verständnissen vorbeugen können auf dem Wege, den Ihnen der Herr
Abg. Gamp vorschlägt, so liegt dies, glaube ich, im Interesse des Bürgerlichen Gesetzbuchs; denn wir müssen wünschen, daß derartige Irrungen nicht in das Volk hineingetragen werden, damit die Sym⸗ pathien für das Bürgerliche Gesetzbuch, auf die doch stark gehofft werden muß, wenn das Gesetzbuch ohne Schwierigkeiten in das Leben eingeführt werden soll, nicht erschüttert werden. Und deshalb, meine Herren, wenn ich Sie gebeten habe, den Antrag von Staudy und Genossen abzulehnen, so darf ich auf der anderen Seite Ihnen anheim geben, den Antrag Gamp und Genossen anzunehmen. Wie ich glaube, wird er auch auf Seiten der verbündeten Regierungen keinem Bedenken begegnen.
Abg. Freiherr ron Manteuffel (d kons): Ich danke dem Minister für seine Erklärung im Interesse der Pfandbriefe. Die Vor⸗
lage enthält unter allen Umständen eine Deklassierung der landschaft⸗
lichen Pfandbriefe, denen die Reichssicherheit genommen und eine Partikularsicherheit gelassen wird. Redner erklärt, daß seine Freunde nicht für den Antrag Gamp stimmen könnten. .
Abg. Dr. von . (nl. Wir können nicht für den An⸗ trag von Manteuffel stimmen, wir werden für den Antrag Gamp stimmen. r
Fs 1783 wird mit dem Antrag Gamp mit großer Mehr⸗ heit angenommen. .
Die S5 1783 1807 werden ohne Debatte enehmigt.
Damlt ist das vierte Buch „Familienrecht“ erledigt.
Es folgt Buch V „Erbrecht“. S 190 lautet:
„Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertheile, neben Verwandten der zweifen Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Antheil, der nach 5 1902 den Abkömmlingen zufallen würde. Sind weder Verwandte der ersten oder der jweiten Ordnung, noch Großeltern vorhanden, so erhält der über lebende Ehegatte die ganze Erbschaft.“
Abg. Freiherr von Stum m (Rp. beantragt, den 5 190 so
zu fassen:
„Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertheil, neben Verwandten der zweiten und dritten Ordnung zur Hälfte der Erbschaft als gesetz licher Erbe berufen.
Sind keine Verwandte der ersten und dritten Ordnung vor⸗ handen, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.“
Abg. Freiherr von Stumm empfiehlt seinen Antrag, welchen der de sterothetommfsor sächsischer Geheimer Justizkath Börner bekämpft, weil dadurch die Ehegatten in vielen Gebieten Deutschlands schlechter gestellt würden, als bisher. Das Erbrecht der Ghegatten entspringe aus der innigen Gemeinschaft, welche die Ehe schafft. Abg. Dr. von Cuny (nl) empfiehlt die Ablehnung des Antrages, wie sie auch in der Kommission erfolgt sei. Der Antrag wird abgelehnt und 5 1907 unverändert
angenommen. §z 2205 lautet in der Vorlage:
„Ein Testament kann in ordentlicher Fcrm nur vor einem Richter oder vor einem Notar errichtet werden. ] Der Richter muß einen Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar muß zwei Zeugen zuziehen.“ Die k hat ihm folgende Fassung gegeben: „Ein Testament kann in ordentlicher Form errichtet werden: 1) vor einem Richter oder vor einem Notar, 2) durch eine von dem Erblasser unter Angabe des Ortes und Tages eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung.“ bg. Lenzm ann (fr. Vollsp.) beantragt, den ersten Absatz der Regierungsvorlage wiederherzustellen, die Nummer 1 und 2 der Kom⸗ misstonsvorlage aber zu streichen. Abg. Dr. von Buch ka (d. kons.) beantragt, nur die Nummer 2 des , zu streichen. Die Abgg. Dr. von Buchka und Kauffmann (fr. Vgg.) sprechen sich gegen den Kommissionsvorschlag aus. Bundetzrathskommissar, badischer Gesandter Dr. von Jage⸗ mann befürwortet ihn auf Grund der Erfahrungen in Baden und Bayern, sowie anderer Staaten, wo das eigenhändige Testament jetzt schon bestehe. Diese Form des Testaments, führt Redner aus, hat weder die Erbschleicherei, noch der Sucht zum Testieren Vorschub ge⸗ leistet. Mißbräuche kommen bei jeder Form vor, auch bei dem ge⸗ richtlichen Testament. Die Gefahr der Unterschiebung ist nicht so groß, wie man glaubt. Der Beweis, daß der Testator nicht zu⸗ rechnungsfähig gewesen sei, he. auch beim eigenhändigen Testament leicht zu führen. Auch die Sicherheit der Aufbewahrung läuft keine Gefahr; die Erblasser pflegen diese Testamente aufzubewahren wie Werthpapiere oder überreichen sie einem Freunde, dem Testamentevoll⸗ strecker. Außerdem ist eine gerichtliche Hinterlegung möglich. Es handelt sich hier nicht um eine prinzipielle, sondern um eine Oppor- tunitätsfrage. Niemand wird zu dieser Form gezwungen, aber es wird die Bewegungsfreiheit gewahrt, und ich möchte nicht, daß in dieser Beziehung ein Rückschritt gemacht wird. In Baden und Bayern hat sich diese orm bewährt, und der Vorschlag Ihrer Kommission ist nicht von einer Partei, sondern von Mitgliedern aller Parteien gestellt worden. Ich kann Sie deshalb nur bitten, dem Antrage der Kom⸗ mission zuzustimmen. Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding: Meine Herren! Ich bitte um die Erlaubniß, eine kurze Erklärung
zu dieser Frage abzugeben.
Auch nach der Beschlußfassung Ihrer Kommission stehen die ver⸗ bündeten Regierungen in ihrer Mehrheit noch auf dem Standpunkt, daß es richtiger sei das holographische oder Privattestament in das Bürgerliche Gesetzbuch nicht aufzunehmen. (Bravo! rechts!) Ich enthalte mich, die Gründe dieser Auffassung hier weiter zu ent⸗ wickeln. Die Frage ist auf der einen Seite so einfach und auf der anderen Seite so wichtig, daß ich annehmen darf, daß die Parteien des Hauses ihre Stellung genommen haben, zumal nachdem in der Kommission die Gründe für und wider ausführlich entwickelt worden sind. Ich wollte aber keinen Zweifel darüber lassen, daß der Beschluß Ihrer Kommission die von Anfang an für die Mehrheit der Ver—⸗ bündeten Regierungen maßgebend gewesene Anschauung nicht erschüttert hat und daß ich vom Standpunkt der Mehrheit der verbündeten Regierungen nur wünschen kann, daß Sie unter Beseiti⸗ gung des Beschlusses der Kommission zu dem Entwurf der Regierung wieder zurückkehren möge. (Bravol rechts und links.)
Abg. Dr. von Cuny spricht dem badischen Bevollmächtigten . und seiner sämmtlichen Landsleute Dank aus für sein Ein reten für den Kommissionsbeschluß. Es wäre eine Ungerechtigkeit, einer Bevölkerung, die über 90 Jahre dieses Recht hätte, dieses Recht. welches als ein persönliches Freiheitsrecht betrachtet werde, zu ent⸗ ziehen. Besonderg wunderbar fei es, daß die Freisinnigen die Stellung gegen den Kommisssonsbeschluß mit ihren freiheitlichen Grundsaͤtzen vereinbaren könnten.
Abg. Dr. Step han⸗Beuthen nt Als Angehöriger des Ge⸗ biets des Allgemeinen Landrechts . mich vollständig den Aus⸗ ührungen des Vorredners an. lle Bedenken, welche gegen das olographische Testament geltend gemacht werden, könnten auch gegen die . geltend gemacht werden, welche das Allgemeine Landrecht vor⸗
schreibt.
Abg. Freiherr von Stumm tritt ebenfalls nachdrücklich für die Kommisstonsbeschlüsse ein.
Abg. Dr. Gör tzefr. Vgg.) erklärt sich gegen den Kommissionsbeschluß, weil die Gepflogenheiten im Norden und Osten Deutschlands andere seien als im Rheinlande. ;
Abg. Dr. Simonis (b. k. F.) befürwortet mit Rücksicht auf die eltenden Def ffn für Elsaß Lothringen die Beibehaltung der ommissionsbeschlüsse. ;
Abg. Dr. Enneccerus (ul.): Wenn das eigenhändige Testa⸗ ment in Deutschland nicht schon bestände, würden wir es auch nicht einführen. Da es aber in großen Theilen des Reichs besteht und sich bewährt hat und in diesen Gegenden ö fest eingewurzelt ist, können Bedenken durchschlagender Natur nicht geltend gemacht werden. Deshalb stimme ich dem Kommissionsbeschlusse zu.
6 2205 wird nach den Beschlüssen der Kommission gegen die Stimmen der Freisinnigen und einiger Konservativen an⸗ genommen.
Ein Antrag des Abg. Grafen Mirbach (d. kons) will bezüglich der Bestimmungen über den „Pflichttheil“ 9 2276 - 2311) bestimmt wissen, daß diese, soweit der Nachlaß des Erblassers aus Grundstücken in land⸗ oder forstwirthschaftlichem Betriebe besteht, keine Anwendung finde.
Abg. Graf von Mirbach begründet den Antrag damit, daß durch diese Maßregel der Zerstückelung und der übermäßigen Verschuldung des Grundbesitzes entgegengetreten werden solle.
Abg. Dr. Enneccerus: Ich erkläre mich gegen den Antrag, der dahin führen würde, daß die Erblasser, deren Nachlaß nur in Grund⸗ besitz besteht, nur ein einziges Kind bedenken könnten. Der Antrag ist nicht in der Kommission berathen worden; ihn anzunehmen, wäre ein Leichtsinn, wie er noch niemals dagewefen wäre. Für die land⸗ wirthschaftlichen Verhältnisse in Preußen reichen die vorhandenen Land- güterordnungen vollständig aus. . .
Bundetrathskommissar sächsischer Geheimer Justiz⸗Rath Börner: Die vorliegende Frage hat auch auf dem Juristentage eine gründliche Prüfung erfahren, sie ist aber noch nicht so weit spruchreif, daß eine gesetzgeberische Aktion unternommen werden könnte. Es sind ver schiedene Fragen noch nicht geklärt worden, namentlich, ob die vom Erbe aus geschlossenen 6 ein Recht auf Unterhalt bekommen sollen.
Abg. Graf von Mirbach: Ich muß dagegen protestieren, 1j die Annahme des Antrags ein Leichtsinn wäre. ch bedauere, da die Kommission sich mit diesem so vielfach ventilierten Gedanken gar nicht beschäftigt hat. Ich bestreite, daß das Pflichttheilsrecht mit der Landwirthschaft vereinbar ist. ᷣ . .
Abg. von Kardorff (Rp.): Die Pflichttheilsverhältnisse wirken ruinierend für den ländlichen Grundbesitz. Man wird nicht umhin können, dieser Frage näher zu treten.
Gegen die Stimmen der Konservativen wird der Antrag
des Grafen Abg. Mirbach abgelehnt. Die übrigen 85 2312 — 2559 werden ohne Debatte un⸗
verändert genehmigt. .
Damit ist die zweite Berathung des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs beendet. .
Es folgt die zweite Berathung des Einführungs⸗ ges 6.
ie Sozialdemokraten wollen mehrere Artikel neu
eingefügt wissen über Fragen, die in der Vorlage nicht be⸗ handelt seien, und zwar;
1) 5 32 Satz 1 der Rechts anwaltsordnung vom 1. Juli 1878 der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, vor Empfang seiner uslagen und Gebühren die Handakten dem Auftraggeber heraus
zugeben‘), erhält folgende Fassung: „Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, vor Empfang ul Auslagen und Gebühren die 6 dem Auftraggeber herauszugeben, es sei denn, daß der Rechtsanwalt einer Partei, welcher das Armenrecht bewilligt ist, beigeordnet worden ist.“
2) Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Inverbindung⸗ treten von Vereinen, welche politische Zwecke verfolgen, verbieten, werden aufgehoben.
Vereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, welche zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen sich gebildet haben, unterliegen keiner landesgesetzlichen Vorschrift.
3) F§ 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 wird aufgehoben. ; c .
Abg. Stadthagen an. In Bezug auf die Zulässigkeit des Inverbindungtretens der politischen Vereine hat sich schon neulich die communis opinio des Reichstags herausgestellt. Wir haben zu der preußischen Regierung ein so vollberechtigtes Mißtrauen, daß sie ihr reaktionäͤres Vereinsgesetz nicht verlassen will, daß wir ihr hier eine Art Kempelle, einen Anreiz zu geben wünschen, der sie vor die Frage stellt: will sie das für jeden politisch reifen Mann uner—⸗ trägsiche Gesetz aufrecht erhalten oder nicht? Wir wollen sie in eine Zwanglage bringen. Man wird einwenden, dieses Nothstands—⸗ esetz passe nicht in das Bürgerliche Gesetzbuch hinein. Nun, der undesrath hat ja Zeit genug zwischen der zweiten und dritten Lesung, die Aufhebung jener reaktionären Bestimmungen durchzusetzen. Wir 2 ja hier in ein paar Tagen 2359 Paragraphen durchberafhen und eine Einigung zwischen Regierung und Parteien sich vollziehen sehen. Sollte da der Bundesrath sich nicht in ein paar Tagen über eine so kleine Sache einig werden? Es käme allerdings ein Schönheitsfehler in das Gesetz mit unserm Antrag, aber die Verant— wortung träfe den Bundesrath, nicht uns; er kann ja in der e, seine Entscheidung treffen. Auch die landesgesetzlichen Vorschriften über die Vereinigungen von Arbeitern und Arbeit- gebern zur Erlangung günstiger Lohn.! und Arbeitsbedingungen müssen fallen. Die reaktionären Partikularstaaten dürfen uns nicht zerstören, was wir in diesem 6. auch auf diesem Gebiet für das Reich zusammengeflochten haben. F 95 des Unfallversicherungs⸗ esetzes mn beseitigt werden, weil er den Arbeitgebern eine Ausnahme⸗ len giebt. Der Arbeitgeber soll nach diesem Paragraphen für den Schaden, den er durch vertragswidriges Handeln an dem Körper, der Gesundheit eines Menschen verursacht hatz nur haften, wenn er dabei eine strafbare Handlung begangen hat. Dadurch wird der gesammte Schadenersatzanspruch der Arbeiter auf das ernstlichste gefährdet. Diese Vorschrift bringt die Arbeiter um J ihrer berechtigten Ansprüche. Wollten wir hier auf die versprochene Novelle zum Unfallgesetz warten, so könnten wir lange warten. Die Arbeiter haben auf den zivilrecht⸗ lichen , . wie alle anderen Staatsbürger, und deshalb nah diese Materie auch im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt werden. Ich bitte Sie um Annahme aller unserer Anträge.
Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe⸗Schillingsfürst:
Meine Herren! Zu dem sogenannten Nothvereinsgesetz⸗Para—⸗ graphen, von dem soeben der Herr Vorredner gesprochen hat, muß ich erklären, daß der Bundesrath darüber Beschluß noch nicht gefaßt hat. Ich glaube, es ist auch gar nicht nothwendig. Ich möchte Ihnen rathen, die Einfügung einer Bestimmung in das Bürgerliche Gesetzbuch, wie sie der Antrag des Abg. Auer in Aussicht nimmt, nicht zu beschließen. ;
Die Annahme des Antrags empfiehlt sich zunächst aus der Er⸗ wägung nicht, daß die vorgeschlagene Bestimmung einen öffentlich⸗ rechtlichen Charakter hat, während sich die Vorschriften des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs auf dem Gebiete des Privatrechts bewegen.
Ueberdies aber ist die Aufnahme einer Bestimmung, welche den politischen Vereinen gestattet, mit einander in Verbindung zu treten, in dieses Gesetz entbehrlich. Wie bereits bei der dritten Berathung des sogenannten Nothvereinsgesetzes vom Bundesrathstisch aus er⸗ klärt worden ist, besteht die begründete Zuversicht, daß das in den ver⸗ schiedenen Bundesstaaten für politische Vereine erlassene Verbot, mit
anderen Vereinen in Verbindung zu treten, außer Wirksamkeit werde
gesetzt werden.
Ich kann auf Grund der inzwischen unter den betheiligten Re— gierungen gepflogenen Erörterungen diese Erklärung dahin ergůnzen, daß es in der Absicht dieser Regierungen liegt, die Beseitigung des durch das Verbot geschaffenen Rechtszustandes herbeizuführen. Ge— schieht dies aber — und ich zweifle nicht daran, daß es geschehen wird — so wird es in Zukunft auch in den gegenwärtig noch unter dem Verbot stehenden Staaten zulässig sein, daß die politischen Vereine unter einander in Verbindung treten, und zwar wird dieser Erfolg unter allen Umständen früher eintreten, als dies durch eine Aufnahme dez Antrags Auer in das Bürgerliche Gesetzbuch der Fall sein würde, weil das letztere erst mit dem Beginn des nächsten Jahrhunderts in Geltung gesetzt werden soll. (Bravo)
Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Nach der Erklärung des Reichskanzlerz werden wir nicht für die Aufnahme dieser Bestimmung in das Ein— i , sprechen. Der Reichskanzler hat zutreffend darauf hin ⸗ gewiesen, daß die Bestimmungen Über das Vereintrecht dem öffent. lichen Rechte angehören und nicht in das Privatrecht gehören. Durch die Annahme des Reichstagsbeschlufsses würden wir . in den Besitz der Verbindungefreiheit für die Vereine gelangen, als durch die Annahme des sozialdemokratischen Antrags.
Abg. Haußmann (d. Volksp.): Dem Grundsatz, daß öffentliches Recht nicht berührt werden solle, ist die Kommission nicht treu geblieben; sie hat zu Gunsten der Todten Hand die Genehmigung des Staats eingeschränkt. Da kann man bei dem viel wichtigeren Gebiet des Vereinsrechts wohl in derselben Weise vorgehen, und zwar nach den Erklärungen des Reiche kanzlers um so eher, als ja auch die Regierungen jetzt der Ansicht sind, daß das Verbot der Ver« bindung der Vereine untereinander materiell sich nicht mehr recht- fertigen läßt; denn der Reichskanzler hat schließlich doch nur eine allgemeine Revision der Landesgesetze zugesagt, und welche Resultate sich dabei ergeben und ob sie überhaupt zu stande kommen, daz wissen wir Alle nicht. Es wird aber zweckmäßig sein, den Antrag nicht zu bepacken mit dem zweiten Zusatz wegen der gewerkschaftlichen Vereine, den der Bundesrath vielleicht zum Grunde der Ablehnung des Antrages macht.
Abg. Froh me (Soz.): Die Erklärung des Reichskanzlers kann uns durchaus nicht befriedigen. Man spielt hier mit dem Begriff des öffentlichen und privaten Rechts und entscheidet ganz nach J lieben, ob eine Bestimmung aufgenommen werden soll oder nicht. Die Vereine der Arbeiter haben durchaus privatrechtlichen Charakter; sie wollen die persönlichen Interessen der Arbeiter fördern und gerade diese Vereine werden in einer Weise benachtheiligt, die durchaus nicht gerechtfertigt ist. Diese gewerkschaftlichen Vereine, ohne welche das Koalitionsrecht nicht besteht, müssen geschützt werden gegenüber der polizeilichen Praxis. Deshalb können wir den zweiten Absatz unseres Antrags nicht fallen lassen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boettich er:
Meine Herren! Ich bitte Sie, entgegen der Aufforderung des Herrn Vorredners, dem Antrag Auer keine Folge zu geben. Ich bin der Meinung, daß die von dem Herrn Reichskanzler abgegebene Er— klärung eine rechtlich und politisch unanfechtbare ist. Der Herr Abg. Haußmann hat zwar gemeint, daß die einzig würdige Art, um dem auf dem Gebiet des Vereinswesens augenblicklich be⸗ stehenden und anerkannten Mißstande abzuhelfen, die Beschreitung des Weges der Reichsgesetzgebung sei. Ich weiß nicht, ob der Herr Abgeordnete meine Ausführungen, die ich bei der dritten Lesung des Antrags auf Annahme eines Reichs⸗Vereinsgesetzes vorgebracht habe, angehört hat. Wenn er anwesend gewesen wäre, würde er gehört haben, daß, nachdem die Rechtslage in Deutschland sich so entwickelt hat, daß das Vereinsrecht auf der Partikulargesetzgebung beruht, und nachdem eine Uebereinstimmung der verbündeten Regie⸗ rungen dahin, daß der Weg der Reichsgesetzgebung, der ja an sich nach dem Art. 4 der Verfassung zulässig wäre, gegenwärtig beschritten werden soll, zur Zeit nicht herbeigeführt worden ist, nichts übrig bleibt, alt die nothwendige Korrektur auf dem Gebiet der Landesgesetzgebung vorzunehmen. Und, meine Herren, nach dem Meinungsaustausch, der unter den verbündeten Regierungen vorgenommen ist, sehe ich auch vom Standpunkt der Herren, die eine schleunige Beseitigung des Ver⸗ bots, wie es im § 8 des preußischen Vereinsgesetzes enthalten ist, wünschen, durchaus keinen Grund zur Besorgniß. Die Regierungen aller Bundesstaaten, für welche solche Verbote — sie sind nicht alle übereinstimmend — bestehen, haben sich sämmtlich anheischig gemacht, das Verbot außer Wirksamkeit zu setzen. Also sie werden die erforderlichen Schritte dazu thun, daß ein Zustand herbeigeführt wird, wonach künftig die Vereine unter einander in Verbindung treten können.
Nun liegt die Sache ja nicht so, wie der Herr Abg. Haußmann anzunehmen scheint, daß es sich hier um sämmtliche Regierungen handelt und um die Sorge, daß auch rücksichtlich der Verbindung der Vereine unter einander nun von neuem ein verschiedenartiger Rechtt⸗ zustand in Deutschland eintreten möchte. Einmal handelt es sich nur um 12 deutsche Staaten, in denen ein solches Verbot besteht, sodann aber haben sich gerade die Regierungen dieser 12 Einzelstaaten bereit er⸗ klärt, auf die Beseitigung des Verbots hinzuwirken.
Wenn schließlich erwogen wird, daß das Verbot nach dieser Bereitschaft der Regierungen, sofort an die Arbeit zu gehen und etz zu beseitigen, doch in absehbarer Zeit außer Wirksamkeit gesetzt werden wird, wenn andererseits die Aufnahme des Antrags Auer in das Bürgerliche Gesetzbuch es herbeiführen würde, daß die Aufhebung des Verbots erst mit dem Jahre 1900 eintritt, so kann auch vom Stand⸗ punkt des Herrn Abg. Haußmann meines Erachtens gar kein Zweifel darüber sein, daß es vorzuziehen ist, den Weg zu gehen, den der Herr Reichskanzler in seiner Erklärung angedeutet hat.
Was den zweiten Antrag des Herrn Abg. Auer anlangt, von dem ich übrigens nicht annehme, daß er einen großen Beifall in dieser Versammlung findet, so irrt der Herr Abg. Frohme, wenn er meint, daß es sich hier um privatrechtliche Verhältnisse handelt. Es handelt sich um die Abänderung einer Vorschrift der Gewerbeordnung, um die Abänderung gewerbepolizeilicher Bestimmungen, und überdies ist dabei zu berücksichtigen, daß Vereine, die auf die Herbeiführung besserer Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen gerichtet sind, bisher als öffentliche Vereine und nicht als Priwatvereine angesehen sind. Es ergiebt sic dies zweifellos aus ibrem Charakter, und ich würde es ebenso für unrichtig halten, den Absatz 2 des Antrags Auer in das Bürgerliche Gesetzbuch hineinzubringen, welches eben lediglich das Privatrecht regelt, wie ich es für unrichtig halte, den Absatz 1 in dat Gesetzbuch aufzunehmen. .
Ich kann also nur dringend bitten, meine Herren, daß Sie den Antrag Auer ablehnen.
Abg. Freiherr von Stumm
des sozlaldemokratischen Antrags seine politischen Freunde gegen das
ganze Gesetz stimmen würden.
die auch
erklärt, daß bei Annahm⸗
Abg. Freiherr von Manteuffel (d. kons.): Der erste Theil des Antra ö ist durch die Erklärung der verbündeten n n, n, t. Bel Annahme des zweiten Theils würden wir gegen das Bürgerliche Hhefetzbuch stimmen müssen.
. Dr, van Bennigsen Die Freunde der Beseitigung
des Verbotes der Verbindung der Vereine haben durchaus kein Intereffe, die Bedeutung der Erklärung deg Neichtkkanzlers herabzumindern. Wir können feststellen, daß für die Beseitigung des Verbots gesorgt wird. Wann und wie das geschieht, können wir nicht absehen; aber es wird viel früher geschehen als 1909. Wenn die Sache den gewünschten Verlauf nicht nimmt, dann wird man im Reichstag wiederholt für die Beseitigung des Verbots eintreten können. Die Antragsteller iauben selbst nicht, daß der erste Theil des Antrags in das Bürger sche Gesetzbuch gehört; sie wollten nur die Regierung zwingen, zwischen der zweiten und dritten Lesung des Bürgerlichen Gefetzbücht die Frage zu erledigen, Es handelt sich also nicht um einen sachlichen, sondern um einen taktischen Antrag. Deshalb muß der Antrag in hieser Gestalt abgelehnt werden.
Abg. Haußmgnn: Beim Wahlgesetz hat man die Wahlver⸗ ammlungen dem Vereinsrecht der Einzelstaͤaten entjogen. Die Frage 5 Vereingrechts berührt auch nicht nur die Landesgesetzgebung, sondern auch die , soweit die Vereine ö das Gebiet eines Einzelstaates hingus in Verbindung treten wollen. Wenn wir sehen, daß so einflußreiche Personen wie Freiherr von Stumm
dagegen erklären, dann können wir nicht erwarten, daß die Sache ehr schnell erledigt wird. Es sind manche Zusagen gegeben, aber uicht gehalten worden. Die Steuerbegünstigungen der . sind immer noch nicht abgeschafft worden, trotzdem es vor 21 Jahren ver⸗ sprochen wurde. Deshalb haben wir allen Grund dazu, den Antrag in das Einführungsgesetz aufzunehmen.
Abg. Freiherr von Manteuffel; Ich habe ausdrücklich erklärt, daß der erste Theil des sozialdemokratischen Antrages hinfällig ge— worden ist; bezüglich des zweiten Theils habe ich erklärt, daß mit diesem Antrage das Einführungsgesetz unannehmbar würde.
Abg. Freiherr von Stumm: Herr n, hat mich au . Für die Beseitigung des Verbots habe ich mich au erklart. .
Abg. Stadthagen: Daß die Konservativen wegen des zweiten Thelles des Antrageß gegen dag ir. Gesetzbuch stimmen würden, ist für uns eine sehr werthvolle Erklärung. Was verlangen wir denn? Daß die re, , . Vereine keinen landesgesetz⸗ lichen Vorschriften unterworfen werden. Wollen Sie reichsgesetzliche Vorschriften, so setzen Sie dieselben im Reichstag durch. Sie werden nicht so ausfallen wie in den Einzelstaaten. Aber man will nicht ein Reich und ein Recht“. Deshalb bitte ich ausdrücklich, den zweiten Theil des Antrags anzunehmen. Es liegt ung nichts daran, ob Sie für oder gegen das Bürgerliche Gesetzbuch sätimmen. Es soll sich um die Gewerbeyolizei handeln. Bei Miethsverträgen bestimmt die
ollzei auch die Umzugszeiten; bleibt deswegen das Miethsrecht nicht
rivatrecht? Das Privatrecht muß sich zum großen Theil decken mit dem öffentlichen Recht. Das Eheschließungs⸗ und Ehescheidungsrecht, die Todeserklärung und solche Dinge gehören alle zum öffentlichen Recht. Die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Recht ist flüssig. Die 961 des Reichskanzlers ist nicht genügend. Der Apparat der Landesge n soll in Bewegung gesetzt werden. Wenn innerhalb Jahresfrist seine Zusage sich nicht erfüllt hat, soll dann die da ge , , eintreten? Soll die Landesgesetzgebung sich bloß auf die Beseitigung des Verbots beschränken und wird man nicht in den einzelnen Landtagen noch andere Dinge regeln? Dabei würden die Arbeiter wahrscheinlich ihrer Rechte noch mehr beraubt werden, und dann nützt uns die Sache nichts. Deshalb ist ein Reichsgesetz nothwendig.
Alle drei Anträge werden abgelehnt.
Die Sozialdemokraten beantragen ferner, diejenigen landesgesetzlichen privatrechtlichen Bestimmungen, welche auf⸗ recht erhalten werden sollen, im Einführungs . ausdrücklich
J e sie wollen ferner verschiedene Artikel des Ein⸗
rungsgesetzes, betreffend die Stellung der regierenden und
f ö ehemaligen reichsunmittelbaren Haͤuser, betreffend die Fideikommisse, das Erbpachtrecht und betreffend die Landgüter⸗
ordnung und das Anerbenrecht, gestrichen wissen.
Die Anträge werden sämmtlich abgelehnt.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.) beantragt, einen neuen Art. Ha, wonach das Reichsgericht als letzte Instanz in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des Art. 8 hes Einführungs⸗ gesetzes zum Gerichtsvoerfassungsgesetze an die Stelle der par⸗ likularen Ober⸗Landesgerichte freten soll. Redner hofft, daß auch Bayern diesem Antrage zustimmen werde.
Der Bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Gesandte Graf von Lerchenfeld⸗Köfering erklärt, daß die bayerische Regierung dem Art. Ha, wenn er vom Reichstage angenommen sei, ihre Zu⸗ stimmung geben würde.
Art. Ha wird mit großer Mehrheit angenommen. Abg. Dr. Lieber beantragt ferner zum Art. 55, daß nicht nur bezüglich der Landesherren und der landesherrlichen Familien, sondern auch bezüglich der hannoverschen, kurhessischen und nassauischen Fürstenhäuser das Bürgerliche Gesetzbuch nur gelten soll, soweit nicht Hausverfassungen und Landesgesetze andere Bestimmungen enthielten.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:
Ich will nur namens der verbündeten Regierungen erklären, daß der Antrag Lieber durchaus im Sinne der Vorlage liegt und, wenn Sie ihn annehmen, waz ich befürworte, damit eine wünschenswerthe Klarstellung der Absicht des Gesetzes herbeigeführt werden wird.
Der Antrag wird angenommen.
Die Abgg. Freiherr von Manteuffel und Ge⸗ nossen beantragen, einen neuen Art. 59a einzuschalten, wongch die landesgesetzlichen Vorschriften über die bestehenden ie haftichen und ritterschaftlichen Kreditanstalten unberührt
n.
Staatssekretär des Reichs-Justizamts Nieberding:
Ich gestatte mir, zum Antrage Freiherr von Manteuffel eine Erklãrung abzugeben, bevor der Herr Antragsteller selbst seine Wünsche begründet hat.
Aus gelegentlichen Unterhaltungen über den Gegenstand dieses Antrags habe ich den Eindruck gewonnen, daß über Tragweite und Absicht der Vorlage in diesem Punkt nicht volle Klarheit besteht. Es it vielleicht auch für das Urtheil des Hauses über diesen Antrag von einiger Erheblichkeit, wenn ich hier die Sache klarstelle. Wag die derren Antragsteller bezielen, ist, soviel ich erkannt habe, Folgendes: Sie wollen die landschaftlichen und ritterschaftlichen Kredit- institute, die zur Zeit bestehen oder bis zum Inkrafttreten . Bürgerlichen Gesetzbuchs noch errichtet werden sollen, sicher stellen ahin, daß ihr gegenwärtiger rechtlicher Besitzstand, wie ihre gegen. wärtige Organisatlon ihn darstellt, und daß auch die weltere Ent⸗
kkelung dieser Organisation unberührt bleiben von den BVestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Wenn dies und nur dies die Absicht der Herren Antragsteller ist, so ist vom Standpunkte der verbündeten Regierungen er zu billigen. Diese Absicht liegt aber schon in den Worten des * urfe autgesprochen. Indem der Entwurf in dem Art. 167 aus- e,, sagt, daß die landeggesetzlichen Vorschriften über die land=
aftlichen und ritterschaftlichen Kreditinstitute aufrecht erhalten
bleiben, garantiert er diesen Instituten den Fortbestand, unberührt von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Indem das Einführungsgesetz ferner im Art. 27 ausspricht, daß die landesgesetzlichen Vorschriften, die in dem betreffenden Abschnitt des Einführungsgesetzes aufrecht erhalten sind, in Zukunft nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf dem Wege der Landesgesetzgebung wieder geändert werden dürfen, garantiert das Gesetz den betreffenden Instituten die weitere Ent⸗ wickelung ihrer Organisation, den Ausbau ihrer Grundsätze, unberührt von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Nun spricht der Art. Al7 allerdings nur davon, daß es zulässig sein soll, die landesgesetzlichen Vorschriften auf dem Wege der Landeg« gesetzgebung abzuändern und weiter zu bilden, und es könnte fraglich erscheinen, ob denn auch solche Vorschriften des Partikularrechts darunter fallen, welche nicht als eigentliches Gesetz, sondern als Verordnung oder Erlaß des Landesherrn oder als sonstige Rechtsnormen erscheinen. Das ist von praktischer Wichtigkeit gerade für die landschaftlichen In- stitute in Preußen, weil deren Organisationsbestimmungen ergehen auf dem Wege Allerhöchster Erlasse. Aber auch nach dieser Richtung kann kein Zweifel bestehen. Denn der Art. 2 des Einführungsgesetzes, dem Sie Ihre Zustimmung bereits gegeben haben, sagt ausdrücklich, daß Gesetz im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine jede Rechts- norm ist. Folglich fallen unter die vorbehaltenen gesetz⸗ lichen Bestimmungen des Art. 7 auch diejenigen Rechtsnormen, vermöge deren die ritterschaftlichen und landschaftlichen Kreditinstitute in Preußen sich weiter entwickeln könnnen.
Daraus folgere ich, daß diese Institute von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vollständig unberührt bleiben und daß das, was die Herren Antragsteller mit ihrem Antrage erreichen wollen, bereits jetzt schon auf Grund der Bestimmungen des Entwurfs, wie sie vorliegen, erreicht wird.
Unter den Umständen kann ich nur bitten, daß Sie Ihre Stimme abgeben zu Gunsten des Entwurfs und gegen den Antrag.
9 n von Staudy zieht nach dieser Erklärung den Antrag rũck.
Gegen den Artikel 60, welcher die Ansiedelungsgesetz ge bun . will, legt 9 t gehe !
Abg. Cegielski ole) Protest ein, we a — Deutf h n . ie . fan . . V
Gegen die Stimmen der Polen und des Zentrums wird Artikel 60 angenommen.
Artikel 6; will das Bergrecht von dem Bürgerlichen Gesetzbuch ausnehmen.
Die Sozialdemokraten beantragen dagegen, auf die Bergarbeiter das Bürgerliche Gesetzbuch und die Bestim⸗ mungen der Gewerbeordnung über die gewerblichen Arbeiter (88 105 - 153) anzuwenden.
Abg. Möller ⸗Waldenburg (Soz) e . Die . seien früher gem ern , far Tut fg, Stellung soweit herabgesunken, daß sie befriedigt sein würden, wenn sie unter die Schutzbestimmungen der Gewerbeordnung fielen.
Der Antrag wird abgelehnt.
Zu Art. 86, betreffend die Zuwendungen an die Todte Hand, liegt ein Antrag des Zentrums vor, daß Zuwendungen unter 5000 SJ (die Kommission hatte beschlossen 3000 9, entsprechend dem preußischen Gesetz) der Genehmigung nicht bedürfen sollen.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:
Meine Herren! Der Beschluß Ihrer Kommission, nach welchem nur solche Zuwendungen an die Todte Hand, die 3000 A übersteigen, der Genehmigung bedürfen, Zuwendungen, die unter diesem Betrag bleiben, aber nicht genehmigungspflichtig sind, stammt aus der preußischen Gesetzgebung. Die preußische Gesetzgebung hat bereits seit dem Jahre 1833 die Grenze gejogen, daß nur Zuwendungen, die den Werth von 1000 Thalern überschritten, der Genehmigung bedürften, daß aber Zuwendungen unter diesem Betrage genehmigungsfrei sind.
Nun muß ich dem Herrn Antragsteller darin Recht geben, daß die Werthgrenze, die im Jahre 1833 in der preußischen Gesetz⸗ gebung gezogen wurde, mit Rücksicht auf die veränderten Preig⸗ verhältnisse des Geldes heute dieselbe Bedeutung nicht mehr bat und daß die Rücksichten, die im Jahre 1833 der preußischen Regierung es für zulässig erscheinen ließen, die Grenze der genehmigungspflichtigen Zuwendungen auf 10090 Thaler festzusetzen, jetzt wohl dahin führen könnte, die Grenze etwas höher hinaufzuschieben. Die Herren Antragsteller haben aus diesen Erwägungen heraus die Grenze bis 5000 AM angenommen. Die Königlich preußische Regierung hat kein Bedenken, diese Ab—⸗ grenzung zu aeceptieren, indem sie davon ausgeht, daß durch diese neue Abgrenzung im wesentlichen der materielle Rechtszustand aufrechterhalten wird, wie er 1833 in Preußen konstituiert wurde. Ich kann für die übrigen Bundesregierungen eine gleiche Erklärung nicht abgeben. In einem Theile der Bundesstaaten bestehen derartige Beschrän⸗ kungen überhaupt nicht, und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese auch dem Antrag der Herren vom Zentrum zustimmen werden. In anderen Bundesstaaten bestehen dagegen viel weitergehende Be⸗ schränkungen, als sie bisher in Preußen bestanden haben, und ich muß diesen hohen Regierungen ihre Stellungnahme vorbehalten. Nach meiner persönlichen Meinung kann das hohe Haus den Antrag an⸗ nehmen, ohne daß daraus eine entscheidende Erschwerung für das Bürgerliche Gesetzbuch entsteht.
Abg. Dr. von Bennigsen erklärt sich nach dieser Erklärung für den Antrag. Art. 86 wird mit diesem Antrag angenommen. Ein e nn der Sozialdemokraten zu Art. 94 wonach die Pfandleiher nicht mehr als 8 Proz. Zinsen nehmen dürfen, wird abgelehnt. Zu Art. 95, welcher bezüglich des Gesindes die Landeg⸗ erf, un aufrecht erhält, beantragt Abg. Stadthagen die treichung; wenn diese nicht erfolge, 6 werde den Sozial⸗ demokraten damit ein gutes Agitationsmittel gegeben. Art. 95 wird angenommen.
Zum Art. 134 liegt ein Antrag der Sozialdemokraten vor, daß über die Zwangserziehung die landesgesetzlichen Be⸗ timmungen aufrecht erhalten werden ar; die Zwangserziehung oll aber nur zugelassen werden auf Grund der Vorschriften es Bürgerlichen Ge it uch d. — nach den Beschlüssen der zweiten Lesung, wenn ein Perschulden der Eltern vorliegt. Ein Antrag des . Grö , , will eine Zwangs⸗ fee g . inder auch zugelassen wissen, wenn der Inhaber der väterlichen Gewalt damit einverstanden ist. Abg. Dr. Osann (nl erklärt sich im Interesse der Landeg⸗
gesetzgebungen gegen diesen Antrag, den
Abg. röber mit dem Interesse des elterl Rechts auf Ad u der Kinder ed res s 2
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Nieberding:
Wir Vertreter der Regierungen sind schmerzlich davon berührt gewesen, daß die Kommisston in dem S 1663 des Bürgerlichen Gesetz. buchs derjenigen Bestimmung nicht zugestimmt hat, die dem Vor⸗ mundschafte gericht die Möglichkeit geben sollte, verwahrloste Kinder auch in denjenigen Fällen der Zwangzerziehung zu überweisen, in welchen von einem Verschulden der Eltern keine Rede sein kann. Wir waren der Meinung, daß es für die Frage der Zwangserziehung doch weniger darauf ankomme, wo die Schuld und die Ursache der Verwahrlosung der Kinder zu suchen ist, als vielmehr auf die Thatsache, daß die Kinder verwahrlost sind, daß ein öffentliches Interesse für ihre Besserung im Wege staatlicher Fürsorge vorhanden ist. Um so mehr haben wir uns gefreut, als in der zweiten Lesung der Kommission doch soweit eine Annäherung an den Standpunkt der verbündeten Re⸗ gierungen erfolgte, als dort beschlossen wurde, wenigstens der Landesgesetzgebung die Möglichkeit zu bieten, über die Grenzen, die das Bürgerliche Gesetzbuch zieht, hinaus auch in den jenigen Fällen die Zwangserziehung verfügen zu lassen, in welchen ein Verschulden der Eltern oder vielmehr des Vaters nicht vorliegt. Ich gebe dem Herrn Abg. Gröber darin vollständig Recht, daß der Beschluß, der in dieser Beziehung zum Einführungsgesetz von der Kommission gefaßt wurde, die Grenzen für die Befugnisse, die der Landesgesetzgebung übertragen werden sollten, etwas weit gefaßt hat. Aber, meine Herren, wenn das auch der Fall ist, so hätte vielleicht die Veran⸗ lassunng vorgelegen, in dem Beschluß der Kommission nach dieser Richtung hin eine Korrektur eintreten zu lassen, nicht aber, wie der erste Antrag Gröber dies wollte, das landesgesetzliche Recht, die Zwangserziehung der Kinder über den Rahmen des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinaus anzuordnen, ganz zu beseitigen. Dieser Antrag würde dahin geführt haben, daß in solchen Staaten, in welchen man bereits jetzt die Zwanggerziehung verwahrloster Kinder im Wege des Landesrechtß geordnet hat, eine weitreichende Zerrüttung der dafür geschaffenen Einrichtungen zu besorgen gewesen wäre. Nun mag man über diese Einrichtungen in den einzelnen Staaten noch soviel Klagen nach der einen oder anderen Richtung zu erheben berechtigt sein, die Klagen werden doch immer nur einzelne Beziehungen berühren, im Großen und Ganzen wird man trotzdem zugeben müssen, daß die Einrichtungen zur Zwangserziehung, die auf Grund der landesrechtlichen Vorschriften getroffen worden sind, segensreich wirken. Nun hat der Herr Abg. Gröber ja nachträglich seinen Antrag geändert in einer Weise, die in gewissen, allerdings recht eng gezogenen Grenzen es der Landesgesetzgebung ermöglichen soll, eine Zwangserziehung auch dort eintreten zu lassen, wo das Bürgerliche Gesetzbuch nach den Be—⸗ schlüssen der Kommission sie nicht gestattet. Es werden in diesem Antrage zunächst die thatsächlichen Voraussetzungen, unter denen das Kind sich befinden muß, sehr scharf begrenzt. Es wird zweitens an jede Anordnung der Zwangserziehung die Bedingung ge—⸗ knüpft, daß die Zustimmung des Inhabers der elterlichen Gewalt dazu gegeben ist. Es ist nicht zu verkennen, daß in diesen Maßgaben eine starke Einschränkung derjenigen Befugnisse liegt, welche durch den Beschluß Ihrer Kommission den Landesgesetz. gebungen vorbehalten bleiben sollten. Vom Standpunkte der ver⸗ bündeten Regierungen aus kann ich deshalb prinzipaliter nur den Wunsch aussprechen, daß es dem hohen Hause belieben möge, beim Vorschlag Ihrer Kommission es zu belassen. Die verbündeten Re—⸗ gierungen werden bei der dritten Lesung darauf nicht zurückkommen auf den Vorschlag, in das Bürgerliche Gesetzbuch selbst Bestimmungen mit erweiterten Befugnissen für den Vormundschaftsrichter aufzunehmen. Aber den Wunsch können wir nicht unterdrücken, daß doch der Landes- gesetzgebung nach dieser Richtung hin diejenige Freiheit in Zukunft erhalten bleiben möge, die ihr bisher — wie ich glaube, im Großen und Ganzen zum Segen der betheiligten Interessen — gewährt gewesen ist. Daß der jetzige Antrag Gröber ein Entgegenkommen enthält, erkenne ich wiederholt an, und es ist auch richtig, daß er sich im Ganzen, nicht vollständig, mit der Gesetzgebung deckt, die gegenwärtig in den Reichslanden besteht. Ich will nicht leugnen, daß, wenn nichts Anderes zu erreichen ist, die Regierungen noch schließlich hiermit zur Noth vorlieb nehmen können, und daß dasjenige, was in dem Antrag ge—⸗ boten wird, noch immer besser ist als das Nichts, was die Kommission in ihrem Beschluß erster Lesung statuiert hatte. Selbstverständlich vermag ich eine abschließende Erklärung zu diesem erst vor wenigen Augenblicken in meine Hände gekommenen Antrag namens der ver⸗ bündeten Regierungen nicht abzugeben; ich meine aber: es ist das Aeußerste, was die verbündeten Regierungen würden konzedieren können, wenn das Haus sich nicht bestimmen lassen sollte, zu dem Vorschlag der Kommission zurückzukehren. Darin trete ich dem Herrn Antrag-⸗ steller bei, daß, wenngleich auf der einen Seite in der Förderung, daß der Inhaber der elterlichen Gewalt die Zustimmung zur Anordnung der Zwangserziehung gegeben haben muß, eine für die Verwaltung sehr fühlbare Beschränkung liegt, auf der anderen Seite doch eine für die praktische Verwaltung nicht zu unterschätzende Konzession darin zu finden ist, daß die einmal gegebene Zustimmung des Inhabers der väter⸗ lichen Gewalt nicht wieder zurückgenommen werden kann. Damit! At die Verwaltung die erwünschte Selbständigkeit gegenüber den Launen und wechselnden Willenserklärungen des Vaters, — eine Selbständig⸗ keit, die sie haben muß, wenn sie in der That mit Segen und Erfolg die Erziehung des Kindes durchführen soll.
Ich resümiere mich also dahin, meine Herren, daß ich es vom Standpunkt der verbündeten Regierungen am liebsten sehen würde, wenn Sie es bei dem Beschluß Ihrer Kommission lassen wollten, daß aber nach meiner persönlichen Meinung aus der Annahme des berichtigten Antrags Gröber ein entscheidendes Hinderniß für das Ge setzbuch nicht erwachsen wird.
R . Dr. von Buchka und Dr. Enneceerus balten den Antrag Gröber nicht ö weitgehend genug. Die n
ttlich verwahrloster Kinder würde dadurch von dem Beli der 26 abhängig gemacht. ;
Der Antrag Gröber wird mit einer Aenderung 2 angenommen, daß zur an,,
die , der Eltern nicht erforderlich sein soll, wenn sie nothwendig ist zur Verhütung des völligen ichen derbeng des Kindes.
Die übrigen Artikel des Einführungagesetzes werden ohne Debatte gene 4
Damit ist die zweite Berathung beendet.
Die Berathung der vorliegenden Resolutionen wird auf
Antrag des Abg. iherrn von Stumm big dritten Lesung zurückgeste . ö 7