1896 / 95 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Apr 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Konzerte.

Die seit vielen Jahren in Berlin nicht mehr gern, Violin⸗ Virtuosin Fräulein Gabriele Wietrowetz erschlen am Sonn⸗ abend zum ersten Mal wieder in einem Konzert mit dem anden n cn Orchester in der Sing ⸗Akademie. Die ochbegabte Künstlerin spielte zunächst das D-moll Konzert für zwei Violinen von J. S. Bach in Gemeinschaft mit Herrn Professor Dr. Josef Joachim und feffelte fowohl in diesem wie auch in den weiter dargebotenen großen Violinwerken: dem D-dur⸗-Konzert eh 77) von J. Brahms und dem E-moll-Konzert (op. 64) vonF. Mendelssohn durch ihre unübertreffliche Beherrschung aller technischen Schwierig⸗ keiten und tiefempfindende Augdrucksweise. Zwischen den beiden Violinkonzerten ließ sich Miß Else Hall mit dem E-moll-Konzert von Chopin hören. Die Ausführung war korrekt und lobenswerth, doch wäre ein etwas temperamentvollerer Vortrag zu wünschen gewesen. Das Philharmonische Orchester, das im ersten Konzert unter Herrn Pro⸗ fessor Mannstaedt' s Leltung stand, während die folgenden Werke von Herrn , . Dr. Joachim selbst dirigiert wurden, bewährte auch an diesem Abend seine anerkannte Tüchtigkeit. Reicher, wohl⸗ verdienter Beifall lohnte allen Mitwirkenden.

Gestern veranstaltete im Saale der P⸗hilharmonie Herr Edouard Colonne, der bekannte und in Paris sehr beliebte Dirigent der dortigen populären Orchester⸗Konzerte, ein „französisches Konzert“. In den unter seiner Leitung von dem Philharmonischen Orchester ausgeführten Werken , Komponisten trat eine große Ge⸗ wandtheit in der Kunst, fein und effektvoll zu instrumentieren, , . hervor. Diesen Vorzug zeigte besonders die erste Nummer des Programms: die Ouvertüre zu „Phspre⸗ von Massenet. Die auch bei uns viel gespielte, inhaltlich freilich ziemlich triviale symphonische Dichtung „Le roust d'0mphale“ von St. Sans hätte leiser und zarter gespielt werden pürfen. Als Novität schloß sich hieran ein aus drei Sätzen bestehendes Werk

gontes d Avrile, das, bald den Holiblaseinstrumenten, bald der loline dankbare Stellen zuertheilend, einen großen Reichthum schöner 9 gef gie Melodien darbietet. Der Komponist desselben,

Widor, ist hier noch wenig bekannt. Drei Fragmente aus der hier öfter und erst vor kurzem wieder ur Aufführung gebrachten Damnation de Faust“ von Hector Hirlit von denen das „Sylphen⸗ Ballet‘ und der ungarische Marsch nach stürmischem Applaus wiederholt wurden, sowie Eduard Lalo's stets gern gehörte „Rhapsodie Norvégienne“ und die gleichfalls hier öfter mit großem Erfolge ausgeführte Symphonie Roma“ von Georges Bizet bildeten den Beschluß dieses interessanten Konzertes. Das zahlreich erschienene Publikum spendete der künstlerischen Wiedergabe dieser Werke durch das Phil⸗ ö Orchester unter dem energischen Dirigenten die lebhaftesten

Beifallsbezeugungen.

Im Königlichen Opernhause geht morgen Richard Wagner's Lohengrin“ unter Kapellmeister Dr. Muck's Leitung in Scene. Der Königlich bayerische Kammersänger Herr Heinrich Vogl gastiert in der Titelrolle. Im übrigen lautet die Be⸗ setzung: Elsa: Frau Pierson; Ortrud: Frau Götze; Telramund:

err Bulß; König; Herr Stammer; Heerrufer: Herr Fränkel.

n der heutigen Aufführung von Donztzetti's Lucia von Lammer— moor“ singt Fräulein Mary Howe aus New⸗York die Titelrolle; das ursprünglich angekündigte Auftreten der Signorina Prevosti als Lucia ist verschoben worden.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen eine Aufführung von Otto von der Pfordten's „18122 in folgender Be—⸗ setzung staft: Rapoleon: Herr Kahle, General Jork: Herr Molenar, Johanna: Frau Seebach, Luise: Frau von Hochenburger, Reichs⸗ freiherr vom Stein: Herr Grube, Rittmeister Hertling: Herr Purschian.

Im Theater Unter den Linden spielt Anne Judie morgen die „Niniche“; am Donnerstag gelangt „La Femme à Fepe zur Darstellung, am Freitag geht wieder Niniche“ in Scene. An allen Abenden singt Madame Judie zum Schluß ihre Chansonnettes. Für , ist die Erstaufführung des Vaudevilles „La Cigale“ angesetzt.

Im Konzerthause veranstaltet Kapellmeister Meyder morgen, Mittwoch, den letzten Komponisten⸗Abend“ dieser Saison. Die

Die Besetzung der Rollen für die diesjährigen Bavreuther Festspiele ist nunmehr bis auf diejenigen für den Siegmund und

den Siegfried erfolgt. Dieselbe weist nachstehende Namen auf: Brünn⸗ hilde: Frau Lehmann ⸗Kalisch (Berlin), Frau Gulbrandson (Christiania), Sieglinde: Frau Rosa Sucher (Berlin), Fricka: Frau Brema (Lon don, Erda und Waltraute: Frau Schumann ⸗Heink (Hamburg), Gutrune: Frau Reuß⸗Belee (Karlsruhe). Freya: Fräulein Weed (Berlin), Rheintöchter: Fräulein von Artner (Hamburg), Fräulein remdstad (Köln), Mime: Herr Breuer (Bayreuth), Wotan: Herr erron (Dresdenj, Loge: Herr Vogel (München), Alberich: Herr riedrichs (Bayreuth), Hagen: Herr Grengg (Wien), Fafner: Herr Imblad (Breslau), Fasolt: Herr Wachter (Dresden), Gunther: err Groß (Straßburg), Donner: Herr Bachmann (Nürnberg), unding: Herr Elmblad (Breslau), Herr Wachter (Dresden).

Mannigfaltiges.

Sogleich in die ersten Tage nach Eröffnung der Berliner Gewerbe⸗ Ausstellung 1896 fällt das große Fest der Kunstakademiker zur Feier des 200 jährigen Besteheng der Berliner Akademie der Künste, das, wie schon früher mitgetheilt, durch einen großen Festzug, welcher einem Festspiel im Theater und Volksbelustigungen in Alt⸗ Berlin“ vorausgehen wird, auf dem Ausstellungsgelände selbst ver⸗ herrlicht werden soll. Vertreter aller Schwester⸗Institute in Deutschland und der befreundeten Hochschulen, von denen zahlreiche Deputationen be⸗ reits angemeldet sind, werden in einer Art Blumenkorso den imposanten Zug eröffnen, dem sich dann zunächst Herolde, Musikkapellen, Fahnen träger u. s. w. anschließen werden. Der eigentliche Festzug zerfällt in sieben Gruppen; jede Gruppe hat einen großen an Fest⸗ wagen, auf welchem Künstlerinnen der ersten hiesigen Bübnen bei der Verkörperung der Idealgestalten mitwirken werden. Die Maler eröffnen den Zug und bringen in ihm von Apelles bis auf den heutigen Tag die großen Meister der Palette und des Pinsels aus allen . zur Darstellung. Die Bildhauer folgen in ähnlicher Weise und

üpfen bei Praxiteles an. Die dritte Gruppe bringt mit Modellen der größten Bauwerke aller Zeiten die Architektur zur Darstellung. Den Mittelpunkt der darauf folgenden vierten Abtheilung, eines großartigen Wagenzuges, des „Königszuges“, wird die Gestalt des Kurfürsten Friedrich III., des ersten preußischen Königs, mit seinem e,, bilden, der von den schönen Künsten, denen er in Preußen neue Wege geebnet, nach Berlin hinein geleitet wird. Volk aller Art schließt sich diesem Zug als fünfte Gruppe an, welcher dann als sechste die Phantasie“ folgt; in dieser Gruppe ist, ihrem Titel entsprechend, dem 8e ga n ginn unserer jungen Künstler voller Spielraum ewährt. Die siebente Gruppe endlich ist dem Humor überlassen. n dem Festzug sind mehr als tausend Personen betheiligt; nur ein Theil von ihnen wird in dem Festspiel im Theater mitwirken können, alle aber sind dann bei dem großen Volksfest in ‚Alt⸗Berlin“ betheiligt. Einen glücklicheren Rahmen für ein Spiel, dessen Zeit 200 Jahre zurückliegt, kann man sich schwerlich wünschen; denn man hat hier als Hintergrund den gewissermaßen wiedererstandenen wirklichen Schauplatz jener Vorgänge. Von dem großen Interesse welches man dem Fest entgegenbringt, zeugt übrigens die Thatsache, da von Kunstfreunden schon mehr als 8000 M zur Verfügung gestellt worden sind und daß ein einziger Berliner Förderer der schönen . 300 Karten bestellt hat, obwohl der . der Karte auf 20 M fest- gesetzt ist. Allerdings weist der Kostenvoranschlag für das Fest auch bereits die stattliche Summe von 40 000 S auf. Alt-Berlin“ ist an diesem Tage für das Publikum vollständig geschlossen und während des ganzen Tages den Kunstakademikern überlassen. Anmel dungen zum Eintritt an diesem Tage nimmt der Portier der Kunst⸗ Akademie, sowie der Direktor von Alt Berlin', Herr Kaufmann,

Thiergartenstraße 8 b, entgegen.

Der „Berliner Fröbel⸗Verein“ hielt gestern unter dem Vorsitz des Professors Pappenheim in Keller's Festsälen seine General⸗ versammlung ab. Der Verein hat, dem erstatteten Bericht zufolge, fortgesetzt im Sinne Fröbel's für die Jugend zu wirken gesucht. In den 6 Kindergärten wurden im letzten Jahre 3653 Kinder vereinigt, 254 davon allein in den 3 Volkskindergärten, deren Unterhaltung dem Verein 9000 M kostete. Die Stadt Berlin gewährte 4500 AM, der Staat 900 M Zuschuß. Sehr bewährt hat sich die neue Einrichtung, die Volkskindergarten auch während der Ferien geöffnet zu halten. Um den Lehrerinnen Urlaub gewähren zu können, wurden Vertreterinnen ein— gestellt. Insgesammt waren in den Kindergärten 9 Kindergärt⸗ nerinnen und 3 bis 5. Hilfskräfte thätig. Am stärksten besucht waren die Gärten im Mai und im November. Das Kindergärtnerinnen⸗ Seminar ist von 50 Schülerinnen besucht worden, von denen 38 ihr Examen abgelegt haben. Am diesjährigen Ostertermin haben 20 weitere Schülerinnen das Examen bestanden. Die Kindergärtnerinnenschule konnte 37 chülerinnen ent⸗ lassen, welche meist sofort bei 50 bis 60 Thaler Lohn Stellung ge⸗

funden haben. An der Berliner n, , ,,,. . sich der e

Verein durch Vorführung Fröbel scher Arbeiten, der Lehrmethode, der Literatur u. s. w. betheiligen. In den Tagen vom 6. bis 8. Seytember wird im Chemiesaale des Aucsstellungegebäudes der Deutsche Fröbel, verband, welcher 16 Vereine umfaßt, k Kongreß abhalten, au dem u. a. auch das Verhältniß des Kindergartens zur Schule erzrter werden soll. Schul ⸗Inspektor Stier hielt zum Schluß einen Vor,

trag über Goethe's Mutter.

Posen, 21. April. Nach einer der ‚Posener Zeitung“ aug File hne zugegangenen amtlichen Mittheilung ist gestern Vormittag ot Uhr auf der im Bau begriffenen Strecke Rogasen Dratzi ein Arbeiterzug entgleist, wodurch drei Arbeiter getödtet und dre Arbeiter verletzt wurden. Die „Posener Zeitung“ fügt hinzu, daz Unglück sei infolge falscher Weichenstellung von unberufener Hand erfolgt.

Stuttgart. Die 37. Hauptversammlung des Vereinz deutscher Ingenieure findet in der Zeit vom 8. bis 10. Juni d. J. in Stuttgart statt. Außer den laufenden Vereinsgeschaͤften stehen a. a. auf der Tagesordnung des ersten und zweiten Tages: Er⸗ örterungen über das metrische Gewinde, über die Unterrichtsdauer an Werkmeisterschulen, ein Antrag auf Aussetzung eines Preises von 3000 für die beste Arbeit über die Frage der Gesundheitsschädlichkeit dez Kohlenrauchs“, ferner ein Antrag zur Betheiligung des Vereins an der Klarstellung der Frage, woher es kommt, daß Flußeisen, besonderz Thomags - Flußeisen, der Zerstörung durch Rost weit mehr unterliegt als Schweißeisen, und ob die Technik über Mittel verfügt, welche das Flußeisen auf die Dauer gegen das Rosten ebenso zuverlässig schützen, wie sich das Schweißeisen durch seine ihm eigenthümliche Zusammensetzung dem Roste gegenüber erhält. Der dritte Tag ist für Vorträge bestimmt. w

Hamburg, 20. April. Heute Abend fand im hiesigen Hafen ein Zusammenstoß zwischen dem Dampfer California“ der Hamburg⸗Amerika⸗Linie und dem englischen Kohlendampfer ‚Tyne⸗ mouth? statt. Ersterer wurde am Bug, letzterer am Heck schwer beschädigt. Der auf der Ausreise begriffene Dampfer California“ mußte docken, der Tynemouth“ wurde auf den Strand gesetzt.

Triest, 20. April. W. T. B.“ meldet: Im Laderaum dez Freihafens geriethen Baumwollballen in Brand. Die Lösch— arbeiten sind im Gange.

London, 20. April. Nach einer bei Lloyds eingetroffenen Nach— richt aus Greenock ist der Dampfer Marsden“ mit ein— gestoßenem Bug dort angekommen. Derselbe kollidierte gestern unterwegs mit der Bark „Firth of Solray“, welche am Iz. April nach Dunedin absegelte. Die Bark ging unter; 13 Mann, die Frau des Kapitäns und deren Kind ertranken; der Kapitän und acht Mann wurden gerettet.

Paris, 20. April. Der Gemeinderath von Paris genehmigte im Prinzip eine Schmalspurbahn durch die Hauptstadt und erheilte ferner die Konzession zum Bau einer unterirdischen Tunnelbahn zwischen dem Bois de Vincennes und dem Boigz

de Boulogne nach dem System Berlier.

Moskau, 21. April. Als sich der dem Großfürsten Sergius attachierte General Stepanow heute auf einer Ausfahrt befand, gingen die Pferde des Wagens durch. Der General wurde aus dem . und am Kopf erheblich verletzt; sein Zustand ist gefährlich.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Amsterdam, 21. April. (W. T. B.) Dem „Handels⸗ blad“ wird aus Batavia telegraphiert: Die drei wichtigsten Posten Toenkoeb, Tjotrang und Gloempang in der östlichen Befestigungslinie von Atjin sind entsetzt worden. Dabei wurden vier Soldaten getödtet, ein Offizier und 43 Soldaten verwundet.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Werterbericht vom 21. April, 8 Uhr Morgens.

eratur sius 40 R. 1

Wind. Wetter.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp red. in Millim T in o Cel 56 G.

SW bedeckt halb bed. Regen 775 bedeckt 771 ill wolkenlos

en, ; 766 ill heiter oskan.. 774 wolkenlos

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der Teufel.

774 halb bed. 773 O heiter Cr . wolkenlos ylt 776 bedeckt!) gn 6 Nebel winemünde 776 bedeckt Neufahrwasser 775 Dunst Memel 1773 bedeck?) per J 3 wolkenlos ünster.. 774 O Nebel Rarlsruhe. 772 wolkenlos Wiesbaden. 773 N wolkenlos 770 bedeckt) 774 Nebel 775 Nebel) 771 still halb bed. 773 NNO bedeckt?)

Ile dM , Ss ig.... 767 O wolkenlos 9 4 J wolkig 160 Thau. Reif. 3) Reif. 9) Gestern Regen.

.

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Max Halbe.

Uebersicht der Witterung. Ganz Europa wird von einem Hochdruckgebiet über⸗

deckt, dessen Kern über dem südlichen Nordseegebiet Das Glück im Winkel.

Winde. In Deusschland ist das Wetter theils heiter, theils neblig und kalt; in den südlichen Gebiets—⸗ theilen ist allenthalben Regen gefallen, am meisten, 13 mm, zu Chemnitz; an der Küste liegt die Tem⸗ Lautenburg.

unter dem Mittelwerth. Deutsche Seewarte.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern- haus. 102. Vorstellung. Lohengrin. Romantische Oper in 3 Atten von Richard Wagner. In Scene Hie vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dekorative inrichtung vom Ober⸗Inspektor Brandt. Dirigent: Kostümen, Deforationen und Requisiten: Der Kapellmeister Dr. Muck. (Lohengrin: Herr Heinrich Hungerleider. Ausstattungs⸗Komödie mit Gesang

Vogl, Königlich bayerischer Kammersänger aus Abend, unter freundlicher Mitwirkung der Kom⸗

München, als Gast.) Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 108. Vorstellung. 1812. Schau⸗ Idee des Mark Twain.

spiel in 5 Aufzügen von Otto von der Pfordten. In Scene gesetzt von Julius ĩ, In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Herr Kapellmeister Winns. An Donnerstag und folgende Tage: Donnergtag: Opernhaus. 103. Vorstellung. Robert leider. 2 Große Oper in 5 Akten von Mever⸗ ö ö Cort. Queens beer. Nach dem Französischen von Seribe und , 9 63 Hell. Ballet von. aul Caglieni. An ang 9. Theaters. Nachruhm. Lustspiel in 4 Akten von Schauspielhaus. 109. Vorstellung. Othello, der y; Mohr von Venedig. Trauersplel in 5 Aufzügen Robert Misch., In Scene gesetzt von Carl Schön. von William Shakespeare. Uebersetzt von Wolf Graf Baudissin (Schlegel ⸗Tieck ). Anfang 75 Uhr. Theaters. Nachruhm. Freitag: Privat ⸗Vorstellung zu wohlthätigem

Deutsches Theater. Mittwoch: Hamlet. Zweck. ö

Theater Unter den Linden. Direktion: Julius Fritzsche. Gastspiel Anne Judie mit Gesell⸗ Freitag: Jugend. schaft. Direktion: Theodore de Glaser.

Anfang 71 Uhr.

Anfang 743 Uhr. Donnerstag: Zum ersten Male: Jugend von

. Donnerstag: König Heinrich. wolkenlos 12 Freitag (51. Journalisten.

Lessing - Theater. Mittwoch: Gastspiel von ) Nachts Regen. . Das Glüct im Winkel. nfang r.

Residenz Theater. Direltion Sigmund Mittwoch: Hotel zum Freihafen. veratur bis zu 5, im Binnenlande bis zu 7 Grad (L' MHGtel du Kinpre Echange.) Schwank

) in 3 Akten yon Georges Feydegu, übersetzt und bearbeitet von Benno Jacobson. Anfang 75 Uhr.

Theater. .

Mittwoch: Mit großartiger

feld. Anfang 71 Ubr.

Abonnements ⸗Vorftellung): Die Donnertztag: Gastspiel Anne

Mittwoch: Gastspiel des

Friedrich Wilhelmstüdtisches Theater. Chausseestraße 25 26. Ausstattung an

und Ballet in 10 Bildern von Jullus Keller und . Louis Herrmann, mit theilweiser Benutzung einer ponisten Herren: Fink, Kleefeld, Schulz Mustt von Louis Roth. Schwerin, Wagner, Ziegler und der Konzert- ritzsche. Dirigent: sänger Herren v. Humalda und Lichteustein.

ang 77 Uhr.

Neunes Theater. Schiffbauerdamm 4. / 6. Mittwoch: Ensemble⸗ Gastspiel des Berliner

Donnerstag: Ensemble⸗Gastspiel des Berliner

schaft. La Femme à Papa.

Adolph Ernst⸗ Theater. Mittwoch: Das flotte Berlin. Große Ausstattungs⸗Gesangsposse

Donnerstag: Gastspiel von Friedrich Mitterwurzer. in 3 Aften von Leon Treptow und Ed. Jacoßbfon. Kuplets und Quodlibets von Gustav Görß. Musik

liegt. Die Luftbewegung ist überall schwach nur Freitag: Gastspiel von Friedrich Mitterwurzer. über der Alpengegend wehen frische nordöstliche Das Glück im Winkel. En d urn fte e r m lie nel uren dalbb

Donnerstag: Das flotte Berlin.

Donnerstag und folgende Tage: Hotel zum Frei⸗Montbeliard. Hierauf: Zum dritten Male:

Die beiden Afrikaner. Anfang 71 Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Konzerte.

Konzert Haus. starl Mender ˖ Konzert. Mittwoch: Letzter Berliner FKomponisten⸗

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Vera von Gonzenbach mit Hrn. Lieut. Ewald Frhrn. von Kleist (Schloß Buonas, Schweiz Berlin). rl. Helene Krause mit Hrn. Rittergutsbesitzer Friedrich Schöler (Heyers⸗ dorf Hinzendorh.

Verehelicht: Hr. Pastor Christian Brodersen mit Frl. Helene Walbaum (Arrild). Geboren: Gin Sohn: Hrn. Carl von Hackewitz (Weilburg). Hrn. Prem. -Lieut. von Pressentin (Gumbinnen). Hrn. . Friedrich Hartte (Eggenstert) Eine Tochter: Hrn. Regie⸗ rungs⸗Assessor Theodor Lucke (Posen). Hrn. Regierungs-Assessor Biesenberger (Stuttgart). Hrn. Benno von Loefen (Brooklyn, Amerika). Hrn. RegierungsBaumeister Brosche (Ratibor).

Der Hunger⸗

ittwoch: Niniche. Vaudevil 6rett 6 e , , , , ,,,,

Berliner Theater. Mittwoch: Fönig Hein. 3 actes de M. Hennequin et. A. Mijslaud. Musique de M. A. Boublard. Chansonnettes,

Mh. 1 ö ri Anfang, . Uhr gesungen von Anne Judie. Chef d' Orchestre: Mr. F. C. Rosensteel. Anfang 73 Uhr.

Palmas). Frl. Meta von Heydebreck (Berlim. 3 Fabrikbesitzer Carl Ruthenberg (Berlin).

r. Geheimer Rechnung, Rath Tassilo von Mach (Berlin). Hr. Ingenieur Balduin von Heyde⸗

, nn, brand u. d. Lasa (Berlin).

Chansonnettes.

m

Verantwortlicher Redakteur: Sie menroth in Berlin.

Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Anstalt Berlin sW., Wilhelmstraße Nr. 32. Neun Beilagen leinschließlich Börsen⸗Beilage),

Bentral Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. sowie die Inhaltsangabe zu Nr. G6 des o enn

Conrad Dreher lichen Anzeigers (Ccommanditgesellschaften

Ensembles vom Münchener Gärtnerplatz Theater. Aktien und Äktiengesellschaften) für die Wo Conrad Dreher a. G. Zum dritten Male: Schloß

vom 13. bis 18. April 18968.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagk⸗

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger * 25. Berlin, Dienstag, den 21. April 1896. ——

Dentscher Ieichstag.

72. Sitzung vom 20. April 1896, 1 Uhr.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestri Nummer d. Bl. ang g. in ö

Bei der Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschafken sprechen sich noch die Abgg. Dr. Hamm acher (nl.), reiherr von Stumm (Rp.), Fuchs (3) und Dr. Osann inl— gegen den (gestern bereits mitgetheilten) Antrag Schneider, betreffend Fesisetzung einer Strafe in Höhe von höchstens 30 Mt, aus.

S. 45a wird unverändert unter Ablehnung des Antrags Schneider angenommen.

Gegen § 145 erklärt sich der

Abg. von Podbielski (okons.). weil damit über das Ziel der Vorlage hinaus gegangen werde. Man könne den Konsumvereinen verbieten, in ihrem Laden an Nichtmitglieder zu verkaufen. Aber warum sollten die verkauften Waaren nicht weiter verkauft werden? Solle ein Konsumverein nicht unmodern gewordene Waaren, die er , seine Mitglieder nicht mehr absetzen könne, anderweitig verkaufen

nnen?

Abg. Fuchs (Zentr.): Es soll doch derjenige bestraft werden, der das gewohnheits⸗ oder gewerbsmäßig thut; ö. eine solche Be⸗ stimmung würde die Vorlage gar keinen Werth haben.

Die Abgg. Freiherr von Stumm und Dr. Hammacher er— klären sich für den Beschluß der Kommission, den

Abg. von Podbielski nochmals bekämpft, weil er die Mit— glieder der Konsumvereine in der Verfügung über das vom Konsum— verein erworbene Eigenthum behindere.

Abg. Pr. Schneider (fr. Volksp.): Wer gewerbs- oder ge⸗ wohnheitsmäßig Waaren vom Konsumverein entnimmt und ver— äußert, wird wegen Gewerbesteuerkontravention bestraft und soll hier nochmals bestraft werden. Es ist zu verwundern, daß die Regierungs⸗ vertreter dieser Bestimmung gegenüber sich so kühl verhalten.

S 145 b wird gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten sowie einiger Konservativen angenommen. § 145 wird ohne Debatte genehmigt.

Nach Art. 2 sollen die Bestimmungen auf die Konsum— anstalten größerer Werke für ihre Beamten und Arbeiter, . auf Vereinigungen, welche ihren Mitgliedern beim

ejug von Waaren Vortheile verschaffen wollen, insbesondere a auf Beamten⸗ und Offiziervereine sinngemäße Anwendung nden.

Abg. Freiherr von Stumm beantragt hinzuzufügen: „Jedoch ist es den Konsumanstalten und Vereinigungen der bezeichneten Art ge= stattet, in ihren Speiseanstalten Waaren züm alsbaldigen persoöͤnlichen Verbrauch auch an Dritte abzugeben.“

Der Antragsteller empfiehlt den Artikel 2 mit seinem Antrage, weil es eine Ungerechtigkeit wäre, die anderen Vereinigungen, welche den Konsumvereinen gleichstehen, anders zu behandeln als diese, nur weil sie eine andere rechtliche Gestaltung hätten.

Artikel ? wird mit dem Antrage des Abg. Freiherrn von Stumm angenommen.

Auf Antrag des Abg. Freiherrn von Stumm wird ferner der Ausführungstermin auf den 1. Januar 1897 fest— gesetzt.

Die Kommission hat endlich folgende Resolution vorgeschlagen:

Den Reichskanzler zu ersuchen, Anordnungen dahin treffen zu wollen, daß die Ueberlassung von im Eigenthum des Reichs befind— lichen Gebäuden oder Theilen derselben an Konsumvereine oder Konsumanstalten und ebenso auch die Besorgung des Waarenverkaufs, der Buch⸗ und Kassenführung in solchen Vereinen und Anstalten durch im Dienst des Reichs stehende Beamte, künftighin im wesentlichen auf Veranstaltungen zur Abgabe von Gegenftänden des al'baldigen Verbrauchs an die in Betriebsanlagen des Reichs be— schäftigten Arbeiter und Beamten beschränkt bleibe.

Diese Resolution wird angenommen.

Darauf folgt die Verlesung der folgenden Inter— pellation der Abgg. Bachem (Zentr.) u. Gen.:

Hat der Herr Reichskanzler Kenntniß von den in letzter Zeit vorgekommenen Zweikämpfen, bei denen insbesondere Milstär⸗ personen betheiligt waren? Ist dem Herrn Reichskanzler bekannt, ob und welche Maßregeln zur Verhütung dieser Zweikämpfe getroffen waren? Welche Maßregeln gedenkt der Herr Reichskanzler zu ergreifen, um in Zukunft den gesetzwidrigen und das allgemeine Mechtsbewußtsein schwer verletzenden Zweikaͤmpfen wirksamer wie bisher entgegenzutreten?

Nachdem der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher erklärt hat, daß er sofort nach der Be—⸗

ründung die Interpellation beantworten werde, erhält das

ort zur Begründung derselben

Abg. Dr. Bachem (Zentr.); Seit langem haben Ereignisse nicht so sehr die öffentliche Meinung beschaͤftigt, erregt und er— bittert wie diejenige Reihe von Duellen, deren Zeugen wir in der jüngsten Zeit gewesen sind. Zweikämpfe sind ja seit alter Zeit im deutschen Vaterlande bekannt. Die Vertreter von Recht und Sitte haben sich dagegen erklärt. Gegenüber den Zweikämpfen hat sich aber der Reichetag zurückgehalten, wahrscheinlich in der Hoffnung, daß die Macht der öffentlichen Meinung, daß die christliche Idee rascher zu dem Ziele führen würden, die Zweikämpfe auszurotten, als aufregende Debatten. Aber wenn das Uebel so groß geworden ist, dann hört die Rücksicht auf, dann müssen die Vertreter des deutschen Volkes, welche nicht bloß an der Gesetzgebung, sondern auch an der Sorge für die Durchfübrung derselben betheiligt sind, ihre Meinung kundgeben. Die Duelle beruhen auf einem Widerspruch gegen die christliche Religion und auf einem Widerspruch mit der posütven Gesetzgebung, weil gewisse Kreise das Recht zu haben glauben, ihre Standes vorurtheile durchzusetzen gegenüber den positiven Vorschriften der Religion und der Gesetze, weil sie glauben das Recht ju haben, diese Anschauungen auch anderen Kreisen aufzudrängen. Dagegen haben sich mehr und mehr die Stimmen ernster Männer erhoben. Ich will nicht auf Das hinweifen, was aus den Reihen meiner Freunde geschehen ist; es mehren sich auch die Stimmen aus den Kreisen der protestantischen Geistlichen, welche Widerspruch erheben gegen die Duelle. Ich weise hin auf die zahi— reichen ernsten Worte, welche an dem Grabe von Männern, die im Duell gefallen sind, gesprochen sind. Ich weise Sie hin auf die Stellungnahme einer e e ,, welche für den Kreis solcher Leute bestimmt ist, die fonst dem Duell huldigen, auf die Adels r , Es soll eine Instanz geschaffen werden, welche ie Chrenhändel schlichtet, eine Instanz, der sich jeder unterwerfen muß, und wer sich di . nicht unterwirft, soll nicht beanspruchen dürfen, elne Döhere Chre zu haben als andere deute. Gin Mann, der augenscheinlich berufen ist, diese Absicht zu interpretieren, hat sich im „Deutschen Adelslatt! dahin aus—

gesprochen, daß die prinzipielle Verwerfung des Duells als eine an berechtigte Handlung zu betrachten ist, durch welche die Ehre 66 Betreffenden in keiner Weise leidet. Selbst das, Militärwochenblatt“ hat Grundsätze entwickelt, welche in ihren Konsequenzen ebenfalls zu einer unbedingten Verwerfung des Duells führen und zur Anerkennung des christlichen Sittengesetzes führen müssen. Diefe Entwickelung der öffentlichen Meinung ist um so erfreulicher, als Schwierigkeiten und Hindernisse dem entgegenstehen. Ich will darauf hinweifen, wie auf den Universitäten von den, maßgebenden Behörden nicht diejenigen Korporationen in erster Linie geschützt werden, welche auf dem Bowen des Rechts stehen. Es werden gerade die Korporationen bevorzugt, welche ohne das Duell nicht auskommen zu können glauben, welche sogar etwas mehr sein wollen, weil sie sich dem k unter⸗ werfen. Manchmal wird ernsthaft vorgegangen gegen die Duelle, aber bald kommen auch Rektoren, welche nicht so ernfthaft vorgehen, ja, es werden diejenigen Verbindungen offensichtlich zurückgestellt, welche das Duell verwerfen. Es ist erfreulich, wenn alle jungen Leute, welche dazu in der Lage sind, zu Reserve · Lieutenants ba er werden; aber aus dem Reserve⸗Offtzierswefen darf nicht folgen, daß die gesunden Anschauungen des bürgerlichen Lebenz durchsetzt werden mit ungesunden Anschauungen, welche aus dem Offiziers⸗ leben hergeleitet werden. Ich darf auf die Verhandlungen in Bayern hinweisen, wo es getadelt worden ist, daß jemand nicht zum Reserve— Offizier befördert wird, weil er einer Verbindung angehört, welche die Duelle verwirft. Bei uns ist das nicht in zahlreichen Fällen beobachtet worden; wenn einzelne Regiments-Kommandeure anders verfahren sind, so entsprach das nicht den Absichten der Militär—⸗ verwaltung. In dem jüngsten Duell glaubt man einen Rückschlag gegen diese Anschauung zu erblicken. Gegen einen solchen Rückschlag muß entschieden protestiert werden. Die Presse aller Parteien hat Anlaß genommen, sich gegen die Duelle auszusprechen. Leider hat ein kleiner Theil der Presse diese Dinge auf eine Weise behandelt, welche auf eine Glorifikation der Duelle hinausläuft. Aber dieser Theil der Presse steht nicht hoch in der Achtung der Oeffentlichkeit. Die Presse hat eine gewisse Mitschuld an den Duellen, weil sie die Privatverhältnisse, welche zu den Duellen führen, in einer Weise bespricht, welche nichts nutzt, aber derwirrend auf das Volk wirken muß. Solche pikanten Dinge sollten vollständig aus der Presse verschwinden. Die Presse soll gegen die Duelle Stellung nehmen, aber nicht private Ver— hältnisse aus Skandalsucht in die Oeffentlichkeit zerren. Der Wider« spruch zwischen den Anschauungen gewisser Kreise und dem Christen« thum muß aus der Welt geschafft werden. Das erste der Duelle war der Fall Ketelhodt Zenker. Wenn die Ehre des Einen in dem zartesten Punkte verletzt ist, können dann nicht die Chrengerichte so ein gerichtet sein, daß für diesen die Sühne erlangt wird, daß er nicht zur Waffe greift? Ich tadele es nicht, daß der Mann feine persönliche Chre höher stellte als das Christenthum. Christus hat uns diefes Beispiel nicht gegeben. Die Pflichterfüllung, die wir verlangen müfsen, wird durch die heutige Gestaltung der Ehrengerichte nicht genügend erleichtert. Und nun der Ausgang des Duells! Derjenige, deffen Ehre verletzt wurde, wird erschossen, und der Schluß ist nichts als eine ver— hältnißmäßig geringe Strafe, die demjenigen zu theil wird, der an allem Unrecht Schuld hat. Das zweite Duell ist das Duell Kotze⸗ Schrader. Ich möchte nicht verletzend wirken; wir 6 dahin streben, daß nach gewisser Seite die Meinung erweckt wird, daß eine Aenderung eintreten muß. In dieses Duell haben die Staatsanwaltschaft, das Zivilgericht und verschiedene Ehren⸗ gerichte eingegriffen, und trotzdem mußte die Sache durch die istole zum Austrag gebracht werden. Das Duell war schon Tage vorher bekannt, jeder wußte, daß die schwersten Bedingungen gestelt waren. Und was haben die Behörden gethan? Sind Sie sicher, daß Herr von Kotze bestraft wird? Jetzt heißt es, er sei verreist. Hätte die. Staatsanwaltschaft nicht aufpassen können, daß dieser Mann nicht der Gerechtigkeit sich entzieht, wenn die Reise den Zweck hatte, ihn der Gerechtigkeit zu entziehen? Was soll geschehen, um derartigen Dingen vorzubeugen? In erster Linie haben wir die Organi⸗ sation und die Thätigkeit der Ehrengerichte ins Auge zu fassen. So, wie sie heute bestehen, sind sie nicht immer und unter allen Ümständen geeignet, Duelle zu verhindern. Dann müssen andere Einrichtungen geschaffen und muß auf andere Maßregeln gesonnen werden. ie militärischen Ehrengerichte sprechen Recht, um die Standesehre des Einzelnen und des ganzen Standes zu wahren, aber sie sprechen nicht Recht unter den Parteien; sie sind kein Forum, vor welchem beide Theile sich zu verantworten und dem beide sich zu unterwerfen haben. Sie schützen unter Umständen die Standesehre nicht bloß dann, wenn das objektive Recht dem nicht entgegensteht, sondern auch im entgegen gesetzten Falle. Ein Ehrengericht ertheilte Einem, der das Duell verweigerte, eine Verwarnung, also dafür, daß er den Vorschriften des Christenthums folgte. Ja, es heißt, daß der Spruch eines Ehren gerichts direkt das Duell Kotze Schrader veranlaßt habe; dieses Ehren- gericht ließ Herrn von Kotze als Ehrenmann bestehen, und dadurch wurde das Vuell nothwendig. Das ist ein Widerspruch, unverständlich für jeden, der in der christlichen Anschauung aufgewachsen ist. Wir müssen eine andere Institution suchen; die jetzigen Ehrengerichte sind durch Kabinetsordre Seiner Majestät eingeführt worden; ich will in diese Prärogative nicht eingreifen. Aber es wird zu prüfen sein, ob eine andere Einrichtung geschaffen werden kann, welche diese Ehren—⸗ gerichte ergänzt. Denn die Ehrengerichte sind nicht allein für die Offiziere des Landheeres und der Marine nothwendig, sondern auch für die Kreise der Studenten. Unser Strafgesetzbuch verweist das Duell in einen besonderen Abschnitt, es hält die Festungshaft als Strafe für nöthig. Aber diese Strafe hält durchaus nicht von den Duellen ab. Wenn das Aergerniß so groß geworden ist, wie es jetzt ist, dann muß das Strafgesetzbuch geändert werden, dann genügt nicht mehr eine custodia honesta, sondern eine strengere Strafe, ja es muß die Zuchthausstrafe eingeführt werden, wenn besonders häßliche Um⸗ stände vorliegen. Die Behandlung des Duells im Strafgesetzbuch ist eine Begünstigung, eine Privilegierung gewisser herrschenden Kreise. Wenn die Bestrafung ersolgt ist, so hat sich der Eindruck fühlbar gemacht in weiten Volkekreisen, als ob man das Duell garnicht als einen Rechts bruch betrachtet. Man hat vorgeschlagen, daß der⸗ jenige, welcher sich ohne weiteres über das Gesetz stellt dadurch, daß er ein Duell annimmt, drei oder fünf Jahre keine obrigkeitliche Stellung einnehmen, nicht Offizier sein, auch nicht Parlamentarier sein darf. Freilich gehört zur Beseitigung der Duelle auch eine schwere Bestrafung für die Beleidigung, Die . der Ge⸗ richte hat dahin geführt, daß für Beleidigungen Strafen ausgesprochen ind, welche feiner organisirte Naturen nicht befriedigen können. ch verstehe die Praxis der Gerichte nicht, daß sie in dieser Be—⸗ ziehung nicht bis an die äußerste Grenje des Zulässigen geht. Selbst bei den schwersten Beleidigungen urtheilen die Gerichte ver⸗ hältnißmäßig milde. In England giebt es ja kolossale Strafen für Beleidigungen, daß auch die empfindlichsten Naturen damit zufrieden sein können. Wenn etwas erreicht werden soll, so wird der Anstoß von oben kommen müssen, wie der Anstoß in England von oben gekommen ist. Ich will die englischen Vorgänge . eingehend erörtern, weil sie allen Theilen genügend bekannt sein sollten. Damals war in England die Situation dieselbe wie jetzt bei uns; die Duelle erregten durch ihre geße Zahl den öffent⸗ lichen Unwillen. (Redner 3 auf Martin's Biographie des Prinz⸗ Gemahls hin.) Friedrich der Große, ein Mann, der doch auch guf die Mannhaftigkeit und Kriegstüchtigkeit seiner Offiziere hielt, hat scharfe Mandate gegen die Duelle erlassen. (Redner verliest einige

Stellen aus einer Kabinetsordre von 1757, wonach Duellante . dingt aus der Armee entfernt werden sollten.) 9 spãtere ei e. orde von 1828 ist zu stande gekommen unter der Mitwirkung derjenigen Leute, welche in den Feldzügen von 1813 bis 1815 zum Ruhm des Vaterlandez bei etragen haben. Durch zweckmäßige Be—= handlung der EChrensachen sollten die Chrengerichte die Duelle verbannen. Auch die Kabinetsordre von 1841 bestellt die Ehrengerichte als Schieda= richter, welche die Ehrenhändel vollständig erledigen sollten. Bie heute geltenden Bestimmungen sind ganz anderer Ärt. Hie Ehrengerichte fällen heute Urtheile, welche nicht erkennen lassen, daß es ihre Aufgabe ist, die Duelle zu verhindern. Wir müssen in Verbindung mit den verbündeten Regierungen eine Besserung herbeizuführen versuchen. Eine Besserung auf einem solchen Gebiet, wo lange eingewurzelte Standesvorurtheile mitsprechen, wo ein gewisser gesellschaftlicher Zwang mitwirkt, kann nur in einem günstigen Augenblick erfolgen. Sollte der Augenblick nicht günstig sein, wo von einem Diener der protestantischen Kirche an einem Grabe so ernste Worte gesprochen find, denen ich mich als Katholik vollständig anschließen kann? (Redner verliest die Worte des Geist⸗ lichen am Grabe des Freiherrn von Schrader) Die Worte haben auf die ganze Trauergesell chaft einen gewaltigen Eindruck gemacht: ein Beweis dafür, daß auch diese Kreise, die sonst für Duelle eintreten, ihr Gewissen schlagen fühlten. Sie haben gefühlt, daß ein Prinzip, welches eischütternden Ereignissen gegenüber nicht aufrecht erhalten werden kann, kein richtiges Prinzip sein kann. Da muß man eine Aenderung herbeiführen. Nicht der Staat hat zu verfügen, sondern der Höchste, der über uns steht, der schon auf Sina das Buell ver— boten hat durch das Wort: Du sollst nicht tödten! Ich hoffe, daß die Interpellation und die Verhandlungen, welche sich daran knüpfen werden, Veranlassung geben werden zur Beseitigung der Duelle.

Staatssekretär des Innern, Staats ⸗Minister Dr. von Boetticher:

Ich habe zunächst dem Bedauern des Herrn Reichskanzlers darüber Ausdruck zu geben, daß er durch Unwohlsein verhindert ist, der heutigen Verhandlung beizuwohnen.

Sodann habe ich in seinem Auftrage zur Beantwortung der Interpellation folgende Erklärung abzugeben:

Der Herr Reichskanzler hat von den in letzter Zeit wiederholt vorgekommenen Zweikämpfen, welche er mit dem Herrn Inter⸗ pellanten auf das lebhafteste bedauert, Kenntniß genommen. Dafür, daß die Organe der Staatsgewalt, denen es obliegt, strafbare Handlungen nach Möglichkeit zu verhüten, gegenüber diesen Zwei⸗ kämpfen ihre Schuldigkeit nicht gethan hätten, fehlt es an jedem Anhalt. (Große Heiterkeit links. Zurufe. Glocke des Präsidenten.) Wenn es auch in den Fällen, in welchen die Absicht, zum Zwei—⸗ kampf zu schreiten, vor der Ausführung bekannt war, nicht gelungen ist, die Duelle zu verhindern, so kann daraus ein Vorwurf gegen jene Organe nicht abgeleitet werden. (Lebhafte Zurufe links.) Es liegt auf der Hand, daß diejenigen, welche zum Zweikampf schreiten wollen, stets Mittel und Wege finden werden, um ihr Vorhaben aus—⸗ zuführen. (Zurufe und Heiterkeit links) Daß auch auf dem Gebiete des Duellwesens dem Gesetze in allen Kreisen der Bevölkerung ohne Unterschied des Standes und Berufs Achtung und Befolgung zu sichern ist, hält der Herr Reichskanzler für eine selbstverständliche und unabweisliche Forderung des öffentlichen Rechtsbewußtseins. (Heiter keit links Er ist in ernstliche Erwägungen darüber eingetreten, welche Maßregeln zu ergreifen sein werden, um eine solche Sicherung wirksamer als bisher zu erreichen. (Hört! hört! rechts.) Das Ergebniß dieser Erwägungen mitzutheilen, ist, da dieselben noch nicht abgeschlossen sind, zur Zeit nicht thunlich. (Bewegung.)

Auf Antrag des Abg. Rickert (fr. Vgg, tritt das Haus in die Besprechung der Interpellation ein. 8 Abg. Rickert: Der Reichstag hat nicht bloß das Recht, sich mit dieser Frage zu befassen, sondern er muß auch ein Votum abgeben. Deshalb genügt nach unserer Meinung eine Interpellation nicht; ein Votum des Reichstags muß unmittelbar hinterher erfolgen. Ich hoffe daher, daß Sie bereits morgen unseren Antrag auf die Tages—⸗ ordnung setzen werden. Wir haben privatim Zusicherungen erhalten, und damit wäre die Besprechung morgen gesichert. In der Erklärung des Reichskanzlers wird gesagt, es wäre nicht nach- zuweisen, daß die Organe des Staats ihre Schuldigkeit nicht gethan hätten. Aber wo es sich um einen Sozialdemokraten handelt, da wird dieser von früh bis spät beobachtet; die Polizei follte doch auch einen Herrn von Kotze oder von Schrader beobachten können. Ich hoffe, wenn einmal eingeschritten wird, man die Sache bei der Wurzel anfaßt, nämlich beim Militär. In büͤrger— lichen Kreisen wird ja den militärischen Anschauungen immer noch nachgegeben; es ist namentlich bedauerlich, daß Herr von Bennigsen sich über das Duell in einer sehr angreifbaren Weise aus— gesprochen hat. Diejenigen, welche das Duell vertreten, sind Üm-⸗ stürzler, welche Moral und Gesetz mißachten. Die Gegner des Duells sind konservativ, sind die Erhalter der Staats, und Rechtsordnung. Solche Vorgänge müssen bei den Massen die Meinung hervorbringen, daß nicht gleiches Recht für Alle gelte. Herr von Bennigsen sprach davon, daß in gewissen Fällen das Duell nothwendig sel. Ich be— streite das; das Duell ist in jedem Fall Unrecht. Wann wird die Jeit kommen, daß man das Duell verurtheilt, wenn selbst Herr von Bennigsen das Duell vertheidigt? . von Bennigsen meinte, der gegenwärtige Zustand ist schwer zu erkragen; ich meine, er ist garnicht zu ertragen. Der Staat 9 dafür Sorge tragen, daß nicht jemand verpflichtet wird, sich zu duellieren, der es mit seinem Gewissen nicht bereinharen kann. Was den Duellanten Recht ist, das müßte auch dem Messerstecher eingeräumt werden. Der Messerstecher hat auch leine Zeit, den Widerspruch abzuwarten. Gleichwohl werden die Messerstecher schwer bestraft. Wer in den letzten . Gelegenheit gehabt hat, Männer aus dem Volk über diese Dinge sprechen zu hören, der wird erschreckt gewesen sein. Ueber solche Zustände kann sich nur Die Sozialdemokratie freuen. Wir verlangen nicht, daß die Duellanten gehängt werden, wie zur Zeit des Großen Kurfürsten. Aber eine sehr hohe Geldstrafe von 1 bis 10 000 4 neben der Strafhaft würde die Duelle schon sehr beschränken. Aus den Verhandlungen im bayerischen Landtag entnehme ich, daß in Bayern ein Zwang zum Buell nicht besteht, während bei unt ein Offizier, der ein Duell verweigert, geschadigt wird. (Redner weist auf den Fall des Majors Hinze hin, der deswegen aus dem Offiziersstand entlassen worden sei Zu gleicher Zelt wurde ein katholischer Offizier exkommuniziert, weil er das Duell angenommen hatte. Dieser Zustand ist unhaltbar. Die Verordnung über die Ehrengerichte muß einer Revision unterzogen werden; ste ist ohne Gegenzeichnung des Reichskanzlers erschienen, aber wenn die Bestimmungen dieser Verordnung nicht vereinbar sind mit unserem Rechtszustand, dann muß ein eintreten, mindestens bezüglich der nichtaktiven Offiziere. mich heute hiermit. Ich habe die Hoffnung, da haben, die Sache demnaͤchst eingehender zu

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