die Rede sein, wenn man erwog: in welcher gerechteren, der Ver⸗ fassung entsprechenden Weise die Zuwendungen aus der Staatskasse an die einzelnen Schulgemeinden zu normieren seien? Meine Herren, wenn hier von Feindseligkeit gegen die Städte gesprochen wird, so möchte ich darauf hinweisen daß wir in der preußlschen Monarchie auch noch andere Städte als diese großen Städte mit über 25 Schulstellen haben. Die Städte zwischen 10000 und etwa 25 000 Einwohnern werden durch dies Gesetz außerordentlich gewinnen, ja, durch die Steigerung der Alterszulagen werden die Städte über 10. bis 20 000 Einwohner fast das Doppelte als vor⸗ ber erhalten. Da kann man doch von einer gegensätzlichen Politik zwischen Stadt und Land überhaupt nicht mehr reden. : ö
Nun sagen die verehrten Herren: hier ist ein Raub gewissermaßen geschehen; es wird den Städten das entrissen, was sie schon hatten. Es ist schon mit Recht darauf hingewiesen worden, daß, wenn man diese Anschauung zu Grunde legte, män unsere gesammte Finanz und Steuerpolitik » festlegte und auf Ewigkeit bannte. Dann würde man auch keine Steuerreform durch⸗ führen können, die große Verschiedenheiten herbeiführt; dann würde man also auf das System des Herrn Abg. Seyffardt kommen, der eine Vertheilung von Staatslasten oder Zuwendungen aus der Staats. kasse, wie ich sie verlange nach Maßgabe der Leiftungsfähigkeit, für eine sozialdemokratische Anschauung erklärt. Das ist auch gegen die Einkommenstener mannigfach eingewendet: es wäre doch eigentlich ein Raub, daß man sie plötzlich verändere, und die reicheren Leute stärker heranziehe, als die minder leistungsfähigen. Wenn dies System in Preußen gegolten hätte, würde wahrscheinlich der ganze preußische Staat nicht existieren. Meine Herren, wir sind vollkommen berechtigt und handeln, wenn wir das thun, sehr recht und billig, wenn wir die Verwendungen aus der Staatskasse einrichten nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, nicht nach dem Bedürfniß, und ich gebe vollständig zu, daß das, was wir hier thun, nur noch ein leises Zurücklenken auf das System der Verfassung ist; denn die Verfaffung legt prinzipaliter die ganze Schullast den Gemeinden auf und verlangt nur, daß der Staat ergänzungsweise im Fall des Bedürfnisses den Gemeinden zu Hilfe kommt. Dies System ist in den Jahren 1888/89 in viel zu weit⸗ gehendem Maße verlafsen. Wir nähern uns insoweit diesem Grund⸗ satze, als wir ihn wenigstens an einer Stelle, wo die Sache leicht durchführbar ist, wo kein Zweifel in Bezug auf die Bedürftigkeit vor⸗ liegen konnte, wieder zur Geltung bringen. Das ist das Ganze, worum es sich hier handelt.
Meine Herren, die Herren Abgeordneten, die dies ganze Vorgehen für unbillig halten, haben selbst doch schon ein Kompromiß im vorigen Jahre angeboten, indem sie sagten: für die Zukunft wollen wir auf weitere Zuwendungen verzichten! Es ist daher gar kein Grund vorhanden, Herr Abg. Seyffardt, sich hier so scharf gegen die Staatsregierung zu wenden; denn wenn die Staatsregierung nicht diesen Vor⸗ schlag gemacht hätte, die Mehrheit dieses hohen Hauses würde sie nicht dazu gezwungen haben. Wir sind es gewesen, die auch hier einen Mittelweg, einen Weg der Billigkeit mit Rücksicht auf den bestehenden Zustand in Vorschlag gebracht haben, und Sie haben es allein der Staatsregierung ju verdanken, daß hier jetzt dies Entgegenkommen gegenüber den Städten in Vorschlag gebracht ist, ihr ganz allein. Ich halte aber dieses Entgegenkommen nicht bloß mit Rücksicht auf das Zustandekommen des Gesetzes für be⸗ rechtigt, sondern es liegt auch in der Thatsache, daß die Städte bisher diese Zuschüsse bekommen haben und Aussicht hatten nach dem Gesetz, sie auch in Zukunft zu bekommen, ein berechtigter Grund, nicht zu scharf in den beftehenden Zustand ein zugreifen, daher die Verminderung der Zuschläge möglichst klein zu halien, damit nicht die Städte in ihrem Finanzwesen durch diese jetzige anderweite gesetzliche Normierung gestört werden. Soweit ist aber nach meiner Meinung die Staatsregierung jetzt gegangen, und es scheinen die Herren das auch selbst anzuerkennen. Ich glaube daher, es wäre besser gewesen, wenn man wirklich aufrichtig eine Verschärfung des Gegensatzes zwischen Stadt und Land, zwischen kleinen und großen Städten — denn darum handelt es sich hier vorzu gsweise — ver— meiden wollte, diesen Antrag nicht einzubringen, jedenfalls nicht in dieser Schärfe zu motivieren. (Bravo! rechts.)
Abg. Reichardt (ul.): Ich empfehle den Antrag Groth; die bisherigen Zuschüsse dürfen den Städten nicht genommen werden. Der § 27 ist ungerecht, von welchem Gesichtspunkt man auch die Sache betrachtet. Die Gegenüberstellung von Stadt und Land ist nicht zutreffend, denn es giebt Landgemeinden, die reicher sind als Städte. Prozentual bekommen die Landgemeinden mehr Zuschüsse als die Städte; wir gönnen sie auch den Landgemeinden, weil wir eine Förderung des Schulwesens wünschen. ie Realsteuern sind Bruttosteuern, sie können nicht in den Städten erhöht werden; ein mit Hypotheken belasteter Hausbesitzer oder ein Ge— werbetreibender in ähnlicher Lage kann durch Erhöhung seiner Real⸗ steuer ruiniert werden; der Finanz⸗Minister verweift ja die Städte immer auf die Bruttosteuern. Nach diesem Gesetz bleibt den Städten nichts Anderes übrig als neue Steuern. Die Steuerreform hat den Städten keine Erleichterung . trotz der Ueberweisung der Realsteuern. Nur der Empfänger der Steuern hat sich geändert, die Steuerzahler sind nicht erleichtert. Hier handelt es sich nicht um ein Interesse der Städte, sondern der Steuerzahler, und die Schullasten müssen von allen Steuerzahlern im Staate gleichmäßig getragen werden. Die Regierung thut mit diesem Gesetz einen sehr verhängnißvollen Schritt. Abg. von Eyn ern (nl): Gegen den Antrag Sattler konnte im vorigen Jahre nech die Finanzlage des Staats angeführt werden, heute nicht mehr. Es handelt sich garnicht allein um die großen Städte Berlin, Köln 2c, sondern in der Mehrzahl um kleinere, in ihrem finanziellen Verhältnisse bart bedrückte Gemeinden, wie Remscheid, Solingen 2c. Die Etatsrede des Finanz. Ministers war diesmal nichts als eine Verlegenheitsrede über die kolossalen Summen, die ihm zur Verfügung stehen. Angesichts dessen fallen dech die 1300 0900 A an . für die Städte nicht ins Gewicht. Ich appelliere an Ihre Gerechtigkeit, nehmen Sie unsern Antrag an!
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich möchte nur die Auffassung des Herrn Abg. von Eynern etwas berichtigen. Diese ganze Bestimmung ist nicht in das Gesetz gekommen, weil die Finanzen der Ersparungen, die wir dadurch machen, dringend bedürfen; denn auch schon bei der vorigen Gtatsberathung habe ich ausdrücklich vorher gesagt, daß wir aller Wahrscheinlichkeit nach kein Defizit, sondern einen nicht unerheblichen Neberschuß haben werden. Die Sachlage war damals schon so, um das, was nun eingetreten ist, einigermaßen vorherzusehen. Also ich konnte damals auch nicht behaupten, daß es geradezu finanziell unzulässig gewesen wäre, nach dem Antrag Sattler den Städten die bisherigen Bezüge zu belassen. Ja, meine Herren, ich bin noch weiter gegangen, wie die Herren
sich noch erinnern werden: Sie wissen, daß ich auch klar genug u er⸗
kennen gegeben habe, daß die Staatgregierung auch ihrerseits aus der
Annahme des Antrags Sattler keine Kapitalfrage gegen das Gesetz machen würde. (Hört! hört! links) Also die Sache liegt nicht auf finanziellem Gebiet, sondern sie liegt auf dem Gebiet einer gerechten Vertheilung der Staatsmittel. (Hört! hört! links.) Ob die Finanzen günstig sind oder nicht günstig sind, man soll die Staatsmittel gerecht vertheilen. Man soll da, wo man das höhere oder das geringere Bedürfniß anjuerkennen hat, auch nach Maßgabe der Verfassung handeln. So ist die Sache von der Staatsregierung damals auf⸗
gefaßt, so heute.
Meine Herren, ich freue mich, daß der Abg. von Eynern aus⸗ drücklich erklärt hat: diese Frage ist nicht von der Bedeutung, daß man seine Abftimmung über das Gesetz davon abhängig machen kann. Ich glaube, meine Herren, die Staatsregierung steht auf demselben Boden (hört! hört! links), sie hält auch das Gesetz von einer so großen Bedeutung, daß sie wahrscheinlich — ich kann das ja nicht mit Bestimmtheit sagen — von der Abstimmung über die hier vor⸗ liegende Frage die Annahme oder Nichtannahme dieses Gesetzes nicht abhängig machen wird. (Hört! hört! links.) — Hört! hört! meine Herren! — Dennoch aber kann ich nicht anerkennen, daß diese finanzielle Situation, in der wir uns jetzt befinden, irgend wie entscheidend ist für die Abstimmung in der hier in Betracht kommenden Frage.
Meine Herren, Sie baben auf einige wenige Gemeinden hin⸗ gewiesen, die möglicherweise durch die verhältnißmäßig — wenn Sie die Anlage 1 ansehen — verhältnißmäßig sehr geringen Verluste in Schaden kommen. Nun, meine Herren, wir haben für diese Fälle doch auch gesorgt: wir haben einen Fonds von 250 000 4A auf⸗ genommen, welcher in solchen Fällen die Härten auszugleichen im stande ist. Nun sagt zwar der Abg. Seyffardt: ja das ist wieder ein neuer Dispositionsföonds. Die Herren haben doch auch keine Neigung für Dispositionsfonds auf der rechten Seite. Run, meine Herren, ich glaube, den kleinen Gemeinden, die sich wirklich in Noth befinden, wird es schließlich ziemlich gleichgültig sein, ob sie diese Unterstützung bekommen kraft Gesetzes oder als feste Zuwendung aus der Staatskasse ohne Gesetz. Der Zweck wird wenigstens in beiden Fällen erreicht. Ich bin der Meinung, wir haben nach dieser Richtung alles Denkbare gethan, um nicht einen wirklich harten Eingriff in die bestehenden Zustände der Gemeinden zu thun, und ich glaube auch, daß auch die Vertreter der größeren Städte den guten Willen der Staatsregierung, soweit er mit den Anschauungen der Mehrheit des hohen Hauses, von dem das Gesetz abhängt, in Einklang zu bringen ist, den guten Willen, Härten auszugleichen, Bedrückungen zu vermeiden und eine möglichst ver⸗ söhnende Hand zu reichen, durchaus anerkennen werden. Ich bin überzeugt, daß die Herren vielleicht, zum theil wenigstens, im stillen Kämmerlein, wenn sie hier keine Reden halten, derselben Ansicht sind.
Abg. Dr. Hermes (fr. Volksp.): Die Grundsätze der Gesetze
von 1888 und 1889 sind richtige gewesen, und wir dürfen daher den Städten die Zuschüsse nicht nehmen. Gleiches Recht für Alle! Wenn Sie diesen Grundsatz verlassen, werden Sie keine Freude an diesem Gesetz haben, sondern nur Unzufriedenheit erregen, und die Unzufrieden heit ist der Nährboden für die Sozialdemokratie. Wenn der Minister auch immer die Meinung vertritt, die Städte hätten durch die Steuerreform Millionen bekommen, so kann er doch nicht über die Ungerechtigkeit dieses Gesetzes hinwegtäuschen. Die Steuerreform bat dem platten Lande genützt, nicht den Städten. Das Schulgeld ist aufgehoben, die Städte haben Aufbesserungen der Gehälter vor⸗ enommen, und nun sollen ibnen die Zuschüsse genommen werden. gin nimmt insbesondere Bezug auf die Verhaͤltnisse in Berlin. Ein finanzieller Nothstand im Staat sei anerkanntermaßen jetzt nicht vorhanden. Dieses Gesetz lasse das Vertrauen auf die Kontinuität der Staatsgesetzgebung schwinden. Mindestens müsse der Antrag Groth angenommen werden.
Ein Schlußantrag wird angenommen.
Der Antrag Groth wird gegen die Stimmen der National⸗ liberalen, der Freisinnigen, der Polen, einiger Zentrums⸗ mitglieder und einiger Freikonservativen abgelehnt; 8 27 wird unverändert angenommen.
S 28 enthält die Uebergangs⸗ und Schlußbestimmungen.
Abg. von Tepper-⸗Laski (fr. kon.) macht darauf aufmerksam, daß von der Bestimmung, nach welcher die Lehrer auf ihren Wunsch nicht den neuen Besoldungsvorschriften dieses Gesetzes sich zu unterwerfen brauchen, sondern bei ihren alten Gehaltsordnungen bleiben können, im Regierungsbezirk Wiesbaden voraussichtlich in großem Umfange werde Gebrauch gemacht werden. Die Bestimmung, welche in diesem Fall 5 28 für die Leistung des Staats treffe, werde nun zur Folge haben, daß Gemeinden, welche einen jungen Lehrer haben, der nur das Grundgehalt habe, für den die Gemeinde aber keine Alterszulage zahle, den Staatszuschuß für die Alterszulage einfach in die Tasche steckten, während eine Gemeinde mit einem alten Lehrer viel mehr zu leisten habe. Redner stellt deshalb einen Antrag, welcher für die Staatsleistung in diesem Fall eine solche Anordnung trifft, daß diese Bevorzugung der Gemeinden mit einem jungen Lehrer vor denen mit einem alten Lehrer nicht eintrete.
Ministerial ⸗ Direktor Dr. Kügler erwidert, daß eine Schädigung einzelner Gemeinden durch den Dispositionsfonds ausgeglichen werden könne. Auch im Regierungsbezirk Wiesbaden würden nur 6 wenige solcher exceptionellen Fälle vorkommen. Jedenfalls bedürfe der An⸗ . Tepper ⸗Laski noch bis zur dritten Lesung einer redaktionellen
erung.
9 Bartels (kons.) wünscht, daß diese Angelegenheit bis zur pte esung klargestellt werde, vorläufig müsse er gegen den Antrag
mmen.
Abg. Dr. Lotichius (nl.) hofft, daß die meisten Lehrer in den westlichen Provinzen, auch im Regierungsbezirk Wiesbaden, sich den Bestimmungen des Gesetzes unterwerfen werden, und daß den Gemein⸗ den die ftaatlichen Subdentionen erhalten bleiben; eventuell empfehle es sih in dritter Lesung den Antrag v. Tepper - Laski anzunehmen.
bg. Latacz (Zentr.) sieht in diesem Antrage mehr eine Be⸗ rück gt gung der Gemeinden als der Lehrer.
bg. Dr. Oswalt (nI.) weist darauf hin, daß nach diesem Paragraphen die Gemeinden einerseits die Regulative ändern und andererseits die Lehrer nicht schlechter stellen sollen. Nach dem neuen gr könnten die Lehrer das Höchftgehalt eine ganze Reihe von Jahren später erhalten als nach den jetzigen Gehaltserhöhungsperioden, z. B. in . a. M.
Ministerial · Direktor Or. Kügler bemerkt, daß solche Gemeinden einen Modus finden werden, der die Besoldungsordnung so normiert, daß die Lehrer effektiv dasselbe bekommen wie jetzt, wenn auch in anderer Form.
Dr. Weber Halberstadt (nl) äußert Bedenken hinsichtlich des er tte der Einführung des Gesetzes in den Stolberg'schen Graf⸗ en.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse:
Meine Herren! Wir haben außerordentlich bedauert, daß sich die Einführung des Ruhegehaltskassen⸗Gesetzes für die Lehrer durch die Königliche Verordnung in den Stolberg'schen Grafschaften um etwa 14 Jahr verzögert hat; es hat das natürlich an den Verband⸗ lungen mit den Fürsten gelegen. Noch mehr bedauern wir,
wenn aug dieser Verjögerung einzelnen Lehrern materielle Nachtheile entftanden sein sollten. Es liegt uns daran, daß sich solche Vorgnge diesmal nicht wiederholen, und nett
werden alles aufbieten, um die Könlgliche Verordnung so frũbiennn
berbeizuführen, daß das Gesetz auch in den Stolberg ' schen Grafschaften durch die Königliche Verordnung womöglich schon mit dem 1. Arril 1897 in Kraft gesetzt wird. Selbst wenn das nicht gelingen sellte, würden wir darauf Bedacht nehmen, dur die Königliche Verordnung dafür zu sorgen, daß wenigsten vom 1. April 1897 ab die Wirksamkeit des Gesetze auch für die Grafschaften anfangen müßte, damit den Lehrern in den Grafschaften aus dieser Verzögerung, an der sie unschuldig sin, keine weiteren Nachtheile erwachsen. Wir werden daher unmittelbar schon jetzt in der Hoffnung auf das Zustandekommen des Gesetzes di Verhandlungen mit den Fürsten Stolberg einleiten, und ich boff, es wird uns gelingen, jeden Schaden von den Lehrern fern zu halten. (Beifall.) j
, , agen? r , b .
ehrer einen Ausweg zu wie ihn von . wünsche, dessen . jedoch noch der nen e n, mern ihm beute noch nicht zustimmen könne.
Abg. von Tepper-Laski betont, daß die Lehrer vollständig frei sein müssen in der Wahl der alten oder neuen Ordnung und dabei nicht von finanziellen Rücksichten auf die Gemeinden abhängen dürfen. Er ziehe für heute seinen Antrag zurück, behalte sich aber vor, ihn in dritter Lesung in abgeänderter ef. wieder einzubringen.
6. wird angenommen.
amit ist die zweite Berathung des ledigt. Die dazu eingegangenen Petitionen gefaßten Beschluͤsse für erledigt erklärt.
Es folgt die Berathung folgender, von der Kommission , , . Resolution: die Regierung zu ersuchen, dem Landtage baldigst ein allgemeines, auf christlicher und kon= fessioneller Grundlage beruhendes Volkeschulgesetz vorzulegen.
Abg. Bartels fkons): Wir wünschen den alsbaldigen Erlaß dieses Gesetzes. Die Gründe sind so oft dargelegt, wir heute nur auf unsere früheren Ausführungen Bezug nehmen. Bei der Be rathung des vorliegenden Gesetzes wird von neuem der Eindruck ge, wonnen sein, daß es mit dem Stückwerk nicht weiter geht. ö wir doch ein einheitliches großes Werk, sei es auch schwierig; es is des Schweißes der Edlen werth. Es handelt sich um die Cihan von großen Gütern, deren Verlust für unser Volksleben ein Ungläs
wãre.
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.): Wir
wollen auch eine christliche konfessionelle Schule, aber nicht auf der Grundlage des Gesetzentwurfs von 1892. Wir befürchten, durch die Zustimmung zu dieser Resolution der Mißdeutung zu unterliegen, alt wünschten wir eine Wiederholung der Vorlage von 1892. Wir sind nach dem Standpunkt der Mehrheitsparteien bedenklich, ob der Zeitpunkt bereits gekommen ist, eine solche Ordnung der Schule unter Wahrung der unveräußerlichen Rechte des Staats vorzunehmen. Des halb lehnen wir die Resolution heute ab. Abg. Dr. Sattler (ul.): Auch uns sind die Schwierigkelten eines stäckweisen Vorgehens auf diesem Gebiet klar, und wir hätten eine breitere Grundlage dafür gewünscht, als die Lehrerbesoldung bietet. Hätte man mit dieser die Regelung der Schulunterbaltungt⸗ pflicht vereinigt, dann hätte man die Leistungsfähigkeit für die Staalk= beiträge zur Richtschnur nehmen können, wie man es jetzt nicht ethan hat, obwohl man es behauptet. Eine Regelung des Volke er i ist durchaus erwünscht, und die christlich. konfesstonelle Grundlage wäre zu berücksichtigen. Wenn man sich diese so harm— los scheinende Resolution ansieht, könnte man ja dafür stimmen, wir werden aber dagegen stimmen, denn wir wissen, daß die Mebrheit des Lauses damit den Zedlitz'schen Gesetzentwurf meint. Dagegen erheben wir den schärfsten Widerfpruch wie damals und stimmen des— halb gegen die Resolution. Der Mehrheit, welche das Lehrer besoldungsgesetz zu stande gebracht hat, können auch wir das Zustande⸗ bringen eines all gemeinen Volksschulgesetzes nicht anvertrauen.
Abg. Broemel (fr. Vgg.): Ueber den Standpunkt meiner Freunde kann kein Zweifel sein. Wir lehnen ein solches Gesetz ab, wenn wir auch eine allgemeine Regelung des Schulwesens wünschen. Allerdings kommen dabei unersetzliche Guter unseres Volks in Frage, aber das sind andere, als der Abg. Bartels meinte. Wir stimmen gegen die Resolution.
Abg. Knörcke (fr. Volksp.) Auch wir können nicht für die Resolutign stimmen aus den Gründen, die wir schon früher erörtert haben. Einem solchen Gesetz auf chriftlicher, konfessioneller Grund⸗ lage, wie die Mehrheit will, können wir nun und nimmermeht zu stimmen, weil sie damit ein Gesetz meint, das vorzugsweise nicht auf christlicher, sondern auf . Grundlage aufgebaut werden soll. Damit käme wieder eine Bewegung in unser Volk, die wir gerade jetzt nicht wollen. Der gegenwärtige Augenblick ist der aller⸗ ungeeignetste für ein solches Werk.
Abg. Freiherr von Heereman (Zentr.): Die Resolution soll auch nicht harmlos sein; wir wollen gerade dadurch eine bestimmte Forde⸗= rung ausdrücken, daß wir ein Gesetz und eine Schule haben wollen auf christlicher, konfessioneller Grundlage und daß wir erwarten, daß die Regierung uns endlich ein solches Gesetz vorlegt. Wenn man sagt; es darf aber nicht kirchlich sein, so verstehe ich diesen Stand⸗ punkt nicht. Wenn man chriftlich ist und eine christliche ne, hat, so müssen die Organe der Kirche auf Schule und Erziehung Einfluß haben, oder es ist keine christliche Schule, sondern alles Andert. Ferner wollen wir mit der Resolution entschieden der immer weiter gehenden Verstaatlichung des Schulwesens entgegentreten. Dieser Richtung wird durch das vorliegende Gesetz Vorschub geleistet, und wir stimmen dafür nur mit schwerem Herzen und nur im Interesse der Lehrer und der äußern Ordnung der Dinge, und weil es fürs erfte nicht möglich ist, ein Schulgefsetz e, , . Wir treten der weiter gehenden Verstaatlichung entgegen, die Eltern, Gemeinde und Kirche nicht berücksichtigt, obschon wir für dieses Gesetz stimmen.
Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole): Ich kann namens meiner
reunde erklären, daß wir die Ausführungen des don eereman wörtlich unterschreiben.
Abg. Dr. Sattler: Theoretisch sind ja die Herren vom Zentrum gegen die Verstaatlichung der Schule, vraktisch haben sie das abet bel diesem Gesetz nicht gezeigt. Nach § 8 kann ruhig weiter ber= staatlicht werden.
Darauf wird die Resolution angenommen.
Schluß 4 / Uhr. Nächste Sitzung: Mittwoch 11 Uhr. Schuldentilgungs⸗Vorlage
Gesetzentwurfs er⸗ —
—
orsch (Zentr.) empfiehlt, im Interesse der nassauischen
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-AUrzeiger
Berlin, Mittw
och, den 13. Januar
1897.
M 10. o r—r— r — — — — ——— —— — — — Deutsches Reich. ndsverkehr mit Zucker im Dezember 1895
Rübenverarbeitung und Inla
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Monat Dezember 1896
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Ein⸗ und Ausfuhr von Zucker im Dezember 18986.
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Literatur.
Ratur und Haus“. Illustrierte Zeitschrift für alle Naturfreunde. In Verbindung min r fad 5 K. 60, Borstand des Königlichen Naturalien Kabinets in Stuttgart, und P. Matschie, Kuftes an der zoologischen Sammlung des König lichen Museums für Naturkunde zu Berlin, herausgegeben von Max Les dörf fer. Berlin, Verlag von Robert Oppenheim (Gustab Schmidt). Vierteljäbrlich 6 Hefte; Preis 1,50 6 — Die vor— liegenden ersten sechs Hefte des fünften Jahrgangs dieser Zeitschrift liefern den Bewels, daß die Herausgeber nach wie vor beftrebt sind, Anregung und Belehrung auf dem Gebiete der Naturkunde zu geben und allen naturwissenschaftlichen Neigungen und Liebhabereien gerecht zu werden. Mit der Zahl der Mitarbeiter ist auch der Inhalt in Wert und Bild stets vielseitiger und reichhaitiger geworden. Die vielen lebenswabren Illuftrationen tragen wesentlich zum Verständniß der textlichen Ausführungen bei.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
. Ita lien.
Durch seesanitätsvolizeiliche Verordnung des Königlich italienischen Ministeriums des Innern vom 29. Dezember v. J. sind unter Auf— bebung der Verordnung vom 11. Dezember v. J. (vgl. . R. Anz.“ Rr. vom 2. 8. M. im Hinblick auf die in Indien und anderen asiatischen Regionen herrschende Beulen pest fürdie aus Ländern jenfeitèe der Straße von Bab-elMandeb kommenden Schiffe besondere Maßregeln angeordnet worden. Hiernach müssen, bevor solche Schiffe zum freien Verkehr zugelassen werden, die an Bord befindlichen Per= sanen ärztlich unterfucht und die zu ihrem persönlichen und häuslichen Gebrauch dienenden Gegensftände, soweit sich die letzteren nicht in vollkommen reinem Zustande befinden, desinfiziert werden. Schiffe, welche weder einen Arzt an Bord haben, noch einen Desinfektiong⸗ apparat besitzen, und auf denen bei der Abfahrt oder während der Seefabrt Fälle von Beulenpest festgestellt und seit der vollständigen Genesung der Erkrankten nicht mindestens 14 Tage verstrichen sind, mäüssen sich nach einer der Sanitätsstationen des Königreichs (Arimara, Popevlia, Augusta) begeben, um daselbst bis zu ihrer vollständigen Desinfizierung und Feststellung ihrer Reinheit zu verbleiben. Schiffe, welche Fälle von Beulenvest an Bord haben oder während der Seereise innerhalb der letzten 3 Tage hatten, sind alle nach einer der vorbezeichneten Sanitäts- stationen zu fenden, um daselbst den vom Ministerium des Innern von 31 zu Fall varzuschreibenden Maßnahmen unterworfen zu werden.
m übrigen ist den Schiffen, welche aus Ländern jenseits der Meerenge von Babel⸗Mandeb kommen, verboten, rohe, frische oder ge⸗ trocknete Häute, Wolle, Haare, Thiere oder Theile von Thieren irgend welcher Art und Lumpen auszuschiffen. Handelt es sich um Baumwollballen oder solche Waaren, die nicht desinfiziert werden können, so hat die Gesundheitsbehörde deren Ausschiffung zu gestatten und den Präfekten derjenigen Provinz sofort zu benachrichtigen, nach welcher die Waaren bestimmt sind, unter Angabe des Bestimmungs⸗ orts und der Personen, an welche dieselben gerichtet sind.
Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 27. Dezember bis 2. Januar ein günstiger und die Sterblichkeit faft die gleich geringe wie in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 165). — Auch in dieser Woche waren unter den Todezursachen akute Entzündungen der Athmungs⸗— organe und Katarrhe der Luftwege vorherrschend und endeten in fast gleicher Zahl wie in der Vorwoche tödtlich. Auch das Vor kommen von Erkrankungen an Grippe blieb ein häufiges; 9 Sterbe—⸗ fälle infolge von Grippe (gegen 11 der Vorwoche) wurden gemeldet. Akute Darmkrankheiten zeigten sich in wenig gegen die Vorwoche veränderter Zahl als Todesursachen; die an diesen Krankheitsformen Gestorbenen befanden sich ausschließlich im kindlichen Alter. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb die gleich geringe wie in der Vorwoche; von je 10 009 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 48 Säuglinge. — Von den In fektions krankheiten gelangten Erkrankungen an Typbus selten, an Scharlach in beschränkter Zahl, Erkrankungen an Masern gleichfalls seltener, an Diphtherie etwaß bäufiger als in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar wurden Erkrankungen an Masern nur aus dem Stralauer Viertel, Erkrankungen an Diphtherie nur aus der jenseitigen Luisenstadt in nennenswerther Zahl zur Meldung gebracht. Gesteigert waren wieder Erkrankungen an Kindbettfieber, die in ällen zur Kenntniß kamen. Erkrankungen an Keuchhusten blieben häufig, doch wurde der Verlauf ein milderer; die Zabl der durch Jer dh fen ge⸗ storbenen Kinder sank auf s (von 11 der Vorwoche). Abgenommen baben Erkrankungen an rosenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut, während rheumatische Beschwerden aller Art, namentlich aber akute Gelenkrheumatismen, in größerer Zahl zur ärztlichen Be—⸗ obachtung gelangten.
Wien, 13. Januar. Die Wiener Zeitung‘ veröffentlicht den Bericht über die letzte Sitzung des Obersten Sanitätsrathes, in welcher der Referent Kusy mittheilte, daß die Epidemien in Pola und ussin Piccolo stetig abnehmen. Der Sanitätsrath stimmte den Anträgen Kusp's zu: anläßlich der indischen Pest ein Ginfuhrverbot für benutzte Kleider, Wäsche, Hadern und Abfälle aus ganz Asien, ausgenommen das asiatische Rußland, zu erlassen, und die Fahrten nach Mekka aus den occupierten Provinzen thunlichst hintanzuhalten bezw. durch einen von der Regierung bestellten Arzt zu überwachen.
London, 15. Januar. (W. T. B.) Wie dem „Daily Telegraph“ aus Kairs gemeldet wird, haben die Minister eine Verordnung er lassen, nach welcher Pilger soviel als möglich von der Wanderung nach Mekka abgehalten werden sollen, wenn sie sich nicht mit Mitteln zum Lebentunterhalt für sechs Monate versehen haben. Für den Fall des Ausbruchs einer Epidemie in Mekka verbietet die Verord— nung den Pilgern die Rückkehr nach Egypten für die Dauer der Epidemie.
Suez 12. Januar. (W. T. B.) Auf Befehl des Inter⸗ nationalen Sanitätsraths wird der gestern von Bombay angekommene, auf der Heimreise begriffene Postdampfer des Oesterreichischen Lloyd Imperator“ 6 eines pestverdächtigen Krankheits- falles an Bord hier 7 Tage aufgehalten.
Handel und Gewerbe.
In der Nummer 6 des „R⸗ u. St⸗Anz.“ vom 8. Januar 1894 waren in auszugsweiser Uebersetzung zwei in Finland unter dem 20. Dezember 1893 ergangene landesherrliche Ver⸗ ordnungen wiedergegeben, durch welche die Abgabe für die aus dem Lande gehenden Sägeprodukte und der Exportzoll auf ungesägtes Bau⸗ und Nutzholz für die Jahre 1894 bis 1896 neu festgesetzt wurden.
Diese Auflagen sollen nach zwei jetzt erlassenen landes⸗ herrlichen Bekanntmachungen bis zum Ende des Jahres 1896 in gleicher Höhe, wie bisher, forterhoben werden, jedoch mit