1896 / 139 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Jun 1896 18:00:01 GMT) scan diff

andere Industrien eine solche Ausnahme beantragt unter 1 1 aht . . An⸗ wegen weiterer Ausnahmen kann man nicht eingehen, ohne die Wirkung des ganzen 9. es zu verhindern.

Abg. . (b. k. F.) weist darauf hin, daß der Gewerbeverein in seiner Heimath für das gänzliche Verbot des Detailreiseng und des sierens ausgesprochen habe, obgleich die Mitglieder 64

eisinnig selien. Redner erklärt sich für die Annahme des Art. 8.

Abg. 3 (Soz.) weist auf die Petition hin, welche aus seinem Wahlkreise Reichenbach⸗Neurode gegen das Verbot des Detailreisens en, sei; es gebe dort

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gewisse m ee welche ohne eren und Peigilressen gar nicht bestehen könnten. Maßregeln gegen den kleinen Zwischenhandel würden nicht helfen; helfen würde allein das Verbot der Produktion im Großen. Darauf wird gegen 5a Uhr die Debatte geschlossen. . Der , Hasse⸗Krüger wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der beiden freifinnigen Gruppen, der Volkgpartei und der meisten Nationalliberalen abgelehnt.

Der Antrag Richter im Antrag Stumm „Gegenstände der Textilindustrie und Bekleidungsstücke aller Art“ als Aus⸗ nahme einzufügen, wird mit großer Mehrheit abgelehnt.

In namentlicher Abstimmung wird ferner abgelehnt die Einfügung der . der Leinen⸗ un äsche⸗ fabrikation“ als Ausnahme, und zwar mit 144 gegen 113 Stimmen.

Die einzelnen Nummern des Sammelantrags Richter werden abgelehnt gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der ö en, der Volkspartei und der Mehrheit der b

Nationalliberalen.

Schließlich gelangt nur der Antrag Placke zur Annahme: daß das Detai fei n verboten sein soll, „soweit nicht der Bundesrath noch für andere Wagren oder . oder Gruppen von Gewerbetreibenden Ausnahmen zu . . 3. Antrag stimmen außer den Sozialdemokraten, den beiden i sinnigen Gruppen und der Volkspartei, auch die National⸗ iberalen, die Deutschkonservativen und die Reichspartei; da⸗ gegen: das Zentrum, die Reformpartei und die Polen.

Der Antrag Stumm mit diesem Antrag Placke wird darauf in namentlicher Abstimmung mit 147 gegen 98 Stim⸗ men angenommen. ͤ

Ohne Debatte werden die Artikel 9 und 19 genehmigt.

Darauf wird die weitere Berathung nach 7 Uhr bis Frei⸗

tag 2 Uhr vertagt.

Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

77. Sitzung vom 11. Juni 1896.

Auf der Tagesordnung steht die Berathung des vom Herren⸗ hause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Gesetzent⸗ wurfs, betreffend die Regelung der Richtergehälter und die 41 äftigung der . n der Generaldiskussion erhält zunächst das Wort: bg. Hobrecht (ul.), der nach dem gestern mitgetheilten ersten Theil seiner Rede no Folgendes ausführt: Der 88 . dem Justiz⸗ Minister keinen einzigen neuen Anhaltspunkt für die Beurtheilung der Assessoren. Takt, gesellschaftliche Uebung sind gewiß beachteng⸗ werth. Hat man aber keinen bestimmten Anhaltspunkt, keinen be—⸗ stimmten 6 so werden Sie mir zugeben, dh es sich da um inkommensurable Größen handelt. Wir haben Beispiele vor Augen, welche beweisen, daß bis in die Allerhöchsten Kreise die An—⸗ 8 darüber auseinander gehen, was Takt ist und was nicht. Der 66 hat das Recht, auch weiterhin ungeeignete Elemente aus— zuscheiden, tüchtige zu bevorzugen; und die bisherigen Verhandlungen geben ihm die Deckung dafür, was er im redlichen Bewußtsein verlangen kann. Aber darüber hinaus verlangt man Unmögliches von ihm, und wenn man dieses thut, so nöthigt man ihn zur Willkür, und für die Willkür sind wir dann mit verantwortlich. Der JustizMinister wird sich an das Urtheil von Männern halten müssen, deren r . er kennt, also an die Prä⸗ sidenten, und es ist besser, daß er danach seine Entscheidung trifft, als nach dem äußeren Bekenntniß irgend einer Gesinnung oder dergleichen, was auch geschehen ist. Der Justiz⸗Minister wolle in unserem Votum nicht den Ausdruck irgend eines 6 Miß⸗ traueng erblicken; wir haben das Vertrauen, daß er gewissenhaft nach Recht und erechtigkeit handelt. Wir unsererseits glauben die Verantwortung für eine solche Bestimmung nicht übernehmen zu können. Daß Herrenhaus hat die Aufgabe dem Minister etwas erleichtert, aber auf Kosten der Aspiranten in einer meiner Meinung nach bis zur Grausamkeit gesteigerten Härte. Wenn die Ablehnung des § 8 auch die Gehaltsregulierung für den Richterstand, die wir ür dringend wünschenswerth halten, zum Scheitern bringen sollte, o würden wir das auf das Erh fte bedauern. Man lte diese eiden Fragen nicht miteinander verbinden sollen; wir hoffen aber, daß in der nächsten Session diese Angelegenheit zum Abschluß ge⸗ bracht werden kann, denn die Verschiedenheit des Aufrückens im * halt in den verschledenen Ober ⸗Landesgerichts. Bezirken wird als eine Ungerechtigkeit auf, das tiefste empfunden. Alles das kann uns aber nicht hindern, unserer 4 gemäß den § 8 abzulehnen, und ich bitte Sie, sich unserem Votum gnzuschließen. Abg. , . von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Wenn wir auch nicht Personen, die aut ihrer ee en, . aus ihrem Hause einen Erbschatz von patriotischer Gesinnung, Ehre und Pflicht- n mitbringen, bon der Richtercarrisre autschließen dürfen, so müssen wir doch dem Kindringen ungeeigneter Elemente vorbeugen. Der § 8 ist im wesentlichen nichts Anderes, als eine Reproduktion des 41 Nechtt. Ich bin mit Herrn Hobrecht darin einver⸗ standen, daß es sehr zweifelhaft is ob an Stelle des § 8 sich eine bloße Erklaͤrung des Ministers im Parlament empfohlen hätte, daß in Zukunft von dem Recht der Krone, gewisse Bewerber von dem Richteramt auszuschließen, 6 als bisher Gebrauch gema werden solle. Nachbem aber ein solcher Vorschlag einmal gemacht ist, kann man das Gesetz nicht ohne eine solche positive Bestimmung lassen, die das geltende Recht 2 llerdings können Kronrechte nicht verdunkelt werden, und in beiden . des Landtags ist das volle Recht der Krone anerkannt, einen Bewerber nicht zum Richter zu er= nennen, der die moralische Qualifikation nicht hat. Aber gegenwärtig werden Alle, welche das A e men gemacht haben, zu Gerichttz⸗ Assessoren ernannt, wenn ste 3 nicht grobe Verfehlungen zu schulden kommen lassen. Wenn wir hiergegen nicht eine posstive gesetzliche Bestimmung festsetzen, dann wird allerdings eine Verdunkelung det . , , und die nn, welche von dem Kronrecht nunmehr Gebrauch macht, wird na Meinung das geltende Recht verletzen. Es müßte sich noch elne mittlere Linie finden lassen, auf welcher 3 die entgegenstehenden Ansichten vereinigen können. Der Antrag Schmieding in der zweiten Lesung wegen der Kontingentierung der Anwärterzahl bei den Referen. daren ist von der Rechten nicht grundsätzlich abgelehnt, . weil 6 ormullerung nicht ausreichend war, denn es sollten nur nach edar . angenommen werden, und der Begriff des Be⸗ darf ist sehr allgemein. In der Verwaltung des Innern ist die Zahl der Referendare für jeden Regierun 6 genau fee getz ebenso müßte für die Justijverwaltung die 34 der anzunehmenden Referen⸗ dare genau bestimmt werden. Heute ist bei allen Gerichten bie . der Referendare so gr daß sie nicht augreichend be⸗ ftigt und daher nicht gen gend ausgebildet werden können. ei elner Beschraͤnkung der Zahl werden sie eine bessere Vorbildun erhalten. Tritt dazu die Beslimmung deg 1 mieding, da die Referendare in der Regel nach dem Datum ihrer Meldung na

der öffentlichen I

dem Examen angenommen werden sollen, so könnten immerhin .. geeignete außer der Tour einberufen und ungeeignete zurück⸗ e werden. Dasselbe Verfahren müßte dann auch bei den

ssessoren zur Anwendung kommen. Damlt ist Alles erreicht, was zweckmäßig erreicht werden kann. Für einen solchen Gedanken wäre eine Kommisstongbergthung nothwendig, die aber am 11. Juni bei der Hitze des Tages wohl kein geneigte Gehdr finden wird. Ich empfehle daher diesen Gedanken für die Auzarbeitung einer neuen Vorlage. Eine Trennung dieser Frage von der Richterbesoldung . nicht möglich. Wir werden eventuell unseren Antrag wiederholen, und wird er ab—⸗ gelehnt egen , stimmen in der Hoffnung, daß eine

or wird.

neue age gema

Abg. 6 err von Heereman tt): Wir werden einmüthig ohne . usnahme stimmen wie bisher. In dieser Frage dürfen nicht bloß Juristen sprechen, sondern auch Vertreter des Volks, das bei den Juristen Recht nehmen soll. Das allgemeine Rechts⸗ bewußtsein ist neben der Religion das höchste Zeichen der Kultur. Das allgemeine Rechtsbewußtsein zu entwickeln, ist eine der höchsten Aufgaben des Staats. Wir können nur gute, uneigennützige und , Richter haben, wenn im Volke selbst das Rechts⸗ bewußtsein lebendig ist. Der § 8 ist für uns absolut unannehmbar. Die Verantwortung, die damit den Vorgesetzten der Richter zu⸗ ällt, würde ein einzelner garnicht übernehmen können. as Ge⸗ ühl der Uasicherheit, welches dadurch in den jungen Leuten erweckt wird, ents . nicht dem Bewußtsein von Recht und Gerechtigkeit. Die Unab an keit des Richterstandes darf durch ein solches Gefühl nicht beeintr e werden. Das Bewußtsein des Volkes von der Unabhängigkeit des Richterstandes ist die Hauptgrundlage einer guten Rechtspflege. Wird der F 8 angenommen, so stimmen wir gegen das ganze 6

ler Im Walle (Zentr.) empfiehlt seinen zu 2 gestellten An⸗ trag, nach welchem den zu Land⸗ und Amtsrichtern sowie ö Staats⸗ anwalten zu ernennenden Gerichts-Assessoren auf das Besoldungs⸗ dienstalter der drei Jahre übersteigende Theil desjenigen Zeitraumes angerechnet werden soll, der . en dem Tage ihres richterlichen

Dienstalters und ihrer etatsmäßigen Anstellung im höheren Justizdienst liegt. Von der Annahme dieses Antrages müsse das Zentrum seine Zustimmung zu dem ganzen Gesetz abhängig machen.

Abg. Dr. Mizergtzki erklärt sich namens der Polen gegen den §88 I. in der vom Herrenhause vorgeschlagenen Fassung.

Abg. Schettler (kons): Wir meinen, daß das Gesetz ohne

den 5 8 nicht marschleren kann. Auf den Vorschlag des Abg. Im Walle können wir nicht eingehen. Wenn Sie den F 8 ablehnen, so setzen Sie sich dem Verdacht aus, daß Sie das Recht der Krone ver dunkeln und schmälern wollen. Durch ihn wird nichts Neues ge— schaffen; nur das . Bestehende wird bestätigt. Wenn der Zustand der letzten zehn Jahre, in denen die Zahl der Juristen um 1000 gestiegen ist, andauern in wo sollen wir alle diese Leute lassen? Freilich kann der Minister schon heute frei aus der 3 der Aspiranten auswählen; aber es ist ihm hierfür gar keine Direktive egeben. Unsere Stellungnahme zu dem 8 wird durch rein n. Gründe bestimmt. Wir werden für die Fassung des nr, stimmen. Wird der F 8 abgelehnt, so sind wir für die übrigen Bestimmungen des Gesetzes nicht zu haben. Sie mögen den § 8 ablehnen, sehr stolz werden Sie über Ihren Sieg nicht sein können.

Abg. Rickert: Ich widerstehe der Versuchung, auf die Frage des Kronrechts einzugehen, es ist aber eine Unwahrhelt, daß die Gegner des 8 das Kronrecht antasten wollen. Wir wollen nur die rühm⸗ lichen Traditionen der 6 Justizverwaltung aufrechterhalten. Die Kronrechte finden ihre Begrenzung in der von der Krone be—⸗ schworenen Verfassung. Ich stehe davon ab, die Herrenhaus verhandlungen zu al ieren aber protestieren muß ich gegen die Rede des Herrn Drenckmann, obwohl wir uns seiner offenen Aussprache nur freuen können, da sie die Gegner der Vorlage vermehrt hat. Wir stimmen sowohl gegen den Antrag Krause⸗Waldenburg wie gegen die Beschlüsse des Herrenhauses.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Da ich in den Eingangsworten des Herrn Abg. Rickert einen indirekten Vorwurf erblicken darf, daß der Regierungs⸗ tisch sich in vollständiges Schweigen gehüllt habe, so glaube ich mich der Verpflichtung nicht entziehen zu können, noch einige Worte zu der uns heute beschäftigenden Vorlage zu sagen. Ich würde ja vielleicht darauf haben verzichten können, da allem Anschein nach, ins—⸗ besondere auch nach den Erklärungen des Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz, nicht anzunehmen ist, daß der 5 8 in der Ihnen heute vorgelegten Gestalt zur Annahme gelangen wird, und da auch wohl die anderen gestellten Anträge, die hier vorliegen, eine Aussicht auf Annahme nicht haben. Nichtsdestoweniger glaube ich, meine Herren, über die Bedeutung des Herrenhausbeschlusses einige Worte Ihnen sagen zu müssen.

Ich habe mich zeitweise der Hoffnung hingegeben, daß der Auf⸗ enthalt der Herren in den Ferien, insbesondere auch die Berührung mit Richterkreisen und den sonst zunächst Interessierten, eine An—⸗ näherung der verschiedenen Meinungen zur Folge haben werde. In dieser Auffassung bin ich einigermaßen bestärkt worden durch die Ein— drücke, welche ich selbst auf einer achttägigen Dienstreise in den östlichen Provinzen gewonnen habe. Während dieser 8 Tage war es mir vergönnt, fast ausschließlich in Richterkreisen zu verkehren, keine Zeitungen zu lesen und die öffentliche Meinung unmittelbar von den Betheiligten selbst zu erfahren, und da, meine Herren, bin ich nirgendwo, auch nirgendwo in Richterkreisen, derjenigen Ablehnung, demjenigen Widerstande gegen den vorgelegten 5 8 be⸗ gegnet, wie er sich hier im Hause und in der Presse gezeigt hat. (Hört! hört! Lachen links) Ich kann sogar konstatieren, daß mir von einem Landgericht in der allerunbefangensten Weise die nicht von mir provozierte Erklärung ich habe nirgendwo derartige Erklärungen provoziert abgegeben wurde, daß sämmtliche Mitglieder des Landgerichts wesentlich auf dem Boden der Vorlage stehen. (Hört! hört! rechts.) Meine Herren, demgegen⸗ über glaubte ich, mich einigermaßen der Hoffnung hingeben zu können, es werde sich ein Umschlag in der Stimmung der maßgebenden Kreise vollsiehen. Leider mußte ich mich bei meiner Rückkehr hierher bald überzeugen, daß ich mich in einer bedauerlichen Taäuschung befunden hatte. Denn als ich auf meinem Tisch einen Haufen von Zeitungtausschnitten, etwa von dieser Stärke, vorfand, die sich fast ausschließlich mit den Herrenhautverhandlungen befaßten und in einer noch entschiedeneren und noch heftigeren Weise den 8 und das Gesetz bekämpften, als das früher der Fall war, da konnte ich nur die Erwartung, die ich vorher gehegt hatte, sofort ganz erheblich herabstimmen. Allerdings hatten die Ausführungen in der Presse sich im wesentlichen ein anderes Angriffsfeld gewählt; sie richteten sich in der Hauptsache gegen eine im Herrenhaus gehaltene Rede, die, parlamentarischem Brauch entsprechend, heute hier kaum gestreift ist. Der 8 8 des Gesetzes selbst kam dabei entschieden zu kur, und deshalb glaube ich auf den 5 8 und selne Entstehung noch einmal eingehen zu sollen.

Es ist gesagt worden, ich glaube von dem Herrn Abg. Im Walle es sei unbegreiflich, weshalb das Herrenhaus nicht auf bie Regierungtvorlage oder aber auf den hier im Hause gestellten Antrag Busch zurückgekommen sei; etz wäre das eigentlich verständiger und

rücksichtsvoller gewesen. Nun, meine Herren, ich kann ja nicht de, . der Seele des Herrenhauses heraus sprechen. Aber ich bin bei der

Gntstehung des Beschlusses mit betheiligt insbesondere den Kommissionsverhandlungen selbst beigewohnt und kann deshalb sagen, wie das gekommen ist. 6 hat das seinen ganz guten Grund gehabt. Im Herrenhause war man der Ansicht, daß die hier bereits einmal abgelehnten Antrãge absolut keine Autͤicht haben würden, wenn sie im Herrenhause wieder aufgenommen würden, hier im Hause zur Annahme ju gelangen. Deshalb mußte man nach einem anderen Wege suchen, um die Möglichkeit einer Verständigung zu haben. Einen solchen Weg glaubte man in der jetzt gewählten Fassung des 5 8 gefunden zu haben. Ich selbst theile die Auffassung, die in der Herrenhaus ⸗Kommission zum Autdruck gekommen ist, und die nach. her die Zustimmung des Herrenhauses selbst gefunden hat. Ich halte den § 8 in der dort beschlossenen Fassung nicht, wie vielfach in den Zeitungen behauptet worden ist, für eine Verschlechterung, eine Ver— schärfung der Vorlage, sondern ich halte ihn für eine wesentliche Ver⸗ besserung. Der jetzige 8 bewegt sich in der Richtung, die schon hier in der ersten Lesung durch den Abg. Eckels angedeutet wurde; er vermeidet eine Reihe von Schärfen, die der Regierungevorlage hauptsächlich zum Vorwurf gemacht worden waren. Er statuiert nicht zwei Klassen von Assessoren: von vollwerthigen und von minderwerthigen. Er bricht den Angriffen aus den Kreisen der Rechtsanwaltschaft die Spitze ab. Auf der anderen Seite setzt er gerade da ein, wo nach meinen früheren wiederholten Ausführungen eingesetzt werden muß, nämlich bei dem gesetzlich der Verwaltung hinsichtlich der Assessoren auferlegten Beschäftigunge— zwange. Ich habe schon früher ich meine auch hier ausgeführt, daß in diesen Bestimmungen die Quelle der vorhandenen Uebelstände zu suchen ist. Ich darf hinzusetzen: diese Bestimmung, die Vor— schrift des Ausführungsgesetzes zum deutschen Gerichtsverfassungt— gesetz, welche dahin geht, daß jeder Assessor einem Ge— richt zur unentgeltlichen Beschäftigung überwiesen werden müsse, entbehrt nach meiner Auffassung jeder inneren Be, rechtigung. Ich glaube nicht, daß in irgend einem anderen Staat eine solche Bestimmung besteht. Wir haben das früher auch nicht ge— kannt. Bis zum Jahre 1879 war die Vorschrift, die den Herren zum großen Theil bekannt sein wird, eine ganz andere. Die Herren, die ihr Examen gemacht hatten, wurden einem Gericht überwiesen mit beschränktem Stimmrecht. Es lag lediglich in der Hand der Verwaltung, wann ihnen ein unbeschränktes Stimmrecht beigelegt werden sollte. Die Verord- nung vom Jahre 1849 fügte noch ausdrücklich hinzu: die Zahl der Assessoren mit unbeschränktem Stimmrecht dürfe niemals die Haͤlste der bei der betreffenden Behörde angestellten etatsmäßigen Richter erreichen. Das ist eine Bestimmung, mit der sich arbelten läßt, mit den gegenwärtigen Bestimmungen läßt sich nicht in zweckmäßiger Weise arbeiten.

Was bedeutet denn diese mechanische Zwangsbestimmung? Jeder, der eine gewisse Summe von Kenntnissen bewiesen hat in der Prüfung, ohne daß auch die Ueberzeugung besteht, er sei zur selbst—⸗ ständigen Verwaltung eines richterlichen Amts nach seiner gesammten Bildung und Persönlichkeit geeignet, soll ohne weiteres in eine Richter⸗ stellung gebracht werden. So liegt die Sache. Die Assessoren, die jetzt den Gerichten zur unentgeltlichen Beschäftigung überwiesen werden, sind in der That vollberechtigte Richter, sie üben die richterlichen Funktionen ebenso aus, wie jeder angestellte Richter.

Dieser Paragraph hat zu dem eigenthümlichen Resultat geführt, daß wir gegenwärtig auf etwa 4000 Richterstellen gegen 6000 Richter im Staate haben. (Hört! hört! rechts) Die Assessoren müssen alh Richter beschäftigt werden, und zwar nicht nach den Anweisungen der Verwaltung, sondern nach den von dem Einfluß der Ver— waltung befreiten Beschlüssen des Präsidiums, sodaß ste in jedem Zweige der Rechtsprechung thätig werden können. Darin liegt gewissermaßen ein Zwang, diese Herren auch demnächst anzustellen. Man kann ihnen, wenn sie sich als Assessoren unangefochten Jahre lang mehr oder weniger bewährt haben, unmöglich sagen, daß sie zur definitiven Anstellung ungeeignet seien.

Nun, meine Herren, das Herrenhaus war also der Ansicht, daß hier eingesetzt werden müsse, und ich habe aus voller Ueberzeugung dem Antrag zugestimmt, weil ich der Meinung bin, daß die Auf hebung dieses Zwanges eine wesentliche Besserung der bestehenden Rechtslage zur nothwendigen Folge hat.

Nun ist allerdings in das Gesetz etwas hineingebracht worden, dessen Bedeutung hier scheinbar, wenigstens von dem Herrn Abg. In Walle nicht verstanden worden ist, weil die Verhandlungen des Herren, hauses keinen Aufschluß darüber geben. Es ist bestimmt worden: jeder Assesson soll seine Beschäftigung beim Gericht be— antragen. Es hängt von seinem freien Willen ab, ob er dal thun will oder nicht. Thut er eg nicht, so kann a über seine freie Zeit anderweit verfügen. Er bleibt Beamter, aber nicht richterlicher Beamter. Wenn der Assessor innerhalb eines Zelt raumetz von 4 Jahren eine solche Beschäftigung nicht beantragt oder

gewesen, habe

nicht erlangt hat denn es muß der Justizverwaltung das Rech

zustehen, ihn zurückzuweisen —, dann muß er autsscheiden.

Ja, aber woher kommen die 4 Jahre? fragt der Hen Abg. Im Walle. Das ist gewissermaßen eine Gefühlssache gewesen, daß diese 4 Jahre hineingekommen sind, und zwar hängt etz nach den Kommissionsverhandlungen damit zusammen, daß de Gesetz auf der Voraussetzung beruht, daß innerhalb eines Zeitraum von vier Jahren jeder Assessor zur definitiven Anstellung kommen müsse, und daß daher eine längere Wartezeit auch für diejenigen Assessoren, die ohne eigentliche Verbindung mit der Justijverwaltung stehen, nicht gerechtfertigt seci. Diese Erwägung hat dann geführt, daß die Beziehung dieser Assessoren zur Justizverwaltung doch einmal gelöst werden müsse, und daß man es nicht dahin kom men lassen dürfe, daß diese im Justhdienst gar nicht mehr beschäs⸗ tigten Personen etwa noch ihr Jubiläum als Justizbeamte feiern. Das ist der Grund gewesen, ein wohlwollender Grund. Eg hat nicht eine Verschärfung sein sollen, wie hier behauptet worden ist; man hat keineswegt beabsichtigt, die Herren noch länger in hangender Pein ju lassen. Die Regierung legt auch absolut keinen Werth darauf, daß es gerade bei den 4 Jahren bleibt; sie würde mit einer Verkürzung dieser Frist vollkommen einverstanden sein. Und wenn die Frist Ihnen zu lang ist und Sie den Antrag stellen sollten, sie zu verkürzen, Sie werden bei der Staatgreglerung irgend einen Widerstand gegen einen solchen Antrag nicht sinden.

Meine Herren, datãz war dle Auffassung des Herrenhauseg. Ich denke, sie wird Ihnen jetzt genügend verständlich geworden sein.

Ueber die Frage, wieweit ein Zusammenhang bestehe zwischen F 8 und dem sonstigen Inhalt des Gesetzes, ist bereits so viel ge— sprochen worden, daß Sie mir verzeihen werden, wenn ich nicht noch einmal das wiederhole, was ich auch selbst nun schon in den ver— schledensten Fassungen gesagt habe. Hier noch den Versuch zu machen, zu überzeugen, meine Herren, darauf lasse ich mich nicht ein. In parlamentarischen Versammlungen überzeugt man sich überhaupt nicht mehr, sondern man stimmt ab. (Sehr richtig! rechts. Unruhe linkt und im Zentrum. Glocke des Präsidenten, Maßgebend sind die Fraktionsbeschlüsse. (Unruhe links und im Zentrum.)

Meine Herren, der Grund, aus dem die Regierung ent— scheidenden Werth darauf legen muß, daß § 8, und zwar zunächst in der vom Herrenhause beschlossenen Gestalt, zur Annahme gelange, liegt in der Ueberzeugung von dem untrennbaren Zusammenhang des Paragraphen mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzes. Diese Ueberzeugung ist verstärkt worden durch den Verlauf der Verhandlungen, und ich glaube, hier zurückkommen zu müssen auf die Bemerkungen des Herrn Abg. Hobrecht über die vielfach angeregte Frage, ob hier eine Verdunkelung von Kronrechten vorliegt. Ja, meine Herren, man muß sich zunächst darüber klar werden, was es heißt: Kronrechte können nicht verdunkelt werden. Der Satz ist richtig, wenn er in dem Sinne aufgefaßt wird, daß Kronrechte nicht durch Verdunkelung aufgehoben werden können. Etwas ganz Anderes aber ist es, ob in der öffentlichen Meinung eine solche Verdunkelung sich bilden könne. (Sehr richtig! rechts.) Und in diesem Sinne ist allerdings eine Verdunkelung vorhanden, und diese Verdunkelung hat sich durch die Ausführungen der Tagesprésse noch verstärkt. (Sehr richtig! rechts. Widerspruch links Wenn die Herren mir das nicht glauben wollen, so kann ich Ihnen elnen Artikel vorlesen, den ich in einem Zeitungsausschnitt aus einer der gelesensten Zeitungen vorfand. Ich habe ihn hier liegen. Da wird ausgeführt, daß verfassungsmäßig allerdings bei Ernennung von Verwaltungsbeamten ein Auswahlrecht gegeben sei; bei Ernennung von Justijzbeamten aber bestehe ein solches Vorrecht nicht. (Hört! hört! rechts.) Und dieser Satz wird gefolgert aus der Gegenüber⸗ stellung der Art. 86 und 87 der preußischen Ver— fassung mit Art. 93. Ja, meine Herren, ich habe meinen Augen nicht getraut, wie ich den Artikel las, und es ist mir nicht gelungen, dafür ein Verständniß zu gewinnen. Trotz alledem bin ich derselben Ausführung wenige Tage später in einem angesehenen Provinzialblatt begegnet und auch die Behauptung, daß der in 5 8 ausgesprochene Satz, der doch nach der einstimmigen Auf⸗ fassung des ganzen Hauses ich glaube, auch der Herr Abg. Rickert hat eine Beschränkung nicht aussprechen wollen eigentlich nur be— stehendes Recht klarstellt, also auch da bin ich der Auffassung begegnet, daß dieser 5 8 etwas Verfassungswidriges enthalte, wenn er dahin führen solle, daß die Anstellung nicht nach der Aneciennität erfolge.

Dann hat man weiter ausgeführt, die Unabhängigkeit der Ge⸗ richte erfordere eine Anstellung der Richter nach der Aneiennität. Nun, meine Herren, habe ich mich gefragt: ist es denn das Ideal einer gerechten Verwaltung, nach mechanischen Grundsätzen die Stellen zu besetzen? und je höher von allen Seiten die Aufgabe, die Verant⸗ wortlichkeit des Richterstandes gestellt ist, ist es da richtig zu sagen: für die Verwaltung mag eine Auswahl zulässig sein, aber für den Richterstand nicht, das widerspricht seiner Unabhängigkeit? Liegt denn die Garantie der Unabhängigkeit darin, daß jemand, der die formelle äußerliche Qualifikation errungen hat, nach der Reihenfolge, nach dem Alphabet, oder vielleicht nach dem Loose zum Richter ernannt wird? Erfordert nicht gerade die schwere, hoch⸗ verantwortliche Aufgabe des Richteramts, der Anspruch, den man an die Gerichte erhebt, daß sie frei und unabhängig von jedem Einfluß von oben und unten ihr Amt ausüben, erfordert das nicht die sorg⸗ fältigste Auswahl bei der Ernennung der Richter? Und da gerade soll dies Verfahren verfassungswidrig sein?

Meine Herren, ich verstehe es nicht, und jedenfalls sage ich, daß das nicht der Weg ist, unsere Justiz zu heben, (sehr richtig! rechts), und daß sie nur gehoben werden kann, wenn eine Prüfung derjenigen Herren stattfindet, die zu diesem hochedlen, vornehmen, heiligen Beruf bestellt werden. (Lebhaftes Bravo rechts.)

Meine Herren, die Frage des Mißtrauens ist ja heute kaum noch berührt worden, ich will darauf auch nicht eingehen; auch das Streberthum hat heute kaum noch eine Erwähnung gefunden. Mir ist aber ein persoͤnliches Vertrauen ausgesprochen durch den Herrn Abg. Hobrecht. Ich bin ihm dafür natürlich sehr dankbar, aber ich erinnere mich dabei eines verständigen Worts, das in voriger Woche Herr Abg. Rickert im Reichtztag ausgesprochen hat. Damals handelte es sich um die Frage es waren Zweifel angeregt —, ob es infolge des vorgelegten Militärgesetzes zu einer Wiedereinführung der dreijährigen Dienstʒelit kommen könne, und esr wurde dabei hingewiesen auf das persoͤnliche Vertrauen zu der Person des Herrn Kriegs⸗Ministers; da hat der Abg. Rickert das treffende Wort ausgesprochen: mit einem persönlichen Vertrauen sei überhaupt nichts gemacht, die Personen wechselten überall, das würde auch beim Kriegs. Minister so sein und so ist es auch in der Justiz —; aber das Vertrauen auf die Schwerkraft der Thatsachen, das schlage durch. Ich würde mich gefreut haben, wenn Herr Rickert seine kurze Rede von heute dadurch verlängert hätte, daß er diesen Satz auch hier autsgesprochen hätte, daß die Schwerkraft der Thatsachen jedem Justiz⸗Minister gegenüber stark genug sein würde, um ihn zu nöthigen, die Ernennung der Richter vorzunehmen nicht nach Gunst und Empfehlungen, nicht nach Familienbeziehungen und ,, sondern nach der Tüchtigkeit der Personlichkelt. (Bravo! recht.)

Meine Herren, das ist es, was ich Ihnen zu sagen habe. Viel Hoffnung, daß meine Worte noch Erfolg haben werden, habe ich selbstverständlich nicht. (Oho rechts Möge aber der Erfolg, die Entscheidung augfallen, wie sie wolle, das Bewußtsein nehme ich mit, daß ich für eine gute Sache gekämpft habe. (Lebhaftes Bravo! rechts.)

Abg. Graf zu Limburg Stirum (kons.) j dieser wich⸗ tigen Frage hätte ich au 9 Anwesenheit des Minister ⸗Präsidenten

ler erwartet, um einer Verdunkelung der Kronrechte n ,

err Rickert sagt, das Kronrecht word nscht angetastet, der König

ann ernennen, wen er will, aber dann sagen dle Herren doch, daß Kronrecht 6 beschränkt durch dag Gesetz. Aus Art. IV der Ver⸗ sassung (Hleicheiß vor dem Geseß) ann man nur mit einem loslschen Sprung; den wir nicht , , können, folgern, da Alle, welche dag ssessorexramen gemacht haben, zu Richtern ernann den müssen. Sie könen dazn ernannt werben, mössen aber nicht

erngnnt werden. Man befürchtet eine Aut wahl nach Standegvor⸗ urthellen. Wir haben f R Männer auß kleinen Ver⸗

drücklich

haältnissen heraus erstehen sehen, und andere aus hervorragenden Fa⸗ milien haben nicht erreicht. Ih! i. Vergangenheit sind die Mative, die man uns unterschiebt, nicht begründet. Wir sind an dleses Geseß mit Wohlwollen für den eier en, herangegangen. Wollen Sie die Regelung der Richtergehälter nicht, fo mögen Sie es verantworten. Dse Regierung sst von der Verantwortung ent— lastet, wenn dag Gesetz abgelehnt wird. Die Richter hier im Hause, welche es ablehnen, werden sich nicht den Hank ihrer Kollegen im Lande verdienen. Ich bitte Sie, den 5 8 anzunehmen. Wenn er

nicht angenommen wird, hat d Werth mehr. hat dasz ganze Gesetz für uns keinen

Abg. Dr, Porsch sZentr.): Der Assessor hat allerdings formell nicht das Recht auf r enn, als Richter; in dieser Hinsicht ist das Kronrecht unzweifelhaft; aber nach Königlicher Verhrdnung follen Alle, welche die große Staatgprůfung . haben, zu e. bestellt und beschäftigt werden. Eine bel ebige Augwahl unter diesen . dem Minister nicht zu. Das hat die Regierung felbst als estehendes Recht anerkannt in der Begründung des Hell vom 6. Mai 1869. Der ernannte Assessor hat auch ein Recht auf Be⸗ schäftigung, aber nicht auf Anstellung als Richer. Die 2. ist aber auch immer die gewesen, daß alle ernannten Assessoren als Richter angestellt wurden. Die Ernennung zum Richter liegt im freien Ermessen der Krone. Etwaß Anderes . ich auch nicht in der jweiten Lesung gesagt. Gegenüber der Augtlbung dez Kronrechts haben wir aber das Recht der Interpellation an den Justiz Minister, denn unter dessen Verantwortung vollzieht die Krone die Er⸗ nennungen. Wir haben nicht gesagt, daß ganze Klaffen der Bevölkerung auggeschlossen werden Follen, sondern nur, daß, wenn das einmal geschehen sollte, wir das Recht der Inter⸗ pellation haben. Wenn § 8 abgelehnt werden sollte, ist das geltende Recht gar nicht zweifelhaft. Nicht richtig ist, daß durch unsere Diskussion eine Verdunkelung des Kronrechtz in der öffentlichen Meinung herbeigeführt sei. Herr Schettler meint, wir könnten ruhig sein, die Konservativen beabsichtigten feinen Ausschluß ganzer Be⸗ vbilerungs lassen Aber die Konservativen haben doch das Gesetz nicht auszuführen. Wir Abgeordneten hören auf unseren Reisen die allge⸗ meine Meinung besser als der Minister bei feinen Dienstreisen, und 86 meiner Erfahrung kann ich sagen, daß die Stimmung gegen das Gesetz durch die Rede des Herrn Drenckmann im , noch stůrker geworden ist. Befremdend war die Aeußerung des Herrn Ministers, daß man sich im Parlament nicht überzeuge, sondern abstimme. Dag Parlament hat nicht den Zweck, sich zu überzeugen, sondern der Oeffentlichkeit die Gründe für dle Ueberzeugung, die man hat, darzulegen. Wohl aber kann man sich auch im Parlament durch Gründe ke, , e Wir verlassen das Haus mit gutem Ge⸗ wissen, wenn die Entscheidung in unserem Sinne ausfällt.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Auf die Frage des Sich Ueberzeugent in diesem Hause will ich nicht weiter eingehen, schon um dat gute Einvernehmen mit dem Hause, worauf ich den größten Werth lege, nicht zu stören; ich müßte sonst möglicherweise indiskret werden. (Oho! links und im Zentrum.)

Ich will auch mit dem Herrn Abg. Dr. Porsch nicht streiten über die Stimmung im Lande. Ich habe nicht behauptet, daß mir überall Zustimmung zu dem Gesetz begegnet sei; ich habe nur gesagt, daß mir bei einigen Gerichten solche Zustimmung begegnet sei und wenigstens nirgendwo eine solche Ablehnung wie hier und in der Presse. Daß der Herr Abg. Porsch andere Eindrücke gewonnen hat, und ihm andere Aeußerungen entgegengetreten sind, finde ich vollkommen begreiflich; wenn harmlose Gemüther jeden Morgen zum Frühstück einen solchen Auf wand von moralischer Entrüstung in sich aufnehmen müssen, wie er in letzter Zeit in vielen Zeitungsartikeln zum Ausdruck gekommen ist (oho! linktz und im Zentrum; sehr richtig! rechts), dann ist es be—⸗ greiflich, daß der unbefangene Blick sich einigermaßen trübt und daß auch in der früher gehegten Auffassung von der Sache Schwankungen eintreten.

Zugestehen will ich dem Herrn Abg. Porsch hiermit ganz aus— drücklich, daß der Justiz⸗Minister jetzt, wie in dem Falle, daß der F 8 angenommen würde, die Verantwortlichkeit für die Ausübung des ihm delegirten Ernennungsrechts hat, und daß er wird Rede stehen müssen, falls er von dieser Befugniß unangemessenen Gebrauch macht. Der Justiz Minister wird sich dieser Verantwortung niemals entziehen können, noch wollen.

Im übrigen sind wir doch durch die Ausführungen des Herrn Abg. Porsch wiederum auf das Gebiet der Verdunkelung gekommen, und ich muß im Interesse der Krone und der Staatsregierung zur Wahrung ihrer künftigen Rechte doch hier noch einmal aus— meinen abweichenden Standpunkt bezüglich der Frage fixieren, ob eine Verpflichtung der Regierunng besteht, die Re⸗ ferendare, die die große Prüsung bestanden haben, zu Assessoren zu ernennen. Es ist das, glaube ich, dis einzige Differenz, die zwischen dem Herrn Abg. Porsch und mir in der Frage der An⸗ stellungspflicht besteht. Der Herr Abg. Porsch deduziert eine solche Verpflichtung, während ich sie bestritten habe und noch heute bestreite.

Es ist ganz richtig über die Thatsachen besteht gar kein Streit daß in der Verordnung vom Jahre 1849 gesagt war: die in der großen Prüfung Bestandenen werden zu Gerichte⸗Assessoren ernannt. Ich habe im Herrenhause ausgeführt und kann hier nur wiederholen, daß diese Bestimmung nicht den Zweck hat haben sollen, damit eine Verpflichtung zur Ernennung dieser Herren zu statuieren. Ursprünglich war beabsichtigt gewesen, den Referen⸗ daren nach bestandener Prüfung nur ein Befähigungszeugniß zu geben. Bel weiterer Erwägung aber fand man, wie die Motive darlegen, es nicht angemessen, daß die Herren nur mit einem solchen Befähigungszeugniß ausgerüstet werden sollten, und war der Ansicht, es sei richtiger, ihnen einen höheren Titel zu geben. So ist dieser Paragraph entstanden. (Hört, hört! Zurufe.) Nur als Titel, meine Herren. (Lachen im Zentrum.)

Wörtlich ist diese Bestimmung dann übergegangen in das Prüfungtgesetz vom Jahre 1869, das gegenwärtig diese Materie regelt. Allerdings ist das gesagt worden, daß damit nur der be—⸗ stehende Rechtsjustand aufrecht erhalten werde. Das Buch einet Beamten aus dem Justiz⸗Ministerium, das der Herr Abg. Porsch vorhin erwähnte, ist mir nicht näher bekannt. Der Beamte ist ein sehr tüchtiger Bureaubeamter, ein durchaus zuverlässiger Herr, und wenn der gesagt hat, es werde kein Amt verliehen durch die Er⸗ nennung zum Assessor, sondern das sei nur ein Titel, so ist das ganz richtig. (Zuruf: Anwartschaft.) Ich habe verstanden aug der Verlesung, daß auch darin stände, es sei nicht ein Amt, sondern ein Titel. Also Antwartschaft. Meine Herren, dag war möglicherweise damals richtig. Ich habe vorhin schon den Unterschied auseinander gesetzt zwischen den früheren und den jetzigen Gericht. Assessoren. Die damaligen Gericht. Assessoren, die auf Grund der Verordnung dom Jahre 1849 und der Prüfungtzöordnung vom Jahre 1869 ernannt wurden, waren keine richterlichen Beamten. Jetzt sind sie nach dem Einführungsgesetz zum Gerichts verfassungs⸗ gesetz richterliche Beamte geworden. Und darin würde schon

eine Aenderung der bestehenden verfassunggmäßlgen Sachlage zu finden sein, wenn jetzt der Zwang bestände, jeden Referendar, der dag große Examen bestanden hat, jum Gerichts. Assessor ju ernennen; eg läge darin ein Zwang für die Regierung, ihm ein Amt zu verleihen. Denn jetzt hat der Assessor ein selbständiges Amt, wenn auch ein unbesoldeteß. Hiernach würde also das Ginführungtz⸗ gesetz zum Gerichttzverfassungegesetz im Widerspruch stehen mit unseren verfassungsmäßlgen Bestimmungen. Ein solcher Widerspruch ist aber nicht beabsichtigt, konnte auch nicht beabsichtigt werden; es sind auch die Formen einer Verfassungeänderung bei der Berathung nicht beobachtet, weil niemand daran gedacht hat, daß eine solche Verpflichtung statuiert werden solle. Das ist der Standpunkt der Regierung und die Rechtelage, die ich für die Krone wahren muß. (Bravo! rechts. Damit guet die Generaldiskussion. n der Spezialdiskussien wird zunächst 5 8 zur Debatte este t. Das Herrenhaus hat denselben dahin gestaltet, daß as , , . um deutschen Gerichts verfassungsgeseß dahin abgeändert wird, daß Gerichts⸗Assessoren, welche ö. vier Jahren . ihrer Ernennung eine Ueberweisung zur unent⸗ geltlichen Seen nicht beantragen oder nicht erlangen, aus dem Justizdienst ausscheiden.

Die Abgg. Krguse-⸗Waldenburg (frk und Freiherr von ,, (kons.) . den früheren 53 trag wiederholt, wonach die Justizverwaltung über die Zu⸗ lassung der Referendare nach Maßgabe des Bedarfs ent⸗ e, die Referendare, welche die große Staatsprüfung be⸗ tanden haben, mit dem Titel „Gerichts⸗-Assessor“ aus dem i e ausscheiden und diejenigen, welche in den höheren . eintreten wollen, ihre Annahme bei dem Justiz⸗ Minister zu beantragen haben.

Ohne weitere Vebatte wird in namentlicher Abstimmung zunächst der Antrag Krause⸗Waldenburg mit 201 gegen 170 Stimmen abgelehnt.

Darauf wird auch 8 8 der Vorlage (Herrenhausfassung) abgelehnt.

1 wird ohne Debatte angenommen. um 8 2 liegt ein Antrag Im Walle (Zentr) auf günstigere Berechnung des Besoldungedienstalters vor.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich will über die Stellung der Staatgregierung zu dem Antrag des Abg. Im Walle, der ja, wie ich glaube, zur Diskussion steht, keinen Zweifel lassen; er erscheint der Staats regierung finanziell und politisch unannehmbar, weil er sich in der direkt entgegengesetzten Richtung bewegt wie die Vorlage, und zur unausbleiblichen Folge haben würde, daß die Minderung des Andrangs zum höheren Justizdienst, die in der Vorlage erstrebt wurde, sich in das Gegentheil verwandeln würde. Eg würde ein un gemessener Zudrang stattfinden, und es würde der Mittelstand aut geschlossen werden, der nicht die Chaneen für sich ausnutzen kann, daß er nach Ueberschreitung der Wartezeit, die der Antrag zu Grunde legt, noch jahrelang warten kann, in der Voraussicht, daß die Nach= theile sich mehr oder weniger später für ihn ausgleichen werden durch Einrücken in eine höhere Gehaltestufe.

Ueber die finanzielle Frage mich zu äußern, wird kaum erforder⸗ lich sein. Es würde zweifelloz eine erhebliche finanzielle Mehr⸗ aufwendung bei dem ungemessenen Andrang, der nach Ablehnung des F 8 erfolgen wird, entstehen; und jzur Uebernahme dieses Mehr⸗ aufwands auf die Staatzkasse liegt eine sachliche Veranlassung nicht vor.

Abg. Krause (Waldenburg) erklärt, daß seine Freunde nach Ablehnung des 8 gegen alle weiteren Paragraphen und Abãnderunggs⸗ anträge stimmen werden.

Abg. Schmieding (al): Wir wollen das Gesetz nicht prinziviell beschweren und werden deshalb nur für den Antrag Hodler zu 85 5 und 6 stimmen, welcher die Abgeordnetenhaus Beschlüsse wieder=

herstellt. Der Antra Walle wird abgelehnt und § 2 an⸗ genommen, ebenso die 88 3 - 4 3 Debatte.

Die S5 5 und 6 enthalten die Bestimmungen über die Berechnung des Besoldungs⸗Dienstalters der beim Inkrafttreten

des Gesetzes bereits angestellten richterlichen Beamten.

Abg. Kirsch (Zentr.) beantragt, das ihnen durch Verordnung vom 16. April 1879 beigelegte Dienstalter als Besoldun gsdienstalter zu Grunde zu legen.

Abg. Hodler (Zentr.) beantragt für den Fall der Ablehnung des Antrags Kirsch, daß der 3 Jahre übersteigende Zeitraum des Vorbereitungsdienstes angerechnet werde, während das Herrenhaus 4 Jahre bestimmt hat.

Geheimer Ober Finanz Rath Lehnert macht darauf aufmerksam, daß der Antrag Kirsch der Staatskasse jährlich 19 Millionen mehr als die Regierungsvorlage und 1 800 00 M mehr als nach dem i gen Etat und der Antrag Hodler J Million mehr jährlich kosten würde.

Der Antrag Kirsch wird abgelehnt, und die 55 5 und 6 werden in der Fassung des Antrags Hodler angenommen.

Die 7 bis 10 werden ohne Debatte erledigt. 11, welcher die Anwendung des 6 auf die *. jetzt im Dienste befindlichen Referendare aucsschließt, wird in Konsequenz der Ablehnung deg 8 8 t

In definitiver Abstimmung wird endlich das ganze Gesetz gegen die Stimmen der Rechten angenommen.

Schluß m/ Uhr. Näͤchste Sitzung Freitag 11 Uhr. (Kleinere Vorlagen; Antrag Broemel wegen Ueberfüllung der Stadtbahnwagen.)

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach 2124 Th. II Tit. 2 deg Preuß. Allg. Landrecht ist ein 0 h riger Sohn, wenn er ein eigenes Gewerbe treibt oder ein öffentliches Amt bekleidet, für entlassen aus der vater lichen Gewalt anzusehen. In Bezug auf diese i, hat das Reichsgericht, IV. Zivilsenat, durch Urtheil vom 23. März 1896 aug⸗ gesprochen, daß die l= eines Wirthschaftg⸗Inspektorsg alt eigener Gewerbebetrieb im Sinne deg z A2g II. 2 A. 2.-R. anzusehen ist, auch wenn der Sohn diese Stellung bei seinem Vater einnimmt. „Die Beurtheilung, ob ein großsähriger Sohn ein eigenes Gewerbe trelbt, hat nach den 8 nkreten Verhältnissen zu erfolgen; Betrieb auf eigene Rechnung oder . Gewerbe betrieb ist dabel nicht erforderlich... Iz / gb.

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