1896 / 160 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Jul 1896 18:00:01 GMT) scan diff

chu kasse kann sich in einen den ern der Obligationen über die ahlung. nicht einla en

Formulare zu den Quittungen werden von sämmtlichen obengedachten Kassen . verabfolgt. K . Here den 1. Juli 1856.

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

von Hoffmann.

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Abgereist:

Seine Excellenz der Minister für Landwirthschaft, Do⸗ mänen und Forsten Freiherr von Hammerstein⸗Loxten und der Direktor im Ministerium für Landwirthschaft, Do⸗ mänen und Forsten, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗-Rath Sterneberg, nach Pommern.

Angekommen:

der Ministerial⸗Direktor im Ministerium für Handel und Gewerbe von Wendt.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. Juli.

Seine Majestät der Kaiser und König kehrten, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag um 4 Uhr von der Excursion nach deni Lonvoss und dem Espelandvoss an Bord der „Hohenzollern“ zurück und nahmen sodann Vorträge entgegen.

Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen und die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr, für das Seewesen und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

orsten

Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und ke rla

hat den Landwirthschaftskammern nachstehenden zugehen lassen:

Die gesetzlich den Landwirthschaftskammern übertragene Mit wirkung bei der Organisation des ländlichen Kredit wesens umschließt schwierlge, aber auch hochbedeutsame Aufgaben.

.

Es ist bekannt, wie im Laufe des Jahrhunderts die Anschauungen über den Werth und die Bedeutung des Kredits für die Landwirth⸗ schaft und die daraus sich ergebenden Aufgaben und giele des ländlichen Kreditwesens gewechselt . und wie, je nach den wirthschaftlichen Bedürfnissen der einzelnen Perioden und der verschiedenen Besitzgruppen, bald der Wunsch nach möglichster Erweiterung des Kredits und entsprechender Heranziehung 636 Kapitalien, bald das entgegengesetzte Bestreben sich geltend gemacht haben. Als Ergebniß der seitherigen Entwickelun stell sich dar eine zunehmende, vielfach zu bedenklicher **ke gestiegene Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes, deren Anwachsen . in dem gestiegenen Werth der ,,. keine genügende Ausgleichung mehr findet und durch die die Wirkungen der allgemeinen landwirth⸗ schaftlichen Depression in gefahrdrohendem Maße verschärft werden. Die Quellen der junehmenden unproduktiven Verschuldung liegen auf verschiedenen Gebieten: im Erbgang, in dem mit dem Steigen der Güterpreise verbundenen Anwachsen der Kaufgelderrückstände, seit neuerer Zeit auch in der Nothlage vieler Besitzer, die zur Aufrecht⸗ erhaltung der Wirthschaft auf die stärkere Anspannung des Realkredits angewiesen sind. Die Bekämpfung dieser Ursachen der Verschuldunz, namentlich die Maßnahmen zur Hebung der allgemeinen Lage der Landwirthschaft, gehen zum theil über den Rahmen der Kredit organisation hinaus. Mit aller Bestimmtheit muß aber darauf hin⸗ . werden, wie die bloße Steigerung der landwirthschaftlichen

entabilität und ein dadurch herbeigeführter Aufschwung der Land. wirthschaft zwar den jetzigen hochverschuldeten Besitzern zu gute kommen, gber keinerlei Gewähr gegen die Wiederkehr ähnlich gefahr⸗ voller Zustände in künftigen Generationen darbieten würde.

Demgemäß mehren sich die Stimmen, welche grundsätzliche Reformen deg Agrarrechts, in Verbindung mit Maßnahmen zur all mählichen Beseitigung der vorhandenen Ueberschuldung, als erforderlich bezeichnen. Ich brauche in dieser Hinsicht nur Bejug zu nehmen.

auf die Beschlüsse des Reichstags wegen Einführung des Heimstättenrechts,

auf die Verhanz lungen der von meinem Herrn Amtsvorgänger im Jahre 1894 einberufenen Agrarkonferenz, ;

auf die auf allgemeine Einführung des Anerbenrechts, Um— wandlung der Hypotheken und Grundschulden in amortisable Rentenschulden und lee ch Einschränkung der Realver⸗ schuldung gerichtete Resolution detz Herrenhausetz vom 28. Februar 1896,

endlich auf die im Jahre 1893 von der österreichischen Regie⸗ rung vorgelegten Gesetzentwürfe, betreffend die Errichtung von Berufsgenossenschaften der Landwirthe und die Er⸗ richtung von Rentengütern.

Auch kann die Thatsache nicht übersehen werden, daß bereits bie Preußische Gesetzgebung, wenngleich mit absichtlicher Be— schränkung auf eine bestimmte Gruppe von HBefitzungen, bie Renten und Ansiedelungsgüter, dazu übergegangen ist, für die Verschuldung aus dem ersten Besitzerwerb und aus der Intestat— erbfolge die kündbare Hypothek durch eine unkündbare amortisable Rentenschuld zu ersetzen.

Der Kernpunkt der weiter gehenden Reformworschläge liegt in der Einführung einer gesetzlichen Verschuldungebeschränkung, mag dieselbe als feststehend oder in der Weise gedacht sein, daß die Hefe fee des ländlichen Realkredits ausschließlich öffentlichen, Amortifatlong— kredit gewährenden Instituten übertragen wird. Der jetzige Zu— stand der unheschränkten Verschuldharkeit besteht für den weitaus größten Theil der ländlichen Besitzungen in den älteren und neueren Provinzen erst seit wenigen Generationen, zum theil seit noch neuerer Zeit. ie in, diesem verhältnißmäßig kurzen . angewachsene gewaltige Höhe der Grundyerschuldung äßt in der That die Frage nicht unterdrücken, ob der bestehende Zu⸗ stand auf die Dauer aufrecht zu erhalten sein wird und ob nicht die vom Standpunkte des Individuums aus erwünschte und nach manchen . hin auch sonst vortheilhaft wirkende unbeschränkte Freiheit in der Verschuldung des Grund und Bodens überwiegende Schäden und Gefahren anderer Art für das Staatsganze und den Grundbesitz in seiner Gesammtheit zur Folge hat.

ch sehe davon ab, meinerseits zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Für den Augenblick ist schon durch die bedrängte Lage der Landwirthschaft eine wesentliche Einschränkung des Realkredits aus= geschlossen, da hierdurch zahlreiche Cxistenzen wirthschaftlich gefährdet werden würden. Aber auch abgesehen hiervon, erscheint die Frage noch nicht spruchreif, da die . der Landwirthe selbst bisher zu wenig geklärt sind. Agrar⸗Reformen dieser Art, welche mit den her⸗ ebrachten Anschauungen stark in Widerspruch treten, sind aber im taatsleben nicht aus theoretischen Erwägungen, sondern nur dadurch

a w g Probleme unter Berücksicht

gemacht.

e

evölkerung getragen werden. .

den Landwirthschafts kammern eine gesetzliche Ver⸗

, . , geschaffen ist, wird es ihnen obliegen, dahin en, 4

; zen rig daß e er wle n ucherzeugung der breiten He r rr liche . Nachdem in

gung der konkreten Verhältnisse in den Kreisen der Nächsthetheiligten gründlich und eingehend erörtert und die öffentlich gemachten Vorschläge nach allen Seiten hin dis kutiert und geprüft werden, um auf diese Weise allmählich eine Uebereinstimmung darüber zu gewinnen, ob und nach welchen Rich- ua. 16. grundsätzliche Reform des ländlichen Kreditwesens an⸗ zustreben

3.

Kaum minder wichtig als das Bisherige ist die Betheiligung der Landwirthschaftskammern bei denjenigen unmittelbar vrak⸗ tischen Aufgaben, die innerhalb der seitherigen Kredit⸗ organisation und ohne grundsätzliche Aenderungen der Gesetzgebung noch zu lösen sind. Bei Bearbeitung der Kreditangelegenheiten an der Zentralstelle ist der . einer zur Mitwirkung berufenen gesetzlichen Vertretung der Landwirthe mehrfach mit Bedauern empfunden worden. Das Bedürfniß für eine Mitwirkung der Kammern liegt vorzugsweise darin, daß die derschiedenen, neben einander innerhalb derselben Prehinz für den Real. und den Personalkredit wirkenden Organisa—= fionen, Landschaften, Provinzialhilfskassen, Sparkassen, Genossen⸗ schaften u. s. w., selbständig und von einander unabhängig sind, daher vielfach der nöthigen Fühlung entbehren, und daß ferner bei den nicht vom h, , h begründeten und verwalteten Organisationen, namentlich bei den Sparkassen, die besonderen Interessen der Land- wirthschaft nicht immer genügend berücksichtigt werden. Es erscheint daher als Aufgabe der Landwirthschaftskammern,

innerhalh ihrer Bezirke das ländliche Kreditwesen in der Ge⸗ sammtheit seiner Beziehungen zu pflegen, unter den identische oder doch verwandte Ziele verfolgenden Organisationen ein harmonisches zu vermitteln, dahin zu wirken, daß bei der Verwaltung der für den ländlichen Kredit vor⸗ handenen öffentlichen Anstalten und Einrichtungen die Inter . der Landwirthschaft voll zur Geltung gelangen, durch Berathung und geeignetenfalls auch durch Warnung die Land—⸗ wirthe auf die ihnen vortheilhaften Kreditquellen hinzuweisen und sie vor Ausbeutungen zu schützen.

Wenn es den Landwirthschaftskammern gelingen soll, auf diesem Wege allmählich eine wirklich führende Stellung sür die Gestaltung des ländlichen Kreditwesens ihres Bezirks zu gewinnen, so setzt das aller⸗ dings eine erhebliche und dauernde Arbeitsleistung voraus. Ich kann daher den Landwirthschaftskammern nur empfehlen, soweit das nicht schon geschehen, ständige Ausschüsse für die Bearbeitung der Kreditangelegenheiten einzusetzen, die sich alsdann behufs Beschaffung des zu ihrer dauernden Information erforderlichen Materials mit den für den betreffenden Bezirk hauptsächlich in Betracht kommenden öffentlichen und privaten Kreditinstituten in Verbindung zu setzen haben werden.

Ich besorge nicht, daß die bestehenden öffentlichen Kreditinstitute, denen gegenüber das Votum der Landwirthschaftskammer ja nur ein berathendes sein kann, sachgemäß begründeten Vorschlägen der gesetz,« lichen Vertretung der Landwirthschaft die gebührende Berücksichtigung versagen werden, jedenfalls wird sich die landwirthschaftliche Ver⸗ waltung die eingehendste Prüfung und geeignetenfalls die thunlichste Förderung der Anträge der Kammern angelegen sein lassen.

Nach dem Gesetze sind die Kammern auch befugt, die Begründung eigener Kreditorganisationen in die Hand zu nehmen. Bis auf weiteres scheint es mir nicht zweckmäßig, von dieser Befugniß Gebrauch zu machen, da die zahlreichen vorhandenen Organisationen, eventuell nach weiterer Ausgestaltunz, für das Bedürfniß genügen werden.

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Zur Berücksichtigung bei den nach 1 und IL vor zu— nehmenden Erwägungen und Maßnahmen empfehle ich endlich noch folgende gel punkte, die für die Behandlung der Kreditangelegenheiten in der landwirthschaftlichen Verwaltung schon seit längerer Zeit leitend gewesen sind:

I) Das Verhältniß des Real⸗ (Immobiliar⸗) Kredits zum Per⸗ sonalkredit ist zweckmäßig derart zu gestalten, daß der Personalkredit vorwiegend für vorübergehende Geldbedürfnisse benutzt wird. Denn der Persenalkredit erstreckt sich, wenigstens wo er geschaͤftsmäßig gewährt wird, immer nur auf verhältnißmäßig kurze Fristen und wird durch öfter wiederholte Prolongationen theurer als der Realkredit, ganz abgesehen davon, daß der Schuldner auf dauernde Prolongation keine sichere Aussicht hat. Die Bedeutung des Personalkredits für die Landwirthschaft ist gleichwohl eine große. Nicht bloß, daß unter den beutigen Verhältnissen und bei dem geringen Kapitalbesitz der meisten Landwirthe vorübergehende Anschaffungen von Betriebskapital für den Uebergang zu einer anderen Wirthschaftsart, zur Beschaffung künstlicher Dünger. und Futtermittel und für sonstige außerordentliche Be⸗ dürfnisse sehr häufig nöthig werden, sind die nicht grundangesessenen n ee. und die landwirthschaftlichen Arbeiter allein und die Besitzer der kleinen unselbständigen Ackernahrungen vorzugsweise auf den See en , angewiesen, da die Besitzungen letzterer Art wegen ihres geringen Reinertrags für die reale Beleihung regelmäßig eine sehr geringe Unterlage bieten. Dazu kommt nun aber, daß ein gewisser Theil auch der größeren Besitzer seinen legitimen Realkredit bereits erschöpft bat, und daß für den tüchtigen und vertrauenswerthen Wirth dieser Art die Eröffnung von Personal⸗ kredit das einzige Mittel bietet, um ihm über außerordentliche Un⸗ glücksfälle hinwegzuhelfen oder ihm einen neuen, noch lohnenden Wirthschaftszweig zu eröffnen. Diese Verhältnisse erklären es, daß die Entwickelung des landwirthschaftlichen Personalkredits, nament- lich die Bildung gon Kreditgenossenschaften in neuerer Zeit einen außerordentlichen Aufschwung genommen hat. Diese Entwickelung ist um so mehr zu begünstigen, als der Personalkredit in sich selbst einen sehr wirksamen Impuls zur Schuldentilgung bietet. So wird z. B. vielfach die Wahrnehmung gemacht, daß Besitzer, die mit Händlern in ständigem Geschäfteverkehr stehen, nach Kräften bemüht sind, die ihnen gewährten Vorschüsse herunterzuarbeiten, während, sobald die Forderung des Händlers erst im Grundbuch ein⸗ getragen ist, der Besitzer sich bald daran gewöhnt, diese Belastung als . feststehende zu betrachten.

2) Dem Bedürfniß des ländlichen Grundbesitzes entspricht eine Organisation des Grundkredits, durch welche dem Schuldner das benöthigte Kapital thunlichst billig, seitens des Gläubigers un—⸗ kündbar und in regelmäßigen Jahresleistungen allmählich rück⸗ zahlbar gewährt wird. Unter den hierfür bestehenden Organisationen nehmen die altbewährten ILandschaftlichen lritterschaftlichen) Kreditinstitute die erste Stelle ein. Auf der Selbst⸗ verwaltung des vereinigten Grundbesitzes berubend, tragen sie in sich die Gewähr, daß das Interesse des Grundbesitzes für die ganze Ge⸗ schäftsführung leitend ist, und daß sie namentlich den Kredit so billig

ewähren, als es die Geldmarktsverhältnisse gestatten. Neben den andschaften, und wo solche nicht vorhanden an ihrer Stelle, ge—⸗ währen unkündbaren Amortisationskredit die provinziellen (kommunalständischen) Kreditinstitute (Landesbanken, Proyvinzial⸗ hilfskassen, Landeskreditanstalten u. s. w.). Auch diese Institute ent⸗ falten eine durchaus gemeinnützige Thätigkeit und baben namentlich im Westen durch ihre dezentralisterte Organisation die Vortheile des Amorti⸗ sationskredits dem bäuerlichen 36 in großem Umfange zugänglich Immerhin besteht bei diesen nicht auf genossenschaftlicher Grundlage beruhenden Kreditinstituten die Möglichkeit, daß der Ge⸗ schäftsbetrieb zur Erzielung von Ueberschüssen für sonstige provinzielle (kommunale) Zwecke benutzt wird. Die Königliche Staatsregierung ist, wo in einzelnen Fällen derartige Wahrnehmungen gemacht wurden, dem entgegengetreten, indem sie es bei der gedrückten Lage der Land- wirthschaft nicht für gerechtfertigt erachtet, den kreditbedürftigen, also ärmeren Theil det Grundbesitzes zu Gunsten der zur Aufbringung der Provinzial u. s. w. Lasten Verpflichteten mit höheren Zinsleistungen zu belasten, als sie nach den Verhältnissen des Geldmarktes sonst er forderlich wären. Die Landwirthschafts kammern werden aus der

die Verschuldun . und die damit zusammen⸗

men, ob in i iellen .

da sie

] nicht mit den

tändischen Kredit⸗

ch die unter dem 27. Juni 1893

erlassenen Neuen Normativbestimmungen für die preußischen Hypo⸗

thekenbanken· (M. B. f. i. V. S 1563 ist neben der Wahrung der

Sicherheit der Hypothekenpfandbriefe auch dem berechtigten Interesse

des e, en, ., Grundbesitzes in Bezug auf die Gestaltung des

Beschäfteverkehrs der Hypothekenbanken möglichst Rechnung getragen.

Dieselbe Rücksicht wird verfolgt bei der Ausübung des Staattaufsichts⸗

rechts gegenüber den preußischen Hypothekenbanken und bei der Hand—

habung der Erlaubnißertheilung zum Erwerbe, von Grundeigenthum,

deren die außerpreußischen Hypothekenbanken bei Zwangsversteigerungen inländischer beliehener Grundstücke bedürfen.

Nicht den eigentlichen Grundkredit-⸗Instituten zujurechnen sind endlich die öffentlichen Sparkassen, die gleichwohl bei der Be— leihung ländlicher Grundstücke wenigstens in den mittleren und west⸗ lichen Provinjen erheblich betheiligt sind. Vom Standpunkt der Landwirthschaft ist diest Form des Realkredits nicht empfehlenswerth. Gegen sie spricht zunächst der Umstand, daß die Sparkassen, unbe⸗ schadet der Wahrung der erforderlichen Sicherheit, die Anlage ihrer Bestände vielfach als Grwerbsgeschäft behandeln und, um Einlagen heranzuziehen und Ueberschüsse für kommunale Zwecke herauszuwirthschaften, alsdann den Zinsfuß so hoch halten, wie es die Konkurenz anderer Geldgeber ihnen gestattet. Besonders aber kommt in Betracht, daß die Sparkassen kelnen unkündbaren Kredit gewähren können, ohne sich selbst den ernstesten Gefahren auszusetzen. Mag demgegenüber auch eingewendet werden, daß sichere Hvvotheten thatsächlich bei den Sparkassen der Rückforderung nicht ausgesetzt seien, was übrigens für den Fall einer allgemeinen Krisis keinenfalls sicher zu behaupten ist, so bleibt doch bestehen, daß die Schuldner der Sparkasse vermöge der Kündbarkeit der Gefahr eines Steigens des allgemeinen Zins fußes unter— worfen sind, weil alsdann die Sparkassen den Zinsfuß ihrer Einlagen und dementsprechend auch den Zinsfuß ihrer Ausleihungen zu , . genöthigt sind.

Als Ziel wird demnach festzuhalten sein, diejenigen ländlichen Hypotheken, die sich zur Uebernahme auf die Landschaften oder sonstige öffentliche Grundkredit. Institute eignen, allmählich von den Sparkassen auf, diese überzuführen. Immerhin ist dieses Ziel bei dem rund 1 Milliarde Mark umfassenden ländlichen Hypotheken—⸗ bestande der Sparkassen nur langsam zu erreichen. Für die Uebergangszeit wird es sich darum handeln, das Hypo— thekengeschaͤst der Sparkassen möglichst den Anforderungen des . Grundkredits entsprechend zu gestalten. nehme hierüber Bezug auf die an die landwirthschaftlichen Jentral⸗ und Provinzial vereine ergangene Verfügung meines Herrn Amtsvorgängers vom J. Juni 1894 (1. 26 604), in welcher, unter Bezugnahme auf die Verfügung des damaligen Herrn Ministers des Innern vom 19. Dezember 1893 (M. Bl. f. i. V. 1894 S. 18), die Umwandlung der Sparkassenhvpotheken in (kündbar) Amortisationshypotheken, eventuell unter Herabsetzung des Zinsfußes, empfohlen wird. Diese Anregung ist, wie die seitdem eingegangenen Berichte jeigen, in mehreren Provinzen nicht ohne Erfolg geblieben. Den Landwirth⸗ schaftskammern empfeble ich, diese Angelegenheit weiter zu verfolgen.

Betreffs der sonstigen Geldgeber, unter denen namentlich Kirchen« kassen, Stiftungen und Lebens- und Feuersicherungs. Gesellschaften in Betracht kommen, erscheint für besondere Maßnahmen vorläufig kein Be⸗ dürfniß, da der Zinsfuß dieser Hypotheken sich dem für sichere Anlagen allgemein üblichen anzuschließen pflegt und eine Ablösung dieser Hypo— theken durch unkündbare Amortisationsbypotheken nur bezüglich des sogleich zu erwähnenden bäuerlichen Besitzstandes in größerem Umfang ins Auge zu fassen ist.

3) Der Vortheil des gesunkenen Zinsfußes und die Sicherheit eines unkündbaren Kredits ist dem bäuerlichen und kleinbäuer⸗ lichen Besitzerstande in den östlichen Provinzen noch nicht ge⸗ nügend zu gute gekommen. Die in der Hauptsache betheiligten Land⸗ schaften haben zwar aus höchst anerkennenswerther freier Initiative ihren Geschäftskreis allmählich auf diese Besitzungen mitaus— gedehnt, auch umfangreiche Beleihungen bäuerlicher Grundstücke vorgenommen. Allein die Statistik zeigt, daß unter den statutenmäßig beleihbaren Besitzungen die wirklich be⸗ liehenen nur eine kleine Minderheit bilden, und nach sonstigen Ermittelungen ist es nicht zweifelbaft, daß die große Masse der nicht landschaftlich beliehenen mit kündbaren, relativ hoch verzinslichen Privat⸗ und Sparkassenhypotheken belastet sind. Dem Bestreben der Staatsregierung, hierin Wandel zu schaffen, haben sich die Land⸗ schaften angeschlossen, und ich darf unbedenklich auch die Mitwirkung der Landwirthschaftekammern für diese wichtige und schwierige Auf⸗ gabe in Anspruch nehmen. Die Herren Qber - Präsidenten werden auf Wunsch die im vorigen Jahre unter Theilnahme meines Referenten in dieser Angelegenheit gepflogenen Verhandlungen den Landwirthschafte⸗ kammern mittheilen.

Es kommt, nachdem die , , der Land⸗ schaften den Verhältnissen des kleinen Besitzes im allgemeinen angepaßt sind, jetzt wesentlich darauf an, dem Kleingrundbesitzer diese Einrichtungen näher zu rücken und in geeigneter Weise auf ihn dahin einzuwirken, daß er von den Vortheilen deg landwirthschaftlichen Kredits wirklich Gebrauch macht. Nach dieser Richtung werden auch die Landwirthschafts kammern , . liche Dienste leisten können. Ich bemerke, daß auf meine Ver⸗ anlassung gegenwärtig in einzelnen bäuerlichen Ortschaften der Provinzen Westpreußen, Schlesien und Sachsen der Versuch unter⸗ nommen wird, den gesammten Bestand an Privathypotheken, soweit er sich zur Uebernahme auf die Landschaft eignet, in Pfandbriefs⸗ hypotheken überzuführen und bei dieser Gelegenheit zugleich die Grund⸗ buchblätter der betheiligten Grundstücke von den vielfach vorkommenden veralteten Eintragungen zu bereinigen. Wenn diese Versuche einen günstigen Erfolg ergeben, wird es hoffentlich zu ermöglichen sein, die 6 ortschaftsweise in größerem Umfang auf⸗ zunehmen.

4) Von Anstalten für den ländlichen Personalkredit kommen neben den landschaftlichen (ritterschaftlichen) Darlehnskassen vorzugsweise die nach dem Reichsgesetz über die Erwerbs. und Wirth⸗ schafts zenossenschaften vom 1. Mai 1889 gebildeten Spar“ und Darlehnskassenvereine in Betracht. er Zusammenschluß der Landwirthe zu derartigen Genossenschaften ist über den unmittelbar verfolgten Zweck hinaus auch von nicht geringer erziehlicher Bedeutung; die Pflege des genossenschaftlichen Sinnes stärkt das Gefühl der Solidarität der , ,. und die Ge⸗ schäftsführung in einer richtig geleiteten Genossenschaft giebt den Einzelnen auch für die richtige Führung der eigenen Geldwirthschaft werthvolle Fingerzeige. Der erfreuliche Aufschwung des Genossen⸗ schaftswesens, namentlich in den östlichen Provinzen, ist zum großen Theil auf die staatlicherseits erfolgten Anregungen und die für die ge—⸗ nossenschaftliche Propaganda gewährten Unterstützungen zurückzuführen. Durch die mit dem 1. Oktober v. J. erfolgte Errichtung der , . Zentral. Genossenschaftskasse, welche zur Geldausgleichungs⸗ telle für die verschiedenen Genossenschafts verbände (nicht aber für den Geschäfteverkehr mit den Einzelgenossenschaften) bestimmt ist, hat das. Genossenschaftswesen vom taat eine weitere , Stärkung erhalten. Wie bekannt, . sich die speziell landwirthschaftlichen Genossenschaften hauptsächlich in zwei Systeme, welche sich kurz als das Neuwieder und das Offenbacher bezeichnen lassen. Die dem Offenbacher allgemeinen Verbande angehörenden provinziellen Genossenschafts verbände sind selbständig organisiert und stehen mit einander in keinem organischen wirthschastlichen Zusammen⸗

während die ältere Neuwieder Organisatlon auch nach der ö. j . Seite eine einheitliche ist und erst * neuerer Zeit eine provinz telle ,, aber lediglich in der Form einer Ver⸗ waltungteinthellung eingeführt hat.

Vom stagtlichen und wirthschastlichen Standpunkt sind beide Systeme als e. zu bezeichnen, und die landwirthschaftliche Verwaltung steht daher beiden mit gleichmäß igem Wohlwollen gegen sber. Den Landwirthschaftstammern kann ich nur empfehlen, dleselbe Stellung einzunehmen und bei dem Wettbewerb beider Systeme sich neutral zu verhalten, außer wenn etwa in dem betreffenden Landwirthschaftékammerbejirk das eine oder das andere von ihnen außschlteßlich oder doch ganz überwiegend zur Geltung

elangt ist und damit den Beweis erbracht hat, daß die hre ung der landwirthschaftlichen Bevölkerung auf seiner Seite steht. Jedenfalls ersuche ich die Landwirthschaftßkammern derjenigen Gebietstheile, wo beide Systeme neben einander arbeiten, gefälligst dahin zu wirken, daß gegenseitige gehässige Befehdungen vermieden werden, da sie nur dazu beitragen können, das Ansehen und die Ent⸗ wickelung des Genossenschaftswesens überhaupt zu gefährden. Die Leitungen beider Systeme haben wiederholt ihre Neigung zum fried⸗ sichen Nebeneinanderarheiten ausgesprochen, es wird sich daher empfehlen, üüe ersftisf einzelner Organe den Leitern der betreffenden Verbands- organisation zur Kenntniß zu bringen.

Burch die erwähnten beiden Genossenschaftssysteme und durch die in einigen Landestheilen für die Landwirthschaft ebenfalls thätigen, besonderen Verbänden angehörigen Genossenschaften nach Schulze Delitz''chem Muster ist dem Bedürfniß einer Auswahl unter den verschledenen Organisationen in weitem Maß Rechnung getragen. Gtwalgen Versuchen, neue Verbandsbildungen auf anderer Grundlage für ländliche Genossenschaften ins, Leben zu rufen, kann ich nur empfehlen entgegenzutreten, da durch solche Gründungen, ohne Nutzen für die Sache, lediglich die Zersplitterung des Genossenschaftswesens noch vergrößert werden würde.

Neben den Genossenschaften sind die öffentlichen Spar⸗ kassen für die Befriedigung des Personalkredits von erheblicher Bedeutung. Als Ziel der Entwickelung ist allerdings ins Auge zu fassen, die Sparkassen in dieser Funktion sür den ländlichen Personalkredit durch ein Netz über das ganze Land verbreiteter, in sich verbundener örtlicher Genossenschaften zu ersetzen. Ob aber bieses Ziel vollständig zu erreichen sein wird, steht dahin, da nicht überall die Voraussetzungen für die Bildung und gedeihliche Entwickelung von Genossenschaften vorhanden zu sein scheinen. Jedenfalls aber wird bis zu seiner auch nur annähern ben Verwirklichung noch geraume Zeit verstreichen, zumal es bedenklich sein würde, die Entwickelung des Genossenschaftewesens künstlich allzu sehr zu beschleunigen. Die Sparkassen sind, unbeschadet ihres Haupt⸗ wech der Erweckung des Spartriebs und der sicheren Anlage ihrer Bestände, sehr wohl in der Lage und berufen, bei der Anlage ihrer Gelder auf Befriedigung des Personalkredits ihrer Bezirkseingesessenen Bedacht zu nehmen, und haben auf diesem Gebiete mehrfach durchaus ersprießlich gewirkt. Die Sicherheit der Geldanlage wird bei vor⸗ sichtiger Geschäftsführung durch die Ausleihung in kleinen Beträgen keineswegs gefährdet, und nehme ich in dieser Hinsicht auf die Er— fahrungen bei mehreren unter ganz verschiedenartigen Verhältnissen operierenden Sparkassen Bezug, die in dem für die Jahre 1884/87 erstatteten gedruckten Verwaltungsbericht des damaligen Herrn Ministers für Landwirthschaft mitgetheilt sind (S. 65 und 66 daselbst). Die oben hervorgehobene Neigung vieler Sparkassen, den Zinsfuß ihrer Ausleihungen hoch zu erhalten, ist hier von geringerer Bedeutung, da es für vorüber⸗ gehend gewährte Kredite von meist nicht erheblicher Höhe weniger auf die Höhe des Zinsfußes als darauf ankommt, daß der Kreditsucher den benöthigten Betrag rasch, von einem foliden Geldgeber und unter billigen Rückzahlung sbedingungen erhalten kann. In letzterer Hinsicht ergiebt die Natur des landwirthschaftlichen Be⸗ triebs und der langsame Umschlag des in ihm angelegten Betriebs kapitals, daß mit dem sonst üblichen 3⸗Monatg⸗Kredit der Landwirth⸗ schaft im allgemeinen nicht gedient ist, vielmehr längere Fristen, ge⸗ wöhnlich von 6 Monaten bis zu einem Jahre, angemessen sind.

Den Landwirthschaftskammern ist hiernach zu empfehlen, da, wo das Bedürfniß nach Personalkredit durch genossenschaftliche Organi⸗ sationen vorläufig noch nicht befriedigt werden kann, auf eine ent⸗ sprechen de Geschäftsgebahrung der Sparkassen hinzuwirken.

Die Landwirthschafts kammern ersuche ich ergebenst, binnen sechs Monaten durch Vermittelung der Herren Ober ⸗Präsidenten gefälligst darüber zu berichten, in welcher Weise die Ausführung ef Ver⸗ fügung eingeleitet worden ist.

Die Landwirthschaftskammern dürfen für die Durchführung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabe meiner steten Unterstützung sicher sein, ich vertraue aber zugleich, daß sie der Arbeit auf diesem wichtigen Gebiet zum Heile der Landwirthschaft ihre volle Hingebung widmen werden.

Der Kaiserliche Gesandte im Haag, Wirkliche Geheime Rath Freiherr von den Brincken hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit gen n. fungiert der Legations⸗Rath von Schloezer als Geschäftsträger.

Der Ober⸗Hofmeister Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Freiherr von Mirbach ist von heute ab bis Anfang August nach der Eifel und Belgien beurlaubt.

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine wird S. M. S. , Wilhelm“, Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän von Holtzen dorff, am 8. Juli von Chiakwan nach Hankow in See gehen; S. M. S. „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗Lieutenant Bredow, ist gestern von Galata aus in See gegangen.

Württemberg.

Seine Majestät der König ertheilte am Sonnabend in Bebenhausen dem neuernannten österreichischungarischen Ge⸗ sandten Burian von Rajecz Audienz, der Allerhöchst⸗ demselben sein Beglaubigungsschreiben überreichte. Der Ge⸗ sandte hatte darauf, die Ehre, mit seiner Gemahlin von Ihrer Majestaͤt der Königin in Audienz empfangen und später zur Tafel Ihrer Majestäten zugezogen zu werden.

Elsas⸗Lothringen.

Wie Straßburger Blätter melden, 8 der Bezirks⸗ Präsident von Ober-Elsaß die Bestätigung des Reichstags⸗Abgeordneten Bueb als Mitglied des Ge⸗ 1 von Mülhausen verweigert, weil Bueb keine Steuern zahle.

Großbritannien und Irland.

Sir Hercules Robinson ist, wie amtlich mitgetheilt wird, zum Mitglied des Oberhauses ernannt worden.

Im Unterhause erklärte gestern der Parlaments⸗ Sekretär des , , Brodrick, daß kein britisches Regiment den Befehl erhalten habe, an dem Vormarsch nach

Dongola theilzunehmen, aher die die britische Streitmacht in eien verfugbar, falls der

, bildenden Bataillone Sirdar deren Dienste bedürfen sollte; ein Bataillon lagere an der Grenze. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour bemerkte, er könne die monatlichen Kosten ber Expedition nach Dongola noch nicht annähernd angeben, da die . ö Regierung für die Leitung des Feldzugs verantwortlich sei; aber Lord Cromer sei um Information ersucht worden. Die britische Regierung leihe der egyptischen eine gewisse An⸗ ahl Stabsoffiziere kostenfrei und trage gleichfalls die Kosten ür den Transport der britischen Truppen von Kairo nach Dongola. Der Parlaments⸗Sekretär des Aeußern Curzon erklärte, das Recht der türkischen Behörden, die Verbreitung von Zeitungen in der Türkei zu beschränken, werde von den fran— zösischen und den anderen ausländischen Postämtern ebenso wie von der britischen Postverwaltung im Prinzip anerkannt; Cech ent jedoch behalte sich die britische Regierung in

emeinschaft mit anderen Regierungen ein Recht der Dis= kretion in Fällen vor, wo das von der Pforte verlangte Verbot k unbillig erscheine. Die Regierung sei darüber im

einungsaustausch mit dem britischen Boischafter begriffen. ere äußerte Curzon, die britische Regierung werde bereit ein, die Ansprüche britischer Unterthanen infolge von Ver⸗ lusten an Solawechseln und anderen i während der jüngsten Ruhestörungen in Kleinasien der Pforte zu unterbreiten, falls nachgewiesen werden könne, daß die Ansprüche gut begründet und von der Art seien, daß die türkische Regierung dafür ausreichend verantwortlich gemacht werden könne. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour theilte sodann mit, daß Baron Rothschild zum Vorsitzenden der Kom⸗ mission für die Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Alterspensionen, ernannt worden sei. er Staats⸗ sekretär des indischen Amts Lord Hamilton beantragte eine Resolution, welche bestimmt, daß die indische Re⸗ gierung die Kosten des Transports der indischen Truppen nach Suakin und ihrer Unterhaltung tragen solle. Die Kosten bezifferten sich auf etwa 5000 Pfd. Sterl. monatlich, der indische Rath habe in die Zahlung bis Ende Dezember gewilligt; sollten Truppen über jenes Datum hinaus gebraucht werden, dann werde die Sache von neuem erwogen werden müssen. John Morley bekämpfte den Antrag durch einen Unterantrag, worin erklärt wird, es sei unzweckmäßig, Indien die Kosten aufzubürden. Nach siebenstündiger Debatte wurde das Amendement Morley mit 275 gegen 190 Stimmen abgelehnt und hierauf der Antrag Hamilton's mit 262 gegen 106 Stimmen angenommen.

Frankreich.

Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung der Vorlage über die Reform der direkten Steuern fort. Bei Artikel 1 befürworteten mehrere Redner eine Gegen⸗ vorlage, nach welcher das Staatsmonopol der Rekti⸗ fikation des Alkohols eingeführt werden soll, dessen Ertrag die direkten Steuern ganz oder theilweise ersetzen würde. Der Finanz⸗Minister Cochery erwiderte, die Regierung sei mit dem Studium der Frage beschäftigt und werde, sobald diese Arbeiten beendigt seien, eine hierauf be— zügliche Vorlage einbringen. Hierauf wurde die Gegenvorlage her ach egen, Der Deputirte Pelletan trat für eine von em Deputirten Doumer eingebrachte Gegenvorlage ein, nach welcher eine allgemeine progressive Einkommen⸗ steuer eingeführt werden soll, wie sie von der Kammer zur Zeit des Ministeriums Bourgeois bewilligt worden war. Pelletan bemerkte, diese Steuer habe nichts Revolutionäres an sich, da sie beinahe in ganz Europa bestehe. Die projektierte Steuer belaste den Armen viel schwerer, als den Reichen. Für den Armen repräsentiere dieselbe ein Fünftel des Einkommens, während der reichste Steuerträger Frankreichs, dessen Einkommen 24 Millionen betrage, nur ein Zweihundertstel des Einkommens bezahlen würde. Nach dem deutschen Einkommensteuergesetz zahlten die Rothschilds in Frankfurt a. M. 300 000 Fr. jährlich, während die reicheren Pariser Rothschilds nach dem Projekte des re, , Cochery 16000 Fr. zahlen würden. Die ranzösische Demokratie sei also genöthigt, sich Beispiele der Gerechtigkeit jenseits des Rheins zu suchen.

Ruszland.

Um das Andenken des Kaisers Nikolaus J. bei Gelegenheit Allerhöchstdessen 100. Geburtstages zu ehren, befahl der Kaiser die Stiftung einer Medaille in Silber und in Bronze, die allen Offizieren und Soldaten verliehen werden soll, die unter dem Kaiser Nikolaus J. gedient haben. Außerdem wird eine Reihe von Gnadenbeweisen an Offiziere, Soldaten und Beamte, die unter dem Kaiser Nikolaus J. gedient haben, bekannt gegeben.

Der Minister des Kaiserlichen 6. hat, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, dem Minister des Innern mit⸗ getheilt, daß der Kaiser den Empfang der Deputationen aus den Städten und Landschaften bis zum nächsten No⸗ vember verschoben habe.

Italien.

Im Senat erklärte gestern bei der Debatte über das Budget des Ministeriums des Auswärtigen der . Herzog von Sermoneta in Beantwortung einer Anfrage des Senators Rossi, das Gerücht, die Regierung werde eine Persönlichkeit behufs Unterhandlungen über den Handelsverkehr nach Frankreich entsenden, sei völlig unbe⸗ gründet. Das Budget wurde hierauf genehmigt. In der Deputirtenkammer wurde die Generaldebatte über die Vorlage, betreffend das Zivilkommissariat in Sizilien, fortgesetzt. Sonnino sprach dagegen. Bis jetzt sind 27 Tages⸗ ordnungen eingebracht.

Spanien.

Der Senat hat eine Kommission zur Vorberathung des ,,. betreffend die Subvention der Eisen⸗ bahnen, ernannt. Die Mitglieder derselben stehen, dem W. T. B.“ zufolge, sämmtlich dem Entwurf günstig gegen⸗ über. Die für die Vorberathung des Entwurfs eines Handels vertrags mit Deutschland eingesetzte Kommission ist dieser Regierungsvorlage ebenfalls günstig gestimmt.

Belgien.

Nach dem amtlich festgestellten Wahlergebniß muß auch in Antwerpen zwischen den elf liberalen und den elf kleri⸗ kalen Kandidaten eine Stichwahl stattfinden.

Türkei.

Die „Agence Havas“ berichtet aus Athen: nach einer Depesche aus Santorin seien die Türken immer noch in Kandano eingeschlossen. Ueber die Zusammenkunft

Griechenland.

Nach einer Berathung, welche die Gesandten der Großmächte in Athen am Sonntag hatten, richteten die⸗ selben, der . Havas“ zufolge, gemeinschaftlich freund⸗ schaftliche Rathschläge an die griechische Regierung mit der Aufforderung, sie möge . Einfluß aufbieten, um die Aufständischen auf Kreta zur Annahme der Zugeständnisse der Pforte zu überreden, und die weitere Entsendung von Ge⸗ wehren und Munition nach Kreta verhindern. Die Antwort der griechischen Regierung hierauf sei noch nicht bekannt.

Schweden und Norwegen.

Aus Christiania berichtet W. T. B.“, es verlaute da⸗ selbst, der Staats rath habe gestern beschlossen, einen Gesetz⸗ entwurf einzubringen behufs Konversion der Staats⸗ Anleihe von 1886, welche etwas über 30 Millionen Kronen beträgt. Das Storthing bewilligte gestern 115 000 Kronen für die Theilnahme Norwegens an der im Jahre 1897 in Stockholm stattfindenden Ausstellung.

Afrika.

Eine in Rom eingetroffene Privatdepesche aus Massowah berichtet, der in Ka sssala ien, Lieutenant Pa vone habe am 2. Mai in Osobri am linken Atbara⸗Ufer eine Rekognoscierung unternommen, wobei er auf Derwische gestoßen sei. Die italienischen Truppen hätten gute Deckung gehabt und keine Verluste erlitten, auf Seiten der Derwische seien zwei Mann gefallen. Das Feuer habe fast den ganzen Tag angehalten. Die Zahl der Derwische habe etwa 100 betragen. Die italienischen Truppen seien nach Kassala zurückgekehrt. Auch in El⸗Fascher befänden sich einige Truppen vom Fußvolk der Derwische.

Die „Times“ erfahrt aus Kapstadt, daß sich der Aus⸗ schuß des Volksraad des Oranje⸗Freistaats für die Erwerbung der Eisenbahn von der Kapkolonie für den Preis von 2780 000 Pfd. Sterl. ausgesprochen habe. Ein Theil der Kosten solle aus den Einkünften gedeckt werden. Man glaube, der Rest von etwa 1 750 000 Pfd. Sterl. könne zu 31/ Proz. aufgebracht werden.

Nr. A des Zentralblatts für das Deutsche Reich“, berauggegeben im Reichs amt deg Innern, vom 3. Juli, hat folgenden Inhalt: 1) Marine und Schiffahrt: Bestimmun gen über die gegen⸗ seitige Anerkennung der Schiffszmeßbriefe in Deutschland und Oester⸗ reich · Ungarn. 2) Zoll. und Steuerwesen: Abänderung der Be⸗ stimmungen über die Zollbehandlung der Verschnitt⸗Weine und Moste; Abänderung der Ausführungevorschriften zum Reichg⸗ Stempelgesetz vom 27. April 1894. Abfindung der Abfälle der Biererzeugung verarbeitenden Brennereien. 3) Konsulatwesen; Er⸗ nennungen; Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstands⸗Akten; Entlassungen; ExequaturErtheilungen. I) Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. 5) Handels- und Gewerbewesen: Neues Verzeichniß der regelmäßigen Unter⸗ suchungen unterliegenden und den Anforderungen der Reblaus⸗Kon- vention entsprechend erklärten Gartenbau. z. Anlagen. Anhang. Bekanntmachung, betreffend Vorschriften für die chemische Unter⸗ suchung des Weink.

Nr. 27 des Zentralblatts der Bauverwaltung, heraus-. egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 4. Juli, hat olgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Bericht über den Fortbau des Doms in Köln im Baujahre 1895596. Die Berliner Gewerbe Ausstellung. VI. (Fortsetzung.) Gruppierter Bau bei Kirchen. (Fortsetzung Das Aufhaltfallen der Signalflügel bei Drahtbruch. Eiserne Wehrnadeln im Betriebe. Vermischtes; Staatliche Genehmigung zur Beseitigung, Verände⸗ rung und Veräußerung von Baudenkmälern. Kurvenmesser von Dirr u. Scheuermayer. Technische Hochschule in Berlin. Tech⸗ nische Hochschule in Hannover. Bücherschau.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Bestimmung des b6 Ziff. 6 der Städteordnung für die sechs östlichen Provinzen der preußischen Monarchie vom 30. Mai 1853, wonach die Anstellung der Gemeindebeam ten, soweit es sich nicht um vorübergehende Dienstleistungen handelt, auf Lebeng⸗ zeit erfolgt, findet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 197. Zivil- senatzß, vom 30. April 1896, keine Anwendung auf de⸗ finitiv angestellte Lehrer und Lehrerinnen der städtischen Schulen oder auf sonstige von der Stadtgemeinde de⸗ finitiv angestellte Beamten. Dieselben können auch auf Kündigung und selbst auf willkürlichen Widerruf angestellt werden. Das ,, t führt aus, es habe sich entsprechend der in 5 56 Nr. 6 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 hinsicht⸗ lich der Gemeindebeamten getroffenen Bestimmung in der neueren 9 bezüglich aller Beamten der Grundsatz herausgebildet, daß die Anstellung nur auf Lebenszeit erfolgen solle. Das Berufungsgericht verkennt, daß der Grundsatz der lebenslänglichen Anstellung der Beamten in der behaupteten Allgemeinheit in den Rechtsquellen, insbesondere in der Ge⸗ ere nnn nirgends Anerkennung gefunden hat. Der S S3 des Disziplinar⸗ gesetzes vom 21. Juli 1852 steht, indem er bejüglich der auf Probe, auf Kündigung oder sonst auf Widerruf angestell ten Beamten Be⸗ stimmungen trifft, der er mr, ,, des Berufungsgericht direkt ent⸗ gegen. Es kann demnach die Anstellung eines Beamten, 4 nicht durch besondere , , ,. das Gegentheil vorgeschrieben ist, so⸗ wobl auf Lebenszeit als auch auf Kündigung und selbst auf willkür⸗ lichen Widerruf erfolgen. Hiernach muß, da eine besondere Ausnahme⸗ bestimmung bezüglich der Lehrer an den 16 en Schulen nicht gegeben ist, davon ausgegangen werden, daß es 7 etzlich zulässig war, * . in anderer Weise, als auf Lebenszeit, anzustellen.

Die einstweilige Uebernahme nothwendiger baarer Auslagen des einer armen Partei beigeordneten Rechtsanwalts . nach einem 2 des Reichsgerichts, III. Zivilsenats, vom 8. Ma 1896, zu den Pflichten des Re gan walts, und er hat nur das Recht, diese ,., wie seine Gebühren von dem in die Projeßkosten ver= urtheilten Gegner beihstreiben Die zum Armen rechte zugelassene Partei hat ah den Anspruch auf Uebernahme der Autlagen des ihr