Reichs wird aber zur Begleichung der
u mn und mithin wird sich das thatsächliche An-
für das laufende Jahr nur auf 261 Millionen stellen. Es
ach die Möglichkeit, ja vielleicht die hohe Wahrscheinlich⸗
daß der Betrag, welcher in diesem Jahre gesetzlich zur uldentilgung vorgesehen ist, den Betrag des Anleihesolls erreichen
id, und daß wir seit dem Jahre 1875 das erste Etatsjahr er— leben, wo das Reich mit neuen Schulden nicht belastet wird.
(Hört, hört h
Gestatten Sie jetzt nun, auf die Gestaltung des Etats für das
Jahr 1897/98 überzugehen. Im Ordinarium des Auswärtigen Amts verlangen die Kolonien einen Mehrzuschuß gegen das Vorjahr von rund einer Million. Würde man in Berechnung ziehen, daß im laufen⸗ den Jahre durch Nachtrags⸗Etat 2 Millionen aufgenommen sind, so würden sogar die Forderungen geringere sein, als im laufenden SZJahre; aber, meine Herren, diese 2 Millionen Nachtrags⸗Etat tragen doch den Charakter, wenn ich so sagen darf, einer Kriegsanleihe, whrend die Zuschüsse für die Kolonien, wenngleich sie in den Ein⸗ maligen Ausgaben des Ordinariums gebucht werden, doch auf nicht absehbare Zeit hinaus den Charakter von fortlaufenden Ausgaben tragen. Ich würde deshalb eine solche Kompensierung nicht für richtig ilten. ö Im Reichsamt des Innern sind die Zuschüsse zur Invaliditäts⸗ und Altersversicherung um 33 Millionen höher angesetzt. Wir waren dazu genöthigt, weil im Jahre 1895/96 dieser Titel um 14 Millionen üUberschritten ist und im Jahre 1896397 ungefähr in gleicher Höhe Überschritten werden wird. An einmaligen Ausgaben weist der Etat des Reichsamts des Innern 4 Millionen weniger auf. Es hängt dag damit zusammen, daß im Großen und Ganzen die Reichsbehörden organisiert sind und damit auch ein gewisser Beharrungszustand in der Ausgabe für Bauten eintritt.
In der Heeresverwaltung finden wir allerdings eine fortdauernde Mehrausgabe von? Millionen. Hierunter befinden sich indeß für den höheren Ansatz der Getreidepreise bei der Brotverpflegung und bei der Fourage, einschließlich der bayerischen Quote, 4 Millionen, und aus den Mehrkosten der Umformung der 4. Bataillone über Million, sodaß der größte Theil dieser Mehrforderung an fort⸗
dauernden Ausgaben solche sind, welche theils bereits auf gesetzlichen Verpflichtungen beruhen, oder vollkommen unabwendbar erscheinen. Aus der Heeresvmerstärkung des Jahres 1893 waren noch 6 Millionen rückständig, hiervon würde indeß eine Million abzuziehen sein für die Verstärkung des Offiziers und Unteroffiziers Etats bei den Spezial⸗ waffen, da das Gesetz, betreffend die Umformung der 4. Bataillone, auf diese Ausgabe nicht mehr zurückkommt. Von diesen 5. Millionen welche aus der Heeresvorlage des Jahres 1893 noch rückständig sind, wird für das kommende Jahr eine Million angefordert. An ein—
maligen Ausgaben ist aus der Heeresverstärkung des Jahres 1893 nichts mehr rückständig. Aus Anlaß der Umformung der 4. Bataillone werden in dem Etatsentwurf an einmaligen Ausgaben 65 Millionen gefordert und würden für künftig noch 45 Millionen vorbehalten bleiben. Die Belastung der Zukunft nach dem Etat der Heeres—⸗ verwaltung, einschließlich der bayerischen Quote, würde im Ordi⸗ narium fast 88 Millionen und im Extraordinarium etwas über 24 Millionen betragen.
Gestatten Sie mir nun, zum Etat der Reichs⸗Marine überzugehen. Ich will auch hier das Ordinarium und das Extraordinarium gemein schaftlich behandeln, weil nach dem bekannten Verfahren, nach welchem die Aufgaben für Schiffe und ihre Armierung gedeckt werden, Extraordinarium und Ordinarium im Marine⸗Etat eng zusammen—⸗ hängen. Es werden für Schiffsbauten, artilleristische und Torpedo⸗ Armierung im Marine⸗Etat hof Millionen Mark gefordert. An
neuen Forderungen für den gleichen Zweck enthält der Etat 104 Millionen. Ich gestatte mir aber, darauf hinzuweisen, daß die Belastung der Zukunft für Schiffsbauten und ihre Armierung nach dem laufenden Etat 84 Millionen beträgt, während die Zukunfts⸗ belastung für die gleichen Zwecke nach dem Etatsentwurf für 1897/98 nur etwa 81 Millionen beträgt; mithin ist die Zukunftsbelastung für Schiffs bauten nach diesem Etatsentwurf niedriger als nach dem Etat, der gegenwärtig gilt. Und ich möchte ferner ausdrücklich hervor— heben gegenüber der Beurtheilung, welche der diesjährige Etat der
Reichs⸗Marine bisher in der Oeffentlichkeit gefunden hat, daß an neuen Schiffen, abgesehen von einem Aviso, den die Reichs⸗Marine⸗ verwaltung für nöthig hält im Interesse des Seedienstes, und ab⸗— gesehen von den neuen Torpedobooten, nur gefordert werden Ersatz für abgängige oder in Verlust gerathene Schiffe und außerdem zwei Kreuzer, welche der Denkschrift des Jahres 1889 / 90 entsprechen.
Warum die Fortsetzungsraten in dieser Höhe gefordert werden
mußten, wird der Herr Staatssekretär des Marineamts seinerzeit,
gestützt auf die maßgebenden marinetechnischen Erwägungen, näher ausgeinandersetzen.
Bei der Brennsteuer — wenn ich jetzt zu den Einnahmen des Gtatsentwurfs übergehen darf — hatten wir am Schluß des letzten Betriebsjahres eine Mehreinnahme von 14 Millionen. Die etats⸗ mäßige Einnahme der Brennsteuer in den zukünftigen Jahren
würde aber nicht ausreichen, um die Ausfuhrprämie von 6 MS, die
Entschädigung für denjenigen Branntwein, der zur Essigbereitung ver⸗ wendet wird, mit 6 M und die Vergütung von 1,50 1 für den⸗ jenigen Branntwein, der mit dem allgemeinen Denaturierung mittel denaturiert wird, in Zukunft zu zahlen. Es ist deshalb in Aus— sicht genommen, diesen Fonds von 141 Millionen, der zwar im allgemeinen Ueberschusse der Reichseinnahmen erscheint, aber nur zum Besten der Branntweinindustrie verbraucht werden darf, allmählich zuzusetzen, sodaß die Prämien und die Vergütungen in der bis— herigen Höhe bis zum Jahre 1901 fortgezahlt werden können, in welchem Jahre ja bekanntlich die gesetzlichen Bestimmungen über die Ausfuhrprämien ihre Gültigkeit verlieren werden.
An Stempelabgaben von Börsengeschäften sind allerdings in den Etat noch 3 Million mehr elngesetzt nach Maßgabe der bekannten Fraktion; es ist aber nach den Einnahmen, die wir aus den Börsen⸗ steuern im laufenden Jahre haben, zweifelhaft, ob der Ctatzansatz thatsächlich erreicht werden wird.
Bei den Reichs Gisenbahnen finden Sie unter den einmaligen Ausgaben die zweite Rate für die Vermehrung der Betriebsmittel mit 36 Millionen. Die letzte Rate wird im Etat des Jahreg 1898/9 erscheinen. Im Post Etat sind zu Bauten überhaupt 8 Millionen eingesetzt. Diese Summe ist zwar 3. Million höher als im vorigen Jahre, aber
.
geringer als im Jahre 1895/95. Neuforderungen befinden sich unter
der Bausumme in Höhe von 43 Milllonen, B. h. 13 Millionen weniger als im Jahre 1896/97 und im Jahre 1896/9, und auch die Belaftung für die Zukunft auß diesem Ctatsentwurf für Postbauten mit 10 Millionen ist noch ea. F Millionen geringer als im laufenden Jahre. Meine Herren, ich gebe mich der Hoffnung hin, daß auch auf dem Gebiete des Postbaues nunmehr ein gewisser Beharrungé⸗ zustand eintritt und daß es möglich sein wird, die Aufwendungen für Postbauten auch in zukünftigen Jahren entsprechend zu ermäßigen. (Sehr richtig)
In den Einnahmen aus dem Bankwesen finden die Herren eine Aenderung in Bezug auf die etatsmäßige Veranschlagung. Die Einnahme aus dem Bankwesen wurde bisher veranschlagt nach dem 3 jährigen Durchschnitt. Wenngleich wir im Jahre 1894/95 eine Mehreinnahme gegenüber dem Etat von 4 Million und im Jahre 1893.94 eine solche von etwa 16 Millionen gehabt haben, so haben wir doch bekanntlich im Jahre 1895/96 gegenüber dem Etatssoll eine Minder⸗ einnahme von 4 Millionen verzeichnen müssen. Die Vorsicht gebot, bei diesen Verhältnissen auch bei der Einnahme aus der Bank auf eine 2jährige Fraktion wie bei den übrigen Einnahmen zurückzugehen.
Bei den verschiedenen Verwaltungseinnahmen finden Sie im Etat ein Minus von etwa einer Million. Es hängt das zusammen mit der geringeren Veranschlagung für die Gebühren aus dem Kaiser Wilhelm ⸗Kanal, wenngleich das Reichtzamt des Innern hofft, daß durch die Herabsetzung des Tarifs in Zukunft die Frequenz des Kanals sich steigern wird.
Das Anleihesoll finden Sie im Etatsentwurf mit 213 Millionen höher eingestellt; um aber ein vollkommen wahrheitsgemäßes und zutreffendes Bild von der Etatslage zu geben, muß ich darauf hin— weisen, daß von dem Anleihesoll des vorigen Jahres in Höhe von über 35 Millionen 87 Millionen im Nachtrags-Etat auf den Ueber schuß aus der Einnahme des Reichs angewiesen sind. Da in der That sich das Anleihesoll des laufenden Jahres um diese 83 Millionen Mark verringern wird, so beträgt das thatsächliche Plus an Anleihen im Etatsentwurf gegenüber dem Vorjahre nicht 21 Millionen, sondern 30 Millionen.
Der Ueberschuß an Münzgewinn ist viel geringer angesetzt. Die Ausprägung der 22 Millionen Reichs-Silbermünzen ist beendigt und hat 161 Millionen Münzgewinn gebracht. 1897/98 sollen nur Kupfer—⸗ und Nickelmünzen zur Ausprägung gelangen.
Meine Herren, ich gehe jetzt mit wenigen Worten auf den Etatstitel ein, der die größte neue Ausgabe des Etatsentwurfs enthält, d. h. auf die Verbesserung der Beamtenbesoldungen. Man könnte sich gegenüber der Forderung der Beamten auf Erhöhung ihrer Bezüge auf den formalen Standpunkt stellen, daß keine Ver⸗ anlassung vorliegt, diese Bezüge höher zu bemessen, so lange sich für die erforderlichen staatlichen Verrichtungen noch eine geeignete und ausreichende Zahl von Bewerbern findet. Dieser Standpunkt wäre fiskalisch zwar sehr vortheilhaft, aber aus ethischen Gründen verwerflich und aus dienstpragmatischen Gründen gefährlich. Man würde gegen eine Verbesserung der Beamtenbesoldungen auch den Einwand erheben können, daß in den letzten 20 Jahren ganz unzweifelhaft für eine ganze Anzahl nothwendiger Lebensbedürfnisse die Preise sich niedriger gestaltet haben; wenn man aber näher zusieht, findet man, daß die Senkungen des Preisniveaus mehr in der Statistik der Großhandelspreise zum Ausdruck kommen als in den Preisen, die der Konsument thatsächlich zu zahlen hat. Ferner aber ist es ebenso unzweifelhaft, daß die Preise für eine größere Anzahl nothwendiger Lebensbedürfnisse gestiegen sind. Ich erinnere vor allen Dingen an die Wohnungepreise, wenngleich allerdings auch der An— spruch an das Wohnbedürfniß gestiegen ist und für die bisherigen Miethen an und für sich Besseres gewährt wird. Der Hauptgrund aber für die verbündeten Regierungen, aus dem sie auf die Besoldungs⸗ verbesserung eingingen, war der, daß die Lebenshaltung des deutschen Volkes im allgemeinen sich gehoben hat und daß man dieser wirthschaftlichen Erscheinung auch bei den Besoldungen der Beamten Rechnung tragen muß. Es lag aber auch für die verbündeten Regierungen ein formaler Geund zu der ergrfffenen Maßregel vor. Preußen war, allerdings in Uebereinstimmung mit dem Reich, seinerseits entschlossen, seine Beamten besser zu stellen. Es wäre nicht ausführbar, in Preußen eine Gehaltsverbesserung durchzuführen, und bei der nachbarlichen und gleichwerthigen Thätigkeit der Reichs— und preußischen Beamten die Reichsbeamten von der Gehalts- verbesserung auszuschließen. Hierzu kommt, daß die Offiziere des preußischen Kontingents, weil ihre Besoldungen aus Reichsfonds fließen, bei einer Besoldungsverbesserung in Preußen nicht betheiligt sein würden, andererseits aber eine Beamtenbesoldungserhöhung durchzuführen ohne gleichzeitige Besserstellung der parallelen Kate— gorien des Offizierkorps vollkommen ungangbar wäre.
Meine Herren, die Resolution, die der Reichstag in seiner letzten Tagung angenommen hat, ging dahin, die Ungleichheit in den Be— soldungen jener Beamtenkategorien auszugleichen, welche an dem Dienstalterstufen⸗System theilnehmen und bei der Besoldungsaufbesserung des Jahres 1890 nicht berücksichtigt worden sind. Auch die ver— bündeten Regierungen stehen, übereinstimmend mit diesem Wortlaut der Resolution, auf dem Standpunkt, mit den Besoldungs— aufbesserungen dort fortzufahren, wo sie im Jahre 1890 aufhörten. Aber wörtlich ließ sich die Resolution des Reichstages nicht aue führen; denn hätte man nur die wirklichen oder angeblichen Ungleichheiten aus— gleichen wollen, die aus der Durchführung des Dienstalterstufen⸗Systems entstanden waren, so hätte man zwar einzelne Beamtenkategorien be— friedigt, aber sofort neue Ungleichheiten gegenüber anderen Beamtenkate⸗ gorien herbeigeführt und dadurch nur neuen Grund zur Mißstim mung gegeben. Die verbündeten Regierungen sind sich darüber klar, daß auch diese Gehaltsverbesserung manche Enttäuschung hervorrufen und nicht alle Eiwartungen erfüllen wird, die an die Maßregel in den be— theiligten Kreisen geknüpft sind. Vom Standpunkte der einzelnen Be—⸗ amtenkategorien mag es unter Umständen subjektiv berechtigt sein, wenn dieselben ihre Vorbildung für eine werthvollere halten, wenn sie glauben, daß ihre Beschäftigung eine schwierigere und eine um— fangreichere sei, als die anderer Beamtenklassen. Aber allen diesen feinen Unterschieden, welche in dieser Beziehung bestehen, läßt sich ein etatsmäßiger Ausdruck unmöglich geben, wir müssen im Gegentheil dahin streben, das Besoldungsspstem unserer Beamten möglichst zu vereinfachen und deshalb auch die Zahlen der Besoldungsklassen zu verringern. Die verbündeten Regierungen geben sich der Hoffnung hin, daß die betheiligten Kreise anerkennen werden, welch erhebliches finanzielles Opfer mit dieser dauernden Belastung des Etats ver— bunden ist. Man darf nicht vergessen, daß zu der Summe, die im
Gtat letzt fäͤr die Mehrbesoldung stebt, noch binzuteltt die Mehr.
belastung des Penstongfonds, welche nach einer allerdings ganz über- schläglichen Berechnung im Beharrungszustande praster proptser 36 Millionen betragen wird, und ferner die Mehrbelastung der Ver= pflichtungen aus dem Reliktenwesen. Meine Herren, das, wat der Staat seinen Beamten giebt, wird ihnen immer nur eine ver= hältnißmäßig bescheidene Lebenshaltung ermöglichen; namentlich wird der Beamte in seiner Lebenshaltung nie konkurrieren können mit derjenigen besonders glücklich situterter Erwerbskrelse. Der Beamte muß, wenn er seine Bezüge mit dem Einkommen bürgerlicher Erwerbe kreise vergleicht, auch nicht außer Rechnung lassen, welche Sicherung seiner Existenz in seiner Pension und der seiner Angehörigen in den Reliktenbezügen liegt, während jeder bürgerliche Erwerb wechsel vollen Gefahren der Konjunktur ausgesetzt ist. So viel wird aber der Staat seinen Beamten stets geben müssen, daß der einzelne Beamte der sozialen Schicht erhalten bleibt, welcher er zufolge seines Amtes an⸗ gehört, und daß er in der Lage ist, seine Kinder durch ihre Erziehung ähnlichen oder gleichbewertheten Stellungen, wie er selber bekleidet⸗ zuzuführen. —
Meine Herren, ich gestatte mir zum Schluß an das hohe Haus die Bitte, die Vorlage aus den gleichen Gesichtspunkten zu prüfen und ihr seine Genehmigung nicht zu versagen. Der Reichstag wird hierdurch dazu beitragen, daß in die betheiligten Kreise das Gefühl wirthschaftlicher Sicherheit und Beruhigung einkehrt und ihnen eine neue Anregung zu freudiger Pflichterfüllung im Dienste des Vaterlandes gegeben wird. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Fritzen (Zentr.): Der Herr Staatssekretär hat nach⸗ gewiesen, daß die Handelsverträge eine gute Wirkung gehabt haben auf, unsere Handelsbilanz und darauf, daß die Ausfälle infolge derfelben beglichen sind. Wenn man an die Emphase denkt, mit welcher die Aus⸗ fälle infolge der Handels verträge verwendet werden sollten, um neue Steuervorlagen zu begründen, fo wird der Reichstag sich beglück⸗ wünschen, daß er damals den Wünschen der Regierungen nicht gefolgt ist. Daß das Reich Ueberweisungen an die Einzelstaaten nur ge⸗ macht hat auf Kosten von Schulden, baben wir bereits in ger Abgeordnetenhause festgestellt. Der Etat des Jahres 1897955 hat ch sehr verschlechtert gegenüber dem laufenden Etat. Wenn man die Matrikularbeiträge, Ueberweisungen und Aversen gegen einander aufrechnet, so bleiben Matrifularbeiträge in Höhe von 7— 8 Millionen Mark; dazu kommen 10 Millionen fur die Besoldunge verbesseru:g und 1 Millionen für die Dampfer⸗Subventionen. Die Peran⸗ schlagung der Einnahmen ist aber nicht ganz vorsichtig gemacht; denn neue Effekten werden nicht in dem Maße emittiert werden, wie im vorigen Jahre, und die Umsatzsteuer wird angesichts der Beseitigung des Termin- geschäfts erheblich weniger als früher ergeben. Die Anleihe ist um so bedenk= licher, als nur 4 Millionen Mark auf die Eisenbahnen, alfo auf werbende Anlagen, entfallen, während alles Andere auf die unproduftiven Auz⸗ gaben für die Marine und für das Heer kommt. Bie Mehrausgabe für die Invaliditätsversicherung beruht auf Gesetz. Ich möchte dabei betonen daß wir erwarten, daß die Befürchtung, die Sozialreform werde durch den Rücktritt des Ministers von Berlepfch ins Stocken gerathen, sich nicht erfüllen wird. Es sind noch manche Dinge durch— zufübren, so der Schutz der jugendlichen und weiblichen Arbeiter in der Hausindastrie, die Ausdehnung der Unfallverhütung, die Schaffung der Beruftvereine für die Arbeiter u. s. w. Die Industrie wird sich den Opfern nicht entziehen können, die hierfür erforderlich sind. Eine Mindergusgabe ergiebt sich beim Nord,-Ostsee, Kanal, der nicht einmal seine Betriebsausgaben deckt. Wir wollen boffen, daß der Kanal nach Ermäßigung der Tarife eine bessere Rentabilität gewährt. Erfreulich ist die Bewilligung von 34 000 46 zur Befämpfung der Maul⸗ und Klauenseuche, welche aus Dänemark eingeschleppt sein soll, weil die dänische Grenze nicht vollständig abgesperrt ist. Die Einfuhr ge⸗ schlachteten Fleisches aus Holland soll auch dazu beigetragen haben. Auch über die Ausgabe für die Weltausstellung in Paris kann ich mich nur freuen. So wie ich es früher für einen Fehler gehalten habe, daß wir uns an der Pariser Ausstellung früher nicht be— theiligt haben, kann ich es mit Freude begrüßen, daß dieser Fehler letzt nicht gemacht werden soll. Durch die im vorigen Etat be— schlossene Schuldentilgung haben wir eine Vermehrung der Schulden verhindert. Die Zinsen betragen nicht einmal 10 0 der gesammten NVettoausgaben, aber bedenklich wird die Sache deshalb, weil die Schulden von ? Milliarden innerhalb 20 Jahren entstanden sind, nach— dem an der Wiege des Reichs ein Taufgeschenk von 5. Milliarden niedergelegt war, und weil die Schulden nicht für große produktive Anlagen gemacht sind. Wir haben keine Bergwerke, Domänen und Forsten, sondern nur ein mäßiges Eisenbahnnetz. Durch die Erhöhung der Besoldungen wird auch der Pensione⸗Etat mehr belastet. Bei der Armee müssen die Pensionierungen zahlreicher sein als in der Ver— waltung, weil wir felddienstsähige Offiiere haben müssen. Aber ein gewisses Mißbehagen besteht nicht bloß in der Bevölkerung, fondern auch unter den Militärs darüber, daß mit Pensionierungen in den letzten Jahren so sehr zahlreich vorgegangen ist. Die Mehr⸗ ausgabe des Reichsheeres für Naturalverpflegung kommt der Land wirthschaft zugute; sie zeigt, daß die Preife steigen. Ersparnisse werden hei den laufenden Ausgaben des Heeresetats nicht gemacht werden können. Wir haben die Pflicht, über die Sanitãtsfrage im Derre zu wachen; es ist ein Punkt zurückgeblieben: die Santtätzoffiziere sind nicht so gestellt, wie es der Fall sein sollte, namentlich bezüglich der Vber⸗Stabtärzte. Der Kriegs Minister sollte diese Frage einer wohlwollenden Prüfung unterziehen. Ein. Mangel ist die große Restverwaltung bei dem Heere. Der Kriegs. Minister sollte der Budgetkommission darüber eine Aufstellung vorlegen, die Reste sollen sich auf mehr als 100 Millionen belaufen. Ich komme nun zum Marineetat, der um 335 Millionen höher dotiert ist, als im laufenden Jahre. Für die Personalvermehrun habe ich mich früher erklärt; wenn wir die Schiffe einmal haben, müssen wir sie auch besetzen. Große Abstriche werden bei dem ordentlichen Etat nicht gemacht werden können. Anders steht es bei den einmaligen Ausgaben. Sie ergeben gegen das Vorjahr ein Plus von nicht weniger als 40 Millionen Mark. Dliese rapide Steigerung ist höchst bedenklich. Der Marine⸗Etat betrug im Ganzen 1874 38. 1890 72, 1895 86 Millionen und beträgt jetzt 129 Millionen Mark. Da die Ausgaben, welche durch Anleihen
edeckt werden, zwar einmalige, aber stetig wiederkehrende sind, ö ist die Finanzgebahrung sehr bedenklich. In diesem guten Jahre müßte das Reich dazu kommen, die einmaligen Ausgaben durch die ordentlichen Einnahmen zu bestreiten; mindestens müßten stast 5 o/o 1000 der einmaligen Ausgaben auf den ordentlichen Etat über⸗ nommen werden. Es sind nicht nur Abstriche nothwendig, sondern sie müssen sogar in ganz beträchtlichem Maße gemacht werden.
Ausgabe für die Marine von 129 Millionen Mark ist größer, als das ganze russische Budget für die Marine, welches fich auf 58. Millionen Rubel stellt. Neben den Schlffsbaulsen ist auch das Trockendock noch in Aussicht, so daß wir in nächsten Jahre wieder große Ausgaben zu machen haben. Dann wird nan schließlich für neue Steuern stimmen müssen, wenn man diese Gelder bewilligt, und man wird diese neuen Steuern bei den Wahlen vor den Wählern vertreten müssen. Die Bier und Tabackssteuer werden dann wiederkommen. Wenn man nach dem bisherigen Verfahren 10 v. H. des Bauwerthes der Flotte zu ein maligen Ausgaben verwendet, dann kommt man auf 32 Millionen, und nicht auf 60 Millonen. Entweder hat also, das Man ineamt seine Grundsäͤtze gewechselt, oder der Etat ist nicht im Marine⸗ amt allein ausgearbeitet worden. Wir haben 8 erste Raten von je 4. Millionen, also 32 Millionen. Das hat man im vorigen Jahre nicht voraussehen können, nachdem wir dem Marineamt fo entgegen. gekommen sind. Der Beseldungs⸗Etat hätte im vorigen Fahre wohl ohne weiteres Erfolg gehabt, aber die hohen Ausgaben für die
soll ein
Marine . diesen Etat sehr erheblich. Für Kalser Wilhelm‘
rsatz geschaffen werden, während dieses Schiff doch erst mit großen Koften repariert wurde. Gz scheint also das Schiff doch nicht so gut 4 sein, wie man allgemein annahm. Ueber die Be währung der Schiffe der Brandenburgklasse wurde vor Jahresfrist
ein sehr herbes Urtheil gefällt. Trotzdem soll eine dritte Rate be—
willigt werden, während noch nicht einmal eineß von den anderen zwei Schiffen fertig ist. Da müssen wir stutzig werden. Zwel neue Kreuzer sind etwaz zu viel. Unsere Werften sind nicht hinreichend für solche Bauten. Die Kanonenboote wurden vor kurzem schlecht emacht und als Nußschalen bezeichnet. Jetzt kommt man mit neuen ö dafür. Für ein Schiff der Sachsenklaffe wird eine
große Nachforderung verlangt. Da müffen wir doch schließlich die Geduld verlieren. Ein neues Zentralverwaltungk⸗Gebaͤude soll gebaut
werden, während uns beim Bau des Haufes in der Vohßstraße gesagt wurde, damit sei der Bedaif für absehbare Jeiten gedeckt. Ich möchte bitten, daß die Abstriche mit einer großen Mehrheit erfolgen. Denn bei einer kleinen Mehrheit werden die Forderungen im nächsten Jahre wiederkommen. Alle Parteien, welche gegen die Marineforderungen sind, müßten sich vereinigen und mit überwiegender Mehrheit 5h. oder G Positionen absetzen; das ist wirksamer, als wenn wir? oder 8 Positlonen mit wechselnden Mehrheiten streichen. Wir sind seit Jahren zur Sparsamkeit gemahnt worden, und jetzt sollen wieder so viel Schulden kontrahiert werden. Ich denke, der Reichstag wird die Be— sonnenheit haben und einen mistleren Weg einschlagen. Er wird sich nicht in uferlose Pläne einlassen, wie sie im Militär · Wochenblatt! von Herrn von Luͤttwitz aufgestellt werden, der die deutsche Flotte der englischen gleichmachen will; im Reichs⸗Marineamt werden diese Pläne nicht getheilt, aber sie haben eine starke Strömung hinter sich. Wir, a,,. meine politischen Freunde, wollen uns nicht bis aufs Blut auspressen lassen; wir wollen nicht Phantomen (iner Weltpolitit nachiagen, welche die Kraft und die Herrlichkeit des alten Reiches zu Grunde richten können.
Staatss kretär des Innern, Staats Minister Dr. von Boetticher:
Nur zu einer kurzen Erklärung, meine Herren, habe ich das Wort erbeten, welche sich anschließen soll an die Bemerkungen, welche der Herr Vorredner die Güte gehabt hat, zu dem Etat des Reichs⸗ amts des Innern zu machen. Er hat zunächst der Besorgniß Aus⸗ druck gegeben, die ja auch vielfach in der Presse hervorgetreten ist, daß mit dem Ausscheiden meines verehrten Königlich preußischen Kollegen, des Herrn von Berlepsch, aus seinem Amte ein Stillstand in der sozialpolitischen Gesetzgebung eintreten werde. Meine Herren, ich habe geglaubt, daß diese Besorgniß hier in diesem Hause nicht zum Ausdruck kommen werde angesichts der Vorlagen, die der Reichstag bereits erhalten hat, oder von denen er weiß, daß er sie demnächst er⸗ halten wird. Wenn ich an die Novelle zur Unfallversicherung erinnere, wenn ich auf die Novelle zur Alters, und Invaliditãts⸗ gesetzgebung verweise, so glaube ich sicher zu sein, daß man in diesen beiden Vorlagen einen Stillstand der sozialpolitischen Gesetzgebung nicht wird erkennen können. Ich darf aber weiter versichern, und bin dazu autorisiert, es zu versichern, daß keine der verbündeten Regierungen daran denkt, auf diesem Gebiete die Politik zu verlassen, die das Reich bisher befolgt hat. Wenn wir aber bet der Fortbildung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung uns auch ferner von dem Grund⸗ satze leiten lafsen, daß ihre Ausgestaltung keine Verletzung der allge⸗ meinen und der wirthschaftlichen Interessen der Nation mit sich führen dürfe, und daß sie vor allen Dingen keine unerträgliche Belastung einzelner Erwerbszweige im Gefolge haben dürfe, so weiß ich mich mit den überwiegend in diesem Hause verbreiteten Anschauungen eins in der Billigung dieses Grundsatzes. Der Herr Vorredner hat dann gesprochen von dem Kaiser Wilhelm-Kanal und hat gemeint, daß der Kanal für uns eine große Enttäuschung mit sich gebracht habe. Ich kann dieses Gefühl, wenn es wirklich weitere Kreise erfaßt haben sollte, nicht für berechtigt halten. Meine Herren, Sie wollen sich gütigst vergegenwärtigen, daß der Betrieb auf dem Kaiser Wilhelm Kanal erst seit anderthalb Jahren geführt wird, und, wenn Sie ähnliche Unternehmungen, die wir ja allerdings in Deutschland nicht in Parallele zu setzen haben, im Auslande betrachten, so muß ich sagen, daß der Fortgang der Frequenz auf dem Kaiser Wilhelm ⸗Kanal ein durchaus erfreulicher und durchaus hoffnungsvoller ist. Ich habe die Einnahmeziffern nicht zur Hand; allein ich kann versichern, daß, namentlich seit wir eine Tarifveränderung vorgenommen haben, also seit dem 1. September d. J. die Einnahmen der Kanalverwaltung in einer erfreulichen Steigerung begriffen sind. Daß sich immer noch ein großer Theil der Schiffahrt treibenden Kreise, namentlich des Auslandes, die bisher gewohnt gewesen sind, mit ihren Schiffen den Weg um Skagen zu nehmen, nicht dazu verstanden hat, durch den Kanal zu laufen, ist bedauerlich, führt aber doch nicht nothwendigerweise zu dem Schluß, daß diese Kreise sich auch auf die Dauer von der Be— nutzung des Kanals fernhalten werden. Im Gegentheil, es giebt eine ganze Reihe von Anzeichen dafür, daß wir auch auf die Benutzung des Kanals durch diese Kreise, in näherer oder ferncrer Zukunft werden rechnen dürfen.
Wenn endlich der Herr Vorredner es mit Freuden begrüßt hat — und dafür bin ich ihm sehr dankbar —, daß in den Etat des Reichsamts des Innern eine Summe eingestellt wird ur Bekämpfung der Maul und Klauenseuche, so bin ich mit ihm einverstanden, daß unser ernstes Bestreben darauf gerichtet sein muß, von der heimi⸗ schen Landwirthschaft die Gefahr der Kinschleppung von Seuchen mit
allen Mitteln so energisch, wie wir das nur irgend vermögen, fern zu
halten. (Bravo! rechts.)
Meine Herren, wir haben aber diese Politik auch bisher befolgt, und wenn der Herr Vorredner in Bezug auf diese Politik noch einen Wunsch ausgesprochen hat, daß nämlich die dänische Grenze gegen die Vieheinfuhr gesperrt werden möge, so möchte ich ihn doch darauf aufmerksam machen, daß, was die Einfuhr von Schweinen anlangt, die Grenze bereits gesperrt ist, und was die Einfuhr von Rindvieh anlangt, jedes Stück Rindrieh, das über dle dänische Grenze kommt, sei es zu Wasser, sei es zu Lande, in die Quarantäne—⸗ anstalten aufgenommen wird, und daß vermöge des Aufenthalts und der Beobachtung in diesen Quarantäneanstalten eine nahezu vollständige
Sicherheit dagegen gegeben ist, daß irgend welcher Ansteckungsstoff
über die dänische Grenze kommt. Außerdem habe ich daran zu er— innern, daß die dänische Regierung, in richtiger Erkenntniß des eigenen Interesses ihrer Viehzüchter, mit großer Bereitwilligkeit nach dem Auftreten auch nur einzelner Krankheitsfälle die Ausfuhr von Vieh aus den betreffenden Distrikten sofort untersagt hat. In dieser Beziehung besteht noch zur Zeit ein dänisches Ausfuhrverbot für die Insel Seeland und für die Insel Laaland. Wir werden auch ferner bemüht sein, in dieser Beziehung alles zu thun, was den Krankheits— stoff von unseren Herden fernhält, und wir werden dankbar dafür sein, wenn uns durch die Zustimmung der in den Etat aufgenommenen
ö. 8
Posttien von seiten des Reiagtages eine wettere Förderung unserer
Bestrebungen zu thell wird. (Bravo! rechts.
Abg. Rich ter sfr. Volke,): Wenn bel den günstigen Finam perhältnissen noch die geforderten Steuern ber ligt . so hätten auf Grund des Automgtengesetzeß den Einzelstaaten Ueberweisungen von 40 Millionen Mart gemacht werden müssen, während die Einzelstaaten selbst sich in günfligen Finanzverhältnissen befinden. Außerdem hätte man! 35 Millionen in den Ausgleichs. fonds legen können. Der Schatzsekretär meinte 1855, daß man durch das Automatengesetz das Schuldbuch des Reiches geschlossen hätte; diese Schließung erfolgt jetzt ohne neue Steuern. Vielleicht giebt das Jahr 1896,97 sogar noch einen Ueberschuß. Selten ist ein Steuerprojekt so gerichtet worden, wie die Tabacksfteuer. Trotzdem tritt auch jetzt noch der Reichs⸗Schatzsekretair fur den Automaten ein. Der vom Reichstage zum laufenden Ctat beschlossenen Schuldentilgung ist es zu danken, daß das Schuldbuch des Reiches geschlossen ist. Trotz dieser guten Bemährung ist der neue Etat nicht danach eingerichtet. Der Anleihebedarf wird nicht vermindert, sondern von 30 auf, 60 Millionen gesteigert und die Ueberweisungen werden wie früher den ECinzelstaaten gegeben. Die Einnahmen des Reiches aus Zöllen und Verbrauchssteuern sind nur mit 34 Millionen veranschlagt, während schon jetzt 75 Millionen Mark sicher gerechnet werden können. Die Ueberweisungen an die Einzelstaaten werden 0 Millionen mehr betragen. Und da steigert man den Anleihebedarf, obwohl die Einzelstaaten sehr günsti gestellt sind durch die Kon— bertierung ihrer Schulden. Die . Eisenbahnen ergeben ferner bo Millionen Mark mehr. Die Cinzelstaaten können Schulden tilgen, während das Resch Schulden machen foll, wat um fo widersinniger ist bei dem unprodukttven Charakter der Schulden des Reiches. Wenn die Regierungen mit so leichtem Herzen die Mehrausgaben für das Heer und die Marine bewilligt haben, dann sollten sie auch opferwillig sein zur Deckung der Ausgaben und auf die Ueberweisungen verzichten. Denn wenn die Wirthschaft so weiter geht wie jetzt, dann wird schließlich die Nothwendigteit neuer Steuern wieder hervortreten, und das müssen wir verhindern. Die Einnahmen aus dem Stempel von Börsengeschäften haben sich um 40 96 vermindert; das ist eine Wirkung des Börsengesetzes, das seine Schatten vorauswirft. Selbst die Agrarier müssen jetzt schon erkennen, daß sie durch die Aufhebung des Termin handels ihre eigenen Interessen geschädigt haben. Wenn die Berliner Preise nicht so steigen, wie man erwarten sollte, so liegt das an der Unterdrückung der Spekulation. Das Gesetz hat sich als unhaltbar erwiesen. Man muß entweder zurückgehen, oder man muß weiter gehen zur vollständigen Knebelung des ganzen Getreidehandels. Kläg⸗ licher war kein Fiasko als das der Juckerftener. Ich habe damals vorgusgesagt, daß die Fabrikanten es berwünschen wechen, die Hand dafür gerührt zu haben, Jetzt gestehen sie ein, daß die Zuckerin dustrie besser gefahren wäre ohne das Gefetz. Der Vorsitzende des Zweig⸗ vereins Halle schrieb an den Abg. Alexander Meyer, daß er nicht mehr auf Wiederwahl rechnen dürfe, wenn er gegen das Zuckersteuer⸗ g. stimmen würde. Jetzt wettert dieser Herr gegen das Zuckersteuergesetz mit seiner ganzen Sachkenntniß. Die Zucker⸗ preise betrugen damals 25— 26 S jetzt nur noch 19 S., und der Zuckerausfuhr wird von allen Seiten Hinderniß auf Hinderniß bereitet. Man ruft nach einem neuen Zuckersteuer⸗ gesetz und bildet inzwischen zur Hebung der Preise Ringe, die zu einer exorbitanten Ausbeutung führen werden. Die Ringe führen entweder zur Schädigung des einheimischen Konsumenten, oder durch ,, . Rübenanbaues zur Schädigung der Landwirthschaft. Vereinigen Sie sich doch mit uns zur Beschränkung oder Aufhebung der Prämien oder zur Fixierung der Einnahmen' des Reiches auf 80 Millionen Mark, damit der Inlandsmarkt durch Ermäßigung der Verbrauchsabgabe ausgedehnt werden kann! Die Reichselsenbahnen versprechen mehr, als im Etat angefetzt ist, und wenn die ein- maligen Ausgaben der Post sich beschränken, dann wird der Ueberschuß der Post sich noch höher stellen als jetzt, d. h. es wird dann eine Ver' lehrssteuer erhoben. In Preußen verlangt man eine Reform der Eisenbahntarife, aber im. Reich bleibt jede Reform der Post⸗ tarife aus, nicht einmal die Gewichtsgrenze für die Briefe wird von 15 auf 20 g heraufgesetzt. Auch die Telegraphengebühren werden für die kleinen Ortschaften nicht ermäßigt, und trotz der Privatanstalten werden auch die Tarife für Stadtbriefe in Berlin nicht ermäßigt. Die Frage des Postzeitungstarifs bleibt immer noch unent⸗ schieden trotzdem sie tief einschneidet in das ganze Zeitungswesen. Der frische Reforinzug in der Postverwaltung hat längsf aufgehört. Daß die Interessenvereine sich über den Zeitungstarif nicht einigen können, darauf kommt es nicht an; der Tarif muß von der Verwaltung gufgestellt werden nach soliden Grundsaͤtzen. Ver jetzige Zeitungstarsf ist eine Prämie auf die Herausgabe von unpolitischen Zestungen, die zur Versimplung des Publikums führen. Den Etat der Besoldungs⸗ verbesserungen haben wir noch nicht prüfen können; unsere Stellung hängt ab von der Gesammtlage des Etats. Den Löwenantheil an der Besoldungsaufbesserung haben jedenfalls das Heer und die Marine dabongetragen. Mit der Erhöhung der Besoldung der Offiziere ist es nicht abgethan; da kommt auch die Erhöhung der Pensionsauggaben hinzu, namentlich bei den höheren Offizieren. Die Regiments Kommandeure sind nur vier Jahre in ihrer Stellung. Wenn sie jedes Jahr 690 MS mehr erhalten, so ist das weniger wichtig, als wenn sie naher 20 Jahre lang eine erhöhte Pension beziehen. Es wird zu prüfen sein, ob die Unterbeamten, welche dieselbe Arbeit thun, bei den verschiedenen Behörden, je nach dem Rang derselben, verschieden behandelt werden, ob man die Aufbesserung nicht lieber an das Anfangsgehalt als an die höheren Dienstaltersstufen anknüpfen soll. Ferner müssen die Fragen erörtert werden, ob die Reiferosten und Diäten anderweit geregelt und die Kommunalsteuer-⸗Privilegien der Beamten und Offiziere beseitigt werden, was schon in den 70er Jahren vom Fürsten Bismarck versprochen wurde; endlich, ob sman dazu Übergeben wird, das Gratifikationsunwesen abzuschaffen. Der Kolonial-ECtat verlangt in diesem Jahre 1 Million Mark mehr für die theil. weise, Aufrechterhaltung der Verstärkung der Schutztruppe. Drei Millionen Mark mehr sollen ausgegeben werden für einmalige Aus— gaben. Von den Kolonien haben wir nichts Gutes gehört. Der Ministerial. Direktor Kayser deutete auf die Gottesgerichte hin, welche jetzt hereingebrochen sind; er meinte da den Fall Peters und Schröder. Herr von Wissmann geht nicht mehr nach Ost-Afrika zurück. Herr von Wissmann verkündigte bei seiner Ankunft in OSst -Afrika, daß nunmehr die wirthschaftliche Erschließung der Kelonie in Angriff genommen werden müsse. Es wird wohk ein anderer Offizier hingeschickt werden, der in kostspieligen Gefechten mit den Kingeborenen seine Bravour bemeisen wird. Herr von Wissmann beurtheilt 5 t die Sachen etwas kühler, wie sein Vortrag in der Gesellschaft für vergleichende Rechtswissenschaft beweist, wobei er über die Bedürfnißlosigkeit der dortigen Bevölkerung sprach und von der Unmöglichkeit der Ansiedelung von Deutschen. Das einzige, was noch retten könnte, wäre ein System von direkten Steuern, um die Arbeiter zu zwingen, daß sie für den Steuerexekutor arbeiten. Dieser Weg wäre für uns wenig kostspielig; es wäre jedenfalls angenehmer, wenn die schwarzen Brüder die 13 Millionen bezahlten, die wir jetzt tragen müssen. Es wird sich für die Durchführung allerdings schwerlich jemand finden. Herr von Wissmann warnte davor, zu große Anfor⸗ derungen an die Kolonialverwaltung zu stellen, trotzdem empfiehlt er den Bau von Gisenbahnen. Es hat vielfach überrascht, daß der Direktor Kayser die Flinte ins Korn warf, nicht wegen des parlamentarischen Widerstandes, sondern wegen der Selbst⸗ ucht und wegen des Ehrgeizes der Betheiligten, wie er in einer Abschieds rede augsprach. Er führte eine Unterredung an, die 6 Arendt mit ihm gehabt habe, der für Herrn Peters um eine fette Pfründe warb, indem er mit dem , desselben drohte. Was sind das für Dinge! Personen, die sich mit ihrer nationalen Gesinnung brüsten, suchen die Kolonialpolitik durch Erlangung hech— dotierter Stellen auszubeuten für ihre eigene Persönlichkeit; sie suchen das durch Drohungen zu erlangen. So etwas hat man im Reichs und Staatsdienst noch nicht wahrgengmmen! Wag soll eine solche Begünstigung einzelner Personen, die sich garnicht im Amte bewährt
n, für einen Eindruck machen auf die Beamten,
ang erst gearbeitet haben müssen, ehe sie in eine so
kommen Die Ausgaben für das Reichtheer sind um 64 Mi
die des Marine Gtaiz um 33 Millionen, bei dem ensionsfonds
2 Millionen Mark gestiegen; dazu kommen die Besoldunggh esse⸗ rungen mit 6 Millionen. Ver Rücktritt des egs⸗Ministerg Bronsart von Schellendorff hat allgemein überrascht. Die Personen sind es nicht, welche die Ueberraschung hervorgerufen haben, fondern die besonderen Ümstän de. Man glaubte selbst im NReicht⸗· Anzeiger! eine Erklärung darüber abgeben zu müssen. Aus Gesundheits. rücksichten ist damals Delbrück gegangen, ebenfo Fürst Bismarck; Gesundheitsrücksichten sollen auch bei Herrn von Bronsart maßgebend ewesen sein. In der Erklärung des Reichs⸗-Anzeigers wird dag
ilitärkabinet als eine Kanzlei des Kaisers bezeichnet, der Chef deg⸗ selben habe keine selbständige Stellung. Daß ist selbstverftändlich. Aber der Monaich kann nicht alles seibst bearbeiten, die erson des Vortragenden wird daher immer von großem Einfluß sein, wenn sich die Arbeiten auch nur auf die Kom mandogewalk eschranen. Kommandogewalt ist ein sebr deutungsfähiger Begriff. Jebenfall hört sie da auf, wo die Geldfrage anfängt, wo der Kriegs⸗Minister allein verantwortlich ist. Wenn das Infanterie Lehrbataillon plötzlich statt nur für den Sommer für das ganze Jahr zusammengehalten wird, so entstehen außeretatszmäßige Mehrausgaben, ebenso bei Gewährun von Unterstützungen und Gnadenbewilligungen, für welche ö. im Ciat nicht ausgeworfen find. Die Anstellung und Ver⸗ abschiedung der Offiziere hängt mit dem Stellen⸗Etat zu⸗ sammen. Die Pensionierung der Generale von Spitz und von Schlichting, die Versetzung der nächsten Mitarbeiter des Kriegs. Ministers in den Frontdienst und ähnliche Binge kann sich schließlich kein Kriegs- Minister gefallen lassen; solche Ernennungen unde Entlassungen önnen nicht ohne, Veranssssung des Ministerg geschehen. Die Geschichte des preußischen Militärkabinets ist die Geschichte des Voppelspiels und der Intrigue. Lesen Sie doch die Tagebũcher des. Generals von Gerlach nach, wie ser egen den Minister⸗ Präsidenten auftrat! Das war so schlimm, daß der. MinisterPräsident sich Spione Feforgen mußte, um über das Treiben des Herrn von Gerlach Näberes zu erfahren. Auch die Denkwürdigkeiten das Grafen von Roon geben darüber Aufschluß. Und der gegenwärtige Kriegs⸗-Minister befindet sich noch dazu in“ einem niederen militärischen Range gegenüber dem Chef des Militãrkabinets. Von den Mehrausgaben des Heeres entfällt die Hälfte auf die Mehr⸗ ausgaben für Naturalverpflegung. Entsyrechen die angesetzten Preife den wirklichen Marktpreisen, oder sind bei dem Bestreben, möglichst von den Produzenten zu kaufen, höhere Preise normiert worden? In, welcher Weise die Agrarier vorgehen, haben die Veröffentlichungen aus Pommern gezeigt, wo sogar eine Kontrole über die Preise, welche die Proviantämter gezahlt haben, verlangt wird. Die Intendanur lehnte das ab, und die Serren hatten, sogar die Kühnheit, sich über die Geheimnißkrämerét der Militärverwaltung beim Landwirthschafts. Minister zu beschweren. Die Mehrausgaben fallen hierbei der Allgemeinheit zur Last. Aber wenn für die Menage die Kartoffeln theurer bezahlt werden, wie das aus Schlesien bezüslich der Artillerie / Abtheilungen berichtet wird, so muß das bei anderen Lebensmitteln eingebracht werden, da hierfür nur ein Pauschqugntum ausgeworfen ist. Die Kosten der Umformung der vierten Bataillone sind um S00 000 Ss höher angesetzt, weil man 40 neue Musikkorps schafft. Wir haben überhaupt Bedenken gegen die Vermehrung der Militärmussker wegen der Konkurrenz, welche sie den Zivilmusikern machen, und wegen der Vorgänge, die sich bei der Königsberger Börsengarten, Affaire gezeigt haben, wo die Militärmusiker zum Kontraktbruch aufgefordert wurden. Die sachlichen Kosten der Marine erhöhen sich, je komplizierter die Schiffe werden. In der Denkschrift der Marineverwaltung hieß es, es genüge, da die Hälfte der Panzer für das ganze Jahr in Dienst gestellt seien. während sie früher nur für das Sommer⸗ Halbjahr im Dienst waren. Jetzt werden sämmtliche Panzer J. Klasse in- Djenst gehalten und von den 14 Panzern 2 Klasse werden 9 in Dienst gehalten; das geht weit über die Denkschrift hinaus. Für den auswärtigen Dienst sind aber keine Schiffe vorhanden. Statt der Abtheilung See⸗ Infanterie werden Matrosen auf die Schiffe gesetzt; aber man sollte dann die. See. Infanterie entsprechend vermindern, das geschieht aber nicht. Weiter wird eine neue Fompagnie See⸗Artillerie geschaffen. Beide Maßregeln bedeuten thatsächlich eine Vermehrung des Landbeereg. Was der Vorredner über das Steigen des Extra—⸗ ordingriums sagte, kann ich nur vollständig unterschreiben. Die 560 Millionen Mark, welche ausgesetzt' sind, entfallen mit 30 Millionen auf die früher bewilligten Schiffsbauten. In früheren Jahren ist man zu freigebig gewesen. Ich habe im vorigen Jahre ver⸗ 66 gewarnt; das dicke Ende kommt jetzt nach, und wenn man weitere daten jetzt hinausschlebt, so ist das nut ein Aufschub biü zum nächsten Ftat, und wenn man jetzt neue erste Raten bewilligt, so wird das Ende immer noch dicker werden. Früher wurde gesagt, daß die großen Panzer in Zwischentäumen von zwei Jahren gebaut werden sollten; jetzt wartet man nicht so lange. Jetzt ist man schon so weit gekommen, daß das, was bei der Aufstellung des Etats maßgebend war, bei der Vorlegung desselben nicht mehr gilt. Von den letzten Schießversuchen in Meppen soll eine neue Armierung der Schiffe herrühren. Welche Bedeutung in finanzieller Beziehung hat diese neue Armierung? Es wird eine neue Torpedo Division gefordert; sie ist wohl nur bestimmt, um der parlamentarischen Taktik zum Opfer zu fallen, um die Panzer zu retten. Ursprünglich sollen in dem Etat noch mehr Schiffsbauten gefordert worden sein, als jetzt darin stehen; aber der Bundesrath babe widersprochen. Tann würde es noch gefährlicher sein, denn dann kommen die Forderungen im nächsten Jahre wieder. Bei der Interpellation des Grafen Hompesch erklärte zer Staatesekretär von. Marschall: Die kontinentalen Mächte in Europg hätten im nächsten Jahre gar keine Veranlassung, die Gegensäßze gegen einander zu Herschärfen; denn es ständen für sie Fragen im Vordergrunde, welche mit der Entwickelung der üÜber⸗ seeischen Inyteressen zusammenfallen und die ihnen voraussicht lich in Zukunft Gelegenheit geben würden, mit denjenigen Mächten wieder zusammenzugehen, mit denen sie im vorigen Jahre zusammengegangen seien. Das ist eine Anspielung auf die Intervention mit. Frankreich und Rußland gegen Japan. Also die Inscenierung einer überseeischen Breibundspolitit neben der europäischen! Sollte etwa die überstürzte . der Schiffe im Zusammenhang stehen mit diesem Projekt? ann müßten uns doch mindestens die Grundlinien diefer Politik näher dargethan werden. Vielleicht kann uns der Herr Staalg⸗ sekretär darüber beruhigen. Im „Militär⸗Wochenblatt hieß es ja, es komme gar nicht darauf an, ob die Erhebung der deutschen Flotte zur zweiten Seemacht Europas viel Geld koste; denn alles Geld, das für die Flotte ausgegeben werde, fei ja nicht verloren; die Marine behalte es nicht, sondern gebe es wieder aus. Vas ist dieselbe Weisheit, welche im konstitulerenden Reichs⸗ ; tage der alte General Steinmetz vorbrachte. Der Militär Etat ser ja nur ein befruchtender Regen, denn das Militär behalte nicht das Geld; e mehr es bekäme, um so mehr gäbe es aus. Das, Milstär⸗ Wochen- blatt; ist. allerdings kein offinielles Blatt, aber es ist das vornehmste militärische Organ, mit der Publifalien der amtlichen Nachrichten betraut und es würde einen solchen Artikel nicht bringen, wenn er nicht Ansichten widerspiegelte, die in gewissen Kreisen herrschen; das geht daraus hervor, daß man schon jetzt im November damit kommt; wenn man sich nicht so stark glaubte, würde man doch warten, big der Rei tag die Gelder bewilligt hat, ehe man solche Bilder an die Wand malte. Meine Freunde sind angesichts aller diefer Umstände zu dem Ent, schluß gekommen, in diesem Jahre überhaupt keine ersten Raten für den Marine-Etat zu bewilligen, weil es nicht gerechtfertigt ist, die Bewilligungen noch zu steigern, ehe nicht die in Angriff genommenen Bauten fertig sind. Dann würden wir etwa 20 . von dem ö des Marine. Etats absetzen. Auch der n er ern. bedarf, sehr erheblicher Beschränkungen. Für Festungsbauten für Militär⸗Eisenbahnen ꝛc. sind noch mehr als 1060 Milltonen bewslligt Kredite zur Verfügung, und hinter den als erste Raten in n Jahre fuͤr Bauten geforderten 9 Millionen stecken 79 Millionen