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Die Wochenůübersicht der Reichsbank vom 23. November 1896
. weisft einen gesammten Kassenbestand auf von 903 hIs 000 (1895 S951 737 0900) ½ι, d. i. der
Vorwoche gegenüber mehr 27 539 099 (1895 Zunahme 8724 000 é; der Metallbestand allein hat sich um 24 574 000 (1895 um 7 054 000) S vermehrt. Der Bestand an Wechseln zeigt mit 663 718 000 (1895 664 548 9000) M eine Abnahme um 10 969 0600 (1895 Abnahme 36 384 00) 16 und der Bestand an Lombardforderungen mit 100394 000 (1895 79 620 000) Æ eine solche um 135 009 (1895. Abnahme 3 b20 000) S6; auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist also ein Rückgang um 11 094 000 (1895 um 39 904 060 * zu verzeichnen. Auf i knn Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten von 1052 513 000 (1895 1117 608 000) M der Vorwoche gegenüber eine Verminderung um 31 133 009 (1895 Abnahme 24 911 000) , während die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten ( Giroguthaben) mit 497 074 000 (1895 470 726 060) 4 eine Zunahme um 44 404 000 (1895 Abnahme um 9 319 000) M erkennen lassen.
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht⸗ viehmarkt vom 25. November i896. Auftrieb und Marit. prelfe nach Schlachtgewicht mit Ausnahme der Schweine, welche nach Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 354 Stüc. (Durchschnittspreis für 100 kg.) J. Qualität —— „, II. Qualit —— , III. Qualität S838 = 96 6, TV. Qualität 74184 S6. Schwein e. Auftrieb 7792 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 96 100 M, Landschweine: 3. gute 92 — 94 , b. geringerr 86-99 S, Galizier —— 10, leichte Ungarn —— W bei 20 014. Tara, Bakonyer — Æ bei — Eg Tara pro Stück. — Kälber. Auftrieb 1472 Stück. (Durch schnittspreis für 1 ERLg) 1. Qualität 118-124 , II. Qualität 1,08 1,16 S, III. Qualität 9, 98 - 1,06 MÆ — Scha . Auftrieb 1473 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität O, 86 -— 1,0 Æ, II. Qualität 6,76 - 0,84 M, III. Qualität — — .
Verdingungen im Auslande.
Oesterreich⸗Ungarn.
30. November, 106 Uhr. Stadtverwaltung in Wien: Regu⸗ lierungsarbeiten am Wienfluß von der Schikanederbrücke bis zum Donaukanal und Bau der Stadtbahnstrecke zwischen genannter Brücke und dem Zollbahnhof. Voranschlag 5441 467 Fl. Vorläufige Kaution 3 060 des Angebotswerthes. Verdingungsheft, Pläne, Vor⸗— anschlag u. s. w. bei der Stadtkämmerei in Wien, 1, Bezirk Rath⸗
haus, für 10 Fl. ö Italien.
28. November, 3 Uhr. Artillerie⸗Direktion der Geschützgießerei in Genua: Lieferung von 50 000 kg Mulden-Blei. Voranschlag 17 500 Fr., Kaution 1750 Fr. Lieferfrist 40 Tage. . .
3. Dezember, 10 Uhr. Präfektur von Genua: Bau einer eisernen Brücke, an Stelle der bisherigen steinernen, über den Roncallo⸗Gieß— bach. Voranschlag 14160 Fr, vorläufige Kaution 600 Fr., endgültige Kaution 100; des Angebotswerthes. . .
9. Dezember, 10 Uhr. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Rom und Präfektur von Cagliari: Bau einer eisernen Brücke über den Flumendosa⸗Gießbach. Voranschlag 531 500 Fr. Vor— läufige Kaution 26 577 Fr., endgültige Kaution 100n½ des Angebote⸗ werthes. Endgültiger Zuschlag wird noch bekannt gegeben.
panien.
23. Dezember, 1 Uhr. General. Direktion der öffentlichen Arbeiten
in Madrid: Bau einer eisernen Brücke über den Ebro bei Gallur.
Rumänien. . 18. Dezember, 2 Uhr. Krlegs⸗Ministerium in Bukare st: Liefe⸗ rung von 24 060 kg Tanninextrakt, für die Militärgerberei in Bucovetz für das Jahr 1897398. Kaution 10 9½υ des Angebotswerthes. Näheres bei obiger Behörde. 20. Dezember, 25 Uhr. Kriegs. Ministerium in Bu ka re st: Liefe⸗ rung von 10149 ig Talg, 1080 kg gewöhnlichem Gerberfett, 2046 kg Mironda · Schmiere, 40s kg Impęn meable, Schmiere, bl kg Leinöl, gz kg Birken 153 Kg gelbem Wachs, zar Kg. Seehund fett u. s. w. für die Militärgerberek in Bucoveß für das Jahr 1897/98. Kaution 1060 des Angebotswerthet. Näheres bei obiger
Behörde.
Verkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Goch ist die zweite englische Post über Vlissingen vom 25. November ausgeblieben.
Grund: Sturm auf See.
Theater und Musik.
Friedrich Wilbelmstädtisches Theater. Gestern fand eine Wohlthätigkeitsvorstellung zum Besten der Hinterbliebenen der mit dem Kanonenboot „Iltis“ unter— gegangenen Seeleute statt. Nach einem Prolog, der die Helden des „Iltis“ schwungvoll feierte und von dem Dichter des später auf— geführten dramatischen Heldengedichts ‚König Ring“, Vietor Laverrenz, herrührte, gelangten einige Mustkstücke von Wagner und Beethoven und das dramatische Gedicht ‚Der Rabe“ von Edgar Allan Poe zum Vortrag, welches von Herrn Ottomeyer sehr gut ge— sprochen wurde. Man hatte also ein anspruchs volles Programm auf— gestellt, welche denn auch von den zur Verfügung stehenden Kräften mit Eifer, ausgeführt. wurde. Herr Victor Laverrenz hat die Gestalten seines dramatischen Gedichts „König Ring‘ hauytsächlich der Frithjofsage entlehnt. Der Verfasser laßt den alten König Ring und die junge goldhagrige Prinzessin Alfsol, des Dänenkönigs Helge Schwester, in heißer Liebe zu einander entbrennen, welche die Ursache des Untergangs für Alle wird. Die Anwendung des Stabreims in einem dramatischen Gedicht, das wirklich zur Aufführung kommen soll, ist, wie sich gestern gezeigt hat, ein verfehltes Unternehmen. Das fortdauernde Anhören solcher Alliterationen ist für das moderne Ohr beinahe qualvoll, zumal wenn die Verse nicht immer von künstlerisch geschulten 8 prechern zu Gehör gebracht werden. Der literarische Werth der Dichtung kann jedenfalls nur beim Lesen sich feststellen lassen. Die , . schienen Geschmack an der einfachen Fabel und den schwungvollen Worten zu finden, denn lebhafter Beifall erfüllte das Haus nach jedem Aktschluß.
Im Königlichen Opernhause gelangen morgen Richard Wagner's Meistersinger! unter Kapellmeister Weingartner's Leitung zur Aufführung. Als Stolzing gastiert Herr Ernst. Kraus; als Beckmesser eröffnet Herr Fritz Friedrichs ein Gastspiel auf Engagement. Die Epa singt Fräulein Hiedler, die Magdalene Frau Göße, den Hans Sachs Herr Betz, den Pogner Herr Stammer, den David Herr Lieban. Am Sonnabend werden Leoncavallo's Bajazzi' und das Ballet ‚Phantasien im Bremer Rathskeller' an, Stelle der angesetzten Oper „Der Evangelimann“ gegeben.
Im Königlichen Schauspielbause geht morgen Letzte Liebe“ von Döcs in Seene. Die Damen Haberland (a. G.), Pappe, Lindner, von Hochenburger, Hausener, die Herren Nesper, Ludwig,
Der Leiter der Berliner Philharmonischen Konzerte Herr Arthur Nikisch hat, einer Einladung des Staatsraths Tschaikowsky, eines Bruders des verstorbenen Komponisten gleichen Namens, Folge gebend, in St. Petersburg einen ‚Tschaikowsty⸗ Abend“ mit außerordentlichem Erfolg dirsgiert.
Mannigfaltiges.
An der Ausschußsitzung des Tanganyika⸗ Dampfer⸗ Comité“, welche am 23. d. M. abgehalten wurde, nahmen unter dem Vorsitz des Gouverneurs Dr. von Wissmann die Herren General⸗ Sekretär von Bornhaupt, Chefredakteur d rer, Premier Lieutenant von Heydebreck, Missions⸗Superintendent Merensky und Oberst Frei-⸗ herr von Schele, Flügel Adjutant Seiner Majestät des Kaisers, theil. Es wurden zunächst die Schiffahrtsberhältnisse auf dem Tanganyika und der Landweg vom Nyassa⸗ See zum Tanganyika, für den allein die Stevenson⸗Road in Betracht kommt, eingehend erörtert und dann beschlossen, die noch offene Frage, welches Material, ob Stahl oder Aluminium, beim Bau des Tanganyika⸗Dampfers zur Verwendung gelangen soll, in der nächsten, für den 14. Dezember anberaumten Sitzung unter Hinzuziehung von Sachverftändigen zur Erledigung zu bringen. w (
Von Sperling's Adreßbuch der deutschen Zeit schriften und der hervorragenden Tagesblätter“ (Stutt⸗ gart, H. D. Sperling; 452 S., Preis geb. 4 4M) ist soeben der 37. Jahr⸗ ang für 1896 erschienen. Dieses Werk hat sich als Hand⸗ und
ahrbuch der deutschen Presse längst bewährt. Es enthält mit mög—⸗ lichster Vollständigkeit, nach Wissenschaften und alphabetisch geordnet, die Adressen der Redakteure und Verleger, den Erscheinungsmodus, die Nummer der Postpreisliste, die Bezugs“, Anzeigen und Beilagen. preise der Blätter, die Angabe, ob dieselben illustriert sind, und zahlreiche andere Nachweise. Ein besonderer Theil ist Mit- theilungen aus Theorie und Praxis“ gewidmet, worunter sich die Adressen der Korrespondenze. Nachrichten., literarischen, Stellen vermittelungsbureaux, Adressenlieferanten u. v. a. fiaden. Der interessanten Rubrik . Statistisches entnehmen wir, daß der vorliegende 37. Jahrgang des Adreßbuchs die Angaben über 4327 periodische Er⸗ scheinungen der Presse enthält, gegenüber 4033 bezw. 3329, 3742, 3536, 3441 in den Vorjahren. Einen besonderen Werth hat das Adreßbuch für Inserenten, da kaum ein anderes Werk in so vor— trefflicher Weise Aufschluß zu geben vermag über Richtung, Ver⸗ breitung, Auflage, kurz alle diejenigen Momente, welche den Insertionswerth der einjelnen Preßorgane ausmachen. Das treff. liche Adreßbuch empfiehlt sich als vielseitig berathendes Hilfsmittel namentlich für Komtore und Bureaux; aber auch Schriftstellern, Ge⸗ lehrten, Bibliothekaren dürfte es gute Dienste leisten.
Brüx, 25. November. Heute Vormittag brach im Arbeits⸗ hause des hiesigen Kreisgerichts-Gefängnisses Feuer aus, das infolge der in dem Gebäude angehäuften Wollwaaren rasch um sich griff. Sechs Sträflinge wurden verletzt. Die Ursache des Brandes wird, dem ‚W. T. B.“ zufolge, auf heimliches Taback« rauchen zurückgeführt.
Triest, 25. November. Eine gestern Nachmittag entstandene heftige Bora, welche heute noch fortdauert, hat, wie W. T. B.“ meldet, zahlreiche kleinere Schiffsunfälle und viele Unfälle auf dem Lande verursacht. Der Seeverkehr ist vnterbrochen, der Landverkehr erschwert.
Voranschlag 585 691 Peseten. Kaution 29 500 Peseten.
Portugal. 16. Dezember, Mittags.
sowie von Papier und Umschlägen. Gesellschaft, 238 Rue de Chateaudun in Paris.
Niederlande. 7. Dezember, 16 Uhr. gesellschaft in Am sterdam:
Vora nschlag 40 006 Fl.
Königlich portugiesische Eisenbahngesell⸗
schaft in Lifsabon: Lieferung von Eisen und verschiedenen Blechen, Näheres in den Räumen der
Direktion der holländischen Eisenbahn— Arbeiten für den Bau eines zweiten Schienenweges zwischen den Stationen Alkmaar und Heerhugowaard.
in Scene.
Hertzer, Kahle und Purschian sind darin beschäftigt. ‚. Im Berliner Theater wird der zweite Theil von Wilden bruch's „Heinrich und Heinrich's Geschlecht! unter dem Titel Kaiser Heinrich“ am 1. Dezember erstmalig zur Aufführung gelangen. Am 30. Nobember findet die 150. Aufführung von „König Heinrich“ statt, sodaß dann zum ersten Mal das Gesammtwerk anderfolgenden Abenden gegeben wird. . Das Schiller⸗Thegter bringt zu Anfang der nächsten Woche die erste Aufführung von Ernst Rosmer's vieraktigem Lustspiel Tedeum ‘. Morgen geht Halm's dramatisches Gedicht Der Sohn der Wildniß“
an zwei aufein⸗
Belgrad, 25. November. unterbrochen gewesene Eisenbahnverbindung ist nach anstrengenden Arbeiten wieder hergestellt. der Hand nur bei Tage bewirkt werden. Tage soll indeß auf der ganzen Strecke der Betrieb wieder in vollem Umfange aufgenommen werden.
Die durch die Ueberschwem mung langen Der Verkehr wird vor Binnen längstens zweier
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten
Beilage.)
vom 26. November, Morgens.
Temperatur in o Cel
40R.
sius
Stationen.
C.
5
Belmullet .. Aberdeen Christiansund Ropenhagen. Stockholm. randa. t. Vetersbg. Moßkau ... Gork, Queens; tom... OSO 3 woltig ' Cherbourg ONO 6pedeckt 6 K ONO 5 bedeckt —1 K bedeckt 0 burg.
. 3 halb bed. — 3 winemünde
z heiter) — Neufahrwasser Dunst —5 Memel...
I bedeckt 3 K
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2 Regen Q bedeckt
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3 wolkig 7 wolkenlos 5 wolkenl. ) W wolkenlos 4 heiter
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Uebersicht der Witterung.
Auch heute et die Wetterlage nur geringe Aenderungen. Infolge der andauernden östlichen Winde, welche im südlichen Rußland ihren Ursprung haben, ist die kalte Witterung weit westwärts vor⸗ edrungen, sodaß die Frostgrenze sich bis nach West⸗ 6 erstreckt. In Nord Europa dagegen dauert die milde Witterung fort. In Deutschland ist das Wetter kalt, trocken und heiter; indessen dürften in den südlichen Gebietstheilen 6 . zu erwarten ein; in Ostdeutschland liegt die Morgentemperatur
s zu 7 Grad unter dem Gefrierpunkte. In Triest
. Deutsche Seewarte. Theater. ANönigliche Schanspiele. Freltag: Opern⸗
Nürnberg. Große Oper in 3 Akten von Richard Wagner. In Scene gesetzt vom Ober-⸗Regisseur 3 Dirigent: Kapellmeister Weingartner. (Walther von Stolzing: Herr Ernst Kraus, vom Hof! und National Theater in Mannheim, Beck⸗ messer: Herr Fritz Friedrichs, als Gäste.) Anfang
61 Uhr.
Schauspielhaus. 266. Vorstellung. Sonder⸗ Abonnement B. 39. Vorstellung. Letzte Liebe. Lustspiel in 5 Aufzügen aus dem Ungarischen des Ludwig Döczi. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. (Königin Elisabeth: Fräulein Anna Haverland, als Gast.) Anfang 79 Uhr. Sonnabend: Opernhaus. 238. Voerstellung. Bajazzi. (Pagliacci.) Oper in 2 Akten und einem Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von Ludwig Hartmann. — Phantasien im Bremer Nathskeller. Phantastisches Tanzbild frei nach Wilhelm Hauff, don Emil Graeb. Mustk von Adolf Steinmann. Anfang 74 Uhr.
Schauspielhaus. 267. Vorstellung. Iphigenie auf Tauris. Schauspiel in 5 Auflügen von Wolf⸗ gang von Goethe, Anfang 75 Uhr.
Dentsches Theater. Freitag: Morituri. (Teja. Fritzchen. Das Ewig⸗Männliche. ) Anfang 73 Uhr.
nnabend: Freiwild.
Sonntag, Nachmittags 21 Uhr: Der Meister von Palmyra. — Abends 71 Uhr: Morituri. (Teja. Fritzchen. Das Ewig⸗Männliche. )
Berliner Theater. Freitag (außer Abonne⸗ ment): Renaissance. Anfang 71 Uhr.
Sonnabend. Renaissance.
Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Des Meeres und der Liebe Wellen. — Abends 71 Uhr: RNenaissanece.
Lessmng Theater. Freitag: Die golbue Gva. (Georg Engels als Gast.) Anfang 71 Uhr.
Sonnabend: Der Abend. (Georg lg als Gast.)
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: orstellung zu vollsthümlichen Preisen — Parquet 2 Æ —: Das Glück im Winkel. — Abends 75 Uhr: Der Abend. (Georg Engels als Gast.)
Nesidenz · Thealer. Direktion: Sigmund Lauten⸗
burg. Freitag: Verschwunden. (Disparun. Schwank in 3 Akten von Alexandre Yif n ö Andr Sylvane. Deutsch von Franz Hofer. Anfang
785 Uhr. is paru.
Nenes Theater. Schiffbauerdamm 4a. / 6. Direktion: Sigmund Lautenburg. Freitag: Bock⸗ , ,. Schwank in 3 Akten von Paul Hirsch⸗ erger und C. Kraatz. — Vorher: Die sittliche Forderung. Komödie in 1 Akt von Otto Erich Hartleben. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Zweiter Duse⸗Abend. ( Seimath.)
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen: Minna von Barnhelm. — Abends: Bocksprünge. — Vorher: Die sittliche Fordernug.
Magda.
Schiller ⸗ Theater. Freitag, Abends 8 Uhr: Der Sohn der Wildnis.
Sonnabend, Abends 8 ‚ÜUhr: Der Pfarrer von Kirchfeld.
Theater des Westens. Kantstraße 12. (Bahn. hof Zoologischer Garten.) Freitag: Schiedsmann Hempel. Anfang 75 Uhr. Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Zweite Schüler⸗ Vorstellung. Bei kleinen Preisen: Minna von Baruhelm. — Abends 75 Uhr: Schiedsmann Sempel.
Sonntag, Nachmittags 4 Uhr: Verein für Volks⸗ unterhaltungen. Maria Stuart. (Billets zu den bekannten Preisen bei den Verkaufsstellen des Ver⸗ eins.) — Abends 8 Uhr: Schiedsmann Hempel.
Theater Unter den Linden. Behrenstr. ob / b.
Direktion: Julius Fritzsche. Freitag: Der Ehe—⸗ mann vor der Thür. Komische Operette in 1 Akt von Carl Treumann. Musik von Jacques Offenbach. Dirigent: Herr Kapellmeister Korolanyi. — Hierauf: Mit neuer Ausstattung an Kostümen, Dekorationen und Requisiten: Unter den Linden. Balletphantasie in 3 Akten von Benno Jacobson. Musik von Paul Linke. Dirigent: Herr Kapellmeister Dahms. Der choreographische Theil arrangiert und einstudiert vom Balletmeister Greco Poggiolesi. In Scene gesetzt von Jullut rig e Anfang 74 Uhr.
Sonnabend: Der Ehemann vor der Thür. — Hierauf: Unter den Linden.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr; Bei bis zur Hälfte ermäßigten Preisen: Die Fledermaus.
Thalia · Theater (vorm. Adolph Ernst. Theater. Dresdenerstraße 72/73. Direktion: W. Hasemann. Freitag: Das Wetterhäuschen. (Weather or no.) Musikalisches Genrebild von Adrian Roß. Deutsch pon Hermann Hirschel. Musik von Bertram Luard Selby. — Darauf: Zwei Schwieger⸗ söhne! Schwank in 4 Akten von M. Boucheron. Deutsch von Max Schoenau. n, 73 Uhr.
Sonnabend und folgende Tage: Das Wetter
Bentral ˖ Theater. Alte Jakobstraße v. Direktion: Richard Schultz. Freitag: Emil Thomas a. G. Eine wilde Sache. Große Ausstattungs⸗ posse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern von W. Mannstädt und Julius Freund. Musik von Julius Einöde hofer. Anfang 78 Uhr. 8 und die folgenden Tage: Eine wilde Sache.
*
Konzerte.
Konzerthaus. Karl Meyder Konzert.
Freitag: 4. Virtuosen⸗Abend, unter gefälliger Mitwirkung des Konzertsängers Herrn Otto Shoman.
Saal Bechstein. Freltag, Anfang 76 Uhr: H. Konzert mit historischem Programm von César Thomson (Viol. ). unter guͤtiger Mitwirkung der Konzertsängerin Frau Lydia Hollm.
Familien⸗Nachrichten.
Verxehelicht: Hr. Rittmeister d. R. Gerd Graf Schwerin Sophienhof mit Lucie, verw. Gräfin Schwerin, geb. Martini (Berlin). — Hr. Lieut; a. D. Oscar Quasebarth mit Frl. Alma Sametzki (Charlottenburg).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major Bodo von Ditfurth (Colmar i. E.). — Hrn. Hauptmann Carl Winzer (Magdeburg). — Hrn. Prem - Löeut. Friedrich von Zedlitz (Berlin). — Hrn. . Vieut. von Reuß (Bromberg⸗. — Hrn. Pastor W. Tietze (Glasow b. Grambow). — Eine Tochter: Hrn. Major Eberhard von Claer (Lübeck. — Hrn. Hauptmann von Frankenberg und Proschlitz (Bromberg). .
Gestorben: . Rittmeister a. D. Gustav Müller
Tochter Glifabeth (Berlin). — Fr. Alexandrine
Blůhmke, geb. von Arentztor ff (Werchow, N., Lausih
5 ,, a. D. Carl Emmrich anth).
m.
Verantwortlicher Redakteur: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in , . Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagt ⸗ „ Anstalt Berlin Swé., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen
hans. 237. Vorstellung. Die Meiftersinger von
Sonnabend: Verschwunden.
häuschen. — Darauf Zwei Schwiegersöhne!
leinschließlich Börsen ⸗ Beilage).
zum Deutschen Reichs⸗A
281.
Deutscher Reichstag. 132. Sitzung vom 25. November 1896, 1 Uhr.
Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung und GEr— an nnn g des Gerichtsverfassungsgesetzes und der
trafprozeßordnung, und zwar bei dem § 244 der letzteren und den dazu gestellten Anträgen.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.
Nach dem Abg. Dr. von Buchka (d. kons.) nimmt das Wort der
Abg. Stadthagen (Soz.): Es handele sick hier um einen verhängnihvollen Rückschritt, den die Regierung vorschlage und den selbst ein so weit rechtestehender Mann, wie der Reichsgerichts-Rath Stenglein mit aller Energie bekämpft habe. Man wolle hier den einzigen Schutz, der dem Angeklagten in der gerichtlichen Prozedur durch das Gefetz gegeben sei, die unbeschränkte Beweisaufnahme, kurzer Hand beseitigen, und auch die Kommissionsbeschlüsse würden, wenn sie Gesetzestraft erlangten, für einen großen Theil der Angeklagten diese letzie Schutzwehr wegräumen. Die Ablehnung von Beweis— anträgen gereiche schon heute dem Angeklagten zu immensem Schaden; lasse man die Ablehnung einzelner Beweise zu, wenn das Richter⸗ kollegium darüber einstimmig ist, so werde auch der auf unzuläfsige Zurückweisung von Beweianträgen gestützte Revisionsgrund gleichfalls aus der Welt geschafft. Auch die Rechtsprechung des Reichsgerschts habe schon ihrerseits den Rechten des Angeklagten auf diesem Gebiete erheblichen Abbruch gethan. Das Gericht könne ja eine falsche Rechtsanschauung haben und aus dieser heraus die Thatsachen, welche der Angeklagte unter Beweis stelle, für unerheblich halten; dann sei es mit dem Erfolg der Revision beim Reichsgericht sehr schlimm bestellt. Man möge es also bei dem bestehenden Gesetz belassen.
Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) versichert, daß ihm die Tendenz fern liege, den Angeklagten irgendwie in der Vertheidigung zu beschränken. Die Gründe des Vorredners seien jedoch durch⸗ schlagend nur gegen den Antrag der Konservativen, nicht aber gegen die Kommissionsbeschlüsse, weil die Hauptverhandlung vor der Strafkammer ja nicht vom Reichsgericht, sondern von der Be— rufungsinstanz nachgeprüft werde. In diesem Sinne sei auf den von der Kommission vorgeschlagenen neuen Absatz überhaupt kein befon. derer Werth zu legen.
Abg. Munckel (fr. Volksp.) erklärt sich gegen die Anträge Strom beck und Manteuffel. Es handele sich in diesem Paragraphen nur um das im Termin parate Beweismaterial; etwas ganz Anderes sei es, wenn die Beweismittel erst herbeigeschafft werden sollten. Es sei ohnehin für den Angeklagten und den Vertheidiger sehr schwer, die Ladung von Zeugen vom Gerichte zu erwirken, da sie bezüglich der genauen Bezeichnung des Beweisthemas dem Staatsanwalt und den von ihm geladenen Zeugen gegenüber im Nachtheil wären. Diese Schwierigkeit für den ÄUngeklagten noch zu vergrößern, würde ein großes Unrecht sein. Mit dem Hinweis auf die Berufung sei die Sache nicht erledigt. Die Befürchtung, daß das Verfahren dazu , ,, . werden könnte, Zeugen an den Pranger zu stellen, onne nicht durch ch lagend sein.
Geheimer Ober⸗Justiz⸗ Rath Dr. Lucas: Der Staatesekretär des Reichs⸗Justizamts ist durch eine Bundesraths. Ausschußsitzung verhindert, augenblicklich an der Verhandlung theilzunehmen. Ich habe Sie dringend zu bitten, die Vorlage oder doch wenigstens die Kommissionsbeschküsse anzunehmen. Letztere haben quantitativ und qualitativ die Vorlage erheblich abgeschwaͤcht; ob der Bundesrath sich mit diesem Minimum begnügen wird, weiß ich nicht, halte es aber nicht für ausgeschlossen. Dagegen ist der 5 244 in der Gestalt, wie er sie nach dem Antrage Munckel erhalten würde, auf keinen Fall für den Bundetzrath annehm— bar. Der Abg. Munckel will die Berufung, aber auch das Verfahren erster Instanz, wie es jetzt gilt, wo es auf den Ausschluß der Be— rufung basiert ist. Das kann unmöglich einen Boden der Verstän⸗ digung iwischen dem Reichstage und den verbündeten Regierungen abgeben. Ginge man darauf ein, so würde die Strafjustiz lediglich verzögert und in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt, ja direkt verschlechtert werden, wenn die Berufung eingertührt, daneben aber ein Theil der bis— herigen, für den Wegfall der Berufung gegebenen Garantien bei— behalten werden soll. Außerdem werden die Gerichte auf diese Weife überlastet und die Kosten für die Justizpflege gesteigert. Die bisherige Verpflichtung der Gerichte zur unbeschränkten Beweisaufnahnie hat zu. Mißbräuchen geführt, welche von der großen Mehrheit der Kom—⸗ mission als thatsächlich bestehend anerkannt worden find. Oft steckt schon in dem Beweisthema selbst das Kompromittierende für den Zeugen. Ich bitte dringend, nicht durch fortzesetzte Ablehnung der Regierungsvorschläge die Kluft zwischen diesen und den Beschküffen des Hauses so zu erweitern, daß ihre Ueberbrückung in der dritten Lesung selbst beim besten Willen nicht mehr möglich ist.
; Abg. Dr. von Buchta bleibt dabei, daß das Reichsgericht schon letzt daju gelangt sei, daß die Beweisaufnahme selbst in Bezug auf das herbeigeschaffte Material abgelehnt werden könne, (wenn die Richter über die Unerheblichkeit der behaupteten Thatsäche einer Meinung seien. Dem Angeklagten solle möglichster Spielraum ge— geben werden für die Vertheidigung; aber das Gericht müsse von überflüssigem Ballast und von mißbraͤuchlichen Anwendungen der bestehenden Voͤrschriften befreit werden.
Abg. Munckel: Die AngnaE˖Coso der Kommissionsbeschlüsse in2— volviere doch mindestens die Möglichkeit einer oberflächlichen Beweis aufnahme.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe: Die Verpflich⸗ tung des Gerichts ist nach dem bestehenden Gesetz eine gleichmäßige, gleichpiel ob die Beweismittel schon zur Stelle sind oder dem Gericht erst bejeichner werden. Auf derselben Anschauung beruht der Vor⸗ schlag der Vorlage. Die Darlegungen des Abg. Munckel sind alfo nicht durchschlagend. In einer ganzen Reihe von Prozessen ist der Versuch gemacht worden, unendliches Beweismaterial herbei zuschaffen zu keinem anderen Zweck, als die neu herbeigeschafften Personen bloßzustellen. Diesem Mißbrauch muß ein Ende gemacht
werden.
Abg. Stadthagen: Dieser letzte Grund scheint mir am wenigsten durchschlagend. Es muß doch auch mit dem Bildungs— grade der Angeklagten und auch damit gerechnet werden, daß der An. geklagte mißverstanden worden sei. In jedem Falle würde der Kom— mijsionsbeschluß eine außerordentliche Beschraͤnkung der Vertheidigungs— möglichkeit für den Angeklagten bedeuten. Es handelt sich auch nicht bloß um Kleinigkeiten, sondern um Fälle, wo Untersuchungshaft ver⸗ hängt ist. Auch die ungerechte Untersuchungshaft würde verlängert werden können, wenn der Kommissionevorschlag Gesetz wird.
Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. von Strom beck Hente) werden der Antrag des Abg. Freiherrn von Manteuffel (d. kons) abgelehnt, der Antrag des Abg. von Strombeck aber und mit diefem, entgegen dem Antrag Munckel, die Kommissionsfassung angenommen.
Nach § 245, Abs. 1 des bestehenden und von der Kom⸗ mission nicht abgeänderten Gesetzes 16 eine Beweiserhebung Richt deshalb abgelehnt werden, weil das Beweismittel oder die zu beweisenden Thatsachen zu spät vorgebracht seien. Die Kommission hat dem ersten Abfaß eine klarere Faff ung und ferner
Erste Beilage
Berlin, Donnerstag, den 26
den Zusatz gegeben, daß die Beweiserhebung abgelehnt werden könne, wenn nach einstimmiger Ansicht des Gerichts bloß eine Verschleppung damit beabsichtigt werde. Der zweite Absatz besagt, daß, wenn ein Zeuge oder Sachverständiger dem Gegner des An⸗ tragstellers so spaͤ namhaft gemacht oder eine zu beweisende Thatsache so spät vorgebracht worden ist, daß der Gegner zur Erkundigung keine Zelt gehabt hat, diefer bis zum Schlusse der Beweisaufnahme die Aussetzung der Hauptverhandlung be— antragen kann.
Abg. Beckh (fr. Volksp.) befürwortet einen Antrag: in Abs. 2 den Zeugen, Sachverständigen und zu beweisenden Thatfachen die als Beweismittel zu benutzenden Urkunden hinzuzufügen.
Abg. Schmidt-Warburg tritt für die unveränderte Annahme des 5 245 des bestehenden Gesetzes ein.
Ohne weitere Debatte wird dem Antrage Schmidt ent⸗ sprechend be d . in Abs. 1 das bestehende Gesetz in Geltung zu belassen; zu Abs. 2 wird der Antrag Beckh an⸗ genommen.
Nach § 248 hat die Kommission einen Zusatz beschlossen, wonach in der Hauptverhandlung bloße Mittheilungen über den Inhalt von Schriftstücken zum Zweck der Beweisaufnahme unzulässig sein sollen.
Entgegen dem Antrage des Abg. Freiherrn von Manteuffel 3 , ,. wird der Zusatz von der Mehrheit aufrecht erhalten.
Die Debatte über 8 266 (Ausfertigung der Urtheils⸗ gründe) wird auggesetzt.
Nach 3 270 des Gesetzes, betreffend den Beschluß des Gerichts, sich für unzuständig zu erklären, hat dieser Beschluß die Wirkung eines das Hauptverfahren eröffnenden Beschlusses. Die Kommission will diese Vorschrift dadurch einschränken, daß der betreffende Beschluß von der Strafkammer des Landgerichts oder dem Strafsenat des Ober⸗Landesgerichts ergangen sein muß, oder ein Schöffengericht die Zuständigkeit des Land⸗ gerichts für vorliegend erachtet. Für den Fall, daß das Schöffengericht die Zuständigkeit des Schwur— gerichts für begründet erachtet, hat die Kommission vorge⸗ schlagen, daß das Schöffengericht die Akten an das Landgericht zur weiteren Beschlußfassung abzugeben und die Sache zur Aburtheilung wieder zu übernehmen hat, wenn das Landgericht dieselbe ihm zurückgiebt.
Die Fassung der Kommission wird von dem Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe bekämpft, von dem Refe⸗ renten Abg. Lenzmann (fr. Volksp.) vertheidigt und von der Mehrheit angenommen.
Zu 8. 275 hat der Abg. von Strombeck beantragt, daß das ÜUrtheil mit den Gründen baldmöglichst zu den Akten zu bringen sei. (Im Gesetz heißt es jetzt: „binnen drei Tagen.“) Abg. Schmidt Warburg will die Frist auf vier Tage ver⸗ längert wissen; die Faffung, welche Abg. von. Strombeck vor⸗ schlage, erscheine ihm zu unbestimmt und würde nicht vor Ver— schleypung schützen.
. Abg. Dr. don Buch ka spricht sich für den Antrag von Strom eck aus.
§ 275 wird unverändert angenommen.
Nach 5 293 muß die den Geschworenen vorzulegende Hauptfrage die dem Angeklagten zur Last gelegte That nach ihren gesetzlichen Merkmalen und unter Hervorhebung der zu ihrer Unterscheidung erforderlichen Umstände bezeichnen. Die Kommission hat eine veränderte Fassung vorgeschlagen, wonach die Hauptfrage alle Thatsachen enthalten müsse, welche die wesentlichen Merkmale der dem Angeklagten zur Last gelegten strafbaren Handlung bilden. Bei Bezeichnung der wesentlichen Merkmale sollen Rechtsbegriffe, welche nicht eine allgemein be⸗ kannte und unbestrittene Bedeutung haben, möglichst durch sonst gleichbedeutende Ausdrücke ersetzt werden, zu deren Ver— ständniß Rechte kenntnisse nicht erforderlich sind.
. Abg. Dr. von Buchka befürwortet einen Antrag, welcher es bei der bestehenden Vorschrift belassen will. Er bekennt sich als Gegner der Schwurgerichte, nicht aus Prinzip, sondern aus praktischen Gründen; ein solcher habe zu dem Kommissionsbeschluß geführt, welcher der Ausdruck der Verlegenheit dafür sei, daß den Geschworenen die Rechtskenntniß abgehe. Statt an dem System zu ändern, kuriere man auf diese Weise an der Einrichtung herum. An diesem Uebel werde das Institut der Geschworenengerichte immer kranken. Was in dem Kommissionsbeschlusse vorgeschlagen werde, sei praktisch vielfach geradezu eine Unmöglichkeit. Was gemacht werden könne, sei nur auf dem Wege der Rechtsbelehrung durch den Präsidenten zu machen.
Geheimer Ober-Justiz⸗ Rath Dr. Lucas: Der Antrag ist nicht aus der Initiative der Regierungen, sondern eines Kommissionsmitgliedes hervorgegangen und bezweckt lediglich die Wiederherstellung des alten preußischen Rechts. Dafür liegt ein Bedürfniß nicht mehr vor, namentlich nachdem gewisse Verbrechen schwieriger Natur der Kompetenz der Strafkammern unterstellt sind. Die Regierung hält es für zweck— mäßig, es bei dem bestehenden Gesetz zu belassen.
Abg. Munckel tritt der Auffassung entgegen, daß er als Freund der Geschworenengerichte deshalb die Schöffengerichte als Inststution irgendwie geringer erachte.
Unter Ablehnung des Kommissionsantrages wird die Be⸗ stimmung des bestehenden Gesetzes aufrecht erhalten.
Nach §. 344 Abs. J kann die Zurücknahme des Rechts—⸗ mittels sowie der Verzicht auf die ,, . eines Rechts⸗ mittels auch vor Ablauf der Frist zur Einlegung desselben wirksam erfolgen.
Abg. Dr. Stephan Beuthen (Zentr.) befürwortet die Annahme eines Zusatzes, wonach der Verzicht bis zum Ablauf der Frist wider⸗ ruflich sein soll, und führt dafür eine Anzahl einzelner Fälle an, in welchen mangels dieser Einschränkung die Verurtheilten schwer be⸗ nachtheiligt worden seien.
Geheimer Ober⸗Regierungs ⸗ Rath von Lenthe hält die an— geführten Fälle für kaum geeignet, die beantragte Ausnahme zu rechtfertigen.
Abg. Haußmann (d. Volksp.) sieht dagegen an der Hand einer Reihe von ihm bekannten Fällen die vorgeschlagene Bestim. mung als sehr ee gi an. Namentlich sei es mehrfach vor- gekommen, daß sich später die Schuldlosigkeit des betreffenden Ver⸗ urtheilten ergeben habe, nachdem auf die Einlegung des Rechtsmittels verzichtet worden sei.
Abg. Günther (ul) spricht sich gegen den Antrag aus, der nur dann diskutabel wäre, wenn er sich auf die Fälle der Verurtheilung zu höheren Gefängnißstrafen beschränkte.
Abg Dr. Stephan⸗Beuthen erklärt: sein Antrag habe keines« wegs die Unwirksamkeit des Verzichts zur Folge. In dieser Beziehung sollte es bei dem Bestehenden bleiben.
nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Justiz⸗Minister Schönstedt:
Ich glaube, die Ausführungen des Herrn Abg. Stephan leiden doch an einem Mangel innerer Logik. Es ist eigentlich ein Wider spruch in sich selbst, wenn erklärt wird: der Verzicht kann wirksam erklärt werden, aber diese Erklärung kann innerhalb der Rechtsmittel frist widerrufen werden. Die Gerichte kommen da in nicht wohl zu lösende Schwierigkeiten. Wie soll es gehalten werden mit der Zwischenzeit? Am zwelten Tage erklärt der Verurtheilte, zu ver⸗ zichten und am sechsten Tage widerruft er den Verzicht. Wie soll es da gehalten werden mit der Anrechnung der vier Tage, die da wischen liegen? Soll das Urtheil, insoweit als rechtskräftig und die Strafe als vollstreckt angesehen werden, oder wie wollen Sie es halten? Ich würde es für richtiger halten, den vom Herrn Abg. Haußmann vorgeschlagenen Weg zu betreten, gegen den ich grundsätzlich kaum etwas zu erinnern haben würde, — etwa dahin, daß die Untersuchungshaft, die nach Erlaß des Urtheils verbüßt wird, auf die Strafe anzurechnen ist für den Fall, daß nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist von der einen oder anderen Seite Be—⸗ rufung eingelegt wird. Das würde der Billigkeit und Gerechtigkeit entsprechen, es würde damit auch den Interessen des Verurtheilten insoweit gedient sein, als er sich nun ruhig überlegen kann, ob er das Rechtsmittel einlegen will oder nicht, und als er jedenfalls nicht zu übereilten Entschlüssen bestimmt werden kann durch Rathschläge, die, wie schon zugegeben ist, ihm nicht im Interesse des Gericht, sondern in seinem eigenen Interesse von Beamten gegeben werden, denen gefolgt zu sein er aber doch möglicherweise demnächst be— reuen kann.
Abg. Stadthagen (Soz) will trotz dieser Ausführungen dem Antrage Stephan zustimmen. Schon jetzt könne der gesetzliche Ver⸗ treter Rechtsmittel einlegen, möge der Verzicht ausgesprochen fein oder nicht; auch sei in diesen Fällen die Strafvollstreckung völlig ordnungsmäßig geregelt. Ob es nicht überhaupt gerechtfertigt sei. unter allen Umständen die Untersuchungshaft anzurechnen, schon um die Revision zu beschleunigen, sei später zu erörtern.
Abg. Lenzmann empfiehlt den Antrag des Abg. Stephan als außerordentlich zweckmäßig. Es stehe fest, daß den Verurtheilten die Neigung, Rechtsmittel einzulegen, auf alle Weise verleidet würde, da man in den Kreisen der Richter die Berufung nicht wünsche. Abg. Schmidt⸗Warburg: Für den Antrag des Abg. Stephan stimme ich auch, aber darauf allein können wir uns nicht beschränken; die Sache ist voller Kontroversen und wird bis zur dritten Lesung reiflich überlegt werden müssen.
Der Antrag des Abg. Dr. Stephan wird angenommen und ö 344 dementsprechend geändert.
Zu 8§ 352 beantragt Abg. von Strom beck folgende Fassung des Absatzes 1:
Beschlüsse, welche von den Landgerichten in der Beschwerde⸗ instanz erlassen sind, können, insofern sie Verhaftung oder die Unterbringung in einer öffentlichen Frren anstalt be— treffen, durch weitere Beschwerde angefochten werden. (Die ge⸗ sperrten Worte sind ein Zusatz zu dem bisherigen Wortlaut)
Ohne Debatte wird dieser Antrag und mit ihm 8 352 angenommen. ñ
In § 354 wird die Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern dem bestehenden Gesetz eingefügt. Dem 83 Zö64 will ein Antrag der Abgg. Beckh und Run ckel fr. Volksp.) folgenden weiteren Zusatz gegeben wissen;
»Die zum Nachtheil des Angeklagten eingelegte Berufung gegen ein Urtheil der Strafkammer kann nur auf Anführung neuer That⸗ sachen oder darauf gestützt werden, daß das Urtheil auf einer Ver— letzung des Gesetzes beruht. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet ist.“
Eventuell will Abg. Beckh dem S 354 folgendes hinzufügen: „Jedoch mit Ausnahme des Falles, wenn ein Angeklagter ein. stimmig freigesprochen worden ist.“
Abg. Haußmann führt aus, daß seit dem Wegfall der Berufung den Ober⸗Landesgerichten nur noch die letzte Entscheidung gegen die Urtheile der Schöffengerichte verblieben sei; die Strafsenate der Ober⸗ Landesgerichte seien vielfach direkt zu Sinekuren geworden. Anderer seits könnten die Revisionen nur gestützt werden auf Formperletzungen, während die thatsächlichen Feststellungen der Nachprüfung nicht unterlägen. Deshalb habe sich bei den Strafkammerrichtern ein— seitig der thatsächliche Feststellungstrieb entwickelt, um das Urtheil möglichst unangreifbar zu machen. Es habe also auch an der Wieder- einführung der Berufung derjenige ein Interesse, der den Straf⸗ senaten der Ober Landesgerichte wieder Leben einhauchen wolle. Gegen den Antrag Beckh⸗Munckel habe er hinsichtlich seiner Zweck. mäßigkeit Bedenken, wenn er ihn auch als logisch begründet an- erkennen müsse.
Abg. Muncke! bittet um Annahme seines Antrags. Prinzipiell wäre die Unzulässigkeit der Berufung zum Nachtheil des Angeklagten das Richtige, da in der ersten Instanz die Waffen keineswegs gleich vertheilt wären, der Angeklagte sich dabei vielmehr im Nachthenl befände. Da es aber nicht erreichbar sei, die Berufung zu erlangen, ohne sie auch der Staatsanwaltschaft frei zu stellen, so müßten im Interesse des Angeklagten wenigstens die vorgeschlagenen eschrãn · kungen eintreten.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Lenthe: Die Staatg⸗ anwaltschaft darf in der 3 dieses Rechtsmittels in keiner Weise beschränkt werden, denn die Rechtsmittel stehen nach der geltenden Strafprozeßordnung ohne Auznahme beiden Theilen gleichmäßig zu. Führt man eine neue Berufungsinstanz ein, fo geschieht das doch unter der Voraussetzung, daß das von der oberen Instanz ge— sprochene Urtheil das bessere sei⸗
Abg. Beckh: Der sächsische General ⸗ Staatsanwalt Schwartze hat seiner Zeit auf dem Juristentage von 1867 den Antrag unter⸗ stützt, daß der Staatsanwaltschaft daz Recht der Berufung gegen die Urtheile der Kollegialgerichte nicht gestattet sein solle, und zwar zu einer Zeit, als die Berufung noch zu Recht bestand. Mit gewissen Einschränkungen ist der Antrag damals vom Juristentage angenom- men worden. Dieser Antrag bewegt sich auf derselben Linie. Dag allgemeine Wohl kann doch unmöglich durch die Annahme desselben Schaden leiden. Herr Schwartze hat damals darauf verwiesen, daß in Sachsen den Staatsanwalten das Berufungsrecht thatsächlich abge⸗ schnitten war. Wir haben etwas ganz Aehnliches bereits in der Straf— prozeßordnung, indem bei Freisprechungen durch die Schwurgerichte das Rechtsmittel des Staatsanwalts sehr eingeschränkt worden ist. Das Geringste, was , werden müßte, wäre ein Beschluß in Gemäßheit meines Cventualantrags.
Geheimer Ober ⸗Justiz⸗Rath Dr. Lucas: Das Rechtsmittel der Berufung muß dem ganzen St er nf leichgeartet sein; der Antrag würde aber zwei Arten von Berufung schaffen: eine gegen die Urtheile der Schöffengerichte, eine andere gegen die Urtheile der Straf— lammern. Was dem Staatsanwalt vorbehalten sein soll, ist keine Berufung mehr, sondern bloß noch eine Reviston, weil auf die