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2. Feld- Art. Regl. Horn, Graf von
dn hafen v. Winkler im 14. Inf. Regt. Hartmann, Hauck im 15. Inf. Regt. König Albert bon Sen en Wölfl im 16. Infanterie ⸗ Regiment Großherzog Ferdinanb von Toskana, Cramer, Niedermeier, Bauer im 18. Infanterie. Regiment i. Ludwig Ferdinand, — zu überzähl. Pr. Vis, — befördert. ie See. Vis. Frhr. v. Redwitz, Graf Fu Castel , Gäastell, dieser kommandiert zur Equitationsanstalt, beide im J. Ülan. Regt. Kalser Wilhelm II., König von Preußen, Frhr. v. Eyb, Scherf, ersterer kommandiert zur Cquitationzanstalt, beide im 7. Ulan- Regt. König, Raila, kommandiert zur Equttationsanstalt, im 1. Feld. Art. Regt. Prinz ⸗Regent Luitpold, Föttinger, Dietz im olnstein aus Bayern, v. Schleich im 3. Feld Art. Regt. önigin, Mutter, v. Oel hafen, Heidemann im 4. Feld⸗Art. Regt. König, Maurer, kemmandiert zur Kriegs Akademie, im 6. Feld- Art. Regi, Mayer, Schroll im 1. Train Bat, Die minger im 2. Train. Bat.,, — zu überzähl. Pr Lts., — befördert. Daum ann, Oberst. Lt. u. Kommandeur des Landw. Bezirks Wasserburg, als Oberst; die Majore und Bats. Kommandeure: Ade im 5. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von ssen. Aurach er im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Kraemer im 2. Inf. Regt. Prinz Arnulf, p. Spies, Major und etats⸗ mäßiger Stabsoffizler im 6. Chev. Regt. vakant Großfürst Konstantin Nikolajewitsch, von Prielmaver Frhr. v. Priel, Major z. D., verwendet im Kriegs⸗Ministerium; die Majore z. D. und Bezirks— Kommandeure: Böck in Ansbach, v. Oelhafen in Bamberg, Ritter Edler v. Willinger in Bayreuth, Hartmann in Landau, Tals QAberst- Lts.; die Hauptleute (Rittmeister) z. D.: Götz, Bibliothelar bei der Armee⸗Bibliothek, von Fabris auf Mayer h ofen, Bezirks-Offizier beim Bezirks Kommando Erlangen, Edler v,. Gäß ler, — als Majore, Adam Müller, Jakob Müller, Pr. Ltes. a. D., als Hauptleute, — charakteristert. Nüßler, Major und etatsmäß. Stabsoffizier im 3. Chev. Regt. Herzog Kart Theodor, Menzel, Major A la suite des 2. Fuß⸗Art. Regts., kommandiert zur Insp. der Fuß⸗Art. und zugleich mit Wahrnehmung der Geschaͤfte des Direktors der G, beauftragt; den Haupt⸗ leuten und Komp. Chefs: Graf v. Montgelas des Inf. Leib⸗Regts., Keim, Kollmann des 1. Inf. Regts. König, Pommer, Hüttner des 4 Inf. Regts. König Wilhelm von Württemberg, Burkbardt, Kohler des 6. Inf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, en v. Reitz enstein. v. Lossow, Kirchgeßner des 7. Inf— egts. Prinz Leopold, Riedl, Hauptm. à Ia suite des 8. Inf.“ Regiments Pranckh und Adjutant bei der 10. Infanterie Brigade; den Hauptleuten und Komp. Chefs: Wopperer des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, Babinger des 11. Inf. Regts. von der Tann, Wülfert des 12. Inf. Regts. Prinz Arzulf, Weichselbaumer, Hertinger, Dürr des 13. Inf. Regts. Kaiser Franz Joseph von Oesserreich, Lohmann, Kiefer des 14. Inf. Regts. Hart⸗ mann, Schultz, Parst des 15. Inf. Regts. König Albert von Sachsen. Welsch, Danner des 17. Inf. Regts. Orff, Frhr. v. Junker u. Bigato des 19. Inf. Regts, Usfekmann, Hauptm. und Hattr, Chef im 1. Feld Art. Regt. Prinz⸗Regent Luitpold; den Pr. Lts. Schmidt des BH. Inf. Regts. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Lindner des 17. Inf. Regtt. Orff, Epp des 19. Inf Regts, kommandiert zur Kriegs-Akademse, Mannert des 1. Fuß- Art. Regts. vakant Bothmer, — Patente ihrer Charge verliehen.
In der Gendarmerie. 7. November. Daffenreither, Hauptm; und Chef der Gend. Komp. von Nieder⸗Bayern, zum über⸗ zähl. Major, Eberhard, Sec. Lt. bei der Gend. Komp. von der Pfalz, Schröder, Ser. Lt. bei der Gend. Komp. von Schwaben und Neuburg, — zu überzähl. Pr. Lts., — befördert.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 30. Ok= tober. Los, Hauptm. und Komp. Chef vom 2. Pio8n. Bat., unter Verleihung der Aussicht auf Anstellung im Zivildienst, mit der . Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der bis— erigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt.
Im Beurlaubtenstan de. 25. Oktober. Ott ( München),
r. Lt. von der Landw. Inf. J. Aufgebots, Strunz (Bamberg),
r. Lt. von der Landw. Inf. 2. Aufgebots, Hellräth (Aschaffen⸗ burg), Bergmann, Will (Sof, Pr. ts. von der Landw. Inf. 2. Aufgebots, — der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗-Korpz. 26. Oktober. Dr. Wunderlich (Würzburg), Assist. Arjt J. Kl. von der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.
3. November. Dr. Kapfer, Unterarzt des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, zum Assist. Arzt 2. Kö. in diesem Regt. befördert.
Durch Verfügung des General- Stabzarztes der Armee. Becker, einjährig⸗-freiwilliger Arzt Des 2. Ulan. Regts. König, zum Unterarzt in dlefem Regt. ernannt und mit Wahr nehmung einer offenen Assist. Arztstelle beauftragt.
Beamte der Militär⸗Verwaltung.
l. November. Illinger, Bureaudiätar für den Registratur⸗ dienst der Intend. II. Armee-Korps, zum Regiftratur-Assist. dieser Intend., Lechner, Kanzleifunktionär vom Generalstab, zum Kanz⸗ listen bei der Intend. II. Armee Korps, — ernannt. Gruber, Re— eren itt bei derselben Intend., zum Registtator dieser Intend.
efördert.
6. November. Porsch. Militäranwärter, Feldw. und Zahl⸗ meister. Aspir. des 14. Inf. Regis. Hartmann, ber der Garn. Ver—⸗ walt. Würzburg, Wirsching, Militäͤranwärter und Zeug, Feldw. vom Art. Depot Augsburg, bei der Garn. Verwalt. Neu⸗Ulm, — zu Kasernen⸗Inspektoren ernannt.
XIII. (stöniglich Württembergisches) Armee⸗Korvs.
Offiziere, Portepee - Fähnriche ze. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 4 November. Gansser, Pr. Lt. im Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, unter Enthebung von dem Kommandos zur Dienstleistung bei der trigonometrischen Abtheilung der Landes- aufnahme, bis auf weiteres zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt kommandiert.
Abschiedsbewilligun gen. Im aktiven Heere. 9. No—= vember. Peeck, Sec. Lt. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, der Abschied ertheilt.
Kaiserliche Marine.
Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ les n Neues Palais, 9. November. Wilde, Kapitän⸗Lt., auf die Dauer von jwei Monaten zur Dienstleistung beim Reichs⸗ Marineamt kommandiert.
Im Sanitäts-Korptß. Neues Palais, 23. Oktober. Dr. Brunhoff, Marine⸗Ober Stabsarzt 2. Kl., zum Marine. Ober- Stabsarzt 1 Kl., Dr. Koch, Marine Stabtar.t, zum Marine Sber— Stabsarzt 2. Kl., — beide unter Vorbehalt der Patentierung, Pr. Metzke, Marine ⸗Assist. Arzt 1. Kl., zum Üüberzähligen Marine Stabsarzt mit einem Patent vom 22. Mai 1846, Pr. Fröse, Marine Assist. Arzt 2. Kl., zum Marine-Assist. Arzt 1. Kl, unter Vorbehalt der Patentierung, — befördert.
saiserliche Schutztruppen. Schutztruppe für Deutsch ⸗Ostafrika.
Offiziere, anitäts Offiziere ꝛe. Neues Palais,
10. Nobember 1396. Hauptmann a D. und Oberführer v. Ratz? mer der Charakter als Major verliehen, Hauptmann a. D. und Kompagnieführer Frhr. v. Eber st ein zum Hauptmann und Kompagnie⸗ Chef mit einem Patent vom 19. Oktober 1895, Premier, Lieufenants a. D. und Kompagnieführer Johannes und Herrmann zu e gr. leuten und Kompagnie ⸗Chefs mit einem Patent vom 25. Juli 1854 der Kapitän Lieutenant 4. D. und Kompagnieführer Fromm zum . und Kompagnie ⸗Chef mit einem Patent vom 12. September S9h, Premier ˖ Lieutenant a. D. und Kompagnieführer Leue, Lan gheld und Ram say, Premier Lieutenant a. D. und Kompagnie Sffizier v. Kleist zu , und Kompagnie Chefs mit einem Patent vom 19. Oktober 1896, Second Lieutenant a. D. und Kompagnie⸗ führer Prince jum Hauptmann und Kompagnie⸗-Fhef vorläufig ohne
Patent, Premier⸗Lieutenants a. D., und Kompagnie Offiziere Schlobach, v. Wißmann, . Kiel meyer, Kollmann v. Beringe, Engelbardt, Glaun ng, Jany, Charisius, v. Stocki, Fon ck arg usth Storch und Merker zu Premier ⸗Lieutenants mit ihrem isherigen Patent, Second ⸗Lieutenants a. D. und Kompagnie ⸗ Offiziere Tonck (Heinrich), v. Grawert, Kuhlmann, Schnorrenpfeik, Stadlbauer, Albinus, v. der Marwitz, von Stuemer, Graf Fugger v. Glött, Passavant, Braun, von Wulffen und v. Trotha zu Second-⸗Lieutenants mit ihrem bisherigen Patent, Hauptmann a. T. und Kompagnieführer Fischer unter Stellung à la suite der Schutztruppe sür Deuisch⸗Ostafrika und gleichzeitiger Kommandierung zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt zum , mit einem Patent vom 15. September 1892 ernannt,
ber Stabgarzt zweiter Klaͤsse a. D. und Chefarzt Hr. Becher der Chgrakter als Ober-⸗Stabsarzt erster Klaffe verliehen, Stabßz— arzt a. D. und Oberarzt Gärtner und Stabsarzt a. D. und Arzt Lr. Berg zu Stabsärzten mit ihrem bisherigen Patent, Assistenz Aerzte erster Klasse a. D. und Aerzte Ollwig, Zupitza, Hr. Sim on, Höfem ann und Dr. Eggel zu Assistenz Aerzten erster Klasse mit ihrem bisherigen Patent, AÄsfistenz-Arzt erster Klasse a. D. und Arzt Dr. Drewes zum Assistent⸗Arzt erster Klasse mit einem Patent vom 21. Januar 1896, Assistenz⸗ Aerzte zweiter Klasse a. D. und Aerzte Dr. Meyer, Pr. Reinhard, Uhl, Dr. Bludau, Hofft, Dr. Stierling und? Pr. Schreber zu Assistenz⸗ Aerzten mit ihrem bisherigen Patent ernannt. Premier Lieutenants Charisius und Storch auf ihr Gesuch das Kommando zur Schutztruppe nach Ablauf ihres Kom⸗ mandos zu derselben auf weitere drei Jahre verlängert, Hauptmann a. D. und ö Scherner scheidet mit der gesetzlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zwildienst und ver Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verab⸗ schiedete vorgeschriebenen Abzeichen mit dem 30. November d. . Stabtarzt a. D. und Oberarzt Dr. Schwefinger scheidet mit der gesetzlichon Pension mit dem 30. November d. J. aug der Schutz⸗ truppe aus.
Schutztruppe für Kamerun.
Second, Lieutenant 9. D. und Kempagnie, Offiziere Frhr. von Stein zu Lausnitz und Nolte zu Second -Lientenanftz mit ihrem bisherigen Patent, AÄssistenz⸗Arzt erster Klaffe 4. D. und Arzt Dr. Lichtenberg zum Assistenz⸗Arzt erster Klasse mst dem bisherigen Patent ernannt.
Schutztruppe für Deutsch⸗Sü dwestafrika. Premier-Lieutenant Bethe, unter Beförderung zum Hauptmann 3 K in die Schutztruppe für Deutsch⸗ Ostafrika versetzt.
Deutscher Reichstag.
123. Sitzung vom 13. November 1896, 1 Uhr.
Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung und' Er— — des Gerichtsverfassungsgesetzes und der
trafprozeßordnung, und zwar bei 8 73 des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes, betreffend die Zuständigkeit der Straf⸗ kammern.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.
Zu § 80 beantragen die Abgg. Beckh und Munckel (fr. Volksp), die Vergehen, welche durch den Inhalt einer im Inlande erschienenen Druckschrift begangen sind, den Schwur— gerichten zu überweisen.
Berxichterstatter Abg. Lenzmann (fr. VolkEp) macht darauf aufmerksam, daß der Antrag in der Kommission mit 13 gegen 5 Stimmen abgelehnt sei, weil die Regierungsvertreter ihn' als ungnnehmbar bejeichnet hätten. Unter den 13 Gegnern hätten sich mehrere befunden, die dem Gedanken des Antrags durchaus freundlich gegenüberständen.
Abg. Beckh (fr. Volksp): Die Vertreter des Bundesraths haben verschiedentlich gewarnt, Anträge anzunehmen, welche das Gesetz ge⸗ fährden könnten. Man sollte doch aber erst abwarten, ob die Regierung wirklich diese nothwendige Vorlage an den Beschlüssen des Reichs— tags scheitern lassen will. Der Reichstag hat sich bisher dadurch nicht schrecken lassen. Weshalb soll man nicht bei dieser Gelegenheit endlich die Frage der Zuständigkeit der Schwurgerichte für Preßvergehen regeln und den Überall verbreiteten Wunsch des Volkes endlich erfüllen! Es ist bedauerlich, daß gestern die Schwur— gerichte abfällig beurtheilt worden sind, daß man sie als eine Baftard— organisation bezeichnet hat, während sie doch ein Palladium der Freiheit sind. Ich weise auf die Verhandlungen des Juristentages von 1875 hin, wo ein Assessor sich abfällig über die Thätigkeit der Presse aum ge⸗ sprochen und sie als Skandalproduzent bezeichnet hat; wenn solche Anschauungen über die Presse in den Kreisen der angehenden Richter verbreitet sind, dann müssen Vorsichtsmaßregeln zum Schutze der Presse getroffen werden. Es muß das baherische Vorbild auf das Reich ausgedehnt und nicht im Reiche alles nach preußischem Muster reglementiert werden, während man für Bayern ein kleines Partikularrecht reserviert. (Redner führt einzelne Fälle von Anklagen und Verurtheilungen wegen Preßvergehen an.) Es sind Aeußerungen der Presse als Beleidigungen, namentlich als Berufsbeleidigungen der Beamten bestraft worden, die man früher niemals als Iniurie, sondern als Ironie und Spott betrachtet hätte. Ich bitte daher, meinen Antrag anzunehmen.
Geheimer Ob r Regierungs-⸗Rath von Lenthe: In dem Augen— blick, wo durch die Einführung der Berufung ein vermehrter Rechtsschutz gewährt wird, liegt keine Veranlassung vor, die alte Streitfrage der Ueberweisung der Preßvergehen an die Schwurgerichte, die schon 1876 entschieden worden ist, wieder aufzunehmen. Bekanntlich kam damals ein Kompromiß zu stande, wonach für die suͤddeutschen Staaten, in denen die Schwurgerichte über Preßvergehen ab— urtheilten, der bisherige Zustand aufrecht erhalten wurde. Sie verbündeten Regierungen stehen auch noch heute auf demselben Stand- punkte, daß für politische ebensowenig wie für Preßvergehen eine Ausnahme zulässig ist. Es liegt kein Grund vor, von dem Grund— satze des Gerichtsverfassungsgesetzes, daß die Zuständigkeit der Gerichte durch die Schwere der angedrohten Strafe bestimmt wird, bei den Preßvergehen abzuweichen. Irrthümliche Urtheile über Preßvergehen sind bei den Schwurgerichten ebensowenig ausgeschlosfen wie bet den Strafkammern. Bis zum Beweise des Gegentheils muß ich be— streiten, daß Zeitungen berfolgt worden sind, weil sie das Vorgehen von Behörden getadelt haben, welche Strafantrag gestellt batten gegen Personen, die in einer antisemitischen Versammlung bei einem
och auf Seine Majestät den Kalser und König und den Ober— räsidenten sitzen geblieben sind. Auch ist ein Beweis dafür, daß in den Staaten, in welchen die Schwur⸗ gerichte über Preßvergehen nicht aburtheilen, Preßfreiheit nicht denkbar sei, nicht erbracht worden. Ferner stelle ich in Abrede, daß die Geschworenen der Entscheidung von Preßvergehen unbefangener egenüberstehen; im Gegentheil ist zu befürchten, daß bei diesen Ent 6 die politischen oder religiösen Ueberzeugungen der Ge— schworenen, wenn auch unbewußt, einen Einfluß ausüben. Ich kann mich dem Eindruck nicht entziehen, daß dem Verlangen, die Preß— prozesse der Zuständigkeit der Schwurgerichte zu unterstellen, doch etwa die Idee zu Grunde liegt, daß die Geschworenen sich leichter mit der Anwendung der Gesetze abfinden und geneigt seien, ihr Er= messen über das, wa billiger Weise Recht sein sollte, an die Stelle des Gesetzes zu setzen. Das schien mir auch durch die Rede des Abg. Beckh hindurchzugehen. Damit trägt man aber einen Gedanken in die Schwurgerichte, der in der That nicht darin enthalten sein sollte. Ich bitte Sie, im Interesse des Zustandekomment des Gesetzes,
dringend um Ablehnung des , . Den deutschen Staaten welche bis jetzt von der Zweckmäͤßigkelt der Schwurgerichte für Yreß⸗ vergehen überzeugt sind, wollen die verbündeten Regierungen dieseg eff nn weiter lassen, meinen aber entschieden, daß diese Zu stãndigkeit der Schwurgerichte aus prinzipiellen Gründen nicht herechtfertigt sei Abg. Frohme (Soz.): Wenn ich auch die Schwurgeri nicht ekz das Palladium der Freiheit betrachte, so bin e bereit, mit meinen Freunden für ihre Erhaltung einzutreten; ja. wir gehen noch weiter: wir wollen alle politischen Vergehen den Schwurgerichten überweisen. Seitens der Regierung unternimmt man alle Mögliche, um die Schwurgerichte zu diskreditieren und in der öffentlichen Meinung herabzusetzen und in materieller Beziehung dieser Institution den Boden zu entziehen. Je mehr die Abhängigkeit der Richter von der Regierung sich zuspitzt, desto mehr muß die Rechts⸗ unsicherheit wachsen. Hier soll ein Schlag gegen die Schw urgerichte geführt werden: wir müssen das Gegentheil thun und die Institutlon , .. wir befinden uns dabei in der Gemeinschaft der Mehrheit es Volks.
Abg. Günther (nl.): Namens aller deutschen Richter muß ich Widerspruch erheben gegen die Aeußerungen des Vorredners, der den Richtern vorgeworfen hat, daß sie nicht nach Recht und Gesetz urtheilten, sondern abhängig seien. Die Richter werden ihre Unab⸗ hängigkeit stets wahren und werden nicht durch die öffentliche Meinung sich beeinflussen lassen.
Abg. Dr. Conrad (d. Volksp.): Man hat uns zu ver⸗ stehen gegeben, das Volk habe den Verstand nicht, sich gewisse Delikte zu erklären, gewisse Spitzbübereien und Verbrechen zu durchschauen; das sei viel zu verwickelt für das Volk, nur die juristische Geheimwissenschaft mit ihrem formalistischen Abracadabra reiche dazu aus. Gerade durch diese Jurisprudenz und durch ganz furchtbare Haarspaltereien, vor denen sich der gesunde Menschen⸗ verstand bekreuzigen muß, ist dem deutschen Volk sehr oft ins Gesicht geschlagen worden. In Betreff der Preßdelikte hingegen scheint mir nun die politische Tendenz, die man mit der Entlastung der Schwurgerichte verfolgt, so grell heraus, daß man es offen aussprechen muß: Eg handelt sich um tiefere Dinge, als die Vertreter der Regierung zu⸗ geben wollen, es handelt sich um die wohlerwogene Absicht, die Schwurgerichte in Verruf zu bringen. Ich hoffe aber, die Vertreter des Volks werden wissen, was sie sellen; in keiner Sache haben wir mehr Grund, den Regierungssuristen zu mißtrauen, als in allem, wat mit dem geistigen Leben der Nation und was mit dem Leben der Presse zusammenhängt. Wir haben hier die schmerzlichsten Er⸗ fahrungen gesammelt, besonders in der Zeit so heftiger Kämpfe, wie wir sie heute haben. Es liegt im Inseresse eines ruhigen Ausbaues unserer Volkeékultur, daß wir dem Antrage Beckh⸗Munckel in allen Punkten beistimmen.
. Abg. Träger (fr. Volkep.): In diesem Hause ist wohl Niemand, welcher nicht Werth darauf legt, daß gerade dieses Gesetz zu stande komme. Wir wollen etwas Gutes schaffen. Die Re? gierung stellt die Wiedereinführung der Berufung als ein der Opfer werthes Ding hin. Die Berufung kann auch ein Phantom sein, und dafür gebe ich reale, wirkliche Dinge nicht hin; für die Berufung kann man nicht eine Veischlechterung der ersten Instanz geben; denn die Berufung ist etwas fo Selbstverständliches, daß ohne sie selbst die beste Strafprozeßordnung nicht brauchbar ist. Ich will mir leine Garantien des Verfahrens rauben lassen, lieber lasse ich die ganze Berufung fallen. Die Aburtheilung der politischen und Preßvergehen ist stets als die Hauptaufgabe der Schwurgerichte bezeichnet worden. Nur durch das Kompromiß unseligen Angedenkens, das unsere Gesetz⸗ ann um Jahrzehnte zurückgebracht hat, ist eine dahin gebende Be— timmung aus den Justizgesetzen wieder herausgebracht worden. Der Regierungspertreter hat neue Gründe verlangt. Ja, die Gründe wachsen doch nicht wie die Brombeeren alle Jahre neu; es gelten eben für diese Forderung die alten guten Gründe. Ich wüßte nicht, daß die Schwurgerichte zu berechtigten Ausstellungen Anlaß gegeben hätten, aber trotzdem hat man sie nach und nach abgetragen und . bei denen, die als Geschworene fungieren, zu diskreditieren gesucht. Als die Schwurgerichtssessionen noch laͤnger dauerten, war großer Eifer vorhanden, der jetzt hei der Beschränkung der Thätigkeit erkaltet ist. Daß die Schwurgerichte ihre Meinung an die Stelle des geschriebenen Gesetzes stellen, ist ein unberechtigter Vorwurf. Das Schwurgericht soll die Versöhnung des starren Gesetzesbuchftabens mit den' An= schauungen des Volkes bedeuten. Die Presse soll das Sprachrohr der öffentlichen Meinung sein und sie sundigt, wenn sie gegen die Strömung der Mehrheit des Volkes sich wendet. Deshalb muß die Presse den Schwurgerichten unterstellt werden, weil der gelehrte Richter zu abhängig ist von dem Buchstaben des Gesetzes. Der Abg. Günther hat sich dagegen verwahrt, daß die Richter der öffentlichen Meinung sich fügen sollten. Sie sollten das Urtheil der öffentlichen Meinung über gerichtliche Entscheidungen beachten, denn die öffentliche Meinung ist doch schließlich der gesunde Menschen⸗ veistand. Ich bitte Sie, den Antrag anzunehmen.
Geheimer Ober ⸗Regierungs Rath von Lenthe: Eg ist aller⸗ dings richtig, daß einzelne Strafsachen den Schwurgerichten ab⸗ genommen werden sollen, aber nur wegen der Eigenart der betreffenden Verbrechen. Selbst diesen Grund hat der Reichstag nicht überall an— erkannt; er hat also keinen Grund, für die gerne , eine Ab⸗ weichung von den allgemeinen Grundfätzen zu schaffen. Die verbün— deten Regierungen wollen aber gleiches Recht für Alle schaffen. Wie weit die einzelnen Richter einen unabhängigen Charakter haben, kann nicht festgestellt werden; es kommt darauf an, daß die Garan⸗ tien der Unabhängigkeit vorhanden sind, daß unsere Richter sich unabhängig fühlen; daran wird, von der Sozialdemokratie abgesehen niemand in Deutschland zweifeln. Auch wird daran nichts geändert durch die Aufforderung der Hamburger Nachrichten“ an die Richter, ohne Rücksicht auf das Gesetz zu urtheilen. Solche Aufforderung hat doch nicht unbedingt eine Wirkung; es liegt also kein Grund vor, eine Ausnahme zu machen. Wenn der Wunsch nach einer raschen Re— Pression eines Vergehens irgendwo am Platze ist, so ist das bei den Preßbergehen der Fall, die von den periodisch zusammentretenden Schwurgerichten nicht schnell erledigt werden können.
Abg. Stadthagen (Soz.) behauptet ebenfalls, daß die Richter abhängig seien. ;
Abg. Günther: Der Abg. Stadthagen hat gesagt, es sei ein Erlaß des Gesammt⸗Ministeriumß ergangen, worin den Beamten untersagt worden sei, ihre politische Meinung zu äußern. Ich babe den Erlaß nicht zur Hand, erinnere mich aber genau, daß darin steht: die Königliche Staatsregierung erwarte, die Beamten würden oder sollten gegen die Maßnahmen der Regierung nicht agitieren. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: „Ist a,. Das ift etwas ganz Anderes. Wäre der Abg. Siadthagen der Inhaber eines Geschäͤfts und hätte er einen Untergebenen, der gegen ihn agitiert, so würde er der allerletzte sein, der sich dies gefallen ließe.
Abg. Beckh wendet sich gegen die Ausführungen des Regierunge« vertreters. Jedenfalls werde in Bayern die Regierung und das Volk sich energisch dagegen perwahren, daß an dem bisherigen Zustande der Aburtheslung der Preßdelikte durch die Schwurgerichte gerüttelt werde. Die Schwurgerichie feien eigentlich die ordentlichen Gerichte; nur was ihnen nicht zugewiesen würde, sollte den Strafkammern ufalien.
Geheimer Ober Regierungt-Rath von Lenthe verwahrt sich dagegen, daß aus seinen Worten irgendwie hervorgehe, es würde beabsichtigt, den bestehenden Zustand in den suͤddeutschen Staaten bezüglich der Schwurgerichte irgendwie zu ändern. Eine Dis— kreditierung derselben habe ihm vollständig ferngelegen.
Abg Bebel (Soz.): Der Abg. Günther hat den Erlaß des Staat. Ministeriums dahin ausgelegt, daß die Beamten nicht gegen die Regierungen agitieren sollen. 3. die Regierung ebenso das Recht habe, wie ein Arbeitgeber, seinen Arbeitern etwas zu verbieten, kann nicht anerkannt werden. Die Preßverbrechen gehören vor die Schwur⸗ erichte, die Preßdelikte in Bayern und Oldenburg auch, und die
keinung, daß das richtig sei, galt früher auch bei den Freunden des Abg. Günther. Aber freilich, mit den Schwurgerichten ann man bei Preßprozessen nicht so leicht fertig werden; der Interpretations= fanatismus der gelehrten Richter existiert bei den Schwurgerichten
nicht; sie hätten den dolus eventualis nicht anerkannt. Wenn die Schwurg erichte in Preßprozessen urtheilen, so wird das auf die übrigen politischen Projefse sanierend wirken. Die Richter sollen urtheilen ohne Ansehen der Person und der Partei; deshalb trägt ja die Gerechtigkeit eine Binde.
Abg Günther: Der Unterschied zwischen dem Abg. Bebel und mir bestebt darin, daß wir verschiedene Folgerungen ziehen. Ich habe den Erlaß dahin verstanden, daß die Beamten nicht agitieren sollen aber ihre politischen Meinungen aussprechen können. Ich habe deshalb niemals Bedenken getragen, meine Meinungen hier und außerhalb des Hauses vorzutragen.
Damit schließt die Debatte. Der Antrag wird gegen die Stim men der Sozialdemokraten, der Freisinnigen, der Deutschen Volkspartei und einiger Zentrumsmitglieder abgelehnt.
Bei § 123 (Huständigkeit der Ober⸗-Landesgerichte) kommt
Abg. Schröder (fr. Vgg.) auf die Frage der ö im allgemeinen zurück und führt aus, daß sie in alten Zeiten Überhaupt nicht existiert habe und erst eingeführt sei, als die Gerichts organifation eine selche geworden, daß nicht mehr die Garantie für einen richtigen Spruch in erster Instanz unter allen Umständen gewährt wäre.
5§ 123 wird angenommen.
8 A124 beschäftigt sich mit der Bildung detachierter Straf⸗ senate für die vom Sitze der Ober-Landesgerichte entfernteren Landgerichte; den . und den Siellvertreter des⸗ selben soll die Londes-Ju tizverwaltung ernennen; die Beisitzer sollen aus den Mitgliedern der Ober⸗Landesgerichte, theilweise aus Mitgliedern der betreffenden Landgerichte berufen werden.
Abg. Dr. von Cuny (uk) will das Wort stheilweise“ gestrichen wissen, sodaß die Bildung des Senats auch lediglich aus Mitgliedern der Landgerichte erfolgen könne. Die Befürchtung, daß durch die Bildung des Berufungssenats aus Mitgliedern des Landgerichts eine Störung der kollegialen Verhältnisse eintreten könnte, habe sich nicht erfüllt.
Geheimer Ober, Regierungs⸗Rath von Lenthe hat gegen den Antrag des Vorredners nichts einzuwenden, wenn er auch nicht in Aus⸗ sicht stellen könne, daß die Mitglieder des Senats nur aus Mitgliedern des Landgerichts genommen werden würden.
Abg. Beckh (fr. Volksp.) will mindestens drei Mitglieder einschließ⸗ lich des Vorsitzenden aus den Mitgliedern des Ober⸗Landesgerichts entnommen wissen.
Beide Anträge werden abgelehnt und 8 124 unverändert angenommen, ebenso der Rest ber zu dem Gerichtsverfassungs⸗ gesetz vorgeschlagenen Aenderun en.
Darauf wird gegen 5. Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 1 Uhr vertagt.
Parlamentarische Nachrichten.
Die dem Reichshaushalts-Etat beigegebene Denk- sch rift bemerkt:
Die gesammten fortdauernden und einmaligen Ausgaben aller Verwaltungszweige, mit Ausnahme der fortdauernden Aue gaben der Betriebsverwaltungen (Post und Telegraphie, Reichsdruckerei, Eisenbahnen), sind
veranschlagt auf 1328 301 824 4 61 277 265
und auf die einmaligen Ausgaben mehr 28 724 900 , wie vorstehend überhaupt mehr dT 777 Tod TR Werden hiervon die durchlaufenden Posten, nämlich für 1897 / 8 die Ausgaben des Reichs—⸗ Invalidenfonds von 28 504 497 M und die aus den Einnahmen an Zöllen, Tabacksteuer, Branntweinsteuer und Stempelabgaben in Ge— mäßbeit der gesetzlichen Bestimmungen an le ein—⸗ zelnen Bundesstaaten zu überweisenden Beträge
für 1896, 97 28 862 508
404 056 000 , 387 472 000 mit zusammen ... 137 560 497 M 7s JT b 7
als die Höhe der Matrikularbeiträge und das Abschluß ⸗Ergebniß des Reichshaushalts nicht beeinflussend, ausgeschieden, so stellt sich für die verbleibenden fortdauernden Ausgaben und die einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats ein Gesammtbedarf von S838 137 580 , bezw. ein Mehrbedarf von 24 205 238 M*) heraus, während der außerordentliche Etat der einmaligen Ausgaben mit einem Gesammthedarf von 57 603 747 M und einem Mehrbedarf von 20 842 038 M abschließt.
Der erstgedachte Mehrbedarf des ordentlichen Haushalts von . 238 M ergiebt sich im einzelnen aus folgender Zusammen— tellung:
fortdauernd einmalig Es sind angesetzt: mehr weniger mehr weniger
für den Reichskanzler und P die Reichskanzlei.. 4340 — 28000 das Auswärtige Amt. 356 370 715 bꝛo — das Reichsamt des Innern 3 144 417 — 864452 die Verwaltung des / Reichs heeres 5.16935 571 772 370 — die Verwaltung der Kaiserlichen Marine 3 542971 6 704127 — die Reichs ⸗Justiz⸗ verwaltung... 6 896 — — das Reichs ⸗Schatzamt. 57 490 — — das Reichs⸗Eisenbahn⸗ .
J 248 750 — den Rechnungshof .. 3 200 — — — den Allgemeinen
Pensionsfonds. .. 2024911 — die Post-⸗ und Tele⸗
graphenverwaltung . — — 298 297 — die Reichsdruckerei .. — — 35 000 — die Eisenbahnverwaltung — — 240 000 — 16 326 76 — 8 766 za 882 4502 16 326 376 — 7 882 862 —
* — —
24 209 238 0
sind mehr. also wie oben überhaupt mehr ....
) Rechnet man die fortdauernden Ausgaben der Betriebtver waltungen hinzu, so ergiebt sich bei den Ausgaben ein Gesammtbedarf von 1 161 215 708 A bezw. ein Mehrbedarf von 39 920 5860 A6, wäbrend bel den gewöhnlichen Einnahmen statt des sich ergebenden Mehr— , n. von 12 328776 M ein solcher von 28 040 117 4 entstehen würde.
Andererseits sind bei den gewöhnlichen Ein⸗ nahm en veranschlagt:
M00. ) die . 2 1129 000 3) in⸗
höher niedriger um um
1095 000
39 ooo . 347 000 die statistische Gebühr 49 000
der Ueberschuß der Post—⸗ Telegraphen verwaltung 7 9 9 — 90 ö.
1941700 — 2116 800 1102 875
wesen . — die verschiedenen Einnahmen —
1171138
Ts B F T I 7s R
Sind mehr
Diesem Mehrertrage treten hinzu die unter Tit. 3 des Einnahme Kapitels 18 vergl. den Etat über den Reiche— Invalidenfonds Seite 22/23) als nachträglicher Kapitalzuschuß für das Etats jahr 1895/96 vorgesehenen
welche zur Deckung von in letzterem Etat jahre über den Etat hinaus zunächst zu Lasten der gewöhnlichen Reichs mittel geleisteten Ausgaben des Etattabschnitts Reichs⸗In⸗ validenfonde“ dienen.
178 483 ,
12 507 258 4A 24209238.
2) , ,, überhaupt gegen das Vorjahr mehr 7 707 da mn Für die einzelnen Militärverwaltungen sind angesetzt: zu 1 an fortdauernden Ausgaben: für Preußen ꝛc. mehr 5 629 936 Ms Sachsen mehr 6 150 504 Mt 785 067
6 9359 571 6
Abth. B 761 430 0
. sind mehr.. Bayern antheilmäßig mehr gegen das Vorjahr, wie oben, mehr
zu 2 an einmaligen Ausgaben:
Abth. A 1832 549 „0p 1925 35.
405 076 . — 3 352 852 S. 761 430 pg
sind weniger. . . 4111255 0 für Bayern zu A antheilmäßig weniger 41272963. zusammen weniger. . . 17177 7G I. Im Vorjahr war durch den Nachkrags⸗Etat (Gesetz vom 22 Juli 1896 — Reiche⸗-Gesetzbl. S. 661 —) von den darin vorgesehenen ein. maligen Ausgaben des ordentlichen Etats zu thunlichster Vermeidung einer nachträglichen Er—⸗ höhung der Matrikularbeiträge ausnahmsweise ein Betrag von 5 314588 S6, und zwar für Preußen c., Sachsen und Württemberg zusammen 4713 007 M und für Bayern 601 581 4 auf den außerordentlichen Etat übernommen. Da für 1897.98 die Deckung der sämmtlichen einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats wieder aus den gewöhnlichen Einnahmen erfolgt, so kommt durch den Wegfall jenes uff jeßt im ordentlichen Etat ein Mehrbedarf zur Erscheinung von 3145638. Mithin gegen das Vorjahr, wie oben, mehr 77 77 XT Die Einnahmen der Verwaltung des Reichsheeres an eigenen Erträgnissen, welche einestheil (Kapitel 9) den Bundesstaaten mit Ausschluß von Bayern, anderntheils (Kapitel ga) der Gesammtheit aller Bundesstaaten zu gute kommen, ergeben gegen das Vorjahr bei Kapitel 9 weniger 338 374 40 bei Kapitel 9a weniger 128 200 .
für Preußen z. weniger. Sachsen weniger Württemberg mehr
gegen das Vorjahr weniger 466 574 .
zum Nachweis gelangen, woraus sich ᷓ gegen das Vorjahr eine Mehrforderung ergiebt von
fer n e rine und der Reichs- Eisenbahnen, worüber die Erläuterungen zu Titel 1 des Finnahmekapitels 23 und die Begründung des Anleihegesetzes das Nähere ergeben.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Das „Sweating System“ in den Vereingten Staaten von Amerika.
In dem neunten Heft (September Oktober 1896) der „Revue d KBeonomie politiques veröffentlicht Herr E. Lepafeur einen Aufsatz über das der System' in den Vereinigten Staaten von Amerika, aus dem wir in Nachstehendem n g, auch für weitere Leserkreise in Deutschland interessante Mittheilungen wiedergeben. Herr Levasseur erörtert nacheinander kurz Folgendes: Definition des Sweating System ‘„, Organisation des Systems, Aussagen in der Senattenquste von 1883, Besuche des ‚„Sweating System“, Arbeits⸗
stunden und Lohn, die Gesetze gegen das „Sweating Spstem⸗ und die . zu seiner Unterdrückung, Vergleich mit Guropa und Ursachen des Fortbestehens des Systems.
Was die Definition des „ Sweating System“ betrifft, so hat wohl die von dem , zitierte Auskunftsperson am meisten Recht, welche aussagt: das erste, waz man beim Studium dieses sogenannten Systems entdecke, sei daz, paß es als solches gar nicht existiere. Es gebe kein organisiertes System, welches diesem populären Ausdruck entspreche, und man finde das, was man damit bezeichnen wolle, auch in Industriezweigen, auf die man das Wort niemals anwende. Ge—= braucht wird der Ausdruck thatsächlich wohl nur, um die mißlichen Arbeite verhältnisse in der Konfektion zu bezeichnen. Ueber den Stand, der Kleiderkonfektion in den Vereinigten Staaten im Jahre 1890 theilt Leoasseur folgende Zahlen mit:
Herren⸗ amen Knopflochbetriebe konfektion konfektion für Herrenkleider Zahl der Betriebe . 4867 1224 200 Kapital in Millionen Dollars 128,2 21,3 0,2 Produktion in Millionen Pen nn,, 261,0 68, 0, 8 Beschäftigtes Personal . 156 345 42 008 1375
Ueber daß, was er Otganisation des Systems nennt, führt er sodann etwa Folgendes auß: Der Fabrikant, oder besser: der Groß kaufmann, halte in der Regel eine Zuschneidewerkflatt. Die zuge⸗ geschnittenen Stücke übergebe er zu Hunderten und Taufenden einem Unternehmer (Contractor), der zuwellen auch das Zuschneiden über= nehme. Manche dieser Unternehmer ließen Jin geschlossenen kö arbeiten, manche gäben die Arbeit direkt an
eimarbeiter aus, manche wieder an Unterunternehmer (Sous= antrepreneurs) — wir wollen diese Zwischenmeister nennen. Diese Zwischenmeister hätten ihrerseits wieder zum thel kleinere Werlstätten, zum theil gäben auch sie die Arbeiten an Heim⸗ arbeiter weiter. Die Kontraktoren und Zwischenmeifter drückten sich untereinander und umsomehr die Arbeiler. Die Preise feien er- heblich zurückgegangen, und die besseren Elemente hätten das Geschãft aufgegeben. Nur die „weniger skrupulssen“ setzten es fort. Man habe in menschenfreundlicher Weise den Versuch gemacht, die Arbeit looperativ unter Leitung von Werkmeistern zu organisieren, aber dabei keine höheren Löhne für die Arbeiter herausgewirthschaftet. Die Werkmeister kosteten ebensoviel oder mehr als die zSweaters“, und die Arbeit tauge nichts. Man habe theilweise die Ansicht gewonnen, daß, je tiefer die Qualität der Arbeit stehe, um fo nöthiger eine strenge Aufsicht, ja ein gewisser ‚Despotismus“ fei. — In den Fabrikbetrieben, in denen meist mehr als 20 Arbeiter vereinigt seien, lägen die Verhältnisse am günstigsten. In den kleinen Zwischen⸗ meisterbetrieben, meist mit nicht mehr als 20 Arbeitern, den zTenement sweat shops“, habe der Meister in der Regel für die Familie ein Zimmer als Schlaf⸗, Koch, Speise⸗ und Schreibzim mer, ein jweitetz diene 15 bis 29 Arbeitern, Männern, Frauen und Kindern als Arbeits, und Schlafraum. Am schlechtesten sei die Lage der Heimarbeiter, „ Tenement home workerse, meist Frauen und Kinder, die neu eingewandert sind, dann arbeitsunfähige Per⸗ sonen, Wittwen und heruntergekommene Familien. In Boston sein 1892 unter 33 Zwischenmeistern und Kontraktoren 26 eingewanderte Juden gezählt worden; unter 1107 Arbeitern und Arbeiterinnen 448 Juden, 2495 Amerikaner, 215 Italiener, 176 Ir⸗ länder; die übrigen Deutsche und Portugiesen. In Chicago seten 66 Betriebe gezaͤhlt worden mit 16933 Arbeitern, von denen 9097 in Werkstätten und 1836 zu Hause arbeiteten. In Philadelphia arbeiteten in 273 Betrieben 1806 Personen, von denen S98 Russen waren. In NewYork, Boston und anderwärts finde man oft 20 russische Juden in einem Zimmer zusammen. Diese hätten die . sehr gedrückt. Was Deutsche für 2.50 Dollars gemacht ätten, das hatten sie für 150 Dollar angeboten.
Ueber die Arbeitszeit und den Arbeitslohn weiß der Ver— fasser ferner unter anderem zu berichten, daß in den Fabriken in der Regel 10 Stunden effektiv gearbeitet werde bel einer einstũndigen Zwischenpause. Allerdings nähmen die Arbeiter manchmal Arbeit mit nach Hause. In den kleinen Werkstätten werde 11 bis 14 Stunden gearbeitet, bei dringender Arbeit auch noch länger. In der Heim⸗ arbeit sei keine Grenze gezogen, man arbeite hier im Mittel eiwa 15 Stunden, wenn nöthig länger. In Philadelphia verdienten nach einer Angabe Frauen in der Fabrik bei zehnstündiger harter Tages⸗ arbeit 3 Lis 4 Dollars wöchentlich; als Heimarbeiterinnen, wenn sie von 8 Uhr früh bis 10 Uhr Abends arbeiteten, 1,50 biz 2 Dollars. Nach einer Zusammenstellung des Arbeitsbureaus in Massachusetts verdiene die Mehrzahl. der Frauen 6 big 12 Dollars wöchentlich, die Mehrjahl der Männer 123 bis 20 Dollars. Hier soll es sich aber nur um Fabrikarbeiter handeln. In New. Vork kämen die Frauen in den Fabriken auf 5 bis 3 Dollars, die Männer auf 14. In den kleinen Werkstätten verdienten die Arbeiter ein Viertel weniger, in der Heimarbeit noch weniger. Die Russen und die Jialiener erzielten die geringsten Löhne, die Deutschen, Amerikaner und Irländer arbeiteten nur in den Fabriken. Nach einer Enquste aus den Jahren 1891,93 verdienten die Frauen in NewYork im Mittel 4.53 Dollars wöchentlich. — Dabel seien die ungünstigen Saison« verhältnisse in Betracht zu ziehen. Zwesmal vier Monate im Jahre sei Arbeit hinreichend vorhanden, vier Monate herrsche Arbeitslosigkeit oder doch stark reduzierter Verdienst.
Levasseur erwähnt dann kurz die bekannten Gesetze in Massachusetts und New. York, welche die Ausbeutung der Konfektions⸗ arbeiter erschweren sollen. Wir müssen dieserhalb sowie bezüglich der sonstigen interessanten thatsäͤchlichen Angaben, an denen die Arbeit reich ist, auf diese selbst verweisen. Nur die Ansicht des Verfafferg über die Gründe für das Fortbestehen des Systems möge noch kurz angedeutet werden. Einerseits glaubt Levasseur, daß die Konfektiont⸗ industrie im Unterschiede von der Maßschneiderei noch weiter zunehmen werde. In den Vereinigten Staaten z. B. wachse die Zahl der Kon⸗ sumenten, welche billige Preise und zugleich den Schein des Luxus ver⸗ langten? unaufhörlich. Die Produktions, und Absatzverhältnisse drängten mehr und mehr zur kommerziellen Konzentration. Die Großkaufleute brauchten immer mehr Kontraktoren und Zwischenmeister, welche ihrerseits ein Interesse daran hätten die Arbelter zur Hand zu haben. Wenn auch das platte Land einen Theil der Arbeit an sich ziehen könnte, so würden die Massen der Konfektionsarbeiter doch in den Städten bleiben. Die Konkurrenz unter einander werde auch ferner die Konfektionäre (Großkaufleute) zwingen, auf den Lohn zu drücken. Die Zuaischenmeister lüden gewissermaßen durch ihr Angebot dazu ein und drückten ihrerseits weiter auf die Löhne der Arbeiter, deren Nach= giebigkeit, ohne unendlich zu sein, doch wahrscheinlich noch nicht an der äußersten Grenze angekommen sein dürfte. Dafür sorge die Ein⸗ wanderung mit immer neuen Rekruten. Vor vierzig Jahren hätten die Fan fm, in den Schneiderwerkstätten ihre Arbeit billiger angeboten als die Amerikaner. Seit 15 Jahren verdrängten die Juden die Deutschen durch noch geringere Löhne, denen sich die Italiener fügten. Der Jude in Sst⸗Europa und der Bauer in Italien träume von 1 Dollar Tagelohn wie von einem Eldorado und mache sich auf die Reise. Er haͤtte nicht einmal ganz unrecht; denn schließlich würde er drüben doch noch besser ernährt und besser logtert als in der Heimath, und viele von ihnen sammelten sogar Ersparnisse, wie sie die besser bezablten Amerikaner nicht erzielten. Deshalb ver⸗ lange der Amerikaner 2 gegen das ‚Sweating System“, wie er sie gegen die Chinesen durchgesetzt habe.
Literatur.
Literatur über den Entwurf eines Handelsgesetzbuch.
Nachdem der Entwurf veröffentlicht worden ist, häufen sich die Schriften, welche sich mit der Revision des deutschen Handelsrecht befassen und den Juristen wie den Kaufmann mit den leitenden Ge— danken des Entwurfs vertraut zu machen suchen. Junächst an die Juristen wendet sich Rechtsanwalt Dr. Hermann Staub Berlin in einem auf dem Deutschen Anwaltstage am 12. e . 1896
ehaltenen Vortrage, der jetzt im Druck vorliegt (Verlag bon Otto fia n, Berlin; Preis 50 3). Der Verfasser theilt hier die