ö
pwprechenden bisherigen Zahlen sind 120, 150, 170, 210 und 248.
Meine Herren, diese Zahlen geben, glaube ich, ein sehr klares Bild von der Bedeutung des Antrags Weyerbusch. Es ist nun vorhin schon seitens des Herrn Redners der konservativen Partei darauf hingewiesen worden, daß die S5 54 bis 59 des Kommunalabgabengesetzes das Er⸗ gebnuiß eines Kompromisses sind, der darauf abzielte, namentlich im Hinblick auf die Ueberwelsungen der Grund. und Gebäudesteuer an dle Gemeinden ein Verhältniß zu finden, welches einerseits einer über⸗ mäßigen Belastung der Realsteuern und andererseits einer übermäßigen Ich halte es für garnicht möglich, daß man aus diesem durch das Kompromiß ge⸗ schaffenen Gebäude auf einmal eine der Hauptsäulen herausnimmt, nämlich das Prinzip, daß man die Einkommensteuer nach der Ueber- weisung der Realsteuern an die Gemeinden jetzt schonend zu behandeln hat. Wenn man diese eine Säule aus dem Gebäude herausnimmt, so fürchte ich, daß das ganze Gebäude zusammenfallen würde. Die Königliche Staatsregierung muß ihrerseits darauf bestehen, daß das seiner Zeit erweiterte Verhältniß hinsichtlich des Maßes der Heran⸗ ziehung der Realsteuer und der Einkommensteuer zur Aufbringung der Gemeindebedürfnisse unverändert erhalten bleibt, und muß sich daher
Belastung der Einkommensteuer vorbeugen sollte.
dem Antrag Weyerbusch gegenüber ablehnend verhalten.
Ich möchte ferner noch auf einen Punkt hinweisen, welcher von Wenn man nämlich den von dem Herrn Abg. Weyerbusch vorgeschlagenen Weg einschlüge, so würde man weit zurückkommen hinter diejenigen Verhältnisse, wie sie vor dem Kommunalabgabengesetz unter der Geltung der alten
den Herren Vorrednern noch nicht berährt ist.
Gemeindeverfassungsgesetze vorhanden waren.
Wenn ich mir erlauben darf, zunächst auf die rheinische Städte⸗ ordnung hinzuweisen, die dem Herrn Abg. Weyerbusch am nächsten wenn ungleichmäßige
eintreten zu lassen, dazu eine besondere Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforder⸗ lich ist. Daraus ist mit Sicherheit zu schließen, daß man in diesem Gemeindeverfassungh gesetz und mit dieser Bestimmung eine gleichmäßige Heranziehung der Einkommensteuer und der Realsteuern im Auge gehebt hat. Genau dieselbe Bestimmung befindet sich auch in der
darin die Bestimmung, daß, beschlossen wird, eine
Realsteuern
liegt, so findet sich seitenz der Gemeinde Heranziehung der Einkommensteuer und
westfälischen Städteordnung, in der rheinischen Landgemeindeordnung, in der westfälischen Landgemeindeordnung und in der östlichen Städte ordnung. Die östliche Landgemeindeordnung hat allerdings eine etwas abweichende Vorschrift. Alle diese Bestimmungen sind getroffen worden zu einer Zeit, als von einer Ueberweisung der Realsteuern an die Gemeinden noch nicht die Rede war. Wenn man jetzt, nachdem diese Ueberweisung stattgefunden hat, dazu schreiten wollte, das Verhältniß der Prozentsätze zu Ungunsten der Einkommen steuer noch schlechter zu gestalten, würde man weit hinter diejenigen Bestimmungen zurückgehen, die damals bei der Abfassung der Städte⸗ ordnung und Gemeindeverfassungsgesetze maßgebend gewesen sind.
Schließlich möchte ich nicht unterlassen, darauf hinzuwelsen, daß mir in vielen Fällen das eigene Interesse der Gemeinden selbst darauf hinzuweisen scheint, die Einkommensteuer nicht zu stark zu belasten. Ich habe hier vor mir eine Zusammenstellung von ho der größten Städte der Monarchie. Aus dieser ergiebt sich, daß nicht weniger als 16 davon es für zweckmäßig er— achtet haben, die Einkommensteuer nicht über 100 υσS in die Höhe schnellen zu lassen, und die doch sehr einsichtsvollen und klugen Leiter dleser großen Städte haben, glaube ich, ganz gewiß gewußt, was sie damit beabsichtigen. Sie haben sich, glaube ich, überlegt, daß eine hohe Einkommensteuer doch sehr viele Leute, und gerade wohlhabende Leute, Industrielle davon abhält, in die Städte zu ziehen, und sie haben sich, glaube ich, auch gesagt, daß, wenn man das Budget zu sehr auf die Einkommensteuer basiert, es sehr leicht vorkommen kann, daß bei einem Wegzug eines oder mehrerer stark kontribuierender Ge— meindemitglieder das Gemeindebudget leicht in Unordnung kommen könnte. Ich habe gerade einen Fall im Gedächtniß aus der Provinz Westfalen, in dem man auch sich etwas zu sehr darauf verfteift hatte, die Einkommensteuer zur Haupt⸗ grundlage des Budgets zu machen. In diesem Fall hat der Wegzug eines einzigen Zensiten hervorgebracht, daß die Gemeindeumlagen sofort um 10 bis 15 M in die Höhe gesetzt werden mußten. Der⸗ artige Verschiebungen können längst nicht in dem Maße vorkommen, wenn man sich dazu entschließt, wie wir es wünschen, die Realsteuern in etwas stärkerem Maße heranzuziehen.
Ich möchte mir nun erlauben, noch kurz den Antrag Bachem zu streifen. Ich muß ja dem Abg. Dr. Bachem zugeben, daß sein Antrag eigentlich eine ganz nothwendige Ergänzung zu dem Antrage Weyerbusch ist. Denn wenn Sie den 856 nicht in irgend einer Weise umgestalten, so würden Sie aller Voraussicht nach zu dem von Ihnen gewünschten Ziel nicht kommen können. Der Herr Abg. Bachem möge es mir aber nicht verübeln, wenn ich hinzufüge, daß meines Erachtens auch so die lex immer noch eine imperfecta bleiben würde, wenn man nicht auch den 5 77 entsprechend ändert. Ich habe ja eigentlich keine Veranlassung, bei dem ablehnenden Standpunkt, den ich zu diesem Gesetzentwurf einnehme, noch Fingerzeige wegen etwaiger besserer Auegestaltung desselben zu geben; diesen Hinweis wollte ich mir aber doch gestatten.
Zum Schluß meiner Ausführungen möchte ich noch Folgendes hervor⸗ heben. Ich bin keineswegs der Ansicht, daß man bei der Durch— führung der Kommunalsteuergesetzgebung schroff und schematisch vor⸗ geht, und ich halte es namentlich auch nicht für richtig, in denjenigen Städten, welche früher nur in sehr geringem Maße die Realsteuern herangezogen haben, diese nun ganz unvermittelt bis zur denkbar möglichsten Höhe hinauf zu schrauben. Diese Schonung und Nachsicht kann aber meiner Ansicht nach nur für gewisse Uebergangejahre Platz greifen; sind diese verstrichen, so müssen die bestehenden Grundsätze, deren Abänderung ich nicht empfehlen kann, unter Berücksichtigung der individuellen Ver= hältuisse der Gemeinden Überall zur Durchführung gelangen.
Abg. Mies (Sentr.): Der Mi t die Agitation d Haus besitzervereine 4 ährlich ö . keel ein nn richtig. Aber gefaͤhrli ö es allerdings, wenn die Gründe he— fte bleiben, die diese Agitation hervorgerufen haben, namentlich daß das Gin kommen gug Hrunb. und usbesiz mit Steuern bis in 20 und 30 oͤ g des Ginkommens selbst belaftet ist. Der Grund
und Hauctbesitz ist 2pfach, und wenn er verschuldet ist, 15 =- 15mal fo e rer wie das ital. Man e. bo el um .
0 cso bei 180 6 auf 370 , endlich bei 199 0 9 der Realsteuern — das ist ungefähr die Grenze, bis zu welcher die Realsteuern der Regel nach nur belastet werden follen — würde es sogar möglich sein, die Ginkommensteuer mit 397 9½ Zuschlägen heranzuziehen. Die ent—⸗
bereits eine Kommission
Leute seßhaft zu machen, und wie belastet man den Grund⸗ und Hausbesitz mit Steuern, die er nicht tragen kann! Mit der Ge⸗ nehmigung der Steuervertheilung seltens der Behörden haben wir bisher keine angenehme Erfahrung gemacht, und der Antrag Weyer busch bietet eigentlich gar keine Verbesserung, keinen Schutz gegen die mechanische Anwendung des 54. Darum haben wir unseren Antrag
welche dem Grundbesitz und dem Gewerbe besonders zu gute kommen, während die Einkommensteuer den Rest decken soll; unser Antrag geht aus von dem Grundsatz der Leistung und kö Ich . die Anträge an eine Kommission von 21 Mitgliedern zu verweisen.
Abg. von Evnern (ul): Ich bin der Steuerreform des Finanz⸗ Ministers Miguel erst dann gefolgt, als nach Erlaß des Ein— kommensteuergesetzes die Konsequenzen für die Gemeinden gezogen werden mußten. Der Widerspruch zweier Parteien gegen die Reform könnte mich mit Genugthuung erfüllen. Aber ich kann mich nicht zu dem Antrag Weyerbusch bekennen. Nachdem die Einkommensteuer als die J Steuer des Staates hingestellt ist, bin ich der Meinung, daß eine höhere Belastung derselben als nach § 54, der aus einem Kompromiß aller Parteien entstanden ist, nicht stattfinden kann. Dadurch würde die Ehrlichkeit der Steuerdeklaration und damit die Einnahme des Stagtes gefährdet werden. Der Antrag Weyer⸗ busch geht nicht vom Staatsfinanzinteresse aus, sondern von lokalen Verhältnissen, namentlich von den Hausbesitzervereinen, die Herr Richter als Hausagrarier bezeichnete. Diese Vereine richteten Ein= gaben an das Haus, in denen die Erlasse der Minister des Innern und der Finanzen als gesetzwidrig bezeichnet wurden. Das 3 ist über die Petitionen zur Tagegordnung übergegangen.
ie Petenten haben den Prozeßweg beschritten, und das Ober ⸗Ver⸗ waltungsgericht hat erklärt, daß die Ausführung des , richtig erfolgt sei. Seitdem haben die Hausbesitzer sich gegen die Gemeinde⸗ vertretungen gewendet, welche das Gesetz nicht richtig ausführen. Auf dem Rheinischen Hausbesitzertage in Duisburg wurden dessen die Ober⸗ Bürgermeister beschuldigt, von denen sich die Stadtverordneten Versammlungen ins Schlepptau nehmen ließen. Herr Weyerbusch ist ja auch Stadtverordneter in Elberfeld. Vor drei Jahren ist dort gewählt, welche die Steuervertheilung zu Gunsten der Hausbesitzer andern sollte; sie hat aber bisher noch keinen Bericht erstattet. Wo der Grundbesitz im Werthe herunter⸗
eht, wie es in Krefeld und Köln stattfinden soll, ist eine Berück«— Erl lgu des Grundbesitzes nöthig. Aber eine absolute, prinzipielle Aenderung des Gesetzes ist doch gefährlich, namentlich bei der kurzen Wirksamkeit des Gesetzes. Für Elberfeld würde der Antrag Weyerbusch keine erhebliche Wirkung haben, aber die Berechtigung der Behörden, in das Gemeindeleben einzugreifen, wird noch mehr ver— stärkt, als sie jetzt schöon vorhanden ist. Die , der Gemeinden ist schon genügend eingeschränkt, namentlich bezüglich der indirekten Steuern, und trotzdem fuchen die Behörden die Gemeinden geradezu zur Einführung solcher indirekten Steuern zu zwingen, z. B. sollte die Gemeinde Gevelsberg durchaus eine Biersteuer und eine Gewerbe Kopfsteuer einführen, trotzdem 5 78 Absatz 3 einen solchen Zwang nicht gestattet. Der Vruck der Behörden wird durch den Antrag Weyerbusch noch wesentlich verstärkt. Das macht mich zu einem grundsätzlichen Gegner desselben. Wenn wir 5 54 ändern, müssen wir den Gemeinden auch andere Einnahmequellen erschließen. Der beste Ersatz sind die indirekten Steuern. Wir müssen an unseren Beschluß erinnern, der die Freigabe der Getränke⸗ steuern für die Gemeinden forderte. Aber die Minister des Innern und der Finanzen haben nach dieser Richtung hin gar keine Schritte gethan zur Aenderung der Reichsgesetzgebung. Der Finanz⸗ Minister hat einer Deputation von rheinischen Ober⸗Bürgermeistern erklärt, daß die kommunale Besteuerung des Weines den Gemeinden freistehe, aber die Gemeindebesteuerung des Bieres könne erst nach einer Erledigung der Biersteuerfrage im Reiche erfolgen. Soll die Biersteuer im Reiche erhöht werden? Was giebt den Ministern Veranlassung, sich einem einstimmigen Votum des Hauses zu wider⸗ etzen, da doch in absehbarer Zeit an eine , , ,, nicht . werden kann? Hier liegt der Grund der Klagen, welche zum
ntrag Weverbusch geführt haben. Der Antrag dürfte wohl eine Mehrheit im Hause nicht finden; aber einer Kommisstonsberathung werden wir uns nicht entgegensetzen.
Abg. Pr. Bachem (Zentr): Ich verzichte, auf die Frage der indirekten Steuern einzutzehen. Die Kommunal. Steuerreform hat sich im Ganzen kurchaus bewährt; die Beschwerden gehen nur davon aus, daß die 5§ 54 und 55 in einer Weise gehandhabt werden von Auf⸗ sichts wegen, daß daraus große Härten entstehen. Ich gebe zu, daß die Agitation der Haushesitzervereine in der Form und der Tendenz über das Ziel hinausschießt; aber wenn man die Agitation besei⸗ tigen will, dann muß man die unleugbar vorhandenen Mißstände aus dem Wege räumen. In den Landgemeinden der Eifel wurden 250 bis 4090 0j0 Grundsteuer erhoben; ja, es wurden in einzelnen Gemeinden 600 und 800 9 Grundsteuer erhoben in besonders armen Gemeinden, sodaß das gesammte Einkommen aus dem Grundkesitz davon absorbiert wird. Bel steigenden Grundwerthen ist auch in Städten eine hohe Realsteuer erträglich, aber nicht da, wo der Grundbesitz im Werthe sinkt, wie z. B. in Krefeld, wo die Realsteuer von 260½ bis auf 226 0ͤG0 des Reineinkommens aus dem Hausbesitz steigt. So kann die Sache nicht bleiben. Die Gemeinden wollten eine vom 554 abweichende Vertheilung der Steuerlast eintreten lassen, aber dazu wurde die Genehmigung nicht ertheilt. Durch eine solche Belastung des Hausbesitzes wird die Ansässigmachung kleiner Leute erschwert und der Bestand des schon vorhandenen Hausbesitzes erschüttert. Die 6 theilung nach dem Antrag Weyerbusch würde keine ungerechte fein. 160 0ͤ Realsteuern sind meist viel drückender als 250 5 Ein⸗ kommensteuer. Wenn man den zweiten Satz des 5 55 dahin ver⸗ stehen würde, daß die Realsteuern nur das decken sollen, was dem Grundbesitz und Gewerbe besonders zu gute kommt, dann wäre man aus allen Schwierigkeiten heraus, aber man verlangt an Realsteuern mehr. Unser Antrag schafft das Genehmigungsrecht der Regierung nicht aus der Welt; zie soll untersuchen, ob alle dem Grundbesitz und Gewerbe zu gute kommenden Ausgaben . Realsteuern gedeckt sind. Ist das nicht der Fall, dann kann fie die Genehmigung versagen. Ich bitte, unseren Antrag einer Kommission zu überweisen.
Minister des Innern Freiherr von der Recke:
Ich will auf die von dem Herrn Vorredner gemachten Einzel⸗ heiten nicht näher eingehen. Es wird sich vielleicht nachher noch Gelegenheit dazu bieten. Ich habe mir nur das Wort erbeten zu einer Bemerkung mehr persönlicher Art. Der Herr Abg. Bachem hat es anscheinend unangenehm empfunden, daß ich seiner Meinung nach gesagt hätte, die Agitationen der Haus. und Grundbesitzerveine seien gemeingefährlich gewesen. Damit sich nun nicht Legenden an diese Version knüpfen, halte ich es für meine Pflicht, zu konstatieren, daß ich diese Aeußerung in dieser Form nicht gethan habe. Es liegt hier vor mir das noch nicht korrigierte Stenogramm, ausweislich dessen ich Folgendes gesagt habe: Also ich möchte ins Gedächtniß des hohen Hauses zurückrufen,
daß im vorigen Jahre und in diesem Jahre eine wahre Fluth von Petitionen von Grund und Hausbesitzern an dieses hohe Haus ge—⸗ langt ist, die in ihrer Fassung zum theil so weit über das Er⸗ laubte hinausgingen, daß das geflügelte Wort von der gemein⸗ gefährlichen Agitation der Grund ⸗ und Hausbesitzer aufkam.
Das ist also etwas ganz Anderes, als wenn ich selbst diese Agitation als gemeingefährlich bezeichnet hätte. Abg. Knebel (n.): Es bestehen Ungerechtigkeiten in der Steuer⸗ vertheilung, aber die Zeit ift zu kurz seit dem Inkrafttreten der Re⸗=
,. als daß man zu einer Aenderung schon jetzt kommen könnte. esonders bedenklich ist, daß die Gebäudefteuer viermal so hoch ist
als die Gewerbestener, und daß trotzdem beide zu gleichen Sätzen
eingebracht, nach welchem die Realsteuern die Ausgaben decken follen,
seien.
herangezogen werden. Der Betrag der Grundsteuer geht so 1900 des Cinkommeng. Die kleinen Grundbesitzer muff kee m Steuern zahlen, die kleinen Gewerbetrelbenden unter 1500 4 Sit kommen sind steuerfrei, trotzdsem gerade der Gewerbebetrieb die Gemeinde. lasten steigert. In Köln sind die fteuerfähigsten Leute durch die Reform entlastet worden um 51 000 MS; das ill doch nicht eine Folge der Reform sein.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Noell: 400 0 Zuschlãge zur Einkommensteuer sind in manchen rheinischen Gemeinden früher erhoben worden; aber heute könnte keine Gemelnde das wagen 3hne daß die reichsten Steuerzahler ihr den Rücken kehrten. Per Antrag Wepyerbusch entlastet die Realsteuern unbedingt. Der An. trag Mies Bachem entspricht nicht der Technik des Gese es; er richt von Aufwendungen, die erkennbar dem Grundbesitz zum Vortheil gereichen, während das Wort „erkennbar“ im Gesetz nicht steht. Man soll dem Grundbesitz die Vortheile auf Heller und Pfennig vorrechnen können und alles freie Ermessen foll aut geschlossen werden. Der F Hö ist nicht so zu verstehen, daß nur die⸗ u gen Aufwendungen durch Realsteuern gedeckt werden follen, die
em Grundbesitz zu gute kommen, sondern dahin, daß zur Schonung der Einkommensteuer auf Gtund solcher Aufwendungen die Realsteuern höher belastet werden sollen. Man muß vorauzz, setzen, daß die genehmigende Behörde weiß, worum es sich handelt Dle , enthält allerdings Fälle, in denen die Ge— nehmigung nicht versagt werden kann. So präzife kann man in dieser Materie die Bestimmungen nicht treffen, sondern man muß einen Spielraum lassen. Der Antrag Bachem übersieht, daß die Minister des Innern und der Finanzen einer Erhöhung der Einkommensteuer⸗ zuschläge über 1000/9 hinaus zuzustimmen haben; wenn die Ge⸗ nehmigung der unteren Behörden festgelegt ist, dann ist noch nicht die Zustimmung der Mnister ertheilt. Die 400 und öh dh) Grundsteuer in, den rheinischen Landgemeinden belasten nicht, wie ich aus eigener Erfahrung als Mitglied der Koblenzer Regigrung weiß. Denn die Grundsteuer ist dort schr niedrig, und Zuschläge zur Ginkommensteuer wollen die Landgemeinden nicht. Dle Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern haben meist unter 100 oo CFinkommensteuer, und nur 224 Gemelnden unter 10 000 Cinwohnern haben mehr als 150 6. Charlottenburg kann keine höheren Ste iern erheben als Berlin, wenn es nicht einen Abzug von Bewohnern befürchten will. Die Vorortsgemesnden Berlins suchen sich in niedrigen Einkommensteuersätzen zu unter bieten. Die Stadt Grabow bei Stettin mußte auch auf Stettjn Rücksicht nehmen, trotzdem die Gebändewerthe gesunken waren. Denn bei, hohen Einkommensteuerzuschlägen wird es nicht gelingen, seere Miethswohnungen zu bevölkern. Berlin, Köln, Frankfurt a. M. Hannover, Charlottenburg, Aachen, Wiesbaden, . Münster, Bielefeld, Osnabrück erheben weniger als 1000, Einkom mensteuer und gehen offensichtlich darauf hinaus, dadurch die steuer kräftigen Elemente zu sich heranzuziehen. In Geveläberg wollte man die Realsteuern unter keinen Umständen erhöhen; man dachte, daß die übergeordneten Behörden sich den städtischen Beschlüssen fügen müßten. Es war nicht ganz konsequent, wenn Herr von Eynern es ladelte, daß den Gevelsbergern die indirekten Steuern nahegelegt wurden, während er selbst die Cinführung indirekter Steuern empfiehlt. Im Reichttage wurde die Weinsteuer abgelehnt, weil sie mit der Biersteuer im Zusammenhange steht. Gegenüber Herrn Abg. Knebel möchte ich feststellen, daß die Gewerbetreibenden nicht zu niedrig sondern schon etwas über Gebühr herangezogen sind, namentlich durch die besonderen Geweibesteuern in Westfalen. Die Zeit der Geltung des Kommunal- abgabengesetzes ist zu kurz, um eine solche grundstürzende Aenderung herbeizuführen. Freilich daf man bei dieser Frage nicht an die Haushesitzer denken, welche ihr Haus bald wieder verkaufen möchten und die unter der Last der Hypotheken seufzen, sondern an die, welche ihre Häuser dauernd besitzen.
. Abg. Herold (Zentr.) tadelt das Bestreben der Behörden, die Einkommenstener zu entlasten auf Kosten der Erhöhung der Real— steuern; anderweitige Beschlüsse werden gar nicht genehmigt. Dle Gemeinden sollten aber bei ihren Anschauungen bleiben und sie bis in die höchsten Instanzen verfechten. Redner fordert eine Aenderung der Vorschriften über die Genehmigung der Gemeindebeschlüsse in Steuer⸗ sachen, damit die Selbfstverwaltung zu ihrem Rechte komme.
Abg. Gerlich (fr. kons ; Es haben nur Vertreter des Westens und der Städte gesprochen; auf dem Lande im Osten haben sich auch ähnliche Mißstände herausgestellt bezüglich des Verbältnisses der Einkommensteuer zu den Realsteuern. Die schöne Theorie von der übergeordneten und der untergeordneten Behörde führt schließlich zu dem schönen Grundsatze: Der Bien muß! Dann haben die Gemeinden keinen eigenen Willen mehr. Die Erörterungen haben gezeigt, daß eine Kommissionsberathung sich als nothwendig ergeben hat.
Geheimer Finanz-Rath Strutz. Bezüglich der Frage, ob die Reform der Steuern die Absicht hatte, den Gemeinden die Real steuern vorzugsweise zu überlassen, verweise ich auf die früheren Verhandlungen, in denen die Eingaben der Hausbesitzer durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt wurden. Das Ober Verwaltung ⸗ gericht hat die Auffassung der Regierung durchaus bestätigt. Bie Entrüstung der Hausbesitzer richtete fich nun vom Finanz⸗ Minister auf das Ober⸗Verwaltungsgericht. Wenn die Real steunern nur nach dem Antrage Mies Bachem erhoben werden sollen, wie sollen die Gemelndeausgaben denn gedeckt werden in kleinen Gemeinden, wo fast nur fingierte Steuersätze veranlagt werden? Die Schullasten würden dann einfach die Gemeinden tobt. schlagen. S 54 beruht auf einem Kompromiß und bildete für die Regierung die äußerste Grenze, bis zu welcher sie gehen konnte. Daran wird auch eine erneute Berathung wohl nichts ändern. Bei jeder Umgestaltung von Steuern ergeben sich Mißstände; aber nach so kurzer Zeit kann man das Gesetz . nicht ändern. .
Abg. von Eynern (nl) bleibt dabei, daß die Gemeinden, namentlich die kleinen, trotz der Steuerreform sehr boch belastet Der Antrag Weyerbusch möge den Hausbesitzern einzelner großen Städte Nutzen bringen. Aber es liege schon eine Petition des Vereins Berliner Wohnungämiether vor, den Antrag abzulehnen. Die Bestrebungen der 6 seien ganz unberechtiat, denn ihre Steuern wälsten sie ja auf die Miether ab. Die Schwierigkeiten lagen ben pi dich in den kleinen Gemeinden, und hier zu helfen, sei eine dankbarere Aufgabe, als die Berathung dieser Anträge. Abg. Mies (Zenkr): Auf die Miether kann der Hausbesitzer die Lasten nur abwälzen, wenn Wohnungenoth vorhanden ist, nicht, wenn die Wohnungen leer stehen. Daß die fleuerkräftigen Einwohner bei hohen Zuschlägen zur Einkommensteuer die Gemeinden verlassen würden, sei nicht zu befürchten, wenn alle Gemeinden höhere Zu— schläge als jetzt erheben müßten unter Entlastung der Realsteuern.
Geheimer Ober ⸗Regierungs Rath Noell: Die Gemeinden sollen doch nicht etwa zu hohen Einkommensteuern gezwungen werden? Wenn man durch Realsteuern nur das deckt an Ausgaben, was in über⸗ wiegendem Maße dem Grundbesitz zu gute kommt, wie sollte man dann den Steuerbedarf der Gemeinden decken! ;
Abg. Dr. Bachem (Zentr,) führt aus, daß nach der Ausführungk— verordnung zum K. A.-G. die Realsteuern nur zur Deckung von Ausgaben zu Gunsten des Grundbesitzes werwendet werden follten nach dem Grundsatz von Leistung und Gegenleistung. Jetzt höre man davon nichts mehr, sondern nur von der Entlastung der Einkommen⸗ steuer. Jede Abweichung davon werde verweigert. ; Geheimer Aber ⸗Regierungs⸗Rath Noell weist darauf hin, daß die allgemeinen Ausgaben vorzug sweise durch die Ginkommensteuer gedeckt werden sollen; die Realsteuern könnten also dazu auch heran ⸗ gejogen werden. Das ergebe die Ausführungtzanweisung.
Damit schließt die Debatte. Die Anträge werden einer Kommission von 14 Mitgliedern ,, Schluß 3is Uhr. Nächte Sitzung: Montag 11 Uh e, . des Wandergewerbes * zweite und dritte ung — und erste Lesung der Stadt⸗ Und Landgemelnde⸗= ordnung für Hessen⸗Nassau.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger
M 296.
Berlin, Montag, den 14. Dezember
1896.
r — ———— — ———
Statistik und Volkswirthschaft.
beschäftigungslosen Arbeitnehmer im Deutschen
Reich am 14. Juni und 2. Dezember 1895. Aus dem dem Ergänzungsheft zum vierten Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs, Jahrgang 1896, beigegebenen umfang—⸗ reichen Tabellenwerk über die ber fin gef! Arbeitnehmer im Deutschen Reiche am 14. Juni und 2. Dezember 1895 theilen wir in Ergänzung unserer ausführlichen Mistheilung in Nr. 295 des Reichs und Staats⸗Anzeigers“ noch Folgendes mit:
1) Die angeblich Arbeitslosen ausschließlich der wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit (Krankheit u. dergl) Beschäftigungslosen, also die eigentlich Arbeits⸗— losen, bezifferten sich in den Berufsabtheilungen:
im Juni A. Landwirthschaft, Gärtnerei männl.
Die
im Dezember 75 123 87 349 162 472 248 831 25 794 274 625 37 141 4853 41 994 34 305 34118 68 423 4617 1509 969 ; 3654 4000 A. bis B. Beschäftigungslose — ; 5 3832 Arbeitnehmer im Ganzen auf J . 6 .. . . 2) Die gleiche Kategorie der angeblich Arbeitslosen vertheilte sich auf die Staaten und Landestheile, männliche und weibliche zusammengenommen, wie folgt:
12 478 und Thierzucht, Forstwirth. J weibl. 6726 schaft und Fischerei auf
zus. 19204 B. , , und Hüttenwesen,
männl. 2 875 Industrie und Bauwesen auf weibl. 14 907
zus. 97782 männl. 22 451 weibl. 3729 zus. 26180
D. Häusliche Dienste (einschl. ⸗ männl. 11 654 persönlicher Bedienung), auch weibl. 19253 Lohnarbeit wechs. Art u. s. w. ] zus. 30 907
B. Staats, Gemeinde Kirchen männl. 322
dienst, freie Berufsarten auf 1. ö
132737
C. Handel und Verkehr auf
männl.
im Dezember 28 027 29 290 36 889 50 779 20 465 35 564 66 194 36 640 17 628 21 513 11214
im Juni 5 419 4396
27 622 12 818 5122 4082 14443 9923 6738 6349 4291
Provinz Ostpreußen ö Westpreußen Stadt Berlin
Schleswig⸗Holstein
Hannover
Weftfalen
Hessen. Nassau 5279 23 023 ö. Rheinland 11 424 30 627 Hohenzollern 46 859
Königreich Preußen 117 852 1098 703 Bavern rechts des Rheins 9279 29 834 Bayern links des Rheins 879 3995 Königreich Bayern 0 178 33 829 Sachsen 20 381 28 254 Württemberg 2471 10 809 Baden 2833 7414 Hess 2053 4410 Mecklenburg⸗Schwerin 1399 5 635 Sachsen⸗Weimar 749 2748 MNecklenburg⸗Strelitz 190 1249 Oldenburg 545 2959 Braunschweig 1004 4350 Sachsen Meiningen 424 2285 Sachsen⸗ Altenburg 516 1023 Sachsen⸗Coburg. . Gotha 455 3175 nhalt 919 36515 Schwarzburg⸗Rudolstadt 236 512 Schwarz burg⸗Sondershausen 265 734 Waldeck 64 810 129 349 353 933 24 217
94 5838 391 1280 1127 2331 12 847 14539 1525 5641
179 001 553 640.
9 Elsaß . Lothringen Deut sches Reich ;
2) Die gleiche Kategorie der angeblich Arbeitslose vertheilte sich nach den Ortsgrößenklaffen, wie folgt. Es entfielen:
im Dezember 348 490 88 349
im Juni 61 469
38 624 78911 116801 zusammen 179 004 dös 640 Von den 28 Grosstädten hatten angeblich Arbeitslose, immer ausschließlich der Kranken, im Juni Königsberg 1986 (im Dezember 3927, Danzig 1176 (3209), Berlin 27 622 (36 889), Charlottenburg M9 (2124), Stettin 1203 (3042), Breslau 4232 (6874), Magdeburg 1640 (3823), Halle a. S. 1066 (1823), Altona 2605 (4398), Han⸗ nopver 1782 (3142), Dortmund 587 6 Frankfurt a. M. 1811 2h42), Düsseldorf 8ßs3 (1815), Elberfeld ses (123), Barmen 6æ2z (Y), Krefeld 348 (779), Köln 1541 (3368), Aachen 449 (1326), München 2239 (4610), Nürnberg 658 (16654), Dresden 3190 (3700), Leipzig h285 (4594), Chemnitz 1386 (1343), Stuttgart 472 (13653), Braunschweig 622 (1720), Bremen 829 (16516), Hamburg 12 653 (13 838), Straßburg 1. C. 249 (116 809. Die preußischen Sparkassen im Rechnungsjahr 1895 bezw. 1896/96. . Die vorläufigen Ergebnisse der preußischen Sparkassenstatistik lassen für das letzte Rechnungsjahr ein Wachsthum der Sparkassen · einlagen erkennen, welches die günstigsten Ziffern der Vorjahre weit hinter sich läßt. Zu dem Bestande von Ihhg, 16 Millionen Mark, welchen die 1495 in der Statistik berücksichtigten Kassen nach der Stat. Korr.“ zu Beginn des Rechnungsjahres aufwiesen, kamen 11282 Millionen Mark an zugeschriebenen Zinsen und 1134 81 an Neu- einlagen; nach Abzug von Foi,b5 Millionen Mark an Rückzahlungen blieb ein Bestand von 540, 24 Millionen, also ein Gefammtzuwachs der Einlagen um 3460s Millionen und ein Ueberschuß der Neu. einlagen über die Rückjahlungen von 233,23 Millionen. Selbst das Rechnungsjahr 1394 bezw. 1894 / 95, dessen Ergebnisse bis dahin die esten gewesen waren, hatte nur einen Gesammtüberschuß von 249, 5„5 Millionen und einen Ueberschuß. der Neueinlagen von 46,6: Millionen aufgewiesen. Inwieweit diese außergewöhnliche unahme der Spareinlagen mit einem verhältnißmäßig hohen tand des inch Te fre oder andern Ursachen als der Spar⸗ fähigkeit und Sparlust der Bevölkerung in Zusammenhang gebracht
auf die Gemeinden
unter 10 000 Einwohner auf die Gemeinden
von 10—100 000 Einwohnern auf die Großstädte
werden kann, wird eine besondere Untersuchung zeigen. Dafür, daß die Anlage bei Sparkassen zur Zeit eine verhältnißmäßig vortheilhafte ist, spricht einmal der Rückgang ihrer Zinsüberschüsse über die Einlagezinsen, der im Vorjahre noch 9, 833, im Berichtsjahre nur 0, 8ʒ v. H. der zinsbar angelegten Sparkassengelder betrug, fodann aber auch die be— sonders starke Vermehrung der höheren Konten, von welchen in der Regel anzunehmen ist, daß sie nicht Ersparnisse des Berichtsjahres, sondern früher entstandene Kapitalien darstellen, welche mit dem Ein⸗ gange bei der Sparkasse lediglich ihren Anlageplatz wechseln. Es hat ch nämlich die Gesammtzahl der umlaufenden Sparkassenbächer im Berichtsjahre (im Vorjahre) um 348 884 (271 836), und zwar auf 6 876221 Stück vermehrt. An diesem außerordentlich günstigen Er⸗ gebnisse sind die einzelnen Kontenklassen in der Weise betheiligt, daß die Anzahl der Bücher über über über über über 69 9 . . . 6 ; ; is is is is is 10000 gestiegen ist ld. 156 30h 606 3 5600 10 90 4 um Hunderttheile 4,22
16 S, Mi Ml l. 4,31 4,657 10,91 7,59 sodaß sie erreichte
492 745 Hunderttheile. 28,86 15,868 1407 15,32 22,24 3, 23 0,40 von dem Gesammtbestande der Bücher mit bekanntem Einlagebetrage. Indessen ist auch die Vermehrung der kleinen Konten sehr stark, etwa viermal so stark wie der regelmäßige Bevölkerungszuwachs.
In allen Provinzen waren schon die Neueinlagen allein erheblich größer als die Rückzahlungen; die großen Unterschiede der Sparkassen⸗ bestände haben sich im wesentlichen erhalten. Es entfielen von den Einlagen n he 5 .
Millionen Hundert⸗ Millionen Hundert⸗
auf Marr! theke auf hart! Piheile Ostpreußen 84, 62 1,195 Sachsen. . 472,09 Westpreußen 77,29 1A 78 Schl.⸗Holstein 457, 06 nnn 191 n 4,41 a 577, 92 Brandenburg 301,82 6, 95 estfalen . 700,88 Pommern 202,25 4,65 Hessen⸗Nassau 202, 12 Posen.. 68. 59 1,58 Rheinland . 631,99
Schlesien . 363,73 5,37 Hohenzollern 13,46 0,31.
Da außer den Einlagen noch Reservefonds in Höhe von 31029 Millionen Mark sowie einige kleinere Fonds vorhanden waren, Üüberstieg die Gesammtsumme der zinsbar angelegten Kapitalien den Einlagebestand noch erheblich; sie erreichte 4542,22 Millionen Mark. Die preußischen Sparkassen gehören also auch als Kreditanstalten bereits zu den bedeutsamsten Einrichtungen unseres Gemeinwesens und umfassen einen beachtenswerthen Bruchtheil des preußischen Volks— vermögens, welches schätzungsweise bekanntlich auf 70 bis 80 Milliarden Mark beziffert worden ist.
Zur Arbeiter bewegung.
Aus Hamburg berichtet das Wolff sche Bureau! zum Aus—⸗ stande der Hafen, und anderen Arbeiter; In einer Versamm— lung der Ausständigen wurde eine Resolution angenommen, in welcher erklärt wird, die Arbeiter seien trotz der ablehnenden ö des Arbeitgeber ⸗Verbandes bereit, die Hand zum
rieden zu bieten. Um zu verhüten, daß die Zusammensetzung des Schiedsgerichts auf einer der beiden Seiten Bedenken verursache, sprechen die Arbeiter den Wunsch aus, daß der Hamburger Senat, wenn er der allgemeinen Anregung aus allen Kreisen der Bevölkerung, die Vermittelung zu übernehmen, . giebt, durch eine in Gegen— wart von Vertretern des Senats erfolgende vorherige Besprechung von Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und über die Voraussetzung für die Gültigkeit der Beschlüsse eine Verständigung herbeiführen möge. Die Arbeiter betonen ausdrücklich, es handele sich für sie nicht um eine Machtfrage, sondern einzig und allein um eine Regelung der Lohn. und Arbeits— verhältnisse. Sie weisen entschieden die Behauptung zurück, daß sie, wenn ein ehrenvoller Friede geschlossen sei, schon in kürzester Frist in einen neuen Ausstand eintreten würden. Die Arbeiter wünschten einen dauernden Frieden, gegründet auf die Berücksichtigung der beider seitigen Interessen, und erklären sich ausdrücklich bereit, falls die Zwistigkeiten durch ein Schiedsgericht geschlichtet werden sollten, ein aus Vertretern der Organisation der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammengesetztes Einigungsamt als dauernde Einrichtung an⸗ zuregen, um Schädigungen, wie den gegenwärtigen, künftig vorzubeugen. — Die Ausständigen stimmten dem Vor⸗ schlage des Ausstandsausschusses zu, die Unterstützung um 1 (0 zu erhöhen. — Einhundertacht englische Dockarbeiter sind am Sonnabend in Hamburg angekommen, — In 37 Stauerei⸗ betrieben arbeiteten am Freitag 2352 Arbeiter, während unter gewöhnlichen Verhältnissen 3307 Leute erforderlich gewesen wären. Die Belästigungen der Arbeiter durch die Ausstän—⸗ digen nehmen einen ernsteren Charakter an. Am Freitag Abend überfielen die Ausständigen 30 aus Magdeburg angekommene Arbeiter am Berliner Bahnhof, als diese nach dem Hafen gebracht werden sollten, und rissen sie vom Wagen. Schutzleute zogen blank und säuberten den Platz. Mehrere Personen wurden verwundet und die Rädelsführer verhaftet. .
Aus Hangu wird der „‚Frkf. Ztg.“ gemeldet, daß in den dortigen Diam antschleifereien mit Ausnahme von dreien die Arbeiter am Sonnabend in den Ausstand traten. , , dazu gab ein von den Arbeitgebern vorgelegter herabgesetzter Lohntarif. (Vgl. Nr. 286 d. BI.) . ⸗ ; . .
Aus Amsterd am wird der Köln. Ztg.“ geschrieben; Da in den Kreisen der Juweliere und Diamantenhändler Amsterdams ein allgemeiner Arbeiterausstand in diesen Geschäftszweigen befürchtet wird, war auf Freitag Mittag eine Versammlung bon etwa hundert Arbeitgebern einberufen worden, in welcher eine Resolution ange nommen wurde, die zunächst auf sechs Monate den Abschluß folgender Uebereinkunft bezweckt: Die Arbeitgeber sind verpflichtet, J) die bisher bezahlten Tarife und Löhne aufrecht zu erhalten; 2) im Falle eines Ausstandeg, der nicht durch eine Herabsetzung der Löhne ver= ursacht würde, während der ganzen Dauer des Ausstandes alle Mit⸗
lieder einer Arbeitervereinigung auszusperren, die einen Ausstand 1 ihn begünstigt oder sich ihm angeschlossen haben. Die Leitung der drei Hauptverbände der Arbeitgeber wurden mit der Austz⸗ führung und der Aufrechterhaltung der Uebereinkunft beauftragt, die fast von allen Theilnehmern der Versammlung unterzeichnet wurde.
sunst und Wissenschaft.
Richard Wagner-Werk. Ein Bildereyelus von Ferdingnd Leeke. her e d Text von Franz Munder. Reue Folge. München, Franz Hanfstängl, Königlich baverische Hof Kunstanstalt. In Original. Einband Preis 45 * — Dem ersten Bande dieses schönen Werks, welches die Hauptscenen aus dem (Fliegenden Holländer .
Tannhäufer', „Lohengrin! und dem „Nibelungen ⸗ Cyclus. ver= anschaulichte, folgt hier ein zweiter Band mit Blättern, welche die pragnantesten Vorgänge aus den Musikdramen , und Isolde
Parsifal?! und Die Meistersinger von Nürnberg“ künstleris sest halten. Aus dem erstgenannten Dramg, das die wunderbare Mach der Liebe schildert, sind drei Scenen gewählt: Tristan mit Isolde, den
f Brangänen's trinkend, aus dem ersten Aufzug; aus dem ene , k Leuchte löschend und dem Geliebten winkend,
sowie die Zusammenkunft der Liebenden im Garten; aus dem dritten Aufzuge: des siechen, auf das Lager gestreckten Tristan Fluch über den furchtbaren Trank und der erschütternde Liebestod. Die Reihe der Bilder aus dem „Parsifalt, dem Schwanen sange des Meisters, eröffnen die Beschwörung Kundry's durch den Zauberer Klingsor und die Scene Parstfal'z mit Kundry, der „Höllenrose! im Zaubergarten; dann folgt die Taufe der Letzteren durch Parsifal und die gewaltige eindrucks⸗ volle Scene der Erhebung des erlösenden Gral ⸗Heiligthums. Den Beschluß der Bilderserie machen sechs Blätter zu den „ Meister⸗ singern von Nürnberg“. Für diese sind gewählt: aus dem ersten Aufzuge Evchen's Begegnung mit Walther von Stoljing in der Kirche und der Prebegesang des letzteren vor den Meister⸗ singern; aus dem zweiten Aufzuge: die Begrüßung des Hans Sachs durch Eva und Beckmesser's Ständchen, endlich die Zusammenkunft der beiden Liebenden in der Werkstatt des Hans Sachs und die Preiskrönung Walther's durch Eva auf der Johannis⸗Festwiese. Sämmtliche Blätter sind nach den Original⸗ kompositionen in Kupferätzung vorzüglich ausgeführt und je nach der Gesammtstimmung verschiedenfarbig zart getönt. Der von Franz Muncker verfaßte Text giebt weniger eine Erläuterung zu den einzelnen Bildern, als einen Kommentar zu dem gesammten Kunstschaffen Richard Wagner und den Gedanken, die ihn dabei leiteten, wobei die in dem vorllegen⸗ den Bande behandelten Musikdramen in ihrem Wesen und ihrer Bedeutung speziell beleuchtet werden. Auch dieser zweite Band wird allen Verehrern des unsterblichen Meisters und seiner herrlichen Werke ebensoviele Freude bereiten wie der erste. Unter den diesjährigen . ben gehört er jedenfalls zu den glänzendsten und werth⸗ vollsten.
Aus demselben Kunstverlage von Franz Hanfstängl in München liegt ferner ein schönes photographisches Blatt vor, welches ein bisher in der Oeffentlichkeit nicht bekanntes Bildniß der Königin Luise wiedergiebt. Dieses Porträt (Brustbild), dessen Original sich im Besitze Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich be⸗ findet, stellt die unvergeßliche Monarchin, die Mutter Kaiser Wil⸗ helm's des Großen, in noch fast mädchenhaft zarter Er⸗ scheinung dar. Das liebliche, von reichen Locken umrahmte Gesicht mit den sprechenden Augen ist dem Beschauer zugewendet; das einfache, duftige Kostüm zeigt die antikisierende Mode der da⸗ maligen Zeit und läßt den schlanken, schmucklosen Hals frei. Als Maler des Porträts wird auf dem Blatte C. Tischbein genannt, also ein Mitglied jener weit verzweigten Künstlerfamilig, deren Signatur zahlreiche Bildnisse hochstehender und berühmter Persönlichkeiten des vorigen und aus dem Anfange dieses Jahrhunderts tragen. Die Sorgsamkeit, mit welcher die Hanfstängl'sche Anstalt bei der Re⸗ produktion von Kunstwerken stets verfährt, giebt die Gewiß⸗ heit, daß das Hriginalgemälde mit allen Feinheiten der Incarnation und der sonstigen malerischen Qualitäten in der einfarbigen Seala der Töne getreu wiedergegeben ist. Soviele Porträts von der Königin Luise, deren Schönheit und Güte so hoch und mit Recht gerühmt worden, bereits bekannt sind, es kann sich doch bisher kaum eines an Liebreiz und Anmuth mit dem oben erwähnten messen. Daß selbe erscheint gerade zur rechten Zeit, da sich alles für die Jubel⸗ feier des 22. März 1897 rüstet, und ist in dieser photographischen Ausgabe je nach der Größe des Formats für 18, 7,50, 4, 3 und 1 40, sowie ferner als Gravüre zum Preise von 15 S6 von dem genannten Verlage sowie durch alle Kunsthandlungen zu beziehen.
Literatur.
k. Die deutsche Kaiseridee in Prophetie und Sage. Von Dr. F. Kampers. München, H. Lüneburg, 1896. Pr. 5 6 — In der Einleitung dieses Buches wird dargelegt, daß sich bei allen Völkern der Welt Sagen finden, die von einem goldenen Zeitalter, einer Epoche ewigen Friedens und vollendeter Glückseligkeit berichten, und ebenso Prophezeiungen, die die Wiederherstellung dieses Glückes durch einen großen Helden oder Befreier verheißen. Naturgemäß treten diese Zukunftshoffnungen immer am stärksten in Zeiten der Trübsal und Bedrängniß auf, und mit Vorliebe. knüpfen sie an große geschichtliche Persönlichkeiten an. Auf dieser Grundlage untersucht nun der Verfasser die deutsche Kaisersage, die in der Kyffhäuserlegende ihre poetischste Form nn, hat, und stellt fest, daß das ganze Mittelalter hindurch Hoffnungen auf das Erscheinen eines solchen Messias gehegt wurden, als den man bald Karl den Großen, bald Otto J., bald, einen der Hohenstausen ansah. Die Sagen erfüllen sich mit nationaldeutschen oder impe⸗ rialistischen oder klerikalen oder antipäpstlichen Gedanken; je nach der Lage der politischen, kirchlichen und sozialen Verhältnisse ändern sich die Wünsche, deren Erfüllung man von dem kommenden oder wieder⸗ erscheinenden Helden erwartet. Das Werk hehandelt den Gegenstand sehr gründlich und sei daher allen, die sich für den e ,. intereffieren, als fleißige, erschöpfende Darstellung dieses Themas
empfohlen.
vg ,n, Feldherren und Helden. Als Beitrag zur vaterländischen Geschichte von Wilhelm Bußler. 4. Band. Gotha, Schlößmann, 1896. Preis 3 — Diese Sammlung Ekurz efaßter Lebensbilder sämmtlicher Heerführer, deren Namen preußische , n, tragen‘, behandelt im vorliegenden Bande die Namen: Prinz August von Preußen, von Podbielski, von Peucker, von voltzen · dorff, von Scharnhorst, von Clausewitz, von Linger, von Hindersin, . von Dieskau, Fürst Raxziwill, von Rauch. Dag Buch will keine erschöpfenden Biographien dieser Generale bringen, sondern nur kurze Skizzen ihres militärischen Lebens und ihrer Verdienste, die die Persönlichkeit deß Einzelnen in den Hauptcharakterzügen erkennen lassen. Die Erzählung ist im allgemeinen zutreffend, nur hätte hier und da der Stil etwas sorgfältiger gefeilt werden können.
ff. Die Schreckenstage von Saalfeld und der Helden⸗
tod des Prinzen Ludwig Ferdinand von Preußen. Von B. E. König. Meiningen Se , und Koritzer, 1896. Pr. 1 4 — Dieses Büchlein giebt nicht eine zusammhängende Darstellung des Treffens von Saalfeld, fondern es behandelt nach einer kurzen Ueber-
cht über das Gefecht nur einige Momente und stellt insbesondere die Berichte über den Tod des Prinzen Ludwig Ferdinand zusammen. Gs geht daraus hervor, daß der Prin im Kampfe mit einem franzö— sischen r,, enen ist. Das Buch ist mit einigen hübschen
llustrationen geschmückt. . . ar l e ssche⸗ Magazin. 72. Band, 1. Görlitz, H. Tischaschel, 1396. — In dem vorliegenden Heft schildert Hermann Seeliger die Geschichte des Oberlausitzer Sechsstãdtebünd nisses während der Zeit von 1346 bis 1437. Da die Krone Böhmen, zu der die Bberlausitz gehörte, nicht im stande war, für Ruhe und Sicherheit ju forgen, so thaten sich die Städte Görlitz, Lauban, Jittau. Bautzen, Löbau, Kamenz . um sich in der Abwehr eden Friedensbruches und der Ver hg von Verbrechern zu unter. . Der Bund wurde in jener Gegend bald ein wichtiger Faktor, und nicht nur der räuberische Kleinadel hatte ihn zu fur sondern auch mächtige 6. wie die benachbarten
rafen von Meißen und Mähren, hatten mit ihm . rechnen. — selbe Thema behandelt P. Arras, der eine Anzabt Regesten aus Bautzener Raths. Archiv, die sich 7 die sechs Städte sammenstellt. -= Einen 96 wirthschaftsgeschicht lichen rührt Hermann Knothe, nämlich die Auffkaufung von Bauer
Rittergutsbesitzer. Die Bauern der Lausitz, ursprünglich