1896 / 146 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Jun 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Aufgebots des Landw. Bezirks Deutz, Brandis J, Pr. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Hamburg, Tesdorpf, Rittm. von der Kap. 1. Aufgebots desselben Landw. Bezirks, letzterem mit der Landw. Armee⸗Uniform, Hesse J. Sec. Lt. von der Kav.

Aufgebots desselben Landw. . Giese, Hauptm. von der

Inf. X. Aufgebots des Landw. Bezirks I. Barmen, mit der

dwehr⸗ Armeen Uniform, Brunnemann, Rittmeister von der Kavallerie 1. Aufgebots des Landwehr Bezirks Schwerin, mit der Landwehr Armee Uniform, der Abschied bewilligt. Langfeld, Pr. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Wismar, Stockmann, Hauptm. von der Inf. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Kiel, letzterem mit der Landw. Armee Uniform, offmann, Pr. Lt. von der Inf. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks nabrück, mit der Landw. Armee Uniform, Welter, Rittm. von der Kav. 1. Aufgebots des Landw. Bezirks Hannover, mit seiner bisherigen Uniform, v. Holy ⸗Poniencitz, Rittm. von der Kav. 2. Aufgebots desselben Landw. Bezirks, mit der Armee Uniform, eddies, Pr. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots desselben Landw. Be rks, v. Unger, Pr. Lt. von der Kap. 2. Aufgebots des Landw. Hl cke 1 Braunschweig, Anacker, Pr. Lt. von der Inf. 1. Auf— gebots des Landw. Bezirks Wiesbaden, letzterem mit der Landw. Armee Uniform, Dalm er, Pr. Lt. von der Kav. 2. Aufgebots desselben Landw. Bezirks, Fürbringer, Pr. Lt, von der Inf. 1. 5 des Landw. Bezirks Weimar, Platz, Pr. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Mainz, Burger, Ser. Lt, von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Offenburg. Well ensiek, . Lt. vom Train 2. Aufgebots des Landw. Bezirks ann⸗ beim, Daudt, Sec. Lt. von der Feld⸗Art. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Metz, Rodegra gen. Viet er, Hauptm. von der Inf. J. Aufgebots des Landw. Bezirks Danzig, letzterem mit der Tandw. Armee Uniform, Thomas, Pr. Lt. von der Inf. 1. Aufgebots, Koldewey, Sec. Lt. von der Inf. 2. Aufgebots, desselben Landw. Bezirks, Hempfing, Hauptm. von der Res. des Hess. Jäger ⸗Bats. Nr. 11, Zehe, Sec. Lt. von der Fuß ⸗Art. 3. Aufgebots des Landw. Bezirks Sprottau, Scheuer, Hauptm. von der Res. des Rhein. Pion. Bats. Nr. 8, letzterem mit seiner bisherigen Uniform, Höpken, Pr. Lt. von den Pionieren 2. Auf— gebots des Landw. Bezirks Aurich. Lu stig, Sec. Lt. von der Res. des Füs. Regts. von Steinmetz (Westfäl.) Nr. 37, mit Pension, der Abschied bewilligt.

Militär Justizbeamte.

Durch Allerhöchste Bestallungen.

uditeur ernannt.

28. Mai. Koch,

i. Mentz, Ober⸗ und Korps. Auditeur, vom 1. Juli d. J. die Korpgz⸗Auditeurstelle beim X. Armee⸗Korps übertragen. Bormann, Justij⸗Rath, Div. Auditeur, von der 6. zur 20. Div., Wagner, Garn. Auditeur zu Thorn, als Div. Auditeur zur 6. Div., beide zum 1. Juli d. J., versetzt.

Kaiserliche Marine.

Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver— setzungen. Neues Palais, 15. Juni. Paucke, Kapitän⸗Lt., zum Korp, Kapitän, Czech, Lt. zur See, zum Kapitän Lt., Frhr. v. Müff ling, Schultze (Friedrich, Maurer, Unter⸗Lts. zur See, zu Lts. zur See, befördert. Harm s, Korb. Kapitän, unter Ent⸗ bindung von der Stellung als Direktor der Torpedowerkstatt zu Frledrichsort, zur Dienstleistung beim Reichs⸗Marineamt kom—⸗ mandiert. Saß, Kapitän Lieutenant, unter Entbindung von der Stellung als Assistent bei der Torpedowerkstatt zu Friedrichsort, mit der Vertretung des fehlenden Direktors dieser Werkstatt beauftragt. Jacobson, Kapitän⸗Lt., zum Assist. bei der Torpedowerkstatt . ernannt. Dolega, Maschinen⸗ Unter, Ingen., zum Maschinen-⸗Ingen. befördert. Bahl, überzähl. Maschinen⸗Unter⸗Ingen., rückt mit dem 1. Juli d. J. in eine offene Etatsstelle ein und erhält ein Patent seiner Charge unmittelbar hinter dem Maschinen Unter⸗Ingen. Voigt. Deinat, Hoffmann, Vize⸗Steuerleute der Res. im Landw. Bezirk Königsberg bezw. Stettin, zu Unter⸗Lts. zur See der Res. des Seeoffizier⸗Korps, Krause, Piper, Kadetten der Res., zu Seekadetten der Res., befördert.

Abschiedsbewilligungen. Neues Palais, 15. Juni. Graf v. Bernstorff, Kapitän. Lt., mit der gesetzlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, unter gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Korv. Kapitän, der Abschied bewilligt. Schröder (Martin), Livonius, Seekadetten, behufs Uebertritts zur Armee, aus dem Marinedienst, Groschuff, Seekadett, zur Res. der Marine, entlassen.

Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika.

Neues Palais, 15. Juni. Nachtigall, Pr. Lt. a. D., Böhmer, Sec. Lt. a. D., scheiden mit dem 3. Juli d. J. aus.

Dentscher Reichstag.

109. Sitzung vom 19. Juni 1896, 11 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des

. ö n eber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.

Auf die Anfrage des Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) er⸗ widert der .

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Der Herr Reichskanzler hält im Verein mit den verbündeten Regierungen an der Hoffnung und an dem Vertrauen fest, daß es gelingen werde, noch in der gegenwärtigen Tagung das Bürgerliche Gesetzbuch zur Verabschiedung zu bringen. (Bravo! bei den Nationalliberalen und in der Mitte.) Wir werden in diesem Vertrauen und dieser Hoffnung nicht erschüttert durch die Wahr nehmung, daß in den letzten Tagen die Beschlußfähigkeit des hohen Hauses zu wünschen übrig gelassen hat, und wir glauben, daß es nur des Ausspruchs des dringenden Wunsches der Regierungen, der sich auch deckt mit dem Wunsche eines großen Theils der Mitglieder dieses Hauses, bedürfen wird, um diejenigen Mitglieder, die sich bisher von der Berathung fern gehalten haben, dazu zu führen, daß sie eifriger als bisher an den Berathungen des Hauses sich betheiligen.

Was die Frage des Herrn Abg. Rintelen anbelangt, so liegt es in der Absicht des Herrn Reichskanzlers, in der Voraussetzung, daß das Bürgerliche Gesetzbuch in continenti verabschiedet wird, Seiner Majestät dem Kaiser vorzuschlagen, daß demnächst der Reichzztag vertagt werden möge, damit die Arbeiten, die die Kommission für die Vorberathung der Strafprozeßordnungsnovelle eifrig und gewissenhaft gefördert hat, nicht verloren gehen. Ich kann also unter dieser Voraussetzung den Herrn Vorredner über seine Besorgnisse, die er etwa hatte, beruhigen. (Bravo! bei den National⸗ liberalen und in der Mitte.)

Abg. Richter (fr. Volksp.): Ich beantrage, die Berathung des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Tagesordnung abzusetzen, und werde eventuell denselben Antrag in den nachfolgenden Sitzungen stellen.

ch halte es nicht für angemessen für den ee , ,, und nicht ent⸗ prechend der Bedeutung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in die Berathung noch in diesem Hochsommer einzutreten. Die Gründe für meinen Antrag

liegen in den äußeren Verbältnissen, in der vorgeschrittenen Jahreszeit, in ö Temperatur, welche die parlamentarischen Verhandlungen erheblich erschweren, in der langen Sitzungsperiode. Wir sind jetzt in das weite Hundert der ie ni en eingetreten und haben kaum einen tzungsfreien Tag gehabt; ö die schwersten Gesetze gerade in dieser Session zu n . achabt. Wir treten 1. in die Jahres eit, in der es auch bei bürgerlichen e, . herkömmlich ist, Er⸗ olung zu suchen. Wie schwer es ist, den e n, beschlußfähig zu erbalten, haben die letzten Tage dargethan, obgleich von den Parteien, welche das Justandekommen des Hesetz uchs wünschen, notorisch alles geschehen ist, um ihre Freunde im Reichs- tag erscheinen zu lassen. Die Schwierigkeit der Situation erhellt auch aus den Aeußerungen des Herrn Präsidenten über die Urlaubs⸗ esuche und aus dem besonderen Appell des Stgatssekretärs von Ho nchẽ an die Mitglieder. In einer solchen Situation befinden wir uns gegenüber der Berathung eines Gesetzes, welches über 2000 Paragraphen umfaßt, und darunter ein ganzes Bündel von Materien, welche das Haus in einer Relhe von Sitzungen beschäftigen würden, so das Vereinsgesetz, der lenst⸗ vertrag, der Wildschadenersatz, die vermögenzrechtliche Stellung der Frau, das Eherecht und das Ehescheidungsrecht der Frau. Wenn nun auch eine , Mehrheit im . vorhanden wäre, die das Gesetz zu stande bringen wollte, wie es in der Kommission beschlossen ist es ist dies aber nicht der Fall so müßte doch der Minderheit Raum gegeben werden, e ,. Ansichten aus⸗ zusprechen und in Form von Anträgen zur Abstimmung zu bringen. Das liegt auch im Interesse der Allgemeinheit, nicht bloß der Minderheit. Es liegen bereits weit über 100 Abänderungs⸗ anträge vor. Je knapper sich nun die Präsenz heraus⸗ stellt, um so zufälliger werden dadurch die Entscheidungen da, wo die Ansichten auzeinander gehen. Es wird sich mehr und mehr eine summarische Behandlung herausstellen. Es wird von der Arbeit, die bisher geleistet ist, nichts verloren gehen; denn die Session wird ja nicht geschlossen, sondern vertagt werden. Wenn wir sonst bis in den Juli tagten, so geschah es nur, wenn ein Interesse vorhanden war, daß ein Gesetz alsbald in Kraft treten sollte. Ein solches liegt hier nicht vor. Das Gesetz soll ja erst 1900 in Kraft treten, und da wird eine Verzögerung von fünf Monaten in der Berathung nichts ausmachen. Bis jetzt ist der Entwurf nur in engeren juristischen Kreisen, aber noch nicht hinreichend in der Oeffentlichkeit behandelt. Es wird gemunkelt, daß eine politische Situation ein⸗ treten könnte, welche das Gesetz gefährden könnte. Nach⸗ dem die Arbeit einmal soweit gediehen ist, kann ich mir keine politische Situation, keinen Ministerwechsel denken, der auf das ustandekommen nachtheilig einwirken könnte. Nachdem die Arbelt einmal so weit gediehen ist, kann ich mir keine politische Situation, keinen Ministerwechsel denken, der auf das ustandekommen nachtheilig einwirken könnte. Wie das Gesetzbuch auch gestaltet wird, es wird manches ändern an hergebrachten Gewohnheiten und es wird manche Unzufriedenheit anfangs hervorrufen, bis sich die Bevölkerung Haran gewöhnt hat. Je mehr ohnehin die Einführung des Gesetzbuüchs auf Schwierig- keiten stoßen wird, umsomehr sollte man alles vermeiden, was den Anschein erwecken könnte, als wenn das Gesetzbuch durch Ueber— haft zu stande gebracht worden sei. Abg. Dr. Lieber (3Zentr): Ganz im Gegensatz zum Vorredner schlage ich vor, mit aller Ruhe und Besonnenheit in die Berathung einzutreten. Meine politischen Freunde stehen einstimmig hinter diesem Vorschlage, und zwar aus Rücksicht auf den baldigen gibfa let des 5 nationalen Werks mit allen seinen Folgeeinrichtungen vor dem Ahlauf dieses Jahrhunderts und vor dem Erlöschen des Man⸗ dats dieses Reichstags. Wenn das Bürgerliche Gesetzbuch schon jetzt verabschiedet wird, können im nächsten Winter das Handelsgesetz, das Gesetz über die Zwangsvollstreckung und über die Grundbuchordnung erledigt werden. Für eine folgende Tagung würde die Zivilprozeß⸗ und die Konkursordnung und das 5 zum Schutze der Pfandbriefinhaber folgen. Ich will gar⸗ nicht erinnern an das Versicherungsgesetz und das Geseßz über das Verlagsrecht. Darüber werden wir doch wohl klar sein, daß es im Interesse einer sachlichen kongruenten Erledigung dieser Dinge liegt, daß möglichst ein und derselbe Reichstag darüber befindet. Wenn die Dinge so liegen, so bleibt in der That kaum etwas Anderes übrig als mit Hintansetzung aller Sonderrücksichten jetzt das Bürger⸗ liche Gesetzbuch zu verabschieden und in den zwei Wintertagungen, die uns noch vergönnt sein werden, die genannten . oder die wesentlichsten derselben zu erledigen. Meine politischen Freunde betrachten es mit mir als eine der ehrenvollsten Aufgaben, die jemals einem Deutschen Reichstag haben beschieden werden können und jemals wieder an ihn herantreten werden, die Einheitlichkeit des Bürger⸗ rechts, nach welcher die Nation nicht erst seit Errichtung des Deutschen Reichs, sondern schon lange vorher begehit hat, endlich zum Abschluß zu bringen. Wir weisen jede Verantwortung von uns hinweg, die die⸗ jenigen treffen könnte, die diesen Reichstag als un fähig erscheinen lassen, diese große Aufgabe zu erfüllen. Diesem Reichstag ist, dank der Ent⸗ wickelungz der Dinge, diese Aufgabe zugefallen; er steht vor der Frage, ob er im stande ist, sie seinerseits zu lösen. Die Bedenken in Bezug auf die Jahreszeit und die Temperatur, auf die angestrengte Sitzungs⸗ 6 sind nicht ,, . gewesen gegenüber sehr viel geringeren ufgaben, welchen sich der Reichstag früher widerspruchslos unterzogen hat. Die Differenzpunkte, welche zur Erörterung im Plenum Übrig geblieben sind, sind gering an Zahl und können auch im gegen⸗ wärtigen Augenblick in aller Ruhe, sachlich und gründlich erörtert und zum Abschluß gebracht werden. Daß der Reichstag im Herbst alle einzelnen Paragraphen durchberathen würde, daran denkt niemand; es würden auch im Herbst nur die wenigen Differenzpunkte erörtert werden. Gegenüber den Erscheinungen der letzten Tage befin⸗ den wir uns in einer üblen Lage. Es ist ein öffent⸗ liche Geheimniß und darf auch öffentlich ausgesprochen werden: Dank der Gewohnheit der Reichstagsmitglieder, die immer mehr um sich greift, werden die Beschlüsse nicht von einem beschlußfähigen Hause gefaßt. Es ist durch das Bureau festgestellt worden, daß unter dem Antrag auf namentliche Abstimmung eine ganze Anzahl von e r, . und sozialdemokratischen Abgeordneten . Namen Redner verliest) gestanden haben, welche an der Ab⸗ timmung nicht theilgenommen haben. Wer eine namentliche Abstim⸗ mung unterstuͤtzt, hat die Ehrenpflicht, daran theilzuneh men, oder sich ausdrücklich der Abstimmung zu enthalten. Gegen solche Machenschaften die ie n des Reichstags herzustellen, das wird eine Krast⸗ probe sein für die dem Zustandekommen des Gesetzbuchs freundlichen Parteien. Lassen Sie auszählen: ich hoffe, daß nach jeder Auszählung die Zahl der anwesenden Mitglieder sich vermehren wird. Abg. Freiherr von Manteuffel (d. kons.) : Ich stimme mit dem Vorredner darin überein, daß wir eine ehrenvolle Aufgabe haben mit der Berathung des Gesetzbuchs. Aber ob diese Ehre dadurch verliert, daß wir das Gesetzbuch statt im Juni oder Juli im No⸗ vember oder Dezember berathen, das ist mir doch zweifelhaft. Der Reichstag erscheint mir dadurch nicht unfähig, daß er die Aufgabe nicht jetzt, sondern im n. löst. Schließt die Regierung die Session, dann trifft sie die Verantwortung, wenn die bisher geleisteten Arbeiten verloren gehen. Der ehe Theil meiner ,. wird dem Antrag des Herrn Richter auf Absetzung von der Tagesordnung Folge geben. Wir wollen die Aenderungen, die wir 3 nicht von Zufalls⸗ majoritäten abhängig machen. Wir sind durchauz nicht gewillt, eine Obstruktionsgpolitik zu trelben und durch , , ee, Fernbleiben die Sitzungen zu hintertreiben. Nach Möglichkeit werden wir zur Stelle sein. Ich habe nur die Befürchtung, daß es uns nichts nützen wird, daß wir 4 sind, daß unsere Arbeit erfolglos sein wird. Aber ich spreche die Hoffnung auß, daß zum Ende nicht der Schluß, fon dern die Vertagung erfolgt. Warum das ung gg Gesetzbuch nicht im Herbst zu stande kommen sen ist mir ein Räͤthsel. bg. Dr. von Bennigsen (nl): Als vag Hürgerliche Gesetz⸗ buch vorgelegt wurde, war die Meinung verbreitet, daß etz i, ,. sein würde, ein solches Werk ebenso zu behandeln wie gesetzgeberlsche Werle geringerer Art. Man meinte, wenn man es nicht en blos annehmen wolle, müsse man sich darauf beschränken, nur die wichtigeren

Bestimmungen einer Erörterung zu unterziehen. Wir haben ein Mehrere gethan. Wir haben eine Kommission mit der Durch. arbeitung der Vorlage betraut, vier Monate hat diese Kommission mit Hingabe der , . sich gewidmet,; Im wesentlichen ist das Wert aus der Kommission, unwesentliche e ,. abgerechnet. so bervorgegangen, wie es dem Reichstag vorgelegt wurde. ir Richter meint, die organ Prüfung solle jetzt erst beginnen! Sie hat seit 20 Jahren sitattgefunden in pn Veutschland, von assen irgendwie dazu berufenen Kreisen. as Urtheil der berufensten

änner ist das gewesen, daß das Ergebniß der 20 jährigen Arbeit wohl als Gesetz eingeführt werden könne. Wenn das 8, so behandelt werden würde, wie Herr Richter es wünscht, dan? würde ein schlechtes Urtheil auf die Volksvertretung zurüfallen. Ein großetz Parlament würde bei einer solchen Thätigkeit bei einer so wichtigen Aufgabe versagen. Solche großen Aufgaben sind von anderen Staaten gelöst worden, zum theil freilich ohne Be— hinderung durch die Parlamente. In Sachsen und Baden hat man solche Aufgaben auch gelöst. Sollten jetzt nach einer Arbeit von vier Monaten Schwierigkeiten erhoben werden, so laufen wir Gefahr, daß das Werk nicht beendet wird.

Abg. Singer (Soz.): Meine Freunde und ich werden aus rein sachlichen Gründen für den Antrag Richter stimmen. Das Zustande— kommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu hindern, haben wir keine Veranlassung, wir wollen auch keinerlei Obstruktion treiben. Aber wir haben von vornherein die Meinung gehabt, daß wir alle parlamen— tarischen Mittel anwenden müssen, um eine Ueberhastung zu verhindern. Wir werden es uns nicht nehmen lassen, diejenigen Bestimmungen des Gesetzes, welche wir für wichtig halten, durch namentliche Äb— stimmungen feststellen zu lassen. Die Verantwortung dafür, wenn dabei die Beschlußunfähigkeit sich herausstellt, fällt den Parteien zu, welche ihre Mitglieder nicht hier halten können. Daß namentliche Abstimmungen beantragt sind auch von Mitgliedern, die im Moment nicht anwesend sind, ist auch früher seitens anderer Parteien vor— ekommen. Die Fraktionen haben das Recht, geschlossen namentliche

bstimmungen über wichtige materielle Fragen zu beantragen. Sachliche Gründe sprechen für das Verlangen der verbündeten Regierungen nicht. Ebenso gut, wie im Juni und Juli, kann die Berathung im Oktober und November stattfinden. Haben die Juristen zwanzig Jahre zur Vorbereitung gebraucht, dann ist es unrichtig, dem Reichstage zuzumuthen, die Sache in einigen Wochen durchzupeitschen. Die Reichstagsmitglieder haben ihren Verpflichtungen voll genügt, wenn sie acht Monate am Platze gewesen sind. Die Verpflichtung der Abgeordneten hat doch schließlich auch eine Grenze und die Üeber— schreitung kann doch nur gefordert werden, wenn sonst ein Schaden entsteht. Ein solcher Schaden ist aber nicht möglich. Die Regierung hat ja die Möglichkeit, die Session schon zum Okiober einzuberufen, damit der Reichstag vor Weihnachten das Bürgerliche Gesetzbuch er⸗ ledigen kann. Der Abg. von Bennigsen meint, daß alle Kreise bei der Vorberathung betheiligt gewesen sind. Es sind nur Juristen ge— wesen, die bis jetzt betheiligt waren. Es sind außerdem ein paar Mitglieder der Industrie und Hochfinanz zugezogen, aber die große Masse der Arbeiter war nicht vertreten. Aber was die Herren ver— meiden wollen, die Einmischung des Volks, das wünschen wir dringend. Wir wollen, daß die Gesetzgebung, wenn auch nicht von der Zu— stimmung, so doch von dem Verständniß des Volks getragen werden soll. Wir haben doch keine Eile, wenn das Gesetzbuch im Jahre 1900 in Kraft treten soll. Wir haben nichts dagegen, daß dieser Reichstag die Sache erledigt. Ich stehe unter dem Eindruck, als ob es eine gewaltsame Anspannung ist. die Berathung durchzudrücken. Man sollte doch gegenüber dem Wunsche einer großen Minderheit des Hauses die Berathungen lieber vertagen. Von einer Einstimmig— keit war vor einigen Tagen im Zentrum noch keine Rede. An den praktischen Gründen der nichtgenügenden Besetzung des Hauses werden wir mit der Berathung scheitern.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:

Es sei mir gestattet, meine Herren, einige Worte auf die letzten Ausführungen des Herrn Vorredners zu erwidern. Ich habe meine erste Bemerkung angeknüpft an die Anfrage des Herrn Abg. Rintelen, ob es in der Absicht liege, die Kommissionsarbeiten über die Justiznovelle dadurch auch ferner fruchtbar zu erhalten, daß der Reichstag vertagt wird; und ich habe der Wahrheit entsprechend und entsprechend den Erwägungen, die im Schoße der Regierung angestellt sind, mittheilen können, daß es in der Absicht des Herrn Reichskanzlers liegt, für den Fall des Zustandekommens des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs Seiner Majestät dem Kaiser, welchem nach Artikel 12 der Verfassung die Vertagung des Reichstags zusteht, den Vorschlag zu machen, daß der Reichstag vertagt werden möge. Ich habe bei dieser Gelegenheit ausgesprochen, daß es allerdings der dringende Wunsch des Herrn Reichskanzlers und der verbündeten Regierungen sei, das große nationale Werk, welches Ihnen augenblicklich vorliegt, noch in dieser Session und ohne Unterbrechung zur Verabschiedung zu bringen. Wie der Herr Vorredner dazu kommt, mir dar— aus, daß ich diese rein sachgemäße Mittheilung gemacht habe, einen Vorwurf zu machen, mir unterzuschieben, ich hätte einen Zwang auf den Reichstag ausüben wollen, das ist mir in der That ganz unverständlich. Meine Herren, das weiß ich sehr wohl, ebenso gut wie der Herr Vorredner, daß ein solcher Zwang außerordentlich wenig verfangen würde: wenn die Herren Reichstagsmitglieder nicht zur Stelle sein wollen, dann werden sie auch auf eine solche Aufforde⸗ rung der Regierung hin nicht erscheinen. Ich habe nur sagen wollen, welches der Standpunkt der Regierungen ist, daß sie nämlich wünschen, das Gesetz zu stande zu bringen, und ich habe damit die Hoffnung verknüpft, daß der Ausdruck dieses Wunsches auch die bisher säumigen Mitglieder des Reichstags dazu veranlassen werde, zu seiner Erfüllung mitzuhelfen.

Und nun, meine Herren, ist denn das eine so unberechtigte Forderung der Regierung, wenn sie dem Reichstag ans Herz legt, jetzt noch in die Berathung des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzutreten? Vergessen denn die Herren, daß unsere gegenwärtige Reichstagssession später angefangen hat als die früheren? (Zuruf) Das „Warum“ braucht man heute nicht mehr zu untersuchen, heute kommt es einfach auf die Frage an: ist die Zumuthung an den Reichstag, das Bürgerliche Gesetzbuch zu verabschieden, um deswillen eine unberechtigte, weil der Reichstag schon länger und intensiver belastet gewesen ist als früher? und diese Frage muß verneint werden. Der Reichstag ist später zusammen⸗ getreten und frühere Reichstagssessionen ja, ich glaube, es giebt nicht viele, die früher geschlossen worden sind, sind bis in den Juli hinein ausgedehnt worden, und niemand ist es eingefallen, das zu beklagen und am 19. Juni schon zu erklären: es ist für uns absolut unmöglich, bis in den Juli hinein zu tagen. Meine Herren, ich erinnere nur an die Session, in der wir den Zolltarif berathen haben, im Jahre 1879; da haben wir bit Mitte Juli hinein gesessen, und es ist niemand eingefallen, dat für einen unmöglichen Zustand zu erklären.

Nun kehrt aber der Herr Abg. Singer die Bewelslast voll= ständig um. Er übersieht, daß es sich um eine Vorlage der ver— bündeten Regierungen handelt, und daß der Reichstag verfassungk= mäßig die Aufgabe hat, diese Vorlage seiner Berathung zu unter=

ziehen. Wenn nun der Reichstag sich dieser Aufgabe zu entfiehen

wänscht, so ist es seine Sache, die Gründe beizubringen, die dagegen sprcchen, daß diese Vorlage in continenti erledigt wird, nicht aber Gache der verbündeten Regierungen, den Nachwels zu führen, daß sie aledigt werden muß; nun frage ich, wo sind denn die fachlichen Gründe des Herrn Abg. Singer? Zunächst die Wärme! Ja, meine

ren, dem gegenüber behaupte ich, es giebt kaum in Deutschland einen kühleren Ort als diesen Saal. (Sehr richtig! Große heiterkeit.

Sodann sagt man, man wird die Sache im Herbst, wenn wir wieder zusammentreten, sehr viel gründlicher behandeln können als jetz. Das bestreite ich. Jetzt im unmittelbaren Anschluß an die Fommissionsberhandlungen, wo wenigstens bei den Mitgliedern der Kommission die Erinnerung an das, was in den Kommissionssitzungen perhandelt worden ist, noch eine rege und lebhafte ist, ist es viel eher möglich, sachlich und gründlich die Vorlage zu diskutieren, als wenn h, 6 Monate darüber hingegangen sind und nun ein ganz neues Studium porgenommen werden muß. (Sehr richtig! aus der Mitte.)

Nun sagt man weiter, man habe kelne Zeit gehabt, sich mit seinen Wählern in Verbindung zu setzen; die Kreise der Bevölkerung, die an dem Zustandekommen des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein wesent⸗ liches Interesse nehmen, sind noch garnicht zu Worte gekommen. So? Der Herr Abg. von Bennigsen hat schon meines Erachtens mit großem Recht darauf hingewiesen, daß unmittelbar nach jeder Sitzung der Kommission, sowohl der ersten, wie der zweiten, zur Herstellung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die Beschlüsse der Kommission veröffentlicht worden sind, so daß jedermann im deutschen Volke Veranlassung und Gelegenheit gehabt hat, sich darüber klar zu werden, wie er zu diesen Beschlüssen sich stellen will. (Sehr richtig! aus der Mitte.) Es ist aber naturgemäß viel eher möglich gewesen, die Grundsätze, die in diesen Beschlüssen zum Ausdruck gebracht sind, im einzelnen der Kritik und Anfechtung zu unterziehen, als jetzt, wo man einem Gesetzbuch gegenübersteht, das 2400 Paragraphen hat und das in öffentlichen Ver⸗ sammlungen vollständig durchzusprechen zu den Unmöglichkeiten gehört. (Sehr wahr! in der Mitte.) Also ich frage den Herrn Abg. Singer: wo sind die sachlichen Gründe? Bis jetzt ist mir weiter nichts klar geworden als wie die Wärme, und in dieser Beziehung hat der Himmel ja auch schon heute ein Einsehen gehabt, und uns einen bewölkten Himmel bescheert. (Heiterkeit Es ist nicht ausgeschlossenn, daß es kühler werden und damit die Arbeitslust zur Her— stelung dieses Werkes eine regere werden wird.

Nun hat der Herr Abg. Freiherr von Manteuffel ich muß diesem meinen verehrten Freunde auch noch eine Bemerkung machen von den artigen Reichstagskindern gesprochen, denen, wenn sie dieses Bürgerliche Gesetzbuch zu stande gebracht haben, die Wohlthat der Vertagung zu theil werden soll. Ja, es scheint so, als ob das als eine Wohlthat angesehen wird. (Zuruf) Für mich ist es die Vertagung nicht. Ich habe darüber gar nicht gesprochen, was werden wird, wenn das Bürgerliche Gesetzbuch nicht zu stande kommt, ob dann Schluß oder Vertagung des Reichstags eintreten wird. Ich habe einfach aus dem Grunde nicht darüber sprechen können, weil in dieser Beziehung auch von seiten des Herrn Reichskanzlers ein Entschluß noch nicht gefaßt ist, und gar nicht zu übersehen ist, welche Aufnahme ein eventueller Beschluß bei Seiner Majestät dem Kaiser finden wird.

Also, meine Herren, was ich gesagt habe, war vollständig er—⸗ schö,ßfend. Es ist die Absicht des Herrn Reichskanzlers, wenn das Bürgerliche Gesetzbuch verabschiedet wird, eine Vertagung zu empfehlen. Was geschieht, wenn es nicht zu stande kommt, weiß ich in diesem Augenblicke nicht; das bleibt abzuwarten. Aber das möchte ich doch sagen, daß ich die Argumentation des Herrn Abg. Singer durchkus nicht als zutreffend ansehen kann, wonach die Regierung, auch wenn das Bürgerliche Gesetzbuch nicht zu stande kommt, eine Vertagung des Reichstags eintreten zu lassen ge— nöthigt wäre. Meine Herren, wenn das Bürgerliche Gesetzbuch in der Gestalt, in der es jetzt aus den Berathungen Ihrer tommission hervorgegangen ist, dem Reichstag, nachdem er letzt geschlossen sein wird, bei seinem erneuten Zusammentritt vorgelegt würde, so würde ja eigentlich gar keine Nöthigung vorliegen, noch einmal eine Kommissionsberathung eintreten zu lassen, es würde dielmehr sogleich die zweite Lesung im Plenum erfolgen können. (Sehr richtig! in der Mitte; Zuruf) Gewiß; ich weiß sehr wohl, daß es dem Hause allein zusteht, darüber zu beschließen, ob es eine Kom- missionsberathung wünscht oder nicht. Aber man wird mir das Eine lugeben, daß, wenn dieselbe Vorlage, die jetzt Ihre Kommission ge— macht hat, im November oder Dezember dem Reichstag als neue Vorlage zugeht, dann ein innerer sachlicher Grund nicht besteht, eine Kommissionsberathung von neuem vorzunehmen. Also, meine herren, was geschehen wird, das kann ich in diesem Augenblick nicht sagen; den Wunsch aber kann ich nur wiederholen, daß es dem Reichs. tag gefallen möge, noch im Jubeljahre des Reichs auch dieses große daterländische Werk zum Abschluß zu bringen. (Bravo! rechts, in der Mitte und bei den Nationalliberalen)

Abg. Freiherr von Stumm (Ry): Jede Partei, i ĩ ö jedes Mig led 9 Hauses weiß 16 3 8 , buch stellt. Ich beschränke mich daher darauf zu erklären, kaß mölne fene . sind, das Gesetzbuch jetzt noch zu erledigen und nicht 6 erbst zu verta en. Wir sind gewillt, das schwere Opfer zu

Cen und bis in den Juli hier zusammenzubleiben. Das Opfer ist hein kleines; unsere Arbeiten beschränken sich nicht bloß auf diesen

, Aber wir wollen trotzdem die Vorlage möglichst schnell er⸗ edigen und werden gegen den UÜntrag Richter siimmen.

Abg. Rickert (fr. Vgg.): Ich habe schon bei der ersten Be Rhin mich im Auftrage meiner Freunde für die ununterbrochene t ung des Bit h ff hen Gesetzbuchs ausgesprochen. Alle Be⸗ lterungstlaffen, güie, Korporationen haben eingehend aus. . tochen ĩ die Sache ist durchaus spruchreif. Ist denn der Reichstag J ziemlich stark besetzts Wenn man af Tag die Beschlußfähigkeit y ja, nennen Sie mir doch eln Parlament, welches immer hlußfãhig 6. In Paris tagen die Abgeordneten wegen der Zucker⸗ ö. aben durchaus nicht die er um die Vorlage durch⸗ peitschen und die Minderheit zu vergewaltlgen. ö g. ven Dziem bowski (Pole) erklärt . daß sie gegen den Antrag Richter stimmen würden, weil ö nicht in den Verdacht kommen wollten, dem Bürgerlichen Gesetz, ach chwierigkeiten zu bereiten, und weil sie verhindern wollten, daß ; re Vertagung deg. Bürgerlichen Gesetzbuchs die Justijnovelle aut ö ren nd gedrängt werde. Die Polen setzten dabei vor⸗ . e nicht durch Schlußanträge u. s. w. gehindert würden, ghbweichende Meinung vorzutragen. 8. Freiherr von Hodenberg (b. k. F) erklart seine in à ium Antrage Richter. Die Juristen mögen den Wunsch ihre Arbeit bald gekrönt zu sehen; aber das Bürgerliche . endium für Juristen; es solle vom Volke

ein Ko ndet werden. eshalb müsse Widerspruch erhoben werden

namens seiner

gen eine Ueberhastung der Berathung. Im Herbst könne ja der teichstag zeitig berufen werden, um die Arbeit in Ruhe zu vollenden. ür die Vertagung der Berathung des Bürgerlichen Gesetzbuchs preche die Meinung des Reichskanzlers Fürsten Bismarck. Die Ver⸗ antwortung für die Hinausschiebung der Berathung würden des Redners Freunde gern tragen.

Abg. Spa hn (Zentr. : Meine Freunde haben durchaus keine Neigung, irgend Jemandem das Work abzuschneiden. muß be⸗ streiten, daß Mitglieder meiner Partei namentliche Abstimmung

des Handelsgesetzbuchs, und diese kann in der nächsten Session nicht mehr vorgelegt werden.

Abg. Dr. Vielhaben (Reform⸗P): Meine persönliche Stellung habe ich dargelegt, als ich aus der Kommission ausschied. Meine ,. theilen meine Gründe durchaus. Diejenigen, welche für die chleunige Durchberathung gesprochen haben, haben immer nur die Resignation betont, die sie geübt haben. Aber diese ist klein gegen⸗ über der Resignation, die sic das deutsche Volk auferlegen muß, in⸗ dem es sich dem neuen Gesetzbuch anbequemen muß. Wenn die Vorlage durchgedrückt wird, dann wird sie vom Volke mit Mißmuth aufgenommen werden. Der Abg. Lieber hat den Parteien eine Straspredigt gehalten über die Nichtanwesenheit von Mitgliedern, die aber an eine falsche Adresse gerichtet war. Ich sehe im Zentrum jetzt Herren, die ich gar nicht kenne, die während der ganzen Sefsion noch nicht hier gewesen sind. Das Zentrum kommt mit ganz neuen Kräften. Viermal hat der Reichstag gezeigt, daß er Über die ganze kleine Vorlage zur Gewerbeordnung nicht abstimmen kann, und diesem Reichstag traut man die Kraft zu, noch jetzt das Bürgerliche Gesetzbuch durchzubringen!

Abg. Haußmann (d. Volksp.); Auch ich halte es für eine ehren⸗ volle Aufgabe, das Bürgerliche Gesetzbuch fertigzustellen. Aber ich glaube nicht, daß das etzt möglich sein wird. ö einer Woche sind die, Kommisstonsberichte vertheilt, die mehr als 400 Seiten umfassen. Wie soll die Bevölkerung dazu Stellung nehmen; noch nicht einmal die Juristen sind tif mit ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzbuch; sie haben erst die Kommissionsberathungen abgewartet. Der Streitpunkte

iebt es eine so große Zahl, daß man mindestens drei Wochen zur urchberxathung brauchen wird. So lange ist der Reichstag gar nicht

mehr zusammenzuhalten. Die Verzögerung der Berathung bringt

keine Gefahr mit sich. Die Vorlage wird im Herbst 3. ange⸗

nommen wie jetzt. Wir lehnen die Verantwortung dafür ab, daß

Unzuträglichkeiten infolge der schleunigen Berathung in das Gesetzbuch

. und werden einstimmig für den Antrag Richter mmen.

Abg. Dr. von Cuny (nl. ): Um dieses Werk, nach welchem die Nation verlangt, zu fördern, haben wir die Verpflichtung, Alles zu thun, was in unseren Kräften steht. Den Polen erkläre ich, daß wir in . Weise der Berathung von Anträgen uns entgegenstellen wollen.

Abg. Haußmann: Damit alle, meine Freunde anwesend sein können, unterstütze ich den Antrag Richter, die Berathung bis zum Herbst zu vertagen.

Damit schließt die Debatte. Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Freifinnigen und der Deutschen Volks⸗ partei, der Deutschen Reformpartei, der Welfen und der i, der Konservativen wird der Antrag Richter ab⸗ gelehnt.

Darauf wird in die Spezialberathung eingetreten. Die SS 1 bis 5 werden ohne Debatte angenommen. Zu 86, wonach entmündigt werden kann u. a.: „wer infolge von

oder seine Familie der Gefahr des Nothstands aussetzt oder die Sicherheit Anderer gefährdet“, beantragen die Sozial⸗ demokraten, diese Bestimmung zu streichen.

. Lenzmann (fr. Volksp.): Nachdem beschlossen ist, in die Spezialberathung einzutreten, werden meine Freunde sich an der Be⸗ rathung betheillgen; sie beabsichtigen nicht, Obstruktion zu treiben. Redner spricht sich gegen den Antrag der Sosialdemokraten aus.

Abg. Frohme 64 befürwortet den Antrag, weil derselbe durchaus kein geeignetes Mittel sei, die Trunksucht zu bekämpfen.

Abg. Dr. Bachem (Sentr. ) Ein solches Mittel soll die Be— stimmung nicht sein; es soll den Trunksüchtigen nur unschädlich machen. Namentlich für viele Arbeiterfamilien würde das von Vor⸗

Trunksucht seine K nicht 1 besorgen vermag t

theil sein.

Abg. Stadthagen (Soz.), beantragt, wenigstens die Worte: oder sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstands aussetzt' zu streichen, da diese Bestimmung für ganz Deutfchland neueß Recht schaffen würde. Die Bestimmung, würde ein Klassengesetz sein, denn die Reichen würden nicht dazu kommen, ihre Familien in Nothstand zu . Die Bestimmung würde dazu sllhren, aus politischen und sonstigen Gründen Arbeiter wegen Trunksucht zu entmündigen. Wie solle denn die Trunksucht defi⸗

niert werden? . nl) spricht sich gegen die Anträge auf

Abg. von Cuny Streichung aus und Pestreitet, daß die Bestimmung eine Aus—

nahmemaßregel für die Arbeiter sei.

Abg. Bebel (Soz.): Das hat eigentlich der Abg. Bachem zu⸗ gegeben durch seine letzte Aeußerung. Unser ganzes Entmün⸗ digungsverfahren leidet an schweren Mängeln, ohne daß es möglich ist, eine Verbesserung herbeizuführen.

Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:

Meine Herren! Der Herr Abg. Bebel hat aus dem Umstand, daß unser gegenwärtiges Entmündigungsverfahren an manchen Schwächen leide, ein Bedenken hergenommen gegen die Vorschrift bezüglich der Trunksucht in 5 6. Er hat dabei der Besorgniß Aus⸗ druck gegeben, daß, obwohl das Haus eine Resolution gefaßt habe, die sich auf die Verbesserung des Entmündigungsverfahrens richte, doch, wie er meinte, auf absehbare Zeit keine Aussicht sein würde, ein ent⸗ sprechendes Gesetz zu bekommen.

In diesem Punkte möchte ich den Herrn Abgeordneten und auch das hohe Haus beruhigen; denn in den Kreis derjenigen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung, die aus Anlaß des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Revision unterliegen, sollen auch diejenigen Bestimmungen ein⸗ bezogen werden, die das Entmündigungsverfahren betreffen. Ich hoffe, daß, wenn wir rechtzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch hier im Hause zu Ende kommen, in der übernächsten Session im Reichstag der Entwurf einer revidierten Zivilprozeßordnung vor gelegt werden wird, in welcher der Herr Abg. Bebel auch die von ihm vermißten verbesserten Bestimmungen bezüglich des Entmündigungs⸗ verfahrens finden wird. Da wird der Herr Abgeordnete die Gelegen⸗ heit haben zu vergleichen, ob dasjenige, was wir zur Verbesserung des Entmündigungsverfahrens, insbesondere zu einer größeren Sicher- stellung des zu Entmündigenden vorschlagen werden, auch genügend Rechnung trägt der neuen Vorschrift, welche in 5 6 des Gesetzbuchs vorgeschlagen ist.

Unter diesen Umständen haben Sie keine Besorgniß aus diesem Punkt zu entnehmen. Sie werden rechtzeitig in die Lage kommen, bei dem Zivilprozeß die Vorkehrungen zu treffen, die nöthig sind, um auch bezüglich der Nr. 3 des 6, wenn es sich also um ein Verfahren behufs Entmündigung aus Anlaß von Trunksucht handelt, alle Kautelen zu besitzen.

träge nach den Beschlüssen

Die Diskussion wird geschlossen. Abg. Iskraut (Reform⸗P., Geschäfts ordnung): Ich be⸗ , räsident Freiherr von Bu pol: Das Bureau ist einstimmig der Ansi t, daß das Haus beschlußfähig ist. §z 6 wird unter mn der sozialdemokratischen An⸗ er Kommission angenommen; ebenso ohne Debgtte die 85 7 bis 20. 1 36 zweite Titel, 9 21 bis 85, betrifft die juristische er son. Die Sozialdemokraten hegntragen, an die Stelle dieses ganzen Abschnitts folgende Bestimmungen zu setzen: a. Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie alle Ver⸗ ö mit körperschaftlicher Verfassung sind als solche vermögeng«

fähig

Ein Verein besitzt eine körperschaftliche Verfassung, wenn die Verwaltung der gemeinsamen Angelegenheiten einem Vorstand mit satzungsmäßiger Vollmacht übertragen ist. Die Satzung muß schriftlich abgefaßt sein.

Die ge , bereits geregelten Körperschaften, Genossen= schaften und sonstigen Vereine bleiben bei dem bisherigen Recht.

b. Die Vereinzmitgliedschaft ist unveräußerlich, die Ausübung der einzelnen Mitgliedsrechte ist unübertragbar.“

Abg; Lenzmann: Das Bürgerliche Gesetzbuch wird nicht zur Rechtseinheit in Deutschland führen; denn überall heißt ss: unberührt bleibt die, und die Bestimmung. Wer einen Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch schreiben will, wird zugleich einen Kommentar zu. allen. Partitulargesetzen schreiben müssen; es wird keine Rechtseinheit, sondern eine völlige Rechts« lonfusion herrschen. Redner spricht sich für die Aufstellung von Rormativbestimmungen für die Vereine aus und bekämpft die Be⸗ schlüsse der Kommission. Man darf, fährt er dann fort, in der Be‚ schränkung der Vereine nicht zu weit gehen. Bedenklich ist es, daß z. B. das Reichs-Justizamt die Eintragung von Vereinen der Impf⸗ egner, der Atheisten, ja solcher Personen, welche den Austritt ans der andeskirche wünschen, in das Register verbieten will. Man muß auch den politischen Vereinen die Eintragung in das Register ge— währen, denn das Aufsichtszrecht der Behörde wird dadurch nicht be= seitigt. Die Entscheidung über die Eintragung der Vereine und über die Entziehung der Rechtsfähigkeit muß den ordentlichen Gerichten übertragen werden und nicht den politischen Behörden. Wenn die Bestimmungen über das Vereinsrecht nach unseren Wünschen angenom- men werden, so werden die verbündeten Regierungen daran das Gesetz. buch nicht scheitern lassen; sie haben selbst dieses Werk als das größte des Jahrhunderts bezeichnet und können es nicht an diesem Herr. scheitern lassen. Das Zentrum ist von seinen früheren freiheitlichen Anschauungen zurückgekommen; es hätte hier darauf bestehen können, das Vereinsrecht richtig zu gestalten, denn die verbündeten Regierungen haben nicht erklärt, daß das Gesetzbuch daran scheitern wird. Wenn solche Worte gefallen sind, dann sind das nur subjektive An⸗ schauungen des einen oder anderen Regierungevertreters gewesen.

Abg. Groeber (Zentr): Die Erklärung, daß wegen der Ge— staltung des Vereinsrechts das ganze Gesetzbuch scheitern würde, ist kategorisch abgegeben worden, sonst hätten wir uns niemals bereit finden lassen, von den Beschlüssen der ersten Lesung abzuweichen, obgleich diese Beschlüsse vielfach überschätzt werden; denn eine Ver— einsfreiheit würde dadurch nicht geschaffen, da das Gesetzbuch sich nur auf die privatrechtliche Regelung der Vereine beschränkt. Was nützt einem Verein die Rechtsfähigkeit, der durch die Verwaltung in jedem Augenblick aufgelöst werden kann? Durch die Anträge der Freisinnigen wird auch keine Vereinsfreiheit geschaffen, denn fie stehen auch auf, dem Boden der Normativbestimmungen und enthalten keine grundsätzlichen Abweichungen. Da es möglich ist, durch Aktien⸗ gesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung Vermögeng—⸗ rechte für eine Mehrzahl von Personen zu erwerben . haben die vermögensrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs überhaupt keine große Bedeutung mehr. Für gemeinnützige Vereine ist die Eintragung in das Register erleichtert worden; es sind nur für politische, soziale und religiöse Vereine Aus nahmebestimmungen getroffen; aber auch in Bezug darauf sind Abweichungen von der Regierungsvorlage vorgesehen, indem nicht die Verwaltungsbehörden, sondern die Verwaltungsgerichte zur Entscheidung bestimmt sind, wie das bezüglich der Krankenkasse u. s. w. schon früher geschehen ist. Die Vorwürfe gegen das Zentrum sind also unberechtigt, denn wir haben nur das bestehende Recht weiter gebildet. Wir können also getrost dem Urtheil der Zukunft entgegensehen.

Abg. Dr. von Buchka (d. kons.): Wenn ein Werk uns vor⸗ gelegt wird, an dem 20 Jahre lang die Elite der Juristen ge⸗ arbeitet hat, dann können wir nicht im Einzelnen allzu große Aus— stellungen machen, ohne den Zusammenhang zu zerstören. Wir sind erfreut darüber, daß das Zentrum im Laufe der Verhandlung zu richtigeren Auffassungen gekommen ist. Die Behauptung des ib Lenzmann, die verbündeten Regierungen müßten die Vorlage annehmen, wie sie aus dem Beschlusse des . hervorgeht, ist unzutreffend. Die Erklärungen der verbündeten Reglerungen haben aber ergeben, daß mit einem Vereinsrecht nach dem Wunsche des Abg. Lenzmann das Bürgerliche Gesetzbuch nicht zu stande kommt.

Abg. Stadthagen empfiehlt seinen Antrag als den allein konsequenten; ob die Anträge des Abg. Lenzmann oder die Beschlüsse der Kommission angenommen würden, sei der Arbeiterklasse ganz gleichgültig. Lediglich die Furcht vor der Sczialdemokratie, deren durch die Vereinigung gestärkte Macht man schwächen wolle, habe die Bestimmungen über das Vereinsrecht gezeitigt.

Abg. Freiherr von Stumm: An sich hat mir die Re⸗ gierungsvorlage schon nicht gefallen, weil sie an die Stelle der Ein⸗ räumung eines Privilegs nur ein Einspruchsrecht gt hat. Die Kommission ist noch weiter gegangen und hat die Entscheidung dem Verwaltungsgericht anstatt der Verwaltungsbehörde übertragen. Die 53 zu diesem Kompromiß wird mir sehr schwer; im Interesse des Zustandekommens wollen wir dafür stimmen, aber ich sage: Bis hierher und nicht weiter! Nachdem in der Kommission eine große Mehrheit sich vereinigt hat auf eine bestimmte Fassung, ist es bedenklich, mit kleinen Modifikationen im Plenum vorsugehen.

Abg. von Strombeck (Sentr.) beantragt, den 5 21 Ffolgender⸗ maßen zu fassen: Vereine zu gemeinnützigen, wohlthätigen, geselligen, wi iske t h , künstlerischen oder anderen, nicht auf einen wirth⸗ schaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecken erlangen Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Der Antrag sei ein ledig lich redaktioneller. Redner erklärt sich dagegen, daß nach einem An⸗= trage des Abg. Lenzmann in seinen Antrag auch die Berufsvereine ein⸗ . würden. r

Abg. von Dziem bowski⸗Pomian erklärt sich namens der Polen fur die Beschlüsse der Kommission erster Lesung.

Damit schließt die Debatte. Der Antrag der Sozial⸗ demokraten wird gegen die Stimmen dieser und der Antisemiten abgelehnt; ebenso werden alle übrigen Anträge verworfen und die Beschlüsse der Kommission unverändert angenommen; des⸗ gleichen der 1 Abschnitt s S6 99) „Sachen“ und der dritte Abschnitt 635 109 111) „RNechtsgeschafte', nachdem ein Antrag der Sozialdemokraten zu 8 109 abgelehnt ist, wonach die Ergänzung der Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters von Minderjährigen statt durch das Vormundschaftsgericht durch die Gemeindebehörde bewirkt werden soll.

Zum zweiten Titel: „Willenserklärungen“ (65 12-140) y. zu § 122 ein Antrag der Polen vor, wong welche zur Zeit der Unterzei . einer Urkunde 66 ind, sich ohne Beihilfe eines Anderen Kenntniß von hrem Inhalt zu verschaffen, nur , e,. sein sollen. als ihnen nachgewiesen werden kann, daß der Inhalt des Schriftstücks dem Gewollten entsprochen hat. ö