1896 / 141 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jun 1896 18:00:01 GMT) scan diff

ge Bemerkungen zu machen, die, wie ich hoffe, auch die Anhänger

des Antrags davon Überzeugen werden, daß doch die Sache nicht so einfach liegt, wie sie für den ersten Anblick zu liegen scheint, und daß es gerade im Interesse derjenigen Rücksichten, die Herr Graf on Holstein vertritt, sein würde, wenn hier nicht in der jweiten Lesung der Antrag einfach so, wie er liegt, ange nommen würde, und wenn damit, namentlich dann, wenn die dritte Lesung ebenfalls gleich folgen sollte, eine Situatton geschaffen werden würde, die die Regierung von ihrem Standpunkte aus nicht wird aeceptieren können. Ich ber einer solchen Maß regel, die doch nicht eine, sondern verschiedene Selten hat, muß der Gesetzgeber seine defmnitive Stellung erst nehmen, wenn er die Wirkungen des Vorschlags nach allen Seiten hin erwogen hat.

Nun, meine Herren, verstehe ich und theile ich die Entrüstung, die den Herrn Antragsteller erfüllte, als er vorhin sprach bei der Berührung der Berhaltnisse, die zu diesem Gesetzesvorschlag Veranlassung gegeben haben, vollständig, und ich bin überzeugt, daß die verbündeten Regierungen in dem Wunsche, Abhilfe zu schaffen, eins sind mit dem Herrn Antrag steller. Allein, man muß sich darüber klar sein, ob die Mittel, die man zu diesem Zweck anwendet, durchschlagend und ob sie rechtlich einwandfrei sind, und in diesem letzteren Punkte, nach der juristischen Seite der Sache hin, halte ich mich doch für verpflichtet, auf einige Grwägungen hinzuweisen, die nach meiner Meinung sorgfältigere Berathung erfordern, als sie hier im Hause in diesem Augenblick möglich sein würde.

Meine Herren, der Antrag will, daß diesen unglücklichen Ge⸗ schöpfen illegitimer Verbindungen die Möglichkeit gegehen werde, den Anspruch, den das Gesetz ihnen gewährt, zwangsweise durchzusetzen ohne Rücksicht auf die Schranken, die das Gesetz über die Beschlagnahme des Arbeits und Dienstlohns zieht. Hier dürfen wir nun aber doch nicht vergessen, daß die Ansprüche ehelicher Kinder gleichfalls in Betracht kommen. (Sehr richtig! rechts Widerspruch links.) Nein, bitte um Verzeihung, die Ansprüche der ehelichen Kinder stehen mit denjenigen der unehelichen auf diesem Gebiet nicht gleich; denn während sowohl nach dem bestehenden Gesetz als auch nach den Bestimmungen des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs die ehe—⸗ lichen Kinder in ihren Forderungen gegenüber dem Vater auf das⸗ jenige beschränkt sind, was wir die „Kompetenz“ nennen, also bei der Durchführung ihrer Forderung Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse des Vaters nehmen müssen, steht das uneheliche Kind in dieser Beziehung anders, es ist in seinen Ansprüchen nach dieser Seite hin nicht beschränkt. Nun, meine Herren, was würde die Folge sein? Zu Gunsten eines unehelichen Kindes würde gegen den Vater, soweit er nicht in einem Beamtenverhältniß steht, wo die Zivil⸗ prozeßordnung gewisse Schranken gejogen hat, mit der Beschlagnahme vorgegangen werden bis auf den letzten Heller dessen, was er erwirbt, auf Kosten auch des nothwendigen Lebensbedarfs des Vaters, auch auf Kosten der ehelichen Kinder, die der Vater zu unterhalten hat. Zu Gunsten der ehelichen Kinder würde ein Gleiches nicht möglich sein, d. h. meines Wissens. Sie schaffen hier einen Rechtszustand, welcher die größten Härten für die legitimen Familienberhältniffe enthält zu Gunsten der illegitimen, und, meine Herren, das glaube ich, wird Ihre Absicht nicht sein wollen!

Ein Anderes noch! Auch den Ascendenten das Vaters ist gesetz⸗ lich ein Anspruch auf Alimentation gegeben, nur ist andererseits dieser Anspruch durch das Lohnbeschlagnahmegesetz nicht unter diejenigen auf⸗ genommen, welche derart privilegiert sind, daß sie geltend gemacht werden können auch gegenüber dem Einkommen des Vaters aus dem Arbeits, und Dienstlohn. Wag wird nun die Folge dieses Gesetzes⸗ vorschlags sein, wenn er in Anwendung treten sollte, in den Be⸗ ziehungen der unehelichen Kinder des Vaters, die An⸗ sprüche erheben, zu den ebenfalls einen Anspruch erhebenden Ascendenten, also vor allem den Eltern des in Anspruch genommenen Vaters? Die Folge würde sein, daß die legitimen Eltern des betreffenden in Anspruch Genommenen ihre Ansprüche auf Alimentation im Wege der Lohnbeschlagnahme nicht geltend machen können, das illegitime Kind dieses in Anspruch Ge⸗ nommenen aber dieß zu thun vermöchte. Auch dat, meine Herren, ist eine Folge, die mit der Gerechtigkeit nicht im Einklang steht, und die, wie ich glaube, von dem Herrn Antragsteller nicht gewollt ist.

Drittens, meine Herren, das Gesetz, gegen welches der Vorschlag

des Herrn Grafen Holstein sich richtet, ist neben der Zivilprojeß⸗

ordnung vor allem das Gesetz über die Beschlagnahme des Arbeits- und Dienstlohns. Dieses Gesetz beschränkt zu Gunsten des Arbeiters eine Inanspruchnahme dessenigen, was der Arbeiter verdient, weil er diesen Verdienst zu seinem täglichen Lebens unterhalt gebraucht. Gewiß mit Recht. Nun hat aber infolge unserer soial⸗ politischen Gesetzgebung dieser Grundsatz eine Erweiterung erfahren, welche praktisch wichtig ist und welche nach meiner Meinung hier nicht außer Betracht gelassen werden kann, wenn man die Sache erschöpfend, gleichmäßig, zweckentsprechend regeln will. Durch, die sozialpolltischen. Gesetze ist, nämlich das⸗ jenige, was das Gesetz von 1869 eingeführt hat zum Schutz des Arbeits und Dienstlohns, auch“ eingeführt zum Schutz der Unfallrente und des Krankengeldez. Die Altergrente brauche ich hier nicht in die Diskussion zu ziehen; ein Anspruch auf diese wird hier kaum praktisch werden. Das. Krankengeld und die Unfallrente sind beide aus dem gleichen Gesichts punkt, wie der Arbeits ⸗˖ lohn gegen Pfändung geschützt. Sie n sollen erhalten bleiben dem- jenigen, dessen Nothdurft sie befriedigen sollen.

Wag wird nun die Folqe sein, wenn der Gesetzentwurf in der Ge⸗ stalt, wie er uns hier vorliegt, Gesetzwürde? Auf hem Gebiete des Arbeits. lohns würde eine Grweiterung! der vrivilegierten Forderungen ein⸗ treten; auf dem Gebiete der songalpolltischen Renten, wo die gleichen Gesichtshunkte die Gesetzgebung geleftet haben, würde diese Erwei⸗

terung nicht eintreten. Solche Inkonsequenzen darf eine Gesetz gebung,

kommen lassen. Mir denn doch schon liegt, wie. man.

meine ich, sich nicht zu schulden

scheint, diese Zweifel punkte lassen erkennen, daß die Sache nicht so einfach auf den ersten Blick anzunehmen geneigt ist.

mehr, wenn noch ein Punkt von einiger der vielleicht nicht bel der . sozlel volitischen Würdigung. der Sache ent · die lich ͤ ͤ die für sein Ressort bereitgestellten Mittel zu. Solche Cinschräͤnkungen bestehen rücksichtlich der Fonds, welche die Interpellatton im Auge bat, nicht, Für dag Staats. Min stetlum hat deshalb auch elne Ver

scheidend rsein kann den r aber doch vermõge seiner rechtlichen Sedeutung der Gesetzgeber nicht l aubeachtet lassen darf, menn er sich nach dieser Richtung nicht einem Vorwurf autfetzen will. Ich meine Folgendes, meine Herren, Der Gesetzentwurf, der hier in Frage steht; hat den Zweck, solche Alimentationgansprüche in größerem Umfbnge als bisher zu schützen⸗ die daga bestchende Recht u Gunsten unehelicher Finder

wo sie anerkannt w en und Gins vor

Dies um fo . Ressort Chef, sowelt nicht im Etat selbst oder in den Gesetzen

gewährt. Nun, meine Herren, ist das bestehende Recht auf diesem Gebiet zur Zeit in Deutschland leider sehr verschieden. Wir ö

einzelnen Theilen des Landeg derartige Alimentationsan sprnche zu Recht he⸗ stehen, ls, das Gesetz solche , ,. t. Dort,

tungen anettannt.

Deutschland überhaupt nicht äußern, nn, Gebieten, wo sie sich si

äußern können, wrthe dag in sehr ver

des Gesetzes verfolgen, bevor man eine definitive Stellung nimmt, und das kann wohl nur in der Kommission geschehen. Deshalb scheint es mir nicht unbedenklich zu sein, die Sache hier in zweiter Lesung zu behandeln. Ich glaube, gerade im Interesse derjenigen Gedanken, die von dem Herrn Antragsteller vertreten sind, deren Bedeutung ich

durchaus würdige und deren Förderung mir am Herzen liegt, zu

sprechen, wenn ich dem hohen Hause zur Erwägung stelle, ob es an⸗ gezeigt ist, heute schon in die zweite Lesung einzutreten.

Abg. Stadthagen (Soz): Der Antrag würde überflüssig sein, wenn die unehellchen Kinder auch im Bürgerlichen Gesetzbuche die gleiche Stellung wie die ehelichen erhalten würden. Daß würde noch über den Antrag = weit hinausgehen. Ich empfehle die Ueber fe nn des Antrages an eine Kommission.

Abg. Günther (nl) erklart für seine Freunde, daß sie dem Antrag zusttmmen; er hätte gern dem Antrage auch in jweiter in zugestimmt, allein die Bedenken des Stagtssekretärs seien nicht , . und es empfehle sich daher eine Kommissions⸗ berathung. Er (Redner) sei durch die schlimmen Erfahrungen der Praxis dazu gekommen, den unehelichen Kindern eine bessere Stellung einzuräumen, weil die Väter unehelicher Kinder, auch wenn sie . . könnten, für ihre unehelichen Kinder und deren Mutter nichts thäten.

Abg. Beckh (fr. Volksp.): Die Annghme des Antrages wider- spricht Heß, was im Bürgerlichen Gesetzbuch ausgesprochen ist; es müßte also im Bürgerlichen , elne Aenderung vorgenommen werden. Redner empfehlt ebenfalls eine kommissarische Berathung.

3 Dr. von Cuny (nl.): Eine Aenderung des Bürgerlichen Gesetz⸗ buches gt nicht nothwendig. Aber der Antrag bedarf einer kom—⸗ miffarischen Berathung. 3

Abg. Dr. Bachem: Es handelt sich nicht um die Schaffung eines Anspru h sondern um die Exsequterung eines bestehenden rr g an den“ Arbeitslohn. Tine Kommisstonsberathung ist nicht noth- wendig, denn es komme hauptsächlich darauf an, einen Beschluß des Hauses herbeizuführen, damit der Bundesrath sich mit der ie. beschäftigt, und wenn er zur Ablehnung kommt, uns einen besseren Vorschlag macht. c

Die Abgg. Dr. Rintelen (Z3entr., Stadthagen und , . von Stumm (Rp.) empfehlen die Ueberweisung des

eg an eine Kommission von 14 Mitgliedern, welchem Vorschlage das Haus sich anschließt. rauf werden noch einige Petitionen ohne erhebliches allgemeines Interesse erledigt. . Schluß 65 Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. n, n , ,, und Vorlagen, betreffend die Schutztruppe, owie zweite Berathung der Militärvorlage.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

79. Sitzung vom 13. Juni 1896.

Auf der Tagegordnung steht zunächst die Interpellation der Abgg. Knebel und von Eynern:

Hat das Königliche Staats Ministerium Kenntniß genommen von der Erklärung des Ministers für Landwirthschaft im Herren hause vom 26. Maͤrz 1896, wonach bei der Vertheilung von Stgats zuschllssen zu landwirthschafllichen Zwecken künftig diejenigen Pro⸗ vinzen, welche Landwirthschaftskammern , dere. esonders berücksichtigt werden sollen? und welche Stellung nimmt das König⸗ liche Staats Ministerium dieser Erklärung gegenüber ein?;

Der Präsident des Staats⸗Ministeriums Fürst zu Hohen⸗ lohe erklärt sich bereit, die Anfrage sofort zu beantworten. Abg. Knebel (nl): Dem rheinischen landwirthschaftlichen ferne rn wurde der beantragte . zu den er,, . schen Winterschulen, die eine erfreuliche Ausdehnung gewonnen haben, abgeschlagen. Der Verein hatte bisher allein mit Zuschüssen der . die Winterschulen unterhalten. Der Staat hatte nur die osten übernommen, die die Verwendung der Winterschul⸗Direktoren als Wanderlehrer erforderte. Der Minister für Landwirthschaft lehnte es ab, bei einer Vermehrung der Schulen die Zuschüsse für die Wanderlehrer zu erhöhen. Auf eine Anregung des Herrn von Bemberg im Herrenhaufe erfolgte die bekannte Antwort, daß die Probinzen mit Landwirthschaftskammern besonders berichsichtigi werden müßten bei den Zuschüssen; die anderen müßten zurückstehen. Daß die Landwirthschaftskammer- Provinzen aus 6 Mitteln mehr leisten, als die anderen Provinzen, sei, durchaus unrichtig; Rheinland, Hannober und Westfalen leisten mehr als die Propinzen, mit Landwirthschaftskammern, Rheinland giebt für eine Winterschulen allein mehr aus als jede der anderen Pro— binzen überhaupt. Der Zentralverein zieht die Kreigvereine ju den Lasten heran, die höher sind als die Umlagen der Landwirthschafts⸗ kammern. Dieser Organisation geben wir den Vorzug und werden sie festhalten, auch wenn man uns für das Aufgeben derselben ekuniäre Vortheile in Aussicht stellt. Die Erklärung des Landwirth⸗ chafts. Ministers stellt solche Vortheile in Aussicht, sie erweckt daher die ernstesten Bedenken, zumal sie im Widerspruch steht mit den Auslassungen bei Erlaß des Landwirthschaftskammer⸗Gesetzes, wongch die Staatszuschüsse nicht entzogen werden sollten. Gegen den Minister für Landwirthschaft Freiherrn von Hammerstein persönlich ist die Interpellation nicht gerichtet; wir sind im übrigen mit ihm ein verstanden, hoffen aber in Bezug auf diesen einen Punkt auf eine befriedigende Antwort seitens des Staats. Ministeriums.

Praͤsident des Staats⸗Ministeriums Fürst zu Hohenlohe: Meine Herren! Der Herr Minister für Landwirthschaft bedauert, durch eine Dienstreise verhindert zu soein, der heutigen Sitzung beizu⸗ wohnen; ich habe es daher übernommen, die Interpellation zu beant⸗ worten. Dle Herren Interpellanten scheinen von der Auffassung aut⸗ zugehen, daß das Königliche Staats⸗Ministerium berufen sei, die rt der Verwendung der dem Herrn Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten durch den Staatshaushalts Etat zu land⸗ wirthschaftlichen Zwecken zur Verfügung gestellten Beträge seiner Er⸗ ötterung und Beschlußfassung zu unterztehen. Eine solche Auffassung würde eine rechtsirrthümliche sein. Nach preußischem Staatg . und Verwaltungs recht stebt jedem

Ginschtãnküngen vorgesehen sind, die autschlleßliche Verfügung über

anlassung ju elner , gegenlüiben der Erklärung, welche der Herr Candwirthschaftt.

iifter in der Sitzung des Herrenhauseg vom 26. Mär b. J. abgegeben hat, nicht vorgelegen /

werden sie mit sehr verschiedenen Voraus⸗ sränkungen anerh Die Witkungen, die das eschlagene Gesetz haben kann, würden sich in einem Theil von

ener Art der Fall sein. Auch nach viefer Richtung hin, sollte ich meinen, muß man bie Konsequenzen

der ,, f

iu

Ueberdies aber haben die Herren Interpellanten dieser Erklarung eine Deutung gegeben, welche weder audi dem Wortlaut noch auß

zu gemeinnützigen Ausgaben herangezogen werden kann, weil sie selbst mehr aufbringen, auch höhere Zuschüsse erhalten werden. Nicht weil sie Landwirthschaftgkammern haben, sondern weil sie mehr Beiträge zahlen, erhalten sie auch verhältnißmäßig höhere Zuschüsse. (Sehr richtig! rechts) Das Staats- Ministerium würde diese Erklärung, selbst wenn es dieselbe seiner Kritik hätte unterwerfen können, zu bemängeln keinen Anlaß gehabt haben.

Ich benutze diese Gelegenheit, um noch am Schluß eine Fkurje

Bemerkung zu machen. Der Herr Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum

hat in der vorletzten Sitzung meine Nichtbetheiligung an der Be— rathung eines Gesetzentwurfs einer abfälligen Kritik unterzogen. Ich muß diese Kritik als eine unberechtigte entschieden zurückweisen. Ez muß dem Minister⸗Präsidenten überlassen bleiben, zu erwägen und zu entscheiden, ob und inwieweit es erforderlich ist, daß er sich wegen der allgemeinen politischen Bedeutung eines Berathungsgegen⸗ standes an der Berathung eines Gesetzentwurfs oder Antrags be— theiligen will oder nicht.

Ich halte den Entwurf über die Anstellung von Gerichts. Assessoren nicht für einen von solcher politischen Tragweite, daß ich es für nöthig hätte erachten müssen, neben der bewährten Kraft des Herrn Justiz⸗Ministers die Vertretung desselben zu übernehmen.

Wenn der Herr Graf noch die Bemerkung gemacht hat, ich be⸗ trachtete meine Stellung als Minister⸗Präsident als ein Nebenamt, so kann ich, sofern dieser Bemerkung überhaupt ernsthafte Bedeutung beizulegen ist, nur sagen, daß ich mir nicht bewußt bin, in der Er⸗ füllung der mir von Seiner Majestät übertragenen Pflichten einen Unterschied eintreten zu lassen. (Bravo)

Auf Antrag des Abg. Hobrecht findet die Besprechung der Interpellation statt.

Abg. Graf zu Limburg-⸗Stirum: Die letzten Worte des Herrn Minister⸗Präsidenten nöthigen mich zu einer Erwiderung. Gewiß, formell kann der Minister⸗Präsident darüber i, , ob er in einem einzelnen Fall erscheinen will oder nicht. Die Entschei⸗ dung hierüber steht zweifellos ihm allein zu. Auf der anderen Seslte werden wir wohl berechtigt sein, wenn wir das Gefühl haben, daß im Interesse des Staats und der Dinge ein Eintreten des Herrn Mlnister ⸗Prästdenten erwünscht ist, daß wir das sagen. Man kann

nun über die Frage der Assessoren Ernennung verschiedener Mei- nung sein. Ursprünglich und an und für sich scha es, als ob die

der Debatte aber war es zweifelhaft, wle weit die Rechte der Krone und der 6 bei der Ernennung der Richter gehen. (Lebhafter Widerspruch links; Zustimmung rechts.) Schon der . Widerspruch, der von jener Seite aue ght und die Thatsache, daß von seiten meiner Feunde mir zugestimmt wird, zeigt, daß wesentliche Unterschiede in der Auffafsung der Sache bestehen, und daß dies mehr prinzipielle Unterschlede sind. Mit den Be—⸗ merkungen, die ich am vorigen Sonnabend machte, und die übrigens ganz ernst gemeint waren, und nicht ab iratg und ex abrupto . waren, sondern meiner wohlüberlegten ff funf entsprechen, habe ich dem Herrn Minister⸗Praͤsidenten persönlich nichts Unangenehmes und rn, ,, wollen. An den Zuständen, die ich damit be⸗ rührte, mag der Möaister⸗Präsident nicht schuld sein; sie liegen wohl tiefer; ich habe aber doch nicht die in weiten Kreisen verbreitete Stimmung verschweigen wollen. Ich halte es für meine Pflicht, wenn ich auch die Sachen nicht unmittelbar ändern kann, daß, wenn ich denke es könnten Schwierigkeiten entstehen, welche dem Reich nicht forderlich sind, ich meine warnende Stimme erhebe, um so mehr, wenn ich das Be⸗ wußtsein habe, daß das, was ich sage, in weiten Kreisen im Lande, welche für die Monarchie und die Stärke der Regierung eintreten, getheilt wird. Denn darüber ist kein Zweifel, wenn nun Zustände sich herausbilden sollten, daß was augenblicklich 6 nicht vollendet ist, wozu aber 46 sich zeigen die preußischen Interessen im Reich nicht mehr denjenigen Einfluß haben, der ihnen durch die Verfassung und durch die Stellun ie gebührt, daß dann überhaupt eine Gefährdung der Reichinstltution eintritt. In diesem Sinne bitte ich den Herrn n , n . und die Staatsregierung, meine Aeußerung au ug e 6 ist eine Warnung (Unruhe Links und im . Ruf: Oho l) . .. warnen darf ich doch, wenn r rf ent⸗ i die ge

rage der Richtergehälter nur eine finanziell⸗technische dio e sei. ö. dem Gan

ehen, ährlich erscheinen. Der Herr, der mir Dho! zurief, cheint das ort Warnung“ mit Drohung“ zu verwechseln. Von Drohungen ist keine Rede, aber gegen eine wohlgemeinte Warnung kann man doch nichts einwenden. 7 diesem Sinne bitte

ich die Sache aufzufassen. t a eg . 86 die Zuschüsse sollte das Bedürfniß

Abg. Herold (Zentr.): allein maßgebend sein. Die Erklärung deg ,, aben,

ing aber dahin, daß die Provinzen, welche keine Kammern

h Abstriche gefallen lasssn müssen. Das ist ungerecht gegenüber diesen Provinzen, welche ehr hohe Mittel aufwenden, waß Redner besonder bezuglich Westfalens nachweist.

Präsident des Staats⸗Ministeriums Fürst zu Hohenlohe:

Meine Herren! Der Hert Graf zu Limburg-Stirum hat seine neuliche Aeußerung in so fern richtig gestellt, als ihm eine persönliche, verletzende Absicht ferngelegen habe. Davon nehme ich Att.

Er hat aber zu gleicher Zeit betont, daß er seine Erklärung wohl überlegt deshalb abgegeben habe, weil bei ihm und in weiten Kreisen die Ueberzeugung hertsche, daß die preußischen Interessen den Reichs interessen gegenüber zur Zeit nicht genügend gewahrt würden. Der Herr Graf hat wohl kaum geahnt, welchen schweren Vorwurf er damit der preußischen Regierung im allgemeinen gemacht hat. (Sehr wahr! im Zentrunl und links) Ich bin mir nicht bewußt, daß wir es an der Förberung der speziell preußischen Interessen je haben fehlen lassen. (Bravo im Jentrum und links.)

Abg. Eckels (nl) führt für die Provinz Hannover ebenso, wie r die Proving Westfalen, aus, daß die dortigen lanpwirthschaftlichen Vereine mehr Aufwendungen ie als die. enigen Provinzen, in ,, , fn, , , besfehen. Die

3 Hannoper lege auf ihre k ein i.

erhebliches Gewicht. Eine Doppelbesteuerung für die Landw

ö und für die landwi ichen Veresne kanne guf e rern. ; a n. Was man durch die Lan aft. kammern im günstigsten Falle machen kann, r, 357 das heranreichen, was wir durch unsere freie Veresnsthät igkeit erzielen. BVize⸗Präsident des Staais⸗Min kerlumg! Dr. von Boettcher:

Meine Herren! Ich habe ums Wort gebeten auf Grund deJ 14 meineg verehrten Herrn Kollegen, deg Landwirthschaft?: Min tsters der an mich ble Aufforderung gerichtet bat, wle Beben kun

er Gillẽrung die er in der Sitzung des Herrenhauses vom 25. Mär; abgegeben hat, sofern das Bedürfniß hierzu hervortreten sollte, ns besonders klarzuftellen. Dieses Bedürfniß scheint mir vor z anden zu sein; denn ich entnehme aus den Aeußerungen

herren Vorredner, daß in der That diese Erklärung nicht so auf⸗ gesußt sst, wie es der Wortlaut ergiebt und wie es allein die Absicht

herrn Landwirthschafts ·Ministers sein konnte. Ich erinnere, um die klarjustellen, einfach an den Hergang.

Der landwirthschaftliche Zentralverein für die Rheinprovinz hatte von dem Herrn Landwirthschafts⸗Minister eine Erhöhung des Zu⸗ chuseß zur Unterhaltung der Winterschulen erbeten. Der Herr Ninistet war nicht mehr in der Lage, für das laufende Jahr diese Grhoͤhung zu bewilligen; er war genöthigt, auch auf wiederholte Vor⸗ stelungen die Bitte des landwirthschaftlichen Vereins für Rhein⸗

preuhen abzulehnen. Als die Sache nun im Herrenhaus zur Sprache

lam, und der Herr Minister den Grund, weshalb er einen ablehnen den Bescheid habe erlassen müssen, dargelegt hatte, kam er weiter darauf zu sprechen, wie sich aller Voraussicht nach die Vertheilung der Zuschüsse auf die einzelnen Provinzen stellen würde. Er ging dabei von dem Satze aus, daß die Staatsregierung die Verpflichtung habe, bei der Vertheilung der Zuschüsse vorzugsweise auch die eigenen keistungen der Provinzen in Betracht zu ziehen. Und, meine Herren, dieser Grundsatz wurde von dem Nächstbetheiligten, von dem Vor⸗ sitzenden des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen, als ein durchaus berechtigter anerkannt. Ich erlaube mir, in diesi Beziehung die Worte zu verlesen, die un⸗ mittelbar, nachdem der Herr Minister Freiherr von Hammerstein selne Erklärung abgegeben hatte, von Herrn von Bemberg. Flamers⸗ heim gesprochen worden sind. Herr von Bemberg sagte:

Ich erkenne den Grundsatz des Herrn Landwirthschafts⸗ Ministers für vollkommen richtig an, daß als Grundlage für die erbetenen Unterstützungen des Staats ein eigenes Eintreten und eine möglichste Anstrengung der eigenen Kraft Vorbedingung sein soll.

Nun hat der Herr Minister im Anschluß an die Proklamierung dieses Grundsatzes ausgeführt, daß er annehmen müsse, daß in Zukunft die eigenen Leistungen derjenigen Provinzen, welche das Institut der Landwirthschaftskammern eingeführt haben, höher sein werden als die⸗ senigen Leistungen, welche die Provinzen machen, die keine Landwirth⸗ schafttkammern haben. Er hat das damit begründet, daß die Land— wirthschaftskammern nach dem Gesetz das Recht der Besteuerung der gesammten Landwirthschaft in ihren Bezirken besitzen, daß sie also in jedem Falle, in welchem es sich um die Förderung landwirthschaft⸗ licher Interessen handelt, auch in der Lage sind, zur Erfüllung dieses Zweckes Beiträge auf die Landwirthschaft ihres Bezirks auszuschreiben. Daraus ergiebt sich doch ganz zweifellos, daß der Minister durchaus fern dapon gewesen ist, zu erklären: die Provinzen, in denen Land⸗ wirthschaftè kammern existieren, müssen absolut mehr bekommen als die Provinzen, die keine Landwirthschaftskammern haben —, sondern et hat nur sagen wollen und hat auch nur gesagt: die Dinge werden möglicherweise dahin führen, daß, wenn die Pro⸗ vinjen mit Landwirthschaftskammern ihre Leistungen erhöhen, auch die Staatszuschüsse, die sie bekommen, gegenüber den anderen provinzen sich steigern werden. Aus den Erklärungen des Herrn Ministers ergiebt sich zweifellos, daß es die Absicht ist, nicht nur die Leistung, welche die Provinz infolge von Ausschreibungen von seiten der Landwirthschaftskammern aufbringen, bei der Vertheilung der Staatszuschüsse in Anschlag zu bringen, sondern die Gesammtleistung, lleichoiel ob sie von Landwirthschafts kammern ausgeschrieben werden oder von wo sie sonst kommen mögen, bei der Vertheilung in Betracht zu ziehen.

Und, meine Herren, demgemäß ist auch bisher verfahren worden; und es sind noch keiner Provinz, auch nicht der Rheinprovinz gegen⸗ über die früheren Bezüge in irgend welchem Betrage geschmälert oder vermindert worden, und es ist ganz klar, daß auch bei künftigen Ver⸗ theilungen diejenigen Beiträge, die die Provinzen, die keine Land⸗ wirthschaftskammer haben, auf anderem Wege aufbringen, bei der Vertheilung der Staatszuschüsse in Betracht werden gezogen werden.

Meine Herren, das ist die Bedeutung der Erklärung des Herrn Landwirthschafts . Ministers, und ich kann nur bedauern, daß diese Be⸗ deutung so, wie es geschehen, verkannt worden ist. Unverkennbar hat die Erklärung im Herrenhause durch die Deutung, die sie erfahren hat, eine gewisse Unruhe in den Provinzen erregt, die leine Landwirthschaftskammern haben, und es ist ja dankens—⸗ werth, daß uns durch die Interpellation eine Gelegenheit gegeben ist, in dieser Beziehung aufklärend und beruhigend zu wirken. Bisher sind, wie gesagt, noch keiner Provinz die Zuschüsse entzogen oder gemindert, und ebensowenig ist worauf Lie letzten Worte des herrn Vorredner schließen lassen könnten durch die Drohung einer Minderung oder Entziehung irgend welcher Zwang auf eine Probinz zu dem Zwecke ausgeübt worden, um sie zur Einführung des Institutz der Landwirthschaftskammern zu veranlassen. Auch durch andere Mittel ist ein solcher Zwang bisher nicht versucht oder auch nur bei dem Landwirthschafts Ministerium in Betracht gezogen wor—⸗ den; ich darf vielmehr annehmen, daß man in dieser Beziehung zu⸗ nächst die freie Entschließung der Provinzen abwarten will.

Nun, meine Herren, gestatten Sie mir noch ein Wort über die Kompetenz des Staatgz⸗Ministeriumg ! In diefer Beziehung geben mir ja auch die Ausführungen des letzten Herrn Vorredners Anlaß lu einigen Bemerkungen.

Es ist ganz unzweifelhaft, daß in Preußen jeder Ressort ⸗Minister über diesenigen Fonds, die ihm etatgmäßlg bewilligt sind, die aus- sHließliche Verfügung hat, sofern nicht im Etat oder Gesetz irgend eine Cinschränkung enthalten ist. Rücksichtlich dieser Fonds, um die ez sich hier handelt, ist eine solche Ginschränkung nicht vorgesehen, Deder im Etat noch im Gesetz. Der Herr Landwirthschaft⸗ Minister ist deshalb vollständig in seinem Recht, wenn r sich die aucschließliche Verfügung über diese. Fonds meh, und wenn er sich, sofern das Staats = Ministerium in

Ese Verwendung. hineinsprechen wollte, das ernstlich verbittet. e sagt der Derr Vorredner: ja, die Art der Verwendung wollen auch dem Landwirthschaftg. Minister gestalten; aber well es sich lar datum handelt, eine falsche Konsequenz des Landwirthschafts ˖ fen e legen abzuwehren, deghalb haben wir unsern Antrag an das ilch Staatz. Ministerum gerichtet. . Herren, als ich die Interpellation lag, habe ich mir gleich Di nge vorgelegt: was soll das Staatg. Ministerium damit machen? Interpellation besieht sich dem Wortlaut nach auf einen Grund.

satz, den angeblich der Herr Landwirthschafts Minister im Herrenhause aufgestellt hat, und von dem ich glaube, daß er nunmehr in der ,, Deutung, welche ich dargelegt habe, aufgefaßt werden Es wird verlangt, das Staats. Ministertum möge dem hohen Dause Mittheilung darüber machen, wie es zu diesem Grundsatz steht. Ja, meine Herren, wenn dag Staatg⸗Ministerium in dieser Be⸗ ziehung einen Beschluß fassen wollte, so würde das eben in die von mir betonten digskretionären Befugnisse des einzelnen Verwaltungs⸗ chef eingreifen. Man kann sich darüber unterhalten, gewiß; man kann seine Bemühungen darauf richten, daß ein für nicht richtig erkannter Grundsatz verlassen werde; aber eine förmliche Stellung nahme zu dem Verfahren eines einzelnen Ressortchefs in Form eines Beschlusses würde dem Staats. Ministerium nach unserem Verwal⸗ tungs- und Staatsrecht nicht zustehen. Es wäre deshalb richtiger ge⸗ wesen, wenn die Herren Interpellanten die Anfrage nicht auf eine Stellungnahme des Staats⸗Ministeriums gerichtet hätten, sondern dahin: wie rechtfertigt der Herr Landwirthschafts⸗Minister die Er⸗ klärung, die er abgegeben hat, und die wir so deuten, wie wir es aus⸗ geführt haben? Meine Herren, das ist das, was ich zu sagen habe. Ich glaube Sie werden nunmehr aufgeklärt sein über die Bedeutung der Er⸗ klãrung, und ich kann mit dem Herrn Landwirthschafts Minister nur wünschen, daß es in Zukunft möglich werden möchte, auch der Rhein—⸗ provinz die Zuschüsse von seiten des Staats zu gewähren, deren sie bedarf, um die sehr heilsame Einrichtung ihrer Winterschulen zu erhalten und zu fördern. (Bravo! bei den Nationalliberalen.) Abg. Freiherr von Erffa (kons.) als Vertreter einer Provinz, die eine Landwirthschaftskammer habe, beftreitet, daß die Provinzen ohne Kammern mehr leisteten; es seien dabei alle Kreig. und Provinzialbelträge eingerechnet, die auch in allen anderen Provinzen angerechnet werden müßten. Dann komme man in Sachsen auf w. piel höbere Summe. Man könne doch den Provinzen, die für die Landwirthschaftskammern erhebliche Mittel a de e n nicht sagen: ihr bringt viel auf, folglich braucht ihr keine Staatszuschüsse. Die rovinzen ohne Kammern hätten eine Vertretung zweiter Klasse; sie önnen sich nicht an der Beaufsichtigung der . nach dem neuen . betheiligen, sie hätten keine vollberechtigte land⸗ wirthschaftliche Vertretung und kein Besteuerunggrecht. Deshalb hätten sie auch kein Recht auf vermehrte Staatözuschüsse. Abg. von Plettenberg (kons.) verwahrt 7 dagegen, daß

die Rheinprovinz niemals eine Landwirthschaftskammer erhalten werde; man habe sie vorläufig abgelehnt, weil man noch nicht gewußt,

was eine solche Kammer zu bedeuten habe.

Abg. Knebel (ul.) spricht seine Freude darüber aus, daß die Erklärung des Landwirthschafts. Ministers eine Ausle ung erfahren hat, die allerdings mit dem Wortlaut nicht ganz er nee die aber beweist, daß die Interpellation nothwendig war, aber auch ihren Zweck erreicht hat. Die Ausführungen des Herrn von Erffa bezüglich der Leistungen der ,, ohne Landwirthschafts kammern 6 irrige . uf Zukunftsmusik des Herrn von Plettenberg wolle er ih nicht einlassen.

Abg. Herold (Zentr.) bestreitet nochmals an der Hand von Zahlen, daß die Provinzen mit Landwirthschaftskammern mehr leisten als die anderen.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Damit aus den verschiedenen Statistiken, die von der einen oder anderen Seite hier vorgeführt werden, über das Verhältniß der Zuschüsse aus Staatsmitteln zu den Leistungen der Provinzen kein Irrthum erwächst, möchte ich mir noch zwei Worte gestatten.

Meine Herren, aus solchen Aufstellungen, welche vergleichen, welche Leistungen der Staat aus seinen Mitteln in den einzelnen Provinzen macht, kann man nach meiner Meinung auch nicht den ge⸗ ringsten Schluß ziehen. Es ist auch nicht zutreffend, wenn ganz ein⸗ seitig und ausschließlich behauptet wird, es müßten die Staatszuschüsse vertheilt werden für die einzelnen Provinzen nach dem arithmetischen Verhältniß deren Leistungen. Nein, meine Herren, Sie wissen aus den verschiedensten Verhandlungen hier im Hause, nicht bloß auf dem Gebiet der landwirthschaftlichen Zuschüsse, sondern beispielsweise bei den Schulen, daß die Thatsache, daß eine Provinz mehr leistet als die andere, noch keineswegs folgern läßt, daß der Staat nun dieser Provinz auch seiner⸗ seits mehr geben muß.

Die Frage, wie diese Zuschüsse aus dem landwirthschaftlichen Ministerium zur Hebung der Landwirthschaft zu vertheilen sind, hängt nicht ausschließlich von den eigenen Leistungen der Provinz ab, wenn sie natür⸗ lich auch sehr erheblich dabei in Frage kommen, sondern auch von der Leistungsfähig keit, von dem Grade des Bedürfnisses, von der Möglich⸗ keit der einzelnen Landestheile, sich selbst ohne die Unterstützung des Staats zu helfen, von der Art und Weise der Verwendung, von den Zwecken, für welche diese Zuschüsse geleistet werden, von einer Reihe von Ge⸗ sichtzpunkten also, die sich keineswegs allein decken mit dem arithmetischen Verhältniß der Staatsleistungen zu den eigenen Leistungen der Provinz. Wollten Sie andere Grund⸗ sätze aufstellen, so würden Sie zu einer Abrechnung der einen Provinz gegen die andere, mehr oder weniger zu einer Ne- gierung des Staatsprinzips kommen. So ist auch nie verfahren, so kann auch nicht verfahren werden. Aber das ist vollkommen richtig, waß aus der Erklärung des Herrn Landwirthschafts.Ministers hervor⸗ geht, daß die Anstrengungen und die Opfer, die die eimelnen Pro⸗ vinzen sich auferlegen, sehr erheblich mit in Betracht kommen für die Frage: was soll der Staat leisten? Und die Provinzen verfabren bei ihren Verwendungen beispielsweise für den Wegebau genau so. Der Herr Abg. Dr. Eckels wird genau wissen, daß die glückliche Ent⸗ wickelung des Wegebaues in der Provinz Hannover gerade auf diesem System beruht, daß die Provinz ihre Zuschüsse für den Wegebau der Kreise wesentlich entsprechend den Opfern, die die einzelnen Kreise sich auferlegten, bemaß.

Nun, glaube ich, sind wir darin einig geworden durch diese Debatte, daß die Staatzregierung nicht beabsichtigt und auch nicht nach meiner Meinung beabsichtigen darf ich will diesen Ausdruck gebrauchen —, nach dem mal der Beschlußfassung der Provinzen über ˖ lassen ift, ob sie Landwirthschaftekammern einführen wollen oder nicht, durch eine im übrigen unberechtigte Vorenthaltung von Beihilfen einen indirekten Zwang auf die Provinzen auszuüben. Darüber sind wir einig; aber es bleibt der andere Gesichtspunkt: wenn in Zukunft sich zeigen sollte, daß mittels des Organs der Landwirth⸗ schaftskammern, mittels des dadurch gegebenen Besteuerunggrechtg die Ptobinzen mit Landwirthschaftgkammern mehr leisten, aug eigenen Mitteln größere Opfer bringen, daß der Staat auch seinerseitz dann für sie mehr leistet.

Herr Abg. Knebel hat mit vollem Recht gesagt, daß dag Zu . kunftgmusik sel. Ich bin genau seiner Ansicht; eg wird sich zeigen,

wie die Landwirthschaft gedeiht, wie ihr Pilfe kommt in den Pro⸗ vinzen, wo die Landwirthschaftskammern bestehen, durch diese. Es wird sich zeigen, ob das freie Vereinsleben in Zukunft allein ausreicht in den Provinzen, wo Landwirthschaftskammern nicht vorhanden sind, und dadurch wird sich von selbst der Ausgleich ergeben. Würden die Landwirthschaftskammern sich alt leistungsunfähig und bedeu- tungslos in den östlichen Provinzen erweisen, so werden sie keine Propaganda machen in den westlichen Provinzen; werden die westlichen Provinzen aber sehen, daß allerdings mittels der Organisation der Landwirthschafts kammern, mittels des Besteuerungsrechts in diesen Provinzen für die Landwirthschaft mehr geleistet wird, so wird diese Propaganda von selbst kommen. Das muß die Zukunft zeigen. Ich bin allerdings überzeugt, daß in den westlichen Landeztheilen man sich vielfach einen verkehrten Begriff von den Landwirthschaftskammern macht und daß die Erfahrung lehren wird, daß diese Befürchtungen, die man an die Bildung der Landwirthschaftskammern knüpft, in den westlichen Provinzen zumeist nicht zutreffen. Namentlich bin ich überzeugt, daß das lokale landwirthschaftliche Vereinswesen unter der Einführung der Land⸗ wirthschaftskammern in keiner Weise zu leiden braucht. Ich würde das selbst allerdings auf das alleräußerste bedauern und ich weiß das aus Erfahrung; ich bin z. B. selbst seit 30 Jahren Mitglied des landwirthschaftlichen Vereins, von dem der Abg. Eckels sprach wenn die lokalen landwirthschaftlichen Vereine unter der Landwirthschaftskammer leiden würden. Es wird sich aber bald zeigen, daß das nicht der Fall ist. Ich glaube, die Befürchtungen, die Sie an die Erklärung des Herrn Landwirthschafts⸗ Ministers geknüpft haben, waren ursprünglich nicht begründet; aber jedenfalls sind sie jetzt zerstreut, und wir können also irgend welchen Streit über diese Frage gegenwärtig als geschlossen erachten.

Nachdem Abg. Knebel erklärt hat, daß die Ausla 29 2 , , jede Beunruhigung zerstreut habe, schli e Besprechung.

Damit ist die ö. ellatlon erledigt.

f Es folgt die Berathung des Antrags Albers und Ge⸗ nossen: Das Abgeordnetenhaus wolle erklären, daß das Schwanken des Werthverhältnisses der beiden Edelmetalle seit der Aufhebung der französischen Doppelwährung im Jahre 1873 sich als eine Schädi⸗ gung der K Deutschlands erwiesen hat, und die Regierung . im Bundesrath alles zu thun, was in ihren . steht, um durch ein internationales Uebereinkommen ein festes ö,, zwischen Silber und Gold herzustellen und zu ern.

ierzu beantragen die Abgg. Dr. Arendt und von Kar⸗ dorf hinzu sufeß gen.

Für die hierzu erforderlichen interngtionalen Verhandlungen ist nach den Erklärungen des englischen Kabinets vom 17. März 1896 die Initiative Englands abzuwarten.

Abg. Dr. Arendt (fr. kons) giebt eine eingehende Darstellung der Entwickelung der Währungsfrage in dem letzten Jahre seit An⸗ nahme des bimetallistischen Antrags im Reichstage. Seitdem hat führt Redner aus, nur die württembergische Kammer, die einzige mit einer demokratischen Spitze, sich für die Goldwährung ausgesprochen. Die Zeit der berathenden Münzkonferenzen ist vorüber; die Sache ist in das Stadium der praktischen Diplomatie eingetreten. Man hat Balfour's Aeußerungen gegen die Münzkonferenzen benutzt, um den Reichskanzler abzuschrecken. Es war überhaupt ein falscher Weg, sich an England direkt zu wenden; man hätte sich an die Länder wenden sollen, mit denen man fich leichter verständigen kann. Die Vorschläge des Grafen Mirbach zeigen diesen Weg einer . mit Frankreich und Amerika. Aber man knü an die Wieder⸗ eröffnung der indischen Münzstätten, die Graf Mirbach auch als späteren Schritt angeregt hatte, an, um eine Ausrede zu finden und aus der unangenehmen Situation herauszukommen. Die ablehnende Antwort wegen der indischen Münzstätten war keine Ablehnung der Konferenz, sondern nur eine Art motivierter Tagesordnung. England und seine Kolonien haben sich zu Maßregeln zur Hebung des Silberwerthes bereit erklärt, und es 6 daher programmatische Vorschläge im Sinne der Erklärung des Reichskanzlers vor. Wenn wir ung unf den ausländischen Bimetallisten in Verbindung setzen, dann nennt man uns Vaterlandsverräther und die silberne Internationale! Dadu lassen wir uns nicht beirren. Der Zeitpunkt, wo jetzt der Bimetallt

ö6line an der Spitze der französischen Regierung steht, wäre geeignet, die große wirthschaftliche i des Bimetalllsmus zur Lösung zu bringen, wenn in Deutschland eine weitblickende Staatelestung vorhanden wäte. Im Dezember 1895 vereinbarten die Bimetallisten in Paris eine Resolution, die auch im englischen ein gebracht werden sollte; man ließ das Wort Bimetalligmus . heraus, um eine Ministerkrisis zu vermeiden, denn Balfour hätte aus dem Ministerium ausscheiden müssen. Gegenüber der Goldwährungsrede des Ministers Hicksbeach steht die bimetallistische Rede Balfours, wie wir sie in Deutschland noch nicht von der Ministerbank gehört haben, trotzdem es unter den Ministern bei uns auch Bimetalliften giebt. Durch Annahme des gestellten Antrags kapitulierte die Goldwährungs⸗ partei . vor den Bimetallisten. In Frankreich und en hat sich die Mehrheit des Parlaments für die Doppelwährung aug-⸗ , in Holland hat man einen Antrag g t mehr ür nöthig gehalten. Da kann man den Bimetallismug doch nicht für eine Erfindung der ihre Gläubiger hintergehenden oste * Junker ausgeben ?! Auf dem Umweg über die Goldwährung wird Rußland selne Valuta regulieren, da der Bimetalligmug nur inter- natlonal möglich ist. Aufgabe der englischen . ist es, die Initiative zu ergreifen. a wir den Antrag 8 6 k bekunden, daß die englische Initiative bei uns eine wohlwo ufnahme findet. Die amerikanischen Silberminenbesitzer sollen die an Silberagitation bezahlen; sind denn diese Silbermin chlechter als die Goldminenbesitzer in Transvaal, welche wir gerade von der besten Seite kennen gelernt haben? Wenn in das Silber wieder frei geprägt wird, dann steigt der Silberwerth, ob wir wollen oder nicht; deshalb follten wir uns an der F ung der Relation betheiligen. Der Bimetalligmus ist keine besonders r Frage; er kommt allen produzierenden Klassen der g

It zu gute. Wir hoffen, daß die Annahme unseres Antrages die Sache fördern wird.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Gestatten Sie mir, da ich zu meinem Bedauern das Haug demnãchst wegen der Nothwendigkeit, an einer Sitzung im Staatz. Ministerium theil zunehmen, verlassen muß, eine kurze Er⸗ klärung in Bezug auf den Antrag der Herren von Kardorff und Dr. Arendt und auf die ausführliche Motivierung desselben abzugeben. Die von dem Herrn Vorredner berührte Frage gehört an sich zur Kompetenz des Reichg. Ueber die Stellung der Reichtzregierung zu den in Betracht kommenden Fragen hat der Reichs kammer mehrfach im Reichstag Erklärungen abgegeben, aus welchen die Besprechungen. die seitens deg Derrn Reichs iamlerg mit der englischen

der Ansicht, daß. wie gegenwärtig die Lage he die Initiative ju einer Weiterführung der Bestrebungen für : Grund einer internationalen Vereinigung bei England