1896 / 95 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Apr 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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tendieren, überhaupt ausgeschlofssen ist. (Sehr richtig) Will man also diese Gegenden wirklich mit guten Verkehrsmitteln versehen, so muß der Staat sich entschließen, eine solche Haupt⸗ linie herzustellen in der Hoffnung und Erwartung, daß nun die Interessenten, die Nächstbetheiligten sich mit Kraft auf die Her⸗ stellung von Tertiärbahnen werfen. Das wirkt dann andererseits auch wieder günstig ein auf die Rente, welche die Sekundärbahn dem Staat gewähren kann. Man kann ja auf den Gedanken kommen, ob es unter diesen Umständen nicht gerathen wäre, namentlich um dem häufig unbegründeten Andrang der Bezirke entgegenzutreten, ein voll ständigeßs Netz von Linien zu bestimmen, welche für Sekundär⸗ bahnen, und von solchen, welche für Tertiärbahnen reserviert werden sollen. Diese Frage haben wir erwogen. Ich persönlich bin durch meine Erfahrungen namentlich in der Provinzialverwaltung bei dem Landstraßenbau und beim Chausseebau von vornherein bedenklich gewesen, ob das möglich sei. Je weiter wir in die Sache hinein gekommen sind ich glaube auch, daß mein Herr Kollege eine ähn⸗ liche Auffassung bekommen hat —, haben wir doch gesehen, daß eine solche Feststellung eines gesammten Netzes, welches die großen durchgehenden Linien von den Sekundär. und Tertiär bahnlinien scheidet und gewissermaßen von vornherein für längere Zeit Bestimmungen darüber trifft, welche Strecken dem einen oder anderen System zufallen sollen, daß das an und für sich fast unmöglich ist und daß, wenn es ohne Mißgriffe möglich wäre, das Netz im Laufe der Zeit der größten Veränderung unterliegen, auch gerade unberech= tigte Ansprüche auf der einen Seite, Beschwerden über Zurück⸗ setzung auf der anderen Seite im ganzen Lande hervorgerufen würden. Daß es dabei vielleicht richtig ist, daß die Verwaltung für sich auf der Karte sich einen Plan macht, ohne ihn gewissermaßen gesetzlich festzustellen oder mit dem Landtag zu vereinbaren, kann jedoch wohl nicht bezweifelt werden. Ich erinnere mich daran, wie ich noch als Hannoveraner mitgearbeitet habe an einem großen Landstraßennetze, das wir für das damalige Königreich Hannover feststellten, und wie sich nachher herausgestellt hat, daß dies doch schließlich auf Sand gebaut war, obwohl wir uns jeden⸗ falls die allerschönsten Ideen gemacht haben und glaubten, nun allen Bedürfnissen entsprochen zu haben. Aber wie gesagt, in der Richtung müssen wir bleiben: wenn wir heute noch Sekundärbahnen bauen, so dürfen wir niemals die Frage dabei zugleich außer Augen lassen: wie wird diese Bahn wirken auf die Belebung und Herstellung der Tertiär— bahnen? Das muß eine der Hauptfragen sein, die in Zukunft der Landtag und die Regierung sich stellen. Ich hoffe, daß man sich in der Kommission überzeugen wird, daß schon bei dieser Vorlage dieser Gesichtspunkt in den Vordergrund getreten ist.

Ich habe mir im übrigen nie darüber die geringsten Illusionen gemacht, daß im vorliegenden Falle von einem, wenn ich so sagen darf, spekulativen Finanzgeschäft gewiß nicht die Rede ist. Ich theile die Ansicht, daß, wenn der Staat gewissermaßen das ganze Eisenbahn⸗ wesen monopolisiert, die großen und guten Linien für sich in Besitz genommen hat, es seiner Kulturaufgabe durchaus entspricht, nun auch mal Linien als Meliorationsbahnen zu bauen, von denen er überzeugt ist, sie werden sich einzeln nicht rentieren. (Sehr richtig! rechts) Diese Ansicht habe ich immer vertreten, auch schon als Ab⸗— geordneter, und ich habe auch jetzt mich auf den Standpunkt gestellt: wo wir auf der einen Seite eine große Rente aus unsereren Eisenbahnen mehr und mehr zu ziehen beginnen, wo auf der anderen Seite diese wirthschaftlichen Nothstände vorhanden sind, mich nicht erst drängen zu lassen, wie Herr von Eynern zu behaupten sich erlaubte; sondern ich bin von vornherein auf den Boden getreten, daß die Zeitverhältnisse durchaus dazu ange— than waren, in dieser Beziehung auch gegenwärtig finanzielle Opfer zu bringen. (Bravo!) ;

Meine Herren, auf die Frage, ob es richtig ist, die Hergabe des Grund und Bodens den Zunächstbetheiligten aufzulegen, bei Bahnen, welche doch wesentlich eine mehr lokale Bedentung haben, will ich gegen⸗ wärtig nicht eingehen. Ich bin ja für dieses System nicht verantwortlich. Man hat das seit der Einführung der Sekundärbahnen befolgt, und es ist meines Wissens von irgend einer in Betracht kommenden Seite im Landtage bisher als richtig nicht bestritten worden. Aber gegen— wärtig, nachdem wir in unserer Staatsverwaltung überhaupt das System wieder mehr und mehr eingeführt haben, ein System, welches ich nur als ein gerechtes bezeichnen kann, bei wirthschaftlichen Unter⸗ nehmungen, die die Gesammtheit unternimmt, mag diese Gesammt⸗ heit nun der Staat sein oder die Provinz oder der Kreis oder eine Gemeinde heißen, diejenigen, die vorzugs— weise daraus Vortheil für sich ziehen, besonders heranzuziehen neben der Allgemeinheit, nachdem, sage ich, dies System jetzt erst neuerdings von Regierung und Landtag inauguriert und konsequenter durch— geführt worden ist, nun hier plötzlich eine Ausnahme machen zu wollen, eine Einrichtung, die seit der Verstaatlichung der Bahnen be— steht und überall zur Anwendung gekommen ist, jetzt beseitigen zu wollen, ist doch eine Anforderung, von der ich unmöglich glauben kann, daß sie hier in Landtage Boden findet. (Sehr richtigh Es würde dies auch dahin führen, zum Nachtheil der kulturellen Ent— wicklung, daß eine große Anzahl von Sekundärbahnen nicht erbaut werden, die allein möglich sind durch das Zusammenwirken des Staats und der Nächstbetheiligten. Daher kommt es denn auch, daß, solange die Bahnen wenigstens noch nicht da sind, die nächstbetheiligten Kreise in der Regel sehr gern bereit sind, diese Opfer auf sich zu nehmen; freilich hinterher, wenn die Bahn da ist, wie es gewöhnlich geht, bedauert man zuweilen, diese Opfer gebracht zu haben. Nachher sagt man sich, es wäre angenehmer gewesen, wir hätten die Bahn umsonst bekommen und der Staat hätte sie allein gebaut.

Daß aber in dem jetzigen Vorschlag, den wir Ihnen gemacht haben, den nächsthetheiligten Kreisen die Wahl freisteht, entweder den Grund und Boden zu geben oder ein bestimmtes Kapital, wo der Staat das Risilo der Expropriation übernimmt, ein wesentlicher Fortschritt liegt zu Gunsten der Kreise, kann, glaube ich, nicht dem mindesten Zweifel unterliegen. Ich habe mehrfach anerkannt, daß das bisherige aus— schließliche System der freien Hergabe von Grund und Boden in vielen Fällen zu großen Erschwerungen und Belastungen der Bethei⸗ ligten geführt hat. Es wird in manchen Fällen, namentlich, wenn man garnicht übersehen kann, welche Expropriationssumme schließlich herauskommt, richtiger sein, daß der Staat das Risiko über⸗ nimmt, als ein einzelner Bezirk. Haben wir doch Fälle gehabt wir haben in der nächsten Nähe des Herrn Abg. von Eynern einen solchen Fall wo eine Stadt sich geradezu, wenn ich den Ausdruck gebrauchen soll, für bankerott erklärt, wenn man die Summen, welche

ihr aus den übernommenen Verpflichtungen zur Last fallen, einfordern würde, und wir haben nicht riskiert, diese Einforderung eintreten zu lassen, weil wir diese Stadt, die nach meiner Meinung ohne ihre Schuld in diese Schwierigkeit gekommen ist, nicht geradezu ruinieren wollen.

Solche Fälle werden in Zukunft von den Kreisen vermieden werden. Sie werden eine bestimmte Summe sich vorstellen können; sie werden sich klar machen können, ob sie dieselben übernehmen können oder nicht. Sie werden mit einem selbstbegrenzten Risiko zu thun haben, während sie in der Vergangenheit es vielfach mit ganz unbegrenzten, garnicht zu übersehenden Risiken zu thun hatten. Ich glaube daher, es liegt auch hier ein sehr wesentliches Entgegenkommen der Finanzverwaltung vor, weil das heutige Expropriationsgesetz gar keine genügende Garantien giebt (sehr richtig! rechts), um die richtigen Preise zu erreichen, und oft die Interessenten, die so beklagt sind, häufig das allerbeste Geschäft bei solchen Expropriationen machen. (Sehr richtig! rechts.)

Ich hoffe und damit will ich schließen —, daß es uns gelingen wird, in dieser Beziehung noch einmal eine angemessene Reform einzuführen. (3uruf.) Ja, die Sache ist sehr schwierig, Herr Abg. Sattler, so leicht ist ein solches Gesetz nicht zu machen; aber die Regierung behält es im Auge, sie hält es für eine dringende Nothwendigkeit, und wir hoffen, daß dann ein richtiger Ausgleich zwischen den Interessen des Gemeinwesens und den Privatinteressen des einzelnen Grundeigenthümers sich ermöglichen lassen wird. (Bravo! rechts.)

Abg. von Brochhausen (kons) wünscht eine Bahn in Pommern von Norden nach Süden, etwa von Schlawe über

Gollnow, Kamenz, Bärwalde nach Kallies; im Interesse des Kreises Dramburg müsse aber diese Linie über Falkenburg oder Dramburg

geführt werden. Abg. Gamp frkons.): Der Finanz-Minister hat mit Recht

den Versuch des Abg. von Eynern zurückgewiesen, hier wiederum einen Gegensatz zwischen Stadt und Land zu konstruieren, und hat richtige Grundsätze für die Verwendung der Staatsmittel aufgestellt. Die Interessenten müssen aber den Plan der Regierung über die Sekundär⸗ bahnen kennen, damit sie danach ihre Entschließungen wegen der Klein⸗ bahnbauten fassen können. Eine Bahn Kallies Märk-⸗Friedland haben die Interessenten z. B. bauen wollen, der Staat hat das Projekt aber nicht genehmigt, weil er hierfür im militärischen Interesse eine Vollbahn verlangt. Die Staatsregierung hat um so mehr die Pflicht, in Pommern Bahnen zu bauen, als gerade Pommern durch die Staffeltarifpolitik geschädigt ist. Redner bittet ferner um eine Linie von Schlobitten und Mehlsack nach Gerdauen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Der Herr Abg. Gamp hat sich beklagt, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten sich in das goldene Schweigen hüllt gegenüber all den Wünschen, die ihm hier vorgetragen werden. Meine Herren, ich folge da nur einer Gepflogenheit, die schon meine Herren Amtsvorgänger in der ersten Lesung der sogenannten Sekundärbahn⸗ vorlage immer befolgten, und die auch aus rein geschäftlichen wie aus sonstigen Rücksichten sehr empfehlenswerth ist Meine Herren, ich beabsichtige daher auch nicht, über die beiden Bahnen, die der Herr Abg. Gamp empfohlen hat, mich hier zu äußern, sondern nur die all⸗ gemeinen Gesichtspunkte, die er aufgestellt hat, einigermaßen zu er⸗ örtern. Meine Herren, schon der Herr Finanz. Minister hat vorhin ausgeführt, daß der an und für sich ja sehr verlockend aussehende Plan, ein Programm für den ferneren Aus—⸗ bau des Staatseisenbahnnetzes, insbesondere des Nebenbahn netzes aufzustellen, seine großen Bedenken hat. Ich kann diese Bedenken nur in vollem Maße theilen und bin der festen Ueber⸗ zeugung, daß wir mit der Aufstellung, inebesondere aber mit der Be— kanntgabe eines derartigen Programms, sei es, wie es wolle, in der Presse, im Landtage viel mehr Schaden als Nutzen anrichten würden. (Sehr richtig) Meine Herren, alle die Bahnen, die heute hier zur Sprache gebracht worden sind, sind von den betreffenden Herren Rednern als durchaus dringend bezeichnet. Wenn ich ein Programm aufstellen wellte, so könnte dies in der einfachen Weise geschehen, daß ich in dieses Programm alle diese Bahnen aufnehme. Das würde aber weiter keinen Nutzen haben, denn das Programm kann nur dann Sinn und Zweck haben, wenn dasselbe zu gleicher Zeit eine Rang- ordnung aufstellt bezüglich der zeitlichen Ausführung der Bahnen, und eine solche Rangordnung a priori für Jahre hinaus festzustellen, würde meines Erachtens sehr bedenklich sein. Die Ver— hältnisse, wie schon der Herr Finan)⸗Minister ausgeführt hat, ändern sich von Jahr zu Jahr; es treten Erwägungen auf, die bei Auf⸗ stellung des Programms unmöglich bekannt sein konnten und die, wenn sie bekannt gewesen wären, das Programm jedenfalls alteriert haben würden. Wir, der Herr Finanz⸗Minister und ich, arbeiten nicht ins Blinde hinein, sondern unter uns verabreden wir ein gewisses, über die nächste Zukunft hinausgehendes Pro— gramm, das aber eine Aenderung in jedem Jahr erleidet, weil dem jeweiligen Verhältniß Rechnung zu tragen ist, und auch erleiden kann, weil es nicht bekannt geworden ist. Wäre letzteres der Fall, so hätten wir einen Wechsel ausgestellt, der uns bei jeder Gelegenheit präsentiert werden würde, und das wäre meines Er⸗ achtens nicht nützlich.

Wir sind nun einmal im Staatsbahnsystem, und die Staats⸗ regierung hat meines Griachtens auch die Verpflichtung, dasselbe aufrecht zu erhalten; sie kann unmöglich eine wichtige Linie, wichtig sei es mit Rücksicht auf die Verkehrsverhältnisse, sei es mit Rücksicht Huf politische oder gar militärische Erwägungen, nicht darum aus der Hand geben, weil eine Privatgesellschaft sich darum bemüht. Meine Herren, die Staatsregierung muß anderseits anerkennen, daß sie damit eine wichtige, für das Verkehrsbedürfniß der betreffenden Gegend dringend nothwendige Bahn nicht auf un— gewisse Zukunft hinausschieben darf. Das ist auch nicht geschehen.

Meine Herren, ich habe auch keinen Anstand genommen, wenn im einzelnen Falle die Frage an mich gerichtet worden ist, und ich habe zu dieser Frage bei denjenigen Interessenten, die persönlich bei mir gewesen sind, auch jederzeit provoziert —: beabsichtigt der Staat, in absehbarer Zeit die Linie von A nach B selbst auszuführen, oder wird er sie einer Privatgesellschaft, sei es in Form von Neben⸗ bahnen oder in Form von Kleinbahnen, freigeben soweit es mir irgend möglich gewesen ist, diese Frage zu beantworten. Selbst Herrn Abg. Gamp habe ich eine solche Antwort ertheilt; ich habe ihm bezüglich der Bahn von Kallies nach Friedland gesagt, daß ich bereit sein würde, Kallies und Märkisch⸗Friedland zuzulassen, wenn der Kreis Deutsch⸗Krone sich auf die Kleinbahn Kallies —Märkisch⸗Friedland beschränke. (Zuruf) Gewiß! Es lagen aber eben hier wichtige Erwägungen vor, die es unmöglich machten,

einen Theil des Projekts aus der Hand des Staats zu geben. (Hört hörty) Das wird in Zukunft voraussichtlich mal wieder der Fall semn das ist gar nicht zu vermeiden; die staatlichen Interessen gehen in da Beziehung vor.

Meine Herren, es ist in den vergangenen Jahren selten eine so große Summe von Bahnen ausgeführt worden. Es sind beispielg, weise eröffnet 1380 520, in den folgenden Jahren 476, 574, 457 dann einmal 759, b87, 603, 573, 600, 392, goz, 247, 184 km, soda man annehmen muß: mit 766 km in einem Jahr ist die Leistungz— fähigkeit der Staatseisenbahnverwaltung so ziemlich erschöpft.

Ich möchte glauben, daß der Herr Abg. Gamp sich wohl bes diesen Erklärungen einigermaßen beruhigen könnte.

Abg. von Arnim (kons.! hält es für ganz gerechtfertigt, daß im Osten mehr Bahnen gebaut werden als im Westen, der schon Bahnen genug habe, und bittet darum, daß die längst beschlossene Bahn Templin Prenzlau endlich ausgeführt werde.

Abg. Sander⸗Elze (nl.) bemerkt, daß die Provinz Hannover noch des Ausbaues des Sekundärbahnnetzes bedürfe. Die im vorigen Jahre beschlossene Linie Gandersheim Elze sei noch nicht ausgeführt er bitte den Minister um möglichst baldige Ausführung dieses Bauetg sowie um Fortführung dieser Bahn nach Wulfen.

Abg. von Bandemer (kons) bittet darum, daß beim Bau der Linie Leba—Bütow der Hafen in Leba ausgebaut werde, und empfiehlt eine mehr westliche Führung der Linie Leba— Bütow. Vor einigen Jahren sei die Linie Bütom Berent über Gostomie be— n nr worden, und jetzt wolle man leider dafür die Linie über Lippusch

Abg. von Mendel-Steinfels (kons.) wünscht, daß der Staat mit den Konzessionen für Privatbahnen möglichst freigebig vorgehe, und bittet, in Zukunft auch die Mitte der Monarchie mit Bahn⸗ bauten zu bedenken; diese Vorlage enthalte nur eine Linie in der Mitte des Landes; der Kreis Gardelegen sei fast noch gar nicht mit Bahnen versehen. Redner empfiehlt besonders die Linie Bismarck— Wittingen Celle.

Abg. Knebel (ul) bespricht die für den Hunsrück vorgeschlagene Bahn Simmern Kirchberg⸗Kastellaun und befürwortet die Weiter führung dieser Linie über Kirchberg nach Hermeskeil. Der Bau von Privat -⸗Kleinbahnen könne nicht eher unternommen werden, als big die Sekundärbahnprojekte des Staats feststehen.

Abg. von Christen l(frekons.) tritt für eine Bahnverbindung von Schmalkalden nach Brotterode und für eine Linie Eschwege— Eisenach ein.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Die ganz besonderen Umstände des Falls Brotterode nöthigen mich hier zu einer Erklärung. Die Staattz= regierung hat das Brotteroder Unglück mit der größten Theilnahme jederzeit behandelt und hat ihrerseits sofort wegen eines angemessenen Anschlusses von Brotterode an das bestehende Eisenbahnnetz die Ver— handlungen aufgenommen. Nach vielfachen Erörterungen, die gepflogen worden sind an Ort und Stelle sowohl wie in Cassel unter Vorsitz des Herrn Ober⸗-Präsidenten, ist schließlich eine Verständigung dahin zu stande gekommen, daß der Staat sich bereit erklärt hat, für eine normal⸗ spurige Kleinbahn Klein⸗Schmalkalden Brotterode die Hälfte des Kapi⸗ tals zinsfrei herzugeben gegen eine Amortisation von o unter der Voraussetzung, daß der Provinzialverband seinerseits das Gleiche thut. Die Amortisation wird dann erhöht, wenn eine Rente über 3 96 seitens der betreffenden Bahn aufkommen wird. Der Staat hat sich ferner bereit erklärt, den Betrieb dieser Bahn seinerseits zu über— nehmen.

Es sind das Bedingungen, die bisher noch in keinem Falle seitens der Staatsregierung einer Gemeinde oder anderen Kommunal⸗ verbänden gegenüber aufgestellt worden sind, und ich darf mich wohl der Hoffnung hingeben, daß der Flecken Brotterode die günstigen Bedingungen seinerseits gern annehmen wird.

Abg. Kirsch (Zentr.) wiederholt seinen im vorigen Jahre aus— gesprochenen Wunsch, daß der Bahnhof in Düsseldorf umgebaut werde, und verlangt, daß die längst projektierte Angerthalbahn von Ratingen aufwärts gebaut werde.

Abg. Schroeder (Pole) bemängelt die Linienführung Konitz— Lippusch, wodurch die früher bewilligte Linie Bütow Berent so abgeändert werden solle, daß Gostomie von der Bahnverbindung ausgeschlossen werde.

Abg. von Tzschovpe lfrekons.) hegt Befürchtungen für die Rentabilität der Kleinbahnen. Je mehr das Radfahren aus einem Sport für Wenige zu einer Volksgewohnheit werde, werde der Personenverkehr der Kleinbahnen sich einschränken, denn ein tüchtiger Radfahrer habe den Wettlauf mit einer Kleinbahn nicht zu scheuen. Der Güterverkehr werde auch dort nicht sehr groß sein, wo ein dichtes Chausseenetz den Transporten zur Verfügung stebe. Bei der Ausfüh— rung der bewilligten Bahnbauten solle man nach der Priorität ver— fahren. Redner empfiehlt den Bau einer Linie Uelzen Oebisfelde bezw. Gifhorn.

Abg. Noelle (nl.) brügge = Halver Wipperfürth Berg. Gladbach und Wennem Warstein.

befürwortet den Bau der Linie Ober— Finnentrop =

Abg. Moeller (nl) erklärt es für ganz selbstverständlich, daß der Westen mehr Gisenbahnen besitzen müsse als der Osten, da er viel stärkeren Verkehr habe; der Westen sei aber bereit, dem Osten zu

helfen. Der Finanz⸗Minister habe die Ausführungen des Abg. von Eynern falsch aufgefaßt. Man kann es, führt Redner aus, dem Staat nicht verdenken, daß er da, wo eine Rentabilität ausgeschlossen erscheint, Zuschüsse von den Interessenten verlangt; anders müssen aber die Verhältnisse geordnet werden, wenn eine Rentabilität sicher ist. Erfreulich ist, daß wir zu einer neuen Aera eines gemischten Systems von Staats⸗ und Privatbahnen kommen sollen. Wie weit die Zeitunge— gerüchte begründet sind, daß man bei Bahnbauten von der Staats. regie zur Privat ⸗Entreprife übergehen wolle, darüber sollte der Minister eine Erklärung abgeben. Die Privat⸗Entreprise empfiehlt sich nicht, weil die Staatsregie billiger uünd sicherer baut. Die Pripatunter⸗ nehmer bei Kleinbahnbauten müssen die volle Verantwortung für ihre Arbeiten übernehmen. Die Regierung muß bei der Konzessionie= rung der Kleinbahnen die nöthigen Kautelen treffen, daß sie die Bahn eventuell selbst in ihren Betrieb übernehmen kann, um einer Konkurrenzierung der Staatsbahn vorzubeugen. Redner spricht schließlich seine Freude darüber aus, daß in der Vorlage die Linien Baffum=—=Salingen und Korbach Frankenberg enthalten sind, weil dadurch eine kürzere Verbindung zwischen Frankfurt und Bremen her⸗ gestellt werde.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reich s⸗A

M 95.

Zweite Beilage

Berlin, Dienstag, den 21. April

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Der Herr Abg. Möller hat 2 Punkte von allgemeiner Bedeutung berührt, die mich zu einer kurzen Erwiderung peranlassen.

Er hat zunächst die Frage an mich gerichtet, ob es richtig sei, daß seitens der Staats Eisenbahnverwaltung der Versuch unternommen werden sollte, im Wege der Generalentreprise einzelne Nebenbahn⸗ linien zu vergeben. Diese Frage kann ich im allgemeinen bejahen.

Meine Herren, sowohl hier im Landtag wie im Lande selbst ist sehr häufig die Behauptung aufgestellt worden, der Privatunternehmer baue billiger, baue rascher wie die Staats⸗Eisenbahnverwaltung, der Privat⸗ unternehmer sei vielfach in der Lage, Schwierigkeiten zu beseitigen kurzer Hand, wozu die Staats ⸗Eisenbahnverwaltung nicht die ormen und Mittel finden könne oder erst die Hilfe so und so vieler Behörden in Anspruch nehmen müßte. Meine Herren, Sie werden sich alle erinnern, daß daß derartige Klagen auch hier in diesem hohen Hause vielfach geführt worden sind, und zwar namentlich dann, wenn darüber Beschwerde geführt wurde, daß Linien, die längst vom Landtag der Monarchie be—⸗ willigt waren, noch nicht ausgeführt worden seien, ja noch nicht der erste Spatenstich an denselben geschehen sei.

Diese Erwägung hat es dem Herrn Finanz⸗Minister und mir nahe gelegt, in Erörterung zu treten darüber, ob nicht ein Versuch nach der Richtung hin bei geeigneten Bahnlinien gemacht werden könne. Ich habe mich dem Wunsch des Herrn Finanz⸗Ministers ohne Bedenken angeschloffen, umsomehr, da die Staatseisenbahnverwaltung in der Lage ist, alle Unzuträglichkeiten, die sich aus einem derartigen Versuch ergeben könnten, von vornherein durch die Bedingungen, unter denen der Versuch unternommen wird, auszuschließen. Namentlich kann auch nicht im entferntesten davon die Rede sein, daß dieser Versuch Gefahren nach sich ziehen könnte, wie der Herr Abg. Möller be— fürchtete. Es kann auch nicht die Rede davon sein, daß einem Unter nehmer nun ohne weiteres die Konstruktion des Oberbaues oder die Brückenkonstruktion oder die sonstigen Herstellungen, die nicht ein facher Natur sind, überlassen werden, sondern es wird dem Unternehmer genau die Vorschrift ertheilt, die nothwendig ist für eine durchaus betriebe sichere, technisch und ökonomisch richtige Herstellung der Linie

Meine Herren, wie gesagt, ich habe mich diesem Versuch nicht entziehen können, und es sind nach gründlicher Erwägung mit dem Herrn Finanz⸗Minister für denselben Linien ausgewählt worden, die an und für sich geeignet sind, ein sicheres Ergebniß zu liefern. Die Angelegenheit ist soweit gediehen, daß in der nächsten Zeit mit der Ausschrei⸗ bung der für diesen Versuch ausgewählten Linien vorgegangen werden kann. Naturgemäß wird dieser Versuch mit aller Vorsicht ausgeführt auch nach der Richtung hin, daß eine ständige technische und wirthschastliche Kontrole stattfindet; denn nur dadurch können wir uns die Ueberzeugung davon verschaffen, ob wirklich unter bestimmten gegebenen Voraus setzungen es angezeigt und wirthschaftlich richtig sein könnte, einem Unternehmer eine derartige, nicht zu lange Strecke in General⸗ Entreprise zu übergeben. Es sind mit der General⸗Entreprise in früheren Jahren ja unzweifelhaft recht ungünstige Erfahrungen gemacht worden. Es ist der Name Strousberg hier ausgesprochen worden. Daß die Erfahrungen ungünstig ausgelaufen sind, liegt aber an ganz anderen Dingen. Die Erfahrungen sind außerhalb der Staatsbahn⸗ verwaltung gemacht worden ohne die vorsichtige, in jedem Punkte attente Kontrole, unter der jedenfalls diese Versuche gemacht werden. Ich glaube mit gutem Gewissen aber sagen zu können, daß das hohe Haus sich durch einen derartigen Versuch nicht beunruhigen zu lassen braucht. Wir sind weit davon entfernt, grundsätzlich aus dem Regiebau und aus dem Bau mit kleinen Unternehmern mit beiden Füßen in die General⸗Entreprise hineinzuspringen. Wir kennen die Bedenken, die dem entgegenstehen, ebenso gut wie Sie. Aber sich einmal nach so langer Staatsbauzeit zu vergegenwärtigen, was thun die großen kapitalkräftigen Unternehmer in allen vor— kommenden Fällen, wie richten sie sich ein, wie fassen sie die Dinge an, und bei der Gelegenheit zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, meine Herren, das halte ich für eine Staatsverwaltung ganz richtig und zweckmäßig.

Der jweite Punkt allgemeinerer Natur, den der Abg. Möller erwähnte, betrifft die Zulassung von Privatbahnen. Ich kann wiederum aus der mehrfach von mir zitierten Nachweisung dem Abg. Möller ein für ihn erfreuendes Ergebniß mittheilen. Wir haben im vorigen Jahre an Privatunternehmer von Nebenbahnen, nicht Kleinbahnen Sie haben, ich bitte das zu entschuldigen, das einiger⸗ maßen durcheinandergeworfen also wir haben an Nebenbahnen im vorigen Jahre 227 km konzessioniert. Das ist mehr als in irgend einem Jahre seit dem Jahre 1884, und zwar sind die einzelnen Linien an größere bereits bestehende Privatunternehmungen vergeben worden, wie z. B. Lippstadt ·Warstein, Altdamm Kolberg und noch verschiedene andere.

Wir haben überall da kein Bedenken getragen, eine derartige Konzession zu ertheilen, wenn es sich wirklich um neue Aufschlüsse in einem Landertheil handelt, wo die Staatsbahnverwaltung voraus sichtlich in der nächsten Zeit nicht ihre Linien hinein erstrecken wird, und wo es sich auch nicht darum handelt, durch einen Abkürzungsbau der Staatsbahn die Verkehre zu entziehen, ohne neue erhebliche Ver⸗ kehrsbedürfnisse zu befriedigen. Der Minister der öffentlichen Arbeiten ist verpflichtet, das Staatsbahnsystem nach allen Richtungen hin zu schützen, soweit das mit dem Interesse des Landes vereinbar ist, und nach der Richtung werden wir auch in Zukunft verfahren.

Ich glaube, daß damit die beiden Punkte, die eine allgemeinere Bedeutung für sich in Anspruch nehmen dürfen und auch in Anspruch nehmen müssen, erschöpft sind. Auf die einzelnen, zu einem ziemlich umfangreichen Bouquet vereinigten Wünsche innerhalb des Wahl⸗ krelses det Herrn Abg. Möller findet sich vielleicht ein andermal Gelegenheit einzugehen.

Abg. Krawinkel (ul.) empfiehlt verschiedene Bahnbauten im Siegerland.

Darauf vertagt das Haus die weitere Berathung.

Abg. von Eynern bemerkt persönlich, daß ihm allerdings ein Lapsus vassiert sei; er habe mit den 700 nicht die Rentabilität der Sekundärbahnen, sondern die allgemeine Eisenbahnrente gemeint.

Schluß gegen 4/ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr (Fortsetzung der ersten Berathung der Sekundärbahnvorlage).

Literatur.

Die Reception des römischen Rechtes und die

soziale Frage der Gegenwart. Von Amtagerichts. Rath C. Wilm anng. Zweite Auflage. Verlag von Friedrich Luckhardt in Berlin und en mg Diese Schrift glebt eine zusammenfassende e . unserer bigherigen Rechtsentwickelung. Sie zeigt durch Gegenüberstellung des antik, römischen und des alt⸗germanischen Rechts, wie im Gegensatz zu dem Geist rücksichtsloser Selbftsucht, welcher für den Charakter des römischen Rechts bestimmend gewesen, das deutsche Recht schon in der ältesten Zeit ein eist erfülle, welcher, neben der individuellen Selbstbehauptung die Pflichten 7 den Nächsten mit Nachdruck betonend, jenen an sitt⸗ icher Tiefe welt überrage; wie aber unter den K,. der römischen Kultur und des dieselbe erfüllenden Geistes die grüne Saat verdorrt sei, bevor die Frucht habe reifen können; wie weiter in der ganzen romanisch, germanischen Welt das römische Recht die Herrschast errungen habe, und wie der römische Geist seit der französischen Revolution durch den wachsenden Erfolg seines Stre—⸗ bent, sich in allen Lebenzverhältnissen ju verkörpern, die ganze mo— derne Zivilifation mit Vernichtung bedrohe. Dle Schrift jeigt aber ferner auch, wie diese Entwickelung eine historische Nothwendigkeit und insbesondere die Rezeption deg römischen Rechts eine durch die Kontinuität der Geschichte den Völkern der Neujeit gestellte Aufgabe gewesen sei, welche dieselben im Dienste der Menschheit hätten über⸗ nehmen müssen, um durch Erfüllung der in ihnen heranreifenden neuen Kultur mit den Schätzen des Alterthums das Leben der neuen mit dem der alten Welt ju verknüpfen. Sodann wird darzuthun versucht, wie der Gegenwart die Aufgabe zufalle, den durch das römische Recht in die Völker eingedrungenen Geist zu überwinden, indem sie die Ent— wickelung des Persönlichkeitsprinzips, durch welches die großen Erochen im Rechtsleben der Menschheit bestimmt würden, zu dem Punkt führe, wo anstatt des egoistischen Willens der sich in den Dienst der Ge⸗ sammthbeit stellende Wille den Kern der Persönlichkeit bilde, und wie vor allen das deutsche Volk berufen erscheine, Bahnbrecher dieser Ent. wickelung zu werden. Die Schrift schließt mit dem Hinweis darauf, daß die Scheidung der Geister begonnen habe und sowohl auf dem Gebiet der Wissenschaft als auch auf dem der Praxis der Puls schlag des durch ihr Ringen erweckten neuen Lebens immer kräftiger sich geltend mache. Gin sprechendes Zeugniß von diesem geistigen Ringen lege die Geschichte der Bestrebungen ab, deren Frucht der jetzt dem Reichstag vorliegende Entwurf des Bürgerlichen Gesstzwuchs sei. Zu diesem nimmt der Verfasser in einem die jweite Ausgabe seiner Schrift einleitenden längeren Vorworte Stellung. Er führt darin aus, der Entwurf sei nach Ursprung und Inhalt ein Werk der gesammten Nation, welches von vornherein wohl das Vertrauen in Anspruch nehmen dürfe, daß in ihm das Beste geleistet sei, wa3ö man unter den zur Zeit gegebenen Verhältnissen erwarten könne, und erachtet demgemäß die Annahme des Entwurfs für dringend wünschenswerth. „Sowohl bei den Regierungen als bei allen Parteien, welche gegenüber der bestehenden Rechtgordnung nicht einen völlig negierenden Standpunkt einnehmen, waltet darüber kein Streit mehr, daß die Einheit des bürger⸗ lichen Rechts ein wesentliches Postulat der Rechtseinheit und zur Er— füllung der Aufgaben, welche die Gegenwart dem Reich stellt, unent⸗ bebrlich ist: die wirthschaftliche und soziale Entwickelung der letzten Jahrzehnte hat es zum Bewußtsein gebracht, daß gegenüber der kosmopolitischen Proletarier⸗ Bewegung, welche haßerfüllt die bestehende Staats, und Gesellschaftsordnung mit gewaltsamem Umsturz bedroht, die einheitliche Zusammenfassung aller staatzerhaltenden Kräfte der Nation geboten erscheint, und daß ein bürgerliches Recht, welches die Grundlagen der Gesellschaftsordnung, die Ehe und Familie, das Eigenthum und das Grbrecht, auf eine einheitliche feste Basis stellt, die bestebende staatliche Ordnung stärkt, wie kein anderes Mittel.“

Von der neuen Ausgabe der Werke Friedrich Rückert's, welche die J G. Cotta'sche Buchhandlung in Stuttgart veranstaltet, liegen jetzt 6 Lieferungen vor, welche den ersten Band zum Abschluß bringen und auch den zweiten erheblich fördern. Zweck der Ausgabe, welche Ludwig Laistner besorgt, ist es, wie schon bei Gelegenheit des Er⸗ scheinens der ersten Lieferung gesagt wurde: den poetischen Schöpfungen Rückert's dadurch eine weitere Verbreitung zu verschaffen, daß aus der Ueberfülle derselben hiermit eine Auswahl des Besten dargeboten wird, auf dem sich sein Ruhm und seine Stellung in der deutschen Literatur ründet. Die Sammlung beginnt also mit dem ewig jungen Liebes⸗ renne. nebst einem Anhang, enthaltend den sogenannten „Vor⸗ frühling‘ („Agnes' Todtenfeier und „Amaryllis ). Im zweiten Band folgen die ‚Geharnischten Sonette“, die vaterländischen Ge⸗ dichte, die „Bausteinen, Jugendlieder, italienischen Gedichte, Oktapen ꝛc., sowie die Volkssagen und vermischten Gedichte. Weiterhin werden sich anschließen die „Makamen des Hariri! und die „Weis beit des Brahmanen. Es wird also in dieser Rückert. Ausgabe alles das enthalten sein, was den Dichter noch heute jedem gebildeten Veutschen lieb und werth macht, nicht bloß als Poeten, sondern auch als Denker und Sprachkünstler. Die in Druck und Papier gut ausgestattete Edition soll im Ganzen 20 vierzehntäglich erjcheinende Lieferungen zum Preise von je 49 3 umfassen. Diese Wehlfeilheit . der kostbaren 2 Aus⸗ gabe der sämmtlichen Werke verdient noch als ein besonderer Vorzug

Erwähnung. ö „Tino Moralt.“ Kampf und Ende eines Künstlers. Von wei Theile in einem Bande. Zweite

Walther Siegfried. Auflage. München, Carl Rupprecht's Verlag, 1896. (Pr. 5 J)) in diesem

Wie schon der Tite! lakonisch andeutet, handelt es si Roman ausschließlich um das tragische Geschick eines Malers, der mit allen Kräften nach seinen Idealen ringt, aber, da er ei niedergedrückt von der Enttäuschung über eine unerwidert gebliebene leidenschaftliche Neigung siebt, daß er die ihm verschwebenden hohen Ziele weder in künstlerischer noch in literarischer Thätigkeit zu erreichen vermag, schließlich in Verzweiflung und Irrsinn endet. Der Charakter des Helden und der Verlauf seines Schicksals sind so intim ausführlich und erschütternd lebenswahr geschildert, daß man annehmen möchte, es habe dem Autor eine wirkliche Persönlichkeit vorgeschwebt. So sorgfaͤltig wie die pfychologische Ausarbeitung des Charakters ist auch der Stil, der trotz aller Individualität und , ,. an⸗ ziehender wirkt, als dies von vielen anderen modernen Schriftstellern gesagt werden kann. Eine leichte Unterhaltungslektüre ist es nicht, die das Buch bietet; aber wer an dem ernsten Verlauf eines Menschen⸗ ic als ungewöhnticher Art Antheil nimmt der wird den Roman mit 36 lesen und bis zum Ende gefesselt bleiben.

Dle im Verlage von John Henry Schwerin kierselbst er scheinende illustrierte Zeitschrift Mode und Haus“ hat mit der kürzlich erschienenen Nr. 7 das zweite Quartal ihres XII. i eng, begonnen. Nicht mit Unrecht nennt sich diese vierzehntäglich erscheinende

Zeitschrift ein „Universalblatt! für die Familie, denn ihr Inhalt

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1896.

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Handel und Gewerbe.

Leipzig, 20. upril. (W. T. B.) Kammzug-⸗Terminbandel. La Plata. Grundmuster B. pr. April 3,35 , pr. Mai 3, 85 A, pr. Juni 3375 „M, pr. Jull 3, 40 S6, pr. August 3,40 S, pr. September 3,478 M, pr. Oktober 3,42 M, pr. November 3 45 4, pr. Dezember 3,45 M, pr. Januar 3477 „, vr. Februar 3,47. , pr. Marz 3,474 , pr. April Umsatz: 65 000 kg. Ranhig.

Bremen 20. April. (W. T. B.) Börsen⸗Schluß⸗Bericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer

etroleum⸗Hörse ) Ruhig. Loko 5,65 Br. Rafssisches Petroleum. oko 5, 40 Br. chmalz. Ruhig. Wilecor 274 g, Armour shield At 8, Cudahy 289 6, Choice Grocery 239 3, White label 287 3, . 26 3. Speck. Ruhig. Short elear middling loko 2564 3

eis unverändert. Kaffee unverändert. Baumwolle ruhig. Upland middl. loko 414 J. Wolle. Umsatz 79 Ballen. . 390 Seronen Carmen, 244 Kisten Seedleaf.

Ham burg, 20. April (W. T. B.) Getreidemarkt. Weinen joko ruhig, aber fest, holsteinischer loko neuer 154 1656. Regen loko ruhig, aber fest, hiesiger —ů mecklenburger loko neuer 130 -= 132, russischer loke fester, 83 85. Hafer und Gerste ruhig, aber fest. Rüböl (unverzollt) still, loko 47. Spiritus ruhig, ver April⸗Mai 166 Br, pr. Mal- Juni 166 Br., pr. Juni Juli 163 Br., per September. Oktober 173. Kaffee fest. Umsatz 4500 Sack. Petroleum behauptet, Standard white loko 5,66.

Kaffee. (Nachmittagsbericht ,. Good average Santos pr. Mai 67, pr. September 64, pr. Dezember 60, pr. März 593. Behauptet. Zuckermarkt. (Schlußbericht,. Rüben Rohzucker IJ. Produkt Basis 88 / Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. April 12, 5, pr. Mai 12,80, pr. Juli 13,024, pr. August 13,123, vr. Dezember 11, 90, pr. März 1220. Ruhig.

Wien, 21. April. (W. T. B.) Die Brutto Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 14. Woche (vom 1. April bis 7. April 1896) 127 329 Fr. Abnahme gegen das Vorjahr 75 301 Fr. Seit Beginn des Betriebsjahres (vom 1. Januar big . April 1896) betrugen die Brutto Einnahmen 2772697 Fr. Zunahme gegen das Vorjahr 392730 Fr.

Baron Moriz Hirsch ist heute früh auf seinem Gut bei Komorn (Ungarn) an Herzschlag gestorben.

London, 206. April. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen ladung angeboten.

96 vo Favazucker 14 stetig, Rüben⸗Rohzucker loko 12 stetig. Chile⸗Kupfer 454, pr. 3 Monat 4516 /ig.

Liverpool, 20. April. (W. T. B.) Baumwolle. Ums S000 B., davon für Spekulation und Export 500 B. Ruhig. Middl. amerikanische Lieferungen: Ruhig. April. Mai 414 41 / Verkäufer⸗ reis, Mai⸗Juni 415s66 4 do., Juni Juli 415/e. 47snn do., Jult=

ugust 48/1 —= 4135/4 do., August⸗September 47 49ͤ6 Käuferßreis, September Oktober 4 416 do., Oktober November */. —= 5656 do., November ⸗Dezember 37 35/8 do,, Dejember⸗Januar 35 - 35 g do., Januar⸗Februar 35 —– 37 /e d. do. Bradford, 209. April. (B. T. B) Wolle ruhig, zur Schwäche neigend infolge des Einflusses lokaler Fallissements. Garne ruhig, für Fancy Garne mäßiger Bedarf. Für Stoffe besserer

5 ;, Paris, 20. April. (W. T. B.) (Schluß) Rohzucker ruhig, 88 /so loko zt 33. Weißer Zucker matt, Nr. 3, pr. J. 1 pr. April 333, pr. Mai 343, pr. August 343, pr. Ja⸗ nuar z

Florenz, 20. April. (W. T. B.) Auf der ital ienischen Meridional-Eisenbahn betrug in der 10. Dekade vom 1. bis 10. April 1896 auf dem Hauptnetz die Einnahme 2666 345 45 564) Lire. Seit 1. Januar 1896 25 437 09 (4 1604 338) Lire. m Ergaͤnzungsnetz betrug die Einnahme seit 1. Januar 1896

1824341 (4 236 409) Lire. Amsterdam, 20. April. (WB. T. B.) Java⸗Kaff ee good Die Börse eröffn te

ordinary 515. Baneagzinn 36. feg e, r. * 26 * * * 1.

est, wurde im weiteren Verlauf lebhaft und schloß günstig. Der Umsatz in Aktien betrug 233 000 Stück. 359

Weizen durchweg schwach während des ganzen Börsenverlauft mit wenigen Reaktionen auf bessere Ernteaussichten, fowie auf Reali⸗ sierungen und niedrige Kabel meldungen. Mais, entsprechend der 6 der Weizenmärtte, durchweg schwach mit wenigen Reaktionen.

aaren bericht. Baumwolle. Preis in Nen. York 7is / do. do. in New ⸗Orleans 7u/is, Petroleum Stand. white in New⸗ Yo 6.56. do. do. in Philadelphig 7, do. roheg (in Cafe) o, do. Pipe line Certif. pr. Mai 121, Schmalz Western steam 5,20, do. Rohe & Brothers 5,45, Mals pr. April 364, do. pr. Mai I63, do. pr. Juli 37, Rother Winterweizen 783, Weizen pr. April 6. do. Pr. Mai 723, do. pr. Juli 72, do. pr. September 723, Getreide- fracht nach Liverpool 1, Kaffee fair Rio Nr. 7 134, do. Rio Rr. 7 pr. Mai 12380, do. do. pr. Juli 1240. Mehl, Spring Wheat ö f rh 6. . Kupfer 10,95. e Supply an Weizen 58 483 000 Bushels, do. an

Ma is 9 1760 000 Bushels. : 297 Chäieago, 20. April. (B. T. B) Weizen gab im Preise nach während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktlonen, weil die sichtbaren Vorräthe geringer abgenommen hatten, als er⸗ wartet wurde, sowie el, günstigerer Wetterberichte, geringen Exportbegehrs und großer e . im Nordwesten. Mais infolge von großen Ankünften abgeschwächt, während des ganzen Börsenverlaufs mit wenigen Reaktionen. Weizen pr. April 644, do. pr. Mai 66. Maig pr. 3 298. Schm alz pr. i r do. pr. Mai 4 875. Speck short elear 4628. Pork pr. April S8, 50.