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beere weder geführt noch vervflegt werden könüen. Ich würde das ohne weiteres zugeben, wenn man ein Volksheer hätte, das nicht ge⸗ gliedert ist, das keine Organisation hat. Aus diesem Grunde aber gliedern wir die Heere, um der Schwierigkeiten, im Falle sie an uns herantreten, Herr ju werden. Unser ganzes Bestreben gebt dahin, einen Krieg so vorzubereiten, daß wir ihn gewinnen. Wie die Sozialdemokratie ihr Heer gliedern und mobilisieren will, davon haben wir als Soldaten gar keine Vorstellung, und ich glaube, es ift ein reines Phantom, wie ja fast alle Bilder, die die Sozialdemokratie uns vorführt, Phantome sind.
Aus der Fülle der Einzelheiten, die der Herr Vorredner ange⸗ führt hat, will ich Einiges herausgreifen. Er hat zunächst von der Verpflegung gesprochen und gewünscht, daß die Verpflegung ver⸗ bessert würde. Er hat sich meines Erachtens in den Zahlen geirrt. Wir haben darin sehr eingehende Vorarbeiten gemacht: eine bessere Abendkost würde sich auf 13 bis 14 Millionen belaufen, die Forde⸗ rung, die wir eventuell stellen müßten, beträgt 8 Millionen. Richtig ist, daß wir hoffen, ungefähr 4 Millionen durch eine bessere Ein— richtung der Menage zu ersparen. Dieses haben wir bereits in die Wege geleitet, und in der Budgetkommission ist ausführlich darüber Auskunft gegeben worden, daß die Resultate günstig sind, daß der Weg, den wir beschritten haben, richtig ist. Es ist die Forderung nur zurückgestellt worden wegen Mangels an Mitteln; wir werden aber die Sache im Auge behalten.
Er ist dann übergegangen von der Verpflegung zu den Soldaten mißhandlungen — immerhin ein sehr schroffer Uebergang. — Einzelne Fälle hat er nicht genannt, und ich glaube, daß die Vorsicht geboten war; denn wir haben in einer Reihe von Fällen konstatiert, daß die Angaben, die gemacht sind, unwabhr waren. Es ist eine Reihe von gerichtlichen Verurtheilungen erfolgt, in denen diejenigen Leute, die den betreffenden Abgeordneten das Material zugesteckt hatten, vom Gerichte verurtheilt worden sind. Also ich begrüße diese Wand⸗ lung, daß bier nicht Ramen vor die Oeffentlichkeit gezogen und Menschen gebrandmarkt werden, gegen die sich nichts beweisen läßt, mit einer gewissen Befriedigung. Ich könnte Ihnen auch Beispiele nennen, die für mich ganz interessant sind. Ich habe auch einzelne Auszüge gemacht und will die Namen ebenfalls nicht nennen.
Ein Unteroffizier, der bei der Artillerie gedient, hat seine Leute in der Weise mißhandelt, daß er sie im Schmutz nieder—⸗ knien ließ, ihnen verbot, vor dem Dienst zu essen, und sie zwang, trotz des Widerspruchs der Leute, kaltes Essen zu sich zu nehmen. Schließlich hat er sich eine Majestätsbeleidigung zu schulden kommen lassen. Die Sache ist dann zur Sprache gekommen, es hat sich herausgestellt, daß er ein überzeugter Sozialdemokrat war, der die Schriften der Sozialdemokraten gehalten hat. Es er— giebt sich bieraus, daß die Sozialdemokratie Tyrannen erzieht. (Heiter⸗ keit links.) Es ist dann ferner den Sozialdemokraten zum Lobe an— gerechnet worden, daß sie uns zwingen, durch die öffentlichen Beschul⸗ digungen für Besserungen einzutreten, und die Proviantbeamten in Straßburg sind zum Bexweise herangezogen worden, als ob wir durch die Oeffentlichkeit gezwungen seien, diese Untersuchung einzuleiten. Das ist durchaus unrichtig. Die Militärverwaltung hat den Prozeß gegen die Proviantbeamten eingeleitet längst, ehe die Sache in die Oeffentlichkeit gekommen ist, und die Verhandlung muß eine öffent— liche sein, weil die Proviantbeamten öffentliche Beamte sind.
In Betreff der Unteroffizierschüler ist auf einen Artikel hin⸗ gewiesen im . Militär⸗Wochenblatt“. Ich habe ihn auch gelesen, aber ich habe mich nicht erkundigt, wer den Artikel geschrieben hat. Ich nehme an, es ist ein junger unerfahrener Offizier, denn die An— gaben, die er gemacht hat, können von einem, der lange in der Praxis gestanden bat, durchaus nicht herrühren. Die Führung und die Leistungen der Unteroffizierschäler werden sehr genau kontroliert, und da stellt sich heraus, daß von den Unteroffizier⸗ schülern durchschnittlich über 93 60 vollkommen befriedigen und daß sich in der Regel 35 0,½ in bevorzugten Stellungen befinden. Es ban— delt sich nur um einen ganz geringen Prozentsatz, der vor der Zeit ausscheidet, der den Anforderungen nicht genügt. Damit ist wohl der Nutzen der Unteroffizierschulen genügend erwiesen.
Der Beschwerdeweg ist ja von dem Herrn Vorredner zum theil anerkannt worden, nur die Offiziere haben gewissermaßen sein Mitleid erregt. Ich möchte darauf hinweisen, daß auch für die Offiziere der Beschwerdeweg vollkommen neu geregelt ist und zu irgend welchen Aukstellungen keine Veranlassung gegeben bat. Diese Aenderung haben wir aus eigener Initiative in die Wege geleitet. Die Details, die er gegeben hat, sind mir nicht bekannt; ich bezweifle ihre Richtigkeit, denn den Gedanken, daß z. B. das Begnadigungsgesuch eines Krlegdgerid c nicht seinen bestimmungsmäßigen Weg ginge, halte ich für unmöglich.
In Betreff des Duells glaube ich, daß das Versprechen, welches der Herr Reichskanzler gegeben hat, durch die Allerböchste Verordnung vom 1. Januar dieses Jahres eingelöst worden ist. Ich winde also empfehlen, die Handhabung dieser Verordnung abzuwarten. Ich glaube, sie wird so gehandhabt werden, daß dem Unwesen, soweit man davon sprechen kann, ein Ende gemacht wird.
Den Beschluß der Ausführungen des Herrn Vorredners bildete nun ein Appell an die Militärverwaltung, jede Ausnahmemaßregel gegen Sozialdemokraten im Heere fallen zu lassen. In dieser Hinsicht werden wir uns nie einigen, sondern ich bin fest überzeugt und für meine Person ganz durchdrungen davon, daß niemals die sozial⸗ demokratischen Anschauungen sich mit den militärischen vereinigen können. Sie wissen ja, daß Bestimmungen getroffen sind, um jede sonal— demokratische Kundgebung im Heere zu bestrafen und zu unterdrücken. Bei diesem Standpunkt werden wir stehen bleiben. Ich weiß nicht, heut zu Tage nimmt die Sozialdemokratie ein so freundliches Gesicht an. Wenn Sie aber vergleichen alles, was sie erklärt haben, wenn Sie jurückdenken an den Kongreß in London, und an das, was da alles beschlossen worden ist, so möchte ich doch glauben: wir haben Recht, uns vor diesen sozialdemokratischen Bestrebungen zu hüten. (Bravo! rechts.)
Ich will nur eins kurz erwähnen, um das prägnant klar zu stellen. Die Devise der Armee ist: Mit Gott, für König und Vaterland! Der Wablspruch der Sozialdemokratie ist: Obne Gott, gegen König und Vaterland! (Bravo! rechts) Meine Herren, der Nachweis ist sebr leicht zu erbringen. Ich will garnicht darauf zurückgreifen, wie sich hier im Reichstage Vertreter der Sozial- demokratie als Atheisten bekannt und sich dessen gerühmt baben; ich möchte an ihr eigenes Programm erinnern; es steht darin, daß Reli⸗ gion Privatsache ist, während wir in der Armee auf religiöse Er—
ziehung des Soldaten besonderen Werth legen (Bravo! rechte), weil
. . daß die Gottesfuürcht die Basis der Treue ift. (Bravo!
Gegen den König! Da möchte ich erinnern an die Scenen, die bier im Reichstage stattgefunden baben, wo die Ehrfurcht gegen den König versagt wurde; besonders aber möchte ich Sie erinnern an die Beschlũsse, die Sie in London gefaßt haben. Sie wollen die xolitische Macht erlangen; der Name Sozialdemokratie, Volkeberrschaft sagt ja genug in der Sache. Also ich glaube, daß auch in dieser Hinsicht eine Vereinigung der Ansichten unmöglich ist.
Und gegen das Vaterland! Ja, da ist in London beschlossen worden, die Arbeiter von den Fesseln der Natic nalität frei zu machen. Es ist ferner — ich brauche nur an Lille zu erinnern — das Vater land von den Delegirten dort in einer Weise verleugnet worden, daß von Vaterlandsliebe bei den Sonialdemokraten für mich keine Rede sein kann. Ich würde also an Ihrer Stelle darauf verzichten, eine Vereinigung anserer Ansichten anzustreben. Ich bin überzeugt, daß die Zeit der Sozialdemokratie an sich, sich längst überlebt hat (2achen links), daß die Zukunftsträume, die Sie haben, sich nie verwirklichen können; denn es sind Träume. Sie leugnen das Gewordene, und wer das Gewordene leugnet, wer neu anfangen will, etwas absolut Neues schaffen will, irrt sich. (Lebhafter Beifall rechts)
Abg. Bebel (Soj.): Die Entwickelung der Zeit wird zeigen welche Anschauungen den Sieg davontragen . Jeder . ja an seine Anschauungen, denn sonst ist er cin verlorener Mann. Vorläufig nehmen die sozialdemokratischen Anschauungen von Jahr zu Jabr zu. Warum denn der Eifer nach Bekämpfung der Sczial⸗ demotratie durch Umsturzgesetz und Ausnabmemaßregeln, wenn sie sich überlebt hat! Die Sozialdemokratie umfaßt 3 aller Wabl⸗ stimmen, also 4 aller Männer über 25 Jahre, und eine solche 24 kann man nicht entbehren, wenn es heißt: Alle Mann auf
eck! In einem solchen 3 wird auch die Sozialdemokratie ihre Schuldigkeit thun. Der Friegs-Minister konnte nur den Fall eines angeblich sozialdemoktatischen Unteroffiziers anfübren, der seine Mannschaft mißbandelt hatte. Für diesen Mann verlangen wir eine ex-mplarische Strafe. Aber dieser eine Fall beweist nichts gegen die Sczialdemokratie. Der Kriegs- Minister bat sozial⸗ demokratische Schriften in den Kasernen verboten; er hätte alle poli—⸗ tischen Parteischciften verbieten sollen. Man sugt die Armer gegen die Sozialdemokratie zu verhetzen; das ist begreiflich von dem Stand⸗ punkte aus, daß es zu einem Straßenkampf kommen werde. Es werden förmliche Kurse über die sozialdemokratischen Bestrebungen gehalten. Die Feldwebel baben doch kein Material, um sich darüber ju unter⸗ richten. Die Sozialdemokraten werden darin in den abscheulichften Farben geschildert; sie sollen zu Mord, Eidbruch u. f. w. auffordern, sich unter der blutrothen Fahne zu frevelbaftem Treiben vereinigen. Und solche Dinge werden unter der Mitwirkung der Vorgesetzten in der Armee vertrieben. Anfangs mögen ja einige betbörte junge Leute auf solchen Unsinn hineinfallen, aber andererseits wird eine Neugierde erweckt bei den Leuten vom Lande, die nachher in den Städten vielleicht zurückbleiben und bald merken, daß sie angeführt worden sind. Die Leute vom Lande, die in den Städten bleiben nach ihrer Militärzeit, sind, das babe ich schon 1875 ausgeführt, die besten Rekruten für die Sozialdemokratie. Die sozialdemokratischen Soldaten sind mebrfach bestraft worden. Das Beweismaterial des Falls Strom-⸗ beck ist dem Kriegs. Minister zur Verfügung gestellt worden; es bestand aus Briefen eines Bruders des Mißbandelten, der sich selbst zum Zeugniß erboten hatte. Es stellte sich die Unrichtigkeit der Behbaup— tung vor Gericht beraus. Ich bedaure, daß ich bintergangen bin. Aber wenn solche Mittheilungen in dieser Form mir n, . so muß ich darauf eingehen. Wer vor beendigter Militärdienstzeit Mig— handlungen anzeigt, hat einen schweren Stand seinen Vorgesetzten . es wird ibm das Leben zur Hölle gemacht. Wegen Miß— andlung angeklagte Vorgesetzte wurden von den Militärgerichten frei⸗ gesprochen, weil die Zeugen nichts auszusagen sich getrauten. Vor den bürgerlichen Gerichten erfolgte die Verurtheilung, weil die Zeugen mit der Wahrheit herauskamen. Trotz aller Mahnungen bon oben ist es beim alten geblieben. Da muß man doch fragen, ob nicht andere Mittel jur Anwendung kommen müssen. Für eine Besserung haben die öffentlichen Erörterungen im Parlament mebr beigetragen als alie Erlzse der Vorzesezten. Im Interesse der Menschlichkeit müssen alle Klagen vorgebracht werden. Daß ganze Truppentheile frei bleiben, beweist ker Umstand, daß, so lange Oberst Liebert, der jetzt nach Ost⸗Afrika gegangen ist, fein Regiment batte, kein einziger Fall von Mißbandlung oder Beschimpfung vorgekommen ist. Gegen die Unfälle infolge von Hitzschlag bat man in der französischen Armee angeordnet, daß während der Tagesstunden anstrengende Uebungen ni et stattfinden. Trotz aller Ausbildung für den Krieg braucht man den Soldaten nicht übermäßige Zumuthungen im Frieden zu machen. Soldaten werden benutzt, freien Arbeitern Konkurrenz zu machen beim Autstand der freien Arbeiter. Es sind Büchsenmacher in einer Bielefelder Maschinenfabrik besckäftigt worden, ferner Soldaten in einer Zuckerfabrik in Oberschlesien und beim Räbenziehen in der Nähe von Bernburg, Weißenfelser Husaren beim Dreschen auf einem sächsischen Rittergute. Der baverische Kriegs⸗Minister wollte die Abkommanzierung von Soldaten zu Erntearbeiten nur gestatten, wenn sie ibten Angehörigen belfen, nicht wenn sie als Lobndrkcker wirken. Der preußzische Kriegs⸗Minister sollte eine ähnliche Erklärung abgeben. Die Offizierburschen werden zum Ersatz für Dienstmädchen gebraucht. Ich komme zur Duellfrage. Es sollte kein Duell ant mehr begnadigt werden, trotzdem geschiehk es immer noch. Wir werden ieden Duell⸗ fall zur Sprache bringen und wollen einmal abwarten, ob der
öffentlichen Enirüstung gegenüber nicht doch endlich Abhilfe ge—⸗
schaffen wird. Die Angriffe des Kriegs⸗Ministers gegen die Sezial⸗ demokratie beweisen seine AUnerfahrenbeit in diesen Dingen. Man kann das nicht anders verlangen. Aber wenn er solche Angriffe eltend macht, sollte er sich doch etwas um unsere Bestrebungen ümmern. Ven Glauben an Gott überlassen wir jedem Einzelnen. Religion ist Privatsache! bedeutet nicht, daß jeder Sozialdemokrat den Glauben an Gott abschwören müsse. Wenn Frankreich, Amerika und die Schweiz Republiken sind, so wird die republikanische Ge sinnung auch in Deutschland nichts so Gefäbrliches sein; verboten ist sie jedenfalls nicht. Wenn die Mebrheit des deutschen Volkes rexublikanisch und sozialistisch gesinnt sein wird, wird sie sich nicht besinnen, die Republik einzufübren. Trotz aller schweren Rüstungen steben wir in Europa wie auf einem Pulverfaß infolge der orien⸗ talischen Wirren. .
Kriegs-Minister General-Lieutenant von Goßler:
Ich möchte glauben, daß ich Recht gebabt habe, den Herrn Abg. Bebel zu den Erklärungen zu veranlassen, die er am Schluß seiner Rede hier gegeben bat. Er hat die Karten doch ziemlich aufgedeckt. Ich kann für meine Person nur sagen, die Partei, wie sie sich hier zeigt, ist eben eine international-revolutionäre Partei. Außerdem kann man ohne weiteres behaupten, daß sich der Abg. Bebel zu den⸗ jenigen Beschlüssen bekannt bat, die in London gefaßt worden sind. Es sind dieselben Worte, die auch hier vorkommen. Man hat sich dort gefreut, daß die internationale Sozialdemokratie eine Stätte gefunden bat, und der Schluß mit einem Hech auf die internationale Sozial⸗ demokratie ist so abgefaßt, daß ich, wenn der Herr Präsident gestattet, denselben vorlese. Es ist, wie in einer Oper. Es beißt da:
Mit begeistert aufgenommenem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie schließt der Vorsitzende den Kongreß. Die Orgel fällt mit mächtigen Accorden ein, die englischen Delegirten stimmen das Bundeslied an, formieren sich im Halbkreis und reichen sich die
Hände, während die herrliche Melodie den wundervoll akustischen
die Marseillaise an, begleitet ven dem Orgelklang, und nag
ibnen singen die Franzosen die revolutionaire Carmagnole. Sren.
sender Jubel durchrauscht die Halle. —
Auf Abends 6 Uhr ist natürlich ein Festessen angesetzt. Heiterkeit) ee ,. (Gref
Meine Herren, ich glaube daraus den Schluß ziehen ju daß sich unsere Anschauungen niemals werden vereinigen kõnnen. xn die Hoffnung, die der Herr Abg. Bebel in Bezug auf die Nergestaltun⸗ Deatschlands ausgesprochen bat, wird sich, glaube ich 1uverfichtlic cuch nicht verwirklichen; denn was wit dagegen thun können, daz win gescheben. (Grave! rechts.)
Dann bat der Herr Abg. Bebel mit sebr starken Worten um sich geworfen. Ich glaube nicht, daß sie geeignet sind, die Wabhrbeit seiner Behauptungen zu beweisen. Wenn man eine Broschüre Blzz. sinn nennt, ist ibre Richtigkeit dadurch nicht in Frage gestellt; and wenn man ein Strafgesetzbuch als mit dem Charakter der Bar bare bebaftet bezeichnet, so wird das Strafgesetzbuch dadurch nicht schlechter
Dann ist bier ein Hauptmann mit Namen genannt und in Sen auf ibn geäußert worden, von dem würde man sagen: welcher Gel Meine Herren, das ist eine Beleidigung in allerschärffter Form. kann mich hier in parlamentarischen Kreisen solcher Ausdrücke nicht bedienen und will daher nur eine allgemeine Ausführung macher nämlich die, daß, wenn jemand in Ausübung seines Dienstes B. leidigungen erfährt, gegen die er sich nicht schüßzen kann, ibm nur elz Trost das Gefübl der Verachtung bleibt. (Gravo! rechts.)
Der Herr Abg. Bebel hat dann, trotzdem der Herr Vorrednet seiner Partei sich der Details entrathen hat, eine Reibe von Einzel. fällen angeführt, von denen ich nur sagen kann, daß die größte Zahl dieser Angaben falsch ist. Ich werde bei der vorgerückten Zeit nur auf Einzelnes näher eingehen. So ist von einem gewissen Mohrmann behauptet worden, daß er wegen Meineids und falscher Anschuldigung verurtheilt worden sei. Die Sache liegt aber wesentlich anders; denn Mohrmann ift wegen Verleitung zum Meineid verurtbeilt worden, indem er zwei Leute, die gar nichts gesehen, dazu verleitet hatte, z bezeugen, daß sie die vorgekommene Mißhandlung geseben bätten. Die Strafe ist bart, weil einer der Zeugen sich aus Gewissensbissen erhängt hat, wäbrend der andere mit dem Geständniß hervorgetreten ist, deß er einen Meineid geschworen babe.
Der Selbstmörder in Etlingen — ich will das hohe Hau damit nicht bebelligen — die Angaben sind einfach unrichtig. Se könnte ich noch eine weitere Anzahl von den gemachten Angaben richtig stellen, aber ich möchte an das Wort erinnern, das der Herr Abg. Lenzmann bier einmal aussprach, daß es doch sehr mißlich sei gerichtliche Untersuchungen ohne Aktenmaterial bier zu verhandeln. Wenn man belfen will, so muß man dieses sofort tbun und sich recht. eitig an die betreffenden Kommandobebörden wenden, diese werden dann schon Remedur schaffen bejw. sofort die Untersuchung einleiten; denn es ist ganz ausgeschlossen, daß derartige Anzeigen unterdrückt werden. Nachdem aber eine so lange Zeit verstrichen ist, derartige Sachen hier im Reichstage zur Sprache zu bringen, hilft den Leuten garnichts.
Was nun die schaurige Schilderung der Selbstmorde, die Auf⸗ führung der zahlreichen Hitzschläge und sonstigen Todesfälle anlangt, so ist das doch wunderbar. Wir veröffentlichen unsere ganje Statistik: nach derselben geben nicht nur die Todesfälle, sondern auch die Erkrankungen dauernd jurück, desgleichen die Mißhandlungea. Der Herr Abgeordnete muß doch sehr leichtgläubig sein, daß er alle die Sachen, die in den Zeitungen ftehen und ihm sonst zugetragen werden, ohne weiteres glaubt. Denn daß in Thorn z. B. an einem Tage sechs Todesfälle an Hitzschlag vorgekommen sein sollen, darüber müßte man doch diesseits unterrichtet sein. Es ist ganz aut— geschlossen, daß die Sache wahr sein kann.
Dann die Behauptung wegen der Anspannung im jweiten halben Jahre des Dienstjabres. Auch diese Angaben können nicht richtig sein, denn es ist statistisch nachgewiesen, daß die Erkrankungen in dieser Periode dauernd und sehr erheblich zurückgegangen sind.
Auf die einzelnen Angaben, daß durch Militärarbeiter der Zivilarbeitern eine wesentliche Konkurrenz gemacht sei, bin ich außer stande einzugeben. Es sell sich um das Husaren⸗ Regiment Nr. 12 und das Infanterie⸗ Regiment Nr. 51 ꝛc. handeln. Ich bin, wie gesagt, außer stande, darüber Auskunft zu geben. Wir machen aber priniviell durch unsere Soldaten Zivilarbeitern selbstverftändlich keine Kon kurrenz, und wo dennoch angenommen wird, daß ein solcher Fall vorliegt, so ist der Weg an das betreffende General⸗Kommando der richtige.
Die Anekdote aus Metz, glaube ich, ist bekannt. es, darauf einzugehen.
Dann ist von den Duellen die Rede gewesen. Der Herr Abg. Bebel wundert sich, daß, wenn die Duelle verboten sind, doch noch Duelle vorkommen. Dann wäre das Strafgesetzbuch ja unnöthig. Aber wenn man z. B. Mißbandlungen verbietet, so ift doch dieses noch nicht die Folge, daß nun überbaupt solche nicht mehr vorkommen. Dazu haben wir ja eben das Strafgesttz. Das Verbot des Allerhöchsten Kriegsherrn, daß keine Duelle stattfinden sollen, würde uns doch nicht davon entbinden, im gegebenen Fall einzu ⸗ schreiten. Es sind eben Alle Menschen, die die Gesetze eventuell äber schreiten.
Was nun die Allerböchste Verordnung vom 1. Januar anlangt. so meine ich, daß unsere Ehre in den Händen unseres Allerhöchsten Kriegsherrn am besten gewahrt ist; er wird schon wissen, was er mit uns macht, und wir können die Folgen ruhig abwarten. (Lachen bei den Sozialdemokraten.)
Dann hat der Herr Abg. Bebel uns gewissermaßen jum Vorwurf gemacht, daß wir den orientalischen Krieg nicht vorausgeseben hätten. Ich bin nicht im stande, darüber Auskunft zu geben; wenn aber ju gegeben wird, daß wir auf einem Pulverfaffe sitzen, wie er annimmt. dann ist es besser, gerüstet, als nicht gerüftet zu sein.
Abg. Beckb (fr. Volkep.): Die Frage der ,,,, ordnung ist beute nur kurz erörtert worden. Gerade jetzt, wo sie noch im Stadium der Vorbereitung ist, müsfsen wir Sizellung n derfelben nehmen. Es sst eigentlich eine Beleidigung fär unser bürgerliche Strafprozeßordnung, daß sie nicht als Muster genemmen wird, daß man nicht die Oeffentlichkeit der baverischen Militär, Strafprozeßordnung annimmt. Nach der Frankfurter Zeitung“ soll sich der neue Entwurf nur wenig von dem vor 2 Jabren aus. gearbeiteten Entwurf unterscheiden. Dieser Entwurf ist aber vom
ganzen Volk als unannehmbar bejeichnet worden, denn darin ist bon einer Militär justi; eigentlich gar nichts mehr zu entdecken
Ich unterlaffe
Das Gaadenreckt des Monarchen soll unangetafter bielben, aber
Saal durchbrauft. Darauf stimmen die de utschen Dele glrte⸗ (
beil im Fall
ein, 6 den Offizler
Das falsche Eh ũsseldorfer Aff ußwaffe einem zwamnigi
der Fall v babe, eigener
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letzigen weit ⸗ i. sollte
Kriegs⸗Minister General⸗Lieutenant von Goßler:
Aut dem Vortrage des Herrn Vorredners habe ich zu meiner Freude entnommen, daß der Entwurf einer Militär⸗Strafprozeßordnung vollständig unbekannt ist, denn die Anschauungen, die er darũber gegeben bat, sind unzutreffend. Der Entwurf ist ein anderer. Ich beschraͤnke mich auf diese wenigen Worte hierzu. (Heiterkeit rechts.)
Dann hat er gemeint, daß der Fall von Brüsewitz insofern nicht erledigt sei, als das Urtheil noch nicht publiziert wäre. Ich habe es damals nicht versprochen, das Urtheil hier zu veröffentlichen; aber ich habe die Ermächtigung von Seiner Majestät erhalten, wenn die Rede darauf kommen sollte, den Inhalt des Urtheils zur Kenntniß zu geben; und es scheint mir allerdings unter diesen Verhältnissen ge⸗ boten, einen Auszug daraus, soweit die Sache das Haus interessieren kann, bier bekannt zu geben.
Es ist also der Lieutenant ven Brüsewitz bestraft worden wegen Todtschlags und wegen rechtswidrigen Gebrauchs der Dienst waffe mit Dienstentlassung und 3 Jahren 20 Tagen Gefängniß. Der Jusatz von 20 Tagen Gefängniß ist hinzugekommen wegen eines militärischen Vergehens, welches hier das bohe Haus nicht interesfteren wird. Die rechtlichen Gründe, welche diesem Urtheil zu Grunde liegen, sind die folgenden:
Die That (Tödtung eines Menschen) ist vorsätzlich begangen, wat dadurch bewiesen ist, daß der Stich mit großer Gewalt auf die Mite des Körpers gerichtet war. Der Thäter — als Offizier — konnte darüber nicht im Zweifel sein, daß der Stich den Tod des Gestochenen berbeiführen konnte, daß er ihn sogar wahr— scheinlich herbeiführen mußte. Die unmittelbar nach der That an den Zeugen von Jung-⸗Stilling gerichteten Worte, Siepmann sei zur Strecke gebracht, beweisen, daß der Thäter mit dem Erfolg einverftanden gewesen ist, daß dieser Erfolg dem Vorsatz ent⸗ sprach und sich mit ihm deckte. Dagegen hielt das Kriegs ⸗— gericht nicht für erwiesen, daß die Tõdtung mit Ueberlegung aus— gefübrt worden sei, und zwar aus folgenden Gründen: v. Brüsewitz war an jenem Abend zweifellos nicht nüchtern. (Hört! hört! rechts.) Wäre er nüchtern gewesen, so würde er rechtzeitig das Lokal verlafsen haben, als er die gefährliche Nachbarschaft bekam, er würde auch im Lokal nicht in laute Klagen über seine verlorene Ehre ausgebrochen sein. plötzlich und überraschend ansichtig wurde und ihn verfolgte, blieb wohl Zeit, einen Entschluß zu fassen und rvorsätzlich ju handeln, aber nicht zu reiflicher Ueberlegung. Das Kriegsgericht hat mil- dernde Umstände angenommen (Hört! hört! links) und für that⸗ sächlich begründet erachtet, weil das flegelhafte und beleidigende Verhalten des 2c. Siepmann an einem öffentlichen Orte vor vielen Zeugen, die Weigerung, um Entschuldigung zu bitten, und die Aeußerung keine Antwort ist auch eine Antwort“, wohl geeignet waren, den Zorn des Angeschuldigten hervorzurufen, andererseits der Angeschuldigte, obwohl durch geistige Getränke erregt, dem Siepmann keinerlei Anlaß zu dessen Provokation gegeben hat.
An diese Verlesung möchte ich nech eine Erklärung knüpfen, zu der ich mich verpflichtet fühle. Ich habe in der Sitzung vom 17. No- vember bei der Besprechung der Interpellation wegen des Falles von Brüsewitz von einigen anderen Fällen gesprochen, in denen Offiziere
Renkontres mit Zivilpersonen gehabt haben, und deutete dabei auf
einen Vorfall hin, der sih im Jahre 1895 in Karlsruhe zwischen Offizieren und Studenten zugetragen hat. Einer der an dieser Sache betheiligten damaligen Studenten, ein jetziger Rechtspraktikant, hat mir daraufhin einen Brief geschrieben, aus welchem für mich zweifelsfrei hervorgeht, daß er bei dem Renkontre jedenfalls nicht aus Gehässigkeit gegen den Offiziersstand gehandelt hat. Da mir daran liegt, den Sachverhalt objektiv völlig klar zu stellen, will ich nicht unterlassen, dies bier ausdrücklich zu erklären.
In Betreff der Frage des Herrn Vorredners, ob neue Be⸗ stimmungen über den Gebrauch der Schußwaffe gegeben sind, so muß ich dies verneinen. Die Bestimmungen sind ja sämmtlich gemildert, wie die Herren schon wissen. Dieselben sind in der Weise aufrecht erhalten, wie sie zuletzt von meinem Herrn Amtsvorgänger in die Wege geleitet waren. Der erwähnte Vorfall soll sich wobl auf das Vorkommniß in Mannheim beziehen. Es ist dort auf der Straße durch den begleitenden Soldaten auf einen flüchtigen Arrestanten geschossen worden. Dieser Fall hat Veranlassung gegeben, die Be⸗ stimmung erneut ins Gedächtniß zurückjurufen, daß derartige Trans porte in belebten Straßen unzulässig sind und daß Arrestanten prin⸗ ziviell im Wagen befördert werden sollten. (Bravo!)
Abg. von Kardorff (Rp.): Die Angriffe des Herrn Bebel sind unz bekannt. Er knüpft an bekannt werdende Fälle maßlose Ueberlreibungen. Ec hat einen Punkt angeführt, der mich veranlaßt,
s Wort zu ergreifen. Er behauptet, daß Soldaten auf das platte Land abgegeben werden, um den freien Arbeitern Konkurrenz zu machen. Wie steht das mit dem praktischen Leben in Widerspruch? Es kommt bei schlechtem Wetter vor, daß die Arbeit drängt. Die ländlichen Arbeiter haben den Wunsch, daß möglichst viel Arbeiter berangejogen werden, um die Ernte zu retten, von der die ländlichen Arbeiter ihren Drescherlohn erhalten. Für die Soldaten ist dag eine Erholung nach dem anstrengenden Dienst, Ich möchte nicht, daß darin eine Aenderung eintritt. * spreche nicht im eigenen Interesse; aber das platte Land ist sehr dantbar für eine solche Aushilse. Abg. Werner (Reformp.): Die Sozialdemokraten möchten gern in der Armee Anbänger ihrer Richtung gewinnen. Ich hitte den Minifter, mit dem Ankauf von n direlt bei den . fortzufahren. Wenn der Kaiserliche Erlaß besüg— lich der Duelle richtig verstanden wird, werden die Duelle eingeschränkt werden. Üeber die Penstonierungen haben wir in der Kommission bereits ausführlich gesprochen; eine kleine Einschränkung derselben bei
en unteren Stellen ist wohl möglich. Redner bittet den Kriege— inifster um Auftlärung über einen Fall von , eines ver⸗ abschledeten Offers, ö pie Invaliden solle ja etwas geschehen nach
cinem An merkung, die Sozia das Heer eindringen würden.
Als er Siepmann's im Eingang zum Lokal
der dem Hause vorliege. Redner schlleßt mit der Be⸗
okraten krotz aller Bemühungen nicht in Damit wird die weitere Berathung um 51“ Uhr bis
Sonnabend 1 Uhr vertagt.
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Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
31. Sitzung vom 12. Februar 1897.
Eingegangen ist eine Novelle zum Gesetze, betreffend die ũrsorge * die Wittwen und ee. der unmittelbaren taatsbeamten.
u den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Es wird die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗ Etats für 2 bei den Ausgaben für das Ministerium des Innern fortgesetzt.
Beim Gehalt fur den Direktor des literarischen Bureaus beschwert sich
Abg. Dr. Arendt (frkons.) über die Angriffe der Berliner Correspondenz gegen seine Person, die angeblich aus der Feder des Reichsbank. Präsidenten Dr. Koch stammten. Solche vperssnlichen An- riffe gebörten nicht in diese Correspondenz. Im Interesse des An⸗ ehens dieses Blattes solle der Minister dafür sorgen, daß künftig solche Artikel darin nicht mehr erschienen. Er werde aut diesem Vor⸗ gang seine Schlüsse ziehen und seiner Zeit einen Antrag auf Verstaat⸗ lichung der Reichsbank stellen.
Minister des Innern Freiherr von der Recke:
Meine Herren! Ich kann dem Herrn Abg. Dr. Arendt nur dankbar sein für die freundliche Beurtheilung der Berliner Kor— respondenz. Ich halte dieselbe für ein sebr nützliches Institut und werde mich bestreben, sie auf derselben Höhe zu erhalten und sie wo—2 möglich noch zu vervollkommnen. Es interessiert Sie vielleicht, wenn ich einige Daten über diese Korrespondenz“ gebe. Sie erscheint jetzt in über 1700 Exemplaren und wird an mehr als 1100 Zeitungen aller Richtungen abgegeben, während etwa 600 Exemplare Behörden und Beamten zugehen.
Was die Tendenz dieser Korrespondenz“, deren Absichten und Ziele betrifft, so stehe ich vollständig auf dem Standpunkt, den mein Herr Amtsvorgänger im vorigen Jahre bier ausführlich dargelegt hat. Zweck der Korrespondenz“ ist unter anderem auch, eine Berichtigung und Klarstellung unzutreffender Preßnachrichten zu brinzen, und ich glaube, daß man den vorhin von Herrn Dr. Arendt bemängelten Artikel wohl unter diese Rubrik bringen kann. Ich gebe aber zu, daß der Artikel in einigen Ausdräcken über das Ziel hinausschießt, und nehme keinen Anstand, zu bedauern, daß einzelne Ausdrücke in dem⸗ selben nicht revidiert worden sind. Jedenfalls hat es vollständig fern gelegen, mit diesen Ausdrücken irgendwie zu beleidigen. (Bravo! rechts.)
Bei den Ausgaben für das Ober-Verwaltungs⸗ gericht macht .
Abg. von Eynern (nl) darauf aufmerkam, daß das Reichsgericht bejüglich der Besteuerung des Agios der Aktiengesellschaften bei Aus gabe neuer Aktien dahin entschieden habe, daß dieser Agiogewinn kein Geschäftsgewinn sei. Das Ober⸗-Verwaltungsgericht habe aher die ganz entgegengesetzte Entscheidung getroffen, die eine große Er⸗ schweraiß für die Aktiengesellschaften bedeute. Es sei ein Febler in der Organifsation, deß die Angelegenheiten der Aktiengesellschaften nur der V., die der Gewerkschaften nur der VI. Kammer des. Ober⸗ Verwaltungsgerichts unterständen. Dadurch bilde sich eine einseitige Rechtsprechung aus. Die verschiedenen Kammern sollten zu Be— rathungen zusammentreten. . ; ;
Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs Rath Noell spricht sich entschieden gegen diesen Veorschlag aus. Der Azgiogewinn sei ein gewerblicher Gewinn. Auch die II. Kammer sei mit dieser An⸗ gelegenheit befaßt worden und habe ebenso entschieden. Ferner habe das hanseatische Ober. Verwaltungsgericht der Entscheidung unseres Ober. Verwaltungsgerichts zugestimmt. Mißlich sei ia die Verschie den heit der Urtheile des Reichsgerichts und des Ober ⸗Verwaltungẽ⸗ gerichts; das fei aber nicht zu vermeiden. Auch in dem Fall Malitz habe das Reichsgericht anders entschieden als das Ober⸗Verwaltungs—= gericht. Mit der Frage des Agiogewinnes werde sich das Reichsgericht dem nächst nochmals beschäftigen; es sei nicht ausgeschlossen, daß es dann anders entscheide.
Abg. von Kardorff lfr. kons) bedauert, daß das Ober⸗Ver= waltungsgericht die höchste Instanz in Steuersachen sei, wodurch eine große Verlangsamung der Entscheidungen eingetreten sei. Es wäre doch besser gewesen, den voa der Regierung damals vorgeschlagenen besonderen Steuersenat im Finanz⸗Ministerium zu bilden. Das QOber⸗ Verwaltungsgericht sei durch die Steuersachen in eine schiefe Lage gekommen, und es bestehe jetzt im Publikum eine Animosität gegen diefes Gericht. Vielleicht lasse sich die Ocganisation doch noch gesetzlich anders regeln. ö
Abg. von Eynern hält seinen Vgg olg trotz der Ausführungen des Regierungskommissars aufrecht. Der Vorwurf der Langsamkeit sei vollauf begründet. Der Finanz Minister solle bei einer so wie so nothwendigen Revision der Steuergesetzgebung auch die Vereinigung der Senaie des Ober⸗Verwaltungsgerichts für zweifelhafte Sachen in Erwägung ziehen. Mit der Durchführung der Steuerreform sei man allgemein unzufrieden, namentlich in Bezug auf die Besteuerung der Aktiengesellschaften. .
Wirklicher Geheimer Ober . Regierungs⸗Rath Noell widerspricht der Behauptung des Vorredners, daß das Ober, Verwaltungsgericht die Sache der Besteuerung des Agiogewinnes nicht erschöpfend genug bebandelt habe. Sonst werfe man dem Gericht immer eine zu er⸗ schöptende Behandlung der Sachen vor. Die Verlangsamung bedauere das , , , selbst am meisten; die Geschäfte ließen sich nur mit äußerster Anstrengung der Mitglieder bewältigen.
ö Bei den Ausgaben für die landräthlichen Behörden ringt
Abg. Langer (Zentr.) den n,. der Freizügigkeit immer fühlbarer gewordenen Mangel an ländlichem Gesinde zur Sprache. Die Zustaͤnde seien in dieser Beziehung unerträglich geworden. Der Herr jei nicht mehr der Herr seines Knechts, sondern der Diener seines Knechts. Er bringe diese Klage im Namen seiner bäuerlichen Wähler vor. Mag die Nothlage der Landwirthschaft, fährt er fort, vielleicht nicht alle Landwirthe gleichmäßig treffen, unter diesem Nothstand leiden sie sicherlich alle. Die ländlichen Arbeiter ziehen sich immer mehr in die ene Städte hinein, namentlich infolge des Militärdienstes. Der bäuerliche Besitzer ist auf einen bestimmten Umfang seines Betriebs angewiesen, um das Erforderliche herauc— zuwirthschaften, und bedarf dazu eines bestimmten Arbeiterpersonals., (Vize Praͤsident Freiherr von Heereman macht den Redner darauf aufmerksam, daß er bei diesem Etat nicht die Spezialitäten der Land- wirthschaft besprechen könne) Infolge des Mangels an ländlichen Arbeitskräften herrschen auch Verhaͤltnisse, bei denen der Bauer sich die Roh⸗ heiten junger Burschen gefallen lassen muß, weil er keine anderen Arbeiter sindet, und damit bin ich bei diesem Gtatstitel, bei dem Amtsvorsteher, angelangt, denn die Befugnisse der Amttvorsteher müssen erweitert werden, um der Rohheit und auch der wachsenden Unsittlichkeit steuern zu können. Wenn man ganz junge Leute vor dem Heirathen warnt, antworten sie. Daß Heirathen verstehen wir schon. Es thut mir leid, daß ich durch diese ernsthaften Dinge Ihre Heiterkeit errege. (Rufe rechtg: Fahren Sie nur fort!! Zu einer Verbesserung der Ver—
hältnisse müssen wir den Amtsvorstehern größere Befugnisse einräumen.
zu und bestätigt, daß Mißstãnde zu klagen habe. einer fleinen Exklave bei Eupen jur Sprache, die an San Marino
Mooren Zentr.) stimmt den Klagen des Vorredner 24 man im Westen des 22 über dieselben Redner bringt ferner die Verbältnisse
oder Andorra erinnere und von allen Militär- und sonftigen Lasten befreit sei infolge ibrer historischen, österreichisch⸗ burgundischen und bolländischen Entwicklung., und die sowohl der preußischen wie der belgischen Krone unterstehe. Die Justiz, Schulverhältnisse Ac. seien daselbst überaus traurige. Es sei wänschenswertb, daß diese kleine Dase endlich verschwinde und der einen oder anderen Landeshoheit definitiv unterftellt werde.
Geheimer Ober · Regierungt · Rath von Knebel ⸗Döb eritz: Es ift schon ein Vertrag zur Theikung dieses Gebiets aufgestellt worden, dessen Entwurf mehrmals bereittz bin und her gegangen ift. Die Ver⸗ handlungen werden hoffentlich in nicht zu ferner Zeit abgeschlossen werden können. —
Aba. Reimnitz (ul.) wünscht, daß die Tanzerlaubniß auf dem Lande nicht weiter keschränkt werde als bisber.
Abg. Wolciyk (Zentr) findet, daß den Leuten noch genug Gelegenheit zum Amüssment und Tanzpergnügen bleibe. Die Amte vorfteber müßten Eirfluß auf die Sittlichkeit äben.
Bei den Ausgaben der Polizeiverwaltung in Berlin
bemãngelt ⸗ Abg. von Strombeck (Zentr) die Verbältnisse der Pferdebahn in Berlin. Die Gesclischait ei. doch niht konzessieniert worden. um nur Diridenden zu erjielen; sie nehme aber ibre Pflichten gegen die Allgemeinheit in keiner Weise wahr. Die Sitzbänke sollen ven 10 Personen besetzt werden; das sei nur möglich, wenn eine sehr schmächtige Dame darunter sei. Die Perrong bei den Degsitzwagen sclen so geftaltet, daß eine Person sebr leicht berunterfallen könne. Wenn jwei Korpulente auf, dem Perron bereits gegenüberständen, könne ein Dritter nur unter bedeutenden Reibungen einfteigen. Nach der Polizeiverordnung jsollen die Wagen so eingerichtet sein, daß das Ginsteigen und Aussteigen bequem und gefahrlos gescheben könne; die Polizei babe auch jeden Wagen vor dem Gebrauch zu vrüfen und folle darauf seben. daß diese fürchterlich Enge aufhöre. Manche Linien seien überfällt, und trotzdem fiele die Gesellschaft ftatt der einspännigen kleinen Wagen keise jweispännigen tin. Bei den außerordentlich hoben Dividenden könne man erwarten, das die Gefellschaft diesen dringenden Klagen abbelfe. Bei der Beratbung des Kleinbahnen Gesetztrs bätte man die allgemeinen Interefsen des Publikumz bei der Personenbeförderung besser wahren sollen, und inan solle das noch möglichst nachholen.
Minister des Innern Freiherr von der Recke:
Meine Herren! Wir können gewiß dem Herin Vorredner sebr dankbar dafür sein, daß er die Angelegenheit der Pferdeeisenbahnen hier zur Sprache gebracht hat. Er möge mir aber die Bemerkung nicht verübeln, daß ich glaube, er kat seine Ausführungen an einer unrichtigen Stelle gemacht. Denn nicht mir stebt die Aufsicht uber den Betrieb der Pferdeeisenbahnen zu, sondern dem Ministerium der
öffentlichen Arbeiten.
Abg. Dr. Arendt (fr. kons.) bemerkt, daß in den Berliner Pferdebahnverhältnissen Manches besser sei als in anderen Städten, wenn er auch nicht verkenne, daß berechtigte Klagen beständen. Redner bedauert, daß die Berliner . an der Gehalts- aufbesserung in diesem Etat nicht theilnehmen solle, Wenn Elemente in die Schutz mannschast hineingekommen seien, die besser daraus fort⸗ geblieben wären, so liege das an der ungenügenden Besoldung. Man wolle jetzt wieder eine vorsichtigere Auswahl der Beamten treffen und nur solche anstellen, die neun Jabre beim Militär gedient haben; dann müsse man aber auch ein besseres Gehalt gewähren. Dasselbe
elte für die Wachtmeister, die namentlich einen viel zu 6 . Crna s eldzuschuß hätten. Die Aufbesserung liege auch im nteresse der mn, der Stadt selbst; die Berliner Schutzmannschaft můffe ein Elitekorps darstellen. Der Dienst müsse erleichtert werden durch Mehranlage von Telephonen und ö des Schreibwerks. Angesichts der innigen Verbindung. Berlins mit seinen Vororten müsse ein volizeiliches Groß-Berlin geschaffen werden. Dadurch würde viel Schreibwerk vermieden, namentlich bei Umzügen von einer Gemeinde in die andere. Die Schutzleute dürften materiell nicht unter das Niveau des Proletariats herabgedrückt werden.
Geheimer Ober ⸗Regierungs Rath Dr. Lindig: Ueber die Benutzung des Telephons in den Polizei⸗Bureaux haben Untersuchungen staltge— funden, die Frage ist verneint worden; denn es würde sich ein ganz unkontrolierbarer Verkehr des Publikums mit den Bureaux heraus- bilden. Die telegraphischen Einrichtungen genügen vollkommen denr Bedürfniß. Eine Aufbesserung der Gehälter habe bereits 1890,91 stattgefunden und könne jetzt nicht schon wieder erfolgen. ie Thätigkeit der Kriminalpolszei sei bereits auf die Vororte aus- gedehnt, auch andere Zweige der Polizei könnten dahin ausgedehnt werden, wenn es nöthig sei. ;
Abg. Schulz (fr. Volksp.): Nicht die mangelnde Aufsicht des Ministers, sondern der Mangel an Konkurrenz hat Schuld an den leidigen Pferdebahnverhältnissen. Allerdings kann der Minister auch auf diese Verhältnisse Cinfluß üben; wir wünschten aber hauptsächlich ein Entgegenkommen der staatlichen Behörden dahin, daß nicht manche Straßen, wie Unter den Linden,. vom Pferde bahnverkehr ausgeschlossen bleiben. Alles Uebrige wollen wir der freien Konkurrenz überlassen, die ja in Zufunft eintreten wird. Die Verhältnisse der Schutzmannschaft sind aller⸗ dings nicht genügend. Der Schutzmann steht nicht sehr hoch im llc hen des Publikums; wir müssen die Gehälter ausbessern und den Stand so heben, wie es seiner Würde entspricht, dann werden wir auch das geeignete Personal bekommen. Von unserer Orte— polizei wollen wir und die Vororte nicht lassen. Die jüngste Polizei- berordnung über die Heilighaltung der Sonntage und Feiertage muß aufgehoben werden; damit hat der Polizei⸗Präsident tiefer in das Leben der Bürger eingegriffen, als es jemals irgend ein Minister eines Staates ihun kann. Von dem Anblick der heruntergelassenen schmutzigen Ladenjalousien und der zerrissenen Vorhänge hängt doch die Heilighaltung nicht ab; daß die ganze Verordnung nur nach dem Schema F gemacht sst, zeigt die Bestimmung, daß das Jagen in den Stunden des Hauvptgottesdienstes in Berlin verboten sei. Welche Thierchen sollen denn da Schonzeit haben? Die Ver— ordnung, welche auf den Einfluß der Svnoden zurückzufübren ist, stört sogar die Privatfestlichkeiten und verbindert das Singen von Liedern. Jawohl, es ist eine Verurtheilung vor gekommen wegen angeblichen Singens unheiliger Lieder. Von vorn dürfen die Schankstätten nicht betreten werden, die Thüren sollen geschlossen sein; aber von hinten kann man herein und sich hinter verschlossenen Thüren dem Schnapsteufel ergeben. Gerade wenn die Thüren weit offen stehen, wird der Völlerel am besten gesteuert; die Arbeiter besuchen am Sonntag gerade bessere Lokale. Wo „vor- wiegend“ Branntwein ausgeschenkt wird, läßt sich niemals nachweisen, in allen Fällen hat Freisprechung erfolgen müssen. Das nützt den Gesetzen und Verordnungen nichts. Cin übelwollender Schutzmann lann nach dieser Verordnung jede Privatfestlichkeit, jedes Kinderspiel verhindern. Dadurch nützt man nicht der Religiosität, man entfremdet der Religion das Volk. Aber vor den fiskalischen Interessen der Gisenbahnen und der Post macht die Verordnung Halt. Man unter⸗ scheidet zwischen den rothen und den gelben Postwagen. Auch die Interessen der Geistlichkeit selbst sind nicht gewahrt; denn Leichen begängnisse dürfen ebenfalls nicht stattfinden während des Hauptgottes dienstes. Es scheint fast, als sei das gescheben, weil da die Geistlichen nicht Zeit haben. Wir bitten den Minister, diese Verordnung durch i, n zu ersetzen, welche den Interessen der Bürgerschaft ent ˖ pricht.
Geheimer Ober ⸗Regierungs. Rath Dr. Kruse: Diese Polizei ⸗ verordnung ist nicht als besondere , . für Berlin erfunden worden, sondern überall in Preußen nach einem gleichmäßigen Schema mit zugelassenen Aenderungen im Eimelnen eingeführt worden. Die
Veränderung der Gewerbeordnung machte nene Polizeivorschriften noth-⸗