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Beamte der Militär⸗Verwaltung.
26. Februar. Lechner, Sec. Lt. a. D., zum Kassen ⸗Assist. bei der General. Militärkasse ernannt. Zimmermann, Kassen⸗ Assist. der General -Militärkafse, zum Buchhalter, Ott o, Verwalt. 8363 ; . Remonte. Depots Schwaiganger, zum Wirtbschafts⸗Insp., — besor 3
Preusischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 42. Sitzung vom 5. März 1897.
Die zweite Berathung des Staatsh aushalts⸗Etats für 1897/98 wird im Etat der landwirthschaftlichen Ver⸗ waltung bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ fortgesetzt.
Ueber den Beginn der Debatte ist gestern berichtet worden.
Auf die Bemerkungen des Abg. Knebel (nl.) erwidert der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hamm er⸗ stein:
Meine Herren! Im Ganzen kann ich mich zu den Ausführ ingen des Vorredners in jeder Richtung zustimmend äußern. Ich bin mit dem Herrn Abgeordneten der Meinung, daß die Förderung des Obst⸗ baues und der Obstverwerthung eine wesentliche Aufgabe der land⸗ wirthschaftlichen Verwaltung ist. Die landwirthschaftliche Verwaltung hat seit Jahren diesem Verwaltungszweige ihre volle Aufmerksamkeit gewidmet.
Meine Herren, die Gründe, weshalb früher die Produktion dem Verbrauch genügte, sind vielleicht darin zu finden, daß einmal die Bevölkerung seit Jahren erheblich zugenommen hat, andererseits darin, daß die Obstverwendung, die Obstnahrung sich außerordentlich gesteigert hat. Ich will nur daran erinnern, daß in vielen Gegenden, wo man früher keinen Obstwein kannte, jetzt der Obstwein ein Volks—⸗ nahrungsmittel ersten Ranges geworden ist. Die Mittel, welche der Herr Vorredner für geeignet hält, um den Obstbau zu fördern, erachte auch ich für die richtigen. Nach diesen Gesichtspunkten handelt auch
die Staatsregierung seit geraumer Zeit. Es wird erwogen, ob und
wie die Obstverfrachtung im frischen Zustand zu fördern ist, beispielsweise mit rascheren Zügen bezw. mit besonders geeigneten Waggons u. s. w. Die in dieser Beziehung in Amerika gemachten Erfahrungen sucht man dabei zu verwerthen. Entschieden erkläre ich mich einverstanden mit denjenigen Maßregeln, welche der Herr Vorredner bezüglich der Förderung des Obstanbaues näher darlegte. Es ist zweifellos richtig und zutreffend, daß in vielen Gegenden der preußischen Monarchie die Kenntniß über die nach den klimatischen und den Bodenverhältnissen anzubauenden Obstsorten feblt: es wird versucht, diese Kenntniß zu erweitern. Es ist auch ein großer Fehler, daß, ohnerachtet das richtige Anpflanzungsmaterialin größerem Umfang und gut zur Verfügung steht, der Bedarf durch den Hausierhandel mit Obstbäumen, welcher eine weite Verbreitung hat, in schlechter Waare ohne Garantie für die richtigen Sorten be— friedigt wird. (Sehr richtig!)
Leider Gottes kauft heutzutage der Landwirth vielfach immer noch die billigste Waare, ohne sich zu überzeugen, ob die Waare auch gut ist. Das ist gerade auf diesem Gebiet besenders gefährlich; denn ein Obstbaum, der heute gepflanzt wird, trägt erst nach zehn bis fünfzehn Jahren, je nach der Sorte, Früchte, und der Anpflanzer wird daher erst nach einer Reihe von Jahren den Fehler gewahr, den er bei der Wahl der Bäume gemacht hat.
Auch darin kann ich dem Herrn Vorredner beitreten, daß es ge— boten ist, neben der Auswahl der richtigen Sorte diese Sorte in großen Massen gleichartig anzubauen. Nur wenn man eine große Masse gleichartiger Waare hat, ist man in der Lage, grsßere Kon— sumenten oder den Vermittler des größeren Konsums als Käufer heranzuziehen und dadurch bessere Preise zu erzielen.
Die Frage der Wiesen⸗Baumeister ist auch schon von Herrn Gamp ge⸗ streift, welcher auf die Anstellung eines Wiesenbaumeisters im Regierungs⸗ bezirk Stade hinwies. Auch mit diesen Ausführungen kann ich mich ein⸗ verstanden erklären. Die landwirthschaftliche Verwaltung ist bestrebt, jedes Jahr diese Stellen für Wiesenbaumeister zu vermehren. Es wird das auch in diesem beantragt. Die Staatsregierunz ist auch bemüht, für sachgemäße Ausbildung der nöthigen Kräfte, an denen es augenblicklich noch fehlt, zu sorgen. Wir erweitern die Wiesenbau— Vorschulen und sind bestrebt, soweit die nöthigen Kräfte zur Ver— fügung stehen, alljährlich im Etat die erforderlichen Mittel vom Herrn Finanz ⸗Minister zu erbitten, der bisher auch stets für diesen Zweck eine freigebige Hand hatte.
Die landwirthschaftliche Verwaltung wird den vom Herrn Abg. Knebel ausgesprochenen Wünschen möglichst Rechnung tragen. (Bravo!)
Abg. Broemel (fr. Vgg.) bringt, wie gleichfalls schon aus— führlich berichtet wurde, den Streit des Vorsitzenden der pommerschen Landwirthschafts kammer, Grafen von Schwerin⸗Loewitz, und des Vor— en der Stettiner Kaufmannschaft wegen angeblich unrichtiger
reisnotierungen zur Sprache. te Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer— te in:
Meine Herren! Ich kann mich auf eine kurze Erwiderung be— schränken. Der Heir Handels⸗Minister hat, soweit ich mich entsinne, aus Anlaß einer Beschwerde, welche die Kaufmannschaft in Stettin an ihn richtete, mich ersucht, über die Vorgänge, welche sich bei der Land wirthschaftskammer vollzogen haben, welche die Grundlage bilden für die Erklärungen, welche der Graf Schwerin⸗-Löwitz im Reichstage abgegeben hat, von der Landwirthschaftskammer Berichte einzuziehen und ihm dann zu sbermitteln. Anscheinend beabsichtigt also das Forum, vor welches zunächst die Sache gehört, die fraglichen Verhältnisse klar zu stellen. Ist das geschehen, und sollte dabei der Herr Handels Minister die Ansicht gewinnen, daß aus diesen Vorgängen gegen die Landwirthschafts kammer ein Vorwurf zu erheben ist, so wird voraussichtlich der Herr Handels- Minister mir von diesen Vorgängen Kenntniß geben. Ich werde dann Anlaß haben, die Landwirthschafts kammer zu rektifizieren. Augenblicklich ist also die Angelegenheit nicht spruchreif; sie liegt demjenigen Forum vor, welches zunächst in der Angelegenheit zuständig ist.
Abg. Graf von Kanitz (kons.): Ich wende mich zunächst gegen die Ausführungen des Abg. Herold vom vorigen Sonnabend, der eine Ab— hilfe der Noth lage nur in dem Margarinegesetz und dem Anerben⸗ recht erblickt hat. Daß das Zentrum meinem Antrage nicht geschlossen gegenübersteht, beweisen die Verhandlungen des letzten Katholiken tages. Der rheinische Bauernverein hat sich sogar für die Ein⸗ fab rung des Getreidemonopols ausgesprochen. Auf die Frage der Produktenbörse ist Herr Broemel leider nicht näher eingegangen.
Zuruf des Abg. Broemel: Handels⸗Ministerium Die Art und
eise, wie r Broemel von verleumderischen Beleidigungen durch den Grafen werin gesprochen hat, bat mich aufs tiefste verletzt. Ich muß diesen Angriff namens des Grafen Schwerin, den ich als einen Ehrenmann kenne, zurückweisen. Herr Graf Schwerin wird, nachdem er am Montag in das Abgeordneten⸗ baus gewählt sein wird, Gelegenheit nehmen, die Sache richtig zu stellen. In Stettin herrschen dieselben Verhältnisse wie n Berlin. Herr Deutsch hat in der Börsen. Enquete ausgesagt, daß der größte Theil des effektiven Getreidehandels sich außer halb der Börse in der Frübbörse vollziehe und in den Preisnotierungen nicht zum Ausdruck komme. Er hat auch zugegeben, daß diese Früh⸗ börsen einer amtlichen Kontrole bedürfen und daß ihre Notierungen veröffentlicht werden sollen. Ein vereidigter Makler, Baumann, hat ausgesagt, daß diese Notierungen der Frühbörse höher seien als die der eigentlichen Börse. Wozu der Verein gegen agrarische Uebergriffe eigentlich errichtet ist, ist mir unklar. Ich kenne keine agrarischen Uebergriffe, die landwirthschaftliche Bewegung hat lediglich die restitutio in integrum, ihre Gleichberechtigung mit der Industrie zum Zweck, die durch die Handelsverträge erschüttert worden ist. Ich möchte einmal das Programm des Vereins Nordost kennen lernen. Unsere Aufgabe ist es, die Preise der landwirthschaftlichen Produkte zu heben. Welche Mittel hat der Verein dafür vorgeschlagen? Er will lediglich das gute Verhältniß von Groß⸗ und Kleingrundbesitz stören, um bei den Wahlen das Fett für sich abzuschöpfen. Hat der Verein etwa bessere Mittel zur Hebung der Getreidepreise, als wir, so will ich ihm gern beitreten. .
Abg. von Heydebreck (kons. );: Da man den Verein Nord · hier als unschuldiges Lamm hinstellt, so muß ich als bäuerlicher Besitzer auf Grund meiner Erfahrung dagegen Ver— wahrung einlegen. Ich habe einer Versammlung des Vereins in Stolp beigewohnt. Da wurden die Junker als Nachkom men der Raubritter, als das Material für die „Brüsewitz“ bezeichnet. Fünf⸗ zehn stimmten gegen die Resolution, und da hieß es: Da sind die Junker, hinaus mit ihnen! Das gelang freilich nicht. Die Tausende von Bauern, von denen Herr Rickert sprach, möchte ich einmal sehen! Ich kenne die Statuten des Vereins; von einer Hilfe für die land— wirthschaftliche Produktion steht kein Wort darin. Herr Rickert hat ja in Stolp einen Vortrag über die Frauenbewegung gehalten. Ich werde ihm gern dort mich zur Verfügung stellen; und wenn er einen uten Tag haben wird, so werden wir ebensoviel Vergnügen daran ö wie heute.
Abg. Broemel: Ich habe eine sachliche Klarstellung verlangt und nur die Stimmung der Stettiner Kaufleute wiedergegeben. Davon habe ich kein Wort zurückzunehmen. In Stettin sind die Verhältnisse umgekehrt wie in Berlin. Die Notterungskommissare in Stettin sind angewiesen, auch den Verkehr der Frühbbörse bei den amtlichen Notierungen zu berücksichtigen. Der Verein Nordost hat ein sachliches Programm aufgestellt und ist in seiner Agitation noch lange nicht an die Grenze gekommen, die der Bund der Land⸗ wirthe jeden Tag überschreitet. Das Urtheil der kleinbürgerlichen Kreise über diesen Bauernverein wird anders lauten als das der Herren Graf Kanitz und von Heydebreck.
Abß. Frentz (kons.): Ich bin selbst Mitglied der pommerschen Landwirthschaftskammer, will aber nur sagen, daß der angegriffene Vorsitzende in der nächsten Woche Mitglied dieses Haases werden und sich selbst vertheidigen wird. . .
Ab. Rickert (fr. Vgg.): Ob nur 15 Bauern in der Versamm⸗ lung in Stolp gewesen sind und einige Handwerker und einige jüdische Leute, wird ja der offizielle Bericht über jene Versammlung be— weisen. Was den Ton betrifft, so bitte ich zu bedenken, was sich der Bund der Landwirthe leistet. Ist es da ein Wunder, wenn einmal den getretenen Bauern die Galle über läuft? Jeden Tag werden unsere Bauernversammlungen aufgelöst ohne genügenden Grund. Ist es eine Verhetzung, wenn auf die An— schauung der adligen Herren hingewiesen wird? Die Bauern haben eine Fettviehgenossenschaft gegründet aus eigener Initiative und erzielen gute Preise. Leider habe ich das Programm nicht bei mir. Es steht darin, daß die Schullasten gerechter vertheilt werden sollen. Und diese Forderung ist auch nicht ohne Wirkung geblieben; denn ein Mitglied des Herrenhauses, Herr von Gerlach, hat die Regierung dazu aufgefordert, also damit anerkannt, daß diese Lasten zu Gunsten der Rittergutsbesizer und zu Ungunsten der Kleinbauern vertheilt sind. Ueber die Preise des Getreides hat der Bund der Landwirthe eine Enquste versprochen, aber sie haben sie nicht veranstaltet. Wir haben auch eine Enquête veranstaltet und bewiesen, daß der kleine und mittlere Grundbesitz an hohen Getreidepreisen gar kein Interesse hat, sondern nur der Großgrundbesitz.
Abg. Graf von Kanitz: Graf Schwerin hat nur getadelt, daß außerhalb der Stettiner Börse große Mengen Getreide gehandelt und nicht notiert werden. Herr Kühnemann-Stettin bat zugegeben, daß in Berlin minderwerthiges Getreide den Müllern geliefert werde. Durch diese Auskunft hat sich Herr Kühnemann um die Börsenreform ein großes Verdienst erworben. Wenn der kleine und mittlere Grund— besitzer kein Interesse an höheren Getreidepreisen haben soll, woher soll er denn das baare Geld hernehmen für seine Steuern und sonstigen Ausgaben? Die Bauern des Westens sind doch auch unsere Anhänger, sie bekunden damit ein Interesse an hohen Getreidepreisen. Bauern und Großgrundbesitzer werden zusammenhalten nach wie vor, daran wird der Verein Nordost gewiß nichts ändern.
Abg. Schwarze (Zentr. : Das Zentrum ist in der Ablehnung des Antrages Kanitz pöllig einig gewesen. Auf dem Katholikentag wurde nur eine größere Förderung der Landwirthschaft gewünscht. Wäre der Antrag Kanitz dort zur Abstimmung gebracht worden, so hätten sich 9 0 ο dagegen erklärt.
Abg. Fischer (kons): Ich stelle mit Genugthuung fest, daß der Abg. Rickert die Nothlage der Landwirthschaft, auch der kleinen Besitzer, anerkannt bat. Wenn die Landwirthschaft die Grundlage des Staates ist, dann muß sie auch leistungsfähig gemacht werden. Ich werde oft gefragt, was der Bauernverein Nordost eigentlich wolle; die Antwort darauf hat mir Herr Rickert sehr erleich⸗ tert, ich brauche den Bauern nur das Stenogramm seiner Rede vor— zulegen. Der Freisinn ist eine Partei des Irrthums. So unschuldig ist Herr Rickert an der Gründung des Vereins Nordost doch nicht. Er gehört allerdings der weiblichen Linie des Freisinns an, er ist also die Mutter des Vereins. Die Hetzreden in Stolp halten nicht die Bauern, sondern die Agitatoren aus Berlin und anderen großen Städten. Die Gründung von Fettvieh Genossenschaften ist kein Verdienst des Freisinns. Ich bin seit Jahren Vorsitzender eines solchen Vereins.
Abg. Broemel: Daß die Preise der Stettiner Früh- und auch der Abendbörse amtlich notiert werden, kann ich aus eigener Erfahrung beweisen und ergiebt sich auch aus der Instruktion. Was der herausgegriffene Satz aus der Aussage des Herrn Kühnemann für die Agrarier beweisen soll, ist mir unerfinelich.
Abg. Dr. Hahn (b. k. P.) weist auf die zunehmende, besorgniß⸗ erregende Einfuhr amerikanischer Pferde bis nach Ostpreußen hin und wünscht eine schärfere Quarantäne für diesen Import. In Bremer haven, führt er aus, existiert überhaupt keine Quarantäne. Von Dänemark wird allerdings Vieh als Zugvieh eingeführt. Auch hier muß Remedur eintreten. Wie sebr man die Industrie zu Ungunsten der Landwirthschaft bevorzugt, beweist, daß das Wasser der Hase bei Osnabrück durch die Abwässer der Fabriken sehr stark versalzen wird. Die Besitzer der Hasewiesen haben vergeblich nach Abhilfe bei den Be— hörden hingedrängt. Ich möchte die Regierung bitten, ihre Wünsche wohlwollend zu prüfen. Große Moorflächen in Hannover an der Küste verdienen melioriert zu werden und zwar zu einer Zeit, wo die land— wirthschaftlichen Arbeitekräfte frei sind. Die freisinnige Partei fürchtet wohl, daß sie die gerifgen Sympathien, die sie noch auf dem Lande hat, verlieren wird. . Jugend ist alles Andere eher als freisinnig im Sinne des Herrn Rickert. Sehen Sie sich unsere akademische Jugend
an. Sie steht auf unserer Seite. Auch der städtische Mittelstand
wird sich mehr und mehr mit der agrarischen Bewegung verbinden. Nur soweit der Bauer nicht aufgeklärt ist, gebört er zu Herrn Rickert. Händler und dergleichen werden auf den Versammlungen des Vereins
Vordoft vorgeführt, nicht Landwirthe. Financiers, Abkömmlinge der Juden und Herren wie Herr Lessing sind für uns als Bauern nicht maßgebend, die nächsten Wahlen werden zeigen, daß die Tage dez reisinns auf dem Lande gezählt sind. Die Emwerbestände werden ch zujammenschließen und in Verbindung mit dem bürgerlichen Mittelstand ein festes Bollwerk gegen Sozialdemokratie und Frei sinn bilden, sie werden die Kleinen aß Herr Gothein hat dafür nur ein Lächeln. Sie sind die Urenkel der Achtundvierziger, die Monarchie tragen Sie nicht in Ihrem Herzen!
ga Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer— ein:
Der Herr Vorredner hat die Mißstände berührt, die im Hase⸗ gebiet von der Verunreinigung durch Grubenwässer aus dem Piesberg herrühren. Die Darlegungen sind zutreffend. Ich kann dem Herrn Vorredner aber mittheilen, daß anscheinend sichere Aussicht vorbanden ist, daß in nicht zu ferner Zeit die Grubenwässer nicht mehr dem Hasefluß, sondern der Ems direkt zugeführt werden, wohin sie bisher schon, aber durch die Hase geführt wurden. Ich gehe auf diese Frage nicht näher ein. Im allgemeinen babe ich die Frage der Schäden, welche der Landwirthschaft durch die Verunreinigung der Gewässer erwachsen, bereits neulich berührt. .
Sodann noch eine kurze Bemerkung! Der Herr Abgeordnete führte aus, daß mit größerem Eifer wie bisher die Moorkultur gefördert werden müsse, und daß mit Rücksicht darauf, daß der Land- wirthschaft die nöthigen Arbeitskräfte nicht entzogen werden, anders als bisher zu verfahren sei. Ich kann in diefer Beziehung den Herrn Vorredner beruhigen. Es ist in Aussicht genommen, im wesentlichen die Kulturarbeiten durch Strafgefangene ausführen zu lassen. Damit wird vermieden, daß der Landwirthschaft ein Nachtheil durch Heran⸗ ziehung anderer Arbeitskräfte erwachse.
Abg. Graf zu Limburg Stirum (kons.): Wie muß im Lande gelogen werden, wenn hier im Abgeordnetenhause solche Behauptungen aufgestellt werden, wie es Herr Rickert gethan! Weiß er denn nicht, daß es in den Provinzen Preußen, Schlesiten und Sachsen eine Schul—⸗ ordnung giebt, wonach die Rittergutsbesitzer zu den Schullasten ebenso beizutragen haben wie die Anderen, ja daß sie zum tbeil die Lasten allein tragen? Wir haben seiner Zeit keinen Widerspruch dagegen erhoben, daß in dem Zedlitz'schen Schulgesetz die Steuerkraft als Grundlage für die Leistungen aufgestellt wurde. Daß wir die Rechte der Kirche dabei nicht außer Acht lassen wollten, können Sie uns doch nicht verdenken. An Ihrem Widerstande (links) ist jenes Geseßz gescheitert. Mit Ihren. Behauptungen und Heßzereien machen Sie nur bei denjenigen Eindruck, die die Vorfrucht der Sozialdemo⸗ kratie sind
Vize -Präsident Dr. Krause: Ich nehme an, daß Sie mit dem Ausdruck „hetzen nicht Mitglieder des Hauses meinen.
Abg. Graf zu Lim burg-Stirum: Nein, Herr Präsident!
Abg. Gothein (fr. Vzg): Der Bauer kennt die Herren und geht nicht auf ihren Leim. Herr Hahn meint, wir seien keine Monarchisten. Wir haben jederzeit auf dem Boden der historischen Monarchie gestanden, nicht auf dem Boden der Zweckmäßigkeits. monarchie, und wenn da irgend jemand hergelaufen kommt und mir das Gegentheil sagt, so wæise ich nach meiner langjährigen Thätig⸗ keit als Staatsbeamter und als Mitglied dieses Haufes, als welches ich den Eid auf die Verfassung der Monarchie geleistet habe, solche un⸗ begründeten Unterstellungen mit Entrüstung zurück. In Breslau haben wir ähnliche Verhältnifse an der Börse wie in Stettin, und es ist nur natürlich, daß an der Frühbörse, wo Waaren ganz anderer Qualität gehandelt, andere . notiert werden als an der Hauptbörse. Mißstände an der Börse hinsichtlich der Liefer- barkeit find auch von uns nicht bestritten worden. Preistreibereien sind aber bei dem Effektivhandel ebenso möglich und vorgekommen wie beim Terminhandel; ich erinnere nur an den Lederhandel. Die Börse ist kein moralisches Tendenzinstitut; etwas Weiteres hat auch der Handeltsredakteur des „Berliner Tageblatts“ nicht sagen wollen. Mit demselben Recht könnten Sie auch die Theater verbieten, weil dort einzelne Ausschreitungen vorkommen. Man hält uns immer unsere geringe Zabl im Abgeordnetenhause vor. Ob wir wiederkommen, das ist unsere Sorge; ein Vergnügen ist es für uns nicht, uns hier mit Ihnen (rechts herumzustreiten. Die Landwirth⸗ schaft macht heute nur nech 35 0 der ganzen Bevölkerung aus; wir wollen ihr helfen, aber nicht auf Kosten anderer Berufsstaͤnde. Wir haben billige Tarife für die Landwirthschaft und die Anlage von Klein⸗ bahnen empfohlen. Der größere Theil der Grundbesitzer hat an einer Steigerung der Getreidepreise kein Interesse, das hat die Statistik längst bewiesen. In Pommern sind 270,0 aller Stimmen auf die freisinnige Partei gefallen, und in Niederschlesien bei überwiegend bäuerlicher, aufgeklärte? Bevölkerung haben wir schon bei den ersten Wahlen große Erfolge gehabt. Die studentische Jugend hat aller— dings keine Neigung zum Freisinn. Das ist kein gutes Zeichen für ihren Idealismus, sondern für die Interessenwirthschaft. Wir ordnen unser Privatinteresse dem allgemeinen unter; unser Ideal ist: gleiches Recht und gleiche Pflicht; dieses Ideal repräsentiert das preußische Wablrecht, das elendeste aller Wahlysteme, nicht, auch nicht das Wahl recht zu den Kreistagen, und das sehen auch die Bauern ein.
Abg. Dr. Hahn: Die Entrüstung des Herrn Gothein beweist, daß mein Hieb gesessen hat. Die monarchische Gesinnung des Herrn Gothein habe ich nicht bezweifelt, sondern nur die seiner Partei. Fürst Bismarck hatte pollständig Recht, wenn er sagte, daß die freisinnige Partei ihrer Herzensneigung nach nicht als eine monarchische zu betrachten sei. Herr Virchow sprach ja von guten Revolutionären. (Zuruf des Abg. Parisius: Lernen Sie doch Geschichte) Ich habe acht Semester Geschichte gehört. (Zuruf: Aber nichts gelernt) Die Aeußerungen des Abg. Virchow sind nur bis zu einem gewissen Grade widerrufen worden. Ist Herr Virchow heute reumüthig und einer anderen Ansicht geworden? Herr Gothein hat die ganze agrarische Bewegung nicht verstanden. Wir wollen keine hohen Getreidepreise, sondern nur mittlere Preise und die Aufrechterhaltung der alten Er— werbsstände. Es liegt ein hoher Idealismus darin, daß auch die Jugend das erkennt und dafür eintritt. Höhere Pflichten und höhere Rechte verlangen wir; die Schablone der Gleichheit nutzt zu nichts. Die Versammlungen des Bundes der Landwirthe sind erfüllt von dem Geiste der Gerechtigkeit gegen alle Stände. Wie maßvoll es dort zugeht, beweist, daß nicht einmal gegen die Juden dort vorgegangen wird. Die Führer der Bewegung sind allein maßgebend, nicht einzelne Aeußerungen von Landwirthen. Die neulich nitierte Aeußerung der „Deutschen Tageszeitung‘ hatte nur den Sinn, daß es kein Wunder sein würde, wenn bei der jetzigen Politik Einzelne ö sein würden, daß sie der Sozialdemokratie sich zuwenden würden.
Abg. Ehlers (fr. Vgg): Herr Hahn mag über unsere vater⸗ ländische Gesinnung so lange reden, wie er will: ich halte es unter meiner Würde, mit ihm über meine Gesinnung zu streiten, und bin überzeugt, daß meine Fraktionsgenossen hinter mir stehen. Herr 26 spricht immer von „wir?. Hat er seine anmuthige Rede im
uftrage und im Sinne der konservativen Partei gehalten? (Zuruf des Abg. Habn: Im eigenen Namen!) Ich würde die konservdative Partei um diesen Beistand nicht beneiden.
Abg. Graf von Kanitz: Die großen Terminabschlüsse im Getreide haben stets Schuld an der Preisbewegung. Ich erinnere nur an die Firma Ritter und Blumenfeld, die die Absicht hatte, Berlin von Weizen zu entblößen und dadurch die Preise zu steigern. So etwas war nur bei einem Termingeschäft möglich. Mißstände an der Börse werden von dieser selbst nicht beseitigt. Herr Sobhern⸗ heim hat in der Enqugte die Scheinkündigung auch für dolos erklärt, aber dagegen ließe sich nach seiner Meinung nichts machen. Den Namen des Handelsredakteurs des Berliner Tageblattes“ habe ich ungern genannt. Ich mußte es aber thun, nachdem das Berliner Tageblatt‘ nunmehr die Börsenreform als einen agrarischen Ueber
ü chnet bat. Ein Börsianer, dessen Namen ich vorläufig nicht an r , hat über die Börsen⸗Ehrengerichte gesagt: Wie wollen Sie jemand an der Ehre fassen, der keine hat? Die angesehensten Banken scheuen sich nicht, die Dienste der Presse zu erkaufen, namentlich wenn es sich um ausländische Spekulationen handelt. Der Antrag auf Aufhebung des Terminbandels ist von dem Kaufmann Fuchs und dem Juristen Schwarz gestellt worden; beide haben mit der Landwirthschaft nichts zu thun. e
Abg. Dr. Virchow (fr. Volks p.): Die Bemerkung des Abg. Habn babe ich im Stenogramm noch nicht einsehen können. Was c gebört babe berubt darauf, daß er von mir allerlei Erklärungen perlangt äber Dinge, die sebr weit zurückliegen. Ich sehe nicht, wes⸗ halb ich sie geben sollte, bloß weil es Herrn Bernbardi gefallen hat, mir eine Insinuation entgegenzuhalten, die ihm authentisch mitgetheilt sei. Ich babe nur das Interesse nachzuweisen, daß die Sache un—⸗ sinnig. absurd ist. Wenn nun Herr Hahn das nicht findet, so glaube ich, daß eine Differenz zwischen uns besteht in Bezug auf logische Verhbältnisse, die anderweitig ausgetragen werden kann, wenn das Stenogramm vorliegt. Der Passus, der in Betracht kommt, ist der, daß Bernhardi mich in der Konfliktszeit sagen läßt: „Ich will den König dahin treiben, daß er uns nach Hause schickt und die Verfafsung aufhebt. Danach muß sich später eine Revolution ergeben. Ich weiß nicht, was der Herr Hahn weiter verlangt. Ich babe dieser Behauptung ausdrücklich ein Dementi entgegen Festellt und habe nebenbei auseinandergesetzt, wie man mir eine solche Absurdität zutrauen könnte, daß ich in dem Kampfe, den wir stets mit der Fahne für die Verfassung in der Hand auf geseßmäͤßigem Wege geführt haben, eine solche Bemerkung einem beliebigen englischen Fatervlewer gemacht haben soll. Ob Herr Hahn das nicht für abfurd Fält, wird sich aufklären. Ich hoffe, daß Herr Habn anerkennen wird, daß die Fertschrittspartei während der ganzen Dauer des Konflikts nur die eine Fahne, die der Verfassung, gehabt hat und daß wir mit kleinen Ausnahmen von gerichtlichen Verfolgungen
änzlich frei gewesen sind. Die paar Bemerkungen, welche gerichtliche e lungen nach sich zogen, sind hier im Hause gefallen und Gegenstand der parlamentarischen Erörterung gewesen. Ob sie in dem Maße illoyal waren, antimonarchisch, wie es Herrn Hahn gefällt ins Land binauszurufen, überlasse ich der Schätzung unserer Landsleute. Er wird Wenige finden, die so wenig entwickelt sind, daß sie den Unterschied nicht machen, ob einmal eine parlamentarische Redensart ein wenig bart ausgefallen ist oder ob sich jemand außerhalb des Hauses bemüht, den monarchischen Sinn des Volkes abzuschwächen. Ich habe nicht nothwendig, vor Herrn Hahn oder sonst jemand den Nachweis zu führen, daß ich niemals die monarchische Stellung, die das Königs haus einnimmt, anzugreifen weder beabsichtigt noch ausgeführt habe. Ich erwarte, daß Herr Hahn, wenn er es wieder von mir verlangt, andere Thatsachen vorbringt. Was er hier vorgebracht hat, war nichts als der Versuch, den wenig gebildeten Klassen des Volkes die Vorstellung beizubringen, als gebe es hier eine Partei, die alle Stürme der modernen Entwickelung kat überstehen können, die noch immer mit ihren alten Gedanken aufrecht geblieben ist. Wenn es Herrn Hahn gelingen sollte, die Dauerhaftigkeit seinzr Gesinnung, die bis jetzt bekanntlich nicht einer allzu lange gewesen ist, so zu erhalten, so kann er sich freuen.
Abg. Dr. Dahn: Wer giebt Herrn Virchow die Berechtigung, mir das Motio unterzulegen, daß ich den wenig gebildeten Klassen eine falsche Meinung über die Gesinnung der freisinnigen Partei bezüglich der Monarchie beibringen wolle? Ich hielt meine Rede auf Grund meiner Erfahrungen über die Ansichten, die in der frei⸗ sinnigen Partei vertreten werden. Ich soll sie als ‚antimonarchisch“ bezeichnet haben; ich frage das ganze Haus, ob ich das Wort „anti- monacchisch gebraucht habe. Ich habe sehr scharf unterschieden und ihr den Verstandesmonarchismus zugebilligt; aber den Herzens monarchismus kann ich ihr nicht zusprechen, dazu giebt mir die ganze Entwickelung dieser Partei Recht. Sie will nicht eine machtvolle Monarchie, sondern nur eine parlamentarische, die nicht kraftvoll ist. In der Konfliktszeit hat sich die freisinnige Partei allerdings auf den Boden der Verfassung gestellt. Ihr Verhalten konnte aber nicht als königstreu bezeichnet werden. (Abg. Parisius: Was war es denn?! Die Partei hat nicht das monarchische Gefühl, das uns erfüllt. Auf die Aus— führungen Bernhardi's gehe ich nicht ein; ich konstatiere nur, daß die Thatsächlichkeit der Aeußerung nicht bestritten ist. Herr Virchew sagt auch nicht: „Ich habe es nicht gesagt, sondern nur: ‚Es wäre eine Absurdität gewesen, wenn ich es gesagt hätte“. Auf einen solchen Ton einzugeben, wie ihn der Abg. Ehlers angeschlagen hat, würde ich mich schämen. Herr Virchow interessiert sich für die Dauerhaftigkeit meiner Gesinnung. Ich bitte Sie, mein bescheidenes politisches Auf- treten zu verfolgen. Ich bin zuerst eingetreten als treuer Anhänger Bismarck's für die nationalwirthschaftlichen Interessen und habe mit den Nationalliberalen zusammenzuzehen gesucht, mit denen ich in ver⸗ schiedenen Fragen noch Berührungspunkte habe. Ich habe auch noch oftmals dieselbe Gesinnung wie die nationalliberale Wählerschaft, wenn auch nicht die, die in der National⸗Zeitung' und der Kölni⸗ schen Zeitung“ vertreten wird. Ich habe nicht als Beauftragter einer Partei gesprochen, sondern als Mitglied des Bundes der Landwirthe, den ich mitbegründet habe. Im übrigen fechte ich völlig unter eigener Fahne und habe mich dabei immer wohl befunden.
Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.): Herr Hahn stellt wunder bare Anforderungen an mich; ich kann mich doch früherer Worte nicht mehr erinnern. Ich will aber ausdrücklich noch einmal hervor— heben, daß ich außer stande sein würde, vor Gericht unter dein Eide irgend eine bestimmte Aussage zu machen über irgend ein Wort das früher einmal von mir gefallen ist. Ich glaube, daß jeder gebildete Mann, der von der Geschichte seines Vaterlandes eiwas weiß, sich sagen muß, daß die mir in den Mund gelegte Aeußerung eine Unmöglichkeit, eine Absurdität ist. Sie müssen zugesteben, daß man nach so langer Zeit nicht mehr jedes Wort wissen kann. Herr Hahn stellt sich jetzt so an, als hätte er uns nut den Vorwurf machen wollen, daß wir keine Herzens monarchisten seien. Ich weiß nicht, ob Herr Hahn die Ver— hältnisse der ihm nahestehenden konservativen Partei kennt; es giebt Zeiten, wo der Monarchismus der Herren stark in die Brüche geht, wo der Junker lebendig wird, die alten Traditionen gegen die Monarchie sehr bald zurücktreten. Der Monarchie ist auch bei verschiedenen Gelegenheiten gedroht worden, wenn sie sich nicht bessere. Herr Hahn zitierte zunächst eine Aeußerung des Fürsten Bismarck, daß die freifinnige Partei als eine ihren Herzens äüberzeugungen nach monarchische nicht anzusehen sei. Dann ist er aber mit einem salto mortals auf den guten Revolutionär übergegangen. Das Wort „guter Revolutionär“ ist garnicht eine Erfindung von mir gewesen. Sie rührt vielmebr von dem Grafen Moltke ber. Der Sinn war der, daß auch ein Revolutionär ein ausgezeichneter Mann sein könne; es gäbe Revolutionäre, die die besten Absichten haben können. Herr Hahn fuhr dann nach dem Stenogramm seiner Rede fort: Ist das ein monarchisch gesinnter Mann — ich muß annehmen, daß das auf mich gemünzt war — der ein guter Revolutionär sein will? Ich glaube nicht, beißt es dann, daß der ein guter Revolutionät ist, der seinem König in den
eiten der Entscheidung, wo es sich um Preußens Zukunft und Schicksol handelt, die nötbigen Mittel verweigert, um die Armee stark zu machen. Die Verweigerung von Mitteln ist auch so ein alter Mythus, der in das Volk getragen worden ist. Ich verstehe nicht, wie die Frage der Reorganisation der Armee, die damals Jahre lang schwebte, unter dem Gesichtspunkt der Verweigerung der Mittel bebändelt werden kann; wer Tas für logisch hält, vor dem muß ich eine Verbeugung machen. Die Behauptung, daß die Fortschritte⸗ Partei der Reglerung direkt die Mittel verweigert habe, um den Krieg zu führen, erkläre ich hiermit für eine Verleumdung. (Abg. Hahn: Hab' ich nicht gefagt Es muß aber hier konstatiert werden, damit nicht wieder 3 entstehen und draußen im Lande
in den Reden gegen uns ausgebeutet werden. Damit che die Debatte. Persönlich bemerkt
Abg. Dr. Hahn: Herr Virchow hat den stenographischen Bericht jur Hand genommen, ehe ich ibn felbst gesehen habe. Ich habe mich
ganz allgemein auf die Stellungnahme der Fortschrittspartei bezogen gegenüber der Krone. Ich hätte auch die Worte von dem Groß—⸗ machtskitzel anführen können. (Zuruf links: Das ift wieder eine Ver⸗ leumdung! Herrn Virchow gegenüber muß ich betonen, daß das ganze Verhalten der Fortschrittépartei in der Konfliktszeit mir zu meinen Ausführungen Veranlassung gegeben hat.
Vize⸗Präsident Dr. Krause stellt unter großer Heiterkeit des Hauses fest, daß das Gehalt des Ministers nicht angefochten und daher genehmigt ist.
Die Gehälter der Ministerialbeamten werden ohne weitere Debatte genehmigt.
Bei den Kosten der General-Kommissionen geht
Abg. Dr. Lotich ius (al.) auf die Frage der Konsolidation im Regierungsbezirke Wiesbaden ein und bemängelt das Verfahren in verschiedenen Punkten, so bezüglich der Taxationen, und die Langsam⸗= keit des Verfahrens.
Geheimer Ober Regierungs⸗Rath Sachs führt aus, daß den Wünschen der Interessenten, soweit es die Gesetze zuließen, Rechnung getragen werde. Bezüglich der Taxatoren haͤtten die Gemeinden meist auf die Wahl verzichtet und die Auswahl den General Kommissionen überlassen.
Abg. von Mendel ⸗Steinfels (kons.) bittet um eine Be— schleunigung des Verkoppelungsverfahrens, denn mit dem Augenblicke
der Provokation höre das Interesse der Bauern an ihren Grundstäcken
auf, weil sie nicht wüßten, ob sie ihre Grundstücke ganz oder tbeil⸗ weise wieder erhalten. Dadurch werde der wirthschaftliche Zustand der Grundstücke verschlechtert, namentlich bei leichterem Boden; denn die reicheren Bodenstücke seien schon äberall verkoppelt. Redner ver⸗ langt auch eine niedrige Bemessung der Kosten und eine Beihilfe für die Folgeeinrichtungen.
Geheimer Ober⸗Regierungs-Rath Sachs stellt ein beschleunigtes Tempo in Aussicht, sowie eine niedrige Bemessung der Kosten und eine Beihilfe für die Folgeeinrichtungen, wofür ein Fonds im Etat aus— geworfen sei.
Nachdem Abg. Mies (Sentr.) noch für die Vermessungs⸗ beamten eingetreten ist, werden die Ausgaben für die General— Kommissionen bewilligt.
Zum Kapitel „Landwirthschaftliche Lehranstalten“ empfiehlt
Abg. Barthold (fr. kons.) eine bessere Berücksichtigung der Lehrer an den 17 landwirthschaftlichen Mittelschulen und ihre Gleich⸗ stellung mit den Lehrern der höheren Lehranstalten.
Ministerial⸗Direktor Dr. Thiel: Die Regierung war nicht in der Lage, eine Mehrausgabe hierfür aufzunehmen, weil erst das Schicksal der Besoldungsborlage abgewartet werden mußte; es ist aber vorgesehen, daß die Gehalteverhältnisse der Lehrer an den landwirth— schaftlihen Mittelschulen entsprechend den übrigen Lehrern der höheren Anstalten geregelt werden sollen. .
Zur 1 des Fortbildungsschulwesens auf dem Lande sind 14 000 S6 mehr verlangt, deren Ge— nehmigung die Kommission beantragt; über die Verhandlungen derselben erstattet Abg. Freiherr von Erffa Bericht.
Die Abgg. Barthold (fr. kons.) und Dr. Glattfelter (Zentr.) sprechen sich für die obligatorische Durchführung der Fortbildungs schulen aus. ⸗ . .
Die Ausgaben für die landwirthschaftlichen Lehranstalten werden genehmigt.
Nach 4 Uhr wird die weitere Berathung bis Sonnabend 11 Uhr vertagt.
Aus dem 43. Jahresbericht des Germanischen National⸗ Museums in Nürnberg.
Die ruhige und stetige Entwickelung des Museums, in welcher sich dasselbe seit einer Reihe von Jahren befindet, hat auch im ab— gelaufenen Jahre ihren Fortgang genommen. Die Sammlungen wurden durch Schenkungen, durch Ueberlassung werthvoller Gegen⸗ stände unter Eigenthumsvorbehalt, sowie durch Ankäufe bereichert.
Der Besuch der Sammlungen war, namentlich während der bayerischen Landesausstellung, ein ungemein reger. Das lebhafte In⸗ teresse, welches Tausende von Besuchern aus allen Ländern an den Denkmälern unserer Vorzeit nahmen, hat die volksthümliche Beliebt heit der Anstalt in erfreulicher Weise bekundet.
Die Jahreskonferenz des Verwaltungsausschusses fand am 27. und 28. Mai statt.
Das wicht gste, die Finanzverhältnisse betreffende Ereigniß des abgelaufenen Jahres ist sehr erfreulicher Art. Es ist dem Museum nämlich möglich gewesen, den Rest der Anleihe, welche behufs Er⸗ werbung der Sulkowski'schen Sammlung im Jahre 1889 bei der Vereinsbank zu Nürnberg im Betrage von 200 900 M aufgenommen wurde, gänzlich zur Rückzahlung zu bringen. Als das Museum die große Schuld aufnehmen mußte, ward ein Tilgungsplan aufgestellt, nach welchem dieselbe in zwölf Jahren zurückbezahlt sein sollte. Dank dem großen Interesse aber, welches diese bedeutungsvolle Erwerbung in allen Kreisen der deutschen Nation erregte, dank den vielen außer⸗ ordentlichen Spenden, welche zu diesem Zwecke gewährt wurden, ward die ganze Schuld schon 1896, nicht erst 1901, zurückbezahlt. Der Ankauf der Sammlung beanspruchte die Summe von 206 363 , aus welcher noch 24962 S6 75 3 Zinsen erwachsen sind. Von der Gesammtsumme von 231 265 M 75 5 wurden 131 265 S 75 * aus etatsmäßigen Mitteln bestritten, waäͤhrend die übrigen 100 000 6 durch besondere Stiftungen gedeckt wurden. Die Erwartung, die der verstorbene Erste Direktor, Geheime Rath A. von Essenwein bei dem Abschluß des Kaufes aussprach, daß die Freude über die Erwerbung der Anstalt neue Freunde zufübren werde, die ihr helfen, die Schuld zu mindern, welche man der Anstalt aufladen mußte, hat sich in reichem Maße erfullt; alte bewährte und neue Freunde des nationalen Unternehmens haben gewetteifert, das Museum von der Last zu befreien, welche ihm diese bedeutungsvolle Bereicherung seiner Sammlungen auf⸗ lud. Allen, welche die Anstalt bei der Durchführung dieses Unter⸗ nehmens unterstützt haben, wird in dem Jahresbericht wärmster Dank ausgesprochen. Er gebührt vor allem den regierenden Fürsten des Deutschen Reichs, aber auch Fürsten deutscher Abstammung im Aus— lande, den deutschen Standesherren, den Staatsregierungen und anderen politischen Korporationen, voran der Stadtgemeinde Nürnberg, und vielen Vereinen und Privaten in allen Gegenden Deutschlands, besonders den Einwohnern Nürnbergs, die ihre Freude über die Rückkehr von Schätzen, die der alten Reichsstadt in Zeiten schwerer Noth entfremdet worden waren, durch besonders reiche Gaben zum Aus—⸗ druck brachten. Auch den Pflegern, die sich vielfach in dieser Sache ver⸗ wendet haben, fühlt sich die Leitung des Museums zu lebhaftem Danke verpflichtet.
Auch durch verschiedene andere Stiftungen wurde das Museum erfreut. Der geschäftsführende Ausschuß des VIII. deutschen Brauer tages, der im bergangenen Sommer in Nürnberg getagt, hat die Summe von 2090 6 als ersten Beitrag zu einer Stiftung gespendet, welche die Denkmale des a, tlich so wichtigen deutschen Brauwesens umfassen soll. Zu Ankäufen für die Sammlungen er⸗ hielt das Museum wiederum namhafte Beiträge von Privaten. Auch die steigende Richtung, welche die Jahresbeiträge von Privaten seit etwa einem Jahrzehnt verfolgen, hat angebalten. Seine Majestät der König von Sachsen hat den jährlichen Betrag von 600 auf weitere drei Jahre bewilligt. .
Das wachsende Interesse für das Germanische Museum gab sich auch durch die Neubegründung von Pflegschaften in einer Reihe von Städten zu erkennen. Im Jahre 1896 wurden solche errichtet in Aljey, Annweiler, Buchloe, Döbeln, Dürkheim, Franken thal, Frankfurt a. d. O., Friedenau (b. Berlin), Kreuzburg O. -Schles., Lauingen, Meerane, Mosebach (Baden), Neustadt a. d. Haardt, Pirmasens, Treuchtlingen, Tuttlingen und Werdau.
Ebenso hat sich die Zahl der Vereine und Anstalten, welche jähr⸗ liche Beiträge entrichten, vermehrt.
Infslge des obenerwähnten großartigen Besuchs der Samm⸗ lungen im Jahre 1896 sind auch die Eintrittsgelder bedeutend 8 und haben die höchste Jahreseinnahme seit dem Bestehen des
useums ergeben, obgleich die Zahl der Tage mit freiem Eintritt in die Sammlungen verdoppelt worden war.
Für das Deutsche Handels museum hat die Handelskammer Worms 12 4 Jahresbeitrag gezeichnet, wäbrend die Handels, und ,. Reutlingen den ihrigen von 20 M auf 30 M er⸗ öht ha
Die Fortschritte, welche das historisch⸗pharmazeutische Museum im letzten Jahre machen konnte, haben demselben manchen neuen Freund, manche erfreuliche Gabe zugeführt. Größere Jahres⸗ beiträge gewährten: das Apotbekergremium von Oberfranken 30 A; das Apothekergremium von Unterfranken und Aschaffenburg 50 A; der Keeisverein Mecklenburg des deutschen Apothekervereins 20 A Dazu kamen zahlreiche Jahres., und einmalige Beiträge von Einzel⸗ personen.
Ueber Bauten wird Folgendes berichtet: Im Laufe des Jahres wurden zwei Räume neben dem pharmazeutischen Laboratorium er⸗ richtet, in welchen die im Jahre 1895 erworbene Einrichtung der Material⸗ und Kräuterkammer der Stern. Apotheke in Nürnberg ihre Aufstellung fand. Ein an das Museum Areal stoßendes Haus an der oberen Grasersgasse wurde angekauft und in demselben eine Wohnung für den Hausmeister des Museums eingerichtet. Die freigewordenen Räumlichkeiten der bisberigen Hausmelfterwohnung sollen nunmehr für Sammlungszwecke umgestaltet werden. Ferner wurden zwei Häuser an der Frauenthormauer erworben, um die Ausführung eines gröheren Neubaues westlich vom Augustinerbau zu ermöglichen, welcher im Laufe des Sommers 1897 in Angriff genommen werden soll.
Wie in den Vorjahren hat das Direktorium der Umgestaltung und Vervollständigung der Sammlungen ein besonderes Augenmerk zugewendet. Die bedeutendste Bereicherung hat das historisch-Jbarma—= zeutische Museum erfahren. Die Erwerbung der Einrichtung der Material- und Kräuterkammer sowie der Apparate des Laboratoriums der Stern-Apotheke in Nürnberg aus der Frühzeit des 18. Jahr⸗ hunderts fällt zwar schon in den Spätherbst des Jahres 1855, zur Aufstellung kamen diese Gegenstände aber erst im vorigen Jahre, nachdem zwei neue Räume erbaut waren. In dem unteren Raume wurde die Materialkammer, in dem darüberliegenden die Kräuterkammer ein— gerichtet, beide in möglichst engem Anschluß an ihre frühere Gestalt. Auch die Einrichtung des Laboratoriums wurde durch die neuen Er werbungen wesentlich vervollständigt. — Eine zweite Abtheilung der Sammlungen, das Kupferstichkabinet, erhielt durch den Ankauf einer Sammlung von Lithographien aus dem Besitze des verstorbenen Pro- fessors Weishaupt in München eine namhafte Bereicherung. Der Werth dieser Sammlung besteht in ihrer großen Reichhaltigkeit an lithographischen Inkunabeln — Drucken aus den ersten 25 Jahren der Lithographie — von welchen sie über tausend Blatter enthält. Der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gehört ein sehr schönes deutsches Niello an, das Maria als Himmelskönigin in einer Strahlen- glorig darstellt, welche umgeben ist von Wolkenmedaillons mit den Brustbildern der Apostel, und aus dem Nachlasse des langjährigen Pflegers, Kreisgerichts- Raths Kuchenbuch in Müncheberg in der Mark erworben wurde. Unter den mancherlei Stichen und Holischnitten des 15. bis 18. Jahrhunderts, die erworben werden konnten, ist auch eine reichhaltige Serie von Ornamentstichen zu nennen, in der nament⸗ lich die Hopfer, der Monogrammist J. B. Wechter, Ebelmann, Guckeisen, Kasemann, Cammermayer, Unteutsch u. A. vertreten sind. Dann konnten auch noch einige interessante ältere Handzeichnungen angekauft werden. — Der Ausbildung der reichhaltigen Sammlung von Flugblättern ward besondere Aufmerksamkeit zu theil. An der Spitze dieser Zugänge stehen einige seltene Blätter des 15. Jahr hunderts. Die Bemühungen nach dieser Richtung fanden wiederum eine sehr erfreuliche Unterstützung durch den Senior des Berwaltungs⸗ ausschusses, Geheimen Rath, Professor Dr. J. von Hefner⸗Alteneck in München, der aus seiner weitbekannten kostbaren Sammlung eine Anzahl werthvoller Flugblätter in höchst dankenswerther Weise zum Geschenk machte. Von den weiteren Geschenken desselben ragt noch hervor eine Sammlung von sechsundvierzig reich verzierten Initialen in Holzschnitt, welche vordem Peter Flötner zugeschrieben wurden, nunmehr aber als Arbeiten des Rechenmeisters Paulus Franck nach⸗ gewiesen sind. — Die Erben des verunglückten Geheimen Raths Siegel in Freiburg i. B. überließen dem Museum eine Sammlung von Lithographien, Kupferstichen 2c. welche namentlich den Abthei⸗ lungen der Porträts und der Stadtpläne und Prospekte sehr will⸗ kommene Ergänzungen brachte. — Die moderne Kunst repräsentieren eine Reihe von Radierungen von Max Klinger u. A. — Die Ab⸗ theilung der römischen Alterthümer wurde um drei Stücke von Palissaden vom Limes, Geschenk des Pflegers Dr. Eidam in Gunzen⸗ hausen, und um einige interessante, in den Rheinlanden gefundene Gläser bereichert; die der frübchristlichen Denkmäler um einen reich⸗ haltigen Grabfund aus karolingischer Zeit, welcher bei Brunnen, O. A. Laupheim in Württemberg, gemacht wurde. — Zu der reich⸗ haltigen Sammlung von Oefen kam ein gelbglasierter Thonofen aus Schnaittach bei Hersbruck, eine vortreffliche Arbeit aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. — Von den Zugängen zur Sammlung plastischer Denkmäler werden genannt: ein Reliquiar in Form einer Büste aus dem Ende des 14. oder dem Beginn des 15. Jahrhunderts; eine Johannisschüssel, das Haupt Johannis des Täufers auf einer Schüffel, Hol;skulptur aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Maria mit dem Kinde und zwei Relieffiguren S. Sebastian und S. Rochus; eine lebensgroße Statue Kaiser Karl's VII. 8, einige Grabsteine aus dem 17. Jahrhundert; ein Abguß des Grab⸗ steines des Johann von Falkenstein aus der Abteikirche zu Arnsburg in der Wetterau, 15. Jahrhundert (Geschenk des Grafen Friedrich von Solms-Laubach), der Grundstein der Dominikanerkirche in Straß burg (Geschenk des Architekten E. Salomon in Straßburg). Ferner wurde die Sammlung der Gipsabgüsse vermehrt durch vier Re⸗ liefs von einem Altar des Meisters Arnold 14183 1483 in der Stiftskirche zu Calcar und durch Abgüsse von Schilden, Helmen und anderen Theilen von den Prachtrüstungen Karl's T. und Philipp's II. in der Armeria Real zu Madrid. Die Abgüsse dieser berrlichen Meisterwerke deutscher Waffenschmiedekunst wurden auf Kosten der von Seiner Majestät dem Kaiser Franz Joseph von Oesterreich begrün⸗ deten Habsburger Stiftung erworben. Zu der Abtheilung der kleinen Plastik kam ein Wachsmedaillon mit einer Darstellung der Judith mit dem Haupte des Holofernes, eine sehr sorgfältige Arbeit aus dem 16. Jahrhundert. — Die Sammlung der Medaillen und Münzen er⸗ hielt durch Schenkungen und Ankäufe eine erfreuliche Vermehrung. — Der Sammlung wissenschaftlicher Instrumente schenkte Herr Dr. Füchtbauer, Rektor der Industrieschule in Nürnberg, ein Astrolabium vom Jahre 16574, das früher im Besitze M. Ohm's gewesen war. Eine Sonnenuhr mit verstellbarem Aequinoctiale für verschiedene Polhöhen wurde gekauft.
Die bedeutendste Erwerbung, welche das Museum im Laufe des Jahres 1896 machte, kam der Sammlung kirchlicher Ge⸗ räthe zu gute. Es ist ein silbernes Religuiar in Form einer Büste, den heiligen Zeno, den Schutzpatron der Stiftskirche zu Isen in Ober⸗ bayern darstellend: eine ungewöhnlich schöne Arbeit (wahrscheinlich eines Augsburger Meisters5 vom Jahre 1475. Ein romanisches Kruzifix auf reich ornamentiertem Fuß und ein Meßkelch aus dem 13. Jahrhundert von Th. Lenz aus Augsburg wurden gekauft. Herr Fabrikbesßer Ph. Krafft in Nürnberg schenkte einen Hausaltar vom Jahre 1715. — Nicht schön, aber kulturgeschichtlich merkwürdig ift eine Sammlung von Leibzeichen, ein Depot der Stadt Scheinfeld, mit welcher die Denkmäler des Staats, und Rechtslebens eine werthvolle Bereicherung erbielten. Leibzeichen sind Körpertheile, meist Finger, oder Gewandstäcke von Ermordeten, welche zur Einleitung der Ber⸗ folgung des Mörders von Gerichtspersonen dem Ermordeten abge⸗ nommen und beim Gericht verwahrt wurden. — Von den Zugängen der Waffensammlung sind an erster Stelle zu nennen zwei große Setzschilde aus dem 15. Jahrhundert, ein Depot der Stadt Erfurt. Gekauft wurden: der Schoß eines Rockes, wie solche im 14. Jahrhundert unter den Kettenpanzern getragen wurden, eine Radschloßbüchse mit reich ge⸗ schnittenem Lu und eingelegtem Schaft und eine Steinschloßpistole