1896 / 202 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 Aug 1896 18:00:01 GMT) scan diff

K

Ueber die Reise des ö nach Rumänien ind, dem „Prag. Abdbl.“ zufolge, bis jetzt folgende estimmungen getroffen worden: Der König von Rumänien

wird mit dem Kaiser in Verciorovag zusammentreffen.

Beide Majestäten fahren dann gemeinschaftlich nach Bukarest,

wo sie am 28 September ef Auf dem Bahnhof wird

der Kaiser durch die obersten Staatswürdenträger, die Generalität und die österreichisch⸗ ungarische Kolonie begrüßt. Abends findet große Hoftafel und später eine festliche Illumination der Residenz statt. Am 29. September wird bei Cutroceni eine Parade abgehalten, worauf die Besichtigung der Festungs⸗ bauten von Bukarest erfolgt. Die beiden Monarchen begeben sich sodann nach Singig, wo der Kaiser in dem an dem Flusse Pelesz gelegenen Schlosse Aufenthalt nehmen wird.

Ruszland.

In Kraßnoje⸗Sselo fand gestern, wie dem W. T. B.“ berichtet wird, in Gegenwart des Kaisers, ber Kaiserin sowie sämmtlicher Großfürsten und Großfürstinnen eine große Truppenschau statt. In Linie standen 635 Bataillone Infanterie, 41 Eskadrons Kavallerie, 13 Sotnien Kosaken und 5 Bataillone Artillerie mit 200 Geschützen. Der Kaiser war zu Pferde, die Kaiserin saß mit der Großfürstin Maria Pawlowna in einem à la Daumont bespannten Wagen. Nach der Truppenschau beglückwünschte der Kaiser die Fähnriche und Kadetten, die zu Offizieren befördert waren. Darauf nahmen die Majestäten das Frühstück ein und begaben sich alsdann nach Peterhof.

Italien.

Der „Italie“ zufolge wurde gestern im Vatikan die Ankunft einer Depesche aus Djibuti mitgetheilt, welche meldet, daß Menelik aus Ehrerbietung gegen den Papst eine be⸗ stimmte Zahl Gefangener freilassen werde.

Spanien.

Von dem General⸗Kapitän der Philippinen, General Blanco y Arenas ist in Madrid die Meldung eingetroffen, daß er, um jeden Versuch zum Aufstand zu unterdrücken, die Zusammenziehung der Gendarmerie nach Manilla angeordnet ö In Manilla hätten von neuem Verhaftungen statt⸗ gefunden.

Von Barcelona ist gestern ein Dampfer mit Ver⸗ stärkungen nach Cuba abgegangen.

Türkei.

Der Minister des Aeußern Tewfik Pascha hat, wie „W. T. B.“ berichtet, in den letzten Tagen wiederholt auch den österreichisch⸗ungarischen Botschafter besucht und mit demselben über die kretische Frage konferiert.

Das Wiener „Fremdenblatt“ erklärt, die letzten Nachrichten aus Konstantinopel berechtigten zu der Hoffnung auf eine friedliche Lösung der kretischen Frage. Die Kreter hätten ihr Schicksal vertrauensvoll in die Hände der Mächte gelegt, und auch die Pforte habe die Vermittelung der Mächte angesprochen. Die Basis für den Ausgleich solle ein von der Botschafter-Kon⸗ ferenz ausgearbeiteter, von allen Mächten angenommener Ent— wurf bilden. Die wesentlichsten Punkte dieses Entwurfs, nämlich die Ernennung eines christlichen General⸗ Gouverneurs auf 5 Jahre unter Zustimmung der Mächte, Reorganisation der Gendarmerie und finanzielle Zugeständ nisse, schlössen sich an die bekannten Forderungen der Kreter an. Dem einmüthigen Zu⸗ sammenwirken der Mächte werde es hoffentlich bald gelingen, beide in Frage kommenden Theile für die vor⸗ geschlagene Neuregelung der staatsrechtlichen Verhältnisse Kretas zu gewinnen. Eine möglichst rasche Beilegung der Differenzen liege sowohl im Interesse Kretas als in dem der Türkei, welche sich den wohlmeinenden Rathschlägen der Mächte gewiß nicht verschließen und sich darüber klar sein werde, daß die Zurückweisung eine Fortdauer der unerträg⸗ lichen Zustände auf Kreta herbeiführen müsse.

Die Pforte hat, wie das Wiener „K. K. Telegraphen⸗ Korrespondenz⸗Bureau“ erfährt, dem griechischen Gesandten in Konstantinopel Vorstellungen betreffs der Landung von 28 griechischen Offizieren mit Waffen auf Kreta gemacht. Von griechischer Seite werde erklärt, es seien nur 8 Sffiziere sowie einige entlassene Unteroffiziere ohne Kanonen und nur mit einem kleinen Waffenquantum gelandet.

Der Times“ wird aus Canea von gestern mitgetheilt, daß die Türken eine Frau ermordet und deren Sohn dicht vor den Thoren der Stadt verwundet hätten. Die Christen ö in Kasteli 120 Mann türkischer Truppen. Die Konsuln hätten an die Insurgenten ein Schreiben gerichtet, worin sie die Aufhebung der Belagerung verlangten.

Bei dem Gebet des Verwesers des armenischen Patriarchats Bartoghemios fanden, dem „W. T. B.“ zufolge, am Sonntag in Konstantinopel in einigen armenischen Kirchen abermals Kundgebungen statt. Drei arnautische Büchsen— macher sind unter dem Verdacht eines Komplotts gegen den Dildiz⸗Kiosk verhaftet worden.

Aus Athen wird der „Agence Havas“ mitgetheilt, daß der magcedonische Bandenführer Broufas getödter worden sei; seine Bande befinde sich auf der Flucht. Zur Zeit hielten sich nur noch fünf bis sechs kleine Banden in Macedonien auf.

Bulgarien.

Die „Agence Balcanique“ meldet, daß der diplomatische Agent Rußlands Tscharykow Sofia mit zweimonatigem Urlaub verlassen habe, und bemerkt, man könne darin einen deutlichen Beweis erblicken, daß die innere Krisis in keiner . zu irgend einer politischen Frage stehe. Die „Agence Balcanique“ erklärt ferner einer Meldung des Pariser „Temps“, daß Zankow ans Ruder gelangen werde, gegen⸗ über, daß dieser schon seit geraumer Zeit den Fürsten nicht esehen und niemals eine Berufung Zankow's zum Fürsten . habe.

Amerika.

Der Präsident Cleveland hat den ehemaligen Gouverneur von Missouri David R. Francis zum Sekretär des Innern Le gl an Stelle des aus seinem Amt scheidenden Hoke

mith.

Ver Staatssekretär Olney erhielt aus Callao die Mel⸗ dung, daß ein Amerikaner Namens Cooper und vier andere Amerikaner von peruanischen Indianern getödtet worden seien.

Nach einem in Mabrid eingetroffenen . aus Cuba werde General Weyler ein Dekret erlassen, welches die Kaffee⸗Ernte zur Zeit verbiete, weil mehrere Plantagenbesitzer ein Abkommen mit den Rebellen getroffen hätten, wonach sie letzteren Abgaben zahlen wollten, wenn sie die Ermächtigung zur Ernte erhielten.

Aus Rio de Janeiro von gestern erfährt das, W. T. B.“, daß die Kammer der Abgeordneten einstimmig das Ab⸗ kommen mit Italien verworfen habe. Die Erregung gegen die Italiener in San Paulo dauere fort; am Sonnabend und Sonntag hätten Zusammenstöße zwischen Brasilianern und Italienern stattgefunden, bei denen vierzig Personen verwundet worden seien; drei von ihnen seien ge⸗ storben. Auch in Rig de Janeiro hätten die Unruhen noch nicht aufgehört. Am Sonntag Abend seien feindselige Rufe gegen Italien ausgestoßen worden. Die Hauptstraßen würden durch Patrouillen bewacht.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Nach 5 d der Preußischen Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 genügt zur Begründung des Antrags auf Löschung einer Hypothek die von dem Gläubiger ertheilte Quittung oder Löschungsbewilligung. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, V. Zivilfenat, durch Urtheil vom 13. Mai 1896 ausgesprochen, daß, wenn ein Kapital mit Zinsen von einem hestimmten Zeltpunkte ab zediert worden ist, datselbe auf Grund der Quittung des Zessionars gelöscht werden kann, ohne daß sich der Grundbuchrichter darum kümmern darf, ob auch die älteren Zinsen bezahlt sind. (394 /95.)

Für Unrichtigkeiten in der Beantwortung der Fragen eines Versicherungs-Antragformulars hat nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Zivilsenats, vom 22. März 1896, der Versiche⸗ rungö nehmer einzustehen; er kann sich nur durch den von ihm zu führenden Nachweis besonderer Umstände entlasten, welche ein Verschulden oder bösen Glauben auf seiner Seite ausschließen. Als ein solches EntlastungsZsmoment kann sowohl nach allgemeinen Grundsätzen als namentlich nach dem § 6 der Versicherungs⸗ Bedingungen nech nicht der Umstand angesehen werden, daß, wie im vorliegenden Fall, ein Agent oder Beamter der Versicherungsgesell« schaft den von dem Versicherungsnehmer unterzeichneten Fragebogen ausgefüllt hat; vielmehr hat der Versicherte noch andere Thatsachen darzulegen, welche nach Lage des Falls die unrichtige Beantwor⸗ tung zu entschuldigen geeignet sind. Als eine solche That— sache muß aber hier der von dem Kläger behauptete und vom ersten Richter zum Eide verstellte Umstand angesehen werden, daß der Inspektor K. auf die Mittheilung des Klägers von dem früher erlittenen Beinbruch erklärt hat, es sei nicht nöthig, daß dies in den Antrag aufgenommen werde. Hiernach war einerseits der Kl. berechtigt, der gedachten Auskunft des sachkundigen Versicherungs— beamten zu vertrauen und gutglänbig anzunehmen, daß die Nicht erwähnung des früher erlittenen, noch dazu 18 Jahre zurückliegenden Beinhruchs nicht gegen die ihm der Beklagten gegenüber obliegende Verpflichtung zur Wahrhaftigkeit verstoße ... (48/96)

Der Rücktritt von einem Miethsvertrage wegen Schwammes in den Miethsräumen ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zipilsenats, vom 15. Juni 1896, im Gebiete des Vreuß chen. Aligemẽinen Landrechts nur dann zulässig, wenn der Schwamm in einem solchen Umfange in den Miethsräumen vorhanden ist, daß dadurch ihre Benutzung gesundheitsschädlich ist oder sie sonst zu dem bestimmten Gebrauch ungeeignet sind. (71 96.)

. = Nach § 123 Abs. 3 des Strafgesetzbuchs tritt bei einem Haus— friedens bruch seitens einer mit Waffen versehenen Person Gefängnißstrafe von einer Woche bis zu einem Jahre ein. In Bezu auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. Strafsengt, dur Urtheil vom 17. März 1896 ausgesprochen, daß dieselbe auch dann Anwendung findet, wenn der in seinem Hausfrieden Gestörte keine Kenntniß davon hat, daß der Thäter mit einer Waffe versehen ist. „Das Gesetz erachtet zur Qualifizierung der That das Versehensein des Thäters mit einer Waffe für ausreichend. Offenbar ist der gesetzgeberische Grund hierfür darin zu finden, daß das bewußte Mitsichführen einer Waffe bei Begehung des Hausfriedensbruchs für eine wesentlich größere Intensität des ver brecherischen Willens zeugt und zugleich auch objektiv die Gesähr⸗ lichkeit der That erhöht und somit den Bruch der Rechtsordnung ver— größert. ( lI7 / 96.)

Derjenige Kontrahent, welcher die über einen mündlich abgeschlossenen, nach dem Gesetz schriftlich zu errichtenden Ver⸗ trag abgefaßte Urkunde durch seine Unterschrift vollzogen und dem anderen Kontrahenten übergeben hat, kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Zivilsenats, vom 8. Juni 1896, im Gebiete des Preußischen Allgemeinen Landrechts gegen Ansprüche, welche dieser Kontrahent auf Grund des Vertrages gegen ihn erhebt, einen Ein⸗ wand aus der fehlenden Unterschrift des letzteren nicht ableiten. (4496)

Dem Eigenthümer eines Sees liegt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V Zwilsenats, vom 10. Juni 1896, im Gebiet des Preuß. Allg. Landrechts die öffentlich⸗rechtliche Ver⸗ pflichtung ob, denselben in einem solchen Zustande zu erhalten, mie es das polizeilich zu schützende öffentliche Interesse erfordert. In dem zu Grunde liegenden Falle hatte die Stadtgemeinde K. gegen den. Eigenthümer H. Klage auf Reinigung des ihm gehörigen Sees erhoben, indem sie ihn für verpflichtet er⸗ achtete, diese Reinigung, welche die Polizeibehörde von der Stadt- gemeinde aus sanitätspolizeilichen Gründen verlangt hatte, auszu— führen, und diese Klage wurde vom Reichsgericht für begründet er achtet, indem es ausführte: „Die Klägerin behauptet, daß dem Be— klagten als Eigenthümer des Sees die öffentlich rechtliche Verpflich⸗ tung obllege, denselben so zu unterhalten, daß polizeilich zu . öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt oder gefährdet werden. Denn nach öffentlichem Recht sei, wie das Königliche Ober Verwaltungsgericht in wiederholten Entscheidungen ausgesprochen habe, jeder Eigenthümer verpflichtet, sein Grundstück in einem solchen Zustande zu erhalten, bezw. es so umzugestalten, wie es der polizeilich zu schützenden öffent⸗ lichen Interessen halber nothwendig sei, möge die unzulässige Be⸗ schaffenheit des Grundstücks durch den Eigenthümer selbst oder durch Dritte herbeigeführt oder durch Zufall entstanden sein. Richtig ist, daß dieser Rechtssatz vom höchsten Verwaltungs— gerichtshof als Norm des öffentlichen Rechts in einer ganzen Reihe von Entscheidungen vertreten worden ist. Für den vor⸗ liegenden Fall bedarf es keiner Erörterung darüber, ob er in vollem Umfange insbesondere auch in so weit, als er sich auf eine Um⸗ ,, des Grundstücks bezieht anzuerkennen sein möchte; denn hier handelt es sich nur darum, ob der Beklagte als Eigen thümer verpflichtet ist, das ihm gehörige Grundstück (den Ses in einem solchen Zustande zu erhalten, wie es das polizeilich zu schützende öffentliche Interesse erfordert. Dies aber ist im Anschluß an die vorerwähnten Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts unbedenklich anzuerkennen.“ (396 / 965.)

Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.

Nach § 70 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 steht dem Steuerpflichtigen gegen den Beschluß des Gemeindevorstands über den Einspruch gegen die Steuerheranziehung binnen einer mit dem ersten Tage nach erfolgter Zustellung beginnenden Frist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren offen. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht, II. Senat, durch Urtheil vom 26. April 1896 ausgesprochen, daß die Klagefrist am letzten Tage der zweiten Woche, nicht am ersten Tage der folgenden dritten Woche abläuft. ‚Da vorliegenden Falls die Zustellung des Bescheideg am Mittwoch, den 18. September 1896, erfolgt ist, standen dem Kläger für Anstellung der Klage außer dem

nicht verflossenen Theile des Zustellungstages die vollen 14 Ta Anbeginne des ,, den 19. September, bis zum if . des Mittwoch, den 3. Oktober 1896, offen. Dagegen fällt der 3. Oktober, Donnertztag, als fünfzehnter Tag nicht mehr in die auf nur 14 Tage gesetzlich bemessene Frist. (II. 8623

Ortssteuerregulative sind, nach einem Urtheil des Ober. Verwaltungggerichts, II. Sengts, vom 15. Juni 1896, als ö. gesetze innerhalb ihres beschränkten Geltungsgebiets den Staats gesetzen gleichgestellt, und sie können sich ebenso wie Staatsgefettze rück wirkende Kraft beilegen. Mittels Verfügung des Magistcatg zu Breslau vom 12. Junt 1895 wurde X. zu einer Umfatzsteuer von 645 M herangezogen wegen der auf Grund eines Kauspertrags vom 12. März 1895 unter dem 3. April 1895 an ihn erfolgten ig ffung des Ve Hotels zu Breslau. X. zahlte unter Vorbehalt und klagte' auf Rückzahlung, indem er die Anwendbarkeit der der Forderung zu Grunde liegenden Steuerordnung bestritt, weil diese, durch Beschluß der Stadtverordneten vom 7. . festgestellt und von dem Be⸗ zirksgusschuß am 2. März genehmigt, erst unter dem 27. April die ministerielle Zustimmung sefunden häbe und unter dem 8. Mal ver— öffentlicht sei, auf Ereignisse aber, die vor ihrer Veröffentlichung oder doch vor der ministeriellen Zustimmung lägen, keine Wirkung aͤußern könne. Der Beklagte machte dagegen geltend, daß die ,. Steuerordnung als Tag ihres Inkraftretens den 1. April 8596 bezeichnet und in so weit eine rückwirkende Kraft habe. Die Klage wurde vom Bezirksausschuß abgewiesen, und die dagegen eingelegte Revision wurde vom , ,,, verworfen, indem es ausführte: In der Rechtsprechung des Ober- Verwaltungsgerichts sind Steuerregulative stets als Ortsgesetze betrachtet und innerhalb ihres beschränkten Geltungsgebiets den staatlichen Gesetzen gleich- gestellt. Zwar dürfen Ortsgesetze nicht mit Staatsgesetzen in. Widerspruch treten, aber ein Verbot der Bedingung rückwirkender Kraft existiert ebensowenig für das Gebiet der kom⸗ munalen, wie für das der staatlichen , , was hinsichtlich der letzteren in Wissenschaft und Praxis kaum mehr in Zweifel ge— zogen wird. Das gedachte Verbot kann namentlich nicht in dem § 14 der Einl. z. Allg. L-R. (.Neue Gesetze können auf schon vorhin vor— gefallene Handlungen und Begebenheiten nicht angewendet werden‘) gefunden werden, welcher nur eine Auslegungsvorschrift für den Rich ter enthält, keineswegs aer den Gefetzge ber selbst binden soll oder für alle Zukunft binden kann.“ II. 12368.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Oranienburg haben, wie dem „Vorwärts“ berichtet wird,

die Korbmacher einer Werkstätte wegen Lohnstreits die Arbeit eingestellt.

Aus Leipzig berichtet die ‚Lpz. Ztg. Der Arbeiter⸗-Turner⸗ bund Deutschlands, der seinen Sitz in Leipzig hat, weist am Ende des dritten Vereinsjahres 223 Vereine mit 11944 Mitgliedern und 1779 Schülern auf. 18 Vereine turnen in städtischen oder Gemeinde⸗ Turnhallen, ein Verein besitzt eine eigene Turnhalle und ein anderer einen eigenen Turnplatz. Die Einnahme betrug im verflossenen Jahre 5b02 ½ und die Ausgabe 4592

Hier in Berlin ist der Aus stand der Metallarbeiter, der nun schon sechzehn Wochen dauert und bereits weit über 100000 4. gekostet hat, wie die Berliner „Volks, Ztg. berichtet, in ein neues Stadium getreten. Nachdem die Autständigen sich der Wahr⸗ nehmung nicht mehr verschließen konnten, daß die Unzufriedenheit in den eigenen Reihen, namentlich unter den in Mitleidenschaft ge— zogenen Gürtlern, von Tag zu Tag wuchs, daß ferner die AÄn— fertigung von Guß für die gesperrten 26 Fabriken in der Propin; nicht zu verhindern war, hatte die Ausstandskommission vor einigen Tagen ein Vergleichszirkular an sämmtliche Berliner Gußfabriken (mit Ausnahme der 26 gesperrten) gesandt und darauf die Antwort er— halten, daß man bereit sei, sofort die erforderlichen Arbeiter einzu- stellen, jedoch jede Unterhandlung mit der Kommission ablehne. Mit dieser Thatsache beschäftigte sich eine Metallarbeiterversammlung am Sonntag. Die Kommission trat mit einem Vermittelung svorschlag hervor, der dahin ging, daß das Verbot. wonach in den nicht ge— sperrten Fabriken unter keinen Umständen Modelle für die gesperrten anzufertigen seien, aufgehoben und jedem Kollegen gestattet werde, auch für letztgenannte Fabriken Modelle anzufertigen. Dagegen solle die Sperre über jene 26 Firmen in vollem Umfang aufrecht er⸗ halten bleiben. Von den vorhandenen etwa 270 Ausständigen glaubt man auf diese Weise mindestens 160 unterbringen zu können, zumal sämmtliche Fabriken mit Aufträgen überhäuft sind. Der Vorschlag der on misflen wurde zum Beschluß erhoben. Hiernach sollten die Ausständigen sich gestern (Montag) früh nach ihren früheren Werk— stätten begeben und sich den Fabriken zur Verfügung stellen. Wer nicht eingestellt wird, erhält weitere Unterstützung.

In Lille haben die Gießer die Arbeit gestern wieder auf—

genommen. (Vgl. Nr. 201 d. Bl.) Aus Lens meldet W. T. B.‘: Liller Kollektivisten hatten eine Zusammenkunft in dem Dorf Wahagnies veranstaltet und wurden beim Verlassen des Dorfs von den Einwohnern angegriffen. Mehrere Kollektivisten wurden ernstlich verwundet, darunter der Adjunkt des Maire von Lille.

Aus Olten wird dem Berner „Bund“ unter dem 22. d. M. geschrieben: In der Generalpersammlung der Brauereibesitzer (vgl. Nr. 201 d. Bl.) wurde unter anderem beschlossen: Unter Voraussetzung der allgemeinen Aufhebung des Boykotts können die des Boykotts wegen entlassenen Arbeiter nach freiem Ermessen wieder eingestellt werden. Jeder bezügliche Zwang ist aber ausgeschlossen. Die frühere Arbeitsordnung soll beibehalten werden mit folgenden Er⸗ gänzungen: Der Arbeitsnachweis soll nicht mehr anerkannt werden; die Kündigung soll nach dem Obligationenrecht erfolgen. Am 1. Mai darf erst von 19 Uhr Morgens an gefeiert werden. Werden diese n , nicht angenommen, so soll der Ausstand weiter geführt werden.

Kunst und Wissenschaft.

Der Professor der Anatomie an der Universität München Dr. Rüdinger ist, dem W. T. B.“ zufolge, in der letzten Racht in Tutzing ge storben.

Der gegenwärtig in Riga tagende Archäologen⸗Kongreß wird am 27. d. M. geschlossen. Tags darauf werden, wie W. T. B. meldet, etwa vierzig Mitglieder des Kongresses eine Exkursion nach Königsberg, Marienburg, Danzig und Memel antreten.

Der 18. Kongreß der internationalen „Association litt éraire et artistique“ hielt gestern in Bern seine erste

eschäftliche Sitzung. Zu Ehren- Präsidenten wurden gewählt der Gre, seasüe Lachenal, die Bundesräthe Müller und Ruffy, sowie der frühere Bundesrath Numa Droz; zu Pröäsidenten Poulillet, Dierks und Morel; zu Vize Präsidenten Marbeau. Wanner⸗ manns und Layus; zu Sekretären Poinsard, Röthlisberger, Lobel, Osterrieth, Herrmann, Vaunols und de Clermont. Maillard⸗ Parig erstattete einen längeren Bericht über die Prüfung der Arbeiten der Pariser Konferenz für Revision der Berner Konvention. Redner führte, wie W. T. B.“ berichtet, aus, daß die formulierten Ab⸗ änderungen dieser Konvention als bemerkenswerthe Fortschritte gelten müßten. Man dürfe hoffen, daß auf der in 5 oder 10. Jahren in Berlin stattfindenden zweiten Konferenz alle zurückgestellten Fragen ihre Lösung finden würden. Ver Kongreß beschloß, auf baldige Rati⸗ fikation der Ergebnisse der Pariser Konferenz dieses Jahres, sowie auf die Reform der Landesgesetze über Urheberrecht in den ein⸗ zelnen Staaten hinzuwirken und sich zu diesem Zweck mit den Gesellschaften von Autoren und Rechtsgelehrten in diesen Ländern in Verbindung zu setzen. er . sprach sich ferner für die ler h gelllnn architektonischer Werke mit anderen

Kunstwerken bezüglich des Schutzes des Urheberrechts aus, sowie für eine Erleichterung der zur Erlangung des Schutzes in den verschiedenen Staaten festgesetzten Förmlichkeiten und Bedingungen.

In He ist gestern der internationale Kongreß für Kriminal-Anthropologie durch eine Ansprache des Bundes⸗ Präsidenten Lachenal eröffnet worden. ö

Das Resultat der am 18. d. M. nach Hamm'erfest zurück⸗ gekehrten Expedition Conway's faßt der . Globus? folgender, maßen zusammen: Die Expedition, die es sich zur Aufgahe gesetzt hatte, die Hauptinsel Spitzbergens von Westen nach 2sten zu durchqueren und so zum ersten Mal das Innere zu erfo chen hat diese Aufgabe glücklich gelöst. Sie war im Juni an der Adventbai angelangt, einer kleinen südlichen Bucht des großen, tief in pie West⸗ küste einschneidenden Eisfsords. Nach vorläufigen Zügen, die südlich nach der van Mijenbai (im Hintergrunde des Belsundet) führten und wobei die mitgenommenen Ponies sich wenig bewährten, fand im Juli die glückliche Durchquerung statt. Ausgangspunkt war die Sassenbai, die gleichfalls eine Ausbuchtung des Eisfjords ist und nördlich von der Adventbai liegt. Ueber den großen Gletscher des Innern stieg man nach Osten hinüber, nach der Agardhbai, und erreichte so den Storefjord, der auch als Wijbe Jans Water auf den Karten ein getragen ist. Die Entfernung in gerader Linie zwischen beiden Buchten beträgt etwa 35 km. Die Reise war sehr beschwerlich und wurde bei schlechtem Wetter unter fortgesetzten Stürmen und Nebeln ausgeführt. In den tieferen Lagen fand die Expedition Sümpfe und geschwollene Flüsse, beim Betreten der Gletscherregion hatte sie große Moränen zu passieren. Durch einen schwer zu bewältigenden Eispaß, den man „Elfenbeinthor' taufte, gelangte man nach dem Ostabhang. Agardhbal wurde am 17. Juli erreicht und damit Spitzbergen zum ersten Mal durchquert.

Literatur.

Die strafrechtlichen Nebengesetze des Deutschen Reichs, erläutert von Hr. M. Stenglein, Reichsgerichts-Rath, Dr. s Appelius, Staatsanwalt, und Dr. G. Klein eller, Professor. Zweite, vermehrte und wesentlich veränderte Auflage, be⸗ arbeitet von Reichsgerichts⸗Rath Dr. M. Stenglein. Benxlin, Verlag von Otto Liebmann. Preis 25 S Von der zweiten Auf— lage dieses wichtigen Werks, welches die gesammte das Strafrecht berührende Reichsgesetzgebung enthält und sich seit seinem ersten Erscheinen als ein ebenso umfassend, durchgeführtes wie zuverlässiges Hand- und Nachschlagebuch bewährt hat, liegt nunmehr auch die Schlußlieferung vor (Preis 13,50 1 ). Dieselbe setzt an bei dem 47. der kommentierten 85 Gesetze, dem Preßgesetz, das in ganz besonders eingehender und erschöpfender Weise erläutert ist. Des weiteren ist namentlich der dreitheilige Abschnitt über die gewerb= lichen Gesetze‘ (Gewerbegesetze, gewerbliche Vereinigungen und d lter ef unch als eine ausgezeichnete ihn zu rühmen. Ueberall sind bei der Erläuterung Literatur und Rechtsprechung bis in die neueste Zeit verwerthet. Ein wesentlicher Vorzug des Werks in seiner jetzigen Gestalt gegenüber der ersten Auflage besteht in der thunlichsten Konzentration des Stoffes, der Gleichmäßigkeit der Be⸗ handlung, dem Wegfall breiterer Erläuterungen, der Zusammen⸗ ziebung des Werks zu einem handlichen Bande und der Neu— aufnahme der inzwischen (bis Ende Juli 1895) hinzugekommenen Gesetze, sowie darin, daß das beigegebene, angesichts des reichen In halts sehr nothwendige Register nicht mehr sachlich getheilt ist, sondern durchlaufend das ganze Werk umfaßt. .

Die Rechtsgrundsätze des Königlich preußischen Ober⸗Verwaltungsgerichts, erläutert von K. Parey, Ver⸗ waltungsgerichts Direktor a. D. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. Ergänzungsband 1895, herausgegeben von Friedrich Karl Parey, Konsistorial-Assessor. Berlin. J. J. Heine's Verlag. Preis 35.50 S. Dieser Ergaͤnzungsband enthält die Rechtsgrundsätze aus Band TXVII und XXVIII der Entscheidungen des Ober⸗ Verwaltungsgerichts sowie aus Band 1II1 der Entscheidungen in Steuersachen. Der Inhalt dieser Entscheidungen ist kurz und treffend wiedergegeben und die Gruppierung derselben eine derartige, daß die Orientierung schnell und ohne Schwierigkeit erfolgen kann.

In einer lesenswerthen kleinen Broschüre, betitelt Der Schurken Paragraph“ (Verlag von Th. Schoenfeldt, Berlin; Preis 75 ), erörtert der Landgerichts⸗Rath von der Decken den Leitgedanken der modernen Strafrechtspflege: die Gebundenheit des Richters durch das Gesetz. Den Ausgangspunkt bildet ein in einer Tischgesellschafst geführtes Gespräch. Der Besitzer eines Laden, der an eine elektrische Beleuchtungsanlage angeschlossen ist, hatte eigenmächtig den Strom abgeleitet und zum Betriebe eines Motors benutzt. Man meinte. der Tbäter werde einer gerichtlichen Strafe nicht, entgehen, und war allsemein überrascht, als ein anwesender äußerte, daß die Bestrafung nach dem Stande unserer Gesetzgebung ausgeschlossen sei, weil der elektrische Strom nicht als eine . Sache“ gelte, an der allein ein Diebstahl begangen werden, könne. Der Verfasser bezeugt, daß die Entrüstung über die Straflosigkeit eigenmächtiger Entziehung elektrischer Kraft zu gewinnsüchtigem Zweck die Mehrzahl der Theilnehmer an dem Gespräch dazu veranlaßt habe, ihre Sympathie für einen Paragraphen zu erkennen zu geben, nach welchem jeder Schurke bestraft werden könne ohne nähere Formu— lierung der Strafthat. Er kenutzt dann das kleine Ergebniß zu einer für das größere Publilsum berechneten verständigen und angenebm ge— schriebenen Auzeinandersetzung über die Vorzüge der Vorbestimmung des Rechts und der Gebundenheit des Richters an das Gesetz.

Von der im Verlage des Bibliographischen Instituts zu Leiptig und Wien erscheinenden illustrierten Geschichte der englischen Literatur“ von Professor Dr. Richard Wülker sind nunmehr 10 Lieferungen erschienen. Auf die ersten sechs derselben, deren Inhalt bis in die Zeit Shakespeare's reichte, haben wic bereits hingewiesen. In den Heften 7 bis 19 erörtert der Verfasser die viel umstrittene Bacon Frage, behandelt dann die Dichter der eng⸗ lischen Revolution mit Milton an der Spitze, geht danach zum Zeitalter der Restauration über, zeigt die Entwickelung des Romans und erreicht so das 18. Jahrhundert. Hier interessieren vor allem das bürgerliche Drama und die Bewegung gegen die Kunstdichtung; mit dem berühmten Schotten Burns, dessen 100. Todes⸗ tag vor kurzem gefeiert wurde, schließt die Lieferung 106, und auf den letzten Seiten bietet sie noch den Anfang der Würdigung Walter Scott's. Was an Wülker's Buch am meisten anspricht, ist die ruhige und klare, dabei fesselnde und anregende Darstellungsweise, die, verbunden mit dem reichen und künstlerisch ausgeführten Bilderschmuck, wohlgeeignet ist, diese englische Literaturgeschichte zu einem Haus— bibliothekwerk zu machen. Wülker's „Geschichte der englischen Lite- ratur“ wird im Herbst dieses Jahres in 14 Lieferungen zu je 1 6 vollständig vorliegen und kann dann auch komplet und gebunden zum Preise von 16 6 bezogen werden. . .

Isa von der Lütt tritt in einer kleinen Broschüre Frauenrechte, Frauenpflichten“ die in, der Deutschen Verlagsanstalt zu , ,, Leipzig, Berlin und Wien erschienen ist, für die Nothwendigkeit ein, den Frauen auf den ihrem Geschlecht zugänglichen Gebieten die Möglichkeit , n, ,, Thätigkeit zu eröffnen. Die Verfasserin bringt nicht gerade neue Argumente für die Entscheidung der weg n, bei, aber sie stellt alle Gründe der Billigkeit für die einschlägigen Forderungen geschickt und ohne An— maßung zusammen. Die Gedanken über die e, die sie den zu erwerbenden Rechten gegenüberstellen möchte, namentlich über den pflichtmäßigen „Dienst“ zum Nutzen der Allgemeinheit, scheinen aber für die Verwirklichung noch nicht recht ausgereift zu sein.

Der Arbeiterfreund. Zeitschrift für die Arbeiterfrgge. Organ des Zentral. Vereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, herausgegeben von Professor Dr. Viktor Böhmert in Dresden. Verlag von Leonhard Simion in Berlin. Dag erste Vierteljahrsheft des XXXIV. Jahrgangs enthält folgende drei Abhandlungen? Die Sogialdemokratle und die Landfragen von Assessor Dr. Wilhelm Böhmert, „‚Arbelts verhältnisse in den Bergwerken und Salinen dez Ober⸗Bergamtsbeßtrks Dortmund? von Br. Georg Lommgtzsch und „Dle Arbeiterfrage in den Tropenkolonien der verschiedenen Nationen

Jurist

von Joh. Engler. An diese schließen sich unter der Rubrik . fertigkeit und Hausfleiß“ kleinere Aufsätze über Vorbildung der Hand⸗ werker durch Handfertigkeitsunterricht (von Dr. W. Götze in Leipzig), über die Lehrerbildungsanstalt des deutschen Vereins für Knabenhand⸗ arbeit, über die Institution der Vertrauengmänner in diesem Verein, ferner ‚Materiallen für praktische Versuche zur Lösung der Arbeiter frage“ (soßiale Auskunftsstellen und Volksbureaux in Deutschland, ihre Statuten, Einrichtungen und gemeinnützige Thätigkeit), eine. wirthschaftlichsoziale Umschau! u. s. w. an. Bei- gegeben ist diesem Vierteljahrsheft ein 149 Seiten um⸗ fassendes General Sach. und Namenregister der Publikationen des Zentral Vereins für das Wohl der arbeitenden Klassen von 1848 bis 1895“, aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens des ZentralVereins (1844 bis 1894) unter ö. chtigung der Autoren und des Umfangs der Artikel im Auftrage des Vereingvorstandes bearbeitet von Peter Schmidt, Bibliothekar des Statistischen Buregus des Königlich sächsischen Ministeriums des Innern, ein für alle in der, Arbeiter⸗ 6 Mitwirkenden werthvolles, informierendes literarisches Hilfs⸗ mittel.

Handel und Gewerbe.

Die Wochenübersicht der Reichsbank vom 22. August 1896 weist bei einem gesammten Kassenbestande von 961 665 090 (1895 1057079 000) M der Vorwoche gegenüber eine Zunahme von 13 151 000 (1895 4 1 807 000) MS auf; der Metallbestand allein hat sich um 12 660 000 (1895 Zunahme 3 572 000) MS vermehrt. Der Bestand an Wechseln zeigt mit 592 621 000 (1895 538 533 000) 4 eine Abnahme um 11 339 000 (1895 2198 000) M und der Bestand an Lombardforderungen mit 90 982 000 (1895 72 584 000) ½ eine solche um 3 841 000 (1895 2020 000) 4M; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist also ein Rückgang um 15 180 000 (1895 4218 000) 4A eingetreten. Auf passiver Seite hat sich der Betrag der umlaufenden Noten mit 1010 077 000 (1895 1 040681 000) 4 um 21 126009 (1895 16958 0900) M vermindert, während die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) mit 523 742 000 (1895 514 960 000) υ um 20 335 060 (1895 4 10 569 000) S ange⸗ wachsen sind.

Ein angeblicher Nicolas de Pokitonoff erbietet sich seit einiger Zeit von London aus in Zeitungen des Fest— landes, geeigneten Bewerbern Anstellungen in englischen Gast⸗ höfen zu verschaffen. Da er es augenscheinlich nur darauf abgesehen hat, sich die von den Bewerbern zu stellenden Kautionen anzueignen, so können Stellungsuchende nur dringend davor gewarnt werden, sich mit ihm einzulassen.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlestien.

An der Ruhr sind am 24. d. M. gestellt 12 331, nicht rechtzeitig gestellt 23 Wagen.

In Oberschlesien sind am 24. d. M. gestellt 5345, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviehmgrkt vom 22. August 1896. Auftrieb und Markt- preise nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebend gewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3440 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität 116-120 M, II. Qualität 100 —- 110 S, III. Qualität S- 96 M, IV. Qualität 72 82 S Schweine. Auftrieb 8539 Stück. (Durchschnitts⸗ preis für 100 kg.) Mecklenburger 90-92 „S, Landschweine: a. gute S6 88 S6, b. geringere 80-84 S, Galizier „M, leichte Ungarn bei 200,90 Tara. Bakonver M bei kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1122 Stück. (Durchschnitts⸗ preis für 1 kg.) I. Qualität 1,07 —- 1,10 M, II. Qualität 0, 90 - l, O00 Æ, III. Qualltät (G, 84—- 988 M Schafe, Auftrieb 16353 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,2 1,18 S, JII. Qualität O, 968 1090 AÆ, III. Qualität 46

Der dem Aufsichtsrath der Berliner Werkzeugmaschinen⸗ fabrik Aktiengesellschaft vorm. L. Sentker vorgelegte Abschluß für 1895/96 ergiebt einen Biuttogewinn von 158 456 S (gegen 127 605 S im Vorjahr), wovon nach Abzug der Abschreibungen und Reservestellungen in Höhe von 50 697 M (gegen 45 162 A im Vorjahre) und der Tantiemen 94048 M zur Vertheilung ver bleiben. Der Aufsichtsrath laßt der zum 10. September d. J. einzuberufenden Generalversammlung die Vertheilung von 8 oso Dividende (gegen 7 / im Vorjahr) und einen Vortrag von 715 auf neue Rechnung vor. Der Gesammtumsatz stellte sich auf 1996372 gegen 849 605 M im Vorjahre, und besonders das Geschäft in der zweiten Hälfte des Geschäfts jahres nahm einen erfreulichen Aufschwung. Der Aufträgebestand betrug am 1. April d. J. mehr als der ganze Umsatz des Vorjahres und hat sich seitdem noch wesent⸗ lich erhöht. Um die Leistungsfähigkeit der Fabrik um ungefähr die Pälfte zu steigern, sind Erweiterungs bauten und Neuanschaffungen von Betriebsmaschinen begonnen und theils vollendet. Der Umsatz betrug in den ersten vier Monaten des neuen Geschäftsjahres 481 173 gegen 220 513 M in der gleichen Zeit des Vorjahres.

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: In den letzten vierzehn Tagen hat sich das ober⸗ schlesische Kohlengeschäft wesentlich reger gestaltet. Auf sämmtlichen Guben gehen die Verladungen recht flott vor sich, und auch der Absatz ist für saämmtliche Sorten so stark, daß auf den meisten Gruben die frische Förderung zur Erledigung der sehr zahlreich eingehenden Ver— ladeordres nicht ausreicht und ein Theil von den Beständen ent- nommen werden muß. Wie alljährlich im August, suchen sowohl Händler wie Konsumenten sich vor Eintritt der Winterpreise mit Kohlen möglichst zu versehen, und da der Wasserstand für die Schiff⸗ fahrt recht günstig ist, haben die Verladungen von oberschlesischen Steinkohlen einen recht ansehnlichen Umfang erreicht. Hierzu haben die Bezüge von Regiekohlen durch die Bahnverwal- tungen sowie auch durch die Zuckerindustrie, welche für die nächste Kampagne mit der Koblenanfuhr bereits begonnen hat, wesentlich beigetragen. Der . nach dem Auslande, besenders aber nach Galizien und Oesterreich hat sich ebenfalls bedeutend gesteigert;

dies gereicht besonders den östlich , . Gruben und dem Nicolai⸗

Rybniker Revier zum Vortheil. le Lage der Kokswerke hat sich, da die Hütten weiter recht flott beschäftigt sind, nicht geändert. Durch Inbetriebsetzung einiger neuer Koksöfen ist Mangel an Koks nicht vorhanden. Theer findet bei angemessenen ae gegen⸗ wärtig guten Absatz; für Benzol ist die Nachfrage schwach.

Man schreibt der Berliner B. 3. aus Dortmund vom 23. d. M.: Der Rheinisch⸗Westfälische Eisenmarkt bleibt durch eine außerordentlich feste Stimmung bei steigender Tendenz ge⸗ kennzeichnet. Das Geschäft ist in allen Zweigen sehr belebt, und man rechnet mit Bestimmtheit auf eine lange Dauer der günstigen Konjunktur. Die Werke haben zum . Theil bereits bis weit in das nächste Jahr hinein ihre Produktion ver— kauft, obgleich das zum Herbst zu erwartende große Geschäft noch aussteht. Sehr günstig lauten die Berichte aus dem Siegerlande, von wo in allen Branchen sehr befriedigende Nach⸗ richten vorliegen. Den größten Nutzen ziehen bisher die Gruben aus der günstigen Konjunktur. Die Nachfrage in Eisenerzen war äußerst lebhaft, und bei der Knappheit in Material haben die Gruben in den besseren Qualltäten schon bis Ende Juli verkaufen können. Auch in Nassau liegt für hoechhaltige Erze eine sehr gute Nachfrage vor. Auch das Geschäft in aus ländischen Erzen war belebt. Das Roheisengeschäft ist . zu den höheren Notierungen, besonders stark begehrt sind Stahleisen und Gießereiroheisen. Der Absatz gestaltete sich sehr flott, sodaß die Hoch Ifen in dem bisherigen starken Gange gehalten werden können. Auf dem Walzwerkmarkt blieben die Verhältnisse wie bisher . Das Geschäft war im Laufe der Woche zu steigenden Preisen sehr lebhaft. Der Bedarf in Stabeisen ist außerordentlich groß.

Namentlich von den Konstruktions⸗Werkstätten wird Waljeisen aller Art in großen Mengen verarbeitet, da dort sehr viele und große Aufträge bereits fest vorliegen oder noch in der Unter- handlung steben. Für die nächste Zeit sind noch eine große Anzahl von dahin gehörigen Arbeiten, darunter auch , Brückenbauten, ju vergeben. Auf den Stablwerken ist sehr viel Arbeit in Halb= fabrikaten, aber auch in Eisenbahnmaterial, festem wie rollendem, liegen recht belangreiche Aufträge vor. Von den besonders gut gehenden Werken sind die Röhrenwalzwerke zu nennen, die noch auf lange Zeit hinaus mit großen Aufträgen für den Export versehen sind. Das Trägergeschäft bleibt unverändert lebhaft.

Dem Bericht der Gladbacher Wollindustrie⸗Aktien⸗ Gesellschaft, vormals L. Josten, für das erste Geschäftsjahr 1895/96 zufolge belief sich der k auf 2812 596 0 (gegen 2373 9905 ½ i. V.). Der Reingewinn beträgt 325 836 M; es wird folgende Vertheilung vorgeschlagen: 16291 M Rücklage, 26 415 S6 Gewinnantheile und Belohnungen, 100 /0 Dividende ( 265 000 4M, 15 000 MS zur Gründung eines Dispositionsfonds und 13 128 1 Vortrag. -

Die während der bevorstehenden Michaelismesse in Leipzig in den Räumen der Leipziger Börsenhalle abzuhaltende Garnbörse wird, wie W. T. B.‘ meldet, am Freitag, den 4. Sep⸗ tember, ihren ö. .

Nach dem Bericht der Bank für elektrische Unter nehmungen in Zürich über das erste Geschäftsjahr hat die Bank einen Reingewinn von 265 065 M erzielt. Von diesem Betrag ent⸗ fallen 5 oo oder 13 253 M auf den ordentlichen Reservefonds, sodaß noch 251 812 M verbleiben. In der am 19. September d. J. statt⸗ findenden Generalversammlung wird der Verwaltungsrath den Aktio⸗ nären vorschlagen, eine Dividende für dieses erste Jahr nicht zu ver⸗ theilen, sondern den Ueberschuß auf neue Rechnung vorzutragen.

Die New-HYJorker Hdls. Ztg.“ schreibt in der wirth⸗ schaftlichen Wochenschau ihrer Nummer vom 15. August: Mitten in der tiefen Verstimmung des Markts, in welchem sich kein Symptom des Lebens zeigen will, hat sich eine starke Aufregung im Baumwollmarkt herausgebildet, welche sich theilweise auf den jetzt bedeutenden Konsum des Auslandes, theilweise auf die anhaltende Trockenheit in den Baumwollstaaten gründete. Die Schwankungen des Rohmaterials waren sehr stark. Die . stiegen schnell, und wenn sie auch nach einigen agen wieder fielen, so ist doch das Endergebniß eine starke Besserung der Baumwollpreise geblieben. Nichts destoweniger verharrt der Markt der Baumwoll ⸗Fabrikate auf dem niedrigen Niveau der vorhergehenden Woche, ohne durch die bedeutende Produktions- beschräͤnkung der größeren Spinnereien beeinflußt zu sein. Man hat zwar in den Kreisen der ersten Hand eine festere Haltung ein⸗

enommen, aber der schleppende Gang des Konsums zeigt sich in der

1 eines Mangels an Nachfrage. Auch die Be⸗ schränkung der Erzeugung von Wollfabrikaten hat dem Markte in der Wollfabrikatbranche keinen Schwung zu geben vermocht. Das Geschäft bleibt still und wartet mit Ungeduld auf die ersten Zeichen eines Aufschwungs. Auch die Schuhbranche leidet an Geschäftslosigkeit, welche vermuthlich erst ein Ende nehmen wird, wenn das fehlende Vertrauen wieder hergestellt sein wird. Die Eisen⸗ und Stahl-Branche leidet ganz bedeutend unter der Leblosigkeit des Geschäfts. Die Hochöfen haben ihre Produktion ein⸗ gestellt; die Nachfrage hat vollständig aufgehört. Das Ereigniß der Woche im Stahl markt ist ein Auftrag, welchen die Carnegie Werke für 9000 t Stahlschienen von Japan erhalten haben. Die Vereinigten Staaten haben bei dieser Gelegenheit England unterboten. Ueber den stipulierten Preis herrscht zur Zeit noch ein Dunkel. Nicht ohne Einfluß auf den Handel und Verkehr war in den letzten vierzehn Tagen die außergewöhnliche Hitze, welche in den Vereinigten Staaten herrschte. Trotzdem ist der Abfluß von Getreide, der in den letzten Tagen große Dimensionen angenommen hat, ein Hoffnungsstrahl in der Handelswelt, und es ist anzunehmen, daß in kurzem der günstige Einfluß der Ernte auf den allgemeinen Verkehr . geltend machen wird. Das Banquiers⸗Syndikat, welches ich die Niederhaltung des Wechselkurses zur Aufgabe gemacht hat, arbeitet mit Erfolg. Es findet eine willkommene Stütze in dem Erscheinen von Baumwoll⸗ und Getreidetratten, welche mit den in Vollzug kommenden Verschiffungen der Stapelprodukte bereits zahl⸗ reicher im Markt sind. Der Abfluß an Gold nach dem Ausland Verschiffungen unbedeutender Beträge nach Canada abgerechnet =— hat aufgehört. Die Goldreserve des Schatzamts ist unter diesen Umständen nicht bedroht.

Verdingungen im Auslande.

Spanien.

1. September. Provinzial⸗ Deputation von VizFeaya: Ein⸗ richtung von Blitzableitern auf dem neuen Provinzialgebäude in Bilbao. Näheres bei genannter Deputation.

15. September. „Sociedad cooperativa caditana de fabri- cacion de gas“, call' San José 25 in Cadiz: Lieferung vervoll⸗ kommneter Apparate zur elektrischen Beleuchtung von Privatwohnungen u. s. w. Näheres bei obiger Adresse.

Portugal.

28. August, 1 Uhr. Direktion der Minho . und Douro. Eisenbahn in Porto: Lieferung von 600 Siederohren aus Messing für Loko⸗ motiv · Dampfkessel.

Niederlande.

4. September. Kaserne des Genietruppen⸗Korps zu Utrecht: Lieferung transportabler Telephonkantore aus galvanistertem Platt⸗ eisen mit Holzbekleidung für die Telephonverbindung der Küsten⸗ bewachung. Schätzung 50l5 Fl. Gedruckte Bedingungen beim adjudant-onderoffeier-magazynmeester des obengenannten Korps erhältlich. Nähere Auskunft beim Verdinger und bei dem Kapitein voor speciale diensten des Genietruppen-Korps erhältlich. Angebote müssen bis spätestens den 3. September, Nachmittags 3 Uhr, porto⸗ frei auf dem Verdingungsbureau der genannten Kaserne eingeliefert sein.

14. September. Timmerhuis zu Rotterdam; Lieferung von 15 000 Pfählen zu Fundamentierungszwecken. Die Bedingungen liegen im Timmerhuis aus und sind für 109 Cents bei Wed. P. van Waesberge C Zoon, Houttuin Nr. 73, erhältlich.

Türkei.

Ohne Datum. Bürgermeister von Metelino, Simonides: Lieferung von 17 000 m Röhren ven 78 Zoll Durchmesser für die Wasserleitung in Metelino. -

Rumänien: . .

7. September, 11 Uhr. Verwaltung der rumänischen Eisen⸗ bahnen in Bukarest: Mauer- und Fundamentierungsarbeiten an der Brücke über den Telegjan. Voranschlag: 322 800 Fr.

10. September. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Bau einer Steinpackung für Bühnen“) im Hafen von Galatz. Voranschlag 140 218 Fr. . ;

35. September. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Erd⸗ und technische Arbeiten, Legung des Schienenweges und Steinbettung auf der Linie Oena Comanesti- Moinesti. Vor- anschlag 1340 000 Fr. . .

16. Oktober. Verwaltung der rumänischen Eisenbahnen in Bukarest: Erdarbeiten und Fundamentierung der Pfeiler mittels komprimierter Luft an der Brücke über den Qlt, sowie Schutzarbeiten auf der Linie Bomnicu Valcea nach Calimanesti. Voranschlag

1600000 Fr. Dänemark.

4. September, 1 Uhr. Staatsbahn ⸗Verwaltung (Maskinchefens Kontor, Golbjörnsensgade 6) Kopenhagen: Lieferung von: 170 000 Pfd. , f. 220 000 Pfd. gereinigtem Mineralöl, 143 000 Pfd. dunklem Mineralöl, 30 009 Pfd. Mineralöl zur Beleuchtung. 432 000 Pfd. Steinöl, 289 009 Pfd. Lampenöl,

n. Art schwimmender Docks zur Ausbesserung der unteren

. Schiffstheile.