1897 / 49 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 Feb 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 4 der ‚Gesetz⸗Samml ung“ enthält unter

Nr. 9877 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend die —— des Grundbuchs für einen Theil der Bezirke der Amtsgerichte Aldenhoven, Gemünd, Euskirchen, Rheinbach, Siegburg, Adenau, Ahrweiler, Andernach, Sankt Goar, Baumholder, Bitburg, Hillesheim, Neumagen, Neuerburg, Rhaunen, Trier, Wadern, Waxweiler, Prüm und Perl, vom 17. Februar 1897; und unter

Nr. 9878 die n ng des Justiz⸗Ministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Theil des Bezirks des Amtsgerichts Biedenkopf, vom 20. Februar 1897.

Berlin W., den 26. Februar 1897.

Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Weberstedt.

Aichtamtliches.

Deut sches Reich.

Preußen. Berlin, 26. Februar.

In der am 25. d. M. unter dem Vorsitz des Vize⸗ Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde dem Nachtragsantrag Preußens wegen Ausführung des Börsengesetzes vom 22. Juni v. J. sowie den Ausschußanträgen, betreffend die steuerfreie Verwendung undenaturierten Branntweins zu Heilzwecken und betreffend die Uebertragung der einem Hauptamt ertheilten Befugniß zur Abfertigung von Waaren auf die demselben unterstellten selbständigen Abfertigungsstellen, die Zu⸗ stimmung ertheilt. Der Re dnn, ren, wegen Aus⸗ dehnung der Unfallversicherung auf Strafgefangene wurde dem Reichskanzler überwiesen. Die Vorlage, betreffend die Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen auf Steinkohlenbergwerken, Zink- und Bleierzbergwerken und auf Kokereien im Regierungsbezirk Oppeln, und der Entwurf eines Gesetzes für Elsaß-Lothringen über das Vermögen der Ortschaften u. s. w. wurden den zuständigen Ausschüssen über⸗ 2 Außerdem wurde über zahlreiche Eingaben Beschluß efaßt. 2 . hielten die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen eine Sitzung.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Wirkliche Geheime Krlegsrath Habel ist von Berlin abgereist.

Der Regierungs⸗-Assessor Hagemann zu Aachen ist der Königlichen Regierung zu Liegnitz zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Laut telegraphischer Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Stein“, Kommandant Kapitän zur See von Ahlefeld, am 24. Februar in Cartagena ange⸗ kommen und beabsichtigte, heute nach Portland in See zu gehen; S. M. S. „Gneisenau“, Kommandant Kapitän zur See Hofmeier, ist am 24. Februar in Malaga eingetroffen und wird am 1. März von hier aus die Reise nach Plymouth fortsetzen; S. M. S. „Molt ke“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Stiege, ist gestern in Barcelona angekommen und wird am 28. Februar nach Lissabon in See gehen; S. M. S. „Cormoran, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Brussatis, ist am 24. Februar in Amoy eingetroffen und wird diesen Hafen heute wieder verlassen; S. M. S. „Kaiser“, Kom— mandant Kapitän zur See Zehye, beabsichtigt, heute von Amoy aus in See zu gehen; S. M. S. „Seeadler“. Kom⸗ mandant Korvetten-Kapitän Coerper, wird am 3. März von Kapstadt nach Sansibar in See gehen.

Württemberg.

Zur Vorfeier des Geburtstages Seiner Majestät des Königs fand vorgestern Abend in Stuttgart ein großer Zapfenstreich statt. Der gestrige Festtag selbst wurde früh durch großes Wecken im Hofe des Wilhelms Palastes ein⸗ geleitet. Während der Musikvorträge wurden von einer auf dem Kanonenweg aufgestellten Batterie der 4. Abtheilung des Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 13 50 Kanonenschüsse abgegeben. Um 9 Uhr fand im Wilhelms ⸗Palast, anschließend an die Beglückwünschung im engsten Familienkreise, die Gratulation der Hofstaaten, der Kommandeure der Regimenter, deren Chef der König ist, und später die der Mitglieder der Königlichen

amilie statt, worauf sich die Allerhöchsten und Höchsten Herr—⸗ chaften zum Festgottesdienst in die Schloßkapelle begaben. ach dem Gottesdienst fand welcher der kommandierende

roße Paroleausgabe start, bei eneral von Lindequist das ic auf Seine Majestät ausbrachte. Die Schulen eierten den Tag in herkömmlicher Weise durch Fest⸗ akte. Bei sämmtlichen Ministern fanden Nachmittags Festmahle statt, zu denen die höheren Beamten der betreffenden gliessorts geladen waren. Der Minister⸗Präsident Dr. Freiherr von Mittnacht sah das diplomatische Korps, die Mitglieder des Geheimen Raths und die höchsten Beamten des Departements bei sich. Bei dem kommandierenden General von Lindequist waren die aktive Generalität, die Stäbe des General⸗Kommandos, der Division, der Brigaden von Stuttgart und Ludwigsburg, der General⸗Arzt, der Militär⸗-Intendant, der Korps-Auditeur und die Garnisongeistlichkeit zum Festmahl versammelt.

Baden.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog empfing vor⸗ gestern Mittag in Gegenwart des Ministers des Auswärtigen von Brauer den österreichischungarischen außerordent⸗ lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Burian von Rajecz, welcher Seiner Königlichen Hoheit sein Ab⸗ berufungsschreiben überreichte. Darauf fand im Großherzog⸗ lichen Schlosse ein Dejeuner statt, an welchem Ihre König— lichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroß⸗ herzogin theilnahmen.

Sessen.

Den Ständen des Großherzogthums, und zwar zunächst der Zweiten Kamm er, ist ein Gesetzentwurf, betreffend die

Hinterbliebenen der im hessisch⸗preußischen Ge⸗ meinschaftsdienst angestellten Staatseisenbahn⸗ beamten, zugegangen.

Waldeck und Pyrmont.

Seine Durchlaucht der Fürst ist gestern Abend von seiner Reise nach England nach Arolsen zurückgekehrt.

Elsaß⸗⸗Lothringen. Der Landes aus schuß genehmigte in seiner vorgestrigen Sitzung die Etats der asserbau verwaltung, des Sber-Schulraths und des höheren Unterrichts⸗ wesens sowie den Etat des niederen Unterrichts wesens in zweiter Lesung.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern den Minister des Aus⸗ wärtigen Grafen Goluchowski, welcher vorher den Besuch 3 britischen Botschafters Sir Horace Rumbold empfangen alte.

Das „Fremdenblatt“ schreibt: Deutschland, Oesterreich⸗ Ungarn, Großbritannien und Rußland hätten einander bereits ihre Uebereinstimmung bezüglich des Aktionsprogramms mit⸗ getheilt. Italien habe erklärt, überhaupt sich an allem zu be⸗ sheiligen, woran alle übrigen Mächte theilnähmen. Frank⸗ reichs Zustimmung dürfte bereits erfolgt sein. Als modus procedendi, bezeichnet das Blatt, daß zunächst, die Botschafter in Konstantinopel der Pforte die Absicht der Mächte, im Namen der Türkei die Pacifizierung Kretas in die Hand zu nehmen, anzeigen würden, worauf eine gleiche Mittheilung an die griechische Regierung er⸗ folgen werde. Dieselbe werde, was die Aufforderung zur Räu⸗ mung der Insel betreffe, die orm oder mindestens die Bedeutung eines Ultimatums haben, dem die kräftigsten Zwangsmaßregeln folgen würden, von denen sich keine Macht ausschließen dürfte. Das Blatt glaubt gut unterrichtet zu sein, wenn es annimmt, daß unter den gegebenen Voraussetzungen auch Großbritannien an der Blockade theilnehmen werde. Man könne also mit gutem Grund das Einvernehmen als völlig und auf der ganzen Linie hergestellt bezeichnen.

Gestern wurde in Wien eine Studenten versamm— lung aufgelöst, welche sich mit der kretischen Frage be⸗ faßte. An der Versammlung nahmen außer Griechen auch Rumänen, Kroaten, Serben, Dalmatiner und Czechen theil.

Das ungarische Unterhaus genehmigte gestern den Etat des Ministeriums für Landesvertheidigung.

Großbritannien und Irland.

Im Oberhause erklärte gestern, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, der Premier-Minister Lord Salisbury in Er⸗ widerung auf eine Anfrage des Lord Dunraven: Er könne nicht so weit gehen, wie Lord Dunraven voraussetze, indeß sei es nicht zuträglich oder wünschenswerth, daß die Regierung es unterlasse, . es möglich sei, dem Hause Mittheilung über die Politik zu machen, welche die e sich bemühe, bei ihren Verbündeten durchzusetzen. Lord Salisbury verlas darauf, als die beste Art und Weise, das Haus in Kenntniß von der augenblick— lichen Sachlage zu setzen, ein vorgestern Abend an die ver—⸗ einigten Mächte abgesandtes Telegramm, durch welches die Regierungen, bei denen Großbritannien vertreten ist, in Kennt⸗ niß gesetzt werden, daß die britische Regierung folgende Dar⸗ legung der Politik zu machen sich vorgenommen habe, welche ö. zu verfolgen beabsichtige und von der sie glaube, daß sie ich im Einklang mit den Absichten ihrer Verbündeten be⸗ finde: Erstens, daß die Ecrichtung einer administrativen Autonomie in Kreta ihrer Ansicht nach die nothwendige Be⸗ dingung für die Beendigung der internationalen Besetzung der Insel fei; zweitens, daß unter dieser Bedingung die Insel nach ihrer Meinung ein Theil des Türkischen Reichs bleiben solle; drittens, daß sowohl die Türken als die Griechen durch die Mächte von diesem Entschluß in Kenntniß gesetzt werden sollten; viertens, daß, falls die Türkei oder Griechenland, wenn es gefordert werde, sich weigern sollte, ihre Land⸗ und Seestreitkräfte von der Insel zurückzuziehen, die Mächte ihren Beschluß durch Anwendung von Gewalt den sich in dieser Weise weigernden Staaten gegenüber zur Geltung bringen sollten. Lord Salisbury fuhr fort, er wünsche die Aufmerk⸗ samkeit auf die Worte „wenn es gefordert wird zu lenken; es folge daraus bezüglich der Türkei sicher ́ nicht, daß deren Truppen sofort aus Kreta zurückgezogen werden sollten, doch sei es klar, daß die Zurückziehung der Truppen eine noth— wendige Bedingung der Autonomie sei. Daher würde die Türkei ihre Truppen aus Kreta zu entfernen haben, mit der Ausnahme, daß sie in dem Maße wie in Samos und seiner * in Serbien Truppen dort behalten dürfe, lediglich als Jeichen ihrer Souveränetät. Soweit jedoch thatsächliche Iwecke, der ganze Einflaß einer Regierung und das täg⸗ liche Leben der Bewohner Kretas in Betracht kämen, würden die türkischen Truppen zurückgezogen. werden müssen, wenn die Autonomie errichtet werde. Die Zurück— iehung der griechischen Truppen werde, denke er, zu einem ö Zeitpunkt gefordert werden. Weiter, fuhr der Premier⸗Minister fort, habe er keine Mittheilungen zu machen; denn obgleich er glaube, daß dies die Verhaltungalinie sei, welche alle Mächte einzuschlagen wünschten, könne er nicht weiter gehen, ehe er in allen Einzelheiten wisse, was deren Beschluß sei. Dies sei eine der nothwendigen Folgen des gemeinschaftlichen Handelns der Mächte. Unmöglich könne der gegenwärtige Zustand auf Kreta auf unbe⸗ stimmte Zeit fortdauern. Er bedauere, daß er seine Mit⸗ theilung nicht ssweit ausdehnen könne, als sich die Frage Lord Dunraven's erstrecke, doch sei es klar, daß schrittweise vorgegangen werden müsse. Nach der Rede des Premier— Ministers führte Lord Kimberley aus, die Mittheilung des—⸗ selben sei von der größten Tragweite, und im Hinblick auf deren Wichtigkeit dürfe Lord Salisbury nicht überrascht sein, wenn er (Lord Kimberley) die von ihm etwa daran zu irre d, Aeußerung auf später verschiebe. Hierauf vertagte

as Haus.

Im Unterhause erklärte der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain auf eine diesbezügliche Anfrage: Im Volksraad der Südafrikanischen Republik sei ein Gesetz einge⸗ bracht worden, durch welches der Oberste Gerichtshof der Re⸗ publik dem Volksraad untergeordnet werde und die Richter unter die Exekutive gestellt würden; er habe aber keine Nachricht, daß der Gesetzentwurf bereits angenommen sei. Jedenfalls sei der Schutz der dort lebenden briti⸗

Regierung

Ruhegehaltsverhältnisse und die Versorgung der

schen Unterthanen durch die Londoner Konvention ge⸗

sichert, welche in ihrer Integrität aufrecht erhalten zu wollen, die Regierung erklärt habe. Der Parlaments Sekretär des Auswärtigen Curzon bemerkte, daß, da der britische Admiral vor Kreta angewiesen sei, im Einvernehmen mit den anderen Befehlshabern zur See zu handeln, ihm keine Sonder⸗ befehle geschickt werden könnten, unabhängig von seinen Kollegen zu handeln. Die Regierung habe keine Nachricht, daß britische Schiffe türkische Truppen es⸗ kortiert hätten. Die Insurgenten hätten bei „Prophet Elias“ Stellung genommen, das . des Geschwaders habe sie gezwungen, die agg einzuziehen. Die Regierung wisse nicht, wie viele getoͤdtet und verwundet worden seien, da der griechische Befehlshaber den Aerzten der Flotte nicht gestattet habe, eine Nachforschung an Ort und Stelle vorzunehmen; es seien aber keine Verwundeten gesehen worden. Ferner er⸗ klärte Curzon, die Mission nach Abessynien solle den König Menelik der freundlichen Absichten Großbritanniens versichern und bemüht sein, freundschaftliche Beziehungen in politischer und kommerzieller Hinsicht zu fördern, sowie gewisse Fragen zu regeln, die zwischen den britischen Behörden des Somali⸗ küsten⸗Protektorats und dem abessynischen Gouverneur von Harrar entstanden seien. Es sei nicht möglich, bei dieser Ge⸗ legenheit einen besonderen Vertreter der britischen Handels⸗ interessen der Mission beizugeben, aber Rodd werde Weisungen erhalten, jenen Interessen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Auf eine an ihn gerichtete Anfrage erwiderte Curzon, der riechische Gesandte in London habe nicht gegen die Beschießung der en, der Kreter protestiert. Der Erste Lord des Schatz⸗ amis Balfour gab betreffs der Lage in Kreta eine Erklärung ab, die mit der von Lord Salisbury im Oberhause abge⸗ gebenen identisch war, und fügte hinzu, die Regierung habe keine amtliche Andeutung, daß diese Ansichten von den Alliierten getheilt würden, aber jeden Grund zu glauben, daß es der Fall sei. Sir W. Harcourt erklärte, die Ankündigung sei ernst, da sie die jetzigen und zukünftigen Beziehungen mit den Großmächten sowie mit der Türkei und Griechenland berühre, und besonders ernst sei der sich auf die Anwendung von Gewalt beziehende Theil. Das Haus sollte Gelegenheit haben, eine weitere Auseinandersetzung zu ver⸗ langen, etwa am folgenden Tage. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour erwiderte hierauf, die Regierung scheue die Erörterung nicht, und wenn ein Tadele votum beabsichtigt sei, werde sie Zeit für eine Erörterung geben; aber am folgenden Tage sei dies un⸗ thunlich. Sir W. Harcourt entgegnete, es sei kein Tadels⸗ votum bezweckt; die Absicht sei, eine weitere Erklärung zu verlangen, von dieser würde der Charakter der Debatte ab⸗ hängig sein. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour be⸗ merkte, die Regierung habe ihr Bestes gethan, indem sie von der gewöhnlichen diplomatischen Tradition abgewichen sei und eine Erklarung abgegeben habe, bevor sie eine formelle Bei⸗ pflichtung der übrigen Mächte erhalten; die Debatte müsse vom Laufe der Unterhandlungen abhängen. Hierauf wurde der Gegenstand fallen gelassen.

Nach einer Meldung verschiedener Londoner Blätter hätte das gegenwärtig in Aldershot garnisonierende 1. Bataillon des Suffolk-⸗Regiments plötzlich Befehl erhalten, nach Süd-⸗A Afrika zu gehen.

Frankreich.

Der Senat hob gestern nach einer Gedächtnißrede auf den verstorbenen früheren Senats⸗Präsidenten Leroyer die Sitzung zum Zeichen der Trauer auf. Die Kommission des Senats zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Zuckersteuer, hat den Senator Gadaud zum Bericht⸗ erstatter gewählt.

Die Deputirtenkammer genehmigte gestern ein drittes provisorisches Budget⸗Zwölftel.

Rußland.

Aus St. Petersburg meldet „W. T. B.“ es verlaute daselbst aus authentischer Quelle: Rußland habe, durchdrungen von der Ueberzeugung, daß nur durch ein festes, zielbewußtes Vorgehen der Großmächte gegenüber der revolutionären Be⸗ wegüng auf Kreta ein Umsichgreifen derselben auf andere Gebietstheile der Türkei und damit eine Gefährdung des europäischen Friedens vermieden werden könne, be⸗ seelt von dem Wunsche, seinerseits alles aufzubieten, um Europa vor dem Ausbruch eines möglicherweise aus so frivolen Ursachen hervorgehenden Krieges zu bewahren, endlich in der Erkenntniß von der Richtigkeit der Stellungnahme Deutschlands sowohl in der kretischen Frage wie auch Griechen⸗ land gegenüber es für nothwendig erachtet, Griechenland durch seinen Gesandten in Athen auffordern zu lassen, seine Flotte und die gesammte auf Kreta befind⸗ liche Sruppenmacht innerhalb dreier Tage zurück— zuberufen. Sollte Griechenland in blinder Verkennung seines eigenen Vortheils dennoch den wohlgemeinten Rath⸗ schlägen Rußlands und der mit ihm verbündeten Mächte ferneren Widerstand entgegensetzen oder Schwierigkeiten bereiten oder sich durch selbstsüchtige Freunde in seinem bisherigen Ver⸗ halten aufmuntern lassen, vielleicht in der falschen Voraussetzung einer Uneinigkeit unter den Großmächten, weil eine oder die andere Macht nicht von vornherein den Vorschlägen Rußlands, welches sich mit Deutschland und Frankreich eins wisse, beigetreten sei, so sei Rußland entschlossen, die Kon⸗ sequenzen aus diesem den Frieden Europas in höchstem Maße bedrohenden Widerstande Griechenlands zu ziehen und mit den schärfsien Nepressalien gegen dasselbe vorzugehen, als deren erste es bereits die von ihm acceptierte Blockade der Häfen an⸗ sehe. Im Bewußtsein von der Einigkeit mit Frankreich und dem absoluten Einverständniß mit Deuischland und auch Oesterreich-⸗Ungarn werde Rußland, selbst wenn einzelne Mächte sich seinen Schritten nicht anschließen sollten, in der Lage sein, den Frieden Europas durch die Vorgänge auf Kreta jedenfalls nicht gefährden zu lassen. Mit den übrigen Groß⸗ mächten sei Rußland der Ansicht, daß die Annektion Kretas durch Griechenland außer Betracht zu bleiben habe, und daß vor dem Eintritt in Verhandlungen über die zukünftige Gestaltung Kretas der völkerrechswidrigen Aktion Griechenlands ein Ende zu machen sei. Demenisprechend habe sich Rußland mit den Mächten dahin verständigt, nach der Räumung Kretas durch die griechische Militärmacht zunächst wieder Ruhe und Ordnung auf der Insel herzustellen und auf ihr sodann unter dem Schutze der Großmächte und unter der Suzeränetät des Sultans eine Autonomie durchzuführen.

Luxemburg.

Die Deputirtenkam mer hat gestern, wie W. T. B. berichtet, nach re,, Debatte mit allen gegen eine Stimme die Budgetvorkage für 1897 angenommen. Die Sinnah men werden auf 11 056100 Fr, die Ausgaben

mit 9910550 Fr. 3 Der Abgeordnete Pruem fragte an. ob es richtig sei, daß Luxemburg, wie der Minister Thielen im preußischen eordnetenhause erklärt habe, sich gegen die Absicht, die Mosel zu kanalisieren, ab⸗ lehnend verhalte. Der Staats⸗Minister Eyschen erwiderte, die luxemburgische Regierung habe immer gehofft, man werde einsehen, daß der Mosel Kanal niemals den gehegten Erwartungen für die westfaͤlische Eisenindustrie entsprechen werde. Im Jahre 1892 habe sie auf das Drängen der Eisen⸗ und Minenindustrie, der Handelskammer und der w, , , die Nachtheile der Kanalisierung für die luxemburgische Industrie in einem Memorandum an die deutsche Regierung dargelegt. Der Minister verlas den Schluß desselben, der, wie folgt, lautet: Die Großherzogliche Regie⸗ rung möchte nicht einen rein ablehnenden Standpunkt ein⸗ nehmen; die Wahrung der Landesinteressen macht es ihr jedoch zur Pflicht, das Einverständniß mit der Vornahme der Arbeiten auf dem diesseitigen Gebiet davon abhängig zu machen, daß Mittel und Wege gefunden werden, um den ge⸗ schilderten schweren Nachtheilen vorzubeugen. Zu diesem Zweck müßten eventuell als Aequivalent für das diesseitige Industrie⸗ ebiet Verkehrserleichterungen geschaffen werden, welche die bwendung einer Verschiebung der Produktionsbedingungen zu Ungunstien des Großherzogthums und die Erhaltung seiner bisherigen Absatzgebiete ermöglichen. Die Kammer vertagte sich sodann bis zum 16. März.

Belgien.

Der Senat berieth gestern den Gesetzentwurf, betreffend die Hazardspiele, und nahm, dem W. T. B.“ zufolge, den ersten Artikel an, welcher bestimmt: Än öffentlichen Orten sind untersagt: 1) Hazardspiele und Spiele, bei denen eine Bank gehalten wird; 2) alle übrigen Spiele, wenn dieselben die Veranlassung bilden zur Aufwendung eines Einsatzes in Geld oder zur Aussetzung eines Preises seitens Dritter. Ausgenommen hiervon sind diejenigen Spiele, bei welchen es auf körperliche Geschicklichkeit und Uebung ankommt.

Türkei.

Aus Konstantinopel meldet das Wiener „Telegraphen⸗ Korrespondenz⸗Bureau“, daß der Höchstkommandierende der türkischen Operationstruppen an der griechischen Grenze Edhem Pascha gestern in Konstantinopel eintreffen sollte. Morgen werde er sich auf seinen Posten begeben.

Dem „W. T. B.“ zufolge sind zwei Kommissionen gebildet

worden: die eine für die Leitung der Truppentrans⸗ porte, die zweite für die Leitung der Operationen. Von den in Konstantinopel befindlichen Krupp'schen 12em⸗ Haubitzen, welche für die zwei Haubitzen⸗Regimenter bestimmt waren, deren Aufstellung beim II. und IL. Korps vor zwei Jahren beschlofssen worden war, wurden je 36 nach Salonichi und Adrlanopel expediert. Der frühere Militär-Kommandant des V. Korps, Marschall Abdul Pascha, ist nach Konstantinopel , worden und dürfte das Kommando eines mobilen Korps erhalten. Aus Kanea vom Mittwoch wird dem Wiener „Telegr.⸗ Korresp-Bureau“ berichtet; Schon seit einigen Tagen seien daselbst Gerüchte über Brandlegungen, welche die Mohamedaner beabsichtigten, weil sie wegen Nichterfüllung ihres Verlangens, Waffen zu erhalten, erbittert seien, verbreitet gewesen. Bereits am 23. d. M. sei Feuer in der Nähe des Regierungsgebäudes ausgebrochen, welches rechtzeitig entdeckt und gelöscht worden sei. Am 24. d. M. sei sodann plötzlich im Regierungsgebäude selbst an vier Stellen zugleich, darunter neben dem Zimmer des Kommandeurs der die Wache bildenden italienischen Schiffs mannschafts⸗Abtheilung, ein Brand ausgebrochen, welcher das Gebäude vollständig eingeäschert habe. Alle Archive und Depositen seien vernichtet worden. An den Löscharbeiten hätten sich britische, italienische und österreichisch⸗ ungarische Schiffsmannschaften betheiligt, wobei sich die Matrosen der „Maria Theresia“ während der Rettung der die Regierungs⸗ gelder enthaltenden Kassen besonders hervorgethan hätten. Es sei festgestellt worden, daß an den vier Stellen Brandlegung stattgefunden habe.

Die Blockade der Insel Kreta wird, dem „Standard“ zufolge, nickt auf das schärfste durchgeführt. Es beginne bereils Mangel an Lebensmitteln auf Kreta fühlbar zu werden. Ein britisches Torpedoboot habe die Vermittelung des Verkehrs zwischen dem griechischen Hauptquartier an der Küste der Insel und der Regierung in Athen übernommen.

W. T. B.“ meldet Die vor Kanea lagernden Türken eröffneten gestern das Feuer gegen die Christen, worauf letztere eine weiße Flagge hißten, um den Admiralen zu zeigen, daß sie nicht die Herausforderer gewesen seien.

Die Mohamedaner in Kandia haben sich unter Hin⸗ weis auf die stattgehabten Metzeleien an die Botschafter ge⸗ wandt, um den Schutz derselben zu erbitten.

Der österreichisch⸗ungarische Torpedo⸗Aviso „Satellit hat in Kandia das bisher dort stationierte Kriegsschiff Sebenico“ abgelöst, das nach Kanea abgegangen ist. Das Kriegsschiff „Kronprinzessin Stefanie“ ist von Kanea nach Selino in See gegangen.

Griechenland.

Nach einer Meldung des „Reuter schen Bureaus /* aus Athen hätten der König und die Regierung erklärt, sie könnten von der bereits getroffenen Entscheidung nicht zurück⸗ treten; sie würden darin von dem gesammten Griechenland unterstüůtzt. Dem „Standard“ zufolge wäre gestern eine Kollektivnote der Mächte in Athen eingetroffen, welche heute der griechischen Regierung offiziell überreicht werden sollte.

Die Sitzung der Deputirtenkammer mußte auch geftern ausfallen, da die Minister zur Zeit des Sitzungsbeginns eine Berathung hatten.

Rumänien.

In der Deputirtenkammer erklärte gestern der Kriegs⸗ Minister, General Bu distegno in Beantwortung einer An⸗ frage über Gerüchte, welche durch die oppositionelle Presse ver⸗ breltet worden waren und nach welchen die Ausrüstung und die Munition der Armee sich in schlechtem Zustande befinden sollten, daß die vier rumänischen Armee⸗Korps vollständig aus⸗ gerüstet seien, daß die Befestigungen sich in einem ,, neten a. befänden und daß der Vertheidigungsstand binnen kurzem vollständig sein werde. Der Minister-Präsident Sturdza fügte hinzu, er sehe keine Gefahr ernster Verwicke⸗ lungen, Rumänien stehe in den besten Beziehungen zu allen

chten. Bulgarien.

Der Minister⸗Präsident Sto i low erwiderte in der gehhigen Sitzung der Sobranje auf eine bezügliche Interpellation:

Die bulgarische Nation verfolge die Bestrebungen der Kreter mit Sympathie; die Regierung wende den Ereignissen ihr volles Augenmerk zu. Die Durchführung der Reformen in den türkischen Provinzen hätten die eurspäischen Mächte in die 6 enommen, und die bulgarische Regierung folge diesem

or ö. mit Vertrauen. Sm , un werde, um sich nicht den Vorwurf zuzuziehen, ein Störenfried zu sein, den Erfolg der von den Maͤchten unternommenen Schritte abwarten, zu⸗ mal Bulgarien über die Mittel verfüge, um seine Interessen stets rechtzeitig wahrzunehmen.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing hat gestern, wie W. T. B.“ aus Christiania meldet, einstimmig und ohne Debatte die Er⸗ richtung einer Professur für Nansen an der Universität zu Christiania genehmigt.

Afrika.

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Tanger, es sei dort das Gerücht verbreitet, daß der Großvezir in Marra⸗ kesch gestorben sei.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Asmara von gestern ist Ras Alula am 15. d. M. in Abba Garima gest orben.

Aus San sibar berichtet die „Agenzia Stefani“, der Kommandant des „Sorrentino“ habe, nachdem er festgestellt hatte, welcher Volksstamm in der Nähe von Mogdischu die re, , an der Niedermetzelung der Expedition

ecchi trage, die Dörfer desselben zerstört und die Bewohner zerstreut oder zu Gefangenen gemacht.

Der Volksraad ö wie das „Reuter sche Bureau“ aus Prätoria erfährt, das Gesetz, betreffend die Befugnisse des Obersten Gerichtshofes, angenommen. Die Richter hatten der Regierung eine Anzahl auf die Vertagung der Sache ab⸗ ielender Vorschläge unterbreitet, da noch die Rückverweisung er Angelegenheit an das Volk offen stehe. Der Ausführende Rath sah sich jedoch nicht veranlaßt, dem stattzugeben, und empfahl dem Volksraad die Annahme der Vorlage. Der Volksraad wird sich heute bis zum Mai vertagen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichs— tages befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (186.) Sitzung des Reichstag es, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗-Minister Dr. von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs⸗Justiz⸗ amts Dr. Nieberding, der Staatssekretär des Reichs⸗ Schatzamts Pr. Graf von Posadoms ky und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, wurde die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats für 1897/98 bei dem Etat der Verwaltung der Eisenbahnen, und zwar bei den „Einnahmen“ fortgesetzt.

Nachdem der Abg. Bu eb (Soz.) nochmals die Verbilligung der Eisenbahntarife empfohlen hatte, wurden die Einnahmen aus dem Personenverkehr und ebenso die übrigen Einnahmen aus dem Güterverkehr 2c. genehmigt.

Bei Schluß des Blattes ging das Haus zur Berathung der Ausgaben für die Zentralverwaltung über.

Im Hause der Abgeordneten gelangte in der heutigen (38) Sitzung, welcher der Minister für Landwirth⸗ schaft 2c Freiherr von Hammerstein und der Minister des Innern Freiherr von der Recke beiwohnten, zunächst der Antrag der Wahlprüfungskommission zur Berathung, die Wahl des Abg. von Wolszlegier (Pole) für ungültig zu erklären und dem von der Kommission aufgestellten Grundsatz, „daß zu den in sz 2 des Gesetzes vom 29. Juni 1893 erwähnten Staatssteuern auch die staatlich veranlagte Grund-, Gebäude⸗ und Gewerbe⸗ steuer zu rechnen sei,“ zuzustimmen und diese Erklärung der Regierung zur Kenntnißnahme und entsprechenden weiteren Veranlassung mitzutheilen.

Ag. Dr. Dziorobek (Pole) tritt für die Gültigkeit der Wahl ein; ein Theil der kassierten Wahlmänner⸗Wahlen sei als gültig zu erachten und danach auch die Wahl des Abgeordneten.

Abg. Dr. Porsch (Sentr.) stimmt dem Kommissionsbeschluß zu und meint, daß das Haus um die Kassierung der Wahlmänner Wahlen nicht herumkomme, wenn es sich auch nur um Formalien handle.

Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrage gegen die Stimmen der Polen.

In einmaliger Berathung wird sodann der Bericht über die weitere Ausfuͤhrung von Cisenbahnverstaatlichungs⸗Gesetzen durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt. 3.

In der ersten Berathung des Ges etzen twurfs, betreffend die Erweiterung des Stadtkreises Breslau (Ein⸗ gemeindung der Landgemeinden Kleinburg und Pöpelwitz) tritt ͤ ** ven Tzschoppe lfr. kons.) für die Annahme der Vor- age ein.

Minister des Innern Freiherr von der Recke macht mit Rück sicht auf ein im Herrenhause aufgetauchtes Mißverständniß darauf auf⸗ merksam, daß der Kreistag der Vorlage zugestimmt habe.

Abg. von Puttkamer-⸗Ohlau (kons.) erklärt sich namens seiner Partei zur Zeit gegen die Vorlage. Er sei prinzipiell gegen eine weitere Vergrößerung der großen Städte und könne einer solchen Eingemeindung nur da zustimmen, wo es sich um die juristische Fest- legung eines thatsächlich bereits bestehenden Zustandes handele, was hier nicht der Fall fei. Seine Partei sei jedoch bereit, die rechtlichen Verhältnisse in Breslau genau zu prüfen, und er beantrage daher die NUeberweisung der Vorlage an die Gemeindekommission.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.) will für die Vorlage und die Kom— missionsberathung stimmen. Die Vergrößerung der Städte vollziehe ich ohne Rücksicht auf die Entschließungen der Gesetzgebung mit

aturnothwendigkeit von selbst, und die Gesetzgebung könne nur für eine möglichst gute Verwaltung der Städte sorgen.

Abg. Wetekamp (fr. Volksp.) hält unter Berufung auf das Urtheil sämmtlicher Provinzialbehörden die Eingemeindung von Klein burg und Pöpelwitz für dringend nothwendig und führt zur Illustrie⸗ rung der Verhältnisse u. a. an, daß die Beleuchtungskommission von Kleinburg beschlossen habe, solange Schnee liege, die Petroleum⸗ lampen nicht anzujünden weil der Schnee genug leuchte, auch wenn kein Mondschein sei. .

Nachdem sich noch die Aeg. Hobrecht (nl.) und Gothein (fr. Vgg.) fuͤr die Vorlage ausgesprochen haben, wird dieselbe an die rein Keren fon verwiesen.

(Schluß des Blattes.)

Arbeiterbewegung.

Aus Stuttgart wird der „Frkf. Ztg. berichtet, daß unter den dortigen Schriftgießern eine Lohnbemegung im Gange ist. Den Prinzipalen wurde ein neuer Tarif vorgelegt. Gine Einigung ist noch

li

nicht erzielt. Die Schriftgießer beschlossen am Mittwoch, an ihren Forderungen festzuhalten.

In Offen bach sind, einer Mittheilung des. Vorwärts“ zufolge, die Schuhmacher in eine Lohnbewegung eingetreten.

Hier in Berlin ist in der Tapezierer⸗Werkstatt der Firma J. C. Pfaff nach demselben Blatt ein Lohnstreit ausgebrochen.

Aus London meldet W. T. B.“: Die Maschinen führer der North Eastern Railway haben in einer Versammlung in Gateshead gestern beschlossen, sämmtlich um Mitternacht die Ar. beit niederzulegen. Viele Kohlengruben und Gießereien im Bezirk von Neweastle sind infolge des Ausstandes gezwungen, ihren Betrieb einzustellen.

Kunsft und Wissenschaft.

Die Ergebnisse der Unter suchung der römischen Stadt- befestigung in Trier.

Die Thätigkeit des Provinzial Museums in Trier richtete sich im vergangenen Jahre namentlich auf die weitere Untersuchung der römischen Stadtbefestigung. Zunächst wurde der Ueber- gang über das Thal des Olewiger Baches untersucht. Bisher hatte man angenommen, daß dieses Thal nicht von der Mauer durchzogen sei, sondern daß an deren Stelle die gewaltigen Dämme aufgeschüttet seien, deren Reste jetzt noch daselbst zu sehen sind. Die Untersuchung stellte aber fest, daß diese Dämme nicht aus römischer Zeit, sondern aus dem 16. oder 17. Jahrhundert stammen. Es fanden sich nämlich Scherben von rheinischem Steinzeug dieser . in beträchtlicher Tiefe in den Dämmen vor. Die weitere

rabung ergab dann, daß die römische Befestigung als Mauer das Thal durchquerte; die Mauer ward vor und innerhalb jener Dämme in prächtiger Erhaltung gefunden und zeigte überall auch die sonst übliche Breite und Bauart. Während des letzten Viertel jahres 1896 wurden auf der Ostseite der Stadtmauer, nördlich vom Amphitheater, die Reste eines Festungsthurmes ausgegraben, der gleich den anderen Stadtthürmen als hohler Rundthurm gebaut war. Ebenda wurde auch der Eintritt der vom Ruwerthale herkommenden römischen Wasserleitung in das römische Stadtgebiet untersucht. Eine wichtige Entdeckung wurde ferner an der Porta Nigra gemacht. Um die Grundmauer der runden Thurmausbauten des Thores mit derjenigen der entsprechenden Theile an dem früher ausge—⸗ grabenen Südtheile zu vergleichen, wurde ein Theil derselben an dem westlichen Thorthurm freigelegt. Dabei fanden sich unerwartet sieben römische Brandgräber, die theilweise mit großen Dolienscherben überdeckt waren und aus je einer, Urne mit Knochen und Krügen, Tellern, Näpfchen und Lämpchen be— standen. Eines der Gräber, die ihrem Inhalte nach alle derselben Zeit angehören, enthielt eine Bronze⸗Münze der älteren Faustina (F I4I n. Chr.). Sechs Gräber waren unversehrt, eines war theilweise zerstört, und es fanden sich von seiner Urne nur noch einige Scherben und geringe Knochenreste vor. Ließ schon dieser Umstand darauf schließen, daß die Zerstörung des Grabes bei An— legung der Grundmauer der Porta Nigra erfolgt., sei, so wurde diese Vermuthung bei weiterer Vertiefung des Grabes zur Gewißheit, da sich nämlich senkrecht unter der Stelle, wo das Grab gestanden, einen halben Meter tiefer, Scherben der zer⸗ störten Urne und Knochen ihres Inhalts in dem Mörtel der Grundmauer des Römerthores eingebacken fanden. Damit ist nach h der Sachverständigen der Beweis erbracht, daß die Porta Nigra jünger ist als jene Gräber und demnach nicht vor der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung erbaut sein kann. Dieses Er⸗— gebniß ist insofern von Bedeutung, als sich früher ewichtige Stimmen für eine sehr frühe Erbauung der 6 Nigra ausgesprochen hatten.

Unter den Erwerbungen des Museums sind namentlich einige römische Steindenkmäler zu nennen: in erster Linie eine Weih-In— schrift an den Gott Mars Intarabus, sowie eine heidnische und mehrere frühchrislliche Grab⸗Inschriften. Ferner wurden erworben: ein großes, dem Merkur geweihtes Denkmal mit Darstellung des Merkur, der gallischen Göttin Rosmerta und der gallischen Götter Esus und Tarvos trigaranus, sowie ein Block von einem großen Denkmal, der auf drei Seiten mit Reliefs geschmückt ist. Letztere zeigen folgende Darstellungen: J) Apollo verfolgt den Herakles, der den delphischen Dreifuß geraubt hat, 2) Daphne, verfolgt von Apollo, und 3) Eros, Früchte naschend. Von den kleineren Alter thümern ist zu erwähnen ein römischer Goldring mit Nicologemme, deren eingegrabenes Bild Venus mit den Waffen des Mars darstellt. Unter den zahlreichen neu erworbenen Münzen ist das hervorragendste Stück ein prachtvolles Goldmedaillon des Diocletian und Maximianus Hercules, welches in Morbach, Kreis Berncastel, gefunden wurde.

In der Sitzung. der physikalisch⸗mathematischen Klasse der Akademie der Wissenschaften am 18. Februar worsitzender Sekretar: Herr Waldeyer) laz Herr Warburg „Ueber die Verzögerung bei der Funkenentladung!. Er besprach den Einfluß der Feuchtigkeit und die Wirkung des Magnetfeldes auf die Verzögerung und leitete aus der letztgenannten Wirkung ab, daß in der Verzögerungsperiode ein schwacher, lichtloser elektrischer Strom die Funkenentsadung ein⸗ leite. Herr van't Hoff las eine zweite Mittheilung über die von ihm und Herrn Dr. Meyerhoffer angestellten Untersuchungen über die ,, der ozeanischen Salzablagerungen, ins⸗ besondere des Staßfurter Salzlagers. Die Untersuchungen betrafen die Hydratbildung und Löslichkeitsverhältnisse bei Chlormagnesium. Spe tell handelte es sich dabei um die Beobachtungen unterhalb O0, das Auftreten der Verbindungen MgCl. 8Ha0 und MgGla. 12H20, sowie um die kryohydratischen Erscheinungen. Herr Vogel legte elne Mittheilung des Herrn Dr. O. Lohse in Potsdam vor, betreffend die Ünterfuchung des bioletten Theils einiger linienreichen Metallspektra, und zwar der Metalle Cerium, Lanthan, Did ym, Thorium, Yttrium, Zirkon, Vanadium und Uran. Die Untersuchungen erstreckten sich auf den violetten Theil des Spektrums zwischen den Wellenlängen 400 und 460 Milliontel Millimeter.

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach am Mittwoch Abend der Direktor des KunstgewerbeMuseums, Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Julius Lessing vor dicht gefülltem Architektenhaut. Saale über „Mittelalterliche und moderne Wand⸗ teppiche in Gobelintechnik“. Eine reichhaltige Ausstellung älterer und neuerer Arbeiten, besonders der Gobelinmanufaktur von W. Ziesch u. Co. in Berlin sowie der Webeschule in Scherrebek, bot Gelegenheit, die Wege und Richtungen dieser ursprünglich einfachen, aber der höchsten Wirkungen fähigen Technik zu besprechen. Dem bescheidenen Stopfen verwandt, führte diefe Art der Wirkerei zunächst auf eine Musterung durch breite, flächige und eckige Farbenflecke. Auch reichere Zeichnungen, Pflanzen oder Figuren, sind auf diese Weise im Sinne der Gobelintechnik stilisiert worden, so lange das Handwerk gesund und ur brüng- lich blieb. Erst in den Pariser Werkstätten der Barock zeit drängten die Maler dazu, die Wirkungen von Oel— bildern nachzuahmen; trotz unsäglicher Mühe und Kosten 6 sich dieses Ziel jedoch immer nur annähernd erreichen. Während die Gobelinwirkerei unseres Jahrhunderts meist in diesen etwas künst⸗ sichen Bahnen weiter gegangen ist, hat sich im Orient und in den bäuer⸗

en Gegenden Skandingviens der alte, breite Stil erbalten. Diese ursprüngliche Technik ist kürzlich durch die Webeschule zu Scherrebek in ö als baͤuerliche Industrie wieder eingeführt und dadurch zu neuen Wirkungen verwerthet worden, daß bervorragende künstlerische Kräste ute Entwürfe im Sinne der Technik geschaffen haben. Die Farben— raft und Stilsicherheit dieser Arbeiten, die nächster Tage auch im Kunstgewerbe. Museum ausgestellt sein werden, baben allgemeinen Bei⸗ fall gefunden und ug fur die weitere Entwickelung der Gobelinkunst Gutes . Neben den Gobelins waren im Saale auch die 151 Wettarbeiten einer Plakat Kenkurren)n auggestellt, welche der Verein für die Firma Jünger u. Gebhardt ausgeschrieben datte; Architekt Otto Rieth begründete daz Urtheil des Preisgerichts.