1896 / 282 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Nov 1896 18:00:01 GMT) scan diff

Der Regierungs⸗Assessor Hr. Schwarzlose zu Marien⸗ werder ist der Königlichen Regierung in Königsberg zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kom⸗ mando der Marine ist S. M. S. „Kaiser“, Kommandant Kapitän zur See eye, mit dem Chef der Kreuzer⸗ Division, Kontre⸗Admlial Tirpitz an Bord, gestern in Amoy angekommen und beabsichtigt, am 29. November nach Hongkong in See zu gehen; S. M. S. „Moltke“ Kom⸗ mandant Korvetten⸗Kapitän Stiege, ist gestern in Smyrna angekommen.

Württemberg. Der Landtag ist auf den 11. Dezember einberufen worden.

Reuß ä. L.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Ober⸗Regierungs⸗ Rath, Kammerherr von Meding hat sich am 25. d. M. behufs Theilnahme an der gestrigen Sitzung des Bundesraths nach Berlin begeben.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser ist heute früh von Budapest wieder in ien eingetroffen. . Hen efferichüsche Ab geordnete nh aus berieth gestern den Gesetzentwurf, betreffend die Regulierung der Beamten⸗ ehälter, und nahm den Art. 5, welcher den Beginn der hön sarcki mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Ge⸗ setzes verfügt, mit beträchtlicher Mehrheit in der ö der Regierungsvorlage an. Die Fassung des Aueschusses, welche den Beginn der Wirksamkeit zum 1. Juli 18 beantragte, wurde abgelehnt. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde der Gesetzentwurf, betreffend die provisorische Regelung der Bezüge der in die Kategorie der Dienerschaft gehörigen Staats diener, unverändert nach dem An⸗ trage des Ausschusses angenommen, wonach der Gesetz⸗ entwurf am 1. Juli 1897 in Kraft treten soll. Im Laufe der Debatte sprach sich der Finanz-⸗Minister Dr. von Bilinski entschieden für die Regierungsvorlage aus, welche bestimmt, daß das Gesetz erst mit seiner Veröffentlichung in Kraft treten solle. Der Minister erklärte ferner, die Regierung beabsichtige, für einen großen Theil der Diurnisten niedrig dotierte Posten zu schaffen. Die Frage der Alters- und Invaliditäts⸗ versorgung der Diurnisten werde demnächst geregelt werden.

Gestern Abend fand in Budapest die erste Konferenz der liberalen Partei statt. Der Präsident Baron Pod⸗ maniczky begrüßte die vollzählig erschienenen Mitglieder. Der Mmnister⸗Präsident Baron Banffy hielt eine Ansprache und hob darin hervor, die abgelaufenen Wahlen seien eine Endabrechnung gewesen, welche darüber Aufklärung ge⸗ geben, ob die Thätigkeit der liberalen Partei den Inter— essen und den Anforderüngen des Landes entsprochen habe. Diese Endabrechnung habe auch der Partei Gerechtigkeit widerfahren lassen. Redner betonte die Zustimmung zu dem Programm, auf welchem die Partei stehe; dieses Programm muͤsse die Thätigkeit der Pariei auch in der Zukunft leiten. Man stehe vor großen, wichtigen Aufgaben, zu deren Lösung man einer starken, einheitlichen Partei benöthige. Die Gegner trachteten die Einheit der Partei aus persönlichen Gründen zu spalten, da sie dies auf prinzipieller Grundlage nicht ihun könnten; darum ersuche er, die Partei möge volles Vertrauen zur Regierung haben und überzeugt sein, daß die⸗ selbe zähe an ihrem Programm festhalten werde; sie habe keine Sonderinteressen und werde sich nur die staatlichen und materiellen Interessen des Vaterlandes vor Augen halten. Er zweifele nicht, daß die Regierung und die Partei in der Lage sein würden, die ihrer harrenden Aufgaben mit Erfolg uu iösen. Der Abg. Berzewiczy gab darauf dem Vertrauen . liberalen Partei zur Regierung unter lebhafter allgemeiner Zustimmung Ausdruck.

Die ungarischen Industriellen entsandten gestern eine Abordnung von 100 Mitaliedern an den Kaiser und König, um für Allerhöchstoessen und der Kaiserin und Königin Theilnahme an der Millenniums⸗Ausstellung zu danken. Auf die Ansprache der Abordnung erwiderte der Kaiser und König: Es gereiche ihm zur be⸗ sonderen Freude, daß die Industriellen durch ihr Er⸗ cheinen ihm Gelegenheit gegeben hätten, ihnen für enen opferwilligen und unermuͤdlichen Eifer, den sie zum Her hel der Ausstellung entfaltet hätten und dem der glänzende Erfolg in erster Reihe zu verdanken sei, seine volle An⸗ erkennung mündlich aussprechen zu können. Die Abordnung sprach sodann bei dem Handels⸗Minister Daniel vor.

Das ungarische „Amtsblatt“ von heute veröffentlicht ein ehr huldvolles Königliches Handschreiben an den bis⸗ ö Präsidenten des Magnatenhauses von Szlavy, worin dem Bedauern Ausdruck gegeben wird, daß von Szlavy aus Gesundheitsrücksichten das Präsidium niederlege.

Frankreich.

Der gestern Vormittag abgehaltene Ministerrath hat sich, dem „W. T. B.“ zufolge, noch nicht mit dem Entwurf des Zuckersteuergesetzes des Abg. Graux beschäftigt. Der Ministerrath wird der Frage erst näher treten, nachdem die Zollkommission den endgültigen Wortlaut des Entwurfs fest⸗ gesetzt haben wird.

In der gestrigen Sitzung des Senats gedachte der Prä⸗ sident mit ehrenden Worten des gestern verstorbenen Mitgliedes des Senats Arago und schloß darauf zum Zeichen der Trauer die Sitzung. .

Die Deputirtenkam mer setzte gestern die am 25. . M. begonnene Berathung des Budgets des öffentlichen Unterrichts fort. Der Deputirte Jo urdan (radikah ver⸗ langte die Verweltlichung sämmtlicher Mädchenschulen innerhalb zweier Jahre. Der Berichterstatter Bouge bekämpfte den Antrag, der beträchtliche Ausgaben mit sich bringen würde. Der Mmister⸗Präsibent Mel ine lehnte den Antrag, dessen Aus⸗ ührung unmöglich sei, ab; die Regierung i. ein solches

anöver zurück und bitte die Kammer, die wirkliche Berathung des Budgets wieder aufzunehmen. Hierauf wurde der Antrag Jourdan mit 326 gegen 237 Stimmen abgelehnt.

Die Bureaux der Kammer wählten eine Kommission, die

mit der Prüfung des Gesetzentwurfs, betreffend die Er⸗

neuerung des Privilegiums der Banque de France, beauftragt werden soll. .

Die Mehrzahl der Pariser Blätter erklärt die Ablehnung des Antrages Jourdan für sehr bedeutungsvoll. Die gemäßigten republikanischen Zeitungen beglückwünschen das Ministerium dazu, daß es dies n Kompromiß mit der Oppo⸗ sition abgelehnt habe. Die konseroativen Blätter er⸗ klären die Ablehnung als einen Beweis dafür, daß der Anti⸗ klerikalismus an Zugkraft verloren habe.

Italien.

Der König von Serbien begab sich, wie aus Rom gemeldet wird, gestern nach dem Dejeuner im Quirinal zu Wagen nach dem Hoötel Zum Quirinal“, um dem serbischen Gesandten Bogitschewitfch einen Besuch zu machen. Von hier aus fuhr sodann der König mit dem Kriegs⸗Minister und sieben anderen Personen, sämmtlich in großer Uniform, in Privatwagen nach dem Vatikan, um dem Papst seinen Besuch abzustatten. Eine Kompagnie italienischer Cara⸗ binieri mit Fahne und Musik erwies unter den Klängen der serbischen Hymne die militärischen Ehren. Zu beiden Seiten des Wagens, in welchem der König saß, und welchem je ein Zug Carabinieri voranritt und folgte, ritten zwei Offiziere dieser Truppe. Von dem Rusticucci-Platze über den Petersplatz bis zum Portikus Karl's des Großen bildete eine italienische Infanterie⸗Brigade Spalier. Der Wagenzug fuhr um 31 Uhr in den Vatikan ein. Beim Eintritt in den Palast wurde der König von dem Almosenier und mehreren geist⸗ lichen und weltlichen Persönlichkeiten empfangen, welche den Monarchen und das Gefolge bis zu dem Vorzimmer und den päpstlichen Gemächern begleiteten. Der König betrat den Audienzsaal allein und verblieb daselbst mit dem Papst gegen 5. Stunden; alsdann wurde des Gefolge des Königs dem Papst vorgestellt. Nach der Audienz machte der König dem Kardinal⸗Staatesekretär Rampolla einen Besuch. Um 48. Uhr verließen der König und das Gefolge den Vatikan. Der König nahm später den Thee bei dem serbischen Ge⸗ sandten Bogitschewitsch ein und begab sich hierauf nach dem Quirinal. Dort fand Abends ein diplomatisches Diner und später im „Teatro Costanzi“ eine Galavorstellung statt. Heute wird sich der König von Serbien nach Neapel begeben und voraussichtlich am Montag nach Rom zurückkehren.

Einer Meldung der Italie“ zufolge ist der Friedens⸗ vertrag von Addis Abeba gestern in Harrar ratifi⸗ ziert worden. Man erwarte die Rückkehr des Majors Nerazzini nach Rom für Mitte Dezember.

Türkei.

Dem Wiener „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ wird aus Konstantinopel gemeldet, die Botschaften hätten gestern gemeinschaftlich bei der Pforte die Erklärung ab⸗ gegeben, daß sie den Standpunkt der Militär-Attachés bezüglich der theilweisen Einreihung von Ausländern in die kretensische Gendarmerie und der Verwendung fremder Militärs als Kommandanten derselben theilten, und das Verlangen gestellt, die Abreise der Kommission zur Reorgani⸗ sation der Gendarmerie auf Kreta möge am 1. Dezember erfolgen, auch wenn der streitige Punkt bis dahin unerledigt geblieben sei. Der russische Militär⸗Attachs Oberst Peschkow habe erklärt, er werde nicht eher abreisen, als bis alles er⸗ ledigt sei. .

Unter den Steckbriefen, welche gegen kompromittierte Armenier erlassen sind, befindet sich auch ein solcher gegen den früheren Schuldirektor in Galata Mostidschjan, der gleich⸗ zeitig Erster Sekretär des armenischen Patriarchen Izmirlian gewesen und seit dessen Rücktritt flüchtig ist.

Asien.

Nach neueren, aus Bombay in London eingetroffenen Nachrichten hat die Meuterei unter den Sepoys des 27. Punjab⸗Infanterie⸗Regiments in Rawulpindi nicht den bedrohlichen Charakter angenommen, den man zunächst den Ausschreitungen beilegte. Es sollen nur ungefähr 40 Sepoys an den Vorkommnissen betheiligt gewesen sein.

Afrika.

Der Volksraad der Südafrikanischen Republik berieth gestern das Gesetz, betreffend die Beschränkung der Einwanderung, und nahm die Bestimmung an, daß kein Aus⸗ länder das Land betreien dürfe, der nicht im Besitz eines Passes sei, aus welchem hervorgehe, daß der Paßinhaber Mittel besitze oder in der Lage sei, Arbeit zu erlangen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten be— finden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (134) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekreiär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieber⸗ ding beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend Abänderung und enn, des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Straf⸗ prozeßordnung, fortgesetzt. .

Die S8 364 und 366 der letzteren ordnen die Beweis⸗

aufnahme in der Berufungsinstanz. Die Vorlage schlägt zu diesen beiden Paragraphen keine Abänderung vor, es soll daher bei den geltenden Vorschriften auch nach Wiedereinführung der Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern verbleiben. Die , hatte, da sie darin eine Durch⸗ brechung des Prinzips der Mündlichkeit erblickte, in ihren beiden ersten Lesungen eine andere Fassung des ö 366 vorgeschlagen, wonach Protokolle und Auesagen der n erster Instanz vernommenen Zeugen und Sachverständigen ohne Zustimmung der In niit und des Angeklagten vor den Ober⸗Amtsgerichten überhaupt nicht, vor den Straf⸗ kammern der Lanbgerichte dann nicht verlesen werden dürften, wenn die wiederholte Vorladung der Zeugen und Sachverständigen ersolgt oder von dem Ang lagten rechtzeitig vor der , , , beantragt sei. Auf den bestimmten Widerspruch der Vertreter des Bundesrathes hat die Kommission in dritter 3 diesen Beschluß wieder fallen lassen, dagegen dem 8 364 folgenden Zusatz gegeben:

„In der Ladung des Angeklagten sind die von Amtswegen zu ladenden Zeugen und Sachverständigen namhaft zu machen. Der Angeklagte ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß, wenn er die wieder⸗ bolte Vernehmung anderer in der , . erster Instanz ver⸗ nommener Zeugen und Sachverfländigen verlangen wolle, er deren Ladung rechtzeitig beantragen müsse, widrigenfalls die Verlesung der über ihre , . aufgenommenen Protokolle ohne seine Zu⸗ stimmung zulässig sel.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Zentr.) beantragt und befürwortet das Festhalten an dem ursprünglichen Kommissionsbeschluß. Eventuell wolle er dem 8 366 des geltenden ö folgenden Satz angefügt wissen: ‚Im Verfahren vor den Ober ⸗Landesgerichten darf die Ver⸗ lesung auch dann nicht erfolgen, wenn die Aussagen bei der Protokollierung nicht vorgelesen und genehmigt waren. Im Falle der Annahme seines Hauptantrages solle der von der Kommission be⸗ schlossene Zusatz gestrichen werden. Redner sucht dann darzulegen, daß die Verlesung der Zeugenaussagen erster Instanz die Wahrscheinlichkeit der völligen Auf hellung des Thatbestandes nicht erhöhe, sondern zu Ungunsten des Angeklagten vermindere, zumal wenn man bedenke, daß die Aussagen nicht stenographiert, sondern von subalternen Persönlichkeiten, Aktuaren u. s. w. aufgenommen würden, welche weder in Bezug auf die Lage des einzelnen Falles besonders geeignet seien, das Erhebliche vom Unerheblichen zu unterscheiden, noch mit ihrer manuellen Fertigkeit ersetzen könnten, was die Berufung sinstanz durch den Fostfall der wiederholten Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen verlieren würde.

Bei Schluß des Blattes nahm der Geheime Ober⸗-Justiz— Rath Dr. Lucas das Wort.

Das Haus der Abgeordneten setzte in seiner heutigen (6) Sitzung die erste Berathung des Gesetzent wurfs, betreffend das Diensteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen, fort.

Abg. von Schenckendorff (nl): Im Namen eines Theils meiner Freunde will ich die Ausführungen meines Freundes Noelle in einigen Punkten ergänzen. Wir haben das ernste Bestreben, dazu mitzuwirken, daß diesmal die Vorlage durch alle Klippen glücklich hindurch steuern möge, damit endlich das dringende Bedürfniß der Vebbesserung der Besoldungsverhältnisse der Lehrer befriedigt werden kann. Aber dies enthebt uns nicht der Aufgabe, auf einige verbesserungsbedürftige Punkte hin- zuweisen. Nach 57 kann den Lehrern die Alterszulage auch auf Antrag des Schulvorstandes, besonders der öitlichen Schulbehörde, versagt werden. Ich fürchte, daß der Minister von den Schul⸗ vorstanden solche Anträge bekommen wird, wo Znistig—⸗ keiten zwischen den einzelnen Schulbehörden bestehen. Die Re— gierung gebietet über so viele Disziplinarmittel, daß sie hier kein neues zu erhalten braucht. Die größeren Städte können den Alters⸗ zulagekassen fern bleiben. Sie hatten die Befürchtung, daß dadurch ihre Selbstverwaltung beschränkt wird, daß eine VerstaatlichuUng der Schule eintreten würde. Diese Befürchtung hatte ich nicht. Ich bin vielmehr der Meinung, daß es besser gewesen wäre, alle Städte einzuschließen in diese Kassen, damit die Freizügigkeit der Lehrer gewahrt wird. Die Vorschrift des § 22 bezüglich der Strafversetzung ist eine Verbesserung. Der neue Entwurf bringt auch für die größeren Gemeinden eine erhebliche Verbesserung, aber von keiner Seite meiner politischen Freunde kann diese Ver besserung als befriedigend angesehen werden. Wir erachten es für nothwendig, daß die staatlich einmal gewährten Zuschusse unverkürzt bleiben müssen, weil die Städte auf Grund dieser Zuschüsse ihre Lehrer⸗ gehälter verbessert und das Schulgeld aufgehoben haben. An diesen Verhältnissen sollte der Staat am wenigsten etwas ändern. Für die Lehrer bringt die Vorlage eine nicht unerhebliche Besserung namentlich bezüglich der Gewährung der Alterszulage und beyngiich der Anrechnung der Dienstzeit im preußischen Schuldienst. Aber die Vorlage geht über die frühere nicht hinaus, und es wäre doch wohl Sache der Staatsregierung gewesen, den veränderten finanziellen Verhältnissen ihrerseits bereits Rechnung zu tragen, zumal die Gehälter der Staatsbeamten erhöht werden sollen. Die Lehrer sind aller⸗ dings keine Staatsbeamten, aber die Verfassung gewährleistet ihnen doch ein Minimaleinkommen. Eine Erhöhung der Bezüge der Lehrer auf Kosten der großen Städte, wie sie von einer Seite ver— langt ist, ist wohl nicht denkbar; denn an der Benachtheiligung der Städte ist ja die Vorlage im Frühjahr gescheitert. Die Wünsche der Lehrer beziehen sich auf eine Erhöhung des Grundgehalts und der Dienstalterszulage. Ich hoffe, wir werden darüber eine Ver⸗ ständigung erielen. Das Grundgehalt kommt dem Lehrer erst nach vierjähriger Amtszeit zu; bis dahin hat er sich Abzüge bis zu einem Fünftel gefallen zu lassen. Die Lehrer wünschen hauptsächlich eine Erhöhung des Grundgehalts. Das vorgeschlagene Grundgehalt soll ja nur für billige Ortschaften bestimmt sein. aber er werden auch andere Ort⸗ schaften dahinter Schutz suchen. Man sollte daher für jeden Regierungs⸗ bezirk das Grundgehalt von 5 zu Jahren seststeuen zum Schutz der Lehrer. Wenn wit für die Aufbesserung der Lage der Lehrer eintreten, ge— schieht es nicht aus Partetinteresse, sondern weil wir die Ansprüche der Lehrer als berechtigt anerkennen und dieselben für eine gewisse Dauer befriedigen wollen. Der enge Zusammenhang der Stellung der Lehrer mit der Volksbildung überhaupt, wie ihn Herr von Kardorff gestern dargelegt hat, wird auch von uns vollständig anerkannt. Welche Hoffnungen sind duich die früheren gesetzgeberischen Versuche in der Lehterschaft erweckt worden! Alle Heffnungen sind unerfüllt geblieben, und das hat immer weitere Kreise der Lehrer unzufrieden gemacht. Deshalb sollte man danach streben, etwas feriig zu bringen. Meine Freunde werden für kas Zustandekommen alles einsetzen, und ich richte an dieses Haus sowie an das Herrenhaus, an den Vorstand des Städtetages und nicht zum mindesten an den Finanz Minister die Bitte, von der Ver⸗ gangenheit zu lernen und das Scheitern der Vorlage verhüten zu wollen.

Abg. Böttinger (nl. schließt sich seinem Fraktionsgenossen an und

weist auf die große Unzufriedenheit hin, welche unter den Lehrern und

auch in den Gemeinden sich verbreitet habe, namentlich im Westen, wo die Schule große Anforderungen an die Gemeinden stelle. In den Lehrerkreisen herrsche die Befürchtung, daß, wenn das Grundgehalt auf 900 M festgesetzt werde, die Gemeinden sich streng daran halten würden. 900 M sind aber für den Westen eine viel zu niedrige Summe. Allerdings solle eine Aenderung der einmal fest⸗ gesetzten Gehälter nicht eintreten; aber das beziehe sich nur auf die jetzt in der Stelle befindlichen Lehrer und nicht auf die neu zu er⸗ richtenden Lehrerstellen. Er hoffe, daß die Kommission die Wünsche der Betheiligten beherzigen und die Vorlage wesentlich verbessern werde durch Erhöhung der Gehalts sätze.

Abg. Rickert (fr. Vgg.): Ich bedauere die Ahwesenheit der be⸗ theiligten Minister um so mehr, als ich an die beiden Herren einige Fragen richten wollte. Die bisherigen Debatten haben auf allen Seiten der Geneigtbeit Ausdruck gegeben, daß über den Rahmen der Vorlage hinausgegangen werden, musse. Auch ich bin mit dem Kultus Minister der Meinung, daß diese. Vor—⸗ lage Gesetz werden muß und zwar vor dem 1. April künftigen Jahres. Wir haben es lebhaft bedauert, daß der Finanz⸗Minister, der bei den Herren im Herrenhause der beliebteste Minister ist, seine Popularität dort nicht rechtzeitig gebraucht hat. Als er lam, das Kind zu reiten, war es bereit in den Brunnen gefallen. Ich hoffe, daß er diesmal rechtzeitig kommen wird. Erfreulich ist es, daß die Frage des allgemeinen Gul en in den Hintergrund gedrängt ist. Die beiden Redner des Zentrums wie der Konservativen haben nur konftatiert, daß sie an ihrem Standpunkt festhalten. Wir thun das ebenfalls. Sollte die Regierung noch einmal eine Probe machen, so wird die Bewegung eine ganz andere werden als früher. Herr von Kardorff hat schon hervorgehoben, daß die Regierung statt der 8 Millisnen nur 5 Millionen zur Durchführung des Schulgesetzes verwenden will. Allerdings ist der Etat seindem reichlicher fuͤr die Schule ausgestattet worden; das liegt aber an dem Wachsen des Schulwesent. Ver Zusiand ist unhaltbar, daß man den Voltsschullchrern Gehälter

sebt, die niedriger find als die der Kassenboten und ähnlicher Unter- e. Im Reiche sin Millionen über Millionen ausgegeben worden, in Beizug auf die Lehrer hat man geknickert. Wo der Staat Lehrer an seinen Anstalten ju besolden hatte. da hat er ihnen ganz andere Gehälter gewährt, als die Vorlage eben will. Den anderen Volkesckullebrern muß der Staat ver⸗ ehen oömäßig ein Mindestgehalt gewahileisten. zie Lehrer sind in ihren Forderungen fehr bescheiden gewesen; der Vorwurf, daß sie ju viel

verlangen im Lande sind kräftigere Ausdrücke dafür gebraucht worden ist durchaus unberechtigt. Der Unterricht? - Min ster hat uns auf den Finanz ⸗Minister verwiesen. Er gab auf die Anfrage des Herrn von Heydebrand keine Antwort. Der Finanz ⸗Minister schwimmt seßt in Ueberschüssen, er müßte dech für die Volksschulen eln ge Millionen übrig haben. Die Regierung lehnt die Gleich- stellung der Lehrer mit den Staatsbeamten ab; aber da, wo es den Lehrern unbequem ist, bezüglich der Str fversetz ing, sollen sie den Staatsbeamten plötzlich gleichgestellt werden. Von dem gegenwärtigen Kultus ⸗Minister wird wohl kein Mißbrauch dieser Vorschrift zu erwarten sein; aber die Minister wechseln, und die Gesetze bleiben, deshalb fürchten die Lehrer diese Be— stimmung und mit Recht; denn die Lehrer werden nicht immer so behandelt, wie es geschehen müßte, wenn sie das Lob, verdienen, das Herr von Kardoiff ihnen gespendet hat. Wir kaben im Sommer etwas von den Konduitenlisten gelsen. Der Kultus- Migister hat allerdings die Verfügung sofort annulliert. Aber die Volkszeitung brach! aus W stpreußen eine Meldung, daß über die politische Gesinnung, den Ungang des Lehrers u. s. w. von den G'meindevorstehern Auskunft eingeholt werde. Das wäre eine niedrige. Gesinnungsschnüffelei. Der Kultus-Minister sollte sich sofort über diese Dinge unterrichten und ihnen entgegentreten. Deshalb weg mit dieser Bestimmung aus dieser Vorlage! Die Alters⸗ zulagekassen befördern die Freizügigkeit der Lehrer, wann sie auf das ganze Land ausgedehnt sind. Aber die selbständigen Sitadtkreise kann man doch wohl aus diesen Kassen heraus lassen. Herr von Heyden rand war auch für eine Verbesserung der Stellung der Lehrer, aber er wollte keine weitere Belastung des platten Landes. Dagegen habe ich nichts einzuwenden, aber ich muß mich dagegen verwahren, daß deshalb die Städte schlechter behandelt werden sollen. Die großen Städte sind das Lebenselement des Staates. Von wo gehen denn die großen Weltbewegungen aus? Die Herren sind ja garnicht so, Sie kommen sehr gern nach Berlin. Ich schwärme viel mehr für das Land, als die Mehrzahl von Ihnen , Warum denn so böse auf die großen Stä'te? Der Kultus-Minister meinte, die Steuerreform habe den Städten viele Millionen gebracht, dem platten Lande aber nichts. Der Minister scheint die Denkschrift des landwirthschaftlichen Ministers nicht zu kennen, die ein kostbares Werk ist, welches wir den Herren, welche die großen Mittel verlangen, noch oft vorführen werden. Das platte Land hat 2835 Millionen von den überwiesenen Realsteuern erhalten. Den Gutebezirken ist die Grund und Gebäudesteuer vollkommen erlassen, ich bedauere, daß der Finanz. Minister nicht sofort den Kultus. Minister berichtigt hat. Auf dem Gebiere der Schule leistet der Staat für das platte Land gerade so—⸗ viel, wie das platte Land an Einkommen und Ergänzungssteuer auf— bringt. Wenn die Vorlage angenommen wird, müssen die groen Städte Millio en opfern für das platte Land. Die großen Städte sind prästationsfähig, weil die Politik des Bundes der Landwirthe von der Regierung nicht getrieben wird. Wo wären wir aber ge— blieben. wenn wir heute in einem europäischen Zollkriege uns. befänden. Lediglich den Handelsverträgen ist es zu danken, daß die großen Städte in der Lage sind, für das platte Land etwas zu thun. Da sollte man die Städte nicht noch mehr schädigen wollen. Es wäre auf allen Seiten des Hauses angebracht, nicht unnötbigerweise den Unteischied zwischen Stadt und Land hervorzuheben. Der Bund der Landwirthe hat die Sache in einer Weise behandelt. daß man nicht annehmen kann, der betreffende Artikelschreiber habe jemals den Etat gesehen. Danach sollen für die Landwirthschaft 2 Millionen, für Handel und In= dustrie dagegen eine ganze Milliarde ausgegeben worden sein; der Schreiber ziebt nämlich die ganjen Eisenbahnen nur für Handel und Industrie in Betracht, als wenn sie dem platten Lande garnicht zu gute kämen. Der Kustus, Minister hat bei der Einweihung eines Lehrerheims in Schreiberhau eine Aceußerung gethan, daß er gern weiter gegangen wäre, aber von parlament mrischer Seite sei ihm gesagt worden, daß das nicht möglich sei. Wer sind denn die bösen Herren? Der Kultus— Minister sollte doch etwas mehr Kurage haben. Wenn beim Finarz— Minister ein Grundgehalt von 1200 M urchgedrückt wäre, dann würde der Zwang der Situation den Widerspruch der Herren von der Rechten unterdrücken. Weird das Mindestgehalt auf 900 4M festgesetzt, dann werden schon zum nächsten Etat die Petitionen der Lehrer kommen. Das Staatzintrresse verlangt es, daß endlich Abhilfe ge= schaffen wird. Als der Minister Camphausen für die Schule nichts geben wollte, da haben wir; Miquel, Lasker. Wehrenpfennig und ich ihn gründlichst bearbeitet, und es fand sich schließlich das Geld. Jetzt liegt ein ähnlicher Fall vor, wo endlich Abhilfe ge— schaffen werden muß. Machen Sie ganze Arbeit, dann werden Sie eine Reihe von Jahren Ruhe haben.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hamburg berichtet das. Wolff'sche Bureau‘ über den Aus- st and der Schauerleute und andeten Hafenarbeiter: Von aus— wärts sind gestern so viele Ersatzleute eingetroffen, daß die Stauer ibren Bedarf an Arbeitern gut decken konnten. Im Verein mit der Schiffsbesatzoeng wird von diesen Leuten auf den Dampfern flott., gearbeitet. Auch von den an der Start liegenden Oberländer Kähnen haben sich Personen zur Ueber— nahme von Schiffsarbeit gemeldet. Infolge des Ausstandes hat sich für Hamburg und Altona ein Verein der Importeure englischer Kohlen gebildet, der in Uebereinstimmung mit den Schiff gagenten beschlossen hat, daß Arbeiter nur auf Grund eines revidierten Tarifs wieder zugelassen werden sellen. Nach einer Bekanntmachung der hamburgischen Han— delskammer werden die Empfänger der mit der Bahn in Ham— burg eingehenden Güter aufgefordert, schleunigst Anordnung zu treffen, um die Waaren von den Güterschuppen der Bahn abholen zu lassen und möglichst allet zu Lager zu nehmen, da eine Ueber— füllung der Schuppen die Eisenbahnverwaltung zu anderweitigen Maßnahmen veranlassen könnte. Um die Zuführung von Waaren unter den augenblicklichen Verhältnissen einzuschränken, wird in der Bekanntmachung anhemmgegeben, die Absendung von zur Verschiffung bestimmten Gütern aus dem Binnenlande thunlichst hinauszuschieben. Eine von Tausenden besuchte Versammlung der Werftarbeiter beschloß, erst in den allgemeinen Ausstand einzutreten, wenn die aus— ständigen Schauerleute dazu auffordern. An den Senat wurde eine Resolution gesandt, in welcher gegen den Zuzug italienischer Arbeiter Einspruch erhoben wird. Auch der Verein der Maschin isten will die heutige Beschlußfassung über den allgemeinen Ausstand abwarten, ehe die Mitglieder die Arbeit niederlegen. Der englische Arbeiterführer Tom Man, der sich einige Tage in Altona aufgehalten hatte, ist gestern Abend in Cimebüttel verhaftet und an Bord des zur Abfahrt bereiten Dampfers „Nottingham“ ge— bracht worden. Das Schiff ging sodann nach Grimsby ab. Bie Hafenarbeiter in Harburg haben beschlossen, sich dem Ham. burger Augstande anzuichließen.

Aus London meldet W. T. B.:. Die Abstimmung des Lon⸗ doner Theiles der Internationalen Vereinigung der Schiffs‘ Dock, und Flußarbeiter ist zu Gunsten der Arbeitseinstellung auf den Londoner Docks ausgefallen. Es ist indessen ungewiß, ob dieser Beschluß ausgeführt werden wird, da die Leiter der Dockergz⸗ Vereinigung noch nicht beschlossen haben, den allgemeinen Ausstand zu empfehlen oder die Entladung der aus Hamburg kommenden Schiffe zu verhindern. Die Leiter weigern sich, über ein endgültiges Verhalten sich zu äußern. Auf dem Albert Bock werden Vorkehrungen zur Her richtung von Unterkunftsstätten für nichtunionistische Arbeiter durch die Aufftellung der alten eisernen Baracken getroffen, welche bereits bei früheren Ausständen verwendet wurden.

Kunst und Wissenschaft.

Der Verein für deutsches Kun stgewerbe veranstaltete am Mittwoch, den 25. November, im Architektenhause einen Fach abend für dekorative Malerei, bei dem eine große Zahl von Original⸗ zeichnungen alter Meister und neueren Aufnahmen charakteristischer Innenräume des 17. und 18. Jahrhunderts, farbenprächtige Bilder, meist von der Hand des Professors Max Koch und seinen Schülern, ausgestellt waren. Dr. G. Renard sprach im Anschluß daran über die Farbe in der Dekoration des Rococo‘“. Er legte die Wand⸗ lungen des koloristischen Geschmacks in Frankreich von der Regierungs⸗ zeit Ludwig's XIV. bis zum Rococo dar und erläuterte eingehend die prachtvollen Denkmäler deutscher Dekorationskunst, welche die Schlösser in Süd und Norddeutschland aufzuweisen haben.

Die „Académie frangaise“ hat, wie. W. T. B.“ aus Paris meldet, in ihrer letzten feierlichen Jahressitzung den Gobert— preis im Betrage von 19 000 Fr. dem Minister Hanotaux für seine „Geschichte des Kardinals Richelieu‘ zuerkannt.

Literatur.

Von der schönen biographischen Arbeit, in welcher Dr. Karl Theodor 6 unter dem Titel Aus Fritz Reuter's jungen und alten Tagen“ den beliebtesten niederdeutschen Dialekt⸗ dichter in Verbindung mit allen jenen Gestalten zeichnet, die in den Werken des Dichters eine Rolle spielen und ihm im wirklichen Leben thatsächlich begegnet sind, liegt jetzt schon, also nach einem Jahre seit ihrem ersten Erscheinen, die zweite Auflage vor. Die Ergänzung des Titels, in welcher der Verfasser den Inhalt seines Werkes dahin charakterisiert, daß es ‚Neues über des Dichters Leben und Werden auf Grund ungedruckter Briefe und kleiner Dichtungen“ bringe, gilt von der zweiten Auflage noch mehr als von der ersten; denn wiederum hat der Verfasser mancherlei neue Züge entdeckt, die das Gesammt⸗ bild Reuter's ergänzen und vervollständigen. Auch der Bilder. und Porträtschmuck, der das Gaedertz'sche Buch so anziehend macht, ist bedeutend bereichert worden. n i n von Reuter gemaltes Porträt des Pastors Reuter in Jabel, seines Onkels, bei dem er nach der Rückkehr von der Festung liebevolle Aufmunterung fand, ferner Dr. Liebmann (Doktor So und So) mit Tochter (dem „Lütt Aksesser im III. Theil der Stromtid) in seinem Wagen vor dem Bürgermeisterhaus in Staven⸗ hagen; dann Bilder von den Gebrüdern Boll, dem Rathskellermeister Ahlers und dem Banquier Viktor Siemerling in Neubrandenburg, nach Originalen vom Hofmaler Schloepke. Eine Zeichnung des aus der Stromtid“ bekannten Zimmerlings Schulz von Ludwig Pietsch, sowie ein treffliches Porträt von , Dorchläug ting‘ werden ebenfalls interessieren. Ferner ist das Grabdenkmal zu Eisenach, vor welchem der Dichter und seine Gattin ruhen, nach einer neuen photographischen Aufnahme wiedergegeben worden. Im übrigen kann nur das beim Erscheinen der ersten Auflage über das verdienstliche Werk Gesagte wiederholt werden. Von jeder Seite gewinnt man den Eindruck, daß es dem Verfasser Ernst war mit der Absicht, das Lebensbild des Dichters auf Grund seiner Beziehungen zu den Menschen, in deren Mitte er lebte, und auf Grund der Oertlichkeiten, an denen er wirkte, zu entwerfen, und daß er diese Absicht nicht nur mit Fleiß, sondern durchdrungen von inniger Verehrung für den Dichter vollständig verwirklicht hat. Die Hinstorff'sche Hofbuchhand⸗ lung in Wismar hat die zweite Auflage des vortrefflichen Buches ebenso glänzend ausgestattet wie die erste.

Künstlerrom an. Von F. W. Hackländer. Illustriert von A. Langhammer. Verlag von Carl Krabbe in Stuttgart. 3 Bände. Pr. geh. 12 46 Diese figurenreiche, dramatisch belebte Geschichte mit ihren fesselnden Darstellungen aus dem Düsseldorfer Künstlerleben, ihren interessanten Erörterungen über Kunst und künstlerische Aufgaben und ihren bunten Zeichnungen aus dem be⸗— rühmten Kölner Karneval erregte vor einem Menschenalter viel Auf— sehen. Jetzt liegt sie in einer stattlichen, von A. Langhammer reich und vortrefflich illustrierten Ausgabe neu vor. Die Lektüre dieses Romans wird den Leser davon überzeugen, daß Hackländer zu den wenigen Romanschriftstellern gehört, die nie veralten. Er schildert eben wirkliches Leben und wirkliche Menschen, und zwar bei seiner außerordentlichen Welt. und Lebenskenntniß und seiner scharfen Beobachtungsgabe, die durch den glücklichsten Humor noch verklärt wird, in so vollendeter Art, daß seine Bilder noch heute in den frischesten Farben strablen. Die kongenialen Illustrationen des außerordentlich begabten Zeichners A. Langhammer, der die Haupt⸗ figuren auch äußerlich treffend charakterisiert und konsequent festgehalten hat, verleihen dem Ganzen noch einen besonderen Reiz.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Der französische Ackerbau⸗Minister hat durch Verordnung vom 20. d. M. wegen des Auftretens der Maul⸗ und Klauenseuche in Helland die Ein- und Durchfuhr von Rindvieh, Schafen Ziegen und Schweinen aus den Niederlanden nach bezw. durch Frankreich verboten.

Saatenstand in Spanien.

Die zweite Hälfte des Oktober bat in ganz Spanien zahlreiche Regenfälle gebracht, die der Landwirthschaft fehr zu statten kamen. Sie haben das Keimen des bereits gesäeien Getreides begünstigt und den noch unbestellten Ackerboden in erwünschter Weise für die Saat vorbereitet.

Saatenstand in Serbien.

Infolge anhaltenden Regens sind die Feldarbeiten etwas im Rückstand. Durch die Ueberschwemmungen in den Morawa⸗Gebieten scheint bisher Schaden nicht verursacht zu sein.

Das Ergebniß der diesjährigen Maisernte wird sowohl qualitativ als auch quantitativ als . gut bezeichnet.

eft 2 der Mittheilungen der Deutschen Landwirth— schafts⸗Gesellschaft! vom 29. November (Verlag von P. Parey in Berlin) bringt Aufsätze über Kalkdüngungsversuche und über die Landwirthschaft Uruguays, sowie Mittheilungen über die außt⸗— gesetzten Preise⸗ der in der Zeit vom 17. bis 21. Juni 1897 in Hamburg stattfindenden allgemeinen deutschen landwirthschaftlichen Ausstellung. In der die Berichterstattung der land. und forst⸗ wirthschaftlichen Sachverständigen bei den Kaiserlichen ,, im Auelande enthaltenden Beilage sind Aufsätze über die englische Buttereinfuhr von dem Sachverständigen in London, über den Zucker— rübenbau in Oesterreich von dem Sachverständigen in Wien, und die Fortsetzung des Berichts über die Landwirthschaft der Republik Uruguay von dem Sachverständigen in Buenos Ames veröffentlicht.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Spanien. Durch Königliche Verordnung vom 11. d. M. ift die für Her—⸗ künfte aus Kalkutta s. Z. angeordnete Quarantäne unter den üblichen Bedingungen wieder aufgehoben worden. (Vergl. . R.⸗Anz.“ Nr. 2656 vom N. b. M.)

Sandel und Gewerbe.

Infolge der zwischen Deutschland und Frankreich wegen Tunis abgeschlossenen Vereinbarung kommt bekanntlich auf deutsche Waaren bei der Einfuhr in die Regentschaft, ebenso wie auf die Waaren der übrigen Vertragsstaaten, bis auf e der frühere tunesische Zolltarif zur An⸗ wendung.

g Nach diesem haben an Gingangszoll in Tunis zu ent⸗ richten: ;

alle nicht besonders benannten Waaren 8 Proz. vom Werth, gelben hren silberne und andere Uhren. . 1 goldene, mit Edelsteinen besetzte Hie tene, andere goldene Bijouterien. silberne Bijouterien·- Goldwaaren mit einem Fein⸗ gehalt von Jo / M9 und darüber 3 Wein und Spirituosen.. 10 , ö. ö. ollfrei sind: Getreide, Bücher und Zeitungen, Gold⸗ und Silberwaaren, Pferde und Rindvieh, Schafe und Ziegen, Schweine, lebendes und todtes Wild und Geflügel; ferner landwirthschaftliche Maschinen und Geräthe, wenn nachgewiesen wird, daß diese zum Privatgebrauch und nicht für den Handel bestimmt sind. Zollfrei sind außerdem Zuchtthiere zur Ver⸗ besserung einheimischer Rassen. In Spanien ist nach einer in der „Gaceta“ vom 209. d. M. veröffentlichten Bestimmung des spanischen Finanz⸗ Ministers, vom 11. 8. M, die zollfreie Zulassung auf 895 für deutsche Waarenmuster, welche deutsche zandlungsreisende mit sich führen, nach denselben Grund⸗ sätzen gewährt worden, wie sie den übrigen Ländern eingeräumt ist. Es müssen hierbei die Vorschriften des dritten Theils der 14. Anlage zu den spanischen Zollverordnungen beobachtet werden. Eine Uebersetzung dieser Vorschriften findet sich im Deutschen Handelsarchiv, Jahrgang 1895, Band J Seite 849.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks . a ,, ö er n nn gt reg n der Ruhr sind am 26. d. M. gestellt 1 2, nicht rechtzeit gestellt 1945 Wagen. i

Liguidationskurse der Berliner Börse für Ende November 1896. 3 0,½ Deutsche Reichs ⸗Anleihe 98. 20, 36 Preuß. Konsols 98,30, . Kredit Aktien 228,75, Lombarden 41,26, . 149 75, Berliner Handelsgesellschaft 150,00, Darmstädter

ank⸗Aktien Mark⸗St. 154,25, Deutsche Bank⸗Aktien 191,25, Dis⸗ konto⸗Kommandit⸗Antheile 206,00, Dresdner Bank 156,50, National- bank für Deutschland 138 75, Russische Bank für auswärtigen Handel 126 50, Aachen⸗Maastricht 90,75 Dortmund Gronau 164, 590, Lübeck⸗Büchener 14709, Mainz Ludwigshafener 118,00, Marienburg⸗Mlawka 95,50, Ostpreußische Südbahn 93, 00, Busch⸗ tehrader 26790. Canada Paecifie 52,253. Gotthardbahn 165,26, Ialienische Meridional 123.90, do. Mittelmeer 965,99, Jurg—⸗ Simplon (kon. Schwz. W.) 9,75, Oesterreichische Nordwest⸗ bahn 133,9, do. do. Elbethal 136,50, Prince Henri 87 50, Transvaal 224575, Schweizer Zentralbahn 136,00, do. Nordost⸗ bahn 131,B25, do. Union 87,25, Warschau⸗Wiener 264.75, Italienische 5H oso Rente 90 60, Mexikaner 60 Anleihe 94,90, do. v. 1890 94,90, Oest. 1860er Loose 149,10. Russische 46ĩ Konsols 103,25, do. 4 0,½ 80er Anleihe 1602,75, do. 4 ͤ0 Rente 66,60, 96 er 300 Gold- Anleibe 99,90, Türken konv. 1990, Loose 99.75, Türkische Taback —, AUngarische 409. Gold⸗Rente 193,70, do. Kronen Rente 99, 99, Chi— nesische Ho /o do. 97,75, Bochumer Gußstahl 160, Konsolidation 245,00, Dannenbaum 11500, Dortmunder Union 6oυί— Stamm⸗ ier et, 44,00, Gelsenkirchen 1665,90, Guano 79, 75, Hamburg. acketfahrt⸗Akt. 133,75, Harpener 165,75, Hibernia 177765. Königs⸗ und Laurahütte 158,00, Norddeutscher Lloyd 113,75, Trust Komp. 180,25, Russische Banknoten 217,25, Buenos Aires 28,75, Mexikaner 1893 9,200. Heutiger amtlicher Durchschnittskurs für deutsche Fonds und Cisenbahn⸗Aktien. Amtlicher Durchschnittskurs vom . ö. M. für Oesterreichische Noten, Wechsel pr. Wien u. St. eters burg.

Am 1. November d. J. ist, wie seiner Zeit berichtet wurde, der neue Fischereihafen zu Geestemünde nach einer Bauzeit von fünf Jahren feierlich eröffnet und der dortigen Fischereihafen⸗Betriebs⸗ genossenschaft übergeben worden. Der Hafen, der eine Kajenlänge von 1200 m und eine Breite von 65 m ausweist, ist der größte des Kontinents und dazu bestimmt, der Hochseefischerei, insbesondere der mit Dampfern betriebenen Fischerei, zu dienen, den Absatz der Fische nach dem Binnenlande zu erleichtern und die Verbreitun der Seefische ale gesundes und billiges Volksnahrungsmitte durch Massenvertrieb und schnelle Beförderung zu unterstützen. Die Fischhalle, welche an einzelne Fischerei. Interessenten verpachtet ist, erstreckt sich in einer Länge von 450 m längs des Bohlwerks und soll demnächst auf 699 m erweitert werden. In ihr finden die Ge= schäftsräume der Fischhändler ihren Platz; außerdem befindet sich darin an der Wasserseite eine große Auktionshalle, in der die an gebrachten Fänge versteigert werden. Der Erlös der versteigerten Waare fließt in erster Linie der Fischerei. Betriebsgenossenschaft zu, ein Theil gebührt vertragsmäßig dem Fiskus und den Auktionatoren. Im Anschluß an die eigentlichen Hafenbauten sind umfangreiche Geleis und Güterabfertigungs⸗-Anlagen der Eisenbahnverwaltung und ein Restaurationsgebäude zu vermerken. Letzteres enthält gleichzeitig Räume für die Post und Telegraphie und ein Seemannsheim, das unter geistlicher Aufsicht steht und Gelegenheit bieten soll, den ab⸗ gemusterten Seeleuten billige und zweckentsprechende Unterkunft zu gewähren. Im Anschluß an das Seemannsheim wird ver⸗ sucht werden, dem verderblichen Einfluß der Heuerbase, wie er vielfach in den Hafenstädten sich geltend macht, entgegenzutreten. Der neue Hafen liegt zum großen Theil im Zollausschlußgebiet; die betheiligten Gewerbetreibenden haben jedoch den Wunsch, daß die Fischereifahrzeuge, welche zur Zeit in die im Zollinlande belegene Geeste einlaufen, auch in Zukunft im Zollinlande löschen können, da anderenfalls die in den Packhäusern zum Versand in Körbe verpackten Fische beim Eintritt in das Zollgebiet der Zollrevision unterliegen und infolge der zeitraubenden Abfertigungen Verspätungen bei der Ver⸗ sendung nicht zu vermeiden sein würden. . würde für die ein⸗ gebrachten, von der Mannschaft deutscher Fahrzeuge an der deutschen Küste gefangenen Schalthiere eine besontere Identitätekontrole in dem ausländischen Theile des Hafens erforderlich werden, von welcher die Interessenten nicht ohne Grund eine Schädigung des Geschäfts befürchten. Um diesen Mißständen vor⸗— zubeugen, erscheint es geboten, den Fischereihafen bis auf einen kleinen, zur Errichtung von Proviantlagern bestimmten Theil der Südmole dem Zollgebiet anzuschließen. . Bundesrath hat deshalb in seiner gestrigen Sitzung beschlessen, daß der neue Geestemünder Fischereihafen bis auf einen zur Errichtung von Proviantlagern bestimmten kleinen Theil der Südmole dem Zollgebiet angeschlossen und die nähere Festsetzung der Zollgrenze, sowie die Bestimmung des Zeitpunktes für den Anschluß dem Königlich preußischen Finanz ⸗Minister überlassen werden soll. Die Belassung eines Theils des neuen Hafens außerhalb der Zollgrenze ist für nothwendig erachtet worden, damit die Fischerei⸗ fahrzeuge zu jeder Zeit ihren Proviant unverzollt und ohne Aufenthalt an Bord nehmen können.

Verdingungen im Auslande.

. Rumänen.

14. Januar 1897. Kriege⸗-Ministerium in Bukare st: Lieferung von 120 909 Halsbinden, S606 000 Stück Kautschuk für Halsbinden, 120 000 Taschentücher 13 6 leinenen utter säcken.

16. Januar. Rriegs. Ministerium n Bu karest: Lieferung von 40 000 wollenen or 30 000 gesäumten Brotbeuteln, go d beinernen Kämmen, 30 009 blechernen Schmierbüchsen.

20. Januar. Kriegs ⸗Ministerium in Bu karest: gare, 2 an

41 000 m verschiedenen wollenen Galons, 55 000 m