1896 / 99 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Apr 1896 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Dem Thierarzt Os kar Hofherr in Herzberg a. E. ist die von ihm bisher kommissarisch verwaltete Kreis⸗Thierarzt⸗ stelle für den Kreis Schweinitz definitiv verliehen worden.

Ju stiz⸗Ministerium.

Der Hber⸗Landesgerichts-Rath von Hassel in Stettin ist infolge seiner Ernennung zum Reichsgerichts⸗Rath aus dem preußischen Justizdienst geschieden.

Versetzt sind: der Amtsrichter Rusche in Groß⸗Salze als Landrichter an das Landgericht in Magdeburg und der Amtsrichter Aegidi in Tost an das Amtsgericht in Bernstadt.

Zum Notar ist ernannt: der Rechtsanwalt Schultz in Hörde für den Bezirk des Ober⸗Landesgerichts zu Hamm, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Hörde.

In der Liste der Rechtsanwalte sind gelöscht: der Rechts⸗ anwalt Wasserfall und der Rechtsanwalt Hr. Sal man bei dem Landgericht Lin Berlin, der Rechtsanwalt Graf zu Reventlow bei dem Landgericht in Kiel.

In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Wasserfall vom Landgericht Lin Berlin bei dem Landgericht l in Berlin, der Rechtsanwalt Piadel aus Hirschberg bei dem Amtsgericht in Tarnowitz, der Notar Orbach in Dülken bei dem Amtsgericht daselbst, der Gerichts⸗ Assessor d . der Gerichts-Assessor Dr. Bollert und der Gerichts⸗Assessor Dr. Bielschowsky bei dem Land⸗ gericht I in Berlin, der Gerichts⸗Assessor Dr. Erlinghagen bei dem Landgericht in Elberfeld und der Gerichts⸗Assessor Hirschfeld bei dem Amtsgericht in Dt⸗Krone—=

Der Amtsgerichts⸗Rath Dettmann in Haynau und der ö von Zochowski in Schildberg sind ge— torben.

Ministerium des Innern.

Der QOber⸗Präsidial⸗Rath von Beth ma nn⸗Hollweg ist dem Ober⸗Präsidenten zu Potsdam zugetheilt worden.

Aichtantliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 25. April.

Seine Majestät der Kaiser und König trafen, wie „W. T. B.“ meldet, von Dresden kommend, gestern Mittag um 1 Uhr in Weimar ein und wurden auf dem Bahnhof von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog empfangen und nach dem Schlosse geleitet. In den festlich geschmückten Straßen begrüßte eine zahlreiche Volksmenge Seine Majestät mit lebhaften Zurufen. Im Schlosse fand, nachdem Seine Majestät Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin begrüßt hatten, Frühstückstafel statt. Nach der Tafel verabschledeten Sich Seine Majestät von der Großherzogin und fuhren mit dem Großherzog nach dem Bahnhof, um Sich nach Eisenach zu begeben. Auch auf der Rückfahrt zum Bahnhof wurden Seine Majestät von dem Publikum aufs lebhafteste begrüßt. Um 4 Uhr 20 Minuten trafen der Kaiser und der Großherzog auf der Wartburg ein. Seine Majestät übernachteten in der Burg und haben die Fahrt nach Wasungen, wo heute früh abermals eine Auerhahn⸗ pürsche in Aussicht genommen war, wegen des starken Schnee⸗ falls im Gebirge aufgegeben.

Heute Nachmittag gedachten Seine Majestät der Kaiser Sich nach Schlitz zu begeben.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll— und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.

Wie bekannt, hat sich die Aushändigung der auf der Chicggoer Welt⸗Ausstellung verliehenen Medaillen und Diplome trotz wiederholter Anregung von deutscher Seite bisher nicht erreichen lassen. Einen besseren Erfolg scheint eine neuerdings in Washington erhobene Vorstellung haben zu sollen, bei welcher auf den Wunsch vieler deutschen Aussteller, die ihnen in Chicago verliehenen Auszeichnungen bei der bevorstehenden Berliner Gewerbeausstellung benutzen zu können, hingewiesen worden war. Es ist darauf dem Kaiserlichen Bot⸗ schafter in Washington die amtliche Mittheilung zu⸗

egangen, daß der mit der Vertheilung der Diplome und

edaillen beauftragte Chef des Bureau of Engraving and Printing in der Lage sei, am 24. ober 25. April die Diplome und Medaillen der Kaiserlichen Botschaft zu übermitteln. Danach ist zu hoffen, daß die prämiierten deulschen Aussteller binnen kurzem in den Besitz ihrer Auszeichnungen gelangen werden.

Der Regierungs⸗-Assessor Dr. Andritzki zu Marienwerder ist der Königlichen Regierung zu Liegnitz zur weiteren dienst⸗ lichen Verwendung überwiesen worden.

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Arcona“, Kommandant Kapitän zur See Sarnow, am 25. April in Hongkong angekommen und beabsichtigt, am 26. April in See zu gehen; S. M. S. „Iltis“, Kommandant Kapitän⸗Lieutenant Braun, ist heute in Shanghai eingetroffen; S. M. S. „Falke“, Komman⸗ dant Korvetten⸗Kapitän Krieg, ist am 15. April in Apia angekommen.

Potsdam, 25. April. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ferdinand von Rumänien ist gestern Abend hier eingetroffen und hat bei Seiner Durchlaucht dem Erbpr inzen von Hohenzollern Wohnung genommen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

In der gestrigen Sitzung des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogthümer Coburg und Gotha gab, der Cob, Ztg. zufolge, der Staats-Minister von Streng auf die Anfrage des Äbg. Schumann, weshalb die Regle⸗ rung im Bundesrath für die Zuckersteu ervorlage gestimmt habe, folgende Antwort: „Die Staatsregierung hat sich denjenigen Erwägungen anschließen zu sollen geglaubt, welchen der Herr Reichskanzler in der Begründung des Entwurfs, wie folgt, Ausdruck gegeben hat: „Da eine nennenswerthe Verminderung der Produktionskosten für die deutsche Zuckerindustrie nicht im Bereiche der Möglichkeit liegt, so kann die Aenderung der Bedingungen ihrer Wettbewerbs— fähigkeit anders als durch die Gewährung erhöhter Ausfuhr⸗ zuschüsse nicht herbeigeführt werden. Das Reich vermag sich dem Versuche, hier im Wege der Gesetzgebung Abhilfe zu schaffen, schon deshalb nicht zu entziehen, weil die Erhaltung einer derblühendsten Industrien in Frage steht, welche mittelbar mehr als eine halbe Million Arbeiter beschäftigt und deren Niedergang auf eine Reihe von anderen Erwerbszweigen, insbesondere auf die ohnehin unter der Ungunst der Verhältnisse schwer leidende Landwirthschaft, üben müßte.“ Die Richtigkeit dieser Gesichts⸗ punkte hatte die Regierung im eigenen Lande erfahren bei dem durch die ungünstigen Verhältnisse des Zuckermarktes herbei—⸗ geführten Zusammenbruch der Zuckerfabrik zu Ebeleben, für welche große und kleine Grunsbesitzer, inshesondere auch mehrere Domänenpächter im Herzogthum Gotha, Rüben zu bauen gewohnt waren; die Verheerungen in deren wirthschaftlichen Verhältnissen traten so zweifellos zu Tage, daß die Regierung sich pflichtmäßig genöthigt sah, jeden sich bietenden Weg zu einer Besserung der Verhältnisse der Landwirthschaft zu be⸗ treten. Sie hofft der Zustimmung des weitaus größten Theils der Bevölkerung sicher zu sein bei ihrem Bestreben, die schwie⸗ rige Lage der Landwirthschaft nach Kräften zu bessern.“ Auf die Anfrage des Abg. Arn old, ob die Meininger Regierung vor dem Erlaß des neuen Erbfolgegesetzes dem Herzoglichen Hause oder Ministerium Mittheilung gemacht habe, und wenn nicht, was das Ministerium gegen diese Beeinträchtigung des Erb⸗ rechts der ernestinischen Agnaten zu thun gedenke, erwiderte der Staats-Minister von Strenge: „Das Herzogliche Staats⸗Ministerium hat die Meininger Landesgesetzgebung über die Erbfolge mit lebhafter Aufmerksamkeit verfolgt, die Erwägungen über die höchst schwierigen Fragen, welche sich daran knüpfen, sind aber noch nicht zum Abschluß gekommen; die Staatsregierung ist daher im gegenwärtigen Augenblick nicht in der Lage, weitere Mit⸗ theilungen zu machen“. Die Vorlage der Regierung, be—⸗ treffend die Abänderung von Amtsgerichtsbezirken, wurde, dem Antrage der Kommission entsprechend, nach längerer Debatte abgelehnt. Der Staats⸗-Minister von Strenge sprach sodann im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs die Vertagung des gemeinschaftlichen Land⸗ tags aus.

Oe sterreich⸗ Ungarn.

Bei der gestern im österreichischen Abgeordneten⸗ hause fortgesetzten Spezialdebatte über die Wahlreform gelangte Artikel , welcher von der Zahl der neuen Abgeordneten handelt, zur Berathung. Im Laufe der Debatte erklärte der Abg. Engel namens der Jungezechen, er sei von dem Klub nahezu einstimmig zu der Erklärung ermächtigt, daß die Ab⸗ stimmung der Jungczechen über die Wahlreform⸗Vorlage mit einem Vertrauen oder Mißtrauen gegen die Regierung in keinem Zusammenhang stehe. Die Jungczechen ließen sich dabei ausschließlich von sachlichen Gründen leiten. Sie könnten nicht die Verantwortung übernehmen, 3 600 000 Menschen, welche bisher das Wahlrecht nicht genössen, das⸗ selbe zu verweigern. Nachdem der Minister⸗Präfident Graf Badeni gegen zahlreiche, zu Art. 1 gestellte Abänderungs⸗ anträge sich ausgesprochen und die unveränderte Annahme der Re— gierungsziffer befürwortet hatte, wurden sammtliche Abände⸗ rungsanträge abgelehnt und der Artikel 1 in der Fassung der Regierungsvorlage, welche 72 neue Abgeordnete festsetzt, mit einer Majorität von 195 egen 30 Stimmen angenommen. Hierauf wurde die Verhandlung geschlossen.

Die ungarischen Minister von Erdély, Dr. Lu— kacs, Perczel, Daniel, Wlassies und Daränyi sind, wie das „Ungarische Korrespondenz⸗Hureau“ erfährt, zu Wirk⸗ lichen Geheimen Räthen ernannt worden.

Das ungarische Unterhaus nahm gestern den Antra des Immunitäts⸗Ausschusses an, in welchem erklärt wird, da in dem Erlaß des Honved⸗Ministers an die Honvedoffiziere, welcher den Offizieren das Erscheinen auf der Galerie des Abgeordnetenhauses während der Verhandlungen über das Honvedbudget untersagte, keine Verletzung der Immunität der Abgeordneten gelegen habe. Hierauf gelangten Pe⸗ titionen zur Verhandlung. Der Referent Moknar empfahl, die zahlreichen Petitionen von Städten und Komitaten, welche auf die Ausgleichsverhandlungen mit Oesterreich Bezug haben, der Regierung zu übermitteln. Der Abg. Kossuth trat für ein selbständiges Zollgebiet ein und wünschte, die Regierung solle die Petitionen in diesem Sinne in Betracht ziehen. Der Minister⸗Präsident Baron Banffy erklärte, er erachte es weder für nothwendig noch für zeitgemäß, sich jetzt in eine längere Besprechung der Frage des Zollgebieis einzulassen; auch seien die Petikionen in Bezug auf die Frage, ob ein einheitliches oder ein gesondertes Zollgebiet eingerichtet werden solle, getheilter Auffassung und drückten nur die An— sicht aus, daß, falls die Verhandlungen zu keinem Ergebniß ihren sollten, ein selbständiges Zollgebiet errichtet werden müsse. Dieser Ansicht sei auch die Regierung, ihr sei aber überhaupt an dem Zustandekommen der Ausgleichsverhandlungen sowohl im Interesse Oesterreichs als auch Ungarns gelegen. Der bis— herige Gang der Verhandlungen habe nicht davon überzeugt, daß man zur Trennung des Zollgebiets schon jetzt Ver⸗ fügungen treffen müsse; im Gegentheil, er habe die Ueber⸗ eugung gebracht, daß auch auf der Grundlage eines gemein⸗ . Zollgebiets Ungarns Interessen geschützt werden könnten. werde die Regierung die

Diesen Erwägungen gemäß r gi . Ackerbau⸗Minister über⸗

Petitionen dem Finanz⸗ und mitteln. Die übrigen Petitionen wurden ohne De⸗ batte 66 Am Schlusse der Sitzung beant⸗ wertete der Minister⸗Präsident Baron Banffy die Inter— pellation des Abgeordneten Visontai in der Angelegenheit der , . Konferenz, welche kürzlich stattfand. Der Minister⸗Präsident erklärte, die Regierung werde dem König die Einberufung des erbischen Kirchenkongresses für 1897 vorschlagen.

Großbritannien und Irland.

Die Königin hat einen neuen Or den mit der Be⸗ zeichnung „Royal Victoria Order“ gestiftet.

Im Unterhause theilte geftern der Parlamentzs⸗ Sekretär des Auswärtigen Curzon mit, die britische und die egyptische Regierung hätten Veränderungen in dem egyptischen Gesetze erwogen, um Fälschungen von Handelsmarken zu begegnen; auch seien Unterhandlungen mit anderen Mächten behufs Herbeiführung eines Abkommen im Gange. Der Praͤsident des Handelsamts Ritchie erklärte, die Initiative zur Berufung einer neuen Konferenz der internationalen Vereinigung zum Schutze des in— dustriellen Eigenthu ms liegé der belgischen Regierung ob, welche dabei von dem Berner Zentralburegu zu unterstützen sei. Redner erklärte, daß er nicht in der Lage sei, eine solche Zu— sammenkunft zu empfehlen, ehe Belgien die nöthigen Vor— bereitungen getroffen und ein bestimmtes Datum in Anregung gebracht habe. Italien und Belgien seien von Anfang an Mitglieder der Vereinigung gewesen; Sesserreich sei derselben noch nicht beigetreten, und es sei zweifelhaft, ob Vorstellungen, um dessen Beitritt herbeizuführen, möglich sein würden. Gegen den Beitritt Egyptens beständen Bedenken, Länder, die der Vereinigung nicht angehörten, könnten durch Delegirte, welche jedoch kein Stimmrecht besäßen, auf der Konferenz ver— treten sein.

Frankreich.

Der Präsident Faure empfing gestern im Laufe des Vormittags Loubet, Brisson, Peytral und Poincarés; Vachmittags hatte der Präsident Besprechungen mit Bourgeois, Sarrien, Leroyer und Méline.

Eine Note der „Agence Havas“ besagt, der Präsident Faure werde heute fortfahren, sich mit politischen Persönlich— keiten zu besprechen, aber es verdiene die Ansicht Glaub⸗ würdigkeit, daß der Präsident nach der gestrigen Unterredung mit Brisson darauf bestehen werde, daß Méöline die Kabinets⸗ bildung übernehme. Die gestrige Unterredung des Präsidenten mit Mẽeline dauerte zwei Stunden, was, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, sehr bemerkt wurde; in parlamentarischen Kreisen meint man, daß Meline auf Grund seiner wirthschaftspolitischen Beziehungen zu verschiedenen Fraktionen der Deputirtenkammer die größten Chancen habe, die Krisis zu lösen. In einem Kabinet Meline dürfte Hanotaux das Portefeuille des Aus⸗ wärtigen erhalten.

Der Senat genehmigte gestern nach kurzer Berathung einstimmig die Kredite für Madagaskar. Der Senator Angls brachte darauf einen Antrag auf Revision der Verfassung ein und verlangte die Dringlichkeit für den⸗ selben, die aber mit 214 gegen 33 Stimmen abgelehnt wurde.

Der Generalrath des Seine⸗-Departements hat einen Antrag angenommen, wonach der Generalrath sich der Kundgebung des Pariser Gemeinderaths zu Gunsten des all— gemeinen Stimmrechts anschließt und erklärt, er überlasse seinem Bureau die eventuell im öffentlichen Interesse zu ergreifenden Maßnahmen.

Eine seit mehreren Tagen von den so zialistischen Comités vorbereitete große V ersammlung fand gestern Abend in Tivoli Vauxhall zu Gunsten der Einkommen— steuer und zum Zweck einer Protesterklärung gegen den Senat statt. Der Andrang war ein sehr großer; mehrere tausend Theilnehmer mußten außerhallh des Saales bleiben; eine Anzahl sozialistischer Deputirten und Munizipal-Räthe waren zugegen. Camille Pelletan be⸗ stieg zuerst die Tribüne und erklärte, der Augenblick fordere Thaten, nicht Worte. Jaures und Vaillan? sprachen nach ihm. Die Versammlung verlief verhältnißmäßig ruhig; aber nach einer gegen den Senat gerichteten und sich für eine Ver⸗ fassungsrevision aussprechenden Tagesordnung erschallten von allen Seiten die Rufe „Nieder mit dem Senat!“ Unter großem Tumult und unter Rufen gegen den Senat verließ die Menge den Saal. Die Garde républicaine und Polizeibeamte sperrten den Zugang zur Place de la république, verhinderten die Manifestanten, nach den großen Boulevards zu gelangen, und drängten dieselben nach dem Canal St. Matin zurück. Mehrere Verhaftungen, darunter die Gucrin's, des Redakteurs der „Libre Parole“, wurden vorge⸗ nommen. Einige Trupps konnten unter Kundgebungen gegen den Senat zu den Boulevards gelangen. Vor den Re⸗ , der Blätter „La République“ und „L Intransigeant“ wurden Hochrufe auf die soziale Republik und Pereat⸗Rufe auf den Senat ausgebracht. Die Deputirten Jau res und Sembat, welche an der Spitze einer Gruppe waren, wurden von den Polizeibeamten mit Gewalt zurückgedrängt.

Die Mehrzahl der heute in Paris erschienenen Blätter stellt eine große Beruhigung fest. Die allgemeine Meinung über⸗ wiege zu Gunsten eines Konzentrations⸗Ministeriums unter Vorsitz von Meline oder Peytral. Die sozialistischen und die ultraradikalen Blätter führen dagegen eine uͤberaus heftige Sprache. Der „Rappel“ schreibt, das Signal sei gegeben; wenn die Reaktionären Trotz bieten sollten, so werde der Funke, der gestern Abend aus dem Pariser Straßenpflaster aufgesprüht sei, bald zum Brande werden. ö

Es heißt, die Sozialisten hätten beschlossen, am 1. Mai eine große Demonstration gegen den Senat zu veranstalten.

Italien.

Die Kaiserin Friedxrich ist, wi „W. T. B.“ berichtet, gestern an Bord des britischen Kriegsschiffs „Surprise“ von Messina nach Patras abgereist, von wo Allerhöchsidieselbe sich mit der Eisenbahn nach Athen begeben wird.

Der Vatikan hat gestern die offizielle Mittheilung nach St. Petersburg gelangen lassen, daß der Nuntius A gliardi als Vertreter des Papstes an den Krönungsfeierlichkeiten in Moskau theilnehmen werde.

Niederlande.

Bei einem Festmahl im Königlichen Palais zu Amsterdam an dem die Königin, die Königin-Regentin und zahl⸗ reiche Vertreter der Zivilbehörden wie der Armee theilnahmen, brachte gestern, dem „W. T. B.“ zufolge, die Königin⸗ Regentin einen Trinkspruch auf die indische Armee aus, welche gegenwärtig eine ernste und schwere. Aufgabe für die Interessen des Vaterlandes erfülle. Die Königin Regentin drückte ihr Vertrauen zu den in Atjin durchzuführenden Operationen, sowie die Hoffnung aus, daß die Opfer an Menschenleben keine großen und keine vergeblichen sein möchten; das sei der Wunsch jedes guten Niederländers.

Türkei. Bei der vorgestrigen freundschaftlichen Vorstel lung sämmtlicher Botschafter bei der Pforte gegen die Er—

nennung des mohamedanischen Kaimgkams für Zeitun ss. die gestrige Nr. d. Bl.) wurde, wie ‚W. T. B.“ aus Kon⸗ stantinopel erfährt, darauf hingewiesen, daß die Botschafter auf Wunsch der Pforte die Unterwerfung der Au fständischen in ZJeitun vermittelt hätten unb somit moralisch verpflichtet seien, für die Erfüllung der Bedingungen der Unter— werfung zu sorgen; aus diesem Gründe müßten sie gegen die Ernennung des mohamedanischen Kaimakams, als gegen das Reform-⸗Reglement und die Zusage der Pforte verstoßend, Einspruch erheben. Der „Times“ wird gemeldet, der Großvezir habe die Vorstellung mündlich beantwortet und die Versicherung gegeben, daß die Schwierigkeit in kurzem befriedigend werde geregelt werden.

Zur Bewachung der Küste sind gestern ein Aviso und zwei Torpedoboote von Konstantinopel nach dem Golf von

lexandrette abgegangen.

Schweden und Norwegen.

Nach mehrtägigen Verhandlungen ist am Donnerstag in Stockholm der Handelsvertrag zwischen Japan und Schweden und Norwegen abgeschlossen worden. Die Unter— zeichnung wird jedoch erst statifinden, wenn der japanische

Gesandte nähere Instruktionen aus Japan empfangen haben wird, welche Anfangs der nächsten Woche erwartet werden.

Dänemark.

Der Herzog und die Herzogin von York sind vor— gestern von Coburg in Kopenhagen eingetroffen.

Amerika.

Aus Havanna ist in Madrid die Nachricht eingetroffen, daß der Fuͤhrer der Aufständischen Maceo umzingelt sei. Der General Weyler habe den Aufständischen einen neuen Auf⸗ schub von zwanzig Tagen zur Unterwerfung bewilligt.

Afrika.

Aus Massowah von gestern erfährt die „Agenzia Stefani“, daß die allgemeine Lage im Süden wie bei Kassala unverändert sei.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Bulu wayo vom 22. d. M. gemeldet, eine Abtheilung von 300 Mann habe am Vormittag desselben Tages Buluwayo verlassen und die Matabeles 4 Meilen nördlich von Buluwayo in der Nähe des Flusses Umguza angegriffen. Es habe sich ein heftiges Ge— fecht entsponnen, die englische Streitmacht sei einige Male hart bedrängt worden, habe aber, nachdem sie einen heftigen Flanken⸗ angriff abgeschlagen, die Oberhand behalten und den Feind zurückgetrieben, als Befehl gegeben worden sei, sich nach Bulu— wayo zurückzuziehen.

Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Kapstadt, Sir Herkules Robinson habe die Antwort des Präsidenten Krüger auf die Einladung, nach England zu kommen, er— halten und telegraphisch nach England mitgetheilt. Der Prä⸗ sident Krüger sage in seiner Antwort, er könne jetzt nicht nach England reisen, weil der Volksraad seine Anwesenheit im Lande verlange.

Aus Prätoria wird gemeldet, die U ntersuchung gegen die Uitlanders sei gestern wieder aufgenommen worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schl ußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Das Haus der Abgeordneten erledigte in der heutigen (60.) Sitzung, in welcher der Minister des Innern Freiherr von der Recke zugegen war, eine Reihe von kleineren Vorlagen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärte

Abg. Feli sch (kons. ):: Bei Gelegenheit der Besprechung des Antrags Brockhausen habe ich unter anderem gesprochen von den Schäden, welche durch minderwerthige Waaren dem foliden Hand⸗ werker⸗ und Kaufmannsstande zugefügt werden, und dabei einige Fälle unsolider Konkurrenz angeführt, die mir von zu⸗ verlässigen Leuten ohne Nennung der Firmen mitgetheilt waren. Das Waarenhaus A. Wertheim, Leipzigerstraße, hat darauf hin Annoncen gegen mich erlassen, in welchen behauptet wird, ich habe deutlich in meinen Ausführungen auf seine Firma hingewiesen. Diese Behauptung ist unwahr; ich erkläre hiermit, daß meine Ge⸗ währe leute die Namen der betreffenden Firmen, deren Handlungs⸗ weise ich kritisiert habe, mir nicht mitgetheilt haben, sodaß in meinen Ausführungen fein Anlaß lag, sich getroffen zu fühlen. Die Angelegen⸗ heit ist für mich hiermit erledigt.

Sodann wurden die Gesetzentwürfe, betreffend die Aufhebung der im Geltungsbereich des rheini— schen Rechis bestehenden Vorschriften über die An? lündigung von Geheimmitteln, die Abänderung des Gesetzes über die Pfandleih⸗Anstalten zu Cassel, Fulda und Hanau vom 10. April 1872 und die Ab⸗ änderung der Gesetze vom 25. Dezember 1869 Und 10. Mai 1886, die sich auf die Landeskreditkafse in Cassel beziehen, in erster und zweiter Lesung ohne Debatte genehmigt.

Den Bericht der Rechnungskommission, betreffend die all⸗ gemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres vom 1. April 1892 93 und die Rechnung über die Fonds des ehe— maligen Staatsschatzes für dasselbe Jahr, erledigte das Haus durch Kenntnißnahme.

Zu dem Bericht der Staatsschuldenkommission über die Verwaltung des Staatsschuldenwesens im Rechnungs⸗ jahr vom 1. April 1894/95 bemerkte

Abg. Dr. Sattler (nl): Ein Theil der Presse hat an diesen Bericht lebhafte Erörterungen geknüpft und Angriffe gegen ihn ge— lichtet, die ich als Vorsitzender der Staatsschuldenkommission öffent. J zurückweisen muß. Namentlich die Freisinnige Zeitung“ ist sehr weit gegangen in ihren Angriffen und hat Ihn ais lein fkalkulatorische Arbeit ohne Werth bezeichnet. Nach § 10 es Gesetzes von 1850 hat die Staats schuldenkommissson nur die Kontrose über die in g'5' aufgeführten sünf Punkte zu führen, e übrige Thätigkeit derfelben unterliegt den Anweisungen des Finanz⸗ inisterß. Eine Kontrole über die Thätigkeit des Finanz-

inisters hat sie nicht, sondern diese steht nur dem Abgeordneten⸗ ause zu. Es ist daher vollständig unberechtigt, wenn die pe Angriffe gegen die Staatsschuldenkommission verknüpft bat mit einer Kritik der Thätigkeit des Finanz Ministers g der Aufnahme von Änleihen. Es ist feit einer Reihe von Jahren ein Verstoß vorgekommen, und daraus ergiebt sich von selbst, daß bie Lichte von Jahr zu Jahr magerer geworden sind unb sich darauf sschranken, zu registrieren, daß dem Gesetz entsprechend verfahren ist

Angriffe sind innerlich unbegründet. Die Frage, ob der Bericht noch not wendig ist, ist bei den Erörterungen in der Presse nicht be⸗ andelt worden.

Es folgte die Berathung von Petitionen.

Der Zeichenlehrer Heyn in Lauenburg und der Oberlehrer Friese in Hannober baten um Abänderung des Normalefats für höhere Lehranstalten dahin, daß die Bedingung, wenigstens 14 Zeichenstunden in der Woche zu geben, in Fortfall komme. Die Unterrichts. kommission beankragke Uebergang zur Tagesordnung; das Haus be⸗ schloß demgemäß.

PVrofessor Br. Pöhlig und Genossen, Lehrer an höheren Schulen in Seehaufen, Marne u. s. w., wünschten Aufhebung der gesetzlichen Bestimmung, nach welcher es statthaft ist, den wissenschaftlichen Lehrern an . Schulen nicht Königlichen Patronate Stellengehälter zu gewähren.

Die Kommission schlug vor, dle Petition der Staatsregierung zur Erwägung dahin zu Üüberweisen, ob auf dem Wege der freien Vereinbarung mit den- Gemeinden die Einführung des Alterszulagen⸗ Ftats für die hier in Betracht kommenden höheren Lehranstalten herbeigeführt werden könne—

Das Haus beschloß nach diesem Antrage, nachdem die Abgg. Krause (Waldenburg), Grothe und von Pappenheim der Re— gierung empfohlen hatten, den Wünschen der Petenten möglichst ent⸗ gegenzukommen.

Petitionen verschiedener aktiver und pensionierter Eisenbahn⸗ beamten, betreffend Forderungen an Penstonskassen früherer Privat eisenbahnen, wurden theils durch Uebergang zur Tagetordnung, theils durch Ueberweisung zur Erwägung erledigt.

Eine Reihe anderer Petitionen von Eisenbahnbeamten wurde von der Tagesordnung abgesetzt.

Damit war die Tagesordnung erledigt. Nächsle Sitzung Donnerstag, den 30 April, 13 Uhr. (Erste Lesung der Novelle zum Gesetz, betreffend die Zentral⸗Genossenschaftskasse; ö auf Vorlegung eines GHesetzes über die Medizinal⸗ reform.

Die Tagesordnung für die 77. Plenarsitzung des Reichs tags am Montag, den 27. April 1896, Nachmittags 1 Uhr, lautet: I) Berichte der Wahlprüfungskommiffion' über die Wahl der folgenden Mitglieder des Reichstags: a. Holtz (5. Marienwerder), b. Pöhlmann (6. Elsaß Lothringen). 2) Wahr eines Mitglieds des Reichstags zur Kommission für Arbeiterstatik an Stelle des aus dieser Kommission geschiedenen Abg. Dr. Kropatscheck. 3) Zweite Berathung des Börsengefetzes.

Kunst und Wissenschaft.

Die diesjährige Hauptversammlung der Comenius Ge sellschaft findet am 25. und 36. Mai in Berlin statt. Den Vauptgegenstand der Tagesordnung bilden die Fragen, betreffend Volks ⸗Hochschulen und öffentliche Bücherhallen, die vom der genannten Gesellschaft zuerst in Deutschland in Fluß gebracht worden sind. Ueber den ersterwaͤhnten Gegenstand wird Herr Universitäts⸗Professor Dr. Wilhelm Rein aus Jena einen Vortrag halten, über den andern hat Herr Bibliothekar Hr. Nörrenberg aus Kiel die Berichterstattung übernommen. Die von beiden Herren aufgestellten Leitsätze werden demnächst durch die Comenius- Blätter für Volkserziehung“ veröffentlicht werden. Die soeben aus— gegebenen Hefte der Gesellschaft enthalten die preisgekrönte Arbeit von Dr. G. Kohlfeld über den Unterricht in der Sittenlehre nach Comenius? und einen Auffatz von Ludwig Keller „zur Geschichte der Geistesentwicklung Preußens am Ausgang des 18. Jahrhunbertz?“. Die Geschäftsstelle der Comenius. Gesellschaft befindet sich in Berlin W. Charlottenburg, Berliner Straße 72.

8. Dresden. Der Umbau des Königlichen Schlosses, über dessen bisherigen Gang wir vor einigen Monaten berichtet haben, wird gegenwärtig wieder fortgesetzt. Ein Modell des Schlosses in seiner künftigen Vollendung (l: 1090) giebt Aufschluß über die prächtige Gestalt, welche das Schloß der Wettiner einst erhalten wird. Bisher sind drei Seiten und die Hofschau des Schlosses vollendet; nun— mehr kommt die Elbseite an“ die Reihe: das jedem Besucher Dresdens bekannte sogenannte Georgenthor, das der Mündung der Augustusbrücke gegenüberliegt, während zur Linken die große Freitreppe nach der Brüblsschen Terrasse emporführt und rechts die stattliche katholische Hof- Kirche sich erhebt. Der Schloßthurm mit dem darunter befindlichen sogenannten Grünen Thor bleibt erhalten. Die Langseiten links und rechts davon erhalten kleinere Giebelaufbauten nach Art der schon an den drei anderen Seiten des Schlosses vorhandenen. Der vorspringende Georgenthorbau behält seine drei Durchgänge, die nach der Schloßstraße zu führen; nur wird der mittlere soweit verbreitert, daß dann bequem zwei Wagen nebeneinander hindurchfahren können, während jetzt nur die Durchfahrt nach der einen Seite möglich ist. Das ganze Hauptportal mit seinem plastischen Schmuck, einer der wenigen erhaltenen Reste des Schloß⸗ umbaues aus der Zeit des Herzogs Georg des Bärtigen, wird zu diesem Zweck an die rechte QSuerseite versetzt, wo der vorspringende Georgenthorvorbau mit der langen Seite des Schlosses eine Ecke bildet. Es ist erfreulich, daß auf diese Weise das reiz—⸗ volle Frührenaissance Bauwerk am Schloß selbst erhalten bleibt. Das eine Hauptportal wird von zwei mächtigen Figuren flankiert, welche den großen Balkon des ersten Obergeschosses vor den Fenstern Seiner Majestät des Königs tragen. An die Ecken der Schauseite kommen Erkerthürmchen auf Konsolen. Eine Reihe von Wappen, heraldische Löwen, Köpfe in den Giebelbekrönungen der Fenster u. a. vervollständigen den Schmuck. Ein reich geschmückter, abgetreppter Giebelaufbau mit flachen Wandpilastern, Voluten, Ritter⸗ figuren u. s. w. wird das Bauwerk bekrönen ; In seiner Gesammtheit wird dasselbe einen prächtigen malerischen Anblick gewähren, ähnlich demjenigen, den der Georgenbau vor dem Brand des Jahres 1701 darbot. Dem gesammten Umbau liegen die Pläne des Hof⸗Bau—⸗ inspektors Fröhlich zu Grunde. Die Oberleitung hat der Hof⸗Bau—⸗ meister Dunger.

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich besichtigte, wie W. T. B. aus Wien meldet, bei seinem gestrigen Besuche des dortigen Künstlerhauses eingehend die Menzel⸗Ausstellung.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Es war schon längere Zeit her bekannt, daß öfters Bäume in eine m Jahre zwei Holzringe bilden, daß also nicht unbedingt die Anzahl der Holzringe einen Rückschluß auf das genaue Alter des betreffenden Baumes erlaube; worin aber! die Ursache dieser Doppel⸗ ringbildung zu suchen ist, das wurde erst vor kurzem von Professor Hartig mit Sicherheit festgestellt (. Doppelringe als Folge von Spãt⸗ frost in, Forstlich⸗naturwissenschaftfiche Zeitschrift IV., pag. I). Der Verfasser untersuchte Kiefernzweige, welche im Mai erfroren waren und sich dann trotzdem im Juni' wieder erholt hatten und weiter wuchsen. Der betreffende Baum war aber durch das Erfrieren doch stark geschädigt worden, wie fein ganzes Ansehen deutlich zeigte. Die meisten Seitenäste hatten ihre Wasserspannung verloren und hingen schlaff nach unten, auch war ihre Rinde stark gebräunt und geschrumpft. Die , nn der Zweige zeigte nun, daß schon ein neuer Volzring im Entstehen war (alfo der zweite in demselben Jahre), obgleich das Aufhören in der Bildung des ersten kaum einen Monat vorher erfolgt war. In allen 2. bis 6jährigen Aesten war diefe Doppelringbildung nachzuweisen, sie war dagegen in älteren unterblieben, wohl weil diese Theile des Baums durch schon starke Borke geschützt sind. Die fort · gesezten Studien über das Wefen des Erfrierens ergaben nun, daß hierbei zunächst das aus dünnwandigem Gewebe bestehende Mark, so⸗ dann aber auch die zarteren Clemente des Holzes selbst ab⸗ sterben. Ferner aber bildet sich beim Vorgang des Erfrierens zwischen Rinde und Holz des betreffenden Baums ein mehr oder weniger starker Eismantel, wodurch die jungen Holzelemente zusammengedrückt und beschädigt werden. Auffallender. weise bleiben aber verhäͤltnißmäßig zarte, den Holzkörper durchlaufende

Gewebepartien, die Markstrahlen unversehrt, und von diesen geht

sodann nach erfolgtem Aufthauen die Entstehung eines neuen Ver⸗ dickungsrings aus. Daß die Bildung derartiger Frostringe gar keine seltene Erscheinung ist, das konnte Prof. Hartig bei folchen Kiefern nachweisen, welche auf erponierten und radurch hen Wiütteru igsunbiiben am meisten unterworfenen Drten standen. Ganz besonders die Fichten sind leicht dem Erftieren ausgesetzt, da sie weniger gegen Wärmeverlust geschützt sind als die Kiefern. So konnten z. B. an einer Fichte, welche mit Bestimmtheit 16 Jahre alt war, im Stamme 19 Doppelringe ge⸗ zählt werden. Bei der Kiefer werden dagegen die Doppelringe seltener angetroffen. Noch härter als die Kiefer ist dagegen die Lärche, an welcher nur die jüngsten Aeste er⸗ frieren, während die alteren auch abnormen Kälterückschlãgen unbeschadet Widerstand bieten. Auffallend ist endlich noch, daß in dem durch das Erfrieren abgestorbenen Gewebe sich zahlreiche Harz⸗ kanãle bilden; ja bei einer Cyvresse konnte mit großer Wahrschein⸗ lichkeit festgestellt werden, daß Lücken, welche durch die Eisbildung im Gewebe enkstanden waren, nachträglich zu Harzgängen wurden.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 25. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnell dampfer Kaiser Wilhelm II.“ hat am 23. April Abends die Reise von Kea vel nach Genua fortgesetzt. Der Schnell⸗ dampfer Ems hat am 23. April Vormittags Punta Del gada passiert. Der Postdampfer Wil lehad⸗ ist am 23. April Nach⸗ mittags in Baltimore angekommen. Der Schnelldampfer Spree hat am 24. April Morgens die Reise von Southampton nach New⸗NVork fortgesetzt.

Theater und Mufik.

ö. Schiller⸗Theater.

Neben Heinrich Fordan's feinem Verslustspiel Durchs Ohr“ kamen gestern Abend zwei kleine Novftäten zur Aufführung: Unter Brüdern“, Lustspiel in einem Akt von Paul Heyse, und Der Zankapfel, Schwank in einem Akt von Paul Lindau. Das Heyse'sche Lustspiel behandelt scherzhaft das Loos einer von drei Brüdern bevormundeten Schwester, welche von den Brüdern, damit ihre Bequemlichkeit nicht gestört werde, zu heirathen verhindert wird, aber durch List diese Brüder nöthigt, ihr den Freier selbst ins Haus zu bringen. Das kleine Lustspiel ist vom Dichter nur als dramatischer Scherz an⸗ gelegt und wurde als solcher gestern sehr glücklich zur Darstellung gebracht. Die . des Stücks, die Schwester Clara, wesche die bewegende Kraft im Stimmungswechsel ihrer Brüser bildet, ist Bom Verfasser am klarsten ausgestaltet worden; sie treibt ihr fröhliches Wesen mit leichtem Sinn und liebenswürdiger Laune und weckte durch die Darstellung, die ihr Fräulein Grete Meyer zu theil werden ließ, lebhafte und freudige Theilnahme der Zuhörer. Die zweite Novität des Abends, Paul Lindan's „Zankapfel“, bietet eine derbere Kost in Sprache und Stimmung dar und rief kräftige Lachlust hervor. Als Zankapfel“ in einer jungen, noch überglücklichen Ehe entpuppt. sich ein Bratapfel, den die jüngere Schwester der Ehefrau sich in einem Ofen bereitet, dem die Cheleute im Scherze die Bedeutun des Janustempels für ihr Eheleben beigelegt haben. Ein lustiger . und eine alt⸗ jüngferliche Tante, die in der Handlung mitspielen, tragen zur Be— lebung und Erheiterung der Stimmung wesentlich bei. Alle Dar— steller auch dieses Schwanks, die Herren Winterstein und Reimann, die Damen Levermann, Wanswius und Werner, leisteten Tüchtiges; besonders ist die Frische und Sicherheit in der Erfassung der schauspielerischen Aufgaben zu loben, die sich auch in den beiden Lustspielen bemerklich machte.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Mozart's Don Juan“ gegeben. Herr d Andrade gastiert in der Titelrolle. Am Montag geht Richard Wagner's Siegfried! (Ring des Nibe⸗ lungen), zweiter Abend) in Scene. Der Königlich bayerische Kammersänger Herr Heinrich Vogl singt den Siegfried, die Brünn= hilde Frau Sucher, den Wanderer Herr Betz, den Mime Herr Lieban, den Alberich Herr Schmidt, den Fafner Herr Mödlinger, die Erda Frau Götze, den Waldvogel Fräulein Dietrich.

Im Königlichen Schau spiel haufe Aufführung von Shakespegre's Zauberkomödie Der Sturm statt. Die 4 . lautet: Caliban. Herr Grube? Stephano: Herr Vollmer; Trinculo: Herr Link; Ariel: Fräulein Deppe; Prospero: Herr Nesper; Miranda: Frau von Hochenburger. Am Montag

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geht E. von Wildenbruch s vaterländisches Drama Die Quitz owe?

in Scene.

In Kroll's Theater findet morgen Abend eine Auf⸗ führung von Richard Skowronnek's Luftspiel Halali! mit den Damen Poppe, Schramm, Hausner und den Herren Keßler, Purschian, Hertzer und Eichholz in den Hauptrollen statt. Den Schluß bildet Benedixs Lustspiel Die Dienstboten !; die Christiane spielt darin Frau Schramm.

Im Deut schen Theater finden in der nächsten Woche Wieder holungen von Max Halber Liebesdrama . Jugend? morgen Abend sowie am Donnergtag statt; morgen Nachmittag wird König Richard III. gegeben. Am Montag tritt Agnes Sorma zum vorletzten Mal in dieser Spieljeit auf, und zwar als Jüdin von Toledo“; am Dienstag spielt die Künstlerin zum letzten Male in ‚Liebelei; dazu wird Georg Hirschfeld's Schauspiel Zu Hausen gegeben. Am Mittwoch geht König Heinrich IV. in Scene, am Freitag Der Talisman“, am Sonnabend ‚Die Weber. Am Sonntag, den 3. Mai, veranstalten zur Feier des 50 jährigen Künstler⸗Jubiläums ihres Kollegen Ludwig Menzel die Mitglieder des Deutschen Theaters eine Extra · Vorstellung von „Lumpacivagabundus ', die als Matinée um 127 Ühr (zu Abendpreisen ohne Vorverkaufsgebühr) stattfinden wird. Der Billetverkauf zu dieser Matinée beginnt morgen an der Theaterkasse. Außerdem sind Billets zu haben bei den Damen Fräulein Else Lehmann, W., Passauerstraße 33, Marie Meyer, NW., Kronprinzen Ufer 23, Nina Sandow, N., Novalisstraße 7, und den Herren Josef Kainz, NW., Alsenstraße 3a, Hermann Nissen, SW. e r shriftnte 26, Emanuel Reicher, Nieder · Schönhausen, Linden⸗

raße

Die nächste Novität des Berliner Theaters, das von Elsa von Schabelsky nach dem Russischen bearbeitete Lustspiel Bobin, soll mit Albert Schindler in der Tsteirolle am 29. April zum ersten Mal in Seene gehen.

Im Lessing-Theater findet morgen die letzte Sonntags- Aufführung bon Hermann Sudermann's Schauspiel Das Glück im Winkel“, mit Friedrich Mitterwurzer als Gast, statt' Im Ganzen können nur noch vier Wiederholungen des Werkes stattfinden, da am Donnerstag nãächster Weche die Schauspiel. Saison des Lessing · Theaters schließt. Am Freitag bleibt das Theater geschlossen wegen der General- probe zu der 8 d f

findet morgen eine

verette Waldmeister von Johann Strauß, die unter persönlicher Leitung des Komponisten und mit Frau Julie Kopascy⸗ Karsgcag als Gast am Sonnabend zur erften Aufführung gelangt. Das Schiller⸗Theater bringt morgen Nachmittag eine Auf⸗ führung des Schauspiels Ohne Geläut von Zobeltitz, Abends geht der Schwank „Ein toller Einfall in Scene. Am Montag werden Victoria und . Onkel Bräsig“, am Dienstag Durchs Ohr“, „Unter Brüdern und „Der Zankapfel! gegeben. Am Mittwoch und Donnerstag finden Wiederholungen des Schauspiels Die Stützen der Gesellschaft: und am Freitag eine solche des Langenscheidt'schen Schauspiels Halder und Sohn“ statt. Am Sonnabend geht erst malig „Antigone! mit Frau Clara Mever als Gast in Scene. Vor⸗ merkungen fur diese Vorstellung werden bereits heute an der Kasse des Schiller. Theaters entgegengenommen. Am Sonntag, den 26. d. M., findet, wie bereits mitgetheilt, im Bürgersaale des athhauses der letzte Dichter ⸗Abend statt.

Im Residenz⸗Theater findet morgen die letzte Sonntags- vorstellung des „Hötel zum Freihafen statt. Der Schwank wird dann nur noch viermal wiederholt, denn am Freitag, den 1. Mai gelangt neu einstudiert Georges Feydeau'z erfolgreichstes Stüc Fernand 's Ehekontrakt ! zur Auffũhrung.