1897 / 8 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Jan 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Vorwurf gegen den Beamtenstand als solchen hat er nicht erhoben. Der größere Zwang bejüglich des deutschen Unterrichts in den Schulen ist der Grund der Aufregung in der Bevölkerung. Als man in dem von Frankreich 1766 einverleibten Lothringen 1843

die deutsche Sprache verdrängen und die franzssische einführen te . ,

Ansinnen zurück und erbielt dadurch in der deutschen Bevölkerung

die Sympathien für Frankreich. Das Zentrum babe es in den siebziger Jahren erlebt, was mit dem Vereinsgesetz angefangen

ne.

Atg. Stanke (Sentr.: In Beneschau waren drei Polizei- beamte anwesend, und der eins erklärte, die beiden anderen seien ihn zur Hilfe zur Seite gestellt. Der Bericht der Staate beamten ist also unrichtig. Der Abg. Frank, der Hochpolnisch gesprochen haben soll, beberrscht das Hochpolnische gar nicht; er spricht ein mährisiertes Deutsch, da er in Mähren erzogen ist. Er ist auch gegen die Groß⸗ polen gewählt worden. Die Mähren sind sebr gute Preußen und werden es auch bleiben. Die mährische Sprache wird besieben bleiben, so lange es der Regierung nicht gelingt, die Grenze von Oesterreich, wo un ere Bevölkerung Arbeit sucht, hermetisch zu verschließen.

Minister des Innern Freiherr von der Recke:

Meine Herren! Es war, wie ich vorhin anzudeuten mir erlaubte, nicht meine Absicht, das hohe Haus mit nebensächlichen, bei der Inter⸗ pellation zu Sprache gekommenen Punkten zu behelligen. Nachdem aber der Herr Abgeordnete, der eben vor mir sprach, einige nähere Aufklärungen gegeben hat, die nicht übereinstimmen mit den Berichten, die mir vorliegen, so halte ich mich für verpflichtet, nochmals zu konstatieren, daß in den beiden erwähnten Punkten die amtlichen Be— richte direkt entgegenstehende Angaben enthalten. Es liegt mir natür—⸗ lich fern, die Glaubwürdigkeit des Herrn Abgeordneten irgendwie anzuzweifeln; es steht eben Aussage gegen Aussage. Ich werde mich bemühen, diese Differenz aufzuklären.

Damit ist die Besprechung der Interpellation erledigt.

Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Errichtung und Unterhaltung von Fortbildungsschulen in den Provinzen Westpreußen und Posen.

Abg. von Schenckendorff (9l.) weist darauf hin, daß das Kammergericht eine Verordnung, welche den Zwang für den Besuch der Fortbildungsschule einführen wollte, für nicht rechtsgültig erklärt habe, daß also durch gesetzliche Maßregeln abgeholfen werden müsse. Die Polen fühlten sich allerdings beschwert durch die Fortbildungs eren aber die Klagen würden sich wohl als unberechtigt heraus-

ellen.

Abg. Dr. von Jazdzewski erklärt sich namens der Polen gegen die Vorlage, wie die Polen auch Gegner des betreffenden Gesetzes ewesen seien. Die Polen könnten nur dann für die Vorlage timmen, wenn der Religionsunterricht in den Lehrplan der Fort— bildungsschulen aufgenommen und das Polnische als Unterrichtssprache , , . würde.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat sich dahin ausgesprochen: nur unter der Voraussetzung würde er für den gegenwärtigen Gesetz⸗ entwurf stimmen können, daß in der Folge in den Lehrplan der Fort bildungsschulen der Religionsunterricht aufgenommen werde, und daß der Unterricht in den polnischen Landestheilen in polnischer Sprache ertheilt werde. Er hat die Ansicht ausgesprochen, daß, wenn das nicht geschähe, dieser Unterricht nicht fruchtbringend würde sein können. Ich muß dem gegenüber konstatieren, daß das Gesetz von 1886 bis zu dem Zeitpunkt, wo die Polizeiverordnungen, durch welche der Schulzwang angeordnet und durchgeführt werden sollte, von den Gerichten für ungültig erklärt wurden, bis dahin sehr wirksam gewesen ist wirksam gewesen ist nicht bloß insofern, als eine große Zahl von Schulen errichtet und von einer erheblichen Zahl von Schülern besucht worden ist, sondern auch insofern, als der Besuch ein sehr regelmäßiger und fruchtbringender war. Bis zu diesem Zeitpunkt sind auf Grund des Gesetzes von 1886 199 Schulen in beiden Provinzen errichtet worden mit einem Besuch von nahezu 12 000 Schülern. Es ist festgestellt worden, daß der durchschnitiliche Besuch ein sehr guter gewesen ist. Die Zahl der Schulversäumnisse bat sich vielfach nicht höher als auf 5 0 beziffert, und das ist immer ein sehr gutes Resultat. Ich glaube also, daß auch ol ne die Erfüllung der Desiderien des Herrn Vorredners es sehr wohl möglich ist, daß das Gesetz von 1836 fruchtbringend wirke, wenn nur das Hinderniß beseitigt wird, das jetzt seiner fruchtbringenden Wirkung entgegenfteht. Ich bin deswegen auch der Meinung gewesen, daß es sehr wohl möglich wäre, dieses Gesetz hier zu berathen und zur Ver—⸗ abschiedung zu bringen, ohne in eine detaillierte Diskussion der Fort⸗ bildungsschulfrage und derjenigen Erwägungen einzutreten, die seinerzeit materiell zum Erlaß des Gesetzes bestimmend gewesen sind. Es handelt sich jetzt um nichts Anderes, als das Ansehen eines Gesetzes aufrecht zu erhalten, das von allen gesetzgeberischen Faktoren berathen und beschlossen worden ist und dessen Geltung ietzt durch die Rechtsprechung in Frage gestellt ist. Man meinte seiner Zeit, indem man den Handels, Minister ermächtigte, solche Schulen zu errichten und die Schüler, gewerbliche Gehilfen, Gesellen und Lehrlinge, zum Besuche der Schulen anzuhalten, daß es genügen würde, wenn diese Verpflichtung zur Geltung gebracht würde durch den Erlaß von Polizeiverordnungen der zuständigen Behörden. Hätte man gewußt, daß diese Verordnungen von den Gerichten für nicht gültig erklärt werden würden, so würde man die Strafbestimmung in das Gesetz direkt aufgenommen haben gerade so, wie es in dem vor⸗ liegenden Gesetzentwurf geschieht. Wir thun also nur das, was schon damals unzweifelhaft geschehen wäre, wenn der jetzige Zustand damals schon vorhanden gewesen wäre. Ich meine, das sind wir dem Ansehen des damals beschlossenen Gesetzes schuldig, das muß geschehen, mag man über die Fortbildungsschulfrage denken wie man will, mag man die Erwägungen theilen oder nicht, die seinerzeit beim Gesetz von 1886 bestimmend gewesen sind.

Was nun die materiellen Wünsche anbetrifft, die der Herr Vor⸗ redner ausgesprochen hat, so gehen wir von der Ansicht aus, daß der Unterricht an den Fortbildungsschulen in der gesammten Monarchie im wesentlichen nach übereinstimmenden Grundsätzen geregelt werden muß, und wenn man künftig etwa zu dem Ergebniß gelangen sollte, es würde sich empfehlen, unter die Unterrichtsgegenstände auch den Religionsunterricht aufzunehmen, so würde das selbstverständlich auch in den Provinzen Posen und Westpreußen geschehen. Ich meine des— halb: bei diesem Gesetz, wo es sich bloß um die Provinzen Posen und Westpreußen handelt, scheidet diese Frage vollständig auß. Das mag eventuell in der Kom⸗ mission, welche über den Antrag Schenckendorff berathen soll, erwogen und geprüft werden; dort wird auch die Regierung ihre Stellung zu der Frage nehmen und auszeinandersetzen, welche Bedenken entgegensteben, in den Lehrplan gewerblicher Fortbildungsschulen den Religionsunterricht aufjune hmen.

Dann hat ferner der Herr Vorredner das Desiderium aus- gesprochen, es mũsse unter allen Umständen in den Fortbildungsschulen der Unterricht in der polnischen Sprache ertheilt werden. Dieser Forderung gegenüber kann ich nur einfach die positiv ablehnende Haltung der Staatsregierung erklären. (Bravo! rechts und links) In Preußen als einem deutschen Staate ist die deutsche Sprache Landessprache; diese Sprache gilt im öffentlichen Leben, gilt in den öffentlichen Schulen. Daran ist einfach garnichts zu ändern; dabei muß es bewenden. (Bravo! rechts und links.) In diesem Falle, meine Herren, versteht sich das ganz von selbst; denn die Fortbildungsschulen knüpfen an die Elementar⸗ schulen an. In den Elementarschulen wird ja schon in der deutschen Sprache unterrichtet; aber das, was in den Elementarschulen möglich ist, was dort für nothwendig erkannt wird, müssen wir selbst— verständlich auch in den Fortbildungsschulen verlangen. Das ist so klar, daß dagegen ein Widerspruch überhaupt nicht möglich ist.

Run meine ich, gerade die Unterrichts gegenstände, um die es sich handelt, erleichtern die Sache außerordentlich. Wenn die Gegenstãnde des Elementarunterrichts es ermöglichen und zulassen, den Unterricht auch in den Provinzen Posen und Westpreußen in deutscher Sprache zu ertheilen, dann noch vielmehr die Unterrichts gegenftände in den Fortbildungsschulen. Das Zeichnen beispielsweisr; es gebören nur wenige Worte dazu, um den Betreffenden zu erläutern, was bei diesem Unterricht nothwendig ist. Beim Rechnen liegt es ebenso. Was die deutsche Sprache anbetrifft, so handelt es sich nicht etwa um sorgfältigen Unterricht in der Grammatik; es handelt sich vorzugsweise um die Zwecke des gewerblichen Unterrichts; es soll den jungen Leuten die Fähigkeit beigebracht werden, geschäftliche Briefe, geschäftliche Eingaben, alles das, was jemand im geschäftlichen Leben gebraucht, in deutscher Sprache abzufassen. Das, meine Herren, geht mit dem Unterricht in deutscher Sprache recht gut; dieses Ziel können wir erreichen, das haben die Erfahrungen bewiesen, die ich mir gestattet habe Ihnen mitzutheilen.

Ich bitte Sie daher, meine Herren: lassen Sie sowohl die Fort- bildungsfrage als auch die Polendebatte bei Seite! Nehmen Sie einfach das Gesetz an, um das Ansehen der Gesetzgebung wieder herzuftellen, das durch die Jurisdiktion in diesem Falle leider in Frage gestellt ist! (Lebhafter Beifall rechts und links.)

Abg. Dr. Bachem (Sentr.): So einfach scheint mir die Sache doch nicht. Denn die Gründe des Ministers sind nicht zutreffend für die Minderheit, die dem Gesetze 1886 widersprochen hat. Besonders bedenklich ist es, daß am ganzen Sonntag mit Ausnahme des Haupt- gottesdienstes obligatorischer Fortbildungsunterricht ertheilt werden kann. Dagegen haben sich schon im Reichstage große Bedenken geltend gemacht, weil dadurch für Lehrer und Schüler die Sonntagsruhe⸗ durchbrochen wird.

Abg. Dr. Sattler (nl. hält es für unbedenklich, die jungen

Leute auch am Sonntag zur nützlichen Arbeit anzuhalten, während sie sonst die Zeit vielleicht weniger zweckmäßig verwenden würden.

Abg. Schröder (Pole): Wir könnten damit einverstanden sein,

daß den Handwerkern durch die Fortbildungsschulen Gelegenheit zur Vervollkommnung gegeben wird. Aber die Begründung der Vorlage von 1886 ging davon aus, daß dadurch dem Polenthum entgegen— gearbeitet werden solle, und fär solche Maßregeln können wir uns nicht erwärmen. Abg. Dr. von Jazdzewski bleibt dabei, daß der deutsche Unter richt keinen Erfolg haben werde. Wenn man den Sonntag zum Unterricht benutzen wolle, dann solle man wenigstens auch die Religion in den Lehiplas aufnehmen.

Abg. Graf zu Lim burg-Stirum (kons.): Die Regierung sieht, was die Konzessionen auf dem Gebiete des Schulwesens zur Folge haben. Je mehr den Polen konzediert wird, desto größere Än— sprüche stellen sie. Der Sonntagsunterricht wurde namentlich für den Ziichenunterricht als nothwendig bezeichnet, weil in der Woche die Hände nicht ruhig genug dazu seien. Aber über den Zeichenunterricht sollte man am Sonntag nicht hinausgehen; der wissenschaftliche Unter— richt muß in der Woche ertheilt werden.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Ich möchte mir zunächst ein paar Bemerkungen gestatten, um die von dem Herrn Abg. Dr. Bachem erhobenen Be— denken zu jerstreuen. Der Herr Abg. Dr. Bachem hat Anstoß ge— nommen an dem Passus des Artikels 1 der Vorlage, in dem es heißt:

An den Sonntagen darf während des Hauptgottesdienstes Unterricht nicht ertheilt werden.

Dieser Passus stimmt genau überein mit dem gleichen Passus im Gesetz von 1886. Wir haben uns die Frage vorgelegt, ob es nothwendig wäre, diese Bestimmung in den Entwurf aufjunehmen, angesichts der gleiche Zwecke verfolgenden Bestimmung des § 120 der Reichs— Gewerbeordnung. Wir sind aber der Meinung gewesen, daß es doch wohl richtig wäre, die Bestimmung aus dem früheren Gesetz bier wieder aufzunehmen, weil man der Ansicht sein kann, daß sie that⸗ sächlich für den Schutz des Gottesdienstes noch mehr leistet. Ich werde mir gestatten, den Passus aus der Reichs⸗Gewerbeordnung vor⸗ zulesen; dann werden Sie selbst beurtheilen können, ob dieser Gedanke richtig ist oder nicht. Es beißt:

Am Sonntag darf der Unterricht nur stattfinden, wenn die Unterrichtsstunden so gelegt werden, daß die Schüler nicht gehindert werden, den Hauptgottesdienst oder einen mit Genehmigung der kirchlichen Behörden für sie eingerichteten besonderen Gottesdienst ihrer Konfession zu besuchen.

Nach der Reichs Gewerbeordnung soll also entweder der Haupt- gottes dienst oder der besondere nachgelassene Gottesdienst der betreffenden Konfession geschützt werden. Hier in dem vorliegenden Gesetz⸗ entwurf soll unbedingt der Hauptgottesdienst geschützt werden, nicht nur alternativ mit dem besonderen nachgelassenen. Da kann man doch die Frage aufwerfen: was ist mehr: das, was in der Gewerbeordnung steht, oder was hier steht? Die Gewerbeordnung gilt ja ganz zweifellos, was auch in diesem Gesetz vorgeschrieben werden mag. Darum haben wir diese Bestimmung mit aufgenommen. Ich glaube, das kann man vom Gesichtspunkte der Sonntagsheiligung nicht beklagen, im Gegentheil, man müßte eher anerkennen, daß hier noch ein weiterer Schutz gewährt wird.

Was nun die Frage anbetrifft, ob es überhaupt zweckmäßig ist, den Fortbildungsschulunterricht an Sonntagen zu ertheilen, so be⸗ schränkt sich der Unterricht, der an Sonntagen ertheilt wird, im wesentlichen auf das Zeichnen, und ich glaube, daß wohl keine von den verschiedenen Unterrichtsaufgaben weniger geeignet ist, den Geist des Menschen, der an Sonntagen doch mehr für die Andacht gestimmt sein soll, zu zerstreuen, als eben das Zeichnen. Es ist wohl möglich, wenn man für sich ruhig zeichnet, dabei seinen eigenen Gedanken nach⸗ zugehen, und ich glaube in der That, wenn man irgend eine Beschäftigung am Sonntage außer dem Besuche des Gottes⸗ dienstes sich denkt, so kann man eine harmlosere als die

des Zeichnens sich nicht denken. Ich glaube deshalb, materiell entsteht aus dem Zeichenunterricht am Sonntag für die Sonntage;

beiligung und die Erhaltung des religiösen Sinnes in den Kreisen

der Fortbildungsschüler keinerlei Nachtheil. Ich glaube deshalb auch, man braucht daran kelnen Anftoß zu

nehmen.

Was nun die weiteren Wünsche anbetrifft, die von verschiedenen

Herren geäußert sind über eine etwaige Aenderung in der Ertheilung des Fortbildunasschulunterrichts, so babe ich bereits bervorgehoben, daß es mir nicht zweckmäßig erscheint, die Sache hier zu erörtern. Sie haben eine befondere Kommission eingesetzt zur Beratbung dez Antrags des Herrn Abg. von Schenckendorff. Dort können wir alle diese Fragen prüfen, und wenn es zweckmäßig ist, den Lehrplan, den wir vorlegen werden, entsprechend ju ändern und zu ergänzen mein Gott, wir sind ja vernünftigen Erwägungen nicht unzugänglich so sind wir dazu gern bereit. ö

Noch eine kleine Bemerkung möchte ich mir gestatten. Einer der Herren Redner hat über die Höhe der Strafe geklagt, die im 583 vorgesehen ist: Geldstrafe bis zu 20 6 und im Unvermõgensfalle Haft bis zu drei Tagen. Das ist genau die nämliche Strafe, die in S 150 Nr. 4 der Reichs Gewerbeordnung für die Verstöße gegen den pflichtmäßigen Besuch der Schule vorgesehen ist. Wir haben geglaubt, hier ebenso die gleiche Strafe, wie in der reichsgesetzlichen Bestimmung vorsehen zu müssen, damit in dieser Beziehung gleiches Recht gilt für die ganze Monarchie.

Abg. Dr Bachem Gentr.): Ich glaube nicht, daß der Minifter eine Instruktion erlassen werde, welche den Fortbildungsunterricht am Sonntag lediglich auf den Zeichenunterricht beschränkt. So zweckmäßig für junge Leute der Fortbildungsunterricht fein kann, so wenig sellte man einen Zwang ausüben, weil es sonst keine Grenze giebt. Andere Nationen sind ohne Schulzwang ebenso weit gekommen wie wir. Für den Zeichenunterricht braucht man den Sonntag auch nicht, man kann ihn auf einen Wochentag verlegen. Wenn jede Arbei Gettesdienst ist, dann müßte man ja den ganzen Arbeiterschutz wieder abschaffen. Welche Lokaliläten meint Herr Sattler, von denen der Lehrling durch den Unterricht ferngehalten wird? Meint er außer der Kneipe vielleicht auch noch die Kirche? Man kann bei dem geringen Respekt, den er vor dem Sonntag hat, auf einen solchen Gedanken lommen. Die Lehrer sind bauptsächlich dagegen, daß ibnen durch den Fortbildungsunterricht der Sonntag verdorben wird.

Abg. von Tzschoppe lfr. kons. ): Meine politischen Freunde werden der Vorlage zustimmen, weil sie eine Nothwendigkeit ist, gegen⸗ über den gerichtlichen Utheilen. Daß der Unterricht nur in deutfcher Sprache ertheilt wird, ift selbstverständlich; daß der Sonntag für diesen Forthildungsunterricht verwendet werden kann, ist erfreulich, weil dadurch die jungen Leute zu jweckmäßiger Beschäftigung an⸗ gehalten werden. Der Fortbildungsunterricht widerstreitet nicht einer würdigen Senntagsfeier, auch wenn er sich weiter erstreckt als bloß auf den Zeichenunterricht.

Abg., Freiherr von Heereman (Zentr.) wendet sich gegen jeden obligatorischen Unterricht am Sonntag.

Abg. Dr. Sattler (nl): Mit dem Standpunkt des Vorredners, der jede nichtkirchliche Bildung als eine falsche bezeichnet, ist nicht zu rechten. Eine Schädigung der Polen durch die Fortbildungsschulen ist nicht beabsichtigt, auch nicht möglich. Die Polen müßten eigentlich das Gesetz segnen, weil es ihnen eine Menge Kenntnisse zuführt. Ez giebt allerdings Deutsche, welche meinen, daß die Polen dadurch nur gefährlicher würden.

Abg. Felisch (kons): Wenn man den Fortbildungsunterricht lediglich auf die Woche beschränken würde, so würde man denselben bei den Arbeitgebern mißliebig machen, und das wäre nachtheilig fär den Unterricht selbst, namentlich für den Zeichenunterricht, den man in der. Woche schwerlich anders veranstalten könne als am Abend, wo die Hände nicht ausgeruht sind.

Damit schließt die erste Berathung. Die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission wird abgelehnt.

Die noch auf der Tagesordnung stehende zweite Berathung kann nicht sofort vorgenommen werden, weil der Abg. Dr. von Jazdzewski dagegen Widerspruch erhebt.

In 1. und 2. Berathung werden dann ohne Debatte die Gesetzentwürfe, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. s. w. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der Provinz Pommern und betreffend die Kirchengemeinde⸗Ordnung für die evangelischen Gemeinden in den Hohenzollern'schen Landen, sowie der Staatsvertrag mit Oldendurg wegen Her— stellung einer Eisenbahn von Lohne nach Hesepe (Bramsche) oder einem anderen geeigneten Punkt der Eisenbahn von Osnabrück nach Quakenbrück, erledigt.

Schluß nach 4 Uhr. Nächste Sitzung: Montag 11 Uhr. (Zweite Berathung des Lehrerbesoldungsgesetzes.)

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Regelung der Richterge hälter, zugegangen:

§1. Die Gehälter der Senats. Präsidenten der Ober⸗Landesgerichte, der Landgerichts. Präsidenten, mit Ausschluß des Präsidenten des Landgerichts J in Berlin und mit Einschluß des Amte gerichts · Präsidenten daselbst, der Ober · Landesgerichts. Räthe und der Landgerichts. Direktoren werden nach Dienstaltersstufen geregelt.

2.

Das für die Bemessung des Gehalts maßgebende Dienstalter (Besoldungsdienstalter) der in §è L bezeichneten Richter beginnt in jeder Gehaltsklaffe mit dem Tage der ersten etatsmäßigen Anstellung 2 zu dieser Gehaltsklasse gehörenden Amte des höheren Justij⸗

ienstes.

Als Tag der Anst llung gilt der Tag, von dem ab der Angestellte das Diensteinkommen der Stelle zu beziehen hat.

Die Verleihung von Zulagen erfolgt von dem ersten Tage eines jeden Kalenderquartals ab an diejenigen Beamten, weiche an diesem Tage das maßgebende Besoldungsdienstalter erreichen oder es im vor⸗ hergehenden Kalenderquartal erreicht haben.

Das Besoldungsdienstalter hat auf die Bestimmung des in anderen Beziehungen maßgebenden Dienstalters keinen Einfluß.

83.

Für die Landrichter und Amtsrichter wird ein die gesammte Monarchie umfassender gemeinschaftlicher Besoldungs ⸗Etat gebildet. Die Reihenfolge in ihm bestimmt sich nach dem Dienstalter als Gerichts. Affessor (richterliche Dienstalter); neu ernannte Richter treten nach Maßgabe dieses Dienstalters in die Reihenfolge ein.

In den Besoldungs⸗Ftat der Landrichter und Amtsrichter werden auch die Stagtsanwalte eingereiht; eine günstigere, als die durch ibr richterliches Dienstalter bestimmte Stelle darf ihnen nicht angewiesen werden.

§ 4 Bei der Anstellung in einem Richteramt kann die Zeit, welche der Anzustellende außerhalb des höheren Justijdienstes in einem un⸗

„Mlbaren oder mittelbaren Amte des preußischen Staatgdienftes, im , renst oder in Denst eines deutschen Bundes staats zugebracht . ingleichen die Dienstzeit als Rechteanwalt oder Notar mit König * Genehmigung gan oder theilweise auf das Bꝛesoldungsdienst⸗· 3 (Sz 2) oder das richterliche Dienstalter (65 3) in Anrechnung ge⸗

bret ee r, men, welche in einer Stellung des höheren Justiz= diensffes bel einem für preußische Gebietstbeil. und Gebiete anderer Bundee ftaaten gebildeten gemeinschaftlichen Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft eines solchen zurückgelegt ist, stebt einer in der Jtfrrechenden Stellung bei einer preußischen Justizbehörde zurück— gelegten Dienstzeit gleich. 58

die bereits angestellten richterlichen Beamten der in §5è 1 be- j. Siellungen bildet das ihnen in Gemäßheit der Ss 1 bis 4 der Verordnung vom 16. April 18.9 (GesetzSamml. S. 318) innerhalb der bisherigen Besoldungs⸗Etats beigelegte Dienstalter das

ngedienstalter. ;

Bel 1. angestellten Landrichter und Amtsrichter treten in den nach S 3 in bildenden Besoldungs-Etat nach Maßgabe ihres auf Grund der SZS 5, 6 der angefübnten Verordaung festgesetzten richter. sichen Dienstalters ein Soweit einem Richter ein richterliches Dlenstalter von einem bestimmten Kalendertage nicht , ist, Tiolgt die Bestim mung durch den Justiz⸗Minister nach Maßgabe der dem Richter innerhalb des bestebenden Besoldungs Etats angewiesenen Stellung. Diese Vorschriften finden auf die Bestimmung des richter⸗ sichen Dienstalters eines Staatsanwalts (6 3 Abs. 2) entprechende

Anwendung.

§ 6. ; Die Richter haben einen Rechtsanspruch auf Verleihung der baltszulagen, und zwar: . . . 1 S§z 1 bezeichneten Richter von dem Eintritt des in 52

Abs. 3 bestimmten Zeitvunktes ab; .

Y)) die Landrichter und die Amtsrichter von dem Zeitpunkt ab, an welchem eine dem Richter nach der Reibenfolge im Be— soldunge⸗-Etat (5 3) zustehende Zulage verfügbar geworden ist.

Der Anspruch ruht, so lange ein Tisziplinarverfahren oder wegen eines Verbrechens oder Vergehens ein Hauptverfahren oder eine Vor untersuchung schwebt. Fübrt das Verfahren zum Verlust des Amts, so findet eine Nachzablung des zurückbebaltenen Mehrgehalts nicht statt.

§ 7. .

Der § 9 des Ausfübrungsgesetzes vom 24. April 1878 zum Deutschen Gerichts verfassunge geseß (GesetzSamml. S. 230) und die Berordnung vom 16. April 1878 (GesetzSamml. S. 318) werden aufgeboben.

§ 8. Dleses Gesetz tritt am 1. April 1897 in Kraft.

Die dem Entwurf beigegebene Begründung lautet in ihrem allgemeinen Theile:

Die in Aussicht genommene allgemeine Gehaltsaufbesserung für die böheren Beamten bietet erneuten Anlaß zur Prüfung der Frage, ob für die sich hieraus ergebende Nothwendigkeit einer Neuregelung der Gehaltssätze der Richter das kisberige, durch die Verordnung vom 16. April 1875 (GesketzSamml. S. 318) näher bestimmte und nach §z 9 des Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze der Abänderung nur auf dem Wege der Gesetzgebung unterliegende System der Gebaltsbemessung unter Anpassunz der neuen Gehaltssätze an die bestehenden Normen beizubehalten, oder ob zu einem anderen System überzugeben ist. ö . . ö

Der von der Königlichen Staatsregierung im vorigen Jahre unternommene Versuch, schon vor der Gehaltsaufbesserung eine Aenderung durch Einführung des Dienstaltersstufen⸗Systems für alle Richterklassen herbeizuführen, hat keinen Erfolg gehabt. Hierdurch ist jedoch die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit einer anderweiten esetzlichen Regelung der Richtergehälter nicht erschüttert worden. B Bedürfniß zu einer solchen Regelung ergiebt sich insbesondere daraus, daß zufolge des jetzigen Spystemg gleichstehende Richter bei gleichem Dienstalter in den verschiedenen Etats verbänden böchst un⸗ gleiche Gehälter beziehen. Dieser Uebelstand würde sich bei der fort⸗ schreitenden, aber in den einzelnen Bezirken und Beamtenkategorien sehr ungleichmäßigen Stellenbermehrung noch vergrößern und an Schãrfe ,,, infolge der Gehaltsaufbesserung die einzelnen Julageberräge erhöbt werden. Die Königliche Staatsregierung hat daher geglaubt, aufs neue Vorschläge zu einer anderweiten Regelung

der Richtergehälter dem Landtage unterbreiten zu müssen.

Daß für solche Vorschläge die Gehaltsregelung nach Dienstalters⸗ stufen die naturgemäße Grundlage bilden würde, ist bei den vor sährigen Verbandlungen allseitig anerkannt worden. Es muß aber daran festgebalten werden, daß dieses Gehaltsspstem bezüglich der Land. und Amtsrichter solange nicht durchführbar ist, als nicht eine Beschränkung in der Zahl der Anwärter sich ermöglichen läßt. Das Besorgniß erregende Anwachsen der Zahl der Referendare auf 3506 am 1. Juli 1896 stellt eine weitere Vermehrung der Gerichts Assefforen und damit ein erheblich weiteres Hinausschieken deß Termins für die erste Anstellung in sichere Aussicht. Da nun, wie in der Begründung der vorjährigen Vorlage eingebend dargelegt ist, das Besoltungsdienstalter nach dem Dienst⸗ altersftufen System, von einer Uebergangszeit abgesehen, noth— wendig mit dem Tage der ersten Anstellung beginnen muß, so würde eine Einführung jenes Systems ohne Beschränkung der. Anwãrter eine außerordentliche Verschlechterung in der Lage der Richter bedeuten. Sodann aber nöthigt, wie gleichfalls im Vorjahre ausführlich erörtert worden ist, das Dienstaltersstufensystem zu einer strengeren Berück⸗ It ans des Dienstalters bei der Anstellung, welche bei Festhaltung 3. jetzt unbeschcänkt stattfindenden Ernennung von Assessoren nicht urchführbar sein würde. ö ö

ö. im Vorjahr nicht gelungen ist, für eine Beschränkung in diefer Beziehung eine zweifellose gesetzliche Grundlage u gewinnen, mußte zur Zeit von der Einführung des Bienstaltersstufen. Systems für die Land und Amtsrichter abgesehen werden. Dagegen macht der vorliegende Entwurf den Versuch, den oben geschilzerten Unzuträglich⸗ keiten für die genannten Beamtenkategorien dadurch zu begegnen, daß für sie, unter Beibehaltung des Gehaltsspstems im übrigen, die pro⸗ dinziellen Etatsverbände aufgehoben und ein gemeinsamer, die ganze Monarchie umfassender Etatsverband gebildet wird.

Es würde aber unbillig sein, wegen der. bezũglich der Land und Amtsrichter sich ergebenden Schwierigkeiten die Vortheile des Dienstaltersstufen⸗ Syssems auch denjenigen richterlichen Beamten lãnger vorzuenthalten, bei denen ein Hinderniß für seine Einführung nicht besteht. Derhalb ist in Aussicht genommen, jenes System für die Senats. Präsidenten bei den Ober. Landesgerichten und die Landes richts Präsidenten (ausschließlich des Präsidenten des Landgerichts Lin Berlin, aber einschließlich des Amtegerichts-⸗Präsidenten in Berlin), sowis für die Ober Landesgerichts. Räthe und Landgerichts Direktoren einzu— führen. Im Verwaltungs wege wird die gleiche Gebalteregelung in Betreff der Ober Staatz anwaste und Ersten Staatsanwalte angeorpnet 3 während ,, , den Land⸗ und Amtsrichtern gleich

andelt werden sollen. .

: Gleich dem a hr Entwurf bezweckt die Vorlage nur die prinzipielle Regelung des Systems. Die Ausgestaltung im einzelnen ist theils, wie die Festsetzung der Höchst⸗ und Mindestgehälter, unmittelbar Sache dez , der Justizverwaltung, theils bon defsen Feftsetzungen abhängig. . .

Die i. . Fein n r; Huch führung des Gesetzentwurfs ergiebt

ch aus der beigefügten Denkschrift, (Siehe unten) Der dort ent⸗ wickelte Plan ist für die Königliche Staateregierung Voraussetzung für

Zuflandekommen des Gefetzes; sie würde sich zu dessen Durch ührung außer stande sehen, wenn nicht über den Plan Einverstãndniß erzielt wird.

Die beigefügte Denkschrift, betreffend die bei der Neu⸗

A. Richterliche Beamte, deren Gebälter nach Dienst altersstufen geregelt werden.

Klasse 1. -

Für die Gebaltsabftufung in Klasse 1 sollen die Sätze zur An—⸗ wendung kommen, die für die das gleiche Höchst · und Mindestgebalt be⸗ ziehenden vortragenden Räthe in Auesicht genommen sind. Die Zeit von der Ernennung bis zur Grreichung des Höchstgehalts wird sich also in Zukunft auf 12 Jahre belaufen, während sie gegenwärtig betrãgt:

! bei den Senats⸗Präsidenten 15 Jahre 10 Monate, Ober Staatẽanwalten 19 11 ‚. Landgerichts Prãsidenten 11 *

Die Wirkungen der neuen Gehaltsregelung veranschaulicht fol⸗

gende Uebersicht:

mit einem Gehalte vom 9 300 4 8 700 4A 8 100

bat gegenwärtig ein Dienstalter von

Der jũngfte IJ 300

Senats⸗

Präsident 1. Okt. 1879 6. April 1834 3. April 1891 21. Febr. 1895 11 000 11000 46 8 400 6 7 500 46

Land

erichts . Hef dent 5. April 1882 8. Juni 1886 27. Dez. 1890 3. Nov. 1895 11000 **. 10 200 4K S 400 M. 500

.

taats⸗ Anwalt 8. Mai 1873 28. Nov. 1887 29. Jan. 1890 30. Jan. 1893 Ii oo M, g 300 3 zoo 6, 3 409

Der Gesammtbetrag der Mehraufwendungen bei dieser Klasse beläuft sich auf 89 900 6 asse 2.

Der Erhöhung des Mindestgebalts für die Land. und Amts. richter um 600 66 entspricht die Bemessung des Anfangsgehalts der hier fraglichen Klasse auf 5490 M Die Zulagen sind den zur Zeit gewährten (600 46) gleich. Daraus ergiebt sich eine Erreichung des Höchstgehalts in 9 Jahren, während gegenwärtig die durchschnittliche Dienstzeit innerhalb der Klasse bis zur Erlangung des Höchstgehalts betrug bei den (

Ober ·˖ Landesgericht Räthen 13 Jahre 3 Monate, Landgerichts. Direktoren k . Ersten Staatsanwalten ö . .

Zur Erläuterung sei bemerkt, daß das richterliche (Ussessor / Dienstalter durchschnittlich betrug bei der Ernennung zum

Ober ⸗Landesgerichts- Rath 18 Jahre 7 Monate, Landgerichts⸗Direktor 1 1 ‚. Ersten Staatsanwalt ö .

Die Wirkungen des neuen Gehaltssystems veranschaulicht fol gende Uebersicht:

in der gegenwärtigen Gehaltsklasse

z beträgt des jüngsten . . . 19 6600 0 6000 S 5400 e

jetziges , ,, . 5. Mai 1806 3. Marz 1862 1. April 1894

gerichte ˖ kan friget gabs: Gehl? ZO , oo , Hao

jetziges ‚— . Landgerichts⸗ J 26. März 1886 15. Sept. 1891 25. Nov. 1893

Direktors kũnftiges Gehalt! 7200 9 6000 60 5400 A

etziges ͤ ] Eisten e k. zl. Rai 13 8. Ott. 15 8. Ai 1893

Staatz. künftiges anwalts Gan tiger 7 200 006 6600 6 6000

Der Gesammtbetrag der Mehraufwendungen bei dieser Klasse beläuft sich auf 333 300 4

B. Landrichter, Amtsrichter und Staatsanwalte.

Es wird beabsichtigt, acht Gehaltsklassen zu bilden, sodaß sieben Zulagen zu verleihen sein werden. Da für die hier fraglichen Beamten nur die Gesammtfumme verfügbar ist, die aus dem der Beamtenʒahl entsprechenden Vielfachen des Burchschnittsgehalts sich ergiebt, und da andererseits die Zulagen nicht gleich bemessen werden Fönnen, weil der Unterschied des Höchst- und Mindestgehalts nicht durch? theilbar ist, so sollen 2 Zulagen zu 500 , je eine zu 400, ju 500 und zu 400 , dann wieder zwei zu 500 M verliehen werden. Daraus ergiebt sich folgender Gehaltsplan:

Gehalts. Zabl der Gesammt⸗ w satz Beamten aufwendung Beamten der Rlasse

16 66

6300 500 150 000 n 5800 499 2894200 29. März 1876. 5360 499 2 644 700 20. März 1880. 4900 500 2450000 1. November 1882. 4400 500 2200000 7. März 1885. 4009 499 1996009 10. Januar 1887. 3500 499 1746500 16. Januar 1889. 3500 500 1500000

zusammen 3996 18 581 400 darunter 3754 Land⸗ und Amts richter 242 Staatsanwalte.

Der gegenwärtige Gebalts aufwand beträgt . die Land und Amtsrichter . 15 766 800 é die Staatsanwalte.. 871200. zusammen IS 638 000 υ

Demnach beläuft sich der Mehraufwand bei diesen Beamten auf Tga5 50 . .

Nach vorstehendem Plane wird das Höchstgehalt mit einem richterlichen Dienstalter von 29 Jahren 11 Monaten erreicht, während gegenwärtig dieser Zeitraum beträgt:

im Ober Landesgerichtsbezirk: Berlin.. JJ Breslau Cassel Celle. 1

rankfurt a. . w . Königsberg. Marienwerder Naumburg Posen. . ; J durchschnittlich .. .

Die Wirkung der neuen Gehaltsregelung im einzelnen ergiebt sich aus der in Anlage fl beigefügten Nachwelsung des richterlichen Dienst ; alters der ufer Beamten in jeder Gehaltsklasse bei den Land⸗ richtern und Amtsrichtern nach dem Stande vom J. Oktober 1896. Danach erfahren von den in die Nachweisung aufgenommenen 169 Fichtern 6 eine vorübergehende Verschlechterung ihres Normalgehalte

7. November 1866.

333 Jahre 1 Monat 8

de o o 0, oo O = O de on, O . am * * 2 16 16 16 1 * 1

regelung der Richtergehälter zu bildenden Gehaltsklassen sowie die finanziellen Wirkungen der gemachten Vorschläge, lautet:

während bei A das Normalgebalt gleichs bleibt und die übrigen 159 sich im Gehalt verbessern.

Der gesammte Aufwand an Normalgehältern beziffert sich, wie folgt:

* früber känftig alse fta

mehr ** 63

1394900 89 g00 3 657 809 333 300

bei den Beamten der Klasse 1

! and und Amtẽrich. tern, sowie den Staats⸗ anwalten. .

1s sss OMοσ 620100 123 ο 21 277 500 23 644 100 2366 600

Der Mehraufwand beläuft sich sonach auf 11,12 der jetzigen Etats summe. t .

Einige wenige Beamte beziehen zur Zeit höbere Gehälter, als die ihnen nach dem vorstebenden Gehaltspkane künftig zustehende Normalbeseldung. Es versteht sich von selbst, daß sie den über⸗ schießenden Betrag ihres jetzigen Gehalts so lange weiter bezieben, bis der Unterschied, durch Erreichung eines höheren Normalgehalts ausgeglichen ift. Nur in diesem Sinne darf man von einer ‚Ver⸗ schlechterung' in der Lage jener Beamten reden. 4

Die fraglichen Mehrbezüge sind übrigens so geringfügüg, daß sie bei Veranschlagung des künftigen Aufwands außer Betracht gelassen werden durften. ; .

Den vorstehenden Berechnungen liegt, wie erwähnt, überall der Vormalbedarf nach dem Stande vom 1. Oktober 1896 zu Grunde. Insbesoadere ist auf die durch den Entwurf zum Staats haus halts⸗ Etat für 1897/98 vorgeschlagene Stellenvermehrung keine Rücksicht genommen, um die ,, , r. der Zahlen nicht zu beeinträchtigen. Würde diesen Vorschlägen stattgegeben, so würde der Mehrbedarf in Klasse 2 aus dem der Stellenzahl entsprechenden Vielfachen des Mindestgehalts bestehen. Für den neuen Etatsverband der Land⸗ richter, Amtsrichter und Stagatganwalte, für den 56 neue Stellen beantragt sind, beträgt der Mehrbedarf ß 6 4650 . (Durchschnitts⸗ gehalt) oder 260 4090 6 Die künftige Eintheilung des Besoldungs⸗ verbandes würde sich dann, wie folgt, gestalten:

VIII. Klasse 507 Beamte à 6300 Æ ... 3 194100 A

; 506 5800 2934 800 , 506 5300 2681 800 2484 300

507 1900 . ' 507 4400 2 230 800, 2024000 ,

*.

506 4009 506 3500 1771000 1521 000

507 ö. 3000 K Sa. 40527 Beamte = I8 ð 41 ð o 460

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Haftpflicht der gewerblichen Unternehmer in Deutschland.

Durch die Einführung der deutschen Arbeiter -Unfallversicherung ist die Haftpflicht der gewerblichen Unternehmer nicht beseitigt worden. Sie besteht noch gegenüber betriebsfremden Personen, zum theil auch noch gegenüber Betriebsangehörigen, sofern diese nicht Anspruch auf berufsgenossenschaftliche Entschädigung haben. Außerdem stehen den Berufsgenossenschaften unter bestimmten Voraussetzungen gemäß 96 bis 88 des Gesetzes vom 6. Juli 1884 und den entsprechenden Bestimmungen der anderen Unfallversicherungsgesetze Regreßrechte gegen die Unternehmer zu. Ueber die thatsächliche Bedeutung dieser Regreßrechte herrscht noch mancherlei Unklarheit. Diese zu beseitigen. hat der „Deutsche Haftpflicht ⸗Schutzverband? als eine seiner Aufgaben angesehen. Er hat im Laufe des verflossenen Jahres durch Vermittelung der Berufsgenossenschaften umfangreiche Erhebungen über das thatsächliche Vorkommen von Haftpflicht⸗ und Regreßfällen angestellt und das Ergebniß dieser Ermittelungen in einer kleinen Schrift veröffentlicht, die unter dem Titel „Die Haftpflicht der gewerblichen Unternehmer in Deutsch- land! soeben erschienen ist (Verlag von Siemenroth u, Troschel in Berlin) und den Professor an der Technischen eb e, zu Aachen Dr. R. van der Borght zum Verfasser hat. Die Erbebungen erstreckten sich auf 30 Berufsgenossenschaften und ca. 10 000 Unternehmer, die 15 Berufsgenossenschaften angehören. Liegt hiernach auch noch kein vollkommen umfassendes Material vor, so ist doch die Zahl der gesammelten Berichte groß genug, um für wichtige Industriegruppen einen Einblick in die Verhältnißse ju ermöglichen.

Die statistische Bearbeitung der Regreßfälle auf Grund der Ss 96 bis 88 des Unfallversicherungsgesetzes ergiebt zunächst, daß von den 30 Beruftgenossenschaften mit ca. 27 Millionen versicherten Per- sonen, welche Mittheilungen gemacht haben, 19 in den sechs Jahren 1889 bis 1894 von dem Regreßrecht gegen eigene Unternehmer oder deren Angestellte aus 95 und 97 Überhaupt keinen Gebrauch ge macht haben. Die übrigen 11 erhoben Regreßansprüche 85 mal gegen eigene Unternehmer und 62 mal gegen Angestellte von eigenen Unternehmern. Den größten Theil dieser Regreßfälle stellt das Bau⸗ gewerbe im weiteren Sinne: 56 gegen eigene Unternehmer und 49 gegen deren Angestellte, das sind 67 5 bezw. 79,03 / der Gesammtzahl. Dem⸗ nächst zeigen das Steinbruch und das Ziegeleigewerbe noch eine erhebliche Zabl von Regreßfällen. Gegenüber den entschädigten Betriebsunfällen dieser Genossenschaften machen die Regreßfälle auf Grund der §§ 96 und 97 freilich nur wenig aus, soweit die Zahl der Fälle in Betracht kommt; denn nur in o der 43 268 entschädigten Betriebsunfälle ist von dem Regreßrecht aus den S8 96 und 97 von den 11 Berufs. genossenschaften Gebrauch gemacht worden, die überhaupt die 96 und 7 angewandt haben, und die sämmtlichen 30 Berufsgenossen⸗ schaften, auf die sich die Erhebungen thatsächlich beziehen, hatten in den Jahren 18589 bis 1884 75 350 entschädigte Betriebsunfälle, denen gegenüber die Regreßfälle aus den S§s 96 und 97 nur O, 20½ aus⸗ machen. Aber um so erheblicher fallen die beanspruchten Regreß= summen ins Gewicht. Sie stellten sich im Durchschnitt pro Fall bei der Regreßnahme gegen

Angestellte

eigene eigener Unternehmer Unternehmer bei der Hamburger Baugew. Br: G. auf 7633 4 3400 4 Süůdd. Eisen u. Stahl B. G. , 842 k 1389 , 5 Ziegelei. B. G. . 16546 , 427 Südwestd. Holz B. G.... 1186 , Sächs. Baugew. B. Gf. 1036 . 12659 Rhein. ⸗Westf. Kleineisenind. u. Maschinenbau B. G.. 10900 Steinbruchg⸗B.⸗ Gs... 723 Hessen⸗Nass. Baugew. B. G.. Bekleidungsind. B. ⸗G. auf jährlich 80,4 Die beanspruchten Summen (von den Jahregrenten also ab= gesehen) sind bekannt in 52 Fällen gegen die Unternehmer mit 114 074 M oder 2194 M pro Fall und in 26 Fällen gegen deren Angestellte mit 23 592 Æ oder 907, 04 M pro Fall. Selbst nach den Durchschnittsziffern handelt es sich also um . Beträge im einzelnen Falle. Bei der Hamburger Baugew.-B. -G. sind durch ge⸗ richtlichen Vergleich zwei Regreßfälle erledigt, in denen sosgt 43 924 M beansprucht und 36714 6 anerkannt wurden, sodaß für jeden dieser Fälle rund 18 000 M ju zahlen waren, Von allen 145 Regreßfällen haben 71. (2 49 cio) die Gerichte beschäftigt. Nur in einem Falle ist dabei die Regreßklage abgewiesen, und nur in zwei ällen kam es zu einem gerichtlichen Vergleiche, während in allen Übrigen vor Gericht gebrachten Fällen die Verurtheilung der in pflichtigen erfolgte. In 111 Fallen sind auch die finanziellen C ie der Regreßnahme bekannt. ir finden in einem Falle eine läbrlt Zahlung von 80 40 und in 110 Fällen eine Kapitaljahlung von

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Jo5 025 Æ (— S665 M pro Fall).

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