1896 / 294 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Dec 1896 18:00:01 GMT) scan diff

H ob sie mir vollständig aufgezählt sind, weiß ich

einer Beleuchtung ju unterziehen. Meine Herren, seit jenem

Wage, an welchem der Strike in diesem Hause besprochen worden ist, habe ich genugsam Gelegenheit gehabt, mich darüber klar zu machen, ob meine Haltung, welche ich damals eingenommen habe, eine korrekte und insbesondere, ob sie eine objektive ge⸗ wesen ist (guruf von den Sozialdemokraten) das meinen Sie, ich werde die Ehre haben, Ihnen nachzuweisen, daß sie eine objektive gewesen ist. Ich bin also seitdem nicht zu der G gekommen, daß ich eine andere Haltung hätte einnehmen en.

Der Herr Vorredner hat ein vor langen Jahren von mir gebrauchtes Wort zitiert und daraus die Schlußfolgerung gezogen, daß der, der ein solches Wort gesprochen habe, ganz nothwendigerweise in den Kampf der Interessen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einer gewissen Parteilichkeit zu Gunsten der Arbeitgeber geziehen werden müsse. Meine Herren, ich habe dieses Wort gesprochen, ich schäme mich dessen auch garnicht. (Lebhafte Zurufe links.) Warten Sie doch ab, unter welchen Umständen dies Wort gesprochen wurde, und warten Sie doch die Deutung ab, welche die allein zutreffende ift. Es war bei einem Gastmahl am Niederrhein, zu einer Zeit, als es sich darum handelte, die rheinische Industrie willig zu machen gegen⸗ über den Anforderungen, welche unsere sozialpolitische Gesetzgebung an die Industrie stellen würde. Es war, wenn ich nicht irre, im Jahre 1881 oder 1882, als die ersten Pläne unserer Arbeiterver— sicherungegesetze aufgestellt wurden. Ich befand mich in jener Gesell⸗ schaft vielfacher Abneigung und mancher Opposition gegenüber in Bezug auf die Pläne, welche die Regierung verfolgte. Da habe ich jenes Wort gesprochen, und ich bin auch heute noch der Meinung, daß unsere Arbeiterversicherungsgesetzgebung, indem sie Bundes⸗ rath und Reichstag beschlossen haben, zu Nutz und Frommen der Industrie geschaffen worden ist, und daß es in der That eine Arbeit für die Industrie war, welche wir geleistet haben. Ich kenne überhaupt, im Großen und Ganzen betrachtet, in der Industrie keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem Interesse der Arbeitgeber und demjenigen der Arbeitnehmer bezüglich dieses Gesetzgebungswerkes (3urufe von den Sozialdemokraten), das Sie, meine Herren, freilich nicht mitgemacht haben, angeblich aus Arbeiter freundlichkeit, in der That aber, weil Sie damals nicht wollten, daß das Deutsche Reich vorangehen solle in der Sicherstellung des Arbeiters gegen die drohenden Gefahren seines Berufes. (Lebhaftes Bravo. Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Jawohl, meine Herren, so liegt die Sache. Können Sie sich rühmen, einen der Schritte, die unsere Gesetzgebung zu Nutz und Frommen det Arbeiters unter⸗ nommen hat, mitgemacht zu haben? (Sehr gut! Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) Sie haben konsequent sich in der Opposition befunden.

Also, meine Herren, das Wort, das ja mit Vorliebe zitiert wird, wenn es sich darum handelt, den Staatesekretär von Boetticher in Gegensatz zu den Interessen der Arbeiter zu bringen, ift gerade im Interesse der Arbeiter gesprochen. (Sehr richtig! Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten Es ist ja schon, um auch darauf hinzuweisen, an sich ein ich will mich milde ausdrücken irrationelles Unternehmen, denjenigen Reichsbeamten, der nun seit 16 Jahren auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung mit in erster Reihe thätig ist, zu bezichtigen, daß er kein Interesse für die deutschen Arbeiter habe. (Sehr gut) Damit finden Sie keinen Glauben. Wenn Sie sich die Dankesäußerungen und die Freundlich⸗ keitsbeweise, die ich für meine Person auch aus Arbeiterkreisen empfangen habe und noch empfange, ansehen wollten, dann würden Sie füglich darauf verzichten können, mit diesem alten Wort noch ferner zu hausieren. (Sehr gut h

Nun komme ich zu meiner Haltung in der Sitzung, in welcher hier der Strike besprochen wurde! Nach dem Material, das mir vor⸗ lag, und das ist durch dasjenige, welches mir seitdem zugegangen ist, nicht berichtigt worden konnte ich, wollte ich anders objektiv sein, eine Haltung abweichend von der, die ich eingenommen habe, überhaupt nicht einnehmen. Was lag vor? Man hatte den Ham⸗ burger Rhedern von seiten der Schauerleute eine Lohnforderung ge⸗ stellt, die darauf abzielte, den Lohn zu erhöhen. Die Hamburger Rheder hatten diese Forderung abgelehnt, hatten sich aber bereit er= klärt, in geringerem Umfang, in minderen Grenzen die Löhne der Schauer⸗ leute aufzubessern; es war zugesichert, daß der Durchs chnittslohn von 4.20 0 auf 50 erhöht werden solle. (Sehr richtig! Zuruf von den Sozial⸗ demokraten) Die Sache ist nicht zu bestreiten. Damit waren die Herren nicht zufrieden; statt sich auf weitere Verhandlungen ein zulassen, wurde die Arbeit eingestellt, der Strike wurde proklamiert; deutsche und englische Einflusse machten sich dabei geltend, wie ich das alles des weiteren neulich besprochen habe. Nun ist doch die erste Frage, wenn hier in diesem Hause vor einem Forum, welches doch objektiv zu urtheilen berufen ist, die Sache untersucht wird, die: sind wirklich die Löhne, deren Aufbesserung angestrebt wird, Hunger⸗ löhne? (Jawohl! bei den Sozialdemokraten. Glocke des Praͤsidenten. Jawohl? Gut, daß Sie der Meinung sind, wissen wir ja alle. (Heiterkeit) Sind diese Löhne wirklich Hungerlöhne, wie Sie das behaupten? Ihrer Auffassung gegenüber habe ich meinerseits die Behauptung aufgestellt, daß zahllose deutsche Arbeiter sich glücklich schätzen würden, wenn fie solche Löhne zu verdienen im stande wären. (Lebhafte Zustimmung auf allen Seiten. Stürmische Zurufe von den Sonialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) Ich war in meinen thatsächlichen Angaben damals sehr vorsichtig, sehr bescheiden und sehr zurückhaltend. Nachdem die Hamburger Lohnlisten gedruckt vorliegen, welche ich Ihnen zur Verfügung stelle, werden Sie wenn Sie nicht anders die Unrichtigkeit dieser Lohnlisten nachzuweisen vermögen garnicht andert können als zuzugeben, daß der Stand der Lohnhöhe in Hamburg für den gesammten deutschen Arbeiterstand ein beneldenswerther ist. (Lebhafte allseitige Zustimmung. Zurufe von den Sozialdemokraten.) Ja, der Herr Abg. von Elm winkt ab. Ich überlasse ihm, das Material beizubringen, welches nachweift, daß diese Lohnlisten falsch sind, daß also die Hamburger Arbeitgeber, die diese Lohnlisten publiziert haben, Leute, die bis jetzt in allgemeiner Achtung stehen, von denen man nicht ohne weiteres annehmen kann, daß sie dem großen Publikum etwas vorlügen, die Unwahrheit gesagt haben. Können Sie das nachweisen, daß die Lohnlisten falsch sind, dann bin ich in der Lage, mesne Haltung vom letzten Berathungstage einzuschränken sonst nicht.

wie sich die Lohne nach den Angaben der Arbeitgeber gestalten. Hier ist die erste Lohnlifte, mit der ich mich zu beschäftigen habe, die von dem Herrn H. C. Röver; derselbe giebt die Lohnliste der bei den Hamburg = Grimsby⸗Dampfern 1896 beschäftigt gewesenen Schauerleute. Daraus ist zu entnehmen, daß an Löhnen verdient sind während eines Jahres in minimo 1467, 35 A6, aber nur für 2653 Arbeitstage (hört! hört ) und daß sie gestiegen sind bis zu einem Maximum von 2548, 80 4, welche verdient sind für 312 Tage. Es folgt die Lohnliste der bei den Hamburger Grimsby ⸗Dampfern beschäftigten Kohlenschauerleute. Da ist ein Arbeitsverdienst im Minimum für 199 Tage verzeichnet von 2244,86 M, während das Maximum bei einer Arbeitsdauer von 274 Arbeitstagen beträgt 3794,30 Æ (Hört! hört!) Ich will Sie nicht mit dem Vortrag dieser ganzen Nachwelsung behelligen. Ich bin der Meinung, daß die wenigen Zahlen, die ich Ihnen mittheilte, den Beweis darthun, daß ich mich jedenfalls neulich nicht in Illusionen bewegt habe über die Lebenshaltung der betreffenden Hamburger Arbeiter, daß im Gegentheil die hier in Frage kommenden Arbeiter einen Ver— dienst haben, um den sie das Gros der deutschen Arbeiter zu beneiden hat. (Sehr wahr! rechts.)

Und nun behauptet der Herr Abg. Singer, ich hätte den Ham⸗ burger Rhedern den Rücken gestärkt, ich hätte dazu beigetragen, daß das Schiedsgericht von den Rhedern abgelehnt sei. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Wenn das nicht gesagt ist, so bitte ich um Verzeihung, es war mir so berichtet worden also, ich hätte den Rhedern den Rücken gestärkt. Ich habe weiter nichts gethan, als daß ich gesagt habe: wenn diese Löhne verdient sind, wie es mir damals berichtet worden ist, dann kann ich den Strike nicht für einen berechtigten ansehen, dann finde ich die Haltung der Rheder, die nicht so ohne weiteres sich einen höheren Lohn abdingen und abringen lassen wollen, durchaus berechtigt; und wenn Sie diese Lohnziffern als richtig anerkennen müssen (lebhafter Widerspruch bei den Sozialdemokraten), dann können sogar Sie, wenn Sie objektiv bleiben wollen, gar nicht anders als dieselbe Haltung einnehmen wie ich.

Also die Sache liegt außerordentlich klar: Treten Sie den Beweis an, daß meine Angaben über die Lohnhöhe unrichtig sind, daß wirklich nur Hungerlöhne von den Schauerleuten verdient werden, dann: 2 la bonheur, dann werde ich abwarten, wie weit Ihnen dieser Nachweis gelingen wird, und mich eventuell korrigieren. Ge— lingt Ihnen das aber nicht, so bin ich, und ich glaube, auch der ganze Reichstag der Meinung, daß der Strike unberech⸗ tigt ist.

Nun noch ein Wort über die von verschledenen Seiten bemängelten Motive zu unserer Vorlage. Der Herr Vorredner hat bemängelt, daß die Fahrgeschwindigkeit auf 13,5 Seemeilen feftgesetzt sei. Ja, wir sind ja durch unseren Vertrag, wenn größere Anforderungen ge⸗ stellt werden müssen und billigerweise können, in der Lage, solche an an die Unternehmer zu stellen. Alles, was hier moniert ist bezüglich der Finanzierung des Unternehmens und bezüglich des Ergebnisses der bis⸗ herigen Verbindung nach OstAsien und Australien, so habe ich schon gestern erklärt, daß ich gern bereit bin, in der Kommission alle Aufschlüfsse zu geben, die denkbarer Weise von mir verlangt werden können. Wenn aber der Herr Vorredner nun gemeint hat, es bedürfe keiner Kommissionsberathung, die Sache leide keinen Aufschub so habe ich zu bemerken, daß, wenn er ablehnen will, es ja ganz gleichgültig ist, ob er heute ablehnt oder über 6 Wochen. Deshalb glaube ich auch in seinem Sinne zu sprechen, wenn ich Sie bitte: überweisen Sie die Vorlage einer Kommission. (Beifall bei den Nationalliberalen. )

Nach einer Reihe persönlicher Bemerkungen wird die Be⸗ rathung abgebrochen; sie wird wegen Behinderung des Staats⸗ sekretärs des Innern erst am Sonnabend fortgesetzt werden Schlu hig Uhr. Nächste Sitzung: Freitag 1 Uhr. (Be⸗ richt der Geschaͤftsordnungs Kommission und gn ng der Resolutionen zum Bürgerlichen Gesetzbuch.)

Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 9. Sitzung vom 10. Dezember 1896. Eingegangen sind die Entwürfe einer Städte-Ordn ung

und einer Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Hessen⸗Nassau.

Auf der 6 steht die Berathung des Antrags

des tg von Schenckendorff:

ie Königliche Staatgregierung aufzufordern, dem Fortbildungo⸗ schulwesen dem gewerblichen, landwirthschaftlichen, kaufmänni⸗ schen und , . künftig eine höhere Beachtung, insbesondere durch vermehrte Staatsmittel, zuzuwenden.

Ueber den Beginn der Debatte ist gestern berichtet worden. Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Der vorliegende Antrag ftellt an die Königliche Staattzregierung das Ersuchen, dem Fortbildungsschulwesen künftig eine höhere Beachtung, insbesondere durch vermehrte Staatsmittel, zuzuwenden. Bei der Prüfung und Erörterung dieses Antrages wird es also vor allem darauf ankommen, daß seitens der Staatsregierung Ibnen ein kurzer Ueberblick darüber gegeben wird, in welcher Weise bisher das Fortbildungsschulwesen seitens des Staats gefördert ist, und welche Ergebnisse durch das bisher von der Regierung befolgte Verfahren erzielt worden sind. Die Regierung ist nun bisher von der Auffassung ausgegangen, daß es ibre Aufgabe sei, im Verwaltungswege dahin zu wirken, daß das Fortbildungsschulwesen eine thunlichst allgemeine Verbreitung finde, überall dem Bedürsniß entsprechend, und daß es zugleich in möglichst wirksamer und vortheil⸗ hafter Weise eingerichtet werde.

Einen gesetzlichen Zwang zur Errichtung der Fortbildungsschulen haben wir ja in Preußen nicht, wenigstens abgesehen von den Pro= vinzen Posen und Westpreußen, für die ja durch das Gesetz vom 4. Mai 1886 besondere Verhältnisse und Einrichtungen geschaffen sind. Wir haben nur die Möglichkeit des statutarischen Zwangesg, indem nach der Reichs Gewerbeordnung durch Ortsstatut den gewerb⸗ lichen Arbeitern unter 13 Jahren die Verpflichtung zum Besuch der Fort⸗ bildungsschulen, wo sie bestehen, auferlegt werden kann, während zugleich den Arbeitgebern die Verpflichtung auferlegt ist, die hierfür erforderliche Zeit den Arbeitern zu gewähren. Im übrigen ist die Errichtung der Schulen selbst der frelen Thätigkeit ber Gemeinden, der Vereinigungen, Innungen u. s. w. Überlassen.

Die Regierung hat nun zunächst es als ihre Aufgabe betrachtet,

Nun, meine Herren, bin ich Ihnen schuldig, Ihnen mitzutheilen,

sie die Ertheilung der Genehmigung abhängig macht von der Vorlage eines Etats, in welchem die Mittel für diese Schule nachgewlesen werben, und von der Vorlage eines Schulplantz, in dem augeinander. gesetzt wird, in welcher Weise der Unterricht in der einzelnen Fort. bildungsschule stattfinden soll. Ins besondere hat die Regierung dann es als ihre Aufgabe betrachtet, dort, wo das Bedürfniß eg erfordert, auch ihrerseits Zuschüsse zu leisten, um die Mog. lichkeit zu schaffen, Fortbildungsschulen ins Leben zu rufen. Sie hat hierbei sich von dem Grundsatz leiten lassen daß die Gemeinden die Lokale hergeben, für die Beheizung, Beleuch tung, Reinigung derselben aus eigenen Mitteln Sorge tragen müssen, und daß sie außerdem mindestens ein Drittel derjenigen Lasten zu übernehmen haben, die durch die Einnahmen jeder einzelnen Schule, also Schulgelder u. s. w., nicht aufgebracht werden können. Darnach ergeben sich dann für den Staat als Maximum der Leistung die übrigen zwei Drittel der durch die Ginnahmen der Schule nicht gedeckten Ausgaben. Im übrigen ift in jedem einzelnen Falle und für jede einzelne Schule nach der genauen Prüfung der Verhaͤltnisse, des Bedürfnisses, des Unterrichtsplanes speziell die Höhe des Zuschusses bemessen und festgesetzt worden.

Die Fonds, die dafür bisher der Regierung zur Verfüqung gestanden haben, haben sich im Jahre 1895 belaufen auf bbo 0009 M; ich nehme hier aus das bemerke ich von vornherein die ländlichen Fortbildungsschulen, die auf dem Etat des landwirthschaftlichen Ministeriums stehen, und die Fort. bildungsschulen in Posen und Westpreußen, für welche besondere Mittel zur Verfügung gestellt sind. Für die übrigen haben wir also die Summe von 550 000 , aus welcher die Zuschüsse im einzelnen zu bewilligen sind. Wir haben außerdem noch einen Fonds im Gxtra.

Die Fortbildungsschullehrer sind ja durchweg Schullehrer der Ge—⸗ meinden, die das Zeichnen zunächst nicht in zureichender Weise ver⸗ stehen. Es sind deshalb Kurse eingerichtet worden, um ihnen die er⸗ forderlichen Kenntnisse für den nothwendigen Unterricht beizubringen. Für diesen Zweck sind an fünf verschiedenen Orten, Berlin, Hannover, Posen, Elbing und Düsseldorf, solche Kurse eingerichtet worden, zu welchen die Lehrer der Reihe nach einberufen werden. Im vorigen Jahre sind beispielsweise im Ganzen 139 Lehrer in dieser Weise sechs Wochen ausgebildet worden, und wir nehmen an, daß, wenn drei Jahre hindurch ein solcher Fort bildungskursus von dem einzelnen Lehrer durchgemacht ist, er dann die erforderliche Qualifikation besitzt, um den Zeichenunterricht in den Fortbildungsschulen zu ertheilen.

Das sind also die Mittel, die uns zur Verfügung stehen und die wir in der von mir angegebenen Weise verwenden.

Nun werde ich mir gestatten, Ihnen mitzutheilen, welche Erfolge wir mit diesen Schulen bisher erzielt haben. Wir haben im Ganzen für Handwerker und gewerbliche Arbeiter gegenwärtig 1123 Schulen, und zwar 94 mehr wie im vorigen Jahre, sodaß in der Gesammtheit eine Vermehrung der Schulen um 94 stattgesunden hat. Diese 1123 Schulen werden besucht von 115 954 Schülern, und zwar mehr gegen das Vorjahr 3863; auch hier also hat im Ganzen nicht eine Abnahme, sondern eine Vermehrung der Schülerzahl stattgefunden. Das sind die Schulen für Handwerker und gewerbliche Arbeiter.

Nun kommen die kaufmännischen. Wir haben im Ganzen 170 Schulen, und zwar 32 mehr als im Voriahre; also auch hier hat eine Vermehrung stattgefunden. Was die weiblichen Schulen an- betrifft, so kann ich Ihnen die Ziffern, wie sie sich gegenwärtig stellen, nicht mittheilen, wir haben sie noch nicht ermittelt. Für das Jahr 1875 haben wir 399 Schulen mit einem Besuch von 20 757 Schüle⸗ rinnen. Ich glaube nun, nach den doch immerhin verhãltnißmãaßig beschränkten Mitteln, die uns zur Verfügung gestanden haben, ist das, was damit erreicht worden ist, im Ganzen relativ nicht gering. Man mag es absolut als gering betrachten, weil ich allerdings annehme, daß die Gesammtheit derjenigen, die des Fortbildungsschulunterrichts bedürftig sind, noch erheblich um ein Mehrfaches größer ist als die Zahl derjenigen, die hiernach den Fortbildungsschulunterricht genießen.

Wenn man nun hinweist auf die Verhältnisse in anderen Staaten seitens des ersten Herrn Vorredners ist das ja geschehen hin—⸗ weist auf die Verhältnisse in Hessen, Baden und den anderen sůd⸗ deutschen Staaten, so bin ich allerdings nicht in der Lage, genau die Ziffer beurtheilen zu können, die der Herr Vorredner an⸗ giebt. Es wird aber dabei wesentlich mit in Betracht kommen, in welcher Art überhaupt das gewerbliche Schulwesen in den einzelnen Staaten geregelt ist, ob außerdem noch ein System von Innungt⸗

und Fachschulen existiert, wie es in Preußen der Fall ist. Wenn das

nicht der Fall ist, so wird man die Frequenzziffern in den Fort- bildungsschulen natürlich entsprechend anders beurtheilen müssen. Es wird aber auch ankommen auf die Leistungen in den Schulen. Ich glaube in der That das wohl sagen zu können, daß die Leistungen unserer Fortbildungsschulen gegenüber denjenigen in anderen Staaten im allgemeinen nicht zurückstehen.

Hiernach haben Sie nun eine allgemeine Uebersicht über das Verhältniß, über die Art und Weise, wie bisher der Staat das Fort; bildungsschulwesen gefördert hat, und über die Ergebnisse, die amit erzielt worden sind. Ich wende mich nun der Frage zu, wie wir denn unsere Aufgabe für die künftige Gestaltung der Fortbildungtschulen zu betrachten haben. Da steht natürlich im Vordergrund die Frage, ob wir einen geseß⸗ lichen Zwang zum Besuch der Fortbildungsschulen wünschen. Nach den Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, glaube ich allerdings auch annehmen ju dürfen, daß die Entwickelung allmählich dahin führen wird, diese Frage gesetzlich zu regeln. Aber auf der anderen Seite ist auch nicht zu leugnen, daß der gesetzlichen Regelung außer⸗ ordentliche Schwierigkeiten gegenüberstehen, und ich persönlich bin der Meinung, daß im Augenblick der Zeitpunkt noch nicht gekommen ist, die Frage gesetzlich zu regeln, daß wir vielmehr besser thun, die weitere Entwickelung abzuwarten, bis an der Hand der Erfahrung uns bestimmte Anhaltspunkte gegeben sind, in welcher Weise die Regelung zu erfolgen hat.

Die Schwierigkeiten, die hier in Frage kommen, liegen zunächst darin, daß, wenn wir einen gesetzlichen Zwang einführen, wir unter allen Umständen auch die Beitragsleistungen der Gemeinden und der Interessenten regeln müssen. Die nun zu regeln, ist aber nicht sehr leicht; denn eg muß ja dabei dem Bedürfniß der Leiftungssählgkeit der einzelnen Gemeinden

bei der Errichtung der Schulen insofern eine Kontrole auszuüben, als

Rechnung getragen werden. Mag man nun darüber Bestimmungen

treffen, wie man will, das ist aber ganz unvermeidlich, daß dabei dem

ordinarium für die Ausbildung der Fortbildungsschullehrer im Zeichnen.

arbiträren Ermessen der Regierung, der Würdlgung der Leistungz— fahigkeit der Einzelnen, nach Maßgabe der Aeußerung der dafür zu⸗ stindigen Behörden ein weiter Spielraum gelassen wird. Das ift that⸗ sächlich ganz unvermeidlich, so daß es also im wesentlichen doch bel dem bleiben würde, was gegenwärtig stattfindet, daß also die Regierung ihrerseits genau im Einzelnen prüft: wie stellt sich das Bedürfniß, wie stellt sich die Leistungsfähigkeit und wie ist demnach die Unterstützung, der Zuschuß zu bemessen, den der Staat gewährt?

Dle zweite Schwierigkeit liegt darin, wenn wir eine gesetzliche Verpflichtung schaffen zum Besuche solcher Schulen, daß dann auch die Aufgaben dieser Schulen zu limitieren sind. Es muß dann wenigftens das Minimum der Leistungen solcher Schulen festgestellt werden, also festgestellt werden, in welchen Fächern Unter⸗ richt gegeben werden soll, festgestellt werden, in welchem Umfange dieser Unterricht gegeben werden soll, damit wenigstens ein gewisses Minimum der Verpflichtungen gegeben ist, für deren Durch⸗ führung die gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll. Das aber ju ermessen, hat auch seine außerordentlichen Schwierigkeiten, weil ja thatsächlich in dieser Hinsicht das Bedürfniß in großen und kleinen Orten, in der Stadt und auf dem Lande sich durchaus verschieden stellt. Es stellt sich verschieden nicht bloß in dem Umfang und in der Höhe des Bedürfnisses des Unterrichts, es stellt sich auch gänzlich verschieden in der Art des Unterrichts. Man muß wohl bedenken, an einzelnen Orten sind vorzugsweise ganz bestimmte Erwerbszweige in Blüthe, und der Fortbildungsunterricht hat wesentlich den Bedürfnissen dieser Erwerbszweige Rechnung zu tragen. Das ist schon jetzt erkenn bar. Für einzelne Erwerbszweige ist der Zeichen unterricht nothwendig, für andere gänzlich entbehrlich. Für einzelne Erwerbszweige liegt der Hauptaccent auf dem Zeichenunterricht, für andere auf dem Unterricht im Rechnen, in der deutschen Sprache, je nachdem die Industrie oder der Handel in den betreffenden Orten die größere Bedeutung hat.

Eine dritte Schwierigkeit liegt aber darin, daß wir ja bei uns eine eigenartige Entwickelung des Fortbildungsunterrichts haben durch die Innungsschulen. Die Innungsschulen sind theils Fachschulen ohne Elementarunterricht, theils Fachschulen mit Elementarunterricht. Die letzteren erfüllen gleichzeitig auch die Aufgaben der Fortbildungs— schule. Infolge dessen sind auch die Staatszuschüsse nicht bloß auf eigentliche Fortbildungsschulen beschränkt worden, sondern es sind auch den Innungsschulen bisher Zuschüsse gewährt worden. Wie soll man nun die Innungsschulen bei der gesetzlichen Regelung behandeln? Sie würden jedenfalls, da sie mit Fachunterricht verbunden sind, eine besonders eigenartige Berücksichtigung finden müssen, und da liegt wiederum eine Schwierigkeit.

Nun kommt außerdem noch in Betracht, daß es sich um eine Reihe verschiedenartiger Schulen handelt. Wir haben die Fort⸗ bildungsschulen für gewerbliche Handwerker und Arbeiter, wir haben kaufmännische Schulen, wir haben die weiblichen Schulen, wir haben die ländlichen Schulen. Es ist doch nicht wohl angängig, daß man das Maß und die Art des Unterrichts, wenn die Minimal—⸗ leistungen gesetzlich geregelt werden sollten, gleichmäßig für diese verschiedenen Kategorien feststellt. Darin liegen nach meiner Meinung wiederum besondere Schwierigkeiten, und ich glaube daher, daß es in der That besser ist, zunächst den bisherigen Gang der Entwickelung nicht zu unterbrechen. Das treibt das verkenne ich nicht darauf hin, daß man die Frage künftig gesetzlich regelt. Das wird schon deshalb nothwendig sein, als ja schon nach der bisherigen Erfahrung das Bedürfniß sich geltend macht, auch dem arbiträren Ermessen der Regierung doch eine gewisse Umgrenzung zu schaffen, damit erstens nicht die Ansprüche ins Maß— lose gehen, und zweitens, die Verwaltung sich besser decken könne gegen Berufungen. Aber, meine Herren, ich halte es immerhin für besser, vorläufig noch den bisherigen Gang beizubehalten.

Wir haben und die Herren Mitglieder der Kommission für das gewerbliche Unterrichtswesen, welche dem hohen Hause angehören, werden das bestätigen von Jahr zu Jahr weitere Erfahrungen gemacht, in welcher Weise die Sache zweckmäßig geregelt, der Unter richt verbessert werden kann. Auch jetzt stehen wieder eine ganze Reihe neuer Vorschläge in Frage, wie im Verwaltungswege bei der Ordnung des Fortbildungsschulwesens künstig Verbesserungen anzustreben sind. Ist es denn nun rathsam, diesen Entwickelungsgang zu unterbrechen? Ich glaube nicht; ich glaube, es ist das Beste, man läßt ihn vorläufig so weitergehen. Damit würde allerdings vollkommen vereinbar sein, daß im erhöhten Maße Mittel des Staats für die Förderung des gewerblichen Fortbildungsschulwesens flüssig gemacht werden. Wenn das Ergebniß der Verhandlungen in diesem Hause sein sollte, daß von seiten der Finanzverwaltung, von seiten des hohen Hauses der Unterrichtsverwaltung für den gewerblichen Fortbildungsunterricht erhöhte Mittel zur Verfügung gestellt werden, so werde ich sie mit Dank annehmen.

Das Ergebniß dieser meiner Ausführungen ist also, daß vor⸗ läufig die Aufgaben der Regierung nicht in der gesetzlichen Regelung, sondern in der Verwaltungsthätigkeit zu finden ist. Ich möchte mich nun noch im einzelnen äußern über die verschiedenen Anregungen, welche in dieser Richtung seitens der Herren Vorredner gegeben sind. Zu⸗ nächst muß ich bemerken, daß seitens der Regierung in Aussicht ge⸗ nommen ist, einen Normalplan für die Einrichtung der Fortbildungs⸗ schulen, für die Einrichtung ihrer Kurse, für die Art des Unterrichts, der dort ertheilt wird, aufzustellen. Dieser Normalplan soll aber nicht unbedingt obligatorisch für alle Schulen gelten, er soll im wesentlichen nur die Regel bilden, nach der sich die einzelnen Schulen richten können. Dieser Normalplan ist entworfen, von Sachverständigen durchberathen worden nebst den dazu gehörigen Vorschriften; er wird vervielfältigt und dem hohen Hause mitgetheilt werden. (Bravoh

Dann, meine Herren, haben wir die Einrichtung getroffen, daß in jedem Jahre tabellarische Uebersichten seitens der Regierungen vor⸗ gelegt werden über die einzelnen, in ihrem Bezirk bestehenden Fort⸗ bilbungsschulen, aus denen nun in der That genau zu sehen ist, in welcher Weise der Unterricht in den einzelnen Schulen bewirkt wird. Es handelt sich sowohl um die technischen Unterrichtsdetails' als auch um die wirthschaftlichen Verhältnisse der Schulen, also namentlich auch darum, wie hoch sich die Kostenbeträge ftellen, wie die Lokal frage geregelt ist, die Zahl der Lehrer, die Zahl der Schüler, die Zahl der Unterrichtsgegenstände, der Stunden, der Lehrmittel, die vorhanden sind, kurzum eine Reihe von Details, die darüber Auf⸗ llärung geben, wie nun thatsächlich in den einzelnen Fortbildungs⸗

Ich habe nun in Aussicht genommen, diese tabellarischen Ueber⸗

sichten zusammenstellen zu lassen zu einer Gesammtũbersicht und diese

ebenfalls dem hohen Hause mitzutheilen, damit dasselbe genau den

augenblicklichen Stand zu erkennen in der Lage ist.

Nun noch die Frage der Ausbildungskurse! Wie ich Ihnen

bereits gesagt habe, haben wir solche Ausbildungskurse eingerichtet für den Unterricht im Zeichnen; es ist aber seitens der Verwaltung

auch das Bedürfniß solcher Ausbildungskurse für den Unterricht im Rechnen und in der deutschen Sprache als nothwendig erkannt worden;

denn es läßt sich nicht verkennen, meine Herren, daß das bisherige Lehrer⸗ material, die Volksschullehrer, dafür in manchen Beziehungen nicht ge⸗ eignet ist. (Sehr richtig) Der Unterricht hier sowohl im Rechnen, wie in der deutschen Sprache geht über das Maß dessen hinaus, was die Elementarschule leistet, er muß aptiert werden dem künftigen Beruf der Fortbildungsschüler. Insbesondere was das Rechnen anbetrifft, wird es nothwendig sein, hier den Unterricht im kauf⸗ männischen Rechnen, in der Dezimalrechnung zu ertheilen, in der Be⸗ rechnung von Körpergrößen. Alles das, meine Herren, ist der Volks— schullehrer ohne besondere Ausbildung zu leisten nicht im stande. Was den Unterricht in der deutschen Sprache anbetrifft, so wird es hier namentlich darauf ankommen, den Schülern die nöthige Gewandt⸗— heit in der kleineren kaufmännischen Korrespondenz, ihnen die Möglich keit zu geben, eine Eingabe an Behörden zu machen, zu dem Zwecke also auch, ihnen eine gewisse Kenntniß der im Staat bestehenden Einrichtungen zu verschaffen. Es ist dabei wohl seiner Zeit in der Kommission für das gewerbliche Unterrichtswesen die Frage an— geregt worden, ob es nicht erwünscht sei, überhaupt in der Gesetzes und Verwaltungskunde Unterricht in den Fortbildungöschulen zu ertheilen. Das wäre nach meiner Ansicht etwas zu weitgehend. Ich würde es für wohlangänglich halten, daß man z. B. in die Lesebücher der Fortbildungeschulen Aufsätze aufnimmt, die über staatliche Ein ˖ richtungen das Nähere in einfacher und populärer Weise dar—⸗ stellen; ich würde es für ebenso angänglich halten, daß man über solche Themata, die das naturwissenschaftliche Gebiet betreffen und die vorzugsweise für das Handwerk und den gewerblichen Arbeiter wesentlich sind, ebenfalls entsprechende Auf⸗ sätze in das Lesebuch aufnimmt, und daß man nun dafür Sorge trägt, daß die Fortbildungsschullehrer auch in der Lage sind, diese Aufsätze ihren Schülern entsprechend erläutern zu können. In diesem be— schränkten Maße würde ich auch eine bessere Ausbildung der Lehrer im Deutschen für erwünscht halten. Dafür ein besonderes Seminar einzurichten, würde ich dagegen nicht befürworten. Ich glaube, daß der Weg, den wir betreten haben, an einer Mehrheit verschiedener Orte wir haben fünf solcher Orte be— sondere Kurse einzurichten fuͤr die Ausbildung der Lehrer, doch der beste ist. Wir können dann an einer größeren Zahl von Orten die Ausbildung von Lehrern gleichzeitig in Angriff nehmen und dabei auch den besonderen Verhältnissen Rechnung tragen. Die Ausbildung in einem einzigen Seminar, an einer Zentralstelle für die ganze Monarchie würde zu schwerfällig sein und dem Bedürfniß nicht genügen.

Nun, meine Herren, handelt es sich noch um die Frage der Revision. Bisher sind diese Revisionen ausgeführt worden durch Schulinspektoren, und man ist auch meist über halb⸗ jährige Revisionen nicht hinausgekommen. Es hat sich aber herausgestellt, daß die Schulinspektoren hierfür nicht völlig geeignet sind, daß es vorzuziehen ist, wenigstens für diejenigen Schulen, wo zu⸗ gleich auch Zeichenunterricht ertheilt wird, dafür die geeigneten Kräfte von den Fachschulen zu nehmen. Die Direktoren und bewährte Lehrer der Fachschulen würden solche Revisionen viel wirksamer und nach— haltiger ausführen können, als dies seitens der Schulinspektoren geschieht.

Es hat sich aber auch andererseits herausgestellt, daß die halb— jährigen Revisionen nicht vollständig genügen, es treten sonst leicht Mißstände ein. Es ist wirklich nothwendig, foweit das Bedürfniß hervortritt, durch häufigere Revisionen über den Zustand der Schulen und ihrer Einrichtungen, sowie über die Art und die Leistungen des Unterrichts eine schärfere Kontrole zu üben.

Dann würde man auch seine besondere Aufmerksamkeit darauf zu richten haben, daß die Schulen nun auch dem Bedürfniß des Unter⸗ richts entsprechend eingerichtet sind. In dieser Richtung kann in der That noch manches geschehen. Wo Zeichenunterricht ertheilt wird in den Schullokalen der Elementarschulen Sie kennen ja die Ein—⸗ richtung derselben —, werden Sie zugeben, daß sie für den Zeichen unterricht sehr wenig geeignet sind: die Bänke stehen dicht zusammen, sie sind zu schmal und zu klein, auch haben sie keinen gehörigen Raum, um das Material für das Zeichnen zu entfalten, vielfach fehlt auch das nöthige Licht. Was die Schulmittel betrifft, handelt es sich ebenfalls um die Beschaffung genügender Zeichengeräthschaften, um Vorlagen und um das Material zum Zeichnen. Auch in der Be⸗ ziehung muß die Möglichkeit geschaffen werden, die Schulen besser auszustatten und dort, wo die Leistungsfähigkeit der Gemeinden nicht ausreicht, mit Staatsmitteln einzugreifen. Das ist wohl auch bisher geschehen, aber angesichts der Höhe der zugemessenen Mittel nur in beschränktem Maße.

Damit habe ich im wesentlichen die Gesichtspunkte erörtert, von denen wir ausgehen bei der Verwaltungsthätigkeit, die der Staat auf diesem Gebiet entfaltet. Ich glaube, daß im allgemeinen dieselben die Billigung des hohen Hauses finden werden.

Ich habe nun noch dem hohen Hause mitzutheilen, daß es in der Absicht liegt, die Verhandlungen, die in der Kommission für gewerb⸗ liches Unterrichtswesen stattgefunden haben zu Anfang dieses Jahres, noch gedruckt zu vervielfältigen und dem hohen Hause mitzutheilen. Das hohe Haus wird in der Lage sein, aus diesen umfangreichen und außerordentlich gründlichen Verhandlungen zu ersehen, um welche Probleme es sich vorzugsweise handelt, welche Erwägungen hierfür maßgebend gewesen sind.

Ich werde ferner, wie bereits gesagt, dem hohen Hause eine tabellarische Uebersicht über den augenblicklichen Stand der Fort- bildungsschulen und endlich den in Aussicht genommenen Normal vlan mit den zugehörigen Vorschriften über das Minimum der Leistungen an Fortbildungsschulen, sobald derselbe festgestellt ist, zugehen lassen. Damit haben wir dann für die Prü— fung der Verhältnisse, wie sie sich allmählich geftaltet haben, eine sachgemäße brauchbare Unterlage. Diese Materialien werden Ihnen wohl noch vor Eintritt in die Berathungen des Gtatt

zugehen können. Es wird mir eben gesagt, der Normallehrplan würde allerdings bis dahin noch nicht festgeftellt werden; jedenfalls soll

Abg. Wallbrecht (nl) wünscht die Ueberweisung des 3. ö beg an eine , 6, von 14 Mitgliedern. Eine s perständige Revision der Fortbildungeschulen j nöthig und werde segensreich wirken. In England habe Lord Rosebery eine Lobrede auf unsere Finrichtungen in dieser Beziehung gehalten, aber wenn auch unsere e,, . Hochschulen auf der Höhe ständen, so feien wir d mit dem mittleren Fachschulwesen noch zurückgeblieben, namentli verwende Baden dafür sehr viel . Mittel. Den Kommunen werde es durch den Staat erschwert, lhre Handwerkerschulen auf die Höhe zu bringen. Redner führt dafür einen Fall aus seiner Heimath

anngver an, in welchein die Regierung die Verhandlungen über die nstellung zweier Lehrer vlt z fi behandelt habe. Das müsse den Hemeinden die Lust an der Sache benehmen. Der frühere konserbative Abg. von Minnigerode habe gerade mehr Mittel für das gewerbliche Unkerrichtswesen verwendet wissen wollen.

Wirklicher Geheimer ,, Lüder erwidert, daß es sich in Hannover nicht bloß um die Anftellun Sverhältnisse handele sondern auch darum, wer die Kosten bezahlen solle. Bie Regierung fel aufgefordert worden, eventuell die zu zahlende Pension zu übernehmen. Ferner handle es sich nicht nur um Fannover, fondern um eine ganze Anzahl von Städten mit Schulen ähnlicher Art. Die Ver⸗ handlungen mit diesen Städten schwebten noch, weil die Basig dieser Verhandlungen noch nicht feststehe; hoffentlich werde die Enischeidung schon in der nächsten Zeit erfolgen.

Abg. von Czarlinski hole erkennt an, daß der Antrag gute und richtige Ziele verfolge, bezweifelt aber, daß die Leitung unseres Unterrichtswefens eine richtige sei, und trägt daher Bedenken, der Regierung noch weitere Mittek zur Verfügung zu stellen. Es dürfe nicht Alles bon oben herab reglementiert und schablonisiert werden. In den polnischen Landesthesten fei die Fortbilbungsschule lediglich elne ,, des Elementarunterrichts ohne jede Unter⸗ weisung für die Fachbildung und das praltische Leben. Die Haupt- sache müffe der Unterricht in der Mutterspra sein; die Regierung ver kenne das , , Leben, wenn sie den Unterricht im Polnischen ausschließe. ir lebten in der Zeit der Enthüllungen; hoffentlich stelle sich bald heraus, wie lächerlich die Ausnahmegesetze gegen die Polen seien.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Von verschiedenen Seiten ist an mich apelliert, doch mehr Mittel für die weitere Entwickelung des Fortbildungsschul⸗ wesens bereit zu stellen. Der letzte Redner, der Herr Abg. von Czarlinski, hat schon daran erinnert, daß auf meinen Antrag als Ab⸗ geordneter im Jahre 1867 zuerst überhaupt in unseren preußischen Etat eine Position für die Förderung des gewerblichen Fortbildungs · unterrichts gekommen ist. Dies Interesse für das Fortbildungsschulwesen, namentlich nach der gewerblichen Richtung, habe ich weiterhin bethätigt in allen meinen Stellungen, und man wird daher gewiß nicht annehmen können, daß bei mir heute ein Mangel an Interesse für diese Schulen bestände; im Gegentheil: die Erfahrungen, die ich in dieser Beziehung gemacht habe, und die Beobachtung der ganzen sittlichen und intellektuellen Ausbildung gerade dieser Klasse der Bevölkerung hat mich nur immer mehr darin bestärkt, daß auf diesem Gebiet in noch größerem Maße, als es bisher geschehen ist, in Zukunft, auch mit Hilfe des Staates, vorgegangen werden muß.

Meine Herren, diese Sache hat allerdings viele Seiten, und es hat der Herr Abg. von Schenckendorff mit Recht auch auf die Charakterbil dung, auf die sittliche Haltung der jungen Leute hin gewiesen, welche in dem fortdauernden Schulbesuch, namentlich in der Zeit vom 14. bis 18. Jahre, eine wesentliche Stütze findet. Ich habe aus meiner Erfahrung gefunden, daß bei jungen Leuten, die mit voll⸗ endetem 14. Lebensjahre aus der Schule kommen, obwohl sie die geistige und Charakterreife noch keineswegs in genügender Weise be—⸗ sitzen, um eine Schulung ganz zu entbehren, in ihren Familien häufig auch nicht die nothwendige Stütze finden, um in dieser Beziehung gegen Gefahren sittlicher Art gesichert zu sein, daß für sie aller⸗ dings dieser Zwang zum Schulbesuch doch im höchsten Grade von Vortheil sein kann.

In meiner Heimathsprovinz Hannover ist Zwang zum Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule seit dem Jahre 1843 vorhanden. Da ist die große Streitfrage, ob es rathsam ist, obligatorische Fort . bildungsschulen zu haben oder nur fakultative, thatsächlich nach der ersteren Seite hin entschieden worden. Es ist ja richtig, daß die obligatorische Fortbildungsschule überall einzuführen und gesetzlichen Zwang schon gegenwärtig in der ganzen Monarchie zu proklamieren, eine außerordentlich schwierige Sache ist; es ist auch richtig, daß durch den obligatorischen Charakter der Fortbildungsschulen sie sich in ihrer Qualität verschlechtert haben. Der fakultative Unterricht, in den man die auserlesenen, freiwillig kommenden, den größten Eifer zeigenden jungen Leute bekommt, kann natürlich intensiv auf die vorhandenen Lehrlinge ganz anders wirken als der obligatorische, wo man eine große Menge mangelhaft vorbereiteter, selbst widerwillig und bei widerwilligen Meistern arbeitender Lehrlinge zu bilden hat, die die Individualität und Verfeinerung des Unterrichts außerordent⸗ lich erschweren.

Deswegen stehe ich ganz auf dem Standpunkt des Herrn Ministers für Handel, daß es bedenklich ist, ohne weiteres von oben herab einen solchen Zwang zu dekretieren, daß es doch richtiger ist, erft mal vor⸗ läufig auf dem Gebiet der Freiwilligkeit auch in Betreff der Beschluß⸗ fassung der Kommunen wegen Einrichtung der Schulen zu verbleiben, aber auch nichts zu versäumen, was auf die Geneigtheit der Ge⸗ meinden, solche Schulen einzurichten, förderlich wirken kann.

Meine Herren, der gewerbliche Unterricht wird nach meiner Meinung geschädigt durch den vielfach hervortretenden Mangel an genügender elementarer Ausbildung der Lehrlinge. Namentlich in kleineren Städten, aber auch selbst in großen, werden Sie finden, daß die jungen Leute leider in der Regel das Handwerk ihrer Eltern nicht ergreifen. Ein tüchtiger Handwerker, bei dem ein junger Mensch in seiner Familie im täglichen Verkehr mit Meister und Gesellen schon eine gute Vorbildung erhält, hat leider vielfach den Drang in sich, wie in Deutschland überhaupt, immer weiter hinaufzugehen. Das führt dahin, daß gerade die Söhne der gut⸗ situterten Handwerker, der tüchtigsten Meister, aus dem Hand⸗ werk hinausgehen, und daß also das Dandwerk genöthigt ist, auf geringer vorgebildete junge Leute zu greifen. Daher sind die Schulen gezwungen, einen erheblichen Theil ihrer Aufgabe auf die elementare Fortbildung zu werfen und dadurch mehr oder weniger den eigentlichen gewerblichen Unterricht bis auf eine gewisse Grenze zurückzuschieben. Das war vor 20 Jahren wahr⸗ scheinlich noch viel schlimmer als heute. Ich hoffe, daß unsere Volk. schulen heute mehr wie damals in dieser Beziehung leisten, und es wird vielleicht das Uebel ich habe das seit langen Jahren nicht mehr beobachten können allmählich geringer geworden sein. Könnten die gewerblichen Fortbildungsschulen reine Fachschulen sein, könnten

schulen die Verhältnisse geregelt sind.

er, sobald es thunlich, mitgetheilt werden. (Bravo h

Sache überhaupt viel leichter. Ich glaube aber, daß diese gewerblichen Fort ·

sie die ganze elementare Welterbildung fallen lafsen, dann wäre die ganze