Gbensowenig wird Deutschland die Vortheile des Regimes für
An schem mn n,, in Bezug auf die Zölle und die Schiffahrt besteht oder bestehen wird, vorausgesetzt, daß ihm das Meistbegunstigungsrecht im Vergleich zu jeder anderen Macht gewahrt bleibt.
Hiernach werden die Rechte, Privilegien und Vortheile jeder Art, welche irgend einer dritten Macht — ausgenommen Frankreich — in Tunis zugestanden sind, oder in Zukunft zugestanden werden, von Rechtswegen ohne weiteres auch eutschland zukommen, und keine dritte Macht — immer Frankreich ausgenommen — wird in dem Schutzgebiet in irgend einer Beziehung günstiger behandelt werden, als Veutschland.
Es besteht Einverständniß darüber, daß hingegen Deutschland in den vorerwähnten Beziehungen Tunis das, Meistbegünstigungsrecht zugestehen wird.
Die in der gegenwärtigen Erklärung enthaltenen Abreden sollen sofort nach Austausch der Ratiffkattonen in Kraft treten und bis zum 31. Dezember 1903 in Geltung bleiben. Im Falle keiner der der— . Theile zwölf Monate vor dem Eintritt dieses Termins seine Absicht, die Wirkungen der Erklärung aufhören zu lassen, kund⸗ giebt, soll diese in Geltung bleiben bis zum Ablauf eines Jahres von dem, Tage ab, wo der eine oder der andere der bertragschließenden Theile sie kündigt.
Die gegenwärtige Erklärung soll ratifiziert und die Ratifikations— Urkunden sollen in Berlin sobald als möglich ausgetauscht werden.
Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten die gegenwärtige Erklarung in zwei Exemplaren unterschrieben.
Geschehen zu Berlin, den 18. November 1896.
(L. S.) Freiherr von Marschall. (L. S.) Marquis de Noailles.
Die der Erklärung beigefügte erläuternde Denkschrift lautet:
Deutschland hat in Tunis auf Grund althergebrachter, auf den türkischen Kapitulationen beruhender Uebung bis in die neuefte Zeit die Meistbegünstigung genossen. Der Inhalt der Meistbegünstigung ergab sich jum theil aus den gedachten Kapitulationen selbst, soweit diese nicht im Laufe der Zeit durch ausdrückliche Abmachungen oder durch stillschweigende Uebung Einschränkungen erfahren hatten, zum theil aus den von einzelnen Mächten mit der tunefischen Regierung abgeschlofsenen Sonderverträgen. Von solchen Sonderberträgen kamen insbesondere in Betracht die Handelskonvention zwischen Bunis und Oefterreich⸗ Ungarn vom 17. Januar 1856, der Freundschafts , Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen Tunis und Italien vom 3. September 1868 und die Generalkonvention zwischen Tunis uad Großbritannien vom 19. Juli 1875, welche letztere durch die darin enthaltene Festlegung eines 8 oigen tunesischen Werthzolls die Grund lage des seitherigen tunesischen Zolltarifs bildete.
Auch Frankreich, das durch seine algerischen Besitzungen in Afrika von Alters her als Nachbarreich in näherer Berührung mit der Regentschaft stand, hatte verschiedentlich Sonderverträge mit Tunis abgeschlossen, ohne daselbst eine Ausnahmestellung gegenüber den übrigen Mächten einzunehmen. Nachdem es aber im Jahre 1881 das Protektorat über Tunis übernommen hatte, konnte die dadurch gewonnene Sonderstellung Frankreichs nicht ohne Einfluß auf das Verhältniß der übrigen Mächte zu dem Schutzgebiet bleiben! In
die ser Hinsicht ist insbesondere die einige Jahre später erfolgte Ver—
ständigung Frankreichs mit den anderen Mächten iber den Uebergang der fremden Konsulargerichts barkeit auf die französischen Gerichte in Tunis hervorzuheben. Auch auf wirthschaftlichem Gebiete erfolgte allmählich eine Annäherung zwischen Frankreich und seinem Schutz⸗ gebiet, insbesondere auch durch die französischerfeits in zunehmendem Umfange gewährte zollfreie Einfuhr tunesischer Erzeugnisse nach Frankreich.
Um seine als Schutzmacht gewonnene Vorzugẽsstellung in Tunis weiter zu befestigen und die Rechte der fremden Staaten in dem Schutzgebiete auf eine neue vertragsmäßige Grundlage zu stellen, kündigte Frankreich sodann im vorigen Jahre den zum 28. Sep⸗ tember d. J. erstmals kündbaren tunesisch.italienischen Vertrag von 1868 und trat im Sommer d. J. auch mit Oesterreich Ungarn und Großbritannien in Verhandlung wegen Aufhebung beziv. Aenderung der zeitlich nicht begrenzten Verträge zwischen Tunis und die sen Ländern. Schon im Juli d. J. kam es zwischen Frankreich und Desterreich⸗Ungarn wegen Tunis zu einer Verständigung auf der Grundlage gegenseitiger Meistbegünstigung in dem Sinne, daß Desterreich. Ungarn unter Verzicht auf die Kapitulationen in Tunis die Gleichstellung mit allen anderen Staaten, ausgenommen Frankreich, zugesichert erhielt. Demmnächst erfolgte im September d. 2 eine Verständigung zwischen Frankreich und JItallen auf der gleichen Grundlage, wobei durch den Abschluß eines sörmlichen Handels, und Schiffahrtsvertrages, eines Konsularpertrages und eines Auslieferungs— vertrages die Rechte der italienischen Staatsangehörigen und Kon suln und die Rechte Italiens in Bezug auf Handel. und Schiffahrt in Tunis sowie das Auslieferungswesen in eingehender Weise neu geregelt wurden.
Ebenso wie Italien und Oesterreich⸗- Ungarn waren auch andere
Staaten, so Rußland, die Schweiz, Belgien, die Niederlande . .. darauf bedacht, unter Anerkennung der Vorzugsstellung Frankreichs in e i. sich daselbst die Gleichstellung mit allen übrigen Staaten zu sichern. Unter diesen Umständen schien es geboten, der auch an die Kaiser⸗ liche Regierung herangetretenen französischen Anregung auf Abschluß eines analogen Abkommens gegenüber sich nicht ablehnend zu verhalten. Zunächst war es die Frage der Beseitigung der Kapitulatlonen, welche der Eiwägung bedurfte. Die Annahme des rechtlichen Fortbestandes der türkischen Kapitulationen in Tunis hatte zweisellos die seit alter Zeit bestehende, bis in die neueste Zeit erhaltene Uebung sür sich, entbehrte aber immerhin einer juristisch unanfechtbaren Grundlage. Diese rechtlich viel bestrittene Frage konnte indessen umfomehr auf sich beruhen bleiben, als, abgesehen davon, daß die aus den Kaßitulationen hergeleiteten Rechte im Laufe der Zeit wesentliche Einschränkungen erfahren hatten, durch die oben erwähnten neuen, zwischen Frankreich und Italien bezüglich Tunis ab⸗ geschlessenen Konsular⸗, Handels. und Schiffahrte verträge, die zur Zeit dem italienischen Parlament zur Genehmigung vorliegen, die wesentlichen, bisher aus den Kapitulationen hergeleiteten Rechte Italien nunmehr aufs neue gewährleistet sind, und Deutschland ver⸗ möge der Meistbegünstigung zu gute kommen werden.
In diesen Verträgen ist Italien insbesondere die Freiheit des Landels und der Schiffahrt in Tunis gewährleistet. Die italienischen Schiffe und ihre Ladung sind den einheimischen und den französischen Schiffen in Tunis glei gestellt. Die italienischen Staatsangehbrigen sollen in Tunis für ihre Person und ihr Vermögen auf demselben Eiße behandelt werden wie die Nationalen und die Franzosen.
ie sind vom Militärdienst jeder Art, sowie vom Dienst in der Marine befreit, ebenso von jeder auf der Befreiung vom Militärdienst ruhenden Abgabe. Sie haben das Recht, sich in Tunis niederzulassen, Handel u. s. w. zu treiben, Eigenthum, auch von Immobilien, zu erwerben, zu besitzen und zu verkaufen und über ihren gesammten Nachlaß zu verfügen; sie sind befugt, vor den Ge—Q richten Recht zu nehmen; insoweit ausnahmsweise für Rechts streitig· keiten über Immobilien noch die tunesischen Gerichte zuständig sind, ist, ibnen das Recht der Assisten; des Konsuls bei Vermeidung der Nichtigkeit des Verfahrens gewährleistet. Die italienischen Konsuln in Tunis sind, sofern sie Italiener sind und keine anderen Geschäͤfte betreiben, von Einquartierung und Kriegslasten, sowie von allen direkten und persönlichen Abgaben befreit, insoweit sie nicht Immobilien der tunesische Werthe besitzen; sie genießen persöniiche Immunität, können nur wegen der ais Verbrechen strafbaren Delikte verhaftet werden, und unterliegen nicht dem Zwang des Erscheineng vor Gericht. Sie sind zur Autühung der üblichen konfularischen Befugnisse, ins—⸗ besondere auch zur Ausübung der sogenannten freiwilligen Gerichts- barkeit bestgt. und, zur Mitwirkung bei der Regulierung der Nachlässe ihrer Nationalen in weitem Umfange berufen; sie haben die üblichen Rechte über die Schfffe ihrer Nationalität und deren Hesatzungen u. s. w.
ch in pruch nehmen, welches 3 Frankreich und dessen tune⸗ ĩ
Wegen der gegenseltigen Ausllejerung flüchtiger Verbrecher zwischen Deutschland und Tunis ist eine befondere Verständigung mit Frankreich vorbehalten.
Bei den Verhandlungen über das vorliegende Abkommen ist der Versuch gemacht worden, für die wichtigeren Artikel der deußschen Ausfuhr nach Tunis die Festlegung entfprechender tunesischer Einfuhr⸗ olle zu erlangen. Franzoͤsischerseits wurden dagegen alle tarifarischen
erhandlungen von vornherein abgelehnt. Es konnte jedoch mit Räck— sicht auf die nicht ganz unbedeutende Ausfuhr Deutschlands nach Tunis, die von sachverständiger Seite auf mindestens 3 Millionen
ranken geschätzt wird, nicht zweckmäßig erscheinen, auf eine Ver—Q tändigung mit Frankreich zu verzichten, welche der deutschen Ein⸗ uhr in Tunis immerhin die n m mit derjenigen aller übrigen Länder, ausgenommen . reich, darbot. Da zunächst der bisherige, auf dem englisch⸗tunesischen Vertrage von 1875 beruhende tunesische Zolltarif auf die mit Tunis durch Vertrag ver= bundenen Staaten noch Anwendung findet, unterliegt auch die deutsche Einfuhr bis auf, weiteres den bisherigen tunesischen Einfuhrzöllen. Wie lange und inwieweit dieser Zustand erhalten bleiben wird, wird bon dem Ausgange der zur Zeit noch nicht zum Abschlusse gelangten Verhandlungen jwischen Frankreich und. Großñbritannien abhängen. Nach dem neuen Vertrage zwischen Frankreich und Italien soll der tunesische, auf die Vertragsstaaten anwendbare Zolltarif, abgesehen von einigen für die deutsche Ausfuhr nach Tunis nicht in Betracht kommenden Artikeln, in keinem Falle höher sein wie die Sätze des französischen Minimaltarifs.
Die, Gewährung der Meistbegünstigung für die tunesische Ein— fuhr in Deutschland erschien mit Rücksicht darauf unbedenklich, daß ein 1 tunesischer Waaren in Deutschland in erheblichem Umfange nicht wohl in Frage steht und daß überdies die meisten tunesischen Waaren zollfrei nach Frankreich eingehen, und von dort thatsächlich als französische Waaren nach Deutschland gebracht werden können
Das Abkommen ist zunächst nur mit Gältigkeit bis zum 31. De— zember 1903 abgeschlossen, um Deutschland für die Zeit des Ablaufes seiner wichtigeren Handelsverträge auch nach dieser Richtung hin freie Hand zu wahren. Es ist aber die weitere Fortdauer deß Abkommens mit einjähriger Kündigungefrist vorgesehen, falls die Kündigung zu dem gedachten Termine von keiner Seite erfolgt.
Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende Entwurf eines Gesetz es, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Handels kammern vom 24. Fe⸗ bruar 1870, zugegangen:
Artikel J.
Die §8§3 bis 5 des Gesetzes über die Handelskammern werden
durch folgende Bestimmungen nit,
Die Mitglieder der Handelskammer werden gewählt. Berechtigt, an der Wahl theilzunehmen, und verpflichtet, zu den Kosten der Handelslammer beizutragen, sind: ,
ID. diejenigen Kaufleute (natürliche und juristische Personen), die als Inhaber einer Firma in einem der für den Bezirk der Handels“ kammer geführten Handelregister einget cagen stehen,
2) diejenigen Gesellschaften, die in einem der Handels⸗ oder Genossenschaftsregister des Handelskammerbezirks eingetragen stehen,
3), die im Bezirk der Handelt kam mer den Bergbau treibenden Alleineigenthümer oder Pächter eines Bergwerks, Gewerkschaften oder Gesellschaften, auch wenn sie nicht im Handels oder Genossenschafts⸗ register eingetragen stehen, ;
4 die Besitzer von im Handelskammerbezirk belegenen Betriebs—⸗ stätten, welche zu einem außerhalb dieses Bezirks bestehenden, im . eingetragenen Unternehmen gehören, auch wenn die Betriebtstätten nichl im Handelsregister einge ragen stehen.
Reichs und Staatsbetriebe find von Wahl ech und Beitrags⸗
pflicht ausgeschlossen. 54
Die Handelskammer kann beschlleßen, daß Wahlrecht und Bei— tragspflicht außer von den Erfordernissen des 3 von der Veranlagung in einer bestimmten Klasse oder zu einem bestimmten Satze der Ge⸗ werbesteuer bedingt sein soll. Der Beschluß unterliegt der Genehmi⸗ gung des Ministers für Handel und Gewerbe.
355
§ 5.
Befähigt, die Wahlstimme abzugeben, sind Personen, die im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind, weder unter Vormundschaft noch unter Pflegschaft stehen und nicht gemäß § 9 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.
Wahlherechtigte Personen, die hiernach zur Abgabe der Wahl—⸗ stimme befähigt sind, üben das Wahlrecht persönlich aus. Eine Ver— tretung bei den Wahlen findet statt:
1) für offene Handelsgesellschaften durch einen zur Vertretung befugten Gesellschafter, für andere wahlberechtigte Gesellschaften, Ge⸗ werkschaften und juristische Personen durch einen ihrer gesetzlichen ö und, wenn sie einen solchen nicht haben, durch ein Vorstands⸗ mitglied,
2) für Personen weiblichen Geschlechts, für Personen, die unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen, und für Zweigniederlassungen und Betriebsstätten, die einem andelskammerbezirk, in dem ihre Hauptniederlassung nicht belegen ist, angehören, und nicht von einer nach den vorstehenden Bestimmungen wahlberechtigten Person geleitet werden, durch einen im Handelsregister eingetragenen Prokuristen, oder, wenn sie einen solchen nicht haben, durch einen besonders bestellten Bevollmächtigten.
Die Handelskammer kann beschließen, daß bei den Wahlen die Vertretung durch einen in das Handelsregister eingetragenen Pro⸗ kuristen allgemein zugelassen werde. Sie hat in diesem Fall auch die zur Ausführung dieses Beschlusses etwa erforderlichen Bestimmungen, namentlich über die Legitimation des die Wahlftimme abgebenden Prokuristen zu treffen.
Artikel II.
Die §§5 7 und 8 des Gesetzes über die Handelskammern werden durch folgende Bestimmungen 8
. 8 5 . Mitgliedern der Handelskammer wählbar sind deutsche Staatsangehörige, die mindestens 25 Jahre alt und nach den §§5 3 bis 5 zur Abgabe der Wahlstimme befähigt sind.
Von den in § 5 unter Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 3 aufgeführten
Vertretern sind jedoch nur die Prokuristen bei elner Zweignieder · laffung wählbar. Mehrere Vertreter derselben Gesellschaft, Gewerkschaft oder juristischen Person (Gesellschafter, gesetzliche Vertreter, Vorstands⸗ mitglieder, Prokuristen) dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder derselben Handelskammer sein.
§ 8.
Die Handelskammer kann beschließen:
1) daß Personen, die nach 7 zu Mitgliedern der Handels—⸗ kammer gewahlt werden konnten, auch dann waͤhlbar bleiben, wenn sie 8. die Wählbarkeit begründende Thätigkeit oder Stellung aufgegeben aben,
2) daß auch andere als die in 57 Absatz 2 bezeichneten Proku⸗ risten zu Mitgliedern gewählt werden können.
Die Wählbarkeit kann für die unter Ziffer 1 aufgeführten Per- sonen von der Leistung von Beiträgen abhängig gemacht werden.
Mehr als der fünfte Thesl der Mitglieder der Handelskammer darf nicht aus Personen bestehen, deren Wählbarkeit auf Beschluß der Handelskammer beruht.
Artikel III.
a. Die §§ 10 und 11 des Gesetzes über die Handelskammern
werden durch folgende kö ersetzt: 10.
Die Handelskammer kann durch Statut beschließen, daß die Wahlen nach engeren Bezirken oder nach Abtheilungen der Wahlberechtigten vorzunehmen sind, oder daß eine Abstufung des Wahlrechts nach der Höhe der Handelskammerbeiträge statifindet. In dem Statut sind
zugleich die zur Ausführung der Beschlüsse erforderlichen mungen zu treffen, insbesondere über die Abgrenzung der War en n, und Wahlabtheilungen und die Vertheilung der Mitglieder h. andelskammer auf die Wahlbezirke und Wahlabthellungen, sow uͤber den bei Abstufungen des Wahlrechts anzuwendenden Maßstab ; Das Statut unterliegt der Genehmigung des Minjsters fin Handel und Gewerbe. So lange ein solches Gta kt nicht erlassen ist, erfolgen die Wahlen zur Handelskammer durch alle Wahl. ei gl ten des Handelskammerbezirks gemeinsam und mit gleichem echte.
§ 11.
Zur Vorbereitung der Wahlen stellt die Handelskammer eine Liste der Wahlberechtigten auf, die eine Woche lang öffentlich aus. zulegen ist. Hat die Wahl nach Wahlbezirken oder Wahlahtheslungen zu erfolgen, so ist für jeden Wahlbezirk und für jede Wahlabt heilung eine besondere Liste aufzustellen und auszulegen.
.Die Handelskammer macht Ort und Zeit der Auslegung mit dem Hinzufügen bekannt, daß Einwendungen gegen die Liste innerhalb einer Woche nach beendeter . bei ihr anzubringen seien.
Nach Ablauf dieser Frist beschließt sie über die erhobenen Ein⸗ wendungen und stellt die Wahlliste fest. Gegen den Beschluß findet innerhalb 2 Wochen die Klage beim Bezirksausschusse statt. Ver Fortgang des Wahlverfahrens wird dadurch nicht gehemmt.
In Wahlbezirken, für welche eine Handelskammer noch nicht vor⸗ handen ist, werden die der Handelskammer durch Absatz 1 bis 3 zu— gewiesenen Aufgaben von dem Regierunge⸗Präsidenten wahrgenommen.
b. Der § 14 des Gesetzes über die Handelskammern erhalt folgenden zwelten Absatz:
Durch das auf Grund des 5 10 zu erlassende Statut kann ein von den Bestimmungen des Abfatzes 1 abweichendes Wahlverfahren
beschlossen werden. Artikel IV. Der § 16 des Gesetzes ö folgende Bestimmungen ersetzt:
Die Mitglieder der Handelskammer werden auf sechs Jahre gewählt. Alle zwei Jahre scheidet ein Dritttheil aus und wird durch neue Wahlen (Ergaͤnzungswahlen) ersetzt. Soweit die Zahl der Mitglieder nicht durch drei theilbar ist, bestimmt die Handelskammer, bei welchen Ergänzungswahlen die übrig bleibende Zahl der Mit glieder durch Neuwahl zu ersetzen ist. Die Handelskammer hat ferner, wenn die Wahlen nach Wahlahtheilungen oder Wahlbezirken erfolgen, die ausscheldenden Mitglieder auf die Abtheilungen oder Bezirke an— gemessen zu vertheilen.
Die das erste und das zweite Mal Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt.
Die Ergänzungswahlen finden vor Schluß des Kalenderjahres statt Die Gewählten beginnen ihre Thätigkeit mit dem Beginn dez felgenden Jahres. Die Ausscheidenden können wieder gewählt werden. Sie bleiben im Amte, bis die Neugewählten die Geschaͤfte über— nommen haben.
§ 16a.
Wahlen zum Eisatz von Mitgliedern, die außerhalb der regel— mäßigen Ergänzung der Handelskammer ausgeschieden sind (Ersatz= wahlen), werden im Anschluß an die nächsten Ergänzungswahlen vollj᷑ogen.
Sie sind schon vorher zu vollziehen, wenn der Minister für Handel und Gewerbe oder die Handelskammer es für erforderlich frachtet, und können alsdann unter Zugrundelegung der bei der letzten Ergänzungswahl festgestellten Liste der ee l ehenigten vollzogen werden.
„Der Ersatzmann bleibt bis zum Ende derjenigen Wahlperiode in Thätigkeit, für welche der Ausgeschiedene gewählt war.
Die Wahl jedes Ersatzmannes erfolgt in einem besonderen Wahl⸗ gange; nur wenn mehrere Ersatzmänner für eine gleiche Wahlperiode von derselben Wahlabtheilung oder demselben Wahlbezirk zu wählen sind, erfolgt die Wahl in einem gemeinsamen Wahlgang.
Artikel V. a:. Der § 21 des Gesetzes über die Handelskammern er halt folgenden Zusatz:
Die Handelskammer kann beschließen, ihren Mitgliedern eine den baaren Auslagen für die Theilnahme an den Sitzungen entsprechende Entschädigung zu gewähren.
b. Der F 23 des Gesetzes über die Handelskammern wird durch folgende Bestimmungen ersetzt:
§ 23.
Soweit die in dem Haushaltsplan veranschlagten Kosten der Handelskammerverwaltung nicht durch besondere Einnahmen gedeckt werden, werden sie auf die Wablberechtigten (565 3 und 4) umgelegt. Den Maßstab bildet die staatlich veranlagte Gewerbesteuer. Dabei bleibt derjenige Theil der Gewerbesteuer außer Anrechnung, der auf
Niederlassungen, Betriebe oder Betriebsstätten entfällt, die ibren Sitz
nicht im Handelskammerbezirk haben.
In Gemeinden, die eine besondere Gewerbesteuer eingeführt haben (S8 29 des Kommunalabgaben⸗Gesetzes vom 14. Juli 1893), kann durch Beschluß der Handelskammer nach Anhörung der Betheiligten der auf die Wahlberechtigten der Gemeinde entfallende Betrag an Vandelskammerbeiträgen durch Zuschläge zu der besonderen Gewerbe⸗ steuer aufgebracht werden.
Daruber, in welcher Weise Wahlberechtigte, die nicht zur Ge— werbesteuer veranlagt sind, zu Handels ammerbeiträgen herangezogen werden, beschließt die Handelskammer.
§ 23 a.
Das Ergebniß der Veranlagung zur Gewerbesteuer wird der — von den Steuerausschüssen kostenfrei mitgetheilt. Insoweit die Veranlagung sich auf mehrere Niederlassungen, Betriebe oder Betriebestätten eines Beitragopflichtigen erstreckt, die ihren Sitz nicht sämmtlich im Bezirk einer Handelskammer haben, theilen die Steuerausschüsse den betheiligten Handelskammern die auf ihre Be⸗ zirke entfallenden Theilbeträge mit.
Die Handelskammer stellt agg die Beiträge fest.
Auf Ersuchen der Handelskammer haben die Gemeinden und Gutsbezirke die Erhebung der Handelskammerbeiträge gegen eine Ver⸗ gütung von höchstens drei vom Hundert der eingezogenen Beiträge zu bewirken und die Beiträge durch Vermittelung? der Kreis- (Steuer · Kassen an die Handelskammer abzuführen.
Die Handelskammerbeiträge sind öffentliche Lasten. Rückständige Beiträge werden in derselben wen wie Gemeindeabgaben eingezogen.
c.
Einsprüche gegen die Heranziehung zu Handelskammerbeitragen sind innerhalb zwei Wochen nach der Zahlungsaufforderung bei der Handelskammer anzubringen, die darüber beschließt. Gegen den Be— schluß findet innerhalb zwei Wochen nach der Zustellung die Klage beim Bezirkausschusse statt.
Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung.
Einsprüche, welche sich gegen den dem Handels kammerbeitrage zu Grunde liegenden Satz der staatlich veranlagten Gewerbesteuer richten, sind unzulässig.
§ 234.
Die Handelskammer ist befugt, zur Deckung der Kosten von An— stalten, Anlagen und Einrichtungen, die für einzelne Theile des Dandele kammerbezirks oder für einzelne Betriebszweige ausfchließlich bestimmt sind oder ihnen vorzugtweise zu gut= kommen, die Beitrags⸗ pflichtigen dieser Bezirkstheile oder Betrie szweige zu besonderen Bei⸗ trägen heranzuziehen.
Die Verwaltung solcher Einrichtungen kann durch Beschluß der Handelskammer örtlichen oder fachlichen Aus schüssen übertragen werden, die aus Mitgliedern der Handelskammer Und! Vertretern der be⸗ theiligten Bezirkstheile oder Betriebszweige zu bilden sind.
. Die auf Grund dieser Bestimmungen efaßten Beschlüsse unter liegen der Genehmigung des Ministers für 6 und Gewerbe.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger
1896.
n 297. Berlin, Dienstag, den 15. Dezember —— mm m r — ——— ———
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Artikel VI. Der § 29 des , über die Handelskammern wird durch folgende Bestimmungen ersetzt: . wol Die . hat die Rechte einer juristischen Person. . Sie führt ein den heraldischen Adler enthaltendes Siegel mit der Umschrift: „Handelskammer zu (für) . . .. . Sie wird nach außen vertreten durch den Vorsitzenden oder seinen Stellvertreter. . Urkunden, die die Handelkkammer vermögensrechtlich verpflichten sollen, müssen unter ihrem Namen von dem Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter und einem Mitgliede der Handelskammer vollzogen
werden. . Artikel VII. .
a. Der § Il des Gesetzes über die Handelskammern erhält fol⸗ genden zweiten Absatz: ö. . h 3 sind bee rd Anstalten, Anlagen und Einrichtungen, Lie die Förderung von Handel und Gewerbe, sowie die technische, geschäftliche and sittliche Ausbildung der darin beschäftigten Gehilfen und Lehr— linge bejwecken, zu begründen, zu unterhalten und zu unterstützen.
b. Hinter 8 34 wird folgender 8 34a eingeschaltet:
4. A.
Die Handelskammer ist befugt, Die pacheure und solche Gewerb— reibende der in S 36 der Reichs ⸗ Gewerbeordnung bezeichneten Art, deren Thätigkeit in das Gebiet des Handels fällt, öffentlich anzustellen und zu beeidigen. Auf Auktionatoren findet diese Bestimmung keine Anwendung. Vorschriften, die die Handelskammer für die hiernach angestellten Personen erläßt, sind dem Minister für Handel und Ge— werbe vorzulegen. .
Der Handelskammer liegt ferner die Autstellung von Ursprungse— zeugnissen und anderen dem Handelsverkehre dienenden Bescheinigungen ob. Artikel VIII. .
Der § 36 des Gesetzes über die Handelskammern erhält folgende Zusätze als zweiten, dritten und vierten Absatz. . .
is in Absatz 1 aufgeführten Köiperschaften sind befugt, sich in Handelskammern umzuwandeln. : .
Die Umwandlung erfolgt durch ein von der Körperschaft zu be⸗ schließendes, der Genehmigung des Ministers für Handel und Gewerbe unterliegendes Statut, in welchem über die Verwaltung der Einrich. tungen und des Vermögens der Körperschaft, sowie über das für die neue Handelskammer maßgebende Wahlsystem Bestimmung zu treffen sst. Durch das Statut kann die bisherige Bezeichnung der Körper schaft und ihrer Vertretung aufrecht erhalten werden. . ;
Der Artikel VII dieses Gesetzes findet auf die vorerwähnten Körper⸗ schaften Anwendung.
Artikel IX.
Vor Schluß des Jahres 1897 ind für die zur Zeit bestehenden Handelskammern Neuwahlen der Mitglieder vorzunehmen.
Die dem Entwurf beigefügte allgemeine Begründung
lautet:
Der dem Hause der Abgeordneten in seiner letzten Tagung vor— gelegte Entwurf eines Gesetzes über die Vande ls kammern beweckte einen organischen Aufbau dieser Vertretungskörper in einer gleichmäßig Über das ganze Staatsgebiet sich erstreckenden Einrichtung. Nachdem der Entwurf gegenüber den grundsätzlichen Bedenken, welchen er bei der Berathung begegnete, von der Königlichen Staatsregierung zurück⸗ gezogen ist, glaubt dieselbe den Gedanken einer planmäßigen Organi⸗ sation der Vertretung des Handels im Wege der Gesetzgebung zunächst aicht weiter verfolgen zu sollen, zumal eine Ver vollständigung des gegenwärtigen Bestandes der Handelskammern auch im Verwaltungs ⸗ wege durch die Initiative der Betheiligten erreichbar ist.
Eine Reihe von Handeltkammern hat bereits die Einbeziehung benachbarter Gebiets heile, die bisher einer Vertretung entbehrten, in ihren Bezirk nachgesucht. Auch wird für Landestheile, für die ein Anschluß an eine benachbarte Kammer nicht in Frage kommt, die Errichtung neuer Kammern auf der Grundlage des Gesetzes vom 24. Februar 1870 auf den Antrag der Betheiligten erfolgen können, soweit ein Bedürfniß hierfür anzuerkennen ist. e
Der vorliegende entwurf heschränkt sich darauf, unter Festhaltung der Grundlagen des Gesetzes vom 24. Februar 1870 einzelne Be⸗ stimmungen desselben in soweit umzugestalten, als sie mit neueren Gesetzen nicht im Einklang stehen, die Thätigkeit und Bewegungs⸗ freiheit der Handelskammern in unctwünschter Weise einschränken, oder sich sonst als abänderungsbedürftig erwiesen haben. Schon bei der Berathung des vorigjährigen Gesetzentwurfs wurde das Bedürfniß solcher Aenderungen und Ergänzungen des bestehenden Gesetzes auch don den Gegnern der Vorlage ausdrücklich betont und eine ent⸗ sprechende Sichtung und Umgestaltung desselben anheim gegeben. Daß in diesen Beziehungen eine Ergänzung des Gesetzes vom 24. Februar 1870 geboten sei, wird von den Handelskammern ausnahmslos an— erkannt.
Um zunächst die Ucbereinstimmung mit der neueren Gesetzgebung herzustellen, sind neue Bestimmungen nothwendig, sowohl für die Um legung der Handelskammerbeiträge, deren rechtliche Grundlage durch die Reform der Gewerbesteuer in verschiedenen Beziehungen in Frage gestellt ist, als auch für deren Einziehung, die infolge der Neu— organisation der staat lichen Kassen auf Schwierigkeiten stößt. Daneben bedürfen die Vorschriften über das Wahlrecht der Handelsgesellschaften im Hinblick auf die seit 1870 neu geschaffenen Gesellschaftsformen der Ergaͤnzung. . . ;
Die Erweiterung des Geschäftskreises der Handelskammern be— jweckt, ihre Zuständigkeit zur Erfüllung von Aufgaben außer Zweifel zu stellen, die naturgemäß in ihren Wirkungskreis fallen und von manchen Kammern auch bisher schon wahrgenommen worden sind, obwohl ihre Zuständigkeit dazu nach dem beftehenden Gesetz mindestens zweifelhaft ist. Um ihre Geschäftsführung auf dem Gebiete des , , zu erleichtern, sieht der, Entwurf die Verleihung der Rechte juristischer Persönlichkeit an die dandele kammern vor.
Ein weitgehendes Selbstbeslimmungsrecht soll ihnen in Be— ziehung auf die Wahlen eingeräumt werden. Ihrer Entschließung unterliegt die Bestimmung des Wahlsystems, die Regelung des Wahl verfahrens, die Entscheidung über die Zolassung der Prokuristen zur Abgabe der Wahlstimme und über die Wählbarkeit früherer Wahl⸗ berechtigter und der Prokuristen.
Endlich sieht der Entwurf — von weniger bedeutenden Aende⸗ wuntgzen abgesehen —, einem vielfach geäußerten Wunsch entsprechend, die Verlängerung der bisher dreijährigen Wahlperioden mit jährlicher Ergänzung auf sechs Jahre mit zwessähriger Ergänzung vor.
Literatur.
Weihnachts Bücher. .
ehs, „Unter den Menschen.« Von Wilhelm Sunkel. Leipzig, 1556. Verlag von Fr. Richter. 247 Sf. Preis geh. 2 A — Der Verfasser ist durch feinen „Weg zum Glück“ schnell belannt eworden. Etz steht ihm eine köstriche Piktion ju Gebote: innig und nnig läßt er die zartesten Töne seines Herzens erklingen. Diese seine zeueste Schrift mit dem Motto von Novalis: . Mensch werden ist eine Kunst? 1ciht sich ebenbürtig der erstgenannten an. Er wizmet dieses Buch seinen Kindern mit' dem herzlichen Wunsche: daß ihnen
das Leben sei eine Wanderung vom irdischen zum himmlischen Vater baus im gläubigen Aufblick zu Gott und in hingebender Liebe zu den Menschen. Möchten viele Eltern das Buch ihren heran— gewachsenen Kindern unter den Christbaum legen! Jedem denkenden und religiös veranlagten Leser wird es anregend sein, wenn auch die Unterhaltungen häufig etwas weit ausgedehnt sind. Es bringt Verhältnisse zur Sprache, die Jedem begegnen und hier vom christ= lichen Standpunkt aus beleuchtet werden. Das Gewand der Novelle ist angenehm. Die Motti über jedem Kapitel sind mit besonderer Sorgfalt ausgewählt und kommen in der Ausführung zur vollen Geltung. .
— Unter dem einfachen Titel Novellen“ hat Adolf Schmitthenner im Verlage von Fr. Wilb. Grunow in Lejpzig eine literarisch bedeutende Sammlung von Erzählungen erscheinen kassen, die für Geist, Herz und Gemüth tiefe Anregungen darbieten. Die mannigfaltigsten Stoffe hehandelt der Dichter hier knapp und skizzen— haft, dort geist voll ausgestaltet und erschöpfend. Die räumlich größte Novelle, zugleich die erste des Bandes: Ein Michel Angelo“, ist auch die dichterisch heworragendste. Wie der Titel ahnen läßt, handelt es sich um eine Künstlergeschichte. Die Geschichte eines armen jungen Steinmetzen, der unter Sorgen und schweren Seelengualen sich zum Range eines großen Bildhauers aufschwingt, bildet den Kern der Erzählung, aber nicht ihren eigentlichen Werth. Der Stoff, ist nicht neu, und die Entwickelung ist so klar, so einfach und natürlich, daß es beinahe wundersam erscheint, wie der Dichter gleich anfangs für seine Personen und ihre Geschicke zu interessieren, dann an den Gegenstand zu fesseln und den Leser endlich so zu er—⸗ greifen weiß, daß er mit den guten und lieben Menschen, die er da kennen lernf, lebt und fühlt, mit ihnen Schmerz und Freude, Trauer und höchstes Lebensglück theilt und genießt. Große Gegenjsätze des Menschen⸗ lebens und der Gesellschaft, die der Dichter gut beobachtet und klar erfaßt hat, treten hier vor unsere Seele. Kleinstädtisches Wesen mit seinen engen Anschauungen und Gedanken wird anheimelnd dar⸗ gestellt; demgegenüber tritt das geistige und besonders das Kunstleben der Großstatt. Die natürliche Einfachheit der Wünsche und Bestre⸗ bungen, die dem Menschen in den engen Verhältnissen eigen ist, tritt in Gegensotz zu dem großen Streben nach wahrer Künstlerschaft; nebenher geht bei dem Helden der Novelle eine zwie—⸗ spältige Jugendliebe, die von einer großen begeisternden Herzens— neigung abgelöst wird. Naturwahre Schilderung menschlicher Ver⸗ hättnisse und feine Charakteristik erscheinen hier von einer reichen dichterischen hantasie durchdrungen. — Auch die übrigen Novellen geben Zeugniß von der großen Begabung des Versassers als Erzähler, aber im besonderen auch von seinem tiefen Ge— müthsleben, dem besonders die skizzenartigen Erzählungen „Kopf und Herz“, Der Ad'n,. „Der Handwerksbursche' und Friede auf Erden“ entsprossen sind. Zu größerer Bedeutung schwingt sich wieder die Schlußnovelle „Non cras, sed hodie“ auf, die mit ihren geschicht⸗ lichen Antlängen und ihrer ergreifenden dramatischen Lösung einen tiefen Eindruck hinterläßt. — In geschmackbollem Einband koftet das empfehlenswerthe Schmitthenner'sche Novellenbuch 6 M .
— Von der im Verlage der Schlesischen Buchdruckerei, Kunst—⸗ und Berlagsanstalt von S. Schottlaender, Breslau, erscheinenden Bibliothek „Unterwegs und Daheim“ liegen nunmehr bereits 36 Bändchen vor. Auch die neueste Serie enthält wieder eine Reihe anziehender novellistischer Erscheinungen; sie wird eröffnet durch eine Novelle von Karl Jaenicke, „Sophie Peliner“, in welcher der Ver⸗ fasser ein durch Seelenkunde, Gemüthswärme und tragische Gewalt ergreifendes Liebesdrama darbietet. Wie Jaenicke schildert auch Heinrich Bulthaupt. der als Novellist Heyse'sche Formvollendung und Stilglätte anstrebt, die vernichtende Gewalt der erokischen Leidenschaft; hier zerstört ihr ver⸗ hängnißvolles Eingreifen nicht nur das Leben der Liebenden, sondern auch das schöne Verhältniß des väterlichen Freundes zu dem auf— blühenden Pflegesohn. Ein schwieriges Problem hat der bekannte Mediziner Theodor Puschmann in der Novelle ‚Leonie“ gewählt, in der ein komplizierter Frauencharakter, der innere Verderbt⸗· heit mit dem Zauber verführerischen Reizes verbindet, über— zeugend geschildert wird. Mehr durch das Milieu und durch die starken Effekten nicht aus dem Wege gehende Handlung als durch psychologische Vertiefung sucht Heinrich Penn in der Erzählung Auf zitternder Erde“ die Leser zu fesseln; hingegen ist Neera, die Verfasserin der ‚Ginsamen Seele“, in dem Roman „Ein Nest“ sorg⸗ sam darauf bedacht, die Gestalten und seelischen Konflikte lebenswahr herauszuarbeiten, nicht ohne das Wirkliche mit einem poetischen Schimmer zu verklären und durch die Tiefe ihres Empfindens zu beseelen. Die Saiten des Gemüths in Schwingung zu versetzen, gelingt auch einem französischen Autor, der mit Glück auf den Spuren seines Landsmannes Ohnet wandelt: M. Glados, der in der Nevelle ‚„Ein Haß den seelischen Prozeß, in welchem der langjährige Haß eines tief verwundeten Frauenherzens zu verzeihender Liebe sich läutert, lebendig darzustellen weiß. Diskreter Humor, vereint mit verhaltener, warmer Empfindung, offenbart sich in den ju einem Bande vereinigten Novellen Der vierte Akt“ und „Die Hausfreundin“ von Heinrich Bulthaupt. Phi— lipp Berges, bekannt als Kenner und vortrefflicher Schilderer ameri⸗ kanischer Zustände, zeigt uns in der Novelle „Die Halleluja. Jung frau ein merkwürdiges Stück amerikanischen Lebens; Koppel⸗Ellfeld legt in dem Don Juan -Examen? mit burschikosem Humor, unter dem sich aber ein sehr beachtenswerther ethischer. Kern ver— birgt, dar, wie schließlich ein Don⸗Juan auch zu reinem Liebes. und Eheglück kommen kann. E. Vely stellt in der Novelle. Wol ken- theilung' hohlem, leichtfertigem Genußleben ernste, treue Lebensführung in jener schön menschlichen Weise gegenüber, die nicht verdammt, sondern in tiefem Mitleid beruhigt und tröstet. Die Serie schließt mit einem in Veutschland noch nicht in verdientem Maße bekannten, Aägreifenden Werke von Wsewolod Garschin, betitelt Naveschda Nikolaewna“, einer der hervorragendsten Schöpfungen dieses russischen Dichters, der vor nunmehr bald zehn Jahren in tragischer Weise endete und sich auch in diesem Werke als ein Meister der Seelen anglyse erweist. Die sorgfältige typographische Herstellung und die gefällige äußere Ausstaitung lafsen die eleganten hellblauen Bändchen Preis je 1 6) auch zu Festgeschenken wohl geeignet erscheinen.
— Aus Fritz Reuter's jungen und alten Tagen. Neues über des Dichters Leben und Werden auf Grund ungedruckter Briefe und kleiner Dichtungen mitgetheilt ven Karl Theodor Gaedertz. Zweite . Mit Reuter's Selhstporträts als Schüler und gestungege angener, einem ö, ,. Entspekter Bräsig , nach nem Aquarell des Hofmalers Schloepke sowie zahlreichen Skizzen, Bild⸗ nissen, Ansichten und Faksimileg. meist nach Originalen von Theodor Schloepke und Fritz Reuter. Wismar, Hinstorff sche Hofbuchhandlung, 1897. Pr. geb. 44M. — Der erste Theil dieser Reuter Erinnerungen wurde im Dezember vorigen Jahres ausgegeben und erschien, wie bereits mit- getheilt, vor kurzem in neuer vermehrter Auflage. Bot schon jener erste Theil eine Fülle interessanter Einzelheiten aus dem aufsteigenden Lebenslauf des großen Humoristen, geschmückt mit 60 Porträts, An- sichten und Skizzen aus Reuter's Leben, fo ist die zweite Ile noch reicher ausgestattet. Denn sie bringt auf 46 Tafeln (darunter mehrere Doppeltafeln) außer einem farbigen Titel bilde (. Entspekter Bräsig? nach einem Adgquarell des Hof⸗ malers . mehr als 80 Porträts, Ansichten. Skizzen ꝛc. und außerdem 24 Original⸗Illustrationen von höchst komischer Wirkun zu Reuter's ‚Läuschen un Rimels‘. Diese stammen aus dem Nachla des Hofmalers Schloepke; die übrigen Bilder rühren zumeist von Fritz
Reuter selbst her. Gerade dies macht die beiden Gaedertz'schen Reuter⸗ bücher außerordentlich werthvoll. Mit Ueberraschung ersteht man daraus, daß Reuter ein ungewöhnliches Zeichentalent und beim Porträtieren eine. zweifellose Treffsicherheit befaß Der Band enthält u. a. photographische Reproduktionen der von Reuter in, Pastell gemalten Porträts des Festungs Kommandanten von Dömitz, Oberst-Lieutenants von Bülow, feiner Frau und von wier einer Kinder. Zum ersten Mal erscheinen in diesem Bande auch Mittheilungen über die Zeit, die Reuter auf der Festung Dömitz verlebte. Reuter ist bekanntlich in seiner Festungstid‘ über diesen Lebentzabschnitt zartfühlend hinweggegangen, da die Kinder des wackeren Paaretz noch lebten, das den armen Staatsgefangenen mit herzlicher Theilnahme empfing und ihn hielt wie ein Kind im Hause⸗. Der Verkehr in der Familie des originellen alten Herrn und das Leben auf der Festung hätte. wie Reuter zu vertrauten Freunden aͤußerte, ihm reichen Stoff zu einem eigenen Bande geboten, und in der That, wenn man diese Mittheilungen, die Gaedertz der einzigen noch unter den Lebenden weilenden jängsten Tochter von Bülow's verdankt, welche damals, als Neuter auf Vömitz saß, noch ein Kind war, so möchte man bedauern, daß ein solcher Band ungeschrieben blieb. Um fo dankbarer wird man die hier ge⸗ botenen Nachrichten begrüßen. Zum ersten Mal bringt daß Buch u; a, auch nähere Mittheilungen Über den Köster Suhr, der in den Reuter'schen Schriften eine fo köstliche Rolle spielt (nebft feinem Porträt), sowie über Reuter's eigene „Stromtid‘ auf dem Gute Demzin, wo er in zwei jungen Töchterchen des Gutspächters Rust die Vorbilder zu seinen ‚Druwappels Lining und Mining fand. Reuter hat seine Lieblinge in Oel gemalt, und auch dieses Bild finden wir unter vielen anderen in dem reich ausgestatteten und für jeden Ver— ehrer Reuter's sehr interessanten Buche.
Handel und Gewerbe.
Leipzig, 14. Dezember. (W. T. B.) (Schluß ⸗Kurse.) 3 0 / Sächsische Rente 96,70, 36 oo do. Anleihe 191,20, Zeitzer Parafstn⸗ und Solaröl⸗Fabrik 190,009. Mansfelder Kuxe 7565, 00, Veipziger Kredit- anstalt⸗Aktien 214, 00, Kredit u. Sparbank zu Leipzig 119,76, Leipziger Bankaktien 180,75, Leipziger Hypothekenbank 138,00, Sächsische Bankaktien 124,529. Sächsische Boden Kreditanstalt 119,50, Leipziger Baummwollspinnerel⸗Aktien 184 00, Leipziger Kammgarnspinnerei Altien 206.00, Kammgarnspinnerei Stöhr u. Co. 207 09, Wernhausener Kammgarnspinnere! 90 00, Alten- burger Aktienhrauerei 236,09, Zuckerraffinerie Halle Aktien 110 00, „Kette. Deutsche Elbschiffahrts-Aktlen 78 09, Große Leipziger Straßen⸗ bahn 19000, Leipziger Glektrische Straseenb. 167,00, , ie,, 204 25. Deutsche Spitzen fabrik 224 00, Lehh⸗ ztzer Elektrizitätswerke 136 25, Böhmische Nordbahn⸗Aktien 182,00.
Tammzug-Terminhandel. La Plata. Grundmuster B. vr. Dezbr. 35,97 S, pr. Januar 3, 097 M, pr. Februar 3, 109 4, pr. März 3,128 MS. pr. April 3, 124 M, pr. Mai 3, 121 S, vr. Funi 3.12 «“, pr. Juli 3,15 566, pr. August 3, 15 46, br. Sep tember 3,176 , pr. Oktober 3, 173 M, pr. November 3, 177 M, Umsatz 15 000. Kaum behauptet. ,
Bremen, 14. Dezember. (W. T. B.) Börsen Schlußbericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum Börse.,) — Sehr fest. Loko 6.00. Russisches Petroleum. Loko — Schmalz fest. Wilcor 228 3, Armour shield 23 8, Tudahy 233 8, Choice Grocery 235 8, White label 23 *. Fair⸗ banks —. Speck. Fest. Short clear middl. loko 22 g, Dezember, Januar, 224 3. Reis ruhig. Kaffee ruhig. Baumwolle. Willig. Upland middl. loko 381 8. Taback. 630 Faß Kentucky. 31 — .
Kurse des Effekten Makler ⸗ Vereins. 5 o/o Nord— deutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei⸗Aktien 174 Br., 5 o/ Norddeutsche Lloyd Aktien 110 Gd., Bremer Wollkämmerei 300 Br.
Hamburg, 14. Dezember. (W. T. B.) (Schlußkurse.) Hamb. Kommerzb. 130 00, Bras. Bk. f. D. 167,00, Lübeck. Büch. 147,40, AC. Guano W. 77, 15, Privatdiskont 5, Hamb. Packetf. 13450, Nordd. Lloyd 112,50, Trust Dynam. 182 75, 30/9 H. Staatsanl. 96 50, 37 do. Staatsr. 104,65, Vereinsbank 152,00, Hamburger Wechsler⸗ bank 130,50. .
— Abendbörse. Kredit ⸗Aktien 316,20, Diskonto⸗Kommandit 208, 19, Deutsche Bank 193,40, Packetfahrt 134,50, Hamburger Straßenbahn 170,25. Fest. . ö
— Getreidemarkt. Weizen loko ruhig, holfsteinischer loko 172 175. Roggen lelo ruhig, mecklenburger loko 154 — 135, russischer Ioko ruhig, 93— 95. Mais 100 102. Hafer ruhig, Gerste ruhig. Rüböl ruhig, loko 59 Br. Spiritus (unverzollt; behauptet, Rr, Dezember⸗Janugr 186 Br., pr. Januar-Februar 18 Br., pr. Februar ⸗ März 183 Br, pr. April. Mai 188 Br. Kaffee behauptet, Umsatz 3000 Sack. Petroleum still, Standard white loko 6,00 Br.
— Kaffee. (Nachmittagsbericht) Good average Santos vr. Dezember 0, pr. Mär 50. pr. Mai 51, pr. September 51. Ruhig. — uckermarkt. (Schlußbericht) Rüben ⸗Rohzucker J. Produkt Basis 880/90 Rendement neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. Dezember 8,974, pr. Januar g, 0965, vr. Februar 9.17, pr. März g'278, pr. Mai 947. vr. Juli 9,676. Ruhig.
Wien, 14. Dezember. W. T. B.) (Schluß ⸗Kure.) Desterreichische 41e Pavierrente 101,30, Oesterreichische Silberr. 101330, do. Goldr. 122,890 do. Kronenr. 160,80, Ungarische Goldrente äs ö., bo. Kron. . S6 ß, Desterreichlsche oer Loose 145 50, Anglo. Austtr. —. Länderbank 247 25, Destr. Kredit 371,550, Unionbank 291,00, Ungar. Kreditb. 408 75, Wiener Vl. V. 2566,50. Böhm. Westb. — *, do. Nordbahn 270, 00, Buschtiehrader bos 00, Brüxer 250,00, Elbethalbahn 274,00. Ferd. Nordbahn 35385, Dest. Stnatsb. 357,26, Lemb. Cjer. 287 25, Lombarden g4 a, Nordwestb. 270. 00, Pardubitzer A4. 05, Alp. Montan. S6. d, Amsterdam 99, 30, Dtsch. Plätze 58, 974, Lond. Wchs. 120 05, Partser do. 17,57, Napoleons 9,54, Beef ile 58, 7 4, Russ. Bankn. 1.278.
— Getreidemartt. Weizen pr. Frühlahr 8.52 Gd, 854 Br, pr. Mai⸗Juni — Gd., — Br. Roggen pr. rn h eh e, Gd. 7.25 Br.,, pr. Mai Juni — Br., — Gd, Maig wr. ai⸗Juni 432 Gd. 434 Br. Hanr rr. Frühlahr 6,56 Gd. 6,37 Hr.
— 16. Dezember. (W. T. B.) Abgeschwãcht. Ungarische Kredit ⸗˖ Aktien 409,50, Oesterr. Kredit ˖ Alt. 375, o. Franzosen . Lom · barden 94. 25, Glbethalbahn 27400. DOesterreichische Paplerrente 101,39, 40 Üingar. Goldrente 13 ,,
. * ĩ 9, 10 artnoten DG, 2 ,,,, ltien — —, Länderbank 247,75, Buschtle⸗
z 2d 36, Taba. ĩ , In gie! ö. Türkische Loose 52, 00 Brürer 250 00. Pest, 14. Dezember. (W. T. B. Produttenmarkt. Wehen
Pef
r. Frübfahr 8.15 Gd. 819 Br. Roggen Hr. i malt g 305 , Br. Hafer pr Frühjahr 5.94 Gd., „96 Br. kais pr. Mai⸗Juni 3,96 Gd, 3, 97 Br. Kohlraps pr. August⸗
September 11,10 Gd., 11,20 Br. Lon don, 14. Dezember. (W. T. B.) Schluß ⸗Kurse.) Engl. o/o Kons. 1111/13, Preuß. 40/9 Kons. — Ital. hoo Rente 924, 4e * Ruff. 2. S. 104, Konvert. Türken 208, 40/9 Spanier bog, 310so Egypt. 1004, Ko unif. do. 1049, 440 /9 Trib.-Anl. 4, Go 9 kons. Mex. 94]. Neue 93 er Mexik. 91, Ottomanbank 118, De Beers nene 291, Rio Tinto 2654, 36 o/o Mupeetz 63, 60/90 fund. Arg. A. 838, 5 Yo
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