1896 / 184 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Aug 1896 18:00:01 GMT) scan diff

. Hartmann von Düsseldorf nach Schleswig, res von Krotoschin nach Torgau Kliewer von Hagen i. W. e , Tel Kattentidt von Breslau nach Bochum, Krumbhorn von Elbing nach Unna,

Simon von Duisburg nach Düsseldorf und

Dr. Löwenstein von Unna nach Hagen i. W.

Angekommen:

Seine Excellenz der kommandierende Admiral, Admiral von Knorr, von Urlaub.

Aichtaintliches.

Deuntsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. August.

Der Königliche Gesandte beim Päpstlichen Stuhl, Wirk— liche Geheime Rath Otto von Bülow hat einen ihm Aller⸗ höchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Ab⸗ wesenheit desselben fungiert der LegationsRath von Below—⸗ Rutzau als Geschäftsträger.

Der am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigte Königlich großbritannische Botschafter Sir Frank Lascelles ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der am hiesigen Allerhöchsten Hofe beglaubigte Königlich J Gesandte von'Lagerheim hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert

der Legations-Sekretär Graf Stroömfelt als Geschäftsträger.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Kaiser“, Flaggschiff der Kreuzer⸗ Division, Kommandant Kapitän zur See Zeye, mit dem Divisions-Chef, Kontre⸗Admiral Tirpitz an Bord, am 2. August in Chefoo angekommen.

Wilhelmshaven, 3. August. Die Schulschiffe „Stosch“ und „Stein“ sind heute auf der hiesigen Rhede eingetroffen.

Sachsen.

Wie das „Dr. Journ.“ mittheilt, ist die Abreise Ihrer Königlichen Majestäten nach Rehefeld verschoben worden, weil Ihre Majestät die Königin noch immer an rheumatischen Schmerzen in den Füßen leidet, die das Gehen erschweren.

Sessen.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin haben sich gestern zum Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich auf einige Tage von Darmstadt nach Schloß Friedrichshof begeben.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist gestern Vormittag zum Kurgebrauch nach Scheveningen abgereist.

Anhalt.

Dem „Anhalt. Staats-Anz.“ zufolge besteht die Absicht⸗ zum Andenken an das fünfundzwanzigjährige Regierungs⸗ rh n mn. Seiner Hoheit des Herzogs in der Muͤnz⸗ stätte zu Berlin kursfähige Münzen mit dem Bildniß Seiner Hoheit des Herzogs und dem Jubiläumsjahr 1896 in größerer Menge praͤgen zu lassen. Während es jetzt nur Doppelkronen und . giebt, welche das Bildniß des Herzogs tragen, sollen bei der in Kürze beabsichtigten neuen Prägung auch andere Münzen mit dem Bildniß Seiner Hoheit geprägt werden. Zu der Prägung dieser Münzen ist ein Ueber—⸗ einkommen mit denjenigen deuischen Bundesstaaten erforderlich, deren Münzenmenge um den Betrag der neu zu prägenden anhaltischen Münzen gekürzt wird.

Frankreich.

Aus Paris meldet ‚„W. T. B.“, Der deutsche Marine⸗ Attaché, Korvetten-Kapitän Siegel hat sich vorgestern nach Havre begeben, um im Auftrage Seiner Mäjestät des Deutschen Kaisers dem Präsidenten der Französischen Republik Faure den Dank für die Antheilnahme anläßlich des Untergangs des Kanonenboots „Iltis“ auszusprechen.

Der Präsident Faure hat sich gestern Vormittag an Bord des Panzerschiffes „Bouvines“ nach St. Malo eingeschifft und beabsichtigt, einen großen Theil der Bretagne zu besuchen.

Rußland.

Am gestrigen Namenstage der Kaiserin⸗Wittwe wurde zu Peterhof im Palais Alexandra in Gegenwart des Kaisers, der Kaiserin, der Kaiserin-Wittwe, aller Großfürsten und Groß⸗ fürstinnen sowie des Prinzen Albert von Sachsen⸗Altenburg nebst Gemahlin und Prinzessin Helene eine feierliche Messe zelebriert. Nach dem Gottesdienst fand im Palais ein Gala⸗Frühstück statt. Abends war St. Petersburg festlich beleuchtet.

Italien.

Der Papst mußte gestern, wie dem „W. T. B.“ aus Rom mitgetheilt wird, wegen einer leichten Erkältung das Zimmer huͤten.

Spanien.

In der Deputirtenkammer sprach gestern, einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid afl e, der ,,, Canovas seine Verwunderung darüber aus, daß die Liberalen einen Antrag eingebracht . in welchem die Haltung des Marine⸗Ministers hinsichtllch des Ankaufs von gepanzerten

. in Genua getadelt werde. Canovas fügte hinzu, die nterhandlungen seien loyal gewesen, und man habe nicht ahnen können, daß dieselben durch das Vorgehen eines anderen Landes nicht zum Ziele . würden Er halte es für unangebracht, in solcher Weise über Fragen, welche die nationale Vertheidigung betreffen, zu be⸗ rathen. Der , ,. wurde darauf zurückgezogen. Der Zwischenfall war damit erledigt.

Belgien.

Gestern hat der Prozeß gegen Lothaire vor dem Obersten Gerichtshof des Unabhängigen Congostaats als Be⸗ , begonnen. Der Angeklagte war, wie W. T. B.“ aus Brüssel berichtet, in der Paradeuniform eines General⸗ Kommissars erschienen. Das Gericht ist besetzt mit de Volder, dem früheren Justiz-Minister, als Vorsitzenden, zwei Beisitzern und dem General-Stagtsanwalt. Es wurde eine große An⸗ zahl von Akten und Zeugenaussagen verlesen, welche sich zu Ungunsten Stokes aussprechen. Die Verhandlungen werden heute weitergeführt.

Türkei.

Das Wiener K. K. Telegraphen⸗-Korrespondenz-Bureau meldet aus Konstantinopel, daß der armenische Patriarch seine Demission einreichen dürfte, wenn die Antwort der Pforte auf seine Denkschrift über die Mittheilung des Polizei⸗Ministers, daß der gemischte Rath für die Fortsetzung der Wirren in Anatolien verantwortlich zu machen sei, unbefriedigend aus⸗ fallen sollte Der Präsident des gemischten Raths sei abgereist.

Die griech isch⸗macedonische ö soll nach einer Meldung des türkischen Konsulats neuerdings von einer 80 Mann starken griechischen Bande überschritten worden sein.

Zu dem Aufstand auf Kreta wird unter dem gestrigen Tage berichtet: Infolge der letzten Angriffe der Türken auf die . Kreter im Distrikt Canea seien von den Christen 15 mohamedanische Männer und Frauen daselbst getödtet worden. In Kandia sei infolge Eindringens von 300 flüchtigen Mohamedanern in die Stadt eine Panik ausgebrochen, welche sich jedoch bald wieder gelegt habe. Von unterrichteter Seite werde mitgetheilt, daß die Antwort der Pforte auf die kretischen Mehrforderungen zwar die Geneigtheit zeige, wegen zeitgemäßer nothwendiger Verbesserungen einiger Punkte des Vertrages von Haleppa in Berathungen einzutreten, grundsätzliche Veränderungen des⸗ selben jedoch nicht gestatten wolle. Das österreichische Kriegsschiff „Maria Theresia“ ist gestern in Canea an⸗ gekommen.

Serbien.

Ueber die Haltung Serbiens gegenüber der Frage einer eventuellen Annexion Kretas verlautet, dem Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau zufolge, in amtlichen Kreisen, daß Serbien, obwohl an der Frage nlcht direkt interessiert, derselben gegenüber doch nicht gleichgültig bleiben könnte, da die Annexion die partielle Aufhebung des Berliner Vertrags involvieren würde.

Bulgarien.

In der öffentlichen Meinung herrscht, wie dem „W. T. B.“ aus Sofia mitgetheilt wird, die Ueberzeugung vor, daß das Attentat gegen Stambulow's Grab ein Racheakt gewesen sei. Am Sonntag vor acht Tagen fand ein Requiem auf den Gräbern der vier im Verfolg des Prozesses Beltschew Hin— gerichteten statt. Die „Swoboda“ griff die Theilnehmer an dem Requiem heftig an. Am Tage nach dem Requiem wurde das Grab eines Hingerichteten, Thomas Georgiew, entweiht vor— gefunden. Gestern zeigte sich das Grabmal Stambulow's in ähn—⸗ licher Weise beschädigt; in der Erde neben dem Grabmal fand man eine Oeffnung. Der erste Eindruck war der, daß die Zerstörung durch Menschenhände bewirkt sei, aber die Polizei entdeckte in jeder Ecke der Einfriedigung Dynamitpatronen, welche sich als vollkommen gleich den bei dem Eisenbahn⸗ bau Sofia —-Roman gebrauchten erwiesen. Der Anschlag war mit größter Ungeschicklichkeit unternommen. Die Polizei ist eifrig bemüht, die Urheber desselben zu entdecken.

Eutscheidungen des Reichsgerichts.

Reallasten bedurften, roch einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Zwilsenats. vom 24. Amil 1896, vor Einführung des Preu⸗ ßischen Eigenthumserwerbe gesctzes vem 5. Mai 1872 auch in Be— ziehung auf den neuen Erwerber des Grundstücks der Eintragung nicht, wenn dieser bei seinem Erwerbe Kenntniß von der Reallast hatte. „Diese Ansicht entspricht der preußischen Rechtspraxis, der bei⸗ zutreten der unterzeichnete Senat kein Bedenken trägt.“ (285,95.)

In Bezug auf die Vorschrift des 5 178 1 16 des Preußischen Allgemeinen Landrechts, wonach das Recht zum Widerruf einer ohne Vorbehalt aus Irrthum geleisteten Zahlung an die . geknüpft wird, daß für die Person des Zahlenden gar keine, auch nicht eine bloß moralische Verbindlichkeit zur Zahlung vorhanden gewesen sei, hat das Reichsgericht, 1V. Zivilsenat, durch Urtheil vom 27. April 1896, ausgesprochen, daß der Begriff der moralischen Verbindlichkeit über den Kreis der Leben und Sittenpflichten hinaus nicht auf Verhältnisse ausgedehnt werden darf, bei welchen nur eine gewisse Billigkeit für die Anerkennung iner Zahlungsverbindlichkeit spricht, oder wo nur der äußere Anstand die Rückforderung verbieten könnte. „Die Vorschrift des 5 178 4. 4. Q steht im engen Zusammenhange mit dem nachfolgenden §5 179 a. a. O., welcher bestimmt:

„War bei dem Zahlenden eine, wenn auch nur unvoll⸗ kommene Pflicht zur Zahlung vorhanden, so findet keine Rückforderung statt, wenngleich derselbe, wegen eines vor— handenen positiven Gesetzes, zur Zahlung wider seinen Willen nicht hätte angehalten werden können.“ Auch kommt bezüglich des Begriffs der unvollkommenen Verbindlich2 keit der 5 86 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht in Betracht, welcher lautet: „Rechte, welche durch die Gesetze nicht unterstützt werden, heißen unvollkommen und begründen „keine gerichtliche Klage oder Einrede“. Außerdem enthält das Allgemeine Landrecht noch einzelne Spezial bestimmungen, wonach in bestimmten Fällen eine geleistete Zahlung nicht zurück efordert werden kann. Hiernach muß anerkannt werden, daß die Frage, was der Göesetzgeber im §5 178 a. a. O. unter moralischer Verbindlichkeit verstanden habe, zweifelhaft erscheinen kann. In der Literatur und Rechtsprechung ist mehrfach die Ansicht , daß unter der moralischen Verbindlichkeit des § 178 a. a. O. nur eine solche Verpflichtung zu verstehen sei, welche aus einem besonderen Rechtsverhältnisse entsprang und an sich gültig sein könnte, aber der Klagbarkeit zufolge einer positiven Gesetzesvorschrist entbehrt. Andererseits hat sedoch auch die Auffassung Vertretung gefunden, daß die Kondiktion nach 178 und 179 4. a. O.

Billigkeit für die Anerkennung einer Zahlungsberbindlichkeit

in denjenigen Fällen ausgeschlossen sei, in welchen die Zurückforderun gegen die guten Sitten verstoßen würde. . . . Jedenfalls aber daran . daß der Begriff der moralischen Verbindlich⸗ keit über den Kreis der Lebens. und Sittenpflichten hinaus nicht auf Verhältnisse ausgedehnt werden darf, bei welchen nur eine r fr

pricht, oder wo nur der äußere Anstand die Rückforderung verbieten könnte.“ (378 / 9·ꝝ5.)

= Nach Art. Abjs. 1 des Deutsch⸗Schweizerischen Ueber⸗

einkommens, betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster⸗ und Marxkenschutz, vom 2. August 1894, sollen die Rechts nach- theile, welche nach den. Gesetzen der vertragschließenden Theile ein- treten, wenn eine Erfindung nicht innerhalb einer be— stimm ten Frist ausgeführt wird, auch dadurch aus— geschlossen werden, 6 die Ausführung in dem Gebiet des an— deren Theils erfolgt. iese Bestimmung findet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Zivilsenats, vom 22. April 1896, nur An— wendung, wenn die Erfindung in beiden Staaten, sowohl im Deutschen Reich, als auch in der Schweiz, patentiert ist. „Da nach den vorangegangenen Bestimmungen, insbesondere des Art. 1, das Gebiet des anderen Theils in Beziehung auf patent rechtliche Verbältnisse für die gemachte Erfindung nur in Betracht kommt, soöofern für dieseß andere Gebiet ein Patent nachgesucht werden soll, eine Eifindung zur Patentierung angemeldet oder ein Patent ertheilt ist, so kann dieser erste Absatz des Art. 5H nur bedeuten: Die Rechtsnachtheile, welche nach den Gesetzen der pertragschließenden Theile eintreten, wenn eine Erfindung nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausgeführt wird, sollen für eine in beiden Gebieten patentierte Erfindung dadurch für beide Gebiete ausgeschlossen werden, daß die Ausführung nur in dem einen Gebiete erfolgt .. . (6 /96.)

In der O'schen Färberei war M. erster Färber, neben welchem H. als zweiter Färber angestellt wurde. M. und H. schlossen einen schriftlichen Vertrag dahin, M. sich ver⸗ pflichtete, dem H. alles, was sich hier in der Färberei bietet, zu zeigen und nach bestem Können den H. zu unterrichten, wogegen H. i verpflichtete, mit dem Austritt des M. aus der O.'schen Färberei eine Stellung sofort, resp. in 14 Tagen bei der Firma O. aufzugeben und nicht vor Ablauf von 3 Jahren bei derselben in Thätigkeit zu treten, wenn von M. hierzu die Erlaubniß nicht früher ertheilt wird. H. verpflichtete sich ferner bei einer Verletzung dieser Verpflichtung zur Zahlung einer Konventionalstrafe von 000 M Das Reichsgericht, 1V. Zivilsenat, erklärte durch Urtheil vom 4 Mai 1896 (durch welches die Klage des M. gegen den H. auf Zahlung der Konventionalstrafe wegen Verletzung jener Vereinbarung zurückgewiesen wurde) den erwähnten Vertrag für unwirksam, in— dem es begründend ausführte: Der § 152 der Reichs. Gewerbe⸗ ordnung lautet: Alle Verbote und Strafbestimmungen gegen Gewerbe⸗ treibende, gewerbliche Gehilfen, Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Vergbredungen und Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn“ und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittels Einstellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter, werden aufgehoben. Jedem Theilnehmer steht der Rücktritt von solchen Vereinigungen und Verabredungen frei, und es findet aus letzteren weder Klage noch Einrede statt. Diese Be— stimmung ist auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Denn der Zweck des in Rede stehenden Abkommens ging dahin, durch einen auf den Arbeitgeber auszuübenden Druck dem Kläger seine Stellung zu sichern und denselben dadurch im Endergebniß günstiger zu stellen, als dies nach seinem Anstellungsvertrage der Fall war.“ (594/ 95.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Die Vertheilung des gemeindesteuerpflichtigen Ein— kommens aus dem Betriebe eines über mehrere preußische Ge— meinden sich erstreckenden Versicherungs⸗, Bank. oder Kreditgeschäfts nach Verhältniß der in den einzelnen Gemeinden erzielten Brutto⸗ einnahmen braucht, nach einem Uriheil des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts, II. Senats, vom 29. Februar 1396, nicht auf Grund desselben Trienniums zu erfolgen, auf Grund dessen die Fest— stellung des Einkommens zur Staats. und Gemeindeeinkommen« steuer erfolgt ist, insbesondere ist der Vertheilung der drei⸗ jährige Durchschnitt der Bruttoeinnahmen aus den drei letzten Geschästsjahren zu Grunde zu legen, wenn zur Zeit der Ver theilung bereits das Ergebniß des zuletzt verflossenen Geschäftsjahres feststeht, während bei der Veranlagung zur Staats. Einkommensteuer dies noch nicht der Fall gewesen war und deshalb der dreijährige Durchschnitt der dem letztverflossenen Geschäftsjahre vorangegangenen drei Jahre zu Grunde gelegt worden war. „Vie Ermittelung der Bruttoeinnahmen ist nur zum Zwecke der Vertheilung noth⸗ wendig und hiernach unter Umständen es wohl möglich, daß thatsächlich für die Vertheilung eine andere Fraktion in Betracht kommen kann, als für die Feststellung des Einkommens. Die Frage, welche Jahre für jene maßgebend sein sollen, wird in 5 38 des Kommunalabgabengesetzes vom 27. Juli 1885 (jetzt 5 458 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893) nicht entschieden. Denn es heißt dort nur, daß die Ermittelung im dreijährigen Durchschnitt zu erfolgen habe. Es bleibt daher nur übrig, was die Art der Durchschnittsberechnung anlangt, auf diejenigen Vorschriften zurückzugehen, die in dem Einkommen steuergeseß vom 24. Juni 1891 und den dazu ergan⸗ genen Ausführungsanweisungen für die Ermittelung des Ein kommens aus Handel und Gewerbe gegeben sind. Danach sind nicht mehr, wie früher, schlechthin die dem Steuerjahr unmittelbar vorangehenden drei Jahre maßgebend, sondern nach der Aus führungsanweisung vom 5. August 1891 ist die Vorschrift im 10 des Gesetzes vom 24. Juni 1891 dahin deklariert, daß der maß⸗ gebende Zeitabschnitt sich bei jedem Steuerpflichtigen nach dem von ihm angenommenen Wirthschafts, oder Geschäftejahr richtet und daß als das der Veranlagung unmittelbar vorangegangene Wirthschafts-⸗ jahr das letzte gilt, dessen Ergebnisse zur Zeit der Veranlagung fest— gestellt werden konnten, wobei vorausgesetzt wird, daß diese letztere vor dem 1. April dem Beginn des Steucrjahres erfolgt. Ist aber die Einschätzung erst später erfolgt, so kommt es auf diej nigen Verhältnisse an, die am 1. April obgewaltet haben. Im vorliegenden Fall ist es nun nach dem Geschäftsbericht der O-⸗Bank klar, daß die Ergebnisse des Kalender und Geschäftsjahres 1893 am 1. April 1894 nicht nur fest⸗ gestellt werden konnten, sondern bereits feststanden. Die Vertheilung des Gesammteinkommens aus dem Jahre 1891s‚95 hat daher ab⸗ gesehen von den vorab an O. zu überweisenden 1009 nach dem Verhältniß der Bruttoeinnahmen in O. und M., wie sie sich in dem Triennium 1891/93 gestaltet haben, stattzufinden. (II. 408.)

In Bezug auf 59 11 2 des Einkommensteuergesetzez vom 24. Juni 1891, wonach von dem Einkommen nicht abzugsfähig sind die zur Bestreitung des Haushalts der Steuerpflichtigen und zum Unterhalt ihrer Angehörigen gemachten Ausgaben, hat das Ober ⸗Verwaltungsgericht, VI. Senat, J. Kammer, durch Urtheil vom 29. Februar 1896 ausgesprochen, daß das, was ein Vater den ihm in seinem Gewerbe oder in seiner Wirthschaft behilflichen Kindern an Geld oder Geldeswerth ae , Kleidung, Beköstigung u. dgl.) ewährt, eine abzugsfähige Betriebsausgabe des ersteren dann ildet, wenn zwischen ihnen eine vertragsmäßige Abrede, gleichriel in welcher Form, dahin getroffen ist. daß die Kinder in dem väterlichen Geschäft oder in der väterlichen Wirthschaft an Stelle der sonst nothwendigen fremden Hilfskräfte thätig sein und als Ent- gelt für diese Thätigkeit ven ihrem Vater bestlmmte, den üblichen Lohnsätzen fremder Hilfskräfte entsprechende Bezüge an Geld oder Geldeswerth erhalten sollen. ‚Denn nur unter der Voraussetzung, daß den Kindern danach ein vertragsmäßiger Rechtsanspru

Küfergesellen in eine Lohnbewegung eingetreten.

auf Gewährung dieser Bezüge für ihre Thätigkeit gegen hren Vater zusteht, haben die Kinder diesem gegenüber die wirthschaftlich selbständige Stellung eines Gewerbe oder Wirthschaftsgehllfen. Sind sie ohne Abschluß eines derartigen Arbeitsbertrags zwischen ihnen und ihrem Vater diesem in seinem Geschäft oder in seiner Wirthschaft , so haben sie gegen ihren Vater nicht einen rechtlichen An— spruch auf Entschädigung wegen der in seinem Interesse geleisteten Thätlakeit, sondern nur einen Anspruch als Kinder auf Gewährung von Unterhalt. Dasjenige, was ein Vater in diesem Falle seinen Kindern zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts, wenn auch zum theil in baarem Gelde (Taschengeld), gewährt, hat demnach lediglich die rechtliche Eigenschaft von Ausgaben zum Unterhalt seiner Angehörigen. Im allgemeinen wird von der Vermuthung auszugehen sein, daß ein im Haushalt seines Vaters lebendes und in dessen Ge— werbe oder Wirthschaft behilfliches Kind den ihm gewährten Unter— halt nicht als Gewerbe, oder Wirthschaftsgehilfe, sondern als Kind seines Vaters erhält. Das Bestehen eines besonderen Vertragsver⸗ hältnisses erfordert aber andererseits nicht den Abschluß eines Ver— trags in bestimmter Form; es wird viel mehr unter Umständen selbst ein stillschweigendes Einverständniß über den Abschluß eines Arbeitsvertrags genügen und demgemäß im Zwelfel die Frage des Vorlie⸗ gens eines besonderen Vertrag sverhältnisses nach den äußerlich erkennbaren Thatumständen beantwortet werden müssen. Dabei wird insbesondere darauf Gewicht zu legen sein, ob in dem Geschäft oder in der Wirth⸗ schaft des Vaterß bei dem Nichtvorhandensein der darin thätigen Kinder die gleiche Anzahl fremder Hilfskräfte gehalten werden müßte und ob die Bezüge der Kinder im wesentlichen den üblichen Lohnsätzen fremder Hilfskräfte entsprechen oder nicht. Dieselben Gesichtspunkte werden auch in dem Falle von besonderer Bedeutung sein, wenn Be⸗ denken darüber bestehen, ob ein nachweislich ausdrücklich abschlossener Vertrag ernstlich gemeint oder nur zum Scheine geschlossen ist.“ VI. A. 755, 95

Die Bestimmung des F 54 Th. II Tit. 15 des Preuß. Allg. Landrechts, wonach Brücken über Privatflüsse, welche bloß oder doch hauptsächlich zum Uebergang der Reisenden bestimmt sind, von denjenigen, welchen die Besserung der Wege ob— liegt, unterhalten werden müssen, ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungkgerichts, IV. Senats, vom 4. März 1896, auch da anwendbar, wo provinzielle Wegeordnungen bestehen. „Wenn § 54 a. a. O. bestimmt, daß Brücken unterhalten werden müssen, so ist das keine Besonderheit des genannten Gesetzbuchs und lein Partikularrecht seines Geltungsgebiets, sondern ein allgemein gültiger Grundsatz des Wegerechts, dessen Anwendung auch da, wo provinzielle Wegeordnungen bestehen, unbedenklich ist. (IV. 412.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Wohlfahrtseinrichtungen.

Der Kommerzien⸗Rath Bestehorn zu Aschersleben hat aus Anlaß seines jährigen Berufssubiläums der von ihm am 1. April 1886 gestifteten Unterstützungskasse seiner Fabrik weitere 30 000 M. überwiesen und viele seiner Arbeiter mit Geldgeschenken bedacht.

Zur Arbeiterbewegung. .

In Halle a. S. sind gestern, einer Mittheilung des Vorwärts“ zufolge, über 100 Steinsetzer in den Ausstand eingetreten, weil die Arbeitgeber an sie gestellte Forderungen abgelehnt haben.

Aus Langenbie lau wird demselben Blatt geschrieben, daß der Ausstand der dortigen Weber beendet sei. Der Arbeitgeber soll lleine Zugeständnisse, wie die Verkürzung der, Arbeitszeit um eine Viertelstunde, Erhöhung des Stücklohns bei bestimmten Arbeiten und Beseitigung mancher Mißstände, gemacht haben (vergl. Nr. 174 d. Bl.).

In Lüden scheid haben am 1. August, wie der ‚Rh.⸗Westf. Itg. berichtet wird, sämmtliche Polierer der Firma Jäger und Fischer wegen Lohnkürzung die Arbeit gekündigt. .

In Stuttgart ist, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, der Aus stand der Holzbildhauer nach 17wöchiger Dauer beendet worden. In einer größeren Anzahl von Fabriken wurde die neun stündige Arbeitszeit bewilligt, in einigen besteht noch die 93 stündige,

In Karlsruhe hat der ‚Frkf. Ztg. zufolge am 1. August eine Versammlung von Bauschlossern folgende Fordernngen an die Meister aufgestellt: zehnstündige Arbeitszeit, 13 Stunde Mittagspause und 28 4 Mindestlohn für die Stunde. ;

In Mainz sind, wie demselben Blatt geschrieben wird, die Am Sonn⸗ abend legte die Lohnkommission in einer Küferversammlung einen neuen Lohntarif vor, der für sämmtliche Accord⸗ und Taglohn— arbeiter eine erbebliche Lohnerhöhung fordert und die bisher un— geregelte Arbeitszeit auf zehn Stunden sestsetzt. Die Versammlung nahm die Forderungen an und beauftragte die Lohnkommission, sie den Küfermeistern zu unterbreiten. . . .

Hier in Berlin haben, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, die Arbeiter der Maschinenfabrik voa Jänicke u. Co. wegen Lohnkürzung die Arbeit niedergelegt.

Aus Lissabon wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 2. d. M. telegraphiert, daß infolge des Aus standes der Gasarbeiter gegen 1 Uhr Morgens das Gaslicht in der Stadt erlosch.

Kunst und Wissenschaft.

Die hiesige Universität beging gestern, am 3. August, in ihrem großen Hörsaale die Feier zum Gedächtniß ihres erhabenen Stifters, des Königs Friedrich Wilhelm III.

Derselben wohnten die Herren Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath Naumann und Geheimer RegierungsRath Schmidt vom Ministerium der geistlichen, Unterrichts und Medizinal-An⸗ gelegenheiten, der Chef des Militär-Bildungswesens General von Keßler, der Direktor der Kaiser Wilhelms-Akademie General⸗Arzt Dr. Grasnick, der General⸗ Superintendent Faber, der Stadtrath Hauck als Vertreter der städtischen Behörden sowie andere hervorragende Personen bei. ;

Die Feier wurde mit Harmonium⸗Spiel und Gesang eröffnet, worauf der zeitige Rektor, Herr Geheimer Regierungs— Rath Professor Dr. A. Wagner die Festrede über die Entwickelung der Universität Berlin von ihrer Errichtung bis zur Gegenwart hielt.

Sodann wurden von dem Rektor die Urtheile der Fakultäten über die eingegangenen Preisschriften mit⸗ getheilt. ö

Die Fakultäten haben folgende Preise zuerkannt:

I) die theologische: .

den Königlichen Preis:

dem Studierenden der Theologie Paul Schwabe aus Berlin;

2) die medizinische: J

Königliche Preise:

dem Dr. med. Fritz Frohse aus Salzwedel, dem Kan⸗ didaten der Medizin Fritz Großmann aus Gr Glogau und dem Kandidaten der Medizin Willy Lubosch aus Berlin;

den städtischen Preis:

dem Kandidaten der Medizin Alfons Jaffe aus * so phis

e philo sophische: ; gischeiche e l. 8 6 Studierenden der Philosophie Paul Menzer aus erlin ; dem Studierenden der Geschichte Otto Cartellieri aus Cassel;

K städtische Preise . dem Studierenden der Philosophie Felix Fiedler ais Berlin und dem Studierenden der Philosophie Isaak Heinemann aus Frankfurt a. M; außerdem ein „Accessit“ im Betrage von 160 , dem Studierenden der Philosophie Edmund Neuen—⸗ dorff aus Berlin und eine lobende Erwähnung“ dem Studierenden der Mathematik Karl Schmidt aus , a. M. und dem Studierenden der Philosophie Karl Matthes aus Koblenz. Die juristische Fakultät vermochte die eingelieferten Arbeiten nicht mit einem Preise zu krönen. Zum Schluß machte der Rektor die Preisaufgaben für das nächste Jahr bekannt. Mit Gesang schloß die Feier.

Dem soeben erschienenen 3. Vierteljahrs⸗Heft XVII. Bandes des Jahrbuchs der Königlich preußischen Kunst— sammlungen (Berlin, G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung) entnehmen wir folgende Mittheilungen über bedeutendere Neu Erwerbungen ze. in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März d. J: Die Gemälde Galerie der Königlichen Museen erwarb ein besonders feines männliches Porträt von Daniel Chodowiecki. Dasselbe befand sich im Besitz des verstorbenen Bibliothekars Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Dr. Robert- Tornow, welcher testamentarisch das Angebot des Bildes an die Königliche Galerie festgesetzt hatte. Das kleine Bild, das nach der Angabe des Verftorbenen den Vater der Rahel von Varn⸗ hagen darstellt, konnte im Tausch erworben werden, indem zwei früher schon zum gelegentlichen Verkauf aus dem alten Magazin zurück⸗ gestellte Fresken dafür fortgegeben wurden. Für die Sammlung antiker Skulpturen hat Herr Geheimer Regierungs—⸗ Rath Kekuls von Stradonitz in Italien ein großes und schönes, einstmals in der Sammlung Nani in Venedig befindliches Grab—⸗ relief erworben. Die Hauptpersonen darauf sind ein Krieger und eine vor ihm sitzende Frau, der er die Hand zum Abschied reicht. Dem Stil nach stammt das Relief aus Attika und ist noch im V. Jahr⸗ hundert v. Chr. verfertigt. Es ist mithin älter als die beiden großen, sonst schon in der Sammlung vorhandenen attischen Grabreliefs. Zu den Gipsabgüssen sind einige Porträtköpfe hinzugekommen: aus dem Louvre ein Ptolemaios Soter und ein als Herakles dargestellter Mithridates, beide erst in letzter Zeit als Darstellungen der genannten Könige gedeutet; ferner aus einer Privatsammlung in München ein mit Epheu bekränzter Homer. Endlich ist durch besondere Bestellung aus dem Museum zu Cherchel in Algier der Abguß einer Frauenstatue beschafft worden, in der man eine Kopie derselben bedeutenden Arbeit des V. Jahrhunderts v. Chr. erkannt hat, auf die auch die in der Rotunde des Alten Museums stehende Demeter Nr. 83 zurückgeht. Die Abtheilung der Bildwerke aus der christlichen Epoch e erhielt als Geschenk eines hohen Gönners eine sehr werthvolle, fast lebensgroße Madonnenstatue der Pisaner Schule des XIV. Jahr⸗ hunderts. Die Auffassung ist herber als die des Nino Pisano; auch auf Tommaso Pisano kann man nicht schließen, da er weit hinter diesem Meister zurücksteht. Vielleicht war der Bildhauer ein Künstler der Pisaner Schule, der auswärts, in Florenz, Sieng oder Lucca arbeitete. Wo die Statue sich ursprünglich befand, konnte leider bisher nicht ermittelt werden. Auch das Antiquarium und das Münzkabinet erhielten durch Ankäufe und Geschenke mannigfachen Zuwachs. Unter den Geschenken für das letztere verdient Hervorhebung eine bisher nur in einem einzigen Exemplar bekannte kleine Kupfer⸗ münje von EGresus auf Lesbos, deren eine Seite die ganze Figur der die Lyra haltenden Sappho mit der erklärenden Beischrift zeigt. Das von Herrn Paton in Oxford geschenkte Stück dieser zierlichen und durch die sicher beglaubigte Darstellung der Dichterin hochinteressanten Münze ergänzt das hiesige Exemplar, das bis jetzt als Unikum galt. In der egyptischen Abtheilung konnte eine schon lange empfundene Lücke in der Sammlung der vorderasiatischen Alterthümer ausgefüllt werden. Bis jetzt feblten fast ganz Thontafeln aus den ältesten Zeiten der Reiche am Euphrat und Tigris. Ein Geschenk des Herrn James Simon, dessen Familie die Sammlung außer vielem anderen auch schon die Thontafeln von Tell,el‚Amarna verdankt, hat nun dem Museum derartige Stücke in reicher Fülle gebracht. Denn die Zu— wendung umfaßt gegen 500 Thontafeln aus der zweiten Vynastie von Ur (orütes Jahrtausend v. Chr.), die mit Verwaltungeschriftstücken aus den Tempeln von Lagasch, dem heutigen Tello, bededt sind. Sie geben ein äußerst lebendiges Bild von dein gewaltigen Umfang dieser Anlagen, von dem geschäftlichen Leben und der Verwaltung der Land⸗ güter. Durch die Hilfe mehrerer Freunde der Königlichen Museen konnte ferner ein eyprisches Schmuckstück in Gold von vollendeter Feinheit der Arbeit erworben werden. Auch die Sammlung der egyptischen Alterthümer ist durch mehrere werthvolle Stücke bereichert worden, von denen hervorzuheben sind: ein größeres Bruchstück eines lateinischen Papyrus der früheren Kaiserzeit, der die Senatsrede eines Kaisers enthält, und zwei interessante egyptische Bronzen.

Heute Vormittag wurde, wie W. T. B. meldet, in München der III. internationale Kongreß für Psychologie, zu dem ungefähr 500 Theilnehmer eingetroffen sind, in Gegenwart Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen Ludwig Ferdinand und der Prinzessin Therese in der großen Aula der Universität feierlich eröffnet. Professor Stumpf Berlin hielt einen Vortrag über das Verhältniß von Leib und Seele. Hierauf begrüßte der Kultus: Minister von Landmann den Kongreß im Namen der bayerischen Staatsregierung, wobei er der Zuversicht Ausdruck gab, daß die psychologischen Forschungen die Üeberzeugung von der Verantwortlichkeit des Menschen für seine Handlungen niemals erschüttern werden. Namens der Stadt München sprach Bürgermeister Brunner, namens der Universität der Rector magniflcus Professor von Baurr. Sodann folgten die ersten Vorträge von Professor Richet⸗ Paris „Sur la douleur“ und von, Professor Franz von Liszt⸗Halle „Ueber die kriminelle Zurechnungsfähigkeit“.

In Oldenburg ist, wie die Weser⸗Ztg.“ meldet, am Sonn⸗ abend nach schwerem Leiden der 1828 kel geborene Geheime Ober⸗Medtzinal. Rath Dr. Tappehorn gestorben. Früher war der⸗ selbe Kreisphysikus in Cloppenburg und dann Ober. Gerichtsarzt in Varel; Ende der fünfziger Jahre wurde er als Leibarzt Seiner König⸗ lichen Hoheit des Großherzogs nach Oldenburg berufen. Die berühmte Sängerin Frau Moran⸗Qlden ist seine Tochter.

Sir Will iam Robert Grove, ein bedeutender Physiker, ist am 2. August in London im Alter von 85 Jahren gestorben. Grove war utsprünglich Jurist, wandte sich dann aber den Natur= wissenschaften ju und erregte im Jahre 1842 mit seinen naturphilo⸗ sophischen Vorträgen über die correlation of physical forces großes Aufsehen. Eine bon ihm konstruierte galvanische Batterie ist unter dem Namen „Grove'sche Batterie“ bekannt. .

Die „Zürcherische naturforschende Gesellschaft hat, wie W T. B.“ meldet, anläßlich der Feier ihres 150 jährigen Bestehens folgende deutsche Professoren zu Ehrenmitgliedern ernannt: Hofrath Hasse in Hameln, Zeuner-⸗Dresden,. Christoffel= Straßburg, Slaby Berlin, Wedekind. Braunschweig, Eberth⸗-Halle, Wislicenus · Leipzig, , , , Theodor Meyer Straßburg, Schar ⸗Straßburg, Weber Straßburg, Schwarz Berlin, Victor Meyer⸗ Heidelberg, Frobenius Berlin, Hautzsch Würzburg; ferner folgende ausländische Gelehrte: Dr. Gräfe Triest und Dr. Choppaz ⸗Lissabon.

Literatur.

Die vierte Auflage (neue Subskription) der illustrierten 6 von 6 eis Werken, welche die Deutsche Verlags⸗ Änstalt in Stuttgart veranstaltet, ist jetzt bis zur 71. Lieferung (Preis je 50 I) gefördert. Damit gelangt der IV. Band zum Ab⸗

schluß. In der 54. Lieferung begannen Wilhelm Meister s Wander⸗ jahre“ mit Abbildungen von A. Langhammer, C. Karger, Erdmann Wagner, Max Volkhart. Der 69. Lieferung ist eine neue Lichtdruck⸗ tafel nach einer lebensbollen Zeichnung von G. Wagner beigegeben, darstellend die Scene, wie Meister einen Jüngling vom Ertrinken errettet. Die Lieferungen 62 bis 67 enthalten den Roman (Die Wahlverwandtschaften“, illustriert von dem verstorbenen Paul Grotjohann und Franz Simm. Der letztere lieferte dazu ein vortreffliches besonderes Kunstblatt, welcheg die Besprechung Eduard's, Charlotte's, Ottilien's und des Hauptmanns über den Plan des neuen Hausetz zum Gegenstand hat. In den weiteren Heften findet man die kleineren erzählenden Werke Goethe's: ‚Mnterhaltungen deutscher Ausgewanderten', „Der junge Prokurator und die earn es Kaufmanns“, die Novelle‘, die Erzählung ‚Die guten Weibern und das Fragment „Reise der Söhne Megaprazon's'. Auch diefe Lieferungen sind von der Hand verschiedener Künstler aufs Reichste mit Bildern zum Texte, wie mit geschmackvollen Titelverzierungen und Schlußvignetten illustriert.

= Von der neuen Schiller⸗Ausgabe des Bibliographischen Instituts zu Leipzig und Wien, die von dem wohlbekannten Literar= historiker und Aesthetiker Professor Dr. S. Bellermann hierselbst kritisch revidiert und mit Erläuterungen versehen ist, gelangte soeben der sechste Band zur Ausgabe. Damit wird die sogengnnte (kleine Ausgabe zum Abschluß gehracht. Diese ist zum Preife von 16 käuflich und umfaßt in geschmackvollem Liebhabereinband die Bände 1 bis 8, d. h. alle diejenigen Werke des Dichters, die für die Allgemeinheit von besonderem Interesse sind. Der vorliegende fechste Band enthält in seiner ersten Abtheilung die beiden größeren Erzählungen Schiller's, den „Verbrecher aus verlorener Ehre“ und den Geifterseher “n, in seinem zweiten Theil aber die Abhandlung „über Universalgeschichte und den. Ab⸗ fall der Niederlande. Daß bei diesen historischen Arbeiten die kommen= tierende Thätigkeit des Herausgebers eine besonders umfangreiche und eingehende sein mußte, liegt auf der Hand, aber man darf sagen, daß die schwierige Aufgabe auch vortrefflich gelöst wurde. Der „kleinen“ Ausgabe werden weitere sechs Bände, jeder ebenfalls zum Preise von 2. 4M, folgen, die alles das enthalten sollen, was in den ersten acht nicht aufgenommen werden konnte, und alle 14 Bände zusammen werden die große“ Ausgabe bilden.

Europäische Wanderbilder. Nr. 248, 249: „Genf und Umgebung‘. (Zürich, Orell Füßli; Preis 1 ) Dieses neueste Doppelheft der bekannten Sammlung erscheint gerade zur rechten Zelt, da bekanntlich gegenwärtig in Genf die sehr sehenswerthe schweizerlsche Landes-Ausstellung stattfindet und ihren Besuchern damit ein will⸗ kommener, anziehend geschriebener Führer durch die Stadt geboten wird. Außer den Hauptsehenswürdigkeiten derselben ist auch die nähere und weitere Umgegend geschildert, fo der Park Ariana mit dem in ein Museum umgewandelten und der Stadt von dem Besitzer ge⸗ schenkten Schloß, der aussichtsreiche Mont Salve, auf den jetzt eine elektrische Bahn hinaufführt ꝛc. Das Heft ist wie die früheren reich und gut illustriert. ĩ

Das August⸗Heft der ‚Deutschen Rundschau“ bringt eine Novelle von Adalbert Meinhardt, in welcher herbe Schicksale so dargestellt sind, daß sie durch eine hohe Lebensauffassung ihre ver— söhnende Verklärung erhalten. Ludwig Stein behandelt das Kapitel der experimentellen Pädagogik und sucht darzulegen, wie die natur⸗ wissenschaftliche Methode auch für die Pädagogik ganz neue Perspek⸗ tiven eröffne und geeignet sei, die Fragen der Jugenderziehung auf empirischem Wege zu lösen. Ludwig Friedlaender beschließt seine Er⸗ innerungen an Königsberger Gelehrtenkreise; ebenso giebt Otto Seeck die letzten Abschnitte seiner Uebersicht über die Entwickelung der antiken Geschichtsschreibung. Land und Leute des Nordens ver anschaulichen die Bilder aus Island! von Andreas Heusler. In mehreren anderen Aufsätzen werden Ereignisse der unmittelbaren Gegen⸗ wart von berufener Feder behandelt: Julius Lessing schildert die Berliner Gewerbe⸗Ausstellung. Alfred Schöne die Einweihung des Goethe⸗Schiller⸗Archivs in Weimar, Hermann Grimm gedenkt in tief empfundenen, begeisterten Worten des großen Todten Ernst Curtius, dessen Wesen er in einem Brief den Freunden als Freund nach persönlichen Eindrücken vor Augen führt. Die politischen Vorgänge der letzten Wochen faßt die politische Rundschau zu—⸗ sammen; dem literarischen Leben endlich dient eine literarische Rundschau, die das Heft abschließt; sie enthält eine eingehende Würdigung von Freeman's Geschichte Siziliens, sowie eine Fülle literarischer Notizen und eine reichhaltige Bibliographie. Gleich zeitig erschien das zweite Generalregister zur ‚Deutschen Rund- schau ', umfassend den Inhalt der Bande 41 bis 80 (Pr. 7 ). Dasselbe erstreckt sich also, wie das erste Generalregister, nach dessen Grundsätzen es auch gearbeitet ist, über einen Zeitraum von zehn Jahren. Der Mannigfaltigkeit und dem Reichthum des Inhalts der Revue entspricht auch der Werth dieses Generalregisters: es orientiert schnell über alle größeren Ereignisse der Politik, der Wissenschaft, der Kunst und Kultur, kurz über alle wichtigeren Vorkommnisse des öffent⸗ lichen und geistigen Lebens während eines Jahrzehnts, wie sie von hervorragenden Gelehrten und Forschern, Dichtern und Publizisten darin behandelt worden sind. Nicht nur den Lesern der ‚„Deutschen Rundschau“, sondern Allen, die an dem geistigen Leben unserer Zeit . nehmen, dürfte dieser Registerband sich als Rathgeber nützlich erweisen.

Im 25. Heft der illustrierten Zeitschrift Zur guten Stunde“ (Berlin, Deutsches Verlagshaus Bong u. Co.; Preis des vierzehntäglich erscheinenden Hefts 40 4) giebt der bekannte Gerichts- chemiker Dr. Jeserich in Nr. III seiner Artikel⸗Serie Aus dem Tagebuche eines Gerichtschemikers' interessante Aufschlüsse über Papier als Verräther vor Gericht und das von ihm erfundene photographische Verfahren zur Feststellung von Fälschungen. Im 26. Heft unterzieht ein Fachmann die eisenhaltigen Nahrungsmittel zur Verbesserung des Bluts einer belehrenden Besprechung. Zahlreiche andere illustrierte Artikel von allgemeinem Interesse schließen sich diesen Arbeiten an und gestalten in Verbindung mit spannenden Romanen (Annie Bock: „Führe uns nicht in Versuchung', Hans Richter: Vergeltung“), sowie mit vortrefflichen Illustrationen und der Gratisbeilage Illustrierte Klassiker⸗Bibliothek‘, welche Eichendorff's Gedichte bringt, den Inhalt vielseitig und mannigfaltig. Eine besonders beifallswerthe Be⸗ reicherung hat das Journal durch die Ausdehnung der Abtheilung „Für unsere Frauen“ erfahren, welche dadurch zu einer Rathgeberin in allen häuslichen Fragen, speziell bezüglich wirthschaftlicher Er sparungen erweitert worden ist.

Chr. Peip's Taschen⸗Atlas von Berlin und weiterer Umgebung. Verlag von Hobbing und Büchle in Stuttgart. Dieses kleine Werk enthält 16 Karten in Farbendruck, ferner einen Plan von Berlin (innere Stadt), eine Spezialkarte von Potsdam und Umgebung und eine solche vom Spreewald nebst kurzem „Führer“ von Paul Lindenberg, sowie in einem Anhang ein Ver⸗ zeichniß der hauptsächlichsten Sehenswürdigkeiten Berlins mit Angabe der Besuchsbedingungen u. s. w. Es bietet in handlichster Form eine klare und genaue geographische Darstellung der Lage der deutschen herche n ptf und ihrer weiteren Umgebung. Seinen Zweck vermag es indessen nur in beschränktem Maße zu erfüllen; denn für Touristen, für die es in erster Linie bestimmt sein soll, ist einmal der Maßstab der Karten viel zu klein und zum anderen der Führer“ zu knapp und lückenhaft. Der ‚Taschen · Atlas kann daher die bisher benutzten „Wanderbücher“ in keiner Beziehung ersetzen.

Gesundheitswesen, Thiertrankheiten und Ab syerrungs⸗ Maßregeln.

Portugal. . . Durch Verfügung des Königlich pertugiesischen Ministeriums des Innern ift der Hafen von Port Said für choleraverseucht erklärt worden.

Kairo, 3. August. ‚Reuter's Bureau“ meldet: Am Freitag, Sonnabend und Sonntag sind 418 neue Erkrankungen und 347 Todes-⸗ fälle an Cholera vorgekommen, davon 6 in Kairo und 5 in

Alexandrien.