbauten stelle, namentlich auf dem platten Lande. Herr von Eynern habe nicht gemeint, daß deshalb die Städte in Zukunft mehr herangezogen werden sollen, wie der Finanz⸗Minister es aufgefaßt habe, sondern daß ez Sache des Staats sei, mit seinen Mitteln die Bahnbauten aus. zuführen. Die Industrie werde völlig damit einverstanden sein, daß der Staat der Landwirthschaft auf diesem Gebiet helfe.
Abg. Thies (ul.) befürwortete eine Bahn von Verden das Aller h entlang nach Celle und von da weiter in östlicher Richtung nach
ifhorn.
Abg. Cahensly (Zentr.) bemerkte, daß die Ueberschüsse der Eisenbahnverwaltung hbauptsächlich dazu verwendet werden müßten, Gegenden mit Eisenbahnen auszustatten, welche derselben noch ent— behren, und empfahl insbesondere die Berücksichtigung des nassauischen Bezirks durch den Bau einer Westerwaldquerbahn.
Abg. Damink (kons.) befürwortete den Bau einer Bahn von Neuenhaus nach Koevorden in Holland.
Abg. Dr. von Woyna (fr. kons.) beklagte, daß die Interessenten zu sehr mit Beiträgen herangezogen würden, wie es jetzt wieder bet den Linien Sulingen —-Bassum und Soltau — Buchholz der Fall sei, und empfahl den Bau der Allerbahn und der Linien Braunschweig— Oebisfelde und Braunschweig — Gifhorn.
Abg. Szmula (Zentr.) bemerkte, daß ein Blick auf die Karte genüge, um zu sehen, daß der Westen viel reicher mit Eisenbahnen bedacht sei als der Osten. Der Osten könne jetzt um so mehr eine Berücksichtigung verlangen, als seine Bevölkerung hauptsächlich eine ackerbautreibende sei. Für die Provinz Schlesien enthalte die Vorlage nur die eine Linie Jellowa — Kreuzburg. Redner befürwortete den Bau einer Bahn von Sohrau zum Anschluß an die österreichischen Bahnen bei Petrowitz, sowie einen besseren Anschluß der Stadt Ziegenhals an das Eisenbahnnetz.
Abg. Biesenbach (Zentr. trat für eine Unterstützung der land— wirthschaftlichen Bezirke durch Eisenbahnbauten ein und wünschte be⸗ sonders den Ausbau der Hunsrückbahn.
Abg. Gerlich (fr. kons.) befürwortete aus denselben Gründen den Bau einer Bahn von Pr. Stargard nach Neuenburg als Voll⸗ bahn; dieselbe werde auch dazu dienen, der schlesischen Kohle die Konkurrenz mit der englischen Kohle zu erleichtern. Diese Bahn müsse später nach Westen verlängert werden.
Abg. von Baumbach (kons.) empfahl einen weiteren Ausbau des nassauischen Eisenbahnnetzes, besonders durch eine Verbindung der Linie Bebra — Hanau mit der Main-Weser-Linie.
Abg. von Ploetz (kons.) betonte die Nothwendigkeit der Förde⸗ rung der Kleinbahnen zu Gunsten der Landwirthschaft; das sei nicht bloß ein kleines Mittel, sondern schon eines der bedeutenderen. Die großen Eisenbahnlinien hätten für die Landwirth—⸗ schaft ruinss gewirkt, insofern sie die Konkurrenz des Auslandes er— leichtert hätten. Der Nutzen der Kleinbahnen sei aber für die Land— wirthschaft sehr wesentlich, sogar wesentlicher als die Sekundärbahnen, und mit den Kleinbahnen sei auch ein geringeres Risiko für den Staat verbunden als mit den Sekundärbahnen. Jährlich 8 Millionen seien aber viel zu wenig, da der Landwirthschaft schnell geholfen werden müsse. Die Kleinbahnen seien auch der Kleinindustrie und dem Kleingewerbe auf dem Lande förderlich.
(Schluß des Blattes.)
— Das Herrenhaus wird am 29. d. M. wieder zusammen⸗ treten. Auf der Tagesordnung stehen: die einmalige Schlußberathung der Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, und Petitionen.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nach § 186 1 14 des Preußischen Allgemeinen Landrechts muß in der Regel die gesetzliche Kaution von dem dazu Verpflichteten durch Bürgen oder Pfaͤnder bestellt werden, und nach § 187 ist die Art und Höhe einer solchen Kaution nach Verhältniß der Wichtigkeit des zu versichernden Rechts oder des von dem Andern zu besorgenden Schadens durch richterliches Ermessen zu bestimmen. Diese Be— stimmungen finden, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Zivil⸗ senats, vom 15. Januar 1896, auch auf die vertraglich erlangte Befugniß, Kaution zu fordern, Anwendung, soweit die Parteien über Art und Höhe der Kaution nichts vereinbart haben. (223 / 95.)
— Der Lehnsfolger ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, JI. Zivilsenats, vom 16. November 1895, im Gebiet des Preuß. Allg. L. R. nicht zur gleichmäßigen Vertheilung der Lehns— einkünfte auf alle nicht bevorrechtigten Gläubiger seines verstorbenen Vaters verpflichtet, vielmehr kann er diese Gläubiger, und ebenso auch sich selbst auf seine eigenen Nachlaßforderungen, aus dem Lehnt einkommen befriedigen, wie sie sich melden, ohne daß dieserhalb den nicht befriedigten ein Anspruch gegen ihn zusteht. ... . Man kann an den Lehnsfolger die Anforderung, die Gläubiger in einer gewissen Reihenfolge, bezw. die nicht bevorrechtigten alle a . mäßig nach Verhältniß ihrer Forderungen zu befriedigen, nicht stellen, vielmehr muß ihm die beliebige Verwendung der Lehnzeinkünfte zur Tilgung von Nachlaßschulden frei bleiben, so Jange kein Gläu⸗ biger seine Befriedigung im Rechtswege verlangt hat. Daraus folgt aber, daß der Beklagte nicht gehindert war, die Ein⸗ künfte des Lehnguts so lange auf seine eigenen Forderungen zu verrechnen, als kein anderer Gläubiger klagend seine Befriedigung verlangt hatte, und daß er demgemäß den Klägern gegenüber erst vom Zeitpunkt der Klageerhebung ab verpflichtet ist, mit ihnen die Ein— künfte des Lehnguts verhältnißmäßig zu theilen. (377 /95.)
— Ist infolge einer Körperverletzung und der dadurch ver⸗ ursachten Erwerbsunfähigkeit des Verletzten der Thäter zur Zah= lung einer Entschädigungsrente verurtheilt, so muß sich na § 1191 6 des Preußischen Allg. S. R. der Beschädigte, sobald er der Verletzung ungeachtet durch Anwendung seiner körper⸗ lichen oder Geisteskräfte zu einem wirklichen Erwerb gelangt, diesen auf die Entschädigung abrechnen lassen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, VI. Zivilsenat, durch Urtheil vom 35. November 1895 ausgesprochen, daß der Verpflichtete, wenn er solche Abrechnung auf Grund der Behauptung, daß der Beschädigte zu einem wiiklichen Grwerbe gelangt sei, verlangt, diefe Behauptung nachzuweisen hat. Dazu aber genügt nicht der Beweis, daß der. Beschädigte die Erwerbsfähigkeit und damit die Möglichkeit eines wirklichen Erwerbes wiedererlangt habe, vielmehr hat der Verpflichtete mindeftens den Nachweis zu führen, daß der Beschädigte einen ihm angebotenen und in sichere AÄussicht i. Erwerb hun det ohne ersichtlichen Grund, etwa nur aus Lräghei oder Gleichgültigkeit unterlassen habe. (331 / 95.)
Bis zum Schlusse des
. ang. lattes sprachen die *g raf von Bernstorff (Rp.) und Dr. von Bennigsen (n
3
— Zu dem Eisenbahnbetriebe im Sinne des Neishpgese he vom 28. Mai 1885 über die Ausdehnung der Unfall un
Kran kenversicherung auf den gesammten Betrieb der Eisenbahn— Verwaltungen Ac. gehören, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, ll. Zivilsenats, vom 21. Januar 1896, nur diejenigen Verrichtungen, die ju dem Cisenbahnbetriebe als solchen im Gegensatz zu der ge— fahrlosen , nn, in den Bureaux beim Reinigen der Zimmer u. dgl. m. gehören, Auf Beamte, welche weder mit der Beauf—
sichtigung des Betriehes der Eisenbahn⸗Verwaltung betraut, noch den
Gefahren dieses Betriebes ausgesetzt sind, findet demnach das preußische Gesetz vom 18. Juni 1887, betreffend die Fürsorge für 3 . folge von Betriebsunfällen, keine Anwendung. — Der Zollbeamte H., bat gemäß 55 des Eisenbahnzollregulativs in den auf dem preußischen Staats- Bahnhof zu L. eingerichteten Zollabfertigungsräumen Dienst. Diese Räume waren von denen des Eisenbahn⸗Betriebsdienstes ge= trennt, und H. hatte lediglich die zollpflichtigen Güter in jenen Räumen von der Cisenbahn-Verwaltung in Empfang zu nehmen und für deren sichere Aufbewahrung bis zur Zollabferkigung Sorge zu fragen, insbesondere die Schiebethüren, durch welche die zollpflichtigen Gegenstände in jene Räume hinein. bezw. hinausbefördert wurden, zu verschließen. Bei dem Zuschieben dieser Thüären fiel einmal eine dieser Thüren auf H., verletzte ihn erheblich und machte ihn dienstunfähig. H. klagte gegen die Cisenbahn-Direktion auf Zahlung der durch das preußische Gesetz vom 18. Juni 1887 bestimmten Pension und erstritt in der Berufungsinstanz ein obsiegendes Urtheil. Auf die Revifion der Beklagten hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es begründend ausführte: „Zwar sollen nach der Begründung des Ent— wurfs zu dem Gefetze vom 18. Juni 1887 die Wohlthaten jenes Ge— setzes nicht bloß den eigentlichen Betriebs beamten, fondern auch allen Beamten, welche aus Anlaß der staatlichen bezw. polizeilichen Be⸗ aufsichtigung der reichsgesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Betriebe den Gefahren der letzteren gleichfalls ausgesetzt sind, zu gute kommen. Allein Kläger war nach der Art seiner Bef äftigung weder
mit der Heaufsichtigung des Betriebes der Eisenbahnverwaltung
betraut, noch den Gefahren dieses Betriebes ausgesetzt. (304595.
— Eisenbahn⸗Polizeibeamte, auch die einer Privat. Eisen⸗ bahn, gehören, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, JI. Senats, vom 21. September 1895, zu den im 17 Nr. 6 der Städteordnung für die östlichen Provinzen und 8 38 Nr. 6 der Städteordnung für Schleswig Holstein genannten Polizeibeamten und können demnach nicht zu Stadtverordneten gewählt werden, auch wenn das Maß der polizeilichen Funktionen der betreffenden Eisenbahn⸗ beamten ein geringes ist. (II. 1408.)
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Für nicht vermiethete, sondern von dem Eigenthümer bezw. Nutznießer selbst bewohnte oder sonst benutzte gr ten ist . § 15 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Jun 1891 das Einkommen nach dem Miethswert he zu bemessen. In Bezug auf diefe Be—⸗ stimmung hat das Ober, Verwaltungsgericht, IJ. Senat, durch Urtheil vom 14. Dezember 1895 ausgesprochen, daß der darin erwähnte Miethswerth nicht ohne weiteres mit dem ermittelten Gebäude⸗ steuer⸗Nutzungswerthe identifiziert werden kann, sondern daß der Gebäudesteuer⸗Nutzungswerth allenfalls nur als Änbalt für die Bemessung des Miethswerthes dienen darf. Der Gebäudesteuer Nutzungswerth ist ein Werth, der nach den Grundsätzen, wie er er⸗ mittelt wird, mit dem Miethswerth des § 13 a. a. D. keineswegs nothwendig kongruiert. Denn er wird, wie der § 6 des Gebäude⸗ steuergesetzes vom 21. Mai 1861 vorschreibt, nach dem mittleren jährlichen Miethswerth festgestellt und dieser letztere aus den durch—⸗ schnittlichen Miethepreisen gefunden, die innerhalb der dem Veranlä— gungtjahre unmittelbar vorangegangenen 19 Jahre bedungen werden sind. Um aber jedes Mißverständniß über die Bedeutung des Nutzungswerths für die Bemessung des Einkommens auß vom Eigenthümer selbst benutzten Gebäuden und der hiervon zu berechnenden Einkommensteuer auszuschließen, besagt der Art. 16 der Ausführungsanweisung vom 5. August 1891 noch ausdrücklich, daß, sofern die anderen daselbst bezeichneten Auskunftsmittel verlagen, zwar die behufs Veranlagung der Gebäude— steuer . Nutzungswerthe einen „Anhalt“ für die Bemessung des Miethswerihes gewähren können, bei Anwendung diefes Maß⸗ stabes aber zu beachten sei, daß die Schätzung zu Einkommensteuer⸗ jwedden den gegenwärtigen Miethswerth richtig treffen solle, der Gebãudesteuer · Nutzungswerth dagegen nach anderen Gesichtspunkten — theils nach den durchschnittlichen Miethspreisen eines vergangenen Zeitraums, theils mit Rücksicht auf den Umfang des zur Zeit der Veranlagung mit dem Gebäude verbundenen Grundhesitzes — fest⸗ gestellt werde. (II 1873.)
. Hat ein Kaufman n zum Zwecke des Gewerbebetriebs ein Recht für eine bestimmte Zeit erworben und die durch den Ablauf der Zeit eintretende Verminderung des Werths jenes Rechts bei der Bilanzziehung durch Abschre ib ung entsprechend berück— sichtigt, so ist, nach einer Entscheidnng des Ober ⸗Verwaltungsgerichts, M Senats, vom 13. Dezember 1895, diese den Handelsgewinn schmälernde Abschreibung auch bei der Veranlagung zur Ein— kommen steuer zu berücksichtigen. „Der Zensit unterliegt als Theilhaber einer kaufmännische Bücher führenden offenen Handels. gesellschfft sowohl den Bestimmungen des Allg. D. Handels⸗ . in Art. 28 bis Il, als auch denen des Einkommen teuergesetzes vom 24. Juni 18951 (6 14 und 8§ 9. Nach den erst⸗ genannten Bestimmungen hatte die Handelsgefellschaft in der Er— öffnungsbilanz auch den Werth des erworbenen Pachtrechts zu ver— zeichnen denn daß auch Rechte aufzuführen sind, ist zweifellos; es soll eben jedes Vermögensstück der Gesellschaft eingestellt werden. Der nach Art. 31 anzusetzende Werth zur Zeit der Bilanzaufnahme betrug unbestritten 27 302 M. Die Buchung dieses Betrags auf Kapital⸗ Konto unter den Aktivis, wie die Gesellschaft sie vor⸗ genommen hat, ist also durchaus zutreffend. Durch die Ab⸗ schreibung wird nun der Minderwerth zum Ausdruck gebracht, den das Pachtrecht deshalb erfährt, weil seine Lebeng⸗ dauer sich verringert. Ist ein solcher Minderwerth vorhanden, fo muß die Abschreibung von dem Buchwerthe zu dem Zwecke und bis dahin erfolgen, daß der Buchwerth mit dem wirklichen Werthe über— einstimmt; und daß das Objekt alljährlich weniger werth ist, je näher das Ende des Pachtkontrakts herankommt, daß also ein entfhrechender Theil der 27 302 M6 jährlich abzuschreiben ist, wenn die Jahresbilanz nach Art. 31 richtig sein soll, unterliegt keinem Zweifel. Danach fragt es sich, oh diese den Handelsgewinn schmälernde Abschreibung auch nach dem ECinkommensteuergesetze berücksichtigt werden darf. Dies ist auf Grund des 5 14 zu bejahen... (J. 33.)
Eine wegen defekten Zustandes nicht benutz bare Wohnung in einem Miethshause muß, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwal⸗ tungegerichts, II. Senats, vom 14. Dezember 1895, ebenso wie eine iethswohnung, deren Vermiethung nicht gelingt, bei der eranlagung des Eigenthümerg zur Ginkommensteuer außer Ansatz leiben. .... Der Vortderrichter irrt in dem Satze, daß es nicht auf den wirklichen Ertrag ankomme, sondern auf „den Werth“, der ei etwaiger anderweitiger Benutzung aus den fraglichen Liegenschaften . werden i . das Gegentheil ist richtig, umittelbar aus dem Gesetze hervorgeht, auch in der Judikatu feststeht. (II 1875. ö ö ö . ö
.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die deutsche äberseeische Auswanderung
über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sich . den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amts für ri 1896 und den gleichen Zeltraum des Vorjahres folgendermaßen:
Es wurden befördert im über 1896 1895 , 15345 1425 Hamburg . 875 900 andere deutsche Häfen (Stettin) 286 —
deutsche Häfen zusammen.. Tö6s 2375 501 636
113 69
— 6
überhaupt.. 6 IJ 356.
Aus deutschen Häfen wurden im März 1896 neben den vor— ö 2606 deutschen Auswanderern noch 10 859 Angehörige remder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 6533, Hamburg 3988, Stettin 39.
Mãrz
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Kott bus wird gemeldet, daß der Aus stand der Textil- arbeiter beendet ist und die Arbeiter in sämmtlichen Fabriken die Arbeit gestern wieder aufgenommen haben.
Au Dortmund wird der Rh. Westf. Ztg. berichtet, daß die dortigen Zimmerleute sich dem Ausstand der Schreiner ange⸗ schlofen haben.
In Bielefeld fand nach demselben Blatte am Sonnabend eine Versammlung der Fabrikanten Bielefelds und der Umgegend statt, in welcher die Gründung eines Vereins zur Abwehr unberechtigter Ausstände beschlossen wurde.
In Plettenberg (Reg. Bez. Arnsberg) haben die beim Bau des am Siesel zu errichtenden Elektrizitätswerks beschäftigten . am letzten Donnerstag wegen Lohnstreits die Arbeit ein⸗ gestellt.
In Stuttgart sind der „Köln. Ztg.“ zufolge die Maler gestern in , , K H
ter in Berlin hat, wie die Berliner. Volks. Ztg.“ berichtet, der gu ef en! der Maurer gestern begonnen. . der Voss. Ztg. zufolge, die Tabackarbeiter Berlins gestern wegen Nicht⸗ bewilligung ihrer Forderungen vom 29. März d. J. in den allge⸗ meinen, Ausstand eingetreten, an dem hauptsächlich Fabrikarbeiter betheiligt sind. Die Heimarbeiter haben sich nur in geringer Anzahl auf dem Ausstandsbureau gemeldet. — In eine Lohnbewegung ein⸗ getreten sind die Schuhmacher, Mechaniker und Drechsler.
Aus Verviers meldet W. T. B.“: Der Weberausstand hat sich gestern auf Dison ausgedehnt, wo 250 Weber sich dem Aus— stande angeschlossen haben. In Verviers und Umgegend ist die Lage seit Sonnabend unverändert. Die Zahl der Ausftändigen beläuft sich auf etwa 3090, einschließlich der 1060 Arbeiter, welche von der Simonis schen Fabrik entlassen worden sind, in welcher 350 Weber sih . Ausstande angeschloffen hatten; die Ruhe ist nicht gestört worden.
Auß Athen wird dem W. T. B.“ berichtet: Zweitausend Arbeiter der französischen Gesellschaft in Taur ibn sind in den Ausstand getreten. Et sind vereinzelte Ruhestörungen vor— gekommen, bei welchen mehrere Personen berwundet wurden. Rach einem Gerücht sollen sogar fünf Personen getödtet worden sein. Die Ausständigen blockieren die Bureaux der Gesellschaft und haben ein . in Brand gesteckt. Es ist Militär nach Laurion abgesendet
orden.
sunst und Wissenschaft.
Die philosophisch ⸗historische Klasse der Akademie der Wissen— schaften hat dem Privatdozenten an der Universität Marburg Dr. W. Jude ich zu einer archäologischen Reise nach Kleinasten die Summe von 1500 „ bewilligt.
= Im Ersten anatomischen Institut hierselbst wurde gestern der diesjährige Kongreß der deutschen angtomischen Gefell— schaft eröffnet. Den 31 führt der Geheime Medizinal⸗Rath Prof. 3 Waldeyer. Die Verhandlungen dauern bis zum mor— gigen Tage.
— Der Rektor der Technischen Hochschule in Dresden, Ge⸗ heime Hofrath, Professor Freiherr von Over ist, dem W. T. B.“ zufolge, gestern früh gestorben.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
. Spanien.
Durch Königliche Verordnung vom 13. d. M. ist für Herkünfte von Diu (Portugiesisch. Indien) Cholera⸗Quarantäne angeordnet worden. Alle Häfen, welche von Diu in gerader Linie nicht weiter als 165 km entfernt sind, gelten als choleraverdächtig.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Saatenstand in Preußen um die Mitte des Monats April 1896.
Nach den amtlichen Ermittelungen berechtigte der Stand der Saaten im Königreich Preußen um die Mitte des Monats April zu folgenden Erwartungen (Nr. 1: sehr gute, Nr. 2: gute, Nr. 85: mittlere (durchschnittliche), Nr. 4: geringe, Nr. 5: sehr geringe Ernte): Winterweizen 23, Winterspelz 24, interroggen 23, Klee (auch Luzerne) 2, z, Wiesen 2,5.
Erläuternd bemerkt zu diesen Zahlen die „Stat. Korr.“:
Der Umfang der Umpflügungen läßt sich zur Zeit noch nicht genau feststellen, wird aber bermuthlich nur ein geringer sein. Durch Auswinterung allein haben Weizen. und Roggensaaten nur ganz vereinzelt so gelitten, daß Umackerungen erfolgen mußten. Veranlaßt wurden letztere mehr durch den Schaden, welchen z. B. in den Re— gierungebezirken Merseburg und Erfurt die Mäuse, im Rheinlande, insbesondere im Regierungsbezirk Düsseldorf, Schnecken und Insekten während des vorigen Herbstes verursachten. In größerem Ümfange als die mit Wintergetreide bestellten Flächen werden die Kleeselder infolge des Mäusefraßes umgepflügt werden müssen.
Die Weizen und Roggensaaten sind im allgemeinen gut durch den Winter gekommen. Die warmen Tage im März haben ihre weitere Entwickelung sehr begünstigt. Nur aus dem Regierungs⸗ bezirk Danzig werden mehrfach, hier und da aus den Bezirken Han—⸗ nover, Hildesheim, Lüneburg, Cassel und Düsseldorf, ver—⸗ einzelt auch aus anderen Bezirken Auswinterungen gemeldet. Frühgesäter Winterroggen hat sich vielfach so üppig entwickelt, daß er durch Schafe überweidet werden mußte. Erst die rauhere Witterung der letzten Wochen brachte das zu starke Wachsthum ins Stocken. Später eingesäte Winterung hat vereinzelt unter dem Mangel an Schnee gelitten; doch wurden meist nur da, wo Schnecken., Insekten⸗ und Mäusefraß im Herbst größere Lücken verursacht hatten, Umpflügungen nöthig, welche einen im Ganzen nicht erheblichen Um— fang erreichten. Der Stand der schwach eingewinterten Roggensaaten wurde durch die niedrige Tagestemperatur und mehrfache Nachtfröste in den letzten drei Wochen nicht unwesentlich herabgedrückt.
Die Sommerungseinsagat wurde bei schöner Witterung Mitte März in höheren Lagen begonnen und. auf leichtem, durch⸗ lässigem Boden wesentlich gefördert, sodaß bereits viel Getreide aus- gesät wurde, welches jetzt, ebenso wie Erbsen, meist in gutem Auf⸗ gange begriffen ist. Auf schwerem Boden uf die Frühjabrs⸗ bestellung wegen der eingetretenen häufigen Nieder chläge E , ein⸗ gestellt werden, mußte auf undurchlaͤssigem Boden und in tiefen Lagen auch verschiedentlich der Nässe halber noch unterbleiben. Das Aus- legen der Frühkartoffeln ist deshalb noch nicht überall beendet. Streckenweise waren die Niederschläge sehr erwünscht, weil sie die mangelnde Winterfeuchtigkeit ersetzten und der drohenden Mäuseplage vorzubeugen geeignet waren.
Der Klee ist infolge der Trockenheit des Veorjahrg an vielen Orten lückenhaft aufgegangen, war stellenweise vollstaͤndig ausgedorrt und ist deshalb zum theil bereits im Herbst umgepflügt worden. In verschiedenen Kreisen von Ostpreußen, Posen, Schlesien, Sachfen,
Hessen⸗Nassau und einigen anderen Provinzen, hauptsächlich in den
Regierungsbezirken Bromberg und Merseburg, haben die Mäuse ie,, des Winters am Klee Schaden w sodaß zum 6 bereits erhebliche Umpflügungen stattfanden bezw. noch vorzunehmen sein werden. Im übrigen hat Klee und Luzerne den schneearmen, aber milden Winter meistens gut überstanden. Die Wiesen zeigen in weit größerer Ausdehnung als sonst zu dieser Zeit ein frisches Grün und in günstigen Lagen schon einen vor— züglichen Graswucht. Höher und weniger günstig gelegene kielt die 6 1 , zurück; tiefgelegene Wiesen . noch vielfach asser.
Sandel und Gewerbe.
Tägliche k für Kohlen und Koks an ger r be et en el wegn del g rn, uhr si .d. M. ö j gestellt keine Wagen. p 97 J In Oberschlesien sind am 18. d. M. gestellt 4352, nicht recht⸗
*
jeitig gestellt keine Wagen.
. Zwang s -⸗Versteigerungen.
Heim Königlichen Amtsgericht J Berlin standen am 20. April die nachbereichneten Grundstücke zur Versteigerung: Oder⸗ bergerstraße 40, dem Drechsler R. Bischoff gehörig; Fläche 3, 81 a, . 6500 M; für das Meistgebot von 100 500 4 wurde der Zimmermeister Carl Geppert, Prenzlauer Allee 222, Ersteher. — Stargard erstraße 15, der Frau Tischlermeister Auguste Kussin, geb. Kufsin, gehörig; Fläche 6,09 a, mit dem Gebot von 89 000 „e blieb der Kaufmann Edmund Schlicke, Rungestraße 18. Meistbietender. — Latz lerst raße 12, dem Kauf⸗ mann Paul Sch önb erg gehörig; Fläche 14,336 a; Rutzungswerth 19 650 „ ; für das Meistgebot von 261 000 4M wurden die Kommerzien⸗ Räthe und Verlagsbuchhändler H. u. A. P aetel zu Berlin Ersteher. — Eing estellt wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des Grundstücks Kremm enerstraße 15, dem Maurermeister F. Leppi en gehörig.
Nach der Hamb. Börsenh. ist die bedeutende Kaffee⸗ firma A. Tostel et fils in Havre insolvent. Dag Haus hat auch eine Niederlassung in Haiti. Die Verbindlschkeiten sollen neun Millionen Franken betragen. Näheres ist noch nicht bekannt.
Breslau, 290. April. (B. T. B) Getreide und beer . a n n,, . ö. 1100 9i Lexrkl. 50 M Ver⸗
rauchsabgaben pr. Apri „60, do. do. 70 MS. Verbr J pr. April 30, 80. ue ,,
Magdeburg, 20. April. (W. T. B. Zuckerber icht. Korn⸗ zucker erkl, von 92 0j0 13,55 — 13,70, Kornzucker exkl. S8 Rendement 13, 19 - 13,25, Nachprodukte erkl,, 75 ο Rendement 10 -= 10, 86. Ruhig. Brotraffinade 1 2625. Brotraffinade II 25.09. Gem. Raffsinade mit Faß 2475 — 26,25. Melis 1 mit Faß 2450. Fest. Rohzucker 13 Produtt Transito f. a. B. Hamburg pr. April 12,75 Gd., 12,825 Br.,
r. nn,, ,,, pr. ö . Gd., 13074 Br. pr.
ugu „12 bez. 13,175 Br., pr. Oktober ⸗Dezember 11,52 d., 11,95 Br. Ruhiger. . 4
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 21. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer Werra“ ist am 18. April 6 von New-⸗ Jork nach Genua abgegangen. Der Schnelldampfer Saale?“ ist am 18. April Vormittags von Rew⸗ York nach der Weser abgegangen. Der Reichs- Postdampfer „Barmstadt ist am 19. April Nachmittags in Colombo angekommen. Der Post⸗ dampfer München! hat am 20. April Nachmittags Do ver passiert. Der k „Graf Bismarck hat am 20. April Morgens die Reise von Oporto nach Bahia fort esetzt. Der Reichs Postdampfer Oldenburg“ ist am 19. April ee in Genua angekommen. Der Dampfer „Specialist'‘ ist am 20. April Morgens in Gravegend angekommen.
Rotterdam, 21. April. (W. T. B) Niederländisch⸗ Amerikanische Dampfschikfahrts - Ge sellsschaft. Ver Dampfer Spaarndam“ hat heute früh Lizard passiert.
Theater und Mufik.
ö Opernhaus. Gestern Abend setzte Herr Francesco d' Andrade sein Gast⸗ spiel in der Titelrolle der Mozart'schen Oper Don Juan fort, in welcher Partie nicht nur die schauspielerische Tüchtigkeit, sondern auch die reichen gesanglichen Ausdrucksmittel des Gastes besser als im „Tell! zur Geltung kamen. Allerdings empfing man auch diesmal den Eindruck, daß die Stimme hier weniger groß und ausgiebig erschien als früher im Kroll'schen Theatersaal, aber jedenfalls durchdrang sie voll⸗ tönend und warm den großen Raum. Das temperament⸗ volle und jugendlich bewegliche Spiel, das in dieser Rolle besonders uͤberzeugend wirkt, trug in Verbindung mit der künstlerisch edlen und feinfühligen Wiedergabe der jedem Hörer geläufigen Moart schen Weisen dem Sänger so stürmischen und andauernden Beifall ein, daß er sich zu einigen Wiederholungen verstehen mußte. — Nicht weniger als der Gast der Königlichen Bühne verdienen auch die übrigen mitwirkenden Sanger kräfte für ihre Leistun gen und das Ensemble Anerkennung. Frau Herzog ist durch das sympathische Timbre ihrer milden, aber nicht weschlichen sondern kraftvollen Stimme zur Mozartsängerin gleichsam prädestiniert; gestern zeigte aber auch Fräulein Rothauser sich gesanglich wie im Spiel als eine vortreffliche Zerline, und Fräulein Reinl fang die Partie der Donna Anna im Ganzen mit schönem Gelingen Herr Krolop ist als ausgezeichneter Leporello längst bekannt und gewürdigt und hält sich mit Glück auf der alten künstlerischen Höhe. Herr Nabal konnte als Oktavlo, was die Kraft und den Wohllaut der Stimme anbe⸗ trifft, völlig befriedigen; Herr Stammer als Komthur und Herr Schmidt als Masetto ergänzten förderlich das Enfemble. as Orchester stand unter der Leitung des Herrn Dr. Muck und entledigte sich seiner Aufgabe in bekannter mustergültiger Weife. Zen ral ˖ Theater.
Der beliebte Münchener Komiker, Königlich bayerische Hof⸗ Schauspieler Conrad Dreher brachte mit seinem Ensemble 6 jwei Stücke zur Aufführung, die ihm Gelegenheit boten, sein viel- seitiges Können in zwei verschieden gearteten Rollen zu dokumentieren. Das den Abend eröffnende einaktige Lustspiel Schloß Mont beliard- von H. Meilhac und L Halsvy ist hier unter dem Titel Nariensommer / aus den Gastspielen Friedrich Haase's, Tewele's u. A. bekannt. Es ist eine anmutbige, aber etwas ver— altete Plauderei, in welcher ein greifer Edelmann der Macht der Liebe erliegt. Der Münchener Gast splelte die feinkomische CLbgratterrelle mit der erforderlichen Würde und Wärme und fand in . Mizzi Maper eine Partnerin von natürlicher Anmuth und
egabung, Ri ihn aufs beste unterstützte. Auch die nachfolgende Posse in drei Akten von A. Reiter, Die beiden Afrikaner, bot in ihrem Inhalt nichts Neues. Herr Dreher spielte darin einen für die dramatische Kunst begeisterten Theaterfriseur, der für alle Lebenslagen ein Zitat aus Schiller's Dramen auf der Zunge hat, freilich in meist recht merkwürdiger Anwendung. Dieser Friseur ist genöthigt, einem Freunde zu Liebe, sich für einen Afrikarelsenden auszugeben. Auch in dieser Verkleidung weiß er sich bei den von ihm geforderten Schilderungen gfrikanischer Verhältniffe durch Aptierung von Theilen aus den Werken seines Lieblings- dichter? zu helfen, welche sich in afrikanischer Umarbeitung recht komisch ausnehmen. Die Leistung Dreher's in diefer Rolle war höchst lobenswerth und erweckte häufig stürmische Heiterkeit. Unter den übrigen Darstellern, die alle durchaus Gutes boten, find befonders hervorzuheben Herr Böhmert fowie bie Damen Rothe, Binder und Mijzi Mayer. Das Haus war gut befucht und recht beifallsfreudig. Als störend wurden die allzu langen . em⸗
pfunden; je flotter eine solche Posse zu Ende geführt wird, . erhöht sic ihre Wirkung. gefub ub, de o mehr