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2 uständen in den bena Meine Herren, i
wie englischen Interessen entgegenkommen. Meine Herren, auch diese Bemerkung würde eine vollständig unrichtige sein. Ich habe ja schon zu wiederholten Malen Gelegenheit gehabt, vor diesem hohen Hause meine eigene persönliche Stellung zu diesen englischen Gesellschaften zu kennzeichnen. Aber ich möchte hier nur noch eins besonders bervorheben. Als diese englischen Gesellschaften konzessioniert worden sind, war in der That den deutschen Gesellschaften, die in Südwest⸗ Afrika Interessen zu vertreten hatten, ihr Kapital völlig ausgegangen; das Schutzgebiet war von den verschierensten Seiten so in Mißkredit gebracht, daß es unmöglich war, hier in Deutschland noch große Ka— pitalien für dasselbe und für dessen Entwicklung zu finden. Damals sind die englischen Gesellschaften konzessioniert worden, und seit dieser Zeit hat sich der Zuspruch des deutschen Kapitals um ein ganz Erhebliches vermehrt, und man kann ziffermäßig nachweisen, daß das deutsche Kapital, welches zur Zeit in Südwest-A Afrika investiert ist, sehr erheblich größer ist als zu der Zeit, bevor die englischen Ge—⸗ sellschaften dort konzessioniert waren. Im übrigen möchte ich auf eins noch aufmerksam machen. Diese englischen Gesellschaften haben, wenn Sie wollen, zur Zeit noch gar keine materiellen Interessen an Südwest⸗Afrika, sie haben nur eine ganz be— trächtlichꝛ Summe Geldes ausgegeben, um Expeditionen und Explo— rationen des Landes zu veranstalten. Diese Expeditionen sind noch nicht zu Ende, die englischen Gesellschaften stehen erst vor der Arbeit. Also, wenn wir heute von Ihnen wiederum eine erhebliche Unter— stützung für Südwest -Afrika verlangen, so geschieht es nicht um fremder, sondern um der eigenen deutschen Interessen willen. Nun habe ich weder den Beruf noch die ,, n. allgemeine politische Gesichtspunkte hier „örtern zu wollen, und ich will es auch nicht thun; aber ich ö es würde eine gewisse Lücke in meinen Aus⸗ führungen zurückbleiben, wenn ich nicht wenigstens die Andeutung machen wollte, daß die Aufrechterhaltung der deutschen .. in Südwest⸗Afrika nicht allein ein koloniales, sondern auch ein all gemein deutsches politisches Interesse darstellt. (Sehr 6 Die verbündeten Regierungen sind der Ansicht und hoffen dafür au die Zuftimmung, wenigstens der überwiegenden Mehrheit dieses hohen . zu erlangen, daß wir unter keinen Umständen und zu keinen eiten unsere deutsche Herrschaft in Südwest⸗Afrika aufgeben können und aufgeben werden. (Bravo
Abg. Richter: Die Berliner Banquiers fangen an kühl zu werden in Neu- Guinea, sie wollen die Sache auf das Reich über⸗ tragen. Welche Hoffnungen hat man nicht auf Wissmannis Er— nennung gesetzt, und nun kehrt er auf längeren Urlaub zurück, und man bezweifelt, ob er je wieder nach Ost⸗Afrika gehen wird. Für Südwest⸗ Afrika verlangt man eine Verdoppelung des Reichszuschusses. Wie leicht wird es, solche Ausgaben für Südwest⸗Afrika zu beantragen! In . ist dagegen ein Lehrerbesoldungsgesetz gescheitert, weil der Finanz⸗Minister sich nicht dazu verstand, 14 Millionen Mark her zugeben. Steigende Ausgaben in Südwest⸗ Afrika, aber keine wirthschaftlichen Erfolge. Früher begnügte man sich, die Landes- hoheit ju markieren durch einen Gouverneur und einen Sekretär; das kostete 30 009 6. Dann erhielt er eine Leibgarde von 50 Mann. Dann begannen die Händel mit Witbooi, und sofort wuchs der Reichs⸗ zuschuß in die Millionen binein. Mit Ende des Etatsjahres werden 10 Millionen hineingesteckt sein. Der Stolz, daß da 290 Deutsche sind, ist also nicht so besonders gerechtfertigt. Ohne die Schutztruppe würden es nur 20 bis 30 Deutsche sein, welche eine selbständige wirthschaftliche Stellung hätten. Das ist keine Unterlage für eine Schutz herrschaft, die größer ist als Deutschland selbst. Wenn das Land einen Werth 6 hätten die Engländer nicht bis zu unserer n. gewartet, sondern das Land selbst in Besitz genommen.
ie englische Gesellschaft ist über Expeditionen und Explorationen noch nicht hinausgekommen. Trotzdem wirthschaftliche Interessen nicht in bedeutendem Maße vorhanden sind, wächst die Gefahr der Ver— wickelung mit den Hirten und Nomadenstäm men, die sich ihre Bezirke nicht vorschreiben lassen wollen. Diese Aufständischen, wie man sie nennt, vertheidigen ihr natürliches Recht. Wenn sie besiegt werden, ziehen sie sich wo anders hin, und dann fängt die Geschichte wieder von vorne an. Gefährlich wird der Aufstand, weil die Eingeborenen mit Hinterladern versorgt sind. Man sollte diese ganze geträumte Herrlichkeit aufgeben. Eine nationale Ehre ist dort nicht ver⸗ pfändet: es ist ein einfaches wirthschaftliches Unternehmen, welches man aufgiebt, wenn es sich als wirthschaftlich nicht rentabel erweist. Wir können es den Steuerzahlern gegenüber unter Vernachlässigung anderer näher liegender Kulturaufgaben nicht verantworten, diese Gelder zu bewilligen. Die Hereros, Hottentotten und die anderen Bundesbrüder sind keine Schutztruppe werth.
Abg. Graf von Arnim (Rp.): Der Ton der Reden des Abg. icht ist ja bekannt, ich kann deshalb darüber zur Ta esordnung übergehen. Die Geschichte wird urtheilen über diese Haltung. Wen err Richter und seine Freunde Hand in Hand mit uns gegangen wären, dann wären solche Verwickelungen nicht entstanden. enn die ö, des Vorredners richtig wären, müßten wir uns ja verbluten in Südwest⸗Afrika. Aber wir sind sehr viel weiter, als man annimmt, wenn auch Südwest⸗Afrika kein Paradies ist. Nach Herrn Nichter müßten wir, wie n,. Fischer die deutsche Flotte, Südwest -Afrika unter den Hammer bringen und ver⸗ auktionieren Würde sich dagegen das deutsche Nationalgefühl nicht auf⸗ bäumen? Ich danke der Regierung dafür, daß sie sich entschlossen hat, diese Vorlage zu machen. Die Kämpfe mit Witbooi haben sich Jahre lang hingezogen. Das System des Fabius Cunectator ist endlich auf⸗ egeben und man hat eingesehen, daß schnelle Siege billige Siege sind. i Witbooi seine Wanderzüge nicht mebr ausübt, haben die
reros eine größere Freiheit der Bewegung erhalten, und es muß mit e einmal abgerechnet werden; es i, . sogenannte Lokattonen
errichtet werden, wie für die Indianer in Amerika. Ich begrüße die Absendung der Schußtruppe, weil wir die Erfahrung gemacht haben, daß ein größerer 13 der Mannschaften drüben bleibt und sich ansiedelt. an sollte für die Schutztruppe nur Bauernsöhne oder Handwerker anwerben, keine Städter, weil diese sich drüben nicht so wobl fühlen. Die englischen Gesellschaften müßten einer strengen Kontrole unterzogen werden. Der Direktor einer dieser Gesellschaften ist zugleich Direftor der Chartered Company. Durch diese Aktion werden wir beweisen, daß wir die Absicht haben, Südwest⸗Afrika zu behalten gegenüber der großen Anzahl der Gegner, welche es . für Ueberhebung halten,; ö wir es überhaupt 3 in . Kolonien ju haben. In Hongkong sind zwei Deutsche verurtheilt worden: es hieß juerst, zu Zwangsarbeit, jetzt soll bloß eine Geld⸗
Kapitän
strafe ausgesprochen sein. Eg wäre mir ulich, zu hören, ob das bloß im . nade geschehen ist. ö 6 Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:
Mir liegt über die von dem Herrn Vorredner berührte An⸗ gelegenheit wegen der Bestrafung zweier Deutschen in Hongkong nur ein kurzer telegraphischer Bericht unseres dortigen Konsuls vor. Danach hat die Sache sich in der Weise zugetragen, daß der und der Arzt des Postdampfers „Hohenzollern · an einer inmitten des Hafens gelegenen befestigten Insel gelandet sind, deren Betretung durch ein besonderes Strafgesetz verboten ist. Der Kapitän und der Arzt wurden verhaftet und in einem gerichtlichen Verfahren, vermuthlich weil man annahm, daß sie der Spionage ver⸗ dächtig wären, bestraft, der eine mit drei Monaten, der andere, der einen photographischen Apparat bei sich trug, mit vier Monaten Zuchthaus. Es ist sofort unser Konsul eingetreten und hat die Wiederaufnahme des Verfahrens bewirkt, und es wurde wieder in einem gerichtlichen Ver⸗
fahren das frühere Urtheil abgeändert und gegen beide Angeklagte auf
eine Geldstrafe von 100 Dollars erkannt. Etwas Weiteres weiß ich im Augenblick über die Sache nicht; ich muß erst den schriftlichen Bericht des Konsuls abwarten, um mir ein vollkommen sicheres Urtheil über den ganzen Verlauf der Angelegenheit zu bilden.
Abg. Dr. . se (ul.): Bei der Sachlage ist es geboten, die Vorlage möglichst schnell zu erledigen. Ich gehe dabei von der Ansicht aus, daß die Berichte des Majors Lon Lentwein hinreichendes Ver⸗ trauen verdienen, daß eine Zwangslage vorliegt, schnell die Bewilligung auszusprechen, weil wir es für selbstverständlich halten, daß dieses Schutzgebiet festgehalten werden muß. Wir hoffen, daß es bald ge⸗ lingen wird, durch wirthschaftliche Aufwendungen, durch Entwickelung der Verkehrsverhaͤltnisse die Herrschaft so zu befestigen, daß die Auf⸗ wendungen nicht mehr so r zu sein brauchen. .
Abg. Dr. Förster-⸗Neustettin (Reform P.): Für eine allgemeine Kolonialdebatte eignet sich die Frage nicht. Wenn die Hottentotten keinen Schuß Pulver werth sind, dann wollen wir bessere Leute an deren Stelle setzen, nämlich unsere Landsleute, da sich das Land sehr gut zur Ansiedlung eignet. Es handelt sich schließlich heute nicht um die Frage, ob wir kolonisieren wollen oder nicht, sondern darum, ob wir unsere Landsleute dort retten wollen oder nicht. Unsere Ehre erfordert es, unsere Stellung aufrecht zu erhalten. Der Auf⸗ stand soll durch englische Einflüsse veranlaßt sein; davon ist bisher nichts erwähnt worden.
Abg. Prinz von Arenberg (Zentr.): Wir erkennen die geschäft⸗ liche Zwangslage an und acceptieren die Vorlage, die wir mit Freuden rn. weil die Regierung dadurch von dem System abgewichen ist. Expeditionen zu unternehmen, ohne vorher die materielle Ge— nehmigung des Reichstags nachzusuchen. .
Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum (d. kons.) erklärt ebenfalls namens seiner politischen Freunde die Zustimmung zur Vorlage, die ihnen sympathisch sei, weil diese Kolonie diejenige sei, wohin die Deutschen auswandern könnten. Daß dabei Konflikte mit den Ein— geborenen vorkämen, sei selbstverständlich. Wenn man die Kolonie erhalten wolle, dann müsse man auch ganze Arbeit machen und namentlich Eisenbahnen bauen.
Abg. Richter: Der Vergleich mit der Auktion der deutschen Flotte ist nicht zutreffend. Bas war eine Schwächung der deutschen Wehrkraft, während es sich hier darum handelt, Mittel zu besseren Zwecken zu verwenden. In Südwest Afrika können Deutsche sich ansiedeln; aber es fehlt an Wasser und Holz, und dadurch ist die ganze Entwickelung unterbunden. Graf Arnim meinte, ich hätte das deutsche Kapital abgeschreckt. Da bin ich mir erst bewußt ge— worden, was ich für ein mächtiger Mann bin. Wenn dort etwas zu holen wäre, dann würden meine Reden nicht abgeschreckt haben. Hinter den Kolonialfreunden sind so viele Millionäre, daß diese allein das Kapital für die Kolonien aufbringen können. Bilden Sie doch Gesellschaften zum Bau von Eisenbahnen ohne Reichsgarantie, und gehen Sie nicht immer das Reich an!
Abg. Graf von Arnim: Es giebt dort etwas zu holen; weshalb hätten denn sonst die Engländer sich so beeilt, den Guano wegzuholen? Wie lange sind die Boeren in Transvaal gewesen, ehe Gold gefunden wurde! So kann es in Südwest⸗Afrika auch gehen. Aber Zeit und Geld wird es kosten. ö
Damit schließt die erste Berathung. Die einzelnen Titel des Nachtrags⸗Etats werden in der zweiten Berathung ohne Debatte gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Frei—⸗ sinnigen genehmigt. .
Abg. Dr. von Bennigsen (nl,) beantragt, sofort nach Schluß der heutigen Sitzung eine Sitzung zur Erledigung der dritten Be— rathung ene n, zu lassen.
Prãäsident . von Buol ist damit einverstanden und setzt, da ein Widerspruch nicht stattfindet, diese Sitzung auf Nachmittags 4 Uhr fest. .
Auf der Tagesordnung steht weiter die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Abgabentarif für den Kaiser Wilhelm⸗Kanal.
bg. Febsen (ul.) empfiehlt dringend eine Reform des Tarifs, und zwar müsse derselbe so einfach wie möglich gestaltet werden. Besonders empfiehlt Redner, den Zuschlag für die Wintermonate zu streichen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Ich bin mit dem Vorredner ganz einverstanden, wenn er den Satz aufgestellt hat: je einfacher der Tarif, desto besser. Von diesem Gesichtspunkt haben wir uns auch leiten lassen bei Aufftellung des provisorischen Tarifs und wenn bisher unter der Herrschaft dieses Tarifs die Frequenz nicht so sich entwickelt hat, wie wir das wünschen müssen schon im Interesse der Deckung unserer Verwaltungskosten, so bin ich weit davon entfernt, die Schuld davon nicht auch mit auf die Normierung der Tarifsätze zu schieben. Ich glaube allerdings auch, daß wir den Tarif werden korrigieren müssen, und die Konferenz, die wir gegenwärtig zusammenberufen haben, und die aus Sachverständigen zusammengesetzt ist, wird uns hoffent⸗ lich die Gesichtspunkte angeben, nach denen man mit Aussicht auf eine Vermehrung der Frequenz den Tarif zu reformieren hat. Aber eines bitte ich dabei zu bedenken: so ganz irrationell, wie es nach den Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners den Anschein gewinnen könnte, ist doch dieser Tarif und insbesondere auch der Winterzuschlag nicht ge—⸗ wesen. Wenn wir den Tarif abgestuft hätten nach Maßgabe der Entfernung, wenn wir also dem Verkehr aus denjenigen Häfen, von denen aus die Durchfahrt durch den Kanal einen größeren Vortheil bietet, auch höhere Tarifsätze auferlegt hätten, so würden wir eben gegen den von dem Herrn Vorredner an der Spitze seiner Ausführung gestellten Satz: je einfacher, desto besser, verstoßen, wir würden uns wenigstens nicht ganz im Einklang mit diesem Satz befunden haben. Gerade dieser Satz ist es gewesen, der uns damals zu der Ansicht geführt hat, es sei besser, einen einheit⸗ lichen Tarif zu machen. Wenn wir aber den Winterzuschlag daneben festgesetzt haben, so entbehrt auch diese Festsetzung nicht einer guten Begründung. Es ist klar, daß die Kanalverwaltung im Winter höhere Verwaltungskosten aufzuwenden hat, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Unsere Eisbrecher müssen thätig sein,
wir brauchen vermehrte Beleuchtung und ein größeres Personal, alleg
dies rechtfertigt schon an sich den Winterzuschlag. Außerdem wird aber der Zuschuß auch dadurch gerechtfertigt, daß im Winter für die Schiffe der Weg um Skagen sehr viel gefährlicher werd, und daß der Vortheil, den die Schiffe bei der Wahl des Kanals haben, sehr viel größer ist, als im Sommer. .
Allein, ich will nicht leugnen, daß ich kein Freund von der Auf⸗ rechterhaltung des Winterzuschlags bin, ich würde für seine Aufhebung mich erklären können, wenn man auf einem anderen Wege dazu ge⸗ langen kann, die Frequenz zu heben und ausreichende Deckung für unsere Verwaltungskosten zu beschaffen. Das ist das Ziel, wat ich& als guter Hautvater anzustreben habe, und ich hoffe, daß es zu er— reichen sein wird.
Ich mache dabei noch auf eines aufmerksam. Die Erfahrung, die man beim Suezkanal gemacht hat, spricht eigentlich nicht dafür, daß man jetzt zu einer Herabsetzung des Tarifsatzes übergehen sollte; denn beim Suezkanal sind die Einnahmen in den ersten Jahren — mir sind die
Zahlen nicht gerade zur Hand — außerordentlich gering gewesen,
und da ist man zu einer Erhöhung der Gebühren übergegangen, und erst von dem Moment an, in welchem die Erböhung der Gebühren eingetreten ist, hat der Suezkanal weitaus höhere Einnahmen erzielt als früher. Ich will dieses Rezept nicht als ein absolut wirksames bezeichnen (Heiterkeit und ich werde mich jedenfalls bemühen, dahin zu streben, daß das Ziel, was wir erreichen müssen: flotte Fahrt durch den Kanal und gute Einnahme, möglichst bald erreicht wird. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Ha hn (b. k. F.) empfiehlt eine besondere Berücksichtigung der deutschen Küstenschiffahrt, die in Bezug auf den Tarif der aug' ländischen vollftändig gleichgestellt sei. Redner beruft sich auf eine Resolution, welche der Reichstag in dieser Beziehung bei dem Binnen⸗ schiffahrtsgesetz angenommen . . .
Abg. Rickert (frs. Vgg.) meint, daß diese Resolution wohl nur aus Versehen angenommen sei; man habe garnicht gehört, daß der Präsident sie zur Berathung gestellt habe.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Dem Herrn Abg. Dr. Hahn habe ich auf seine Anfrage Fol— gendes zu erwidern: Wir haben nach Erlaß unseres Küstenschiffahrts.« Gesetzes bis zum Jahre 1886 die holländische Flagge von unserer Küstenschiffahrt ausgeschlossen. Das hatte gewisse politische Nach— theile gegen sich, und im Jahre 1886 fanden wir, daß es gerathener sei, auch die niederländische Flagge der deutschen in dieser Beziehung gleichzustellen. (Hört, hört! rechts) Wollten wir jetzt dazu über— geben, die niederländische Flagge wiederum schlechter zu stellen als die deutsche, so würde das meines Erachtens ein feindseliger Akt sein, der doch mindestens durch irgend einen Vorgang gerechtfertigt sein müßte, bei dem uns die Niederländer unbequem geworden sind.
Nun liegt ja die Sache so, und das ift ausdrücklich bei Eröffnung des Kaiser Wilhelm Kanals von Allerhöchster Stelle proklamiert worden, daß wir neidlos allen Völkern unseren Kanal öffnen wollen, und darum ist eine differenzielle Behandlung der verschiedenen Flaggen hinsichtlich der Kanalgebühren nicht gut möglich. (Sehr gut! links.) Ich glaube auch, daß, wenn die Ge— währsleute des Herrn Dr. Hahn sich die Sache näher ansehen, sie kaum Grund haben, sich zu beschweren, namentlich wenn sie berücksichtigen, daß gerade die Festsetzung des Tarifs, wonach die Schiffe mit einem geringeren Tonnengehalt als 50 t eine tarifarische Begünstigung erhalten, den deutschen Schiffen in erster Linie, und ich möchte sagen eigentlich ausschließlich, zu gute kommt. Die Dänen allerdings partizipieren auch daran, aber weniger, und am allerwenigsten die Niederländer, und das liegt daran daß die niederländischen Küstenfahrzeuge in der Mehrheit einen Tonnen— gehalt haben, der größer ist als die Grenze, welche im Tarif aufge⸗ nommen ist. Ich möchte daher glauben, daß eine zwingende Ver— anlassung nicht vorliegt, hier allgemein und noch dazu gegenüber einem einzelnen Lande eine differenzielle Behandlung eintreten zu lassen. Man kann ja vielleicht auf dem Wege dazu kommen, den der Abg. Rickert angeregt hat, daß man nach Maßgabe der Entfernung, nach Maßgabe des Vortheils die niederländischen Schiffe anders stellt
als die deutschen, vorausgesetzt, daß sie ihre Schiffahrt betreiben von
einem Hafen aus, der größeren Vortheil von dem Kanal hat als
andere Schiffe.
Der Gesichtspunkt, den der hat, kommt naturgemäß bei augenblicklich schweben, zur Geltung. Er ist auch früher, wie ich vorhin bemerkte, nicht unerwogen geblieben. Ob es dazu kommen wird, eine solche Abstufung nach Maßgabe des Vortheils für die einzelnen Schiffe in den Tarif einzuführen, kann ich in diesem Augenblick noch nicht übersehen. Aber die verschiedenen Anregungen, die hier im Hause gegeben sind, werden einmal in der Kommission, sodann aber im Bundesrath bei der definitiven Feststellung des Tarif? berücksichtigt werden. (Bravo!)
Abg. Dr. Hahn: Den Holländern wurde 1886 ein Geschenk ge⸗ macht, während die deutschen Küstenschiffer in Holland keine Be—⸗ schäftigung finden. . .
Abg. Jebsen bleibt dabei, daß der Winterzuschlag beseitigt werden müsse. Der Hinweis auf den Suezkanal sei nicht zutreffend, da der Umweg um das Kap der guten Hoffnung länger sei als der um Kay Skagen. — .
Die Vorlage wird darauf in endgültiger Abstimmung genehmigt.
Sodann wird die Wahl des Abg. von Dziembowski⸗Bomst (Rp.) beanstandet und die Wahl des Abg. Grafen von Bis⸗ marck (b. c. F.) für gültig erklärt. ö.
Zum Mitgliede der Reichs-Schuldenkommission wird Abg. Schall (d. kons.) durch Zuruf , .
Schluß / Uhr. Nächste Sitzung präzis 4 Uhr. (Dritte Berathung des Nachtrags-Etats für Hide n rh;
Herr Abg. Rickert aufgestellt den Verhandlungen, die jetzt
94. Sitzung, 4 Uhr.
In dritter Berathung erledigt das Haus ohne jede Debatte
den , sfr 4. , Schutzgebiet; derselbe wird endgültig genehmigt.
J 336. 4 Uhr 10 Minuten. ö Sitzung Dienstag, den T. Juni, 2 Uhr Nachmittags. (Nachtrags - Ctat und Anleihegesetz; Verträge zwischen dem Reich und Japan und zweite Lesung des Depotgesetzes.) ö
.
BPreu sischer Landtag. Herrenhaus. 15. Sitzung vom 19. Mai 1896.
Auf der Tagesordnung steht zunächst der Kommissions⸗ bericht über die Novelle zum Gesetz, betreffend die Errichtung einer Zentralanstalt fur örd erung des genossen⸗ schaftlichen Per songlkredits Gh gung des Grund⸗
kapitals von 5 auf 20 Millionen Mark). Berichterstatter Herr von Graß beantragt die unveränderte An⸗
nahme der Vorlage. ö. Freiherr von Durant: Die Gründung der , efriedigt. Die
schaftskafsse hat ein lehhaftes Bedürfniß im Lande Anregungen dazu sind schon vor Jahren seitens der Genossenschaften gegeben worden. Der Umfang der Geschäfte der Kasse hat fofort gezeigt, daß ein Kapital von 5 Millionen nicht ausreicht, und meine polltischen Freunde sind mit der Erhöhung des Grundkapitals auf 20 Millionen einverstanden. Die Entwicklung des Personalkredits neben dem Realkredit ist eins der Haupterfordernisse für die Land- wirthschaft. Der Personalkredit muß auch solchen Personen zugänglich gemacht werden, denen er bisher verschlossen war. Wer nschts weiter hat als seine Arbeitskraft und seinen guten Willen, muß auch des Kredits theilhaftig werden, z. B. die Handwerker. Wenn dag Kapital der Kasse erhöht wird, kann sie erst ein wirkliches sozialreformatorisches Werk werden. Die Kasse hat sich bei der Konvertierung der Pfandbriefe förderlich erwiesen. Die weiteren Ausführungen des Redners bleiben wegen der Unruhe im Hause auf der Tribüne unverständlich.
Ein Regierungskommissar führt aus, daß der Wunsch nicht erfüllt werden könne, daß die Zentral⸗Genossenschaftskasse direkt mit den einzelnen Genossenschaften in Geschäftsverbindung trete, denn nach dem Gesetz dürfe sie nur mit Genossenschaftsverbänden in Verkehr treten. Die Handwerker müßten erst Genossenschaftsverbände gründen.
Die Vorlage wird angenommen. ö
Es folgt der Bericht der Eisenbahnkommission über die Kreditvorlage (Sekundärbahnbauten, Förderung der Klein— in. Errichtung von landwirthschaftlichen Getreidelager⸗ häusern). .
Berichterstatter Herr von Breitenbauch beantragt die Annahme der Vorlage und folgender Resolutionen:
a) die Regierung zu ersuchen, Anordnung dahin zu treffen, daß in Zukunft zur Ermittelung der Grundwerthe und Wirth— , , . welche den an Stelle der Grunderwerbekosten zu leistenden Pauschsummen zu Grunde zu legen sind, Sach⸗ verständige gutachtlich zu hören sind, welche von den zahlungepflichtigen Körperschaften bestellt werden;
b) die Regierung möge Versuche und Grmittelungen über die unserer landwirthschaftlichen Produktionseigenart und über die unseren heimischen Verkehrsbedingungen am besten entsprechenden Formen und Einrichtungen der Kornhäuser anordnen.
In der Generaldiskussion wird zunächst über die Eisenbahn⸗ angelegenheiten verhandelt.
Graf von Klinckow stroem bemängelt die Berechnung der Grunderwerbskosten, die von den Interessenten aufzubringen seien, und die Festsetzung des Pauschquantums an Stelle der zu entrichtenden Grunderwerbskosten.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Ich möchte zunächst bemerken, daß die Verhandlungen mit dem Kreise wegen der Linie Goldap — Angerburg bereits abgeschlossen sind, und daß infolgedessen die Staats ⸗Eisenbahnverwaltung in die Lage geseßt ist, die erforderlichen Vorarbeiten zu machen. Ich möchte aber nochmals darauf aufmerksam machen, daß der Staat nach dem Gesetz nicht eher Geld ausgeben kann, bis die Vorbedingungen erfüllt sind, und dazu gehort die Klarstellung der Grunderwerbsfrage. Erst dann kann mit den Vorarbeiten, die be⸗ kanntlich viel Geld kosten, begonnen werden, weil wir vorher keinen Fonds haben, auf den wir diese Kosten anweisen können.
Was die zweite Frage anlangt, so liegt diese allerdings schwie⸗ riger. Ich bin ja sehr gern bereit, mit den betreffenden Kreisen nochmals in Unterhandlung zu treten; ich glaube aber kaum, daß sich ein anderer Weg wird finden lassen, der uns aus dem Dilemma heraussührt, als der, daß auf Grund der abgeschlossenen Verträge die Kreise den Grunderwerb selbst in die Hand nehmen. Denn durch das Gesetz sind wir gebunden, das Pauschquantum in der Höhe, in der es ermittelt worden ist, auch einzufordern. Ich bin gern bereit, mit dem Herrn Finanz⸗Minister die Frage nochmals zu erörtern; heute sehe ich jedoch keinen Ausweg aus dem Dilemma, als den, daß die Kreise den Grunderwerb selbst in die Hand nehmen.
Eine andere Frage ist die, und die ist ja bereits auch in der Rommission dieses hohen Hauses erörtert worden, ob es nicht in Zukunft zweckmäßig sein möchte, die Ermittelung des Pauschquantums nach Anhörung von Sachverständigen der Kreise beziehungsweise der betreffenden Gemeinden auszuführen, und zwar in der Weise, daß auf Grund dieser Gutachten klarzustellen ist, welche Durschnittswerthe die betreffenden Bodenarten in den Fluren haben, die von der Eisen— bahntrace berührt werden. Wenn derartige Vorermittelungen mit den Lokalbehörden und lokalen Sachverständigen erfolgen — sie sind übrigens schon jetzt, wenn auch vielleicht nicht in solchem Umfange, thatsächlich erfolgt — dann wird es in Zukunft wahrscheinlich möglich sein, näher an die wirklichen Kosten mit der Taxe des Pausch— quantums heranzukommen. Ich bitte aber dabei zu berücksichtigen, daß außer dem Werth, der ja verhältnißmäßig leicht festzustellen ist, dem eigentlichen gemeinen Bodenwerth, zwei Faktoren in dem Pausch⸗ quantum zu berücksichtigen sind, deren Taxierung außerordentlich schwer sst: erstlich die Wirthschaftserschwerung. Wenn die Bahn noch nicht gesetzlich genehmigt ist, so finden sich der Wirthschaftserschwerungen derhãltnißmãßig sebr wenige; ist aber die Bahn bereits in ein voll—⸗ sändig festes Stadium getreten, ist sie bereits in Fleisch und Blut übergegangen, so finden sich nachträglich der Wirthschaftserschwerungen eine große Menge und zwar der verschiedensten Art. Die Staats ⸗Cisen⸗ bahn verwaltung steht dem auch ziemlich wehrlos gegenüber; sie kann nur hoffen, daß die Landes Polizeibehörde bei dem polizeilichen Termin das Ueberflüssige abschneidet. Immerhin steckt aber in diesem Faktor eine ziemlich unübersehbare Summe Geldes. Der zweite Faktor ist nach meiner Erfahrung von noch größerer Tragweite; das ist derjenige Faktor, der sich dadurch herausftellt, daß die zwangsweise Enteignung höhere Wertbe bezahlt und auch gerechtfertigter Weise bezahlen muß als den gemeinen Werth; wieviel aber, das ist von vornherein nicht zu übersehen. Wir haben Fälle, wo wir das Doppelte, Fälle, wo wir das 20. und 30. fache haben zahlen müssen; also da treten Lunz außerordentliche Differenzen auf zwischen dem früheren gemeinen Verth und dem Taxwerth im Zeitpunkt der Expropriation. Diese
iden Faktoren erschweren es außerordentlich, bei der vorgängigen 5 schẽtzung eines Pauschquantums anstatt der Hergabe des Grund und . in natura das Richtige zu treffen. Es ist Pflicht und wird l ufaabe der Staats. Gisenbahnverwaltung sein, alle diejenigen ittel heranzusiehen, die es ihr ermöglichen, hier thunlichst
richtig zu schätzen. Wir stehen in diesem Jahre zum ersten Mal vor dieser Frage, wir sind vielleicht etwas vorsichtiger gewesen, altz wir, wenn wir erst einige Erfahrungen gesammelt, vielleicht in Zukunft glauben sein zu müssen, und ich hoffe, daß dann die Frage mehr im Sinne der Ausführungen des Herrn Grafen Klinckowstroem geordnet werden kann, als das heute der Fall ist.
Freiherr von Durant ehlt bessere ĩ ü den oberschlesischen rr ein f i . e ng nur namentlich eine Linie Pleß = Königshofen — Breslau.
Graf von Frankenberg spricht sich für eine besondere Förde⸗ rung des Kleinbahnwesens aus. Die Regierung stelle viel zu strenge Vorbedingungen an den Bau von Klee eh un Wenn man statt mancher Sekundärbahn eine Kleinbahn gebaut hätte, hätte man ein viel ,, Kapital gebraucht. Redner bespricht besonders die Verhaͤltnisse einer Kleinbahn in Katscher in feiner schlesischen Hei⸗ math, bleibt aber auf der Tribüne unverständlich. Er beklagt ferner, daß sich neuerdings der Wagenmangel wiederum in sehr unan enehmer Weise für die Industriebezirke bemerkbar gemacht habe. Durch die in⸗= a. dessen hervorgetretenen He n ren gingen der ober⸗ schlesischen Industrie immer mehr ihre Absatzgebiete verloren. Eine so große Berwaltung wie die preußische Staatgbahnverwaltung müsse auch auf einen großen Andrang gerüästet sein.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Grafen von Frankenberg waren getragen vom warmen Interesse für die Klein⸗ bahnen. Er ist sich voll bewußt, daß die Kleinenbahnen einen Segen für das Land bilden in wachsendem Maße, und er hat dabei meines Erachtens durchaus gerechtfertigt das Interesse der Staatsregierung dafür angerufen, daß dem Kleinbahnwesen staatlicherseits die thun⸗ lichste Förderung zu theil wird. Meine Herren, in dieser Beziehung steht er mit der Staatsregierung vollständig auf demselben Boden. Auch die Staatsregierung ist sich bewußt, daß in der Förderung des Klein bahnwesens die Förderung unserer wirthschaftlichen Verhältnisse nicht zum geringen Theil beruht, und hat dieser ihrer Ueberzeugung bisher in aller und in jeder Hinsicht auch Rechnung getragen. Meine Herren, das Kleinbahnwesen hat seit Erlaß des Gesetzes vom Juni 1892 in ganz überraschender Weise innerhalb des Staats einen Auf— schwung genommen. Allerdings sind einzelne Provinzen zurück. geblieben und bedauerlicherweise gerade einzelne Provinzen, innerhalb deren eine Besserung der Berkehrsverhältnisse an erster Stelle nöthig wäre. Ich brauche nur darauf hinzuweisen, daß beispielsweise in Westpreußen die Provinz erst vor verhältnißmäßig kurzer Zeit sich der Kleinbahnfrage angenommen hat. Infolgedessen ist es auch für den Staat unmöglich gewesen, für die Entwickelung des Klein bahnwesens in Westpreußen mit Unterstützungen einzutreten, während die Nachbarprovinz, die Provinz Pommern, sofort nach Erlaß des Gesetzes die Sache in die Hand genommen und dem Staate Ge— legenheit gegeben hat, sich an der Förderung des Kleinbahnwesens, welches in erfreulicher Weise durchgeführt worden ist, zu betheiligen.
Meine Herren, zur Zeit sind eine so große Anzahl von Klein⸗ bahnprojekten in der Ausführung begriffen, in der Konzessionsinstanz und in der ersten Finanzierung, daß mit Sicherheit erwartet werden kann, innerhalb der nächsten Jahre wird überall eifrig gebaut und allmählich ein dichtmaschiges Netz von Kleinbahnen über das Land
hingezogen werden.
Meine Herren, der Herr Graf Frankenberg hat die Ausdehnung der Kleinbahnen wesentlich nach dem Maßstabe bemessen, nach welchem die Staatsunterstützungen aus dem ursprünglich bewilligten Fonds von 5. Millionen gegeben worden sind. Es ist darüber dem Landtage der Monarchie eine Mittheilung gemacht worden, auf die sich der Herr Graf von Frankenberg bezogen hat. Meine Herren, seitdem diese Rachweisung aufgestellt worden ist, ist der Fünfmillionenfonds in fortschreitendem Maße in Anspruch ge— nommen worden, und ich kann dem Herrn Grafen von Frankenberg die beruhigende Erklärung abgeben, daß von den ersten fünf Millionen nicht mehr viel vorhanden ist (Heiterkeith,ů sondern wir sehr rasch in die acht Millionen, die jetzt Ihrer Bewilligung unterbreitet sind, werden hinübergreifen müssen.
Aber, meine Herren, man darf auch nicht allein für die Aus— dehnung des Kleinbahnwesens den Maßstab danach anlegen, wie viel staatlicherseits an Unterstützung gewährt worden ist. Es sind das ver—⸗ hältnißmäßig nicht so sehr viel Projekte. Ein großer Theil von den Kleinbahnen ist überhaupt ohne jegliche Staatzunterstützung gebaut worden, es ist für sie auch niemals Staatsunterstützung erbeten worden, weil die Unternehmer von vornherein überzeugt waren, sie könnten die Bahn aus eigenen Mitteln finanzieren resp. unter Hinzutreten der zunächst interessierten Korporationen, und die Bahn werde in kurzer Zeit eine Rente bringen. Das ist namentlich da geschehen, wo die Dichtigkeit der Bevölkerung, die Lage der In⸗ dustrie eine günstige war, also hauptsächlich im Westen der Monarchie, in Sachsen, Hannober und in den übrigen besser situierten Landestheilen. Dort ist Staatsunterstützung nur vereinzelt verlangt worden, zum theil wäre sie auch meines Erachtens nicht gerechtfertigt gewesen, ebenso wenig wie es meines Erachtens gerechtfertigt gewesen wäre, wenn der Stadt Katscher eine Unter⸗ stützung zu der kurzen Verbindungsbahn gewährt wäre. Die Stadt Katscher ist der einzige Interessent an dieser Bahn, und es ist bei Erlaß des Kleinbahngesetzes schon von der Voraussetzung ausgegangen, daß die zunächst interessierter:: kommunalen Korporationen wenigstens so viel Interesse bezeugen müssen, daß sie ihrerseits den Grunderwerb übernehmen. Das hat nun die Stadt Katscher nicht gethan, sondern sie hat von dem Grunderwerb nur einen Theil übernommen. Alles Uebrige ist aus sonstigen Mitteln geflossen. Unter diesen Umständen glaubte die Staatsregie⸗ rung, es nicht wohl verantworten zu können, ihrerseits einzuspringen. Uebrigens ist die Bahn seit dem 23. April dieses Jahres eröffnet und befindet sich im Betrieb.
Der Herr Graf Frankenberg hat dann ferner Klage geführt darüber, daß auch in anderer als in der direkten finanziellen Unterstützung die Staatsregierung das Kleinbahnwesen nicht genügend in allen Fällen fördert, und hat dafür angerufen die vielfachen Beschwerden, die ihm zu Ohren gelommen seien, einmal über zu hohe Forderungen für Gelände bei dem An—⸗ schluß der Kleinbahnen an die Staatsbahn, und ferner über die Wei⸗ gerung, die Abfertigungsgebühren mit den Kleinbahnen zu theilen, und über manche andere Dinge. Vielleicht dürfte es zweckmäßig sein, wenn ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus der Bestimmung, die über diesen Gegenstand meinerseits an die Direktionen erlassen worden ist, das Betreffende mittheile. Es ist das eine Ausführunge⸗ instruktion zu dem Kleinbahngesetz, worin es heißt:
„Die Herftellung von Einrichtungen zur Ueberladung von
Gütern aus Wagen einer schmalspurlgen Kleinbahn auf die Elsen⸗ bahn ist thunlichft zu fördern, soweit nicht die Räücksicht auf die Sicherheit und Regelmäßigkeit des Eisenbahnbetriebs entgegensteht.
Es ist also auf den Anschlußbahnen überall thunlichst dahin ge⸗ strebt worden, die Kleinbahnen so hineinzuführen in den Anschluß⸗ bahnhof der Staatseisenbahn, daß eine derartige Ueberladung mit möglichst geringen Kosten und möglichft rasch sich vollzieht.
Zweitens sind die Direktionen angewiesen worden, durchgehende Frachtbriefe auf den Kleinbahnstationen ohne weiteres anzunehmen, die Nachnahme an Provision freizulassen, sie überhaupt zu behandeln wie eine andere normale Eisenbahn. Ferner ist ihnen aufgegeben worden:
Die Benutzung von Eisenbahngrundftücken für Zwecke der Klein- bahnen ist bei ertragslosen Grundstücken unentgeltlich, nur gegen eine kleine Anerkennungsgebühr — bei nutzbringenden Flächen gegen die ortsübliche Pacht zu gestatten.“ .
Das scheinen mir doch liberale Grundsätze zu sein, nach denen auch überall verfahren worden ist. Indessen gehen die Ansprüche der Kleinbahnunternehmer in dieser Richtung hier und da etwas zu welt, und ihnen entgegenzutreten ist nach meiner Auffassung Pflicht der Eisenbahnverwaltung.
Ferner: ‚Für die Mitbenutzung von Eisenbahnanlagen durch Kleinbahnen und für die Dienstleistungen der Eisenbahnen zu Gunsten der Kleinbahnen sind in den erften fünf Jahren nach der Betriebs⸗ eröffnung der Kleinbahnen nur die entstehenden Mehrkosten zu vergüten.“
Wenn also die Fahrkarten für die Kleinbahnen durch unsere Beamten ausgegeben werden, ohne daß wir einen neuen Mann anzu—⸗ stellen brauchen, so werden für die Kleinbahnen Kosten nicht gerechnet, und so geht es mit dem Güterverkehr, mit dem Stationsverkehr u. s. w. Man hat hier eine Frist von zunächst fünf Jahren festgesetzt, um die Entwickelung der Dinge abwarten zu können. Ich glaube, daß auch nach dieser Richtung hin seitens der Staats⸗ Eisenbahnverwaltung thunlichstes Entgegenkommen gewahrt worden ist. Auch in den übrigen kleineren Dingen, Beförderung von Korre— spondenzen und was da Alles ist, Abgabe von Material gegen Selbsft kostenpreis u. s. w., sind die Direktionen angewiesen, in der kulantesten Weise das Interesse der Kleinbahnen zu fördern.
Auf das zweite Kapitel, welches Herr Graf von Frankenberg hier einer Erörterung unterzogen hat, es war das Kapitel des Wagen mangels, glaube ich, heute nicht näher eingehen zu sollen. Herr Graf von Frankenberg hat bereits ausgeführt, daß seitens der Staats⸗-Eisen⸗ bahnverwaltung in eingehendster Weise in einer besonderen Denkschrift die Ursachen des Wagenmangels im vorigen Herbst und anfangs Winter, ferner die Mittel dargelegt worden sind, welche dagegen ergriffen worden, und endlich drittens mitgetheilt worden ist, daß seitens der Staatsregierung eine ganz außergewöhnliche Vermehrung der Betriebsmittel im vorigen Jahre durch den Etat, und zwar durch das Extraordinarium sowohl wie das Ordinarium, herbeigeführt worden ist. Es sind im Ganzen etwa 12 000 Güterwagen durch den Etat neu zur Beschaffung vorgesehen und auch bereits in Bestellung gegeben worden.
Ich möchte nur noch eins bemerken: wir sind mit der Beschaffung der Betriebsmittel stets voraus gewesen dem Zuwachs des Güter⸗ verkehrs, und zwar nicht unbeträchtlich. Die preußische Staats- Eisenbahnverwaltung steht in Bezug auf Ausrüstung mit Betriebs⸗ mitteln an erster Stelle. Ich glaube nicht, daß eine Bahn des Inlandes oder des Auslandes im Verhältniß zu der von ihr zu befördernden Gütermenge so reichlich ausgerüstet ist, wie die preußischen Staatseisenbahnen. Das schließt aber nicht aus, daß — und daz hat Berr Graf von Frankenberg ja eingehend ausgeführt, — daß in Fällen ganz außergewöhnlichen Verkehrsandrangs, insbesondere dann, wenn er plötzlich auftritt, wie im vorigen Jahre, vorübergehend Wagenmangel eintreten kann. Dieser Wagenmangel hat sich nicht nur bei uns geltend gemacht, sondern auf dem ganzen Kontinent. Wir sind diejenigen gewesen, die eigentlich noch mit am besten gestanden und aus deren sehr reichlichem Leder die anderen Leute noch Riemen geschnitlen haben, was uns natürlich nicht sehr angenehm war, aber auch nicht verhindert werden konnte. Ich hoffe, daß derartige Zustände, wie sie im vorigen Jahre sich entwickelt haben, und die natürlich schwere Schädi⸗ gungen in wirthschaftlicher Beziehung mit sich bringen müssen, in absehbarer Zeit sich nicht wiederholen werden. Es lag dies wesentlich daran, daß die großen Transportstraßen der Flüsse überhaupt voll⸗ ständig versagten; wir konnten weder auf dem Rhein noch auf der Elbe und der Oder fahren, sodaß die kolossalen Tranportmengen, welche sich in normalen Zeiten auf diesen Flüssen bewegen, sich nun plötzlich auf die Schiene warfen, dem waren wir nicht gewachsen. Wir haben Wochen gehabt, wo in Oberschlesten der Verkehr um 100 G größer war, als der Verkehr in der betreffenden Woche des Vorjahres; da ist überhaupt kein Kraut mehr gewachsen, da muß man sehen, wie man durchkommt, und wir sind verhältnißmäßig noch ziemlich rasch durchgekommen. (Bravo!)
Verr von Roch ew bittet um eine bestimmte Erklärung, ob der Staat endlich die seit 12 Jahren gewünschte Linie Treuenbrietzen —
Jüterbog — Brandenburg bauen wolle, damit sie eventuell von pribaten Unternehmern gebaut werden könne.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Es ist richtig, daß diese Bahnverbindung von Treuenbrietzen — oder ursprünglich von Jüterbog, Jüterbog ist ja nun fertig und in Betrieb — von Treuenbrietzen über Brandenburg und in einer weiteren Fortsetzung auch nach Neustadt a. Dosse an der Hamburger Bahn geplant und dringend von den betreffenden Kreisen und Gemeinden gefordert war. Ez ist auch richtig, was Herr von Rochow ausgeführt hat, daß über die Verbindung von Treuen— brietzen nach Brandenburg verschiedene Meinungen zur Zeit noch bestehen. Die Linie von Treuenbrietzen Über Niemegk und Belzig und Brandenburg ist nicht die direkte, sondern bildet einen nicht unerheblichen Umweg zwischen Treuenbrietzen und Brandenburg. Die direkte Linie geht über Brück und Lehnin. Meine Herren, die Wichtigkeit dieser Linie liegt weniger in dem zu erwartenden Lokal verkehr, den die berührten Gemeinden der Bahn zuführen werden, als in dem Umstande, daß diese Linie einen Theil einer neuen durch⸗ gehenden Strecke bilden würde. Die Rente dieser Linie würde auch nicht aus dem Lokalverkehr zu ziehen sein, aus dem durchgehenden Verkehr. Sie würde von Unternehmern nur gebaut werden können und auch nur gebaut werden, um dem Staat den Verkehr, den er jetzt auf den großen anderen Routen hat, zu entziehen, nicht aber, um von dem Lokalverkehr eine Rente zu gewinnen. Ferner ist die Route eine wichtige, weil sie in Zukunft
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