mnsprechen, als wenn das Vertrauen zu dem Richterftande oder die Bedeutung des Richterstandes in der letzten Zeit abgenommen bätte. Ich tbeile nicht diese Ansicht. Wenn aber die Bedeutung des Richter standes abgenommen hätte, und wenn man mit Recht behaupten könnte, daß unsere Richter dem öffentlichen Leben, dem Leben über⸗ baupt, zu fern steben, dann würde das doch nur Folge lediglich unserer eigenen Gesetzgebung sein. Das konnten wir alle, die wir aw der Einfübrung der Verwaltungs justiz theilgenommen haben, voraussehen, daß die Abschneidung leder richterlichen Thätigkeit auf dem öffentlich- rechtlichen Gebiet die Bedeutung des Richterstandes unmöglich heben konnte. Die Frage ist auch damals oft genug zur Sprache gekommen; das ist die Schuld der Richter, daß Richter, die ausschließlich auf das Privatrecht, abgesehen von dem Kriminalrecht, verwiesen werden, nicht die Bedeutung haben können wie ein englischer Richter, der zugleich über das gesammte öffentliche Recht seines Landes entscheidet. Das ist eine Entwickelung, die man vorherseben konnte; da trifft niemanden die Schuld, und ich gebe vollständig zu. daß, wenn dadurch die Bedeutung der Thätigkeit des Richters etwas abgemindert ist, die Staate regierung besonders und vorzugsweise daraus die Verpflichtung berleiten muß, was an ibr ist, die Stellung und die Würde des Richterftandes zu heben, statt dieselbe herabzudrücken.
Meine Herren, einige von den Rednern haben gewisse Bestim⸗ mungen in der Vorlage, namentlich der letzte Herr Redner, Herr Kirsch, in Beziehung auf die Schuldirektoren Raritäten genannt. Ja, meine Herren, diese Raritäten haben wir selbst aber vor wenigen Jahren hier beschlossen; sie beruhen einfach auf dem Normal ⸗Etat, an dessen Verabschiedung die Herren ja alle bethbeiligt sind. Wenn wir uns nun scheuten, eine Ordnung des Gehaltewesens, welche auf übereinstimmenden An schauungen der Staatsregierung und des Landtages beruht und noch vor kurzem in einem förmlichen Gesetze fixiert ist, bei dieser Ge legenheit ju beseitigen, so kann man doch unmöglich das eine Rari⸗ rätenkrämerei nennen. Materiell bin ich auch nicht der Ansicht — ich glaube, Herr Abg. Gamp hat sie ausgesprochen —, daß die Direktoren an kleinen Schulen in kleinen Städten eigentlich ein viel höheres Gehalt verdienten als Direktoren hier in Berlin, einer theuren Stadt, mit einer Schülerzahl von bis zu 1200 an einem Gymnasium. Man hat da dech auch eine viel größere Verantwort- lichkeit, viel größere Kraftanstrengung und in manchen Beziehungen — das wage ich zu sagen — auch größere Direktionsbefähigung noth⸗ wendig.
Meine Herren, wenn man nicht se lange parlamentarische Er⸗ fahrungen hätte, so könnte man nach dem Verlauf der Debatte glauben, daß das Zustandekommen der ganzen Gehaltsvorlage in Frage gestellt wäre, ob da ein Resultat aus den Be—⸗ rathungen berauskommen wird, welches der Regierung an⸗ nehmbar ist. Die Staatsregierung kann ja natürlich nicht in allen Einzelbeiten auf ihrem Schein beftehen. Aber allerdings ist ibr das Werk selbst so schwierig geworden und sie hat sich so sehr überjeugt, wie gefäbrlich es ist, juviel an Bestimmungen zu rütteln, die große Konsequenzen auf das Ganze haben, daß es eine Reihe bon Punkten giebt, wie die Herren sich selbft in der Berathung überzeugen werden, bei welchen die Regierung nicht nachgeben kann. Wir würden es schmerzlich bedauern, wenn diese Vorlage nicht zur Verabschiedung gelangte; es würde eine offene Wunde bleiben, nicht bloß eine offene Frage, und wir würden immer auf die Frage zurückkommen müssen, ohne die Garantie zu haben, daß wir bei einer Berathung in einem der nächften Jahre etwas Besseres zu stande brächten. Die Frage muß doch nach der gesammten Lage, wie die Sache sich einmal ent wickelt hat, einmal gelöst werden, und ich boffe daher immer noch, daß Sie an die Vorlage herangehen werden mit den nöthigen Rück sichten auf den bestehenden Zustand, auf die Auffassung der Staats- regierung und daß Sie handeln werden nach dem Satze, daß man das Bessere nicht den Feind des Guten sein lassen soll.
Abg. Gothein (fr. Vxzg.): Dem Handels-Minister war aller dings mit der Ausfübrung des Börsengesetzes eine sehr schwierige Aufgabe gestellt; entweder mußte er den Kaufmannsstand oder die Agrarier verletzen. Er hat den ersten Weg gewählt. Die Schuld trifft allein jenes unselige 4 Dieses hat die Erbitterung der Kaufleute hervorgerufen. Der Deutsche Handelstag hat einstimmig dieses Gesetz als eine Ehrenkränkung des deutschen Kaufmannsstandes erklärt. Man hat immer ven falschen Notierungen gesprochen. Mußte das nicht die ebrenwertben Aufsichtsräthe kränken? Der Getreideproduzent hat ein Interesse daran, daß die Getreidepreise böͤher notiert werden, als sie in Wirklichkeit sind, und in Berlin bat man in einem Falle wirklich eine böhere Notierung des Weizens angestrebt. Rufe rechts: Namen nennen! Der Ton in den Versammlungen und hier im Hause über die Börse unterscheidet sich nicht e , derselb⸗ Faden, nur eine andere Nummer. Die Reden der Abgg. don. Puttkamer und Stöcker können nicht dazu dienen, die Sinigkeit wieder herbeizuführen. Stöcker ist allerdings nicht Landwirth, aber jeder Böoͤrsenvorstand würde ihn als Kollegen ablehnen. (Zuruf rechts) Das ist keine Unverschämtheit. Vije ˖ Präsident Dr. Krause: Ich babe einen solchen Zuruf nicht gehört, sonft würde ich ihn gerügt haben.) Wollen Sie die Börse mit Schutzmännern umgeben? Man kann doch nicht jede Vereinigung, die zur Erleichterung des Verkehrs zusammentritt, als Börse bezeichnen; das wäre ebenso widersinnig, als wenn man die Definition: das Schaf ist ein Thier, das init Wolle bekleidet ist, so umkebren wollte: jedes Thier, das Wolle trägt, ist ein Schaf. Geschãdigt werden durch den jetzigen Zustand nicht die Getreide⸗ händler, sondern die Landwirtbe. Herr Gamp hat den zitierten Artikel der Freisinnigen Zeitung“ nicht verstanden. Der Sinn diefe Artikels war, daß der Fortfall des Terminhandels eine momentane Ueberfüllung des Berliner Geschäfts zur Folge hatte und dadurch den Berliner Marktpreis gedrückt hat. Hätten loir den Terminbandel gehabt, so hätten wir dies vorübergebende Fallen des Preises nicht gehabt. Jetzt weiß man den wirklichen Preis nicht mehr, und der Getreidehändler in der Provinz hat den Vortheil. Das Termin. geschäft wird jetzt nicht mehr in Berlin, sondern in Amsterdam gemacht, und dem Reich entgehen die Stempel für die Schlußscheine. Die Kaufleute werden nur einen ehrenvollen
Frieden schließen; sie werden sich nicht Aufsichtsorgane von fremden Körperschaften aufdrängen lassen; freiwillig sie an⸗ junehmen, ist eine ganz andere Sache. Wollte man die Landwirth— chaft um 600 Millionen kaufkräftiger machen, so müßte man den Zoll unverhältnißmäßig erböben. Auch der Handel und die Industrie arbeiten heute mit geringerem Nutzen als früher. Wir nähern uns immer mebr dem Industriestaat, wie die neucste Volkszählung zeigt; die Landwirthschaft macht nicht viel mehr als ein Drittel der Bevölkerung aus. Zur Einkommensteuer trägt die staͤdtische Bevöl- kerung drei Viertel, die ländliche nur ein Viertel bei. Und Sie ver⸗ langen, daß diese Minderheit regiert? 40 0,½ Landwirthe sitzen * im Hause, 40 / Beamte, und die Vertreter des Handels und der In— dustrie sind nur minimal vertreten. Das liegt an unserer unerhörten Wablkreigeintheilung. Berlin müßte eigentlich 25 Abgeordnete haben, Breslau 5 statt 3, Ostpreußen 6 weniger. Hoffentlich gelingt es noch
in diesem Jabrtausend, hier Wandel zu schaffen. Der Gtat ist vorsich estellt, die Ginnabmepost öht 233 un ga j . 6 auch * 45 one
werden. In der Besoldungsfrag t lichkeit. entlich gelingt es der Budgetkommission, eine gesunde und gerechte Erhöhung der Gehälter zu . =
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Zu meinem Bedauern muß ich noch einmal für kurje Zeit das Wort ergreifen, um einige aufklärende Bemerkungen zu machen zu den Aeuserungen, welche seitens verschiedener Herren Vorredner in der Diskussion gefallen sind.
Zunächst ist von Herrn Dr. Friedberg die Behauptung aus⸗ gesprechen worden, es sei eine große Rücksichtslosigkeit seitens des Handel?. Ministers gegenüber der hiesigen Kaufmannschaft, daß die Börsen⸗ ordnung für die hiesige Börse erst Ende Dezember genehmigt worden ift. Ich glaube, diesen Vorwurf ablehnen ju müssen, und auch der Hert Abgeordnete würde ihn wobl nicht gegen mich erhoben haben, wenn ihm die Thatsachen genauer bekannt gewesen wären. Ich habe bereits im Juli vorigen Jahres eine eingehende Verfügung an sämmt⸗ liche Handelskammern, welche sich an dem Sitz der verschiedenen Börsen befinden, gerichtet und sie aufgefordert, die Börsenordnungen entsprechend den Bestimmungen des Börsengesetzes umzugeftalten und die umgeftalteten Entwürfe jur Senehmigung vor- zulegen. Die Berichte waren bis spätestens jum 1. Oktober erfordert; sie gingen auch ein, theils vor, theils nach diesem Termin. Um diese Zeit waren aber seitens des Reichsamts des Innern Ver handlungen eingeleitet, um eine übereinstimmende Ausführung des Börsengesetzes seitens der verschiedenen Landesregierungen in mehreren Punkten sicher ju stellen. Diese Verbandlungen mußten meinerseits abgewartet werden, ebe ich die Börsenordnungen genehmigen konnte. Es war außerdem der provisorische Börsenausschuß konstituiert und einberufen worden und mit der Berathung einer Reihe von Fragen befaßt worden, die gerade die schwierigsten und proble⸗ matischsten Beftimmungen der Börsenordnung betrafen. Auch diese Verhandlungen habe ich meinerseits abwarten müssen, ehe ich dazu übergehen konnte, die Böõrsenordnungen festzustellen berniebungsweise zu genehmigen. So kam es denn, daß der Erlaß, in welchem bezglich der Börjenordnung für Berlin die Bestimmungen getroffen sind, unter welchen meinerseits die Genehmigung erfolgen konnte, erst unter dem 4. Dezember an die biesige Kaufmannschaft gerichtet wurde. Die hiesige Kaufmannschaft bat nun aber mit den von mir getroffenen Aenderungen sich nicht obne weiteres einverstanden erklärt, sondern dagegen temonftriert, und dieser Bericht ging ein am 17. Dezember. Da die Remonstration gerade solche Punkte betraf, die ebenso zur Ausfübrunz des Gesetzes über die Landwirthschaftskammern wie zur Ausführung des Börsengesetzes gebören, so mußte ich mich darüber mit dem Herrn Landwirthschafts. Minister benebmen, und so erklärt es sich, daß die end- gültige Festsezung der Bõrsenordnung sich verzögerte bis zum 23. Dezember. Aber Thatsache ist, daß der betreffende Erlaß schon am ersten Weib⸗ nachtstage in die Hände der Kaufmannschaft gelangt ist, also nicht Ende Dezember. Die Veröffentlichung im Reichs ⸗ Anzeiger hat allerdinas erst Ende Dezember ftattgefunden und das erklart sich so: es hat eine Veröffentlichung der übrigen Bötsenordnungen im Reichs. Anzeiger“ nicht stattgefunden und es war auch nicht die Absicht, für Berlin die Börsenordnung durch den Reichs Anzeiger zu ver⸗ öffentlichen. Weil aber in den öffentlichen Blättern der dringende Wunsch ausgesprochen wurde, daß diese Veröffent- lichung stattfinde, so erfolgte sie nachträglich und infolge dessen erst Ende Dezember.
Sie sehen also, daß die Zeitfristen, in denen sich die Aus—= führungen des Börsengesetzes in diesem Punkte bewegten, durch die Umfstände bedingt waren, und daß in der gegen meinen Wunsch ver— zögerten Festsetzung der Börsenordnung eine Rücksichtslosigkeit gegen die biesige Kaufmannschaft nicht liegt; ich kann versichern, daß mir eine solche überhaupt fern gelegen hat.
Nun babe ich mich noch zu äußern über eine Frage, die von mehreren der Herren Vorredner angeregt ist, nämlich darüber, wie denn die Stellung der Regierung zu den freien Ver⸗ einigungen ist, die sich schon an mebreren Orten an Stelle der Pro⸗ duktenbörsen gebildet baben. Ich babe natürlich Veranlassung ge⸗ nommen, über die rechtliche und wirthschaftliche Grundlage und Be— deutung dieser freien Vereinigungen einen Bericht von den Staats kommissarien der betreffenden Börsen zu erfordern. Ich habe in diesem Erlaß speziell Auskunst darüber gefordert, ob es sich hier um geschlofsene Gesellschaften bandelt oder um solche Gesellschaften, wo jeder gegen Zablung seines Beitrages Zutritt bat; ferner über den Vorstand dieser Vereinigungen und ihre Statuten, über die Artikel, die dort gebandelt werden, über die Art der Geschäfte, die dort geschlossen werden, ob insbesondere Lieferungsgeschäfte auf Zeit, ob nach bestimmten
Usancen diese Geschäfte geschlossen werden, nach bestimmten Schluß⸗ scheinen, über den Umfang der einzelnen Geschäfte, über den Zusammen⸗ bang der Geschäfte, über die Einrichtungen für die Preisermittelungen über die Bekanntgebung der FPreise, die gehandelt werden, in dem Versammlungskokal selbst; endlich über die Einwirkung welche die Preisfeststellung auf die Preisbildung für die betreffenden Produkte ausgeübt hat.
Sie erseben schon aus dieser Beziebung der einzelnen Punkte, worüber der Bericht erfordert ist, von welcher Auffassung die König⸗ liche Staatsregierung ausgegangen ist. Sie geht davon aus, daß es ihre Aufgabe ist, zu prüfen, ob diese freien Vereinigungen Privatbörsen sind; denn wenn sie Privatbörsen sind, dann würde die Regierung allerdings das Recht in Anspruch nebmen müssen, daß ihre Genehmigung beim Handels⸗Minister nachgesucht und eine Borsen⸗ ordnung zur Genehmigung vorgelegt wird. (Bravo! rechts) Man hat über die Frage, wie der S1 des Börsengesetzes auszulegen sei, in õffent⸗ lichen Blättern verschiedene Auffassungen ausgesprochen und vertreten. Eine derselben ist auch von dem Herrn Abg. Richter vertreten worden: es könnten nur solche Einrichtungen als Börsen angesehen werden, die von der Regierung genehmigt sind. Und wenn eine Privatelnrichtung dieser Art getroffen sei, die nicht den Anspruch erhebe, eine Börse zu sein, die privilegierte Stellung der Börse ein⸗ zunehmen, so falle sie nicht unter das Börsengesetz. Diese Auffassung theilt die Königliche Staatsregierung nicht, sie ift vielmehr der An⸗ sicht, daß es im Sinne und Geiste des Börsengesetzes liege, es sollen keine Privatbörsen zugelassen werden ohne die Genehmigung der Re⸗ gierung. (Sehr gut! rechts.)
Meine Herren, wenn Sie in Betracht ziehen, daß es gerade der Zweck des Börsengesetzes ist, nunmehr die Geschäfte, die an der
Börse geschlofsen werden, unter die Aufsicht des Staats ju stellen, bei
dem Bersabten, wie dert die Preise ermittelt werden, auch die er
fande beranzuiehen, die an einer richtigen Preitfeftstellung dag err.
Interesse haben, dann werden Sie doch zugeben, daß es
angãnglich ift. Privateinrichtungen zuzulassen, die sich der Staang. aufficht einfach dadurch entziehen, daß sie sagen: wir wollen keine Börsen sein, wir wollen zwar das nämliche thun, wie die Bõr en, aber wir wollen die Staatsaufsicht nicht. Das ift mit dem Stan. und Geiste des Gesetzes nicht vereinbar. Aber es ist ebenso wenn vereinbar mit der wörtlichen Faffung des Bär sengesches. 5 be, in § 1 des Börsengesetzes: die Errichtung einer Börse bedarf der Genebmigung der Landesregierung. Wenn der Sinn der wäre, den der Hert Abg. Richter und die Börsenzeitungen der Bestim mung unterlegen, so würde man sich so baben ausdrücken mũssen: als Börsen im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche Einrichtungen arfjufassen, welche von der Landesregierung als Börsen jugelassen sind. Statt dessen steht aber hier ausdrücklich, es solle die Errichtung einer Bärse nicht stattfinden obne die Genebmigung der Regierung. Ich glaube, biernach kann ein Zweifel darüber, wie F 1 auszulegen ist, tbarsachlich nicht aufgeworfen werden.
Daju kommen aber noch die Ausfübrungen in der Begrändurg des Börsengesetzes. Ich möchte mir erlauben, bier nur wentges ze verlesen. Zunächst heißt es zu §1:
Von einer Definition des Begriffes Börsen hat der Gatwnmf abgesehen, weil eine soelche kaum erschöpfend zu geben ist, and well die thatsächliche Geftaltung der vorbandenen und als solche in technischen Sinne unbestritten anerkannten Börsen genügenden An= balt bietet, um zu entscheiden, ob eine kaufmännische Versarmmlang als Börse im Sinne des Gesetzes anzuseben ist oder nicht.
Meine Herren, die Frage, ob eine vorhandene Einrichtung als Börle anzufeben ift oder nicht, würde nach der Auffassung und Auslegung, die der Herr Abg. Richter vertritt, garnicht hier aufgeworfen werden können; denn da liegt das Kriterium einfach in der Genebmizang der Landesreglerung: die genehmigten Börsen sind dann allein Börsen—= andere giebt es nicht. Es würde also die Frage, die bier aufgeworfen ift, garnicht möglich sein.
Es heißt dann im nächftfolgenden Paffus der Begründung:
Zusammenkünfte der Börsenbesucher in den Börsenräumen außerhalb der gewöhnlichen Börsenzeit, welche den Charakier börsenmäßiger Versammlungen tragen (Frübbörsen, Nachbörser, Abendbörsen und dergl.) unterliegen den für die Börsen geyebenen gesetzlichen und administrativen Bestimmungen in gleicher Wer; wie die Versammlungen während der Hauptboöͤrsenzeit.
Hierdurch ist doch sehr deutlich zu erkennen gegeben, daß Pꝛiwat., einrichtungen für den Börsenhandel ebenso wie Frühbörse, Nachbörse, Abendbörse u. s. w. behandelt werden müssen, daß sie ebenso wie diele der Genehmigung bedürfen.
Dann muß ich Ihnen noch eine andere Stelle verlesen. Es deiẽt auf Seite 17 der amtlichen Begründung:
Die Aufstellung beftimmter Normen ist schon in formeller Hinsicht leichter in Betreff derjenigen Börse, welche bererts eine fefte äußere Organisation befitzen, als in Betreff der Börse, die sich ibrer Entwickelung nach als freie Vereinigungen von Kauflenten und anderen Geschäftẽtreibenden zu geschästlichen Verabredungen jeder Art betrachten und daher jedem Eingreifen der Staats gewalt mit befenderer Lebhaftigkeit widerstreben.
Weiter heißt es dann:
Beschräntt sich die Gesetzzebung auf diejenigen Maßregeln, welche zum Schutz der allgemeinen wirthschaftlichen Interessen al= nothwendig erkannt werden, so muß sie auch anf alle inländischen Börsen obne Unterschied sich erstrecken
— also sowohl auf die organisierten Börsen, als auf die freien Ver⸗ einigungen.
Ich glaube, es kann unter solchen Umftänden wohl nicht zteeĩtl⸗ haft sein, wie 8 1 des Gesetzes auszulegen ift.
Zum Ueberfluß aber sind die sämmtlichen Herren Kemmiffare, nne s. 3. mitgewirkt baben bei der Aufftellung des Entwurfs, vollftãnd:g darüber eins, daß garnichts Anderes bezweckt ist bei § 1, als daz Privatbörsen nicht zugelassen werden sollen, ohne die Genehmigung der Regierung. (Bravo! rechts.)
Nun bin ich bei der Bedeutung der Frage vorsichtig zerng gewesen, mich in diesem Punkt nicht auf meine eigene subjeltire Ansicht allein zu verlassen; ich babe mich der Zuftimmung des König⸗ lichen Staats⸗Minifteriums versichert, und was ich erklãre, ist nicht bloß meine persönliche Ansicht, sondern ist die Auffassung des Raniz- lichen Staate⸗Ministeriumßz. (Grado! rechts.) Eine andere Frage ist nun aber die, ob die Regierung, wenn sie den § 1 des Gesetzes so auslegt, etwa in der Felge gegen Lie freien Vereini- gungen mit Zwangsmaßregeln vorgehen soll. Selbstverftãndlich wird die Frage füt mich erst dann praktisch werden, wenn die Ermitte langen zum Abschluß gekommen sind, die von mir eingeleitet sind. Ich babe die Staatskommissarien der verschiedenen Börsen zunächst zum Bericht aufgefordert; ich nehme auch an, daß, wenn der Bericht vorliegt, ich nicht umhin können werde, noch eine Aeußerung der betreffenden Dandelsorgane zu erfordern: also der kaufmännischen Föorporatioren und der Handelskammer. Eist wenn diese Berichte vorlieger, dann bin ich also in der Lage, von den freien Vereinigungen der langen zu können, daß sie nunmehr die Genehmigung nachsuchen und eine Börsenordnung zur Genehmigung vorlegen, fofern sie nach dem Ergebniß der Ermittelungen als Börsen anzuseben sind. Darin warde aber auch, glaube ich, durchaus keine Yrägrabation der Kaufmannschaft liegen. Wenn nämlich die Herren mit diefer Auffassung nicht ein⸗ verstanden sind und wenn sie glauben, daß ein thatsächlicher Zwang zu ihrer Durchführung mit Fug abzulehnen ift, so sind sie ja in der Lage, den Weg verwaltungsgerichtlicher Klage betreten zu können.
(Schluß in der Dritten Beilage.
Dritte Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗-Anzeiger.
M 18.
6
(Schluß aus der Zweiten Beilage)
Gs würde dann die Entscheldung der oberften verwaltungsgerichtlichen Instanz über diese Frage ergehen und dadurch eine Grundlaze für die weitere Behandlung der Sache geschaffen werden. Ich glaube also. Befärchtungen nach dieser Richtung bin in Bezug auf Un⸗ zukömmlichkeiten, wie sie in der Auflösung solcher Versammlungen befteben würden, braucht man nicht zu haben. Meine Herren, ich bin kein Freund polizeilichen Zwangs, und wenn man ihn vermeiden kann, ist es am besten. Ich glaube aber, nach den Aeußerungen, wie sie beute von beiden Seiten des hohen Hauses gehört worden sind, ist gegründete Aussicht vorhanden, daß eine Verständigung jwischen den Parteien in nicht zu ferner Zeit erfolgen könne. Sie haben gebört, daß man seitens der Landwirtbschaft bereit ist, auf die beiden Hauptforderungen der Kaufmannschaft einzugehen. Man ist bereit seitens der Landwirthschaft, sich der Beitragsleistung für die Börse und der Aufnahme als Mitglieder der Korporationen zu i unterwerfen, ebenso damit einverstanden, daß die ehrenamtliche Funktion der landwirthschaftlichen Mitglieder des Vorstandes der Produkten börsen vorgeschrieben wird nur mit der Maßgabe der Erstattung der erwachsenden Aufgaben. Diese Modifikation wird auch von dieser Seite (links) als berechtigte anerkannt; es bestebt also im wesent.« lichen eine übereinstimmende Auffassung, die, wie ich glaube, für eine Verständigung ausreichen würde. Des halb möchte ich bitten: scheiden wir nach Möglichkeit die düftere Perspektive des polizeilichen Zwangs aus unseren Erörterungen aus; ich glaube, wir brauchen uns durch einen solchen Trübsinn den Genuß der Berathung des Etats nicht verkümmern zu lassen. (Große Heiterkeit.)
Abg. von Czarlinski (Pole): Ich muß die Angriffe des Kultus⸗Ministers gegen die Polen zurückweisen. Will der Minister wiederum wie im vorigen Jahre seine Stellung durch solche un erhörten Angriffe befestigen? Ich fordere ihn auf, diese Angriffe zu beweisen. Gelingt ibm das nicht, so muß ich seine Angriffe für eine verleumderische Beleidigung erklären. (Vize⸗Präsident Br. Krause: Dieser Vorwurf enthält eine so schwere Beleidigung nicht nur des Herrn Ministers, sondern auch des ganzen Hauses, daß ich sie aufs strengste rügen muß; ich rufe den Abgeordneten zur Ordnung) Alle diese Beschuldigungen sind wahrscheinlich der ‚Post“ entnommen, die schon wiederholt falsche Berichte gegen die Polen gebracht hat. Redner sucht dies an mehreren Beispieken nachzuweisen.
Finanz⸗Minister Dr. Miguel:
Meine Herren! Die von dem Herrn Vorredner behandelte Frage gebt mich als Reffort⸗Minister nichts an; wohl aber möchte ich doch direkt auf die Angriffe gegen meinen Kollegen, den Herrn Kultus Minister, meinen eigenen Eindruck über nicht bloß die Reden bier, sondern namentlich über die polnische Presse wiedergeben. Ich habe mir stets vorgenommen, gerade die polnische Frage möglichst objektiv zu behandeln und die verschiedeneg Richtungen, die in der Sache liegen, auseinander zu halten. Ich habe als Staats-Minister seit laͤnger als 6 Jahren die uns, den Staats Miniftern, zugehenden Uebersetzungen der polnischen Blätter gelesen, und ich kann nicht anders sagen, als daß bei der größten objektiven Beurtheilung ich die Empfindung gehabt habe, daß in wachsender Weise die Schärfe, die Heftigkeit und Bitterkeit — ich möchte fast sagen: die Bosheit dieser Presse wächst. (Hört! hört!)
Meine Herren, man bekommt den Cindruck, daß mehr und mehr diese Presse wenigstens — ich sräcche hier noch nicht von der polnlschen Bevölkerung — den preucgschen Staat nicht bloß als einen fremden Staat, sondern alt einen feindlichen Staat behandelt (hört! börth, zar keine Neigung zeigt, im Frieden mit ihm, mit der deutschen Be. oölkerung zu leden, sondern immer effenbar mit Hintergedanken auf ganz andere Ziele die Scheidung der Nationen zu verschärfen sucht, ihrerfeits da nicht in der Vertheidigung bleibt, sondern die Offensive ergreift. (Sehr richtig!) .
Melne Herren, wenn es so weit gekommen ist, daß hier ein Redner der preußischen Regierung, dem Deutschthum und seinen Be— strebungen ins Gesicht zu sagen wagt: Quousqus tandem. Catilina, abutsrs patientis nostra, so hat der Herr Kultus⸗Minister voll · kommen Recht, wenn er darauf antwortet: Quis tulsrit Graechos de seditione quersntes! (Sehr richtig Qusrentes, meine Herren, allerdings nur, denn kommen werden die Polen dazu nicht. Bravoh ⸗
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich hoffe, es wird mir gelingen, nicht in dem erregten Tone zu erwidern, den wit eben von dem Herrn Abg. von Gzarlinski gebärt haben. Aber, meine Herren, ein paar Worte darauf muß ich doch sagen, nachdem wegen des persönlich gegen mich ge⸗ richteten Angriffs durch den Eingriff des Herrn Prãsidenten mir bereits Genugthuung geworden ist. Der Herr Abg. von Czarlinski klagt über einen unmotivierten Angriff, den ich gestern gegen die nationalpolnische Bewegung, namentlich gegen die nationalpolnische Agitation gerichtet hätte. Meine Herren, wie motiviert der Angriff war, hat eben mein verehrter Herr Kollege, der Finanz . Minister, schon damit dargethan, daß er auf die Frage hingewiesen hat, die gistern an mich ge⸗ richtet wurde: quousquèe tandem, Catilina? Ja, meine Herren, wer von uns in diesem hohen Hause bat wohl die Geduld gemiß⸗ braucht? Ausdrücklich hat der Herr Abg. Motty gesagt, an die Regierung richtet er diese Anfrage. Nun frage ich Sie, wer es hier im Hause gewesen, der oft genug die Geduld gemißbraucht bat? Ich will dabel von den katilinarischen Existenzen ganz abseben. . .
Nun, meine Herren, hat der Herr Abgeordnete gemeint, im vorigen Jahre hätte ich einer erregten Polendebatte bedurft., weil meine Stellung erschüttert gewesen wäre. Ich höre jetzt zum ersten Mal, daß meine Stellung erschüttert war; ich habe nicht die leiseste Ahnung gehabt, von mir ift dieses Gerücht jedenfalls nicht aus ⸗ gegangen, und meine Stellung ist auch nicht erschüttert gewesen.
Nun sagt der Herr Abgeordnete, ich soll doch die Anschuldigungen beweisen. Gut! Worin hat die Anschuldigung befstanden, die er als unmotiblert auffaßt? Sie ist ja nicht hier gegen die polnischen
Berlin, Freitag, den 22. Januar
—
geflern behauptet babe, und die ich jetzt noch bebaupte, die in den letzten Jahren, seit dem Jabre 1893, namentlich aber im letzten Jahre ganz umsweifelhafst heworgetreten ist. Da kann
ich dem Herrn Abgeordneten nur sagen, wenn er fragt,
aus welchen Quellen ich schöpfe, daß ick erstens schöpfe
aus den Berichten der Beamten, zweitess aus den Artikeln der
polnischen Presse. Ich will Ibnen bier bloß mit Erlaubniß des
Herrn Präsidenten eine Probe vorlesen aus einem Artikel des ‚Kurver
Peinanski' vom 12. Januar 1897 mit der Ueberschrift: Die Würfel
sind gefallen. Da lautet es folgendermaßen:
Von der Ministertribüne herab ertönte wieder das unbeil- verkündende vas vietis !*“, und es sekundierten die fröhlichen Zurufe der nationalliberalen und freikonservativen Prätorianer.
(Allgemeine Heiterkeit.)
Ihr seid die Schwachen, — mithin habt ihr keine Rechte. Wir sind eure Herren, — mithin dürfen wir von euch nicht allein Gut und Blut, sondern auch die Seelen und Gewissen und jegliche Niedertracht fordern.
(Hört! hört h
Ibr seid Parias, — mitbin erkennen wir in euch keine Menschen« würde, kein Nationalbewußtsein an, und jedermann darf euch die Zunge ausreißen,
(Heiterkeit. Hört! hört)
— eure nationale Würde mit Füßen stoßen, und wir werden ihn dafür segnen, so predigten die Recke, Heydebrand, Krause und Zedlitz.
— Ich gehöre natürlich als Fünfter unbedingt auch in diese Reihe.
Es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen von Umständen, daß in dem Augenblick, wo man jenseits der Grenze anfängt, den Buch⸗ staben des Gesetzes streng zu beachten, und wo man die Absicht hegt, willkürliche, veraltete Ukase aufzuheben, man gerade zu derselben Zeit in dem aufgeklärten und zivilisierten Preußen der bureaukratischen Willkür die Pforten angelweit öffnet, einen Strich durch die Verfassung macht und durch besondere Ver— fügungen zu ungewöhnlichen Experimenten am geistigen Leben einer friedlichen Volksgemeinschaft anregt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Germanisierungseifer sich bereits so weit verstiegen bat, daß wir außerhalb der allgemeinen bürgerlichen Gesetze geftellt werden und trotzdem alle Pflichten erfüllen follen. In dem Jahr⸗ hundert, das nach der Theilung verflossen ist, ist das allerdings nichts Neues.
Nun, meine Herren, das ist eine Probe. Aber auch sonst hat diese polnische Presse, die wir natürlich sorgfältig beachten, wiederholt und fast täglich ausdrücklich Artikel gebracht, in denen nicht bloß durchblickt, sondern auch ausgesptochen ist, daß es darauf ankomme, die polnische Nationalität zu stärken, zu sammeln und für den Fall vorzubereiten, daß sie nech einmal zu einer größeren Aktion berufen werde. (Hört! hört! Das ist nicht bloß bei uns geschehen. Ueber eine im Auslande gehaltene Ver⸗ sammlung heißt es in einem Bericht des Dziennik Polefi“:
„Gegenüber der Rednertribüne hing an der Wand ein großes
Bild der allerheiligsten Mutter Gottes von Czenstochau, Königin
der Polnischen Krone. Ein Geistlicher sagte dort: In Euren
Händen, ihr Polinnen, liegt die Zukunft des Volkes. Denn wenn unsere
Familie die Stürme des Sozialismus, die sie erwartet, glücklich
ausgehalten haben wird, dann wird die jetzt zerrissene große Familie,
welche polnische Nationalität beißt, wenn Gott will, sich wieder vereinigen. (Donnerndes Bravo.) Ein anderer Herr aus Posen sprach gegen das Duell und warnte vor falschen Vorurtheilen, polnisches
Blut zu vergießen, von dem schon so viel auf verschiedenen
Schlachtfeldern umsonst vergossen sei und welches Gett vielleicht
noch in wirklich beiliger Sache fordere.
Ja, meine Herren, das sind — ich will mich auf diese wenigen Specimina beschtänken — deutliche Zeichen, wie man in gewissen polnischen Kreisen und namentlich in einem gewissen Theil der polnischen Presse denkt und welche Vorstellungen man sich von der Zugehörigkeit der Provinz Posen und anderer Landestheile, in denen polnisch geredet wird, zu Preußen und zum Deutschen Reiche macht. Meine Herren, daß das zur äußersten Vorsicht auffordert, daß es unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, derartigen Be— strebungen, die ja in unsere Bevölkerung bineingetragen werden mittels der Presse, entgegenzutreten mit allen uns zu Gebete stehenden Mitteln, das kann nicht im mindesten wweifelbaft sein für jeden, der irgend ein Gefühl dafür bat, was ein preußischer Minister, eine preußische Regierung und jeder rechtschaffene preußische Beamte für eine Gesinnung baben muß in Bezug auf sein Vaterland und auf den Schutz, ich wiederhole es, der heiligsten Güter, die wir haben. (Bravo!)
Meine Herren, ich habe gestern nicht bloß, sondern immer hervor. gehoben, daß es unser ernstestes Bestreben ist, Gerechtigkeit zu üben. (Lachen bei den Polen.) Wir behandeln die Polen nicht als Preußen zweiter Klasse, sondern wir gewähren ibnen alles, was sie auf Grund des Gesetzes verlangen können. Aber ungesetzlicen Bestrebungen, ungesetzlichen Agitationen treten wir entgegen, wo wir nur kõnnen.
Ich verkenne garnicht, daß eines der wirksamsten, der national · polaischen Agitation unbequemsten Mittel unsere Sprachenpolitik in der Schule ist. Nun hat sich aber diese Sprachenpeolitik vollkommen bewährt, wie sehr auch die Polen dagegen perorieren mit Redent· arten, daß dort eine Dressur gefördert werde, die nicht dazu diene, den Polen das Deutsche beizubringen, sondern die gegen ihre Muttersprache gerichtet sei und die überhaupt das geistige Leben der volnischen Jugend ertödte. Gegenüber diesen Redensarten, meine Herren, berufe ich mich auf die Berichte aller unserer Schulbehörden, darunter auch volnischer Lehrer, darüber, daß das System, welches wir befolgen, vollkommen seinen Zweck erreicht, und daß wir die Kinder dahin bringen, mit Verständniß dem deutschen Unterricht und auch dem Religions
1897.
— nein, wir haben Berichte über von einem geistlichen Oberen in Dberschlesien angestellte Visitationen, die einstimmig dahin lauten, daß der deutsche Religionsunterricht das erreicht babe, daß die Kinder mit offenem, klarem Verftãndniß die Lebren ihrer Religion in sich auf⸗ genommen baben, und daß dieser Religionsunterricht die kirchlichen Instanzen, die geistlichen Oberen vollkommen befriedige.
Nun, meine Herren, das sind dech Grundlagen, von denen man nicht sagen kann, daß sie aus der Luft gegriffen sind. Dem gegen—⸗ über wird man mir nicht den Vorwurf machen können, daß ich leicht⸗ fertig bier an einem System festhalte, das sich bei uns bewäbrt bat Und dazu kommt, meine Herren, noch Folgendes: Jeder Versuch, der jemals gemacht ist, den Polen durch weitergehende Konzessionen ent= gegenzukommen Cachen bei den Polen), ist niemals bei den Polen selbst auf das richtige Verständniß gestoßen. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen, Meine Herren, ich will garnicht davon reden, daß er stets mit Undank gelobnt worden ist; man sagt ja: in der Politik giebt es keine Dankbarkeit, und eum grano salis veistanden mag das Wort auch seine Berechtigung baben — also von Dank will ich nicht reden. Wir thun unsere Pflicht und Schuldigkeit, nicht nur um des Lohnes und Dankes willen, sondern weil wir dies thun müssen. Aber, meine Herren, darauf will ich aufmerksam machen: in all den großen Wirren, die in der polnischen Frage stattgefunden haben in den Jahren 1861, 1831 und zu Ende der vierziger Jahre — da war es jedesmal vorher eine Abweichung der Regierung nach der Seite hin gewesen, daß sie den polnischen Wünschen mehr, als nöthig war, nach⸗ gegeben bat, und die Antwert darauf ist jedesmal die Revolution ge—⸗ wesen. (Sehr richtig! rechts und kei den Nationalliberalen.)
Meine Herren, das sind doch Thatsachen, die Geschichte ist doch nicht bloß dazu da, daß man nichts daraus lernen soll. (Heiterkeit.) Ich wenigstens fasse sie nicht so auf, und das ist der Grund, auf den ich meine Behauptungen und meine Bestrebungen stütze, Bestrebungen, die, wie ich gestern ausgeführt habe, dabin gehen, den Polen in allen ihren staatsbürgerlichen Rechten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sie zu stützen, wo wir müssen und wo wir können. Ja, meine Herren, ich kann sagen, daß das mit besonderer Pein⸗ lichkeit, mit besonderem Ernst geschieht; aber ebenso un nachsichtlich müfsen wir einen unbeugsamen Widerstand der national⸗ polnischen Agitation entgegensetzen, wo wir darin eine Gefahr für den Bestand unseres Vaterlandes und für die Ruhe der unserem Vater⸗ lande angehörigen polnisch redenden Bevölkerung erblicken müssen. Auf dieser Linie werde ich, so lange ich die Ehre habe, bier vor Ihnen auf diesem Platze zu steben, beharren. (Lebhafter Beifall rechts und bei den Nationalliberalen.)
Die Diskussion wird geschlossen. Persönlich bemerkt
Abg. Prätorius (kons.), daß er während der Rede des Abg. Gothein allerdings den Zwischenruf unverschämt“ gemacht habe, daß dieser Zuruf sich aber nur auf Börsen bezogen habe, die ihnen unliebsame Delegmte zurückgewiesen hätten.
Abg. Gamp weist den Vorwurf, daß er falsch zitiert habe, auf Grund des Artikels der Freisinnigen Zeitung“ zurück.
Abg. Richter (fr. Volksp;): Hert Gamp hat Preisbildung und Preis festsetzang verwechselt. In der „Freisinnigen Zeitung! war nicht die Rede von Preisen, die in Berlin zu zahlen waren, sondern von solchen, die hätten gezahlt werden können. Den 6 mit Ablwardt kann ich solange nicht zurücknebmen, solange die Akten der Herren nicht besser sind als die Ablwardt's, der übrigens mit kon serpativer Hilfe in den Reichstag gekommen ist. Herr von Puttkamer⸗ Plauth will mir den Mund schließen. Damit giebt er ju, daß er sich in freier Diskussion mir nicht ebenbürtig fühlt.
Nachdem sich noch die Abgg. Motty und von Czar⸗ linski gegen einige Aeußerungen der Minister verwahrt haben, wird die Denkschrift über die Erhöhung der Beamten⸗ gehälter der um sieben Mitglieder verstärkten Budgetkom⸗ mission, der Etat selbst der Budgetkommission überwiesen.
Schluß 4 / Uhr. Nächste Sitzung Freitag, 11 Uhr. (Erste Berathung der Richterbesoldungsvorlage, dritte Be⸗ rathung der Schuldentilgungsvorlage, kleinere Vorlagen)
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. Italien. .
Durch sanitätspolizeiliche Vererdnung vom 14. d. M. ist das durch Verordnung vom 29. Dezember v. J. für die von jenseits der Straße von Bab - el⸗Mandeb kommenden Schiffe erlassene Verbot, in italienischen Häfen robe, frische oder ge— trocknete Häute, Wolle, Haare, Thiere oder Theile von Thieren irgend welcher Art und Lumpen auszuschiffen, auf 1 Schiffe beschränkt worden, welche aus hindostanischen Häfen kommen oder dort angelegt baben, ausgenommen den Fall, wo die er⸗ wähnten, in hindostanischen Häfen eingenommenen Waaren in besonderen Räumen untergebracht sind und von den in früheren dãfen verladenen Waaren abgesondert gebalten werden. (Vergl. . R- Anz.
Nr. 10 vom 13. d. M.) ö.
Bremer baven, 21. Januar. (W. T B.) Infolge der Aus. breitung der Pe st an der Westkafte Vorder- Indiens bat das hiefige Quarantäneamt die gesundheitspolizeiliche Kontrole aller von dort und von den versischen Häfen kommenden Seeschiffe angeordnet. . . 1 , . 21. Januar. (W. T. B) Ueber die Pe st in Bom bay siad an die Regierung in London Deveschen nebst dem Bericht des Gesundbeitskommissars gesandt worden, in welchem die Lage als sehr ernst angesehen wird.
Sandel und Gewerbe.
Tägli Wagengestellung für Kohlen und Kots ) 53 , und in Dberschlesien. An der 6 sind am 21. d. M. gestellt 13 901, nicht rechtzeitig llt keine en. 6 cn lesien sind am 21. d. M. gestellt 4694 nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am
unterricht folgen zu können. Ich habe aber nicht bloß Berichte von
Herren im Landtage gerichtet gewesen, sondern sie ist gerichtet gewesen gegen eine Verschärfung der nationalpolnischen Agitation, die ich
Staatebeamten — da könnte man ja sagen, die wären voreingenommen
21. ar die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: rm 7, dem Kaufmann Paul Linde nau gehörig;
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