1897 / 43 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

es sich bier um eine Organisation bandelt, die die Interessen weiter Kreise berührt, und die rücksichtlich ihrer Ausgestaltung ganz außerordentlich verschiedenartigen, ja man darf wobl sagen: diametral entgegengesetzten Auffassungen Rechnung tragen muß. (Sehr wahr! links.)

Zum Nachweise, daß es wiklich nicht etwa an dem guten Willen feblt, sondern, daß es die Schwierigkeiten, die in der Sache liegen, sind, die die endliche Erledigung der Aufgabe hinausgeschoben baben, brauche ich nur hervorzuheben, daß noch in der letzten Woche von einer der Bundesregierungen nicht weniger als 50 Abänderungsanträge zu dem Gesetzentwurf eingegangen sind. (Heiterkeit) Nun müssen Sie doch auch den Regierungen die erforderliche Zeit lassen, um ihrer⸗ seits eine Vorlage zu stande zu bringen, die sie wenigstens in ihrer überwiegenden Majoritãt mit gutem Gewissen auch vertreten können; und Sie werden in Ihrem Entgegenkommen doch auch soweit gehen wollen, anzuerkennen, daß es besser ist, eine Vorlage im Reichstag zu haben, die von der Majorität der Regierungen getragen wird, als eine Vorlage, für die niemand gern die Vaterschaft übernehmen will. (Sehr gut! links) Ich babe die Hoffnung und die bestimmte Aussicht, daß wir und war in verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit mit einer Vorlage vor den Reichstag werden treten können, und wenn ich heute, abweichend von der sonft geübten Vorsicht, die mich dazu geführt hat, mich auf die Bestimmung von Terminen nicht einzulassen, die Mitte des Monats März als denjenigen Zeitpunkt bejeichne, in welchem der Reichstag in den Besitz der Vorlage gelangen wird, so thue ich das aus dem guten Grunde, weil ich weiß, daß aller Dampf aufgemacht werden wird, um zu diesem Zeitpunkt nicht allein die Plenarberathung zu erledigen, sondern auch die erforderliche Umarbeitung der Motive fertig zu stellen.

Also, meine Herren, warten Sie noch eine kurze Frist; dann wird, boffe ich, Ihre Sehnsucht nach der Handwerkervorlage befriedigt sein. Und dann möge Gott geben, daß wir uns über ein gutes und brauch— bares Werk verständigen! (Bravo!)

Zur Geschäftsordnung bemerkt

Abg. Dr. Hitze (Zentr.): Nachdem der Staatssekretãr einen be⸗ stimmten Termin für die Vorlegung des Entwurfs angegeben hat, sehen wir davon ab, in die Besprechung der Interpellation einzutreten.

Der Abg. Richter beantragt trotzdem die Besprechung der Interpellation; der Antrag wird von den Sozialdemokraten, den Freisinnigen, der Volkspartei und einigen Deutsch⸗ Konservativen unterstützt.

Abg. Dr. Pachn icke sfrs. Vgg): Die Herren (zur Rechten) haben ja selbst die Interpellation eingebracht; sie schienen auch ursprünglich das Bedürfniß der Besprechung zu baben. Oder war die ganze Geschichte nur eine leere Demonstration? Die veröffentlichte Vorlage hat den Handwerkern so recht das abschreckende Gesicht der Zwangsinnungen gezeigt. Die deutschen Gewerbevereine haben sich daher einstimmig da⸗ gegen ausgesprochen, und auch andere Handwerkerkotporationen haben * gegen die Zwangsinnungen erklärt. Selbst Herr Abg. Metzner bat sich sehr krstisch gegen die allzu große Aufsicht ausgesprochen. Der Lärm im Lande geht nur von einer kleiner Minderheit aus. Nicht das ganze Handwerk, wie im Bunde der Landwirthe im Zirkus Busch ausgeführt wurde, steht hinter den Herren (rechts), nicht einmal das ganze Zehntel der Handwerker, welches den Innungen angehört. Das Anwachsen der Großbetriebe ist das Entscheidende für den Rückgang des Handwerks. Trotzdem 1849 der Befäbigungsnachweis wieder eingeführt wurde, kamen in den fünfziger Jahren dieselben Klagen der Handwerter vor wie beute. In den sechziger Jahren kamen dann faft alle Parteien auf den Gedanken, die Gewerbe freiheit einzuführen. Seitdem hat die Regierung Novelle auf No⸗ velle vorgelegt. Das deutsche Gewerbe steht heute auf höberer Stufe als zur Zeit des Zunftzwangs. Warum beschränkt man sich mit der Forderung des Befäbigungsnachweises auf das Handwerk; warum debnk man sie nicht auf die Landwirthsckaft, besonders die große, aus? Soll Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts einen solchen Räckschritt machen, den außer Oesterreich kein Land kennt? Soll nur Rücksicht genommen werden auf das rückwärts schauende eine Zehntel und nicht auf die vorwärts strebenden neun Zehntel?

Abg. Jacobskötter (d. kons.):; Namens meiner politischen Freunde habe ich den verbündeten Regierungen Dank zu sagen für die Antwort. Damit ist der Zweck unserer Interpellation erreicht und wir lassen uns daher auf eine Diskussion nicht ein. Für die Aus⸗ schreitungen, welche in Handwerkerversammlungen vorgekommen sein sollen, können wir nicht verantwortlich gemacht werden.

Abg. Schmidt⸗Berlin (Soz.): Die Befriedigung auf der rechten Seite erscheint doch seltsam, denn der Befähigungsnachweis und die

wangèorganisation soll ja in der Vorlage fehlen. Wenn diese beiden

orderungen durchgesetzt sein würden, würde schwerlich noch etwas äbrig bleiben, um die Handwerkerbewegung in Fluß zu erhalten. Die Berufszählung von 1895 hat einen Rückgang des Hanzwerks gezeigt; die Aufreibung des Mittelstandes bat sich fortgesetzt. Dasselbe Bild zeigen die Untersuchungen des Vereins für Sozialpolitik. Auf dem Boden der Zwangsinnungen gedeihen die genossenschaftlichen Be⸗ strebungen nicht, das hat die Eifabrung in Desterreich ergeben. Die Zwangsorganisation soll hauptsächlich die Ausbildung der Lehrlinge und Gesellen fördern. Heute ist die Ausbildung der k eine sehr einseitige. Die Großbetriebe bieten viel mehr Gelegenheit zur vielseitigen Ausbildung der Lebrlinge. Wenn man nicht den Wett bewerb der Großindustrie beseitigen kann, dann kann man dem Hand werk nicht helfen. Die Innungen beweisen jetzt keine große Neigung, für die Ausbildung ibrer Gesellen Ausgaben zu machen. Das zeigt namentlich der Bericht des Magistrats von Berlin.

Abg. Gamp (Rp.) dankt den Interpellanten für die Einbrin⸗ gung ibrer Anfrage und der Regierung für die Antwort. Auf die Ausfübrungen der Vorredner einzugehen, liege keine Veranlassung vor.

ätte man Agitation treiben wollen, so hätte man eine eingehende

ebatte veranlassen müsseen.

Abg. Richter (fr. Volkep): Ich wollte vrotestieren gegen einige Worte des Interpellanten, der behauptete, daß die Handwerker sehr dringend die Vorlage wünschen und sehr ungeduldig geworden jeien. Ich babe gefunden, daß man sich garnicht beunrubigte; es haben nirgends Handwerkerversammlungen stattgefunden. Zuruf: Berlin) Üm Material für die heutige Interpellation zu schaffen, versammelten sich die bekannten Zunftbrüder in einem kleinen Saale auf Einladung des Innungsausschusses. Die Bütstenbinder⸗, die Schlosser, die Bäckerinnung „Concordia“ und die Konditoren baben autdrucklich vprotestiert gegen eine Zwangesorganisation. Nur ein Zehntel der Handwerker ist in den Innungen vertreten, und böchstens im Namen dieses kleinen Bruchtbeils können Sig (rechts) sprechen. In Süddeutschland haben die Gewerbevereine sich gegen jeden Zwang erklärt, ebenso der Verband der Baugewerksinnungen, der Zentralverband der deuischen Industriellen. Diese Stimmen haben die füddeutschen Regierungen beeinflußt. Wenn die Vorlage Mitte März erst kommt, dann wird sie hier nicht mehr erledigt werden; denn der Reickstag ist schon so überkürdet, daß selbst bei einer noch⸗ maligen Vertagung die Vorlage nicht zu stande kommen dürfte. Es ist ja nicht einmal eine Mebrbeit für die 3Zwangsorganisation vor. banden. Sie (rechte) sind ja auch unter sich garnicht einig, sobald s sᷣ um einzelne Bestimmungen handelt J. B. über die Gesellen⸗ ausschüsse, über Aufsicht der Behörden u. . w. Wenn wir mit einer fast die Mehrbeit erreichenden Minderheit Ibnen systematisch Dpposition machen, dann können Sie sebr alt werden, ehe die Vorlage fertig wird. Es ist also ziemlich gleichgültig, ob die Vor— lage am 15. März oder am 15. Juli lommt. Widerftandsfäbig werden die Handwerker durch die Zwangsorganisation nicht gemacht, sondern sie werden geschãdigt.

Da die linke Seite des

nahmen wir

beschleunigen.

Abg. Benoit (fr. Vgg) tbeilt aus eigener Kenntniß als Mitglied einer Prũfungskommission zu der Zeit. der Befãbigunge⸗ nachweis noch babe, mit, daß die Handwerker selbst gegen den 2 gewesen seien. .

Abg. Ab lwardt (b. . F.): Der Empfang, den mir einige meiner Kollegen durch Lachen und Zischen ju theil werden lassen, überrascht mich nicht, weil das ganz natürlich ist. Wenn ich sage, im chen Reichstag pflegt man doch erst zu hören, ebe man urtheilt, und wenn nun einer oder der andere der Herren sagen wärde: ja, wir haben früber Gelegenheit gehabt, uns ein ungünstiges Urtbeil über Sie zu bilden, fo will ich antworten, daß nach dieser Bildung des ungünstigen Urtheils doch das deutsche Volk noch einmal gesprochen und mich wiederum hierber geschickt hat. Bei Ihnen pflegt man doch vor der Stimme des Volkes einige Achtung zu haben und das dem Manne entgegenzubringen, auch wenn man ihn persönlich nicht liebt. Das Lachen, das von Ihnen kommt, giebt mir den Beweis, daß es mit dieser Achtung vor der Stimme des Volles so überaus weit nicht her sein kann. Da ich infolge eines Beschlusses des Gerichts in Boston aus Amerika nicht fort konnte, ohne rechts- brüchig zu werden, so babe ich zu meinem großen Bedauern länger ab⸗ wesend fein müssen, als es in meinem Willen lag und auch meinen

wecken entsprach. (Rufe: Zur Sache!) Ich spreche zur Sache.

a ich also erst gestern gekommen bin, so wollte ich nicht in diese Debatte eingreifen, aber der Abg. Richter hat mich provoziert. Wir müssen die Handwerkerfrage klar ins Auge fassen. Früber batten die Handwerker große Schilder an den Häusern, heute wohnen sie auf dem Hof vier Treppen hoch. Die Bedürfnisse sind nicht nur dieselben geblieben, sondern noch gestiegen, die Handwerker können sich aber nicht mehr ebenso anständig ernähren wie früber, nicht mehr so nütz⸗ liche und geachtete Mitglieder des Staats sein. Es ist ein be⸗ dauerliches Sinken des Handwerkerstandes vorhanden. Eine Nation gedeiht nur, wenn die mittleren Schichten stark und gesund sind. Das ist bei uns nicht mehr der Fall. Die Maschine stellt die Dinge im Großen leichter und billiger her. Warum hat man nicht an eine vrogressive Umsatzsteuer gedacht? (Präsident Freiberr von Buol: Ich bitte, bei der Sache zu bleiben und nicht auf die allgemeine Lage des Handwerks abzuschweifen. Ich wollte nachweisen, daß die Ursachen der schlechten Lage des Handwerks in anteren Dingen als in der Maschine liegen. Es hat sich ein Dritter zwischen die Fron tin und die Konsumtion gestellt. Einer, der durch die Großmush unserer Vorfahren dazu berechtigt worden ist. Ein einziger Handels jude hat ö. den Nutzen von der schlechten Lage des Handwerks. Sind Sie nicht Alle auch der Ansicht, daß diese That⸗ fache wahr ist? Nun fragen Sie sich: Können wir dem Handwerker- stand und dem Deuischthum helfen, wenn wir dem Judenthum nicht einen Damm entgegensetzen? So lange Sie das germanische Haus nicht von dem jüdischen Ungeziefer reinigen, kann es nicht besser werden.

Danit schließt die Debatte.

Zur Geschäftsordnung bemerkt

Abg. Richter: Herr Präsident, ist es parlamentarisch zulässig, ö H einen Theil des deutschen Volks als Ungeziefer

ejeichnet?

Präsident Freiherr von Bu ol: Diese Aeußerung ist mir ganz entgangen. Wenn sie gefallen ist, wie Herr Richter sagt, so rufe ich deswegen den Abg. Ahlwardt zur Ordnung!

Damit ist die Interpellation erledigt.

Das Haus setzt die zweite Berathung des Reichshaus⸗ halts-Etats für 189798 beim Etat des Allgemeinen Pensionsfonds fort.

Abg. von Schöning (d. kons.) wiederholt seine Bitte, daß die Regierung durch Gesetz die Pensionen nicht bloß den Militärpersonen, die in Gemeindedienst treten, sondern auch denen, die in Staats- dienft treten, belassen möge.

General- Major don Viebahn: So wohlwollend die Absicht des Vorredners ist, so halten es die Kriegsverwaltung und Lie 4 nicht für möglich, jetzt seinen Wünschen nach zugeben.

Abg. Graf Oriola (nl) schließt sich den Ausführungen des Abg. von Schöning an. .

Zu dem Pensions Etat liegt folgender Abgg. Augst und Genossen (3. Volksp.) vor:

an die Reichsregierung das Ersuchen zu stellen, auf eine Ab— minderung der Zabl der Offiziers pensionierungen hinzuwirken und insbesondere Pensionierungen von Offizieren nicht aus dem Grunde eintreten zu lassen, daß ein Offizier, welcher sich für seine bis berige Dienftstellung als genügend befähigt erweist, für die nächst böhere Dienststellung nicht geeignet erscheint“.

Abg. Galler (d. Volksp.): Offiziere werden jetzt vensioniert, weil ein Hintermann avanciert. Es sind erst kürzlich wieder einige württembergische Generale gegen ihren Willen pensioniert worden. Sie konnten ein Armee ⸗Koips nicht mehr bekommen, weil schon ein Württemberger ein Korps hat, und das ist ausreichend. Ein Zwang und ein Druck wird ausgeübt, direkt und indirekt. Man erwartet von dem beim Avancement übergangenen Offizier das Abschiedsgesuch. Diese Praxis sollte man doch nicht bestreiten, denn man überzeugt ja doch niemand. Seit der letzten Herresverstärkung bat sich die Zahl der aktiven Offiziere nur um 200 vermehrt, die der pensionierten aber um 20 90. Der Offiziere wegen haben wir unseren Antrag nicht ge⸗ stellt, sondern der Steuerzabler wegen. In Württemberg nimmt man allgemein an, daß die Pensionierungen von württembergischen Dffizieren nicht von Württemberg ausgegangen sind. Die Abmachung zwischen Württemberg und Preußen hat dazu geführt, daß Preußen den Löwenantheil davon getragen hat. Darüber berrscht große Ver⸗ stimmung,. und der Partikularismus konnte daraus nur neuen Nährftoff ziehen. Der preußische Partikularismus ift gefährlicher als jeder andere. Wer diesen bekampsen will, der muß sich unserem Antrage anschließen.

General. Major von Vie babn: Die Zahl der vensionlerten preußischen Offiziere ist nicht übermäßig gewachsen. Vom Jahre 18873858, dem letzten Regierungsjabre Kaiser Wilhelms des Großen, in welchem 408 Offiziere pensioniert wurden, bis 1834595 wurden durchschnittlich 458 Offiziere jährlich pensioniert, 1395/96 424 und im laufenden Etats jahre 381. * Frankreich wurden 1894 712, 1895 97 Offniere pensioniert. Die Steigerung der Pensionierung von 1888 bis jetzt betrug bei den Beamten 9816, bei den Mannschaften 166,5 und bei den Offizieren 67 0. Also die Steigerung der Pensionsausgaben ist nicht allein auf die Offijiere zurückzuführen. In anderen Staaten sind die Pensionen sehr viel höher bemessen. Ein Theil der pensionierten Offiziere findet übrigens in der Militärperwal tung noch weiter Beschäftigung. In der Presse spielt die Frage der Verjüngung eine groß. Rolle. Eine solche Verjũngung ist aber in dem letzten Jahre nicht eingetreten. Die pensionierten kommandierenden Generale haben ein Durchschnittsalter von 63, ein Dienstalter von 44 Jahren; die Divisionskommandeure 59 bemw. 44, die Brigade Kommandeure 55 bezw. 40, die Regiments. Kommandeure 33 kejw. 866 Jahre. Die Pensionierten Generale sind zweifellos voll- ständig felddienstunfäbig. Der Dienst erfordert große Anstrengungen, und derjenige, der seine Lieutengnts⸗ und Hauptmannejahre hinter sich bat, muß schon eine starke Konstitutiön haben, wenn er darüber binaus nech ausbält. Was in der Presse von der Maiorsecke gejagt wird, ist eine den Thatsachen nicht entsprechende Redensart. Die Stellen müssen so besetzt werder, daß die Inbaber für Krieg und Frieden kräftig genug sind.

Wa ne fer Kriegs⸗Minister, General der Infanterie Freiberr Schott Son Schottenstein: Der Abg. Galler hat auf einige Fälle aus Württemberg bingewiesen. Der eine Offizier, ein Divisions⸗Kommandeur, hatte eine glänzende

Antrag der

b Stelle nich . e Stelle t

sich der Beurtheilung des Galler. Von einem Druck ist in keinem Falle die Rede. Die Abmachung mit Preuß bat Herr Galler ebenfalls in die Debatte gezogen. Die Abmachungen nd nicht in Bebenbausen, sondern in Berlin jwischen den Kriegs.

iniftern abgeschlossen, und zwar im Interesse des württembergischen Armee⸗Korps, well ein kleines Kontingent nicht in sich das Apancement abschließen kann, da es an vakanten Stellen feblt. Es war ein Alt der Hochherzigkeit Seiner Majestãt des Kaisers, daß diese Abmachungen nette Tr gie er Cgeuge) kantz fun die witzettellten Catel

Dr. Lieber ) dan r die m en eiten aus denen bervorgebe, daß eine Abnahme der Pensionierungen, nicht eine Zunahme statfgefunden babe. Man hätte nichts dagegen ein. wenden können, wenn die Kriegs zerwaltung erklärt hätte, daß die Einzelbeiten den Reichstag nichts angingen. Das Zentrum könne also auf den gestellten Antrag nicht —— da der Reichstag verfassungẽ.˖ ng kein Recht habe, die in dem Antrage enthaltenen Wünsche aus. zusprechen. Ein Vertagungsantrag wird angenommen.

Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Ahlwardt

wird die Sitzung um 5isg Uhr geschloffen. Nächste Sitzung

= 1 Uhr. (Antrag Auer und Genossen wegen des acht⸗ sündigen Arbeitstages; Gesetz⸗Anträge, betreffend den Verkehr chmalz und deren Ersatzmitteln)

mit Butter, Käse,

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 1I. Sitzung vom 18. Februar 1897.

. den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden.

Die Spezialberathung des Lehrerbefoldungsgesetzes wird bei 5 A fortgesetzt.

Nach 5 27 VLin der unverändert gebliebenen Fassung des Abgeordnetenhauses soll denjenigen Gemeinden, die nach den Bestimmungen des Gesetzes geringere Zuschüsse erhalten, als ihnen nach den Gesetzen von 1888 und 1889 zustehen, der Ausfall soweit ersetzt werden, als er den Betrag von 2 Proz. des Veranlagungssolls der Gemeindeeinkommenstener über—⸗ steigt. Ein Antrag Becker will den gesammten Ausfall in der Höhe des Betrages, der sich am 1. April 1897 ergiebt, durch Gewährung eines festen dauernden Zuschusses aus der Staatskasse ersetzt wissen

Ober⸗Bürgermeister Zelle Berlin: Am härtesten wird Berlin durch die Maßnahme des 5 A betreffen. Nachdem Graf Klinckow⸗ stroem locutus est, causa finita; ich hege keine Hoffnung mehr, wie mein Kollege Becker; es bleibt mir nur noch der Protest gegen die Verkürzung der Städte übrig. Heute hören wir, die Städte seien bei der ,,,. der Kommunalsteuern günstiger gefabren als das platte Land. Bekanntlich bat das städtische statistische Bureau in Magdeburg das Gegentheil herausgerechnet. Auch ich bleibe dabei stehen, daß die Städte jschlechter fortgekommen sind durch die Steuerreform. Ein schlechter Trost für die Bedrängniß der Städte ist es, wenn ihnen der Finanz⸗Minister vorhält, sie seien ja doch überall in der Minorität. Aber die Städte befinden sich doch in der Majorität des Steuerzahlens; Berlin trägt allein 1/0 zu den Staatssteuern bei. Wer etwas auf sich hält, läßt sich eine solche Zurücksetzung absolut nicht gefallen; so haben die Städte bisher ge⸗ dacht, und fo, boffe ich, werden sie auch weiter denken.

Gebeimer Ober - Finanz ⸗Rath Dr, Germ ar versichert, daß die ministerielle statistische Aufstellung die richtige sei. Die Städte rechneten immer die gesammte, neu 2 Einkommensteuer zur Mehr⸗ belastung, obne zu beachten, daß bis dabin ein größerer Theil des Vermögens sich der Heranziehung zur Einkommensteuer entzogen batte. Für Berlin betrage der finanzielle Vortheil 6— 7 Millionen.

Ober⸗Bürgermeister Westerburg: Nachdem uns bier gestern erklärt worden ist, daß man nicht könne, wie man wolle, sondern auf das Abgeordnetenhaus und die konservative Partei in demselben Rücksicht nebmen müsse, ist jede weitere Bemühung überflüssig. Die 20M bedeuten eine Präsßpualsteuer der Städte in jedem Sinne des Wortes, wenn auch der Finanz Minister das gestern nicht gelten lassen wollte. Daß das Land von der Steuerreform weit größere Vortheile gehabt bat als die Städte, ist vor etwa 11 Jahren in einer amtlichen Denkschrift ausgeführt worden. Die jetzige Verkürzung der Staats zuschüsse widerspricht dem Gesetze von 18588 89 insofern, als hier ein Vertrag einseitig aufgehoben wird, obne daß man den anderen Kontra⸗ henten fragt.

Geheimer Ober⸗Finanz Rath Dr. Germar: Gesetz und Vertrag sind nicht identisch. Wenn der Staat den Städten einen Betrag an Zuschüssen in Zukunft nicht mehr gewähren will, den er bisher ge— währt hat, so kann das nicht als eine Präzipualbesteuerung be— zeichnet werden.

DOber⸗Bürgermeister Bender -⸗Breslau bittet die Regierung, die Resultate der Steuer veranlagung nicht bloß nach Regierungsbenrken, sondern nach Stärten geordnet bekannt zu machen, dann werde man finden, daß die Betrachtung des Finanz ⸗Ministers und seines FKommissars jeder Begründung entbebre. Trotz des Mehraufkommens an Steuern in den Städten sei die Steuerveranlagung auf dem Lande vielfach günstiger als in den Städten; was an Steuern in den Städten mehr aufkomme, sei auf die Neubelastung zu schreiben. In Breslau seien 1300 mehr aufgekommen, ein Minimum gegenüber den 60 bis 760,0 in manchen Landkreisen, in denen Industrie vertreten ist. Damit widerlege sich der durch die ganzen Ausführungen gehende leise Vorwurf, als ob in den Städten früher nicht scharf genug eingeschätzt sei. Die Zuschüsse seien 1388389 überhaupt nicht auf Grund einer Nothlage bewilligt worden. Gewiß seien die Städte leistungsfäbig aber dann möze man doch die Steuern direkt erhöhen und nich: immer bier und bei anderen Gelegenbeiten mit solben leisen Vor— würfen Mehrbelastungen der Städte motivieren und beschließen.

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Dr. Germar bestreitet, zu den letztern Ausführungen irgendwie Veranlassurg gegeben zu haben.

Graf von Zieten⸗Schwerin; Alle diese Schwierigkeiten werden sich erst beseitigen lassen, wenn wir ein allgemeines Volksschulgeseß bekommen. Die Abschaffung des Schulgeldes war ein großer Fehler: ebenso die Gesetzgebung der Jahre 1888/89. Die höhere Staats⸗ räison bat im vorigen Jahre gefordert, daß die Grundsteuer⸗ entschädigung zurückgejablt werden müsse; mit dieser böberen Staats raison werden sich auch die Städte abfinden müssen. Daß die Städte wirklich Großes für ihre Schule geleistet baben, wird von allen Seiten anerkannt.

Dber. Bürgermeister Bender bemerkt, daß die Leistungen der Städte seit 1888 für die Schule so gesteigert worden seien, daß auch die bisherigen Siaatszuschüsse lange nicht mehr das bedeuteten, was sie 1883 für die städtischen Budgets bedeutet hãtten.

Sz 27 wird unter Ablehnung des Antrags Becker un⸗ verändert angenommen, ebenso der Rest des Gesetzes und das Gesetz im Ganzen. .

Die Kommission schlägt die folgenden Resolutionen vor

I) die Regierung zu ersuchen, dem Landtage baldigst ein all⸗ gemeines, auf christlicher und konfessioneller Grundlage beruhendes Volteschulgesetz vorzulegen; ö XY) die Regierung aufzufordern, nach Anhötung des nächsten schlesischen Probinziaffandtages dem Landtage wenn irgend thunlich in der nächsten Session einen Gesetzentwurf vorzulegen, dur welchen die bezüglich der Aufbringung der Schullasten in Schlesien nach dem Schulreglement von 1361 für die betbeiligten Gutẽ ; herrschaften zur Zeit bestehenden Härten beseitigt werden.

von Gerlach beantragt noch eine weitere Re⸗

olution: .

f die Regierung aufzufordern, thunslichst bald einen Gesetz⸗ entwarf jur Beseitigung derjenigen Ungleichmäßigkeiten bei der Tragung der Lasten der Unterhaltung der öffentlichen Zolktsschulen auf dem Lande vorzulegen, welche im Geltungs. bereiche des Allgemeinen Landrechts die Sonderftellung der Gutsherren des Schulorts (sogenannte Schulpatrone) zum Nach eil der bäuerlichen Wirthe und sonstigen Mitglieder der Schul- gemeinde ben.

Zu der auf Vorlegung eines allgemeinen Volkeschulgesetzes gerichieten Resolution bemerkt

Kardigal⸗Fäürstbischof Kopp: Der Wunsch einer allgemeinen Regelung des Schulwesens im preußischen Staate ist in der That vor- handen und wird von weiten Kreisen geteilt; er geht aber noch weiter, als die Resolution besagt, er betrifft das gesammte öffentliche Schulwesen. Man hat also richtiger ein allgemeines Schulgesetz ver= langt. serdem muß ich das Wort baldigst“ꝰ beanstanden. Die Schwierigkeiten eines Schulgesetzes sind wohl so außerordentlich algemein bekannt, die Erfahrungen der Vergangenheit beweisen es, das die Regierung vor allem wissen muß, nach wel Gesichtsvunkten dasselbe ausgearbeitet werden soll. Nonfessionell! und (ckristlich sind nicht die einzigen Gesichtsvunkte; es kommen auch die Artikel 15, X und 24. Absatz2 der Verfassung in Betracht. Die Schwierigkeiten werden sich noch mehr häufen, wenn die Regierung wirklich an die Arbeit geht. Ich bin nicht des Glaubens, daß wir meinen, die Regelung der gesammten Materie werde sich einfacher und schlichter geftalten, als die zweijährige Arbeit an dem Bruchstücke, welche jetz ben abgeschlossen ist. Ich bekämpfe damit nicht die Resolution, sondern ich wünsche nur, daß wir uns ernst und gewissenhaft überlegen sollen, auf welchem Wege das von Allen erwünschte Ziel zu erreichen it; wir müssen verhindern, 563 die Regelung unserer Volkeerziehung Mu einem Schlagwort werde. Woher kommt das Drängen nach fester Regelung der Schulverhältnisse, das Mißtrauen gegen die Schul⸗ verwaltung? Eine Verstaatlichung des Schulwesens ist nicht beab⸗ sichtigt. Ich weise hin auf die häufige Erscheinung, daß bald hier ald da Ünzufriedenbeit auftritt, bauptsächlich veranlaßt durch das Ungeschick unterer Organe, eine Eischeinung. welche sich noch aus dem Geift der siebziger Jahre erklärt. Alle Ungeschicklichkeiten, Mängel und Febler der Art lassen sich nicht durch die Zentralstellen beseitigen, aber sie können wenigstens ernsiliche Mahnungen erlassen. Alle Faktoren, welche berufen sind, an der Volkserziehung mit⸗ zuwirken, sollen mit Vertrauen und Liebe zusammenwirken; möge Iberall der Geist der Versöbnlichkeit wirken!

Professor Reinke Kiel beanstandet gleichfalls das Wort baldigst und die Betonung der christlichen und konfessionellen Grundlage. Damit wůrde ein moralischer Druck auf die Regierung ausgeübt. Die Antraagsteller schienen, so werde vielfach geglaubt, mit diesem Worte noch besondere Hintergedanken zu verbinden. Nach den Ausfübrungen des Abg. Sattler derstehe die Rechte und das Zenttum darunter ein Volkesschulgesetz, wie es Graf Zedlitz 1892 vorgelegt babe. k würde bei Annabme einer gleichlautenden Resolution der Mißdeutung im Lande ausgesetzt sein, als wünschte es ebenfalls dieses Zedlitz'sche Schulgesetz, dem er im Interesse des inneren Friedens auf keinen Fall zustimmen lönnte. Wenn auch in dem Kampf um jenes Gesetz die ärgsten Uebertreibungen auf beiden Seiten erfolgt seien, so stehe doch fest, daß in jenem Gesetz die Staatsautorität so gefährdet gewesen sei, daß auch zablreiche Freunde des christlichen und konfessionellen Gedankens ibm nicht hätten zustimmen können. Deshalb sei Redner gegen die Resolution.

Graf von der Schulenburg ⸗Beetzendorf: Eine Reso— lution kann nicht harmlos sein, die, wie diese, in die tiefsten Tiefen des Volks. und Seelenlebens hineingreift. Ich sehe das Lehrer⸗ beseldungsgesez als ein Kompromiß an, soziale Gegensätze zu beilen; es ist Gefahr vorhanden, daß die Regierung sich jetzt damit begnügt und die Desiderien des Volks ad acta legt. Nicht wir haben den Schlüffel zu dem allgemeinen Volkeschulgesetz ins Wasser geworfen, sondern die andere Seite hat sich des Schlüssels bemächtigt, und die Krone hat ihn schließlich ins Wasser geworfen, indem sie das Gesetz zurückzog. Wir sind für das Besoldungsgesetz eingetreten, aber damit baben wir nicht den Anspruch auf das Volksschulgesetz aufgegeben. Ich halte es für Pflicht jedes Mitgliedes, das für dieses Besoldungs— gesetz geftimmt hat, auch fär die Resolution zu stimmen.

Ober⸗Bürgermeister Braesicke: Ich alte es nicht für zeitgemäß, jeßt die Vorlage eines allgemeinen Volksschulgesetzes zu fordern. Die Begensätze sind im Volke noch so groß, daß ein gedeihliches Gesetz für die nächsten Jahrzehnte nicht zu erwarten ist. 1892 habe sich ein

tiefgehender Unterschied in der Gesinnung der Volksvertretung gezeigt,

bis tief in die Reihen der Konservatlven hinein. Ich kann dafür ablreiche bedeutende Namen anführen. Mit dem Verlangen eines Volksschulgesetzes auf christlicher und konfessioneller Grundlage sollen die Simultanschulen verboten werden, und das wäre ein großer Nac tbeil für das Volk. Die Zabl dieser Schulen in den gemischten Be⸗ ürken, insbesondere in Preutzen, ist sehr groß; alle einklafsigen Schulen auf dem Lande sind roch simultan. Der Friede der Konfessionen ist gerade in Bromberg und in der ganzen Provinz Posen durch die

imultanschule aufrecht erbalten worden; das ist ein gutes Mittel zur Versöbnung der konfessionellen Gegensätze überhaupt. Lehnen Sie daher die Resolution ab!

Graf von Zieten⸗Schwerin: Ich bitte Sie, nehmen Sie die Resolution an! Die Gegner derselben haben gegen Fespenster 66 Mit der Betonung der konfessionellen Grundlage wird eineswegs alles Andere verboten. Daß unter „baldigst“ nicht von heute auf morgen verstanden wird, ist wohl klar; es soll damit gesagt werden, daß wir auf das allgemeine Volksschulgesetz nicht ver, jichten. Das Mißtrauen gegen die Schulabtheilungen rührt nicht aus den Zeiten des Kulturkampfes her, sondern ist sehr viel älter. Gin allgemeines Schulgesetz zu verlangen, wäre doch etwas zu weit gegriffen.

Die erste Resolution wird darauf gegen eine Minderheit angenommen. . . . Ueber die beiden anderen Resolutionen wird gemeinsam diskutiert.

Graf von Pfeil-Hausdorf weift zur Empfehlung der Resolution wegen der Schullasten in Schlesien darauf hin, daß u. a. ein bestimmtes Gut, welches 2500 4 Einkommen gewähre, nach dem Schulreglement von 1801 2300 M Schullasten zu tragen habe, sodaß dem Besitzer, der absolut kein anderweites Einkommen habe, ganze 200 4 verblieben. Im Interesse des alten preußischen Grundsatzes Zuum cuique bitte er um einstimmige Annabme dieser Resolution.

HSert von Gerlach: Unter Antrag ist auch ein Ausdruck des Bedauerns, daß wir uns haben entschließen müssen, das eben ver⸗ abschiedete Gesetz aus der ganzen Materie herauszureißzen und zunächst das dringendfte Bedürfniß zu erfüllen. Das Nächftdringende ist weifellos die Regelung der Schulunterhaltungslast, deren heutige Mißstände durch die Klagen aus Schlesien recht anschaulich illustriert erden. Das Allgemeine Landrecht wurde erlassen, als noch die Erbuntertbänigkeit galt, und an diese schließen sich eng die Vor— schriften für die Ünterbaltung der Volkeschule an. Mit der Aufhebun der Leibeigenschaft und in den seitdem vergangenen hundert Jahren ist das Allgemeine Landrecht obsolet geworden.

Füärft von Hatz feldt: Daß große Ungleichheiten und Ungerechtig, leiten in Schlessen durch das Schulreglement von 1801 herbeigeführt werden, ift Thatsache. Die katholischen Schulgemeinden haben dort das Recht, die Schulunterhaltungslasten zu regeln, ohne daß das Verwaltungsftreitderfahren dagegen offen steht. Das ist ein Unikum in der ganzen preußischen Verwaltung. Der schlesische Provinzial. Landtag wird gern bereit sein, die Materie in sachgemäßer Weise zu regeln, wenn sie an ihn gebracht wird. Ich kann Sie nur bitten, die Resolation anzunehmen. ; . fi ber⸗Bürgermeiner Bender: Ich werde für beide Resolutionen stimmen. Was für Pommern und die Mark gilt, gilt auch für die erangelischen Schulen Schlesiens und für die ganze Provinz Posen.

star ke

Auch meine Freunde sind für die baldige Abstellung der aus diesen veralteten . 8223 ; ;

Graf von der Schulen burg⸗Beetzendorf erklärt sich gegen die Resolution des Herrn von Gerlach, die viel zu weit gebe.

Darauf wird die Resolution bezüglich Schlesiens mit großer Mehrheit angenommen; mit geringer Mehrheit erfolgt auch die Annahme der Resolution von Gerlach.

Sodann gelangt noch die Vorlage, betreffend die Er⸗ weiterung des Stadtkreises Breslau, zur Berathung.

Minister des Innern Freiherr von der Recke:

Meine Herren! Ich babe gestern schon durch meinen Herrn Kom⸗ missarius erklären lassen, daß die Behauptung, es wären in den Motiven unrichtige Angaben enthalten, nur auf einem Mißverftändniß beruhen kann. Wenn in den Motiven steht, der Kreis hätte zuge⸗ stimmt oder keine Einwendungen erhoben, so beziebt sich das auf die Verhandlungen, welche schwebten wegen der Verbindung der Gemeinden Breslau, Kleinburg und Pöpelwitz. Als diese Verhandlungen schwebten, bat der Kreis im Interesse der betheiligten Gemeinden keine Bedenken gegen die Vereinigung geltend gemacht. Erst als der Gesetzentwurf im vorigen Jahre in das Abgeordnetenhaus gelangte, hat er es für nützlich gehalten, zur Wahrung seiner eigenen Interessen Protest da⸗ gegen zu erheben. Es hat der Königlichen Staatsregierung sehr fern gelegen, durch die Bemerkung in den Motiven behaupten zu wollen, daß der Kreis diesem Gesetzentwurfe zugestimmt babe. Ich muß also meinerseits das Vorhandensein einer Unrichtigkeit in den Motiven bestreiten, wenn ich auch zugebe, daß die Fafsung für diejenigen Herren, welche der Sache ferner stehen, vielleicht zu einem Mißver⸗ stãndniß führen konnte. Auf diese thatsächliche Bemerkung möchte ich mich zunãchst beschränken.

In der kurzen Debatte nimmt noch einmal der Minister des Innern Freiherr von der Recke das Wort, um Folgendes auszuführen:

Meine Herren! Die Königliche Staatsregierung bat sich erst nach sehr reiflicher Ueberlegung dazu entschlossen, diesen Gesetzentwurf dem hohen Hause vorzulegen, und ich bitte, mir das Vertrauen zu schenken, daz ich mich bei den Anschauungen, die ich in diesen Fragen hege, nicht zu der Vorlage entschlossen haben würde, wenn nicht ein ganz dringendes Bedürfniß dazu obgewaltet hätte.

Meine Herren, ich habe aus den Diskussianen die Empfindung bekommen, datz es nicht ganz unnütz wäre, wenn ich noch mit wenigen Worten zunächst auf die rechtliche Lage der Sache einginge. Es steht fest, daß die beiden Landgemeinden und auch der Gutebezirk damit einverstanden sind, sich zu dem Stadtkreise Breslau zuschlagen zu lassen, und läge nicht zufälligerweise hier der Fall so, daß damit zugleich eine Veränderung der Kreisgrenzen stattfinden müßte, würde es eines Gesetzes überhaupt nicht bedürfen; dann würde die Angelegen⸗ heit im Wege Königlicher Verordnung zur Erledigung gebracht werden können. Der Fall liegt aber nicht so, und wir haben uns deswegen nach der bis jetzt festgehaltenen Auslegung des 5 3 der Kreis⸗ ardnung daju entschließen müssen, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Es ergiebt sich aber, glaube ich, aus dieser rechtlichen Lage der Sache, daß die Prüfung des bohen Hauses sich im wesentlichen darauf richten muß, ob die Kreisveränderung etwa zu Bedenken Veranlassung giebt. Man kann auch unter diesen Umständen, meines Erachtens, der Staats⸗ regierung nicht den Beweis zumuthen, daß diese Kreisveränderung durchaus erforderlich ist, sondern die Sache steht nach meiner Auf⸗ faffung so, daß das hohe Haus sich darüber schlüssig zu machen bat, ob ihm besondere Bedenken gegen dieselbe vorzuliegen scheinen. Wesentlich wird zu prüfen sein, ob etwa der Landkreis Breslau in so erheblichem Maße durch diese Maßregel geschädigt werden könnte, daß er nicht mehr als leistungsfähig anzusehen ist. Es ist ja un— bestreitbar, daß er einen sehr erheblichen Ausfall erleidet (hört! hörth; es ist aber ebenso unbestreitbar, daß er durch die Vereinbarung mit der Stadt Breslau, die er inzwischen schon getroffen bat, einen großen Theil dieser Einbuße wieder einbringt, sodaß also nach Auffassung der Königlichen Staatsregierung von einer Leistungs⸗ unfähigkeit des Landkreises Breslau, der ja, wie den Herren bekannt ift, ein sehr wohlbabender ist, wobl kaum die Rede sein kann. Politische Bedenken gegen diese Kreisveränderung liegen ebensowenig vor, wie auch schon in der Kommission des näheren aus- einandergesetzt worden ist. Es läßt sich aber garnicht bestreiten, daß die Vereinigung der Landgemeinden Kleinburg und Pöpelwitz und des Gutsbezirks Pspelwitz mit Breslau und damit diese Kreisveränderung im öffentlichen Interesse durchaus nöthig und dringend ist. Es ist bereits bervorgehoben worden, daß insbesondere auf dem Gebiete der Polizei hier ein sehr dringendes Beduürfniß besteht. Das beneht sich nicht nur auf die Sicherheitspolizei, sondern vor allem auch auf die Baupolizei. Ich würde es sehr be⸗ dauern, wenn auch nur eine geringe Verjögerung in der Erledigung dieser Angelegenheit einträte.

Ich bitte Sie deswegen, meine Herren, einem etwaigen erneuten Antrage auf Rückverweisung in die Kommission nicht stattzugeben, sondern, dem Antrage Ihrer Kommission folgend, Ibre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf auszusprechen.

Die Vorlage wird unverändert angenommen.

Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Freitag 12 Uhr. Margarineantrag Frankenberg, Schuldentilgungsvorlage, kleinere Vorlagen.)

Parlamentarische Nachrichten.

Beiden Häusern des Landtages ist eine Denkschrift über die Ausführung des Gesetzes vom 26. April 18665, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen West preußen und Posen, für das Jahr 18965 zugegangen, der wir Folgendes

entnehmen: . ; Ankaufsgeschäft.

Im Jahre 1806 sind der Königlichen Anstedelungskommission zum freibandigen Ankaufe angeboten worden: 31 üter und 27 bäuer⸗ liche Grundstücke; davon aus polnischer Hand:; 25 Güter und 18 32 , , aus deutscher Hand 56 Güter und 9 bäuer⸗ liche Grundstũcke. . . .

Als für Ansiedelungejwecke geeignet sind im Berichtsjahre ? größere Güter, * . mit oder ohne ausgebaute Vorwerke und therlweise mit zugeschriebenen, früher angekauften bäuerlichen Grund⸗ stücken) erworben worden und zwar saͤmmtlich im Wege des frei⸗ händigen Ankaufes. i

Von den erworbenen Gütern entfallen:

X. Auf den Regierungsbezirk Marienwerder: das Gut Groß. Tillit, beftehend aus den Grundstäcken Tillitz Nr. 10, 22, 25, 30

und 83 und Brattian Nr. 65, Kreis Löbau, und das Gut Julienbof. Kreis Schweß, mit einem Gesammtflächeninhalt von 64638 ha ju einem Gesammtkaufpreise von 348 9000 Æ

B. Auf den Regierungsbezirk Podsen: dag Rittergut Czeluscin, Kreis Gostyn, und das Rittergut Sosnica, Kreis Krotoschin, mit einem Gesammtflächeninbhalt von 1509,35 ha zu einem Gesammtkauf preise von 1090 000

C. Auf. den Regierungsbezirk Bromberg: das Rittergut Dwieczki, Kreis Gnesen, das Rittergut Myslontkowo, Kreis Mogilno, und das Gut Osno, Kreis Inin, mit einem Gesammtflächeninbalt ven 1373,12 ha zu einem Gesammtktaufpreise von Sig 6109 4

Zusammen 3519,55 ha jum Kaufpreise von 2282 610

Unter Hinzurechnung der Erwerbungen aus den 10 Vorjahren umfaßt daher der Gesammterwerb der Ansiedelungskommission am Schlusse des Jabres 1896:

a. an Gutsareal 91 331,55 ha 55 217 686 62 6, .

b. an bäuerlichem Areal 1392.71ñ ha zu einem Kaufpreise von 941 510,25 4,

zusammen 92 724. 27 ha ju einem Faufpreise von 56 159 196 87

Der Flächeninhalt dieser Erwerbungen des Jahres 1896 mit 3519,85 ha bedeutet gegen das Vorjahr, das einen Grunderwerb von im Ganzen 7566, 40 ha aufgewiesen hatte, ein Weniger von 4046 55 ha.

Die Einschtänkung des Ankaufs findet in den Rücksichten ihre Erklärung, die sich aus der allmäblichen Erschöpfung des im Jahre 1886 bewilligten Ansiedelungsfoads bereits ergeben.

Der durchschnittlich für den Grunderwerb im Jahre 1896 gezahlte Erwerbspreis stellt sich auf rund 648 M für 1 h, während er sich im Jahre 1895 auf rund 571 für 1 ha belaufen hat.

Die angelegten Preise schwanken jwischen dem 51 fachen und dem 94 fachen Grundsteucrreinertrage und stellen im Durchschnitt den 79 fachen Grundsteuerreinertrag dar.

Der Gesammtdurchschnittspreis für sämmtliche bisher von der ö erworbenen Liegenschaften beträgt 606 ür 1 ha.

Verwaltung der erworbenen Güter bis zjum Abschlusse des Besiedelungsgeschäfts.

Einschließlich des noch vewachteten Gutes Deutschwalde mit ß91 ha und der drei verpachteten Vorwerke der Herrschaft Pogrzybow mit 877 ha, befanden sich während des Wirthschaftsjahres 1895,96 in der zwischenzeitlichen Verwaltung 94 Güter mit einem Areal von S0 ga ha gegen 90 Verwaltungen des Vorjahres mit einem Flächen⸗ inhalt von 75 531 ha. Mitenthalten sind in diesen Flächen viele Ländereien, die bereits von Ansiedlern genutzt werden. Die von diesen Ländereien aufkommenden Renten und Pachten fließen direkt zur Staatekasse, sind daher bei der folgenden Zusammenstellung der Guts—⸗ einnahmen und Ausgaben nicht berücksichtigt.

Ueber die Betriebsergebnisse dieser 84 Gutsverwaltungen nach den Jahresrechnungen für das landwirthschaftliche Geschäftsjahr 1895386 wird in derselben Weise und unter Aufrechterhaltung der früheren Unterscheidung der Güter in vier Kategorien Rechenschaft gelegt, wie im Vorjahre. . ;

Die Gesammtübersicht stellt die bisherigen Ergebnisse der zwischenzeitlichen Güterverwaltung zusammen. Darnach hat diese Geschäftsthätigkeit verursacht einen Gesammtaufwand an Wirthschafts⸗ zufchüffen in Höhe von 5 830 332.25 , denen 1297 094,19 * Ab- führungen gegenüberstehen, sodaß sich ein Nettoaufwand wen 4633 285,0 M für 9 Geschäftsjahre ergiebt. Die böchste Höhe erreichte dieser Nettoaufwand im Jahre 1891 / 82 mit 1942 615, 17 4, feitdem ift diese Ausgabe im steten Fallen, im Jahre 1895 / 86 hat sie betragen 409 845,62

Die am 30. Juni 1896 bei 72 Gutsverwaltungen vorgenommene Inventur hat einen Inventarwerth von 3560 673 4 gegen den In⸗ dentarwertz des Vorjahres von 3 338 734 6 nachgewiesen. Der Mehrwerth nach der diesjährigen Inventur beträgt mithin 221939

Der Umsatz, den die fiskalische Verwaltung in den hauptsãch· lichsten landwirthschaftlichen Produkten wäbrend des Wirthschafts jabres erzielt hat, ist etwas böber als diejenige des Vorjabres,

Es wurden verkauft an Dritte im Jahre 1894/ñ95 101 000 Ztr. Getreide, 70 000 Ztr. Kartoffeln. Hierfür wurden vereinnahmt got M0 M0. .

ür Vieh betrug der Gesammterlös 717 000 M Der Verkauf der Spiritusproduktion ergab 522 800 40

Im Jahre 1895ñ965 wurden verkauft 168 000 Ztr. Getreide und g93 006 Ztr. Kartoffeln für 726 000 4

Die Baareinnabme aus dem Viehverkauf betrug 793 000 4

Aus dem Verkauf der Spiritusproduktion wurden eingenommen 556 400 6.

Vorbereitungen des Besiedelungsgeschäftes.

Im Laufe des Jahres 1896 sind wie im Vorsahre 10 Besiedelungs⸗ pläne aufgestellt worden. Dieselben umfassen eine Fläche von 7209,72 ha. ;

Der planmäßigen Auftheilung sind bisher unterworfen worden: im Jahre 1886/87 6252 ha, 1888 5162 ha, 1889 7017 ha, 1890 2369 ha, 1891 S527 ha, 1892 11257 ha, 1893 9898 ha, 1894 2551 ha, 1895 5822 ha, 1896 7210 ha, zusammen 66 065 ha.

zu einem Kaufpreise von

Rechnet man hierzu die ohne besonderen Besiedelungsplan, wie die

erworbenen Bauerngüter, vergebenen Grundstücke, nämlich 1045 ha, ferner 5 neue Befiedelungsplaͤne von Gütern, welche im Frühiahre 1857 zar Auslegung kommen mit 3239 ha, so wird die zur Auslegung gestellte Fläche am 1. April 1897 umfassen 70 349 ha oder 7700 der Gesammterwerbungen. Demnach verbleiben in der Vorbereitungs⸗ periode vor dem Besiedelungsvorgang 23 00 des ganzen Grunderwerbs der Ansiedelungskommission. Renten und Pachtfeststellung.

Von der Ansiedelungs'ommission sind seit Beginn ihrer Tbätig: keit bis Ende 1896 im Ganzen aufgestellt: a. für Posen 78 Be⸗ siedelungspläne mit zusammen 46793571 ha, b. für Westpreußen 327 Besiedelunge pläne mit zusammen 19271395 ha, 3.

Die Feststellung der fiskalischen Schadloshaltung ist in diesen Tbeilungeplänen derart erfolgt, daß von den ermittelten Anrechnungẽ⸗ werthen entrichtet werden: 35 in 70 Fällen, 20/0 in 1 Falle, 28 dso in 15 Fällen, 2E ½ in 3 Fällen, 2o /o in 17 Fällen, 140 in 1 Falle.

Von den im Jahre 18965 aufgetheilten Gütern sind neun mit 3 c und nur eins mit 230,90 Rente, beziehungsweise Pachtschilling, von den Anrechnungswerthen des Grund und Bodens belastet.

In Sachen der Augbringung der fiskalischen Selbstkosten und der Schadloshaltung des Fiskus für seine Gebäudeaufwendungen hat

ch die Geschäftspraxis nicht geändert. Es wird daher auf die Aus⸗ ührungen der früheren Berichte Bezug genommen. Hochbauten.

Ueber die U der Ansiedelungskommission sind der Denk- schrift zwei Nachweisungen beigefügt, in denen die öffentlichen Bauten, welche überhaupt bis jetzt errichtet sind (2 Kirchen, 10 Bethäuser, 10 Pfarreigehöste, 1 Organistengehöft 67 Schulen und 34 Armen und Spritzenhäuser), zusammengestellt sind. .

Ble Kirchen in Bukowiß W.Pr. und in Strzydzew sind im inneren Ausbau vollendet, ibre Uebergabe und Einweihung bat aber noch nicht stattgefunden. Neu begonnen und im Rohbau aufgeführt sind die Kirchen in Orchowo, Gryzlin und Groß Loßburg. In den Vor entwürfen sestgestellt sind die Kirchbauten von Rynsk und Konojad. Außer der Detaillierung des inneren Ausbaus der 3 begonnenen Kirchen und der speziellen Autarbeitung der zwei Vorentwürfe wird die Hochbau ⸗Abtheilung noch etwa . Kirchbauten bis zum nächsten Sommer zu projektieren und einzuleiten haben. .

. sind im Berichtsjahre neu errichtet 2 Bethäuser, 1 Probstei, 4 Schulen, 3 Armenbäufer und 1 Spritzenhaus. Die umfangreiche alte Schloßanlage in Lulkau ist so umgebaut worden, daß daraus ein Betsaal' für 260 Personen, eine Schulklasse für 80 inder, eine

farrer, und eine Lehrerwohnung mit den nöthigen Nebenanlagen ge chaffen sind. Es ist in geeigneter Weise Vorsorge dafür getroffen, daß besondere Zugänge nach den verschledenen Räumen vorhanden sind, damit Behelligungen und Störungen thunlichst vermieden