1897 / 62 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

nelle Leistungsfähigkeit maßgebend ist. Aber ich muß zu—⸗ gestehen, bei Beurtheilung der Frage: inwieweit ist eine Fabrik maschinell leistungsfähig, wird immerhin ein gewisser Spielraum für das subjektive Ermessen übrig bleiben.

Abg. von Kardorff (Rp.): Wir haben schon bei der Branntweinstener schlimme Erfahrungen gemacht, und ich bedaure, daß nicht damals schon mein Antrag angenommen worden sst, landwirth⸗ schaftliche Sachverständige in die Kommissionen zu schicken, welche die Kontingentierun vornehmen. Es wurde damals gesagt, daß dadurch die Interessenten die Sache zu entscheiden hätten. Das wärde aber nicht der Fall gewesen fein. Jedenfalls würden die Be⸗ schwerden, welche jetzt laut werden, nicht vorkommen. Es sind Fälle vorhanden, daß eine Fabrik, welche ganz geringe Aenderungen vor. . hat, ein größeres Kontingent bekommen hat, natuͤrlich auf

osten anderer Fabriken. Dazu kommt, daß die Kontingentierung in den einzelnen Staaten nach ganz verschledenen Grundsäͤtzen bemessen ist. In Mecklenburg soll man 3. B. sehr . verfahren sein. Ich behalte mir vor, in der nächsten Sesston auf diese Dinge zurück, zukommen und vielleicht einen Antrag zu stellen, wenn der Bundesrath nicht inzwischen Abhilfe geschaffen hat.

Abg. von Staudy (d. kon); Ich schließe mich den Aus— führungen der Vorredner an. Es sind so viele Beschwerden vor—⸗ gekommen, daß die Sache nicht besser werden wird, als bis ein Verwaltungsgerichtshof in diesen Fragen entschieden hat.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich gestatte mir zunächst, auf die Ausfüh⸗ rungen des Herrn Abg. von Staudy zu antworten, daß ich ihm darin ohne weiteres Recht geben kann: Jeder, der den Bau von Zuckerfabriken kennt, muß wissen, daß fortgesetzt Fabriken gebaut werden, die zunächst in ihrer maschinellen Leistungsfähigkeit größer sind, als das ihnen zur Verfügung stehende Rübenquantum erfordert. Sie rechnen darauf, daß mit der Zeit die Rübenkultur in der Nähe der Fabriken zunehmen wird, und sie ein größeres Quantum geliefert bekommen werden. Wenn eine solche Fabrik also mit einer größeren Leistungsfähigkeit errichtet wird, als das Quantum Rüben erfordert, welches sie schon im nächsten Jahre verarbeiten kann, so ist sie trotzdem durchaus berechtigt, nach ihrer Leistungsfähigkeit auf Grund des Gesetzes eingeschätzt zu werden. Bekommt dann eine Fabrik nicht das Quantum Rüben, welches sie für die Beschäftigung ihrer Maschinen braucht, so hat sie sich eben verspekuliert und muß den Schaden tragen.

Der Fall aber, den ich hier im Auge gehabt habe, ist ein anderer: er richtet sich gegen die Behauptung, welche auch in der Kom⸗ mission geltend gemacht wurde, als ob es möglich wäre, daß Fabriken nur deshalb eine besonders große maschinelle Anlage herstellten, um sofort ein größeres Kontingent zu bekommen. Das wäre eine vollkommen verfehlte Spekulation. Die berechtigte Spekulation kann immer nur dahin gehen, daß die maschinelle Anlage dem zukünftig thatsächlich zu liefernden Rübenquantum bei Anlage der Fabrik vorgreift.

Meine Herren, auf die Frage des Verwaltungsgerichtshofes will ich nicht näher eingehen. Es wäre ein Novum in unserer ganzen staatsrechtlichen Organisation, und ich glaube, es würde zu weit führen, diese Frage hier zu vertiefen. Ich möchte mir nur gestatten, darauf hinzuweisen, daß im 5§z 73 des Zuckersteuergesetzes ausdrücklich ge⸗ sagt ist:

„Ist eine Fabrik nicht während des ganzen im 52 bezeichneten Zeitraums im Betrieb gewesen, so wird unter Anhörung von Sachverständigen ermittelt, in welchem Verhältniß ihre tech— nische Leistungsfähigkeit u. s. w. zur Leistungsfähigkeit anderer Fabriken steht.“

Es ist also meines Erachtens durch diese Bestimmung garnicht ausgeschlossen, daß man bei Ermittelung dieser technischen Leistungs⸗ fähigkeit unter Umständen auch landwirthschaftliche Sachverständige zuzieht.

Was ferner die Exemplifikation auf das Branntweinsteuergesetz betrifft, so ist ja auch dort die Anhörung von Sachverständigen vor—⸗ gesehen. Sie ist bezeichnet in dem 52 des Gesetzes. Nachdem dort gesagt ist, welche Fabriken der Kontingentierung unterliegen, heißt es ausdrücklich:

„für die bezeichneten Brennereien ist nach dem Umfang ihrer Betriebseinrichtungen unter Berücksichtigung des beackerten oder sonst landwirthschaftlich benutzten Areals und der gesammten wirth⸗ schaftlichen Verhältnisse sowie des Betriebsumfangs anderer am Kontingent betheiligter Brennereien nach Anhörung zweier Sachverständiger der Brennerei-Berufsgenossenschaft diejenige Alkoholmenge zu ermitteln, deren jährliche Herstellung als angemessen zu erachten ist“.

Nur bei der ersten Kontingentierung der Branntweinsteuer waren Sachverständige nicht zu hören! Jetzt aber findet die Zu— ziehung von Sachverständigen immer statt.

Abg. Dr. Paasche (nl): Es ist darüber Klage geführt worden, daß dem Wortlaut des Gesetzes zuwider Fabriken nach ihrer Leistungs⸗ re wren neu eingeschätzt sind, die nicht einen vollständigen Umbau er— ahren haben. Daß neue nn. sich sehr groß einrichten, um ein recht großes Kontingent zu bekommen, kommt häufiger vor, als man annimmt. Das neue Zuckersteuergesetz hat infolge einzelner Be— stimmungen den Zweck nicht erreicht, den es erreichen sollte. Das ist eine Freude für die Herren von der Linken, aber der Vorwurf trifft nicht mich. Vie Absicht des Gesetzes ging auf Einschränkung der Ueber⸗ produktion. Von der Linken wurde gesagt: Warum soll man der Pro— duktion Fesseln anlegen? Und: es würden unter Zustimmung der Linken Aenderungen beschlossen, z. B. daß das Kontingent festgestellt werden solle nach dem Durchschnitt der letzten Jahre, unter Weg— lassung der größten und der niedrigsten Produktion. Diese Be— stimmung zwingt geradezu zu einer Ausdehnung der Produktion. Zuruf: Berichterstatter) Ich spreche nicht als Berichterstatter, sondern als Abgeordneter. Die von mir bemängelte Bestimmung muß beseitigt werden; sie ist durch die Zustimmung der Linken in das Gesetz hineingebracht worden. Ferner wünschen die Interessenten, daß die Ueberschüsse des Kontingents, soweit einzelne Fabriken ihr H. nicht erfüllen können, auf die anderen vertheilt werden.

Abg. Rösicke (b. k. F): Die Herren von der Rechten sind mit ihren Wünschen recht bescheiden; sie haben sich nur über die Art der Ausführung des Gesetzes tadelnd ausgesprochen. Herr von Staudy hat sich außerhalb des Hauses nicht so zurückhaltend geäußert, sondern in der Versammlung der Steuer- und Wirthschaftsreformer den An— trag gestellt: da das . seinen Zweck verfehlt habe, zur Material- steuer zurückzukehren. err Paasche verleugnet das Kind, welches er in die Welt gesetzt hat, weil er es anders gewünscht hätte. Aber wir halten ihn fest, er muß uns dafür aufkommen. Wäre Herr Paasche dem Schatzsekretär nicht zu Hilfe gekommen, so wäre die Vorlage vielleicht garnicht gemacht worden. Daß neue Ein schränkungen der Zuckerproduktion nicht erreicht werden würden, haben wir dem Herrn a . immer vorausgesagt. Die von Herrn

Paasche vorgeschlagene Abänderung macht das Gesetz aber noch nicht zu einem guten. Die Preise ind gesunken und die Produktion

ist gestiegen, sodaß t 6 Millionen Doppelzentner Zucker lagern. Wir 2 doch 23 wer daran schuld ist: das ist die rechte Seite des Hauses unter Führung des Herrn Paasche. Ich erinnere besonders meinen anhaltischen Spezialkollegen Professor Friedberg daran, der mir den Vorwurf machte, daß ich die Interessen der Zuckerindustrie nicht richtig verträte. Das einzige Mittel zur Abhiffe ist die c ba ffn der Ausfuhrprämien. Hat die 2 nach dieser Richtung hin irgend welche Schritte gethan? Sind irgen welche Schritte zur Einleitung weiterer Verhandlungen erfolgt?

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Der Abg. Roesicke hat zunächst gesagt, es seien mir von einzelnen Rednern Vorwürfe gemacht worden wegen der Ausführung des Gesetzes. Ich kann das als zutreffend nicht an— erkennen. Ein Vorwurf könnte mich nur treffen, wenn sich die Kritik richtete gegen die Fassung der Vorschriften, betreffend die Kon⸗ tingentierung der Zuckerfabriken. Das ist nicht der Fall gewesen, sondern die Ausführungen des Herrn Vorredners haben sich gegen die Ausführung der Kontingentierungsvorschriften gerichtet. Sie haben gesucht, nachzuweisen, daß die Kontingentierungsvorschriften inkorrekt ausgeführt seien. Dafür, meine Herren, ist niemand in der Reichs⸗ verwaltung verantwortlich; das ist Sache der Einzelregierungen, und Sie können sich auch nur an die Einzelregierungen wenden, wenn die Vorschriften nicht korrekt durchgeführt sind.

Auf die Frage ferner bezüglich der Verhandlungen über die Ab— schaffung der Zuckerprämie kann ich dem Herrn Abg. Roesicke versichern, daß es nicht nothwendig ist, neue Verhandlungen anzuknüpfen. Die Verhandlungen schweben noch gegenwärtig, und es ist immer- hin ein erfreuliches Symptom, wenn in den Entwurf des neuesten französischen Zuckersteuergesetzes eine Bestimmung auf⸗ genommen ist, ganz ähnlich wie in unserem Zuckergesetz, dahin gehend, daß die Regierung bevollmächtigt wird, unter gewissen Voraussetzungen auch in Frankreich die Prämien abzu⸗ schaffen. Die Frage ist nur die, ob man in Frankreich geneigt sein wird, nur die neu einzuführenden direkten Prämien oder auch die indirekten Prämien abzuschaffen. Den verbündeten Regierungen kann es nur durchaus recht sein, wenn sich die Ueber⸗ zeugung immer mehr Bahn bricht, daß die Gesundung der Zuckerindustrie in ganz Europa allein darin liegt, daß die Prämien glatt abgeschafft werden. (Sehr gut! links) Ob sie abgeschafft werden, kann nur eine Frage der Zeit sein. Zweifelhaft bleibt aber, ob wir in der Lage sind, gemeinschaftlich mit einzelnen Staaten die Prämien abzuschaffen, oder ob wir verlangen müssen, daß sämmtliche großen zuckererzeugenden Staaten die Prämien abschaffen. Das Ziel dessen können sich die Herren ver—⸗ sichert halten wird nach wie vor energisch verfolgt. Kommen wir zur Abschaffung der Prämien, dann werden wir auch im stande sein, die Summen, die bisher zu Prämien verwendet sind, zu einer Er— mäßigung der Steuer zu verwenden.

Abg. von Staudy: Ich habe in der Versammlung der Steuer und Wirthschaftsreformer nur denselben Standpunkt vertreten, den ich hier seit Jahren vertreten habe. Da ein Antrag an den Reichs kanzler gerichtet worden ist, so lag für mich kein Ink vor, darauf einzugehen. Ich habe kein Redebedürfniß. Das Gesetz verleitet zur Ausdehnung der Produktion. Die Kontingentierung kann dabei nicht helfen, weil sie sich auf Deutschland allein beschränkt. Daß das Gesetz etwas verändert ist, schließt nicht aus, daß diejenigen, die das Gesetz mit gemacht haben, alle Schuld daran fragen. Im vorigen Jahre hatte ich der Beseitigung aller Prämien zugestimmt, aber jetzt können wir nicht mehr einseitig vorgehen; jetzt muß die Aufhebung international herbeigeführt werden.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Herr Paasche verwendet doch gan untaugliche Mittel, um die Henne nl von sich n, Er meint, die Linke, und nicht die Mehrheit des Haufes treffe die Schuld. Wir haben jedenfalls gegen die betreffenden Bestim⸗ mungen gestimmt. Die Schuld tragen diejenigen, welche das Gefetz eingebracht und schließlich angenommen haben: das waren Herr Paasche und seine Freunde, Daß dieses 95 zur Ausdehnung der . reizen müsse, haben wir mehrfach ausgeführt. Das Gesetz at die Steuerzahler und die Zuckerproduzenten geschädigt. Bedanken lännen sich nur die Konsumenten des Auslandes fuͤr das Gesetz. Wenn ich absehe vom Börsengesetz, welches vielleicht noch schlechter ist, so ist das Zuckersteuergesetz das schlechteste Gesetz, und dafür ift Herr Paasche verantwortlich.

Abg. Dr. Graf zu Stolberg: Wernigerode (d. kons): Wenn man Herrn Paasche verantworklich macht, so thut man ihm Unrecht; denn in der Kommission wurde das Gefetz vollständig um- arbeitet, da die Vorlage für uns unannehmbar war. Das Gefetz ist schließlich hervorgegangen aus einem Kompromiß des Ostens mit dem Westen. Der letztere ist immer noch bevorzugt, denn die Fabriken des Westens haben ein größeres Kontingent, und die Be— triebssteuer trifft hauptsächlich den Osten. Allen Versuchen, die beweg⸗ liche Kontingentierung wieder zu beseitigen, werden diejenigen, die auf meinem Standpunkt stehen, entgegentreten. Wir müͤssen erft ein paar Jahre abwarten. ;

Abg. Dr. Paasche Es fällt mir nicht ein, die Verantwortung dafür abzulehnen, daß ein Gesetz ähnlich dem zu stande gekommenen, hier beantragt worden ist. Wenn gesagt wurde, ich wollte das Kind verleugnen, weil es nicht so gerathen ist, wie ich es beabsichtigt hatte, o. muß ich sagen; Es war nicht bloß ein Vater, fondern viele Väter, die sich mit dem Kinde beschäftigten. Ich habe für meine Ansichten gekämpft. Ich habe keine Interessen an der Zuckerinduftrie. Sie (links) scheinen es nicht zu verstehen, daß man aus Ueberzeugung für eine gute Sache eintreten kann. Gegen meinen Willen ist auf Antrag des Abg. Meyer Danzig die bedenkliche Vorschrift in das Gesetz hineingekommen. (Zuruf: Abstimmungh Ich weiß nicht, wie ich 66. habe. Ich habe wahrscheinlich schließlich Ja gesagt. Sie links) werden die Früchte der Mißstimmung der Zuckerinteressenlen jedenfalls nicht ernten; denn die Herren wissen ganz genau, wer ihre Interessen vertreten hat.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Gra Posadowsky⸗Wehner: ‚. J .

Welchen thatsächlichen Werth diese postume Debatte über die Zuckersteuer haben soll, ist mir bis jetzt nicht ganz klar geworden, weil gar kein Abänderungsantrag vorliegt, sondern nur Kritik geübt wird. Ich gebe mich auch der Hoffnung nicht hin, daß es einem Staat in der Welt gelingen wird, die Zuckerinteressenten voll zu be⸗ friedigen. (Sehr richtig!)

Denn die Zuckerinteressenten sind in der ganzen Welt unzu⸗ frieden und zwar unter den verschiedensten Gesetzgebungen, auch in Frankreich, wo ihnen die denkbar höchsten Zuckerprämien zugefũhrt werden, nach dem neuen Gesetzentwurf bis zu 50 oυάο des Werthes des Zuckers. Ich gebe mich auch nicht der Hoffnung hin, daß man diejenigen befriedigen wird, die überhaupt jedes Eingreifen in die wirthschaftliche Entwickelung verurtheilen. Aber es sind hier Bemer— kungen gemacht worden, die ich im Interesse der verbündeten Regie⸗ rungen nicht unbeachtet vorbeigehen lassen kann. Herr von Staudy hat gesagt, er verwerfe die Kontingentierung und würde schlimmstenfalls noch immer vor dem jetzigen Gesetze vor⸗

gezogen haben die glatte, einseitige Abschaffung aller Zuder.

prãmien (Zuruf rechts5 ich komme darauf noch, von

Staudy —, er könne aber jetzt einen solchen Vorschlag nicht mehr machen, weil andere Staaten inzwischen ihre Prämien erhöhten.

bin in der glücklichen Lage, Herrn von Staudy nachwelsen ju konnen

daß er heute noch in der selben Lage ist in Bezug auf die glatte Abschaf fung der Prämien, wie bei Erlaß dez Zuckersteuergesetzes. Denn in Frankreich ist bis heute der neue Zuckersteuergesetzen twurf noch nicht Gesetz geworden, der franz õsische Senat hat seine Genehmigung hierzu noch nicht ertheilt, und in DOesterreich ist die Erhöhung der Prämien nur auf e in Jahr er. folgt, und Oesterreich überlegt sich jezt, ob es dieses Gesetz wieder, holen soll. Herr von Staudy würde also heute noch voll. kommen in der Lage sein, einen Antrag im hohen Hause einzubringen auf glatte und sofortige Auf. hebung der Zuckerprämien. Erhält ein solcher Antrag die Majorität des hohen Hauses, dann kann man sich ja über' legen, ob man darauf eingeht, um den fortgesetzten Klagen ein Ende zu machen; die Kontingentierung wird dann selbstverstãndlich beseitigt. Es lag mir daran, den Nachweis zu führen, daß wer diese Absicht hat, auch heute noch in der Lage wäre, dieselbe aug. zuführen.

Ich muß es auch für einen eigenthümlichen Widerspruch halten, daß gerade von denjenigen Seiten, welche damals je de Beschrän— kung des Anbaues von Rüben perhorreszierten, weil, wie sie sagten, diese Kultur der einzige Hoffnungsanker für weite Kreise des land= wirthschaftlichen Gewerbes sei, jetzt über Ueberproduktion ge⸗ klagt wird. Einen Weg kann man nur gehen: entweder man muß die Produktion sich reichlich ausbreiten lassen, und dann wird man allerdings auch in Kauf nehmen müssen, daß mit der Ver. stärkung der Produktion sinkende Preise verbunden sind, od er man muß die Produktion sehr energisch beschränken, etwa so energisch, wie die verbündeten Regierungen im Entwurf vorgeschlagen baben; dann muß man ferner auch in Kauf nehmen, daß neue Fabriken in dem bisherigen Tempo nicht gebaut werden können, und daß der Zuckerrübenbau überhaupt sich nicht so weiter ausdehnen kann, wie das jetzt der Fall ist. Aber es kann doch auch ein wirthschaftlicher Standpunkt eingenommen werden, daß man sagt: es ist viellescht im Interesse der Landwirthschaft besser, Massen zu bauen, aber dafür auch einen geringeren Preis zu nehmen.

Der Herr Abg. Roesicke hat gesagt, andere Staaten wären diesen Weg nicht gegangen, sie hätten mit der Prämienerhöhung eine Kontingentierung nicht verbunden. Das ist ein Irrthum: in Oester— reich ist zwar nicht das Quantum kontingentiert, welches prämiiert wird, aber die Summe, welche zur Prämiierung verwendet wird; das ist eine viel schärfere und für die Zuckerindustrie viel lästigere Kontingentierung, als wir sie in Deutschland haben.

Schließlich hat man in der Presse und auch heute versucht, die sinkenden Preise mit dem Zuckersteuergesetz in Verbindung zu bringen. Ich bestreite auf das allerentschiedenste, daß die sinkenden Zuckerpreise

in irgend welchem Zusammenhang mit dem deutschen Zuckersteuergesetz

stehen. Im Gegentheil, die Grundlage unserer Ausführungen in

den Motiven des Zuckersteuergesetzes und bei der Vertheidigung

in der Kommission und im hohen Hause war die, daß die Ver— hältnisse des gesammten Zuckermarkts darauf hinwirkten, daß er dürch die Ueberproduktion überschwemmt und gedrückt werden müßte. Wir haben die Ueberproduktion in Oesterreich, wir haben sie in Rußland, wir haben sie in Schweden, einem Lande, wohin wir bisher einen sehr erheblichen Export hatten und wohin wir jetzt fast jeden Export verloren haben. Weil die verbündeten Regierungen sich sagten, die Preise müssen sinken, die hohen Preise können nicht bleiben, haben wir Ihnen auf Anregung des hohen Hauses dieses Gesetz mit der Kontingentierung und einer erhöhten Prämie vorgeschlagen, um so noch einigermaßen das Zuckergewerbe als ein. gewinnbringendes zu erhalten. Wären die verbündeten Regierungen von der Ansicht ausgegangen, daß die höheren Preise bestehen bleiben würden, die vor Erlaß des Gesetzes bestanden, dann wäre es uns nicht eingefallen, Ihnen ein neues Zuckersteuergesetz zu bringen. Es wäre doch auch wirklich eine Thorheit gewesen, wenn man hätte annehmen können, die Zuckerpreise würden auf 24 oder 25 Æ bleiben, dann ein neues Zuckersteuergesetz einzubringen.

Meine Herren, es würde mich das zu weit führen, ich könnte Ihnen aber den Nachweis erbringen, wie an die Verhandlungen, welche wir vor Erlaß des Zackersteuergesetzes gehabt haben, und an die einzelnen Phasen der Entwickelung des Gesetzes sich die Spekulation geradezu angeschlossen hat und wie, sobald die Vorlage Gesetzeskraft erlangt hatte, sofort die Preise wieder fielen, weil die Hoffnungen, welche sich die Spekulation auf die Gestaltung des Gesetzes gemacht hatte, nicht ganz erfüllt wurden. Ich gestatte mir, Ihnen einen, ich glaube, unparteiischen Zeugen dafür anzuführen, daß das Zuckersteuergesetz in keinem Zusammenhang mit den sinkenden Preisen steht. In dem Bericht der Hamburger Handelskammer für das Jahr 1896 heißt es von dem Zuckersteuergesetz:

Vielmehr trat gleich nach seinem Erlaß ein starker Preis rückgang ein, der freilich nicht ihm, sondern dem durch das Gesetz nur hinausgeschobenen Zusammenbruch der umfangreichen Spekulation zuzuschreiben ist, die sich theils auf Grund der cubanischen Verhältnisse, theils auf Grund der an das Gesetz geknüpften Hoffnungen entwickelt hatte.

Hört, hört!

Vielfach wird jedoch dem Gesetz die Schuld beigemessen, sodaß bei der Industrie auch das Vertrauen in seine künftige Wirkung erschũttert erscheint.“

Meine Herren, es scheint mir in der That ein großer Fehler zu sein, daß jetzt das Gesetz von Freunden der Zuckerindustrie fortgesetzt einer derartigen abfälligen Kritik unterzozen wird, weil wir nicht die hohen Preise haben, die für die Herren erwünscht wären und die sie viel— leicht irrthümlicher Weise erhofft haben. Ich habe bei der Ver— theidigung des Gesetzes ausgeführt: wir können froh sein, wenn wir mit Hilfe der Prämie Preise haben, die einigermaßen die Zucker= industrie existenzfähig erhalten; und daß die Ansichten über dat, was für die Zuckerindustrie nothwendig ist zu ihrer Existenz, sehr ver⸗ schieden sind, ersehen Sie doch daraus, daß fortgesetzt neue Fabriken gegründet werden. Es muß doch in weiten Kreisen die Ansicht herrschen, daß bei den gegenwärtigen Preisen die Zuckerfabrikation noch einigen Gewinn abwirft. Ich habe hier auch noch einen englischen Bericht über den Zuckermarkt des Jahres 1895 vor mit. Dort wird ebenso wie in dem Bericht der Hamburger Handelkẽ⸗

uptet, daß nicht das deutsche Zuckergesez an dem en der Zuckerpreise schuld ist, sondern die ungeheure Speku⸗ tion, die sich vorber entwickelt hatte, zum theil itzt auf falsches Kalkül über die Einwirkungen der , Verhältnisse, daß diese Spekulation die Hausse 2 t mehr halten konnte und schließlich naturgemäß zusammenbrach. n e bessen sind jetzt wieder die Zuckerpreise eingetreten, die ö wirklichen Produktion entsprechen. Wer höhere Zuckerpreise will, der kann nur den einen Weg gehen, noch schwerere gesetz liche ginschrãn kung der Produktion; wer aber der Ansicht ist: die Produktion dürfen wir nicht zu sehr einschrãnken, Landestheile, die sich davon Gewinn versprechen, können wir nicht iwingen, ihre Zucerproduktion einzuschränken oder die Zuckerproduktion bei sich neu imnjufũhren, der muß sich auch gefallen lassen, daß er mit niedrigeren pressen vorlieb nebmen muß, Abg. Dr. Barth; Daß an eine solche Gesetzgebung sich Speku⸗ lationen knüpfen, ist richtig; die Spekulation, die gleichzeitig in allen statifand, mußte zur Ausdehnung der Produktion drangen und

Lindern ; 1g. . am, Sinken der Preise herbeiführen. Der Regierung muß

dadurch ein ö

urf gemacht werden, daß sie diese naturgemäße Wirkung ,. at. Diejenigen, welche die speziellen Interessen der . vertreten wollten, h auf einen falschen Weg ge⸗—

aben ihre Schützlinge geschädigt. nah end 2. 62 3 meiner Ansicht vertritt der⸗

jenige die allgemeine Interessen, der die Erhaltung der so wichtigen end usttie sichert. So lange eine so horrende Konsumsteuer auf dem Jucker liegt, ist auch eine Exportprämie nothwendig. Für die Lubckung der bestebenden Exportprämie habe ich mich nicht erklärt, sonder nur dahin, daß ich lieber auf jede Prämie verzichte, ehe ich as damals vorgelegte Gesetz unverändert annehmen würde. Die Er⸗ ätung der Zuckerprämie wurde vom Weltmarkt diskontiert, umsomehr, als Oesterreich und Frankreich ihre Prämien ebenfalls erbäbten. Daher mußten die Preise fallen. Daß die Landwirthe zum Fitenbau übergehen, entspringt lediglich der Verzweiflung über die niedrigen, nicht lohnenden Getreidepreise.

Die Zuckersteuer wird darauf genehmigt, ebenso ohne Debatte die Salzsteuer (45 669 900 M5).

Bezüglich der Branntweinsteuer (17 066 000 MS Maischbottichsteuer und 98717 000 6 Verbrauchsabgabe) berichtet

Abg. Dr. . che und fährt dann utter Widerspruch des Abg. Rickter fort, über die Erfindung einer Spiritus⸗Glühlichtlampe zu

snetz z dent Freiherr⸗von Buol meint, daß der Redner als Be⸗

richterstatter nicht hierauf eingehen dürfe.

Abg. Dr. Paasche nimmt darauf als Abgeordneter das Wort

und weist auf eine neu erfundene Spiritus⸗Glühlichtlampe hin, die

dollständig die Petroleumlampe ersetzen könne. Darin liege ein großer

. der k für die Landwirthschaft sei. Herr ichter scheine allerdings kein Interesse daran zu haben.

Abg. Richt er: Der Vorredner ist nur so aufgeregt, weil er laubt, ich widerspräche ihm. Ich habe ein Interesse daran und weiß 6 noch mehr. Die Spiritusindustrie verlangt neue Liebesgaben, . Petroleum Konkurrenz zu machen; dagegen muß ich mich ver⸗ wahren. Abg. von Kardorff: Es ist doch selbstverständlich, daß jede Hilfe für die Landwirthschaft beim Abg. Richter Widerspruch findet. ie liberale Presse hat allerdings von der Spirituslampe Notiz ge⸗

nommen, aber es wurde dabei bemerkt, daß der denaturierte Spiritus einen schlechten Geruch verbreitet, was durchaus nicht wahr ist. So schädigt die liberale Presse die Interessen der w rtr at. Wenn eine Lampe erfunden sein sollte, die ohne Glühstrumpf zu verwenden ist, so wäre das ein enormer Fortschritt. Abg. Pr. 6. Herr Richter 36 eben doch noch nicht, daß eine gampe erfunden ist, die ohne Glühstrumpf brennt. Deshalb habe ich die Sache vorgebracht, weil der Ingenieur Hempel sich dergeblich bemüht, ein Patent darauf zu erhalten. Da von der Ervortprämie für den dengturierten Branntwein Ueberschüsse vor⸗ handen sind, könnte man solche Dinge unterstützen.

Abg. Richter: Wir haben doch keine Ursache, für ein bestimmtes Geschäft Reklame zu machen. Ob die Lampe mit oder ohne Glüh⸗ sttumpf brennt, ist Nebensache. Ich habe mich verwahrt gegen die Begünstigung des Spiritus gegenüber dem Petroleum auf Kosten der Allgemelnheit. Spiritusbau und Kartoffelbau ist nicht dasselbe. Der Kartoffelbau wächst ohne Rücksicht auf den Spiritus wegen des Zunehmens der Bevölkerung.

Staatssekretär des Reichs-Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: ,

Neine Herren! Der Herr Referent hat darauf hingewiesen, daß von dem Fonds, der dem Betrage der Brennsteuer entfließt, noch etwas über eine Million vorhanden wäre. Das ist richtig, wir hatten im ersten Betriebsjahre im Ganzen noch eine Ersparniß von rund 1300 0 0 „, wir haben aber vom 1. November ab die Vergütung füt den Essig von 3 Æ auf 6 Æ erhöht, außerdem die Vergütung von 150 4 für den übrigen zu denaturierenden Spiritus gewähren können in der Voraussetzung, daß diese Ersparniß von 1 300 000 M. bis zum Ende der Gültigkeit des Gesetzes, also bis 1901, allmählich aufgejehrt wird. Vor der Hand kann ich also nicht in Aussicht stellen, daß diese 1 Million, die noch im Fonds ist, zu anderen Zwecken verwendet werde. Sonst müßten die übrigen Vergütungen sofort wieder ermäßigt werden. Sollte sich dagegen der Spiritus auf dem Preise erhalten, den er jetzt hat, und infolge dessen ein nennenswerther Erport nicht mehr nöthig werden, so würde sich infolge dessen auch die Summe ermäßigen, die für die Exportprämien erforderlich ist. Dann wäre die Möglichkeit gegeben, aus den Ersparnissen noch weitere Vergütungen für den denaturierten Spiritus zu gewähren.

Die Branntweinsteuer wird darauf genehmigt.

Das Haus kehrt nunmehr zurück zur ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Vorarbelten für die Errichtung einer Gedenkhalle zu Ehren der im geg 1870771 gefallenen oder schwer verwundeten

er.

Zur Einleitung erhält das Wort der

Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe-Schillings fürst:

Meine Herren! Das Gesetz, das jetzt den Gegenstand Ihrer Berathung bilden soll, betrifft die Kosten der Vorarbeiten für die Errichtung einer Gedenkhalle zu Ehren der im Kriege 1870/71 ge⸗ sallenen ober schwer verwundeten deutschen Krieger. Ich weiß wohl, daß nüchterne Auffassung und die Rücksichtuahme auf die Lage der Reichsfinanzen gegen den? Entwurf geltend gemacht werden und sich dem Vorschlage entgegenstellen, dem Vorschlage, eine größere Summe ür einen idealen Zweck zu verwenden. Es stehen sich eben hier zwei Auffassungen gegenüber: die praktische, ich möchte sagen, materielle, die von dem Grundsatz ausgeht, daß nur der Lebende Recht hat, und . es iweckmäßiger sei, wenn schon Dankbarkeit geübt werden solle, . überlebenden Kriegern Unterstützung zu gewähren, und auf er anderen Seite steht die ideale Auffassung Derer, die da n,, daß es sich gexieme, in dieser Zeit und an dem Tage, an

elchem wir das Gedächtniß des siegreichen Heldenkaisers feierlich

nner beba

begehen, auch neben Ihm und denen, die Ihm zur Seite standen diese können ja nicht vergessen werden daß es sich gezieme, auch des einfachen Mannes zu gedenken und ihn vor dem Ver—⸗ gessenwerden zu bewahren, des Soldaten, der in dem Kampfe treu und furchtlos, der Gefahr bewußt, mit der überlegene Waffen ihn bedrohten, dem Feinde entgegenging. Also auch dem einfachen Manne verdankt Deutschland, was es geworden ist.

Erinnern Sie sich doch, meine Herren, der Zeit im Sommer 1870, wie dankbar wir jenen Kämpfern und ihren Führern waren, als der Bürger und Bauer zu Hause nach mancher sorgenvollen Stunde die Gewißheit erhielt, daß unser Vaterland vor fremdem Einfall ge⸗ wahrt bleiben würde, und mit welcher Bewunderung wir auf die Männer blickten, welche die ersten Schlachten schlugen und dann in weiterem harten Kampfe den Krieg siegreich beendeten! Ihnen gebührt auch ein äußeres glänzendes Zeichen der Dankbarkeit.

Man sagt, für ihr Andenken sei schon dadurch gesorgt, daß Tafeln in den Kirchen ihrer Heimath aufgestellt sind, und daß ihre Namen auch die Kriegerdenkmäler zieren; aber ich meine, das genügt nicht, um diese Kämpfer Allen kenntlich zu machen und vor dem Vergessen zu bewahren. Wenn die Nation sie ehren will, so müssen alle ihre Namen in der Hauptstadt des Reichs einen Ehrenplatz erhalten. Jeder Deutsche, der den Namen eines seiner Angehörigen in dieser Gedenkhalle verzeichnet sieht, wird sich geehrt und zur Nacheiferung angeregt fühlen! Mir scheint, meine Herren, daß das Deutsche Reich wohl die Mittel aufwenden kann, um eine oder zwei Millionen für einen idealen Zweck, für die Bethätigung nationaler Dank barkeit zu opfern. Ich empfehle Ihnen die Annahme des Gesetz- entwurfs.

Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Die Sache bedarf einer gründlichen Prüfung, deshalb beantrage ich im Namen meiner Freunde die Ueberweisung der Vorlage an die Budgetkommission.

Abg. Singer (Soz.): Wir werden gegen die Ueberweisung an eine Kommission stimmen. Wir weisen die Vorlage a limine ab, weil wir dieser Ehrung, wie sie den Invaliden zugedacht wird, nicht zustimmen. Wir haben eine Kommissionsberathung nicht nöthig; wir bedürfen derselben nicht, um unser Urtheil zu bilden.

Die Abgg. . von Stumm (Rp.), Dr. Schneider (fr. Volksp. ), eckh (fr. Volksp., Speiser (d. Volksp.), Liebermann von Sonnenberg (Reformp.) und Graf von Oriola (nl.) verzichten auf das Wort.

Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wird die Vor⸗ lage der Budgetkommission überwiesen.

Darauf erledigt das Haus die übrigen Titel des Etats der Zölle und e, n. ssteuern, ferner den Etat der Reichsstem pelabgaben und des Bankwesens.

Der Titel von 3120000 M zur Vermehrung der Reserven von Verpflegungsmitteln soll, nach einem Antrage der . um zwei Millionen Mark verkürzt werden.

Das Haus tritt diesem Antrage bei. .

Entsprechend einem weiteren Antrage der Budgetkommission, wird zum Bau einer . vollspurigen Hauptbahn von . nach Dillingen die erste Rate von einer Million Mark ohne Debatte bewilligt.

Schluß 48 Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. (Dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Schulden⸗ tilgung, und Petitionen.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

48. Sitzung vom 12. März 1897.

Die zweite Berathung des Staatshaushalts-Etats für 1897/98 wird beim Etat der Eisenbahn verwaltung fortgesetzt, und zwar in der Debatte über die Einnahmen aus dem Güterverkehr und die dazu eingegangenen Petitionen für und gegen die Wiedereinführung der Staffeltarife für Getreide und Mühlenfabrikate.

Ueber den Beginn der Debatte ist gestern berichtet worden.

Abg. Bueck (nl. ):: Das Thomas verfahren ist zuerst von e,, westfab fes Werken eingeführt und erst viel später in das Saargebiet übertragen worden. Es ist erklärlich, daß sich jene Werke auch die inländischen Erze zu sichern gesucht hahen, deren sie aus technischen Gründen bedürfen, um Mischungen vornehmen zu können. Von einer

Subvention der Eisenindustrie durch den Staat kann bisher keine

Rede sein; den unfertigen Dortmund⸗Ems⸗Kanal kann man doch nicht als Subvention anseben. Hat denn die Landpirthschaft gar keine Schutz zölle? a. von Stumm ist nicht durchaus gegen die Er— mäßigung der Minettefracht gewesen, sondern unter der Voraussetzung eines gewissen Ausgleiches sogar dazu bereit gewesen. Was die soziale Seite der Frage betrifft, so ist es doch beachtenswerth, daß in der Cisenindustrie fast gar keine Sozialdemokratie vorhanden ist. Die hohen Dividenden der Eisenindustrie bilden den Stachel, der in dem Grafen Kanitz die Abneigung gegen diese Industrie hervorruft. Wenn die Eisenindustrie nicht so hoch die Eisenbahnen alimentierte, müßte das Getreide viel höhere Frachten zahlen. Wenn Graf Kanitz das bedenkt, so wird er sich wohl freundlicher der westlichen Industrie gegenüberstellen. ; .

Abg. Klose (Zentr.) tritt für allgemeine Wiedereinführung der Staffeltarife für die landwirthschaftlichen Produkte ein, und zwar von Osten nach Westen und von Westen nach Osten.

Abg. Schmieding (nl): Ich kann dem Grafen Kanitz über

die Kohlenpreise des Syndikats keine genaue Auskunft geben, aber ich bezweifle garnicht, daß das Syndikat auf weitere Entfernungen billiger verkauft; es ist erklärlich, daß an der Peripherie billiger ver⸗ kauft wird als im Zentrum, da die Fracht mit berücksichtigt werden muß Der Minister ist viel weitschauender . als Graf Kanitz

und hat dem Lande damit genützt, daß er sich den Bezug der west⸗ fälischen Kohle auf eine Reihe von Jahren gesichert hat. So pessimistisch wie Herr Gothein denke ich über die Rentabilität des Dortmund Ems⸗Kanals nicht. Die Dortmund Gronau ⸗Enscheder Eisenbahn arbeitete auch erst mit einer Dividende von O oso und ist schlienlich bis auf 69½ gekommen. Das Kanalnetz muß natürlich sowohl nach Osten wie nach Westen weiter ausgebaut werden. Graf Mirbach hat im vorigen Jahre im Herrenhause anerkannt, daß, wenn wir auch den Dortinund⸗Ems Kanal sperrten, doch der Rhein für den Import offen bleibt und der Kanal auch benutzt werden müßte, wenn er einmal da sei, und daß man dies nicht durch zu hohe Abgaben erschweren sollte. Graf Peirbach ist ferner allgemein für 3. billige Tarife und Erleichterungen aller Verkehrsmittel gewesen. Das ist auch unser Standpunkt. . ; Abg. Schwarze (Sentr. hält dem Grafen Kanitz gegenüber seine Behauptung aufrecht, daß eine möglichst hohe Blüthe der In dustrie die Höhe der Getreidepreise günstig . Von einem Getreide · Monopol hätte nur ein kleiner Theil der Landwirthe Vortheil. Glaube man denn, daß die übrigen Milllonen von landwirthschaft⸗ lichen Arbeitern sich durch jene abschlachten lassen würden? . Abg. Graf von Kanitz weist darauf hin, daß der rheinische Bauernverein sich entschieden habe: entweder Getreide⸗Monopol oder Antrag Kanitz. Zu einem Zwiespalt zwischen der östlichen und west⸗ lichen Landwirthschaft werde es niemals kommen, auch nicht durch die

Staffeltarife. Für die Getreidepreise sei nicht die Blüthe der In⸗ dustrie, sondern der Weltmarktpreis maßgebend; das habe Herr Rickert ja immer behauptet. (Abg. Rickert: Lassen Sie mich doch heute zufrieden) Daß in der Eisenindustrie keine Sozialdemokraten seien, sei nicht zutreffend. Die Abgeordneten in jenen Wahlkreisen behaupteten ja nur mühsam ihre Mandate gegen die Sozialdemokratie. Er habe 18588 vorausgesagt, daß der Dortmund Ems-Kanal nicht rentieren werde. Hätte man dies damals geglaubt, so wäre der Kanal nicht gebaut worden.

Abg. Ring (kons.) w Eisenbahnverwaltung die Rückgabe der Cisenbahnwaggons für Rüben nicht in derselben Reihen. folge, wie sie geliefert worden seien, sondern nur in derselben Zahl

fordern möge. .

Geheimer Regierungs⸗Rath Stieger bemerkt, daß dadurch die Kontrole erheblich erschwert werden würde.

Die Einnahmen aus dem Güterverkehr werden ge⸗ nehmigt. überwiesen.

Bei den Einnahmen für Ueberlassung von Bahnanlagen und für Leistungen zu Gunsten Dritter (19 237 350 M) bittet

Abg. von Ploetz den Minister, den Anträgen auf Anschluß— geleise namentlich in Pommern mehr entgegenzukommen, als es bisher ,. sei, und ihre Benutzung nicht durch zu hohe Gebühren zu erschweren. Die Eisenbahnverwaltung dürfe bei ihrer hohen Einnahme nicht so fiskalisch sein. .

Geheimer Regierungs Rath Stieger: Diese Frage wird von einer Kommission einer k und wohlwollenden Prufung unterzogen. . besondere Leistungen muß die Verwaltung eine Entschädigung

eanspruchen, bei der wenigstens die Selbstkosten für die Verwaltung herauskommen. Diese Selbstkosten zu ermitteln, ist allerdings sehr schwierig, deshalb ist man zu Normativbestimmungen übergegangen.

Abg. von Ploetz (kons.) hält es für zu theuer, 83. fuͤr das Heranholen eines Wagens durch eine Lokomotive 86 verlangt worden sind.

Abg. Wallbrecht (ul.) beschwert sich ebenfalls über die harten Bedingungen, die einzelnen Industriellen, z. B. Zuckerfabrikanten, bei der Anlage von Anschlüssen auferlegt worden sind. Der Fiskas habe sogar in Hannover verlangt, daß Fabriken zu im Interesse des Fiskus geänderten Anlagen beitragen sollten, von denen fie gar keinen Vortheil hatten. Man solle doch nicht so fiskalisch . das werde nur böses Blut machen.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Die Fälle, die der Herr Abg. Wallbrecht vor⸗ gebracht hat, kann ich hier einer Erörterung nicht unterziehen, da mir die thatsächlichen Verhältnisse vollständig unbekannt sind. Ich werde aber, wenn Herr Wallbrecht so freundlich ist, mir die thatsächlichen Unterlagen zu verschaffen, der Sache nachgehen. Ich bitte aber, nicht zu vergessen, daß in dem Vertrage, der mit den Anschlußwerken ab— geschlossen wird, ausdrücklich die Bestimmung enthalten ist:

Je nachdem das Bedürfniß jener Aenderungen bezw. Erweite⸗ rungen allein in den Verhältnissen des Anschlusses selbst oder allein in denen der Hauptbahn begründet ist, fallen dem Anschlußinhaber die erwachsenden Kosten ganz oder nur insoweit zur Last, als sie zu dem durch die Aenderung der Hauptbahn nothwendigen Umbau der Anschlußanlage erforderlich sind, während dieselben unter angemessener Vertheilung gemeinschaftlich getragen werden, wenn und soweit das Bedürfniß ein gemeinschaftliches ist.

Gegen den Grundsatz wird kaum, meines Erachtens, etwas einzu—⸗ wenden sein. Es handelt sich nur darum, ob dieser Grundsatz viel⸗ leicht hie und da etwas zu fiskalisch angewendet ist.

Der Titel wird genehmigt.

Bei dem Titel, Verschiedene Ein nahm en (20563900 ) beschwert sich

Abg. Bachmann (nl) über die Höhe und Verschiedenartigkeit der Lagerplatzgebühren in Husum.

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Auch hier sind mir die Fälle, die den Herrn Abgeordneten veranlaßt haben, die Sache vorzubringen, völlig un—⸗ bekannt. Ich kann nur sagen, daß aus diesem Anlaß eine Beschwerde an das Ministerium nicht gerichtet worden ist. Das wäre sicher ge⸗ schehen, wenn die Leute wirklich gegründete Ursache gehabt hätten, über das Vorgehen der Betriebs, Inspektion Husum sich zu beklagen. Die Sachlage liegt im allgemeinen so, daß vor einigen Jahren die Direktionen aufgefordert worden sind, zu prüfen, ob die Preise für die Lagerplätze noch im richtigen Verhältniß zu ihrem Werth stehen. Vielfach ist die Beobachtung gemacht worden, daß die Miethen ganz unter allem Maß niedrig im Verhältniß zum Werth der betreffenden Plätze stehen, und daß durch den Vortheil, den die Gewerbtreibenden auf diesen Lagerplätzen vor den übrigen Gewerbtreibenden der gleichen Gattung an den betreffenden Ortschaften haben, gerechtfertigte Be⸗ schwerden dieser letzteren begünstigt wurden. Ich bin selbstverständlich gern bereit, wenn mir die betreffenden Unterlagen gegeben werden, den einzelnen Fällen nachzukommen.

Der Titel wird bewilligt, ebenso der Rest der Einnahmen ohne Debatte. z.

Es folgt die Berathung der dauernden Ausgaben. Zunächst wird über die Gehälter der höheren Eisenbahnbeamten dis kutiert.

Nach dem Etat sollen von 196 Eisenbahnbau⸗ und Be⸗ triebs⸗ bezw. Maschinen⸗Inspektoren künftig 135 wegfallen mit der Maßgabe, daß beim Freiwerden jeder zweiten der für die Betriebsverwaltung vorgesehenen 24 preußischen etatsmäßigen Stellen des Ingenieurbaufachs eine der für die Neubauverwaltung vorgesehenen etatsmäßigen Stellen eingezogen wird.

Abg. Rickert (fr. Vgg.) wiederholt seinen in der Kommission

abgelehnten Antrag, die letzte Bestimmung ganz zu streichen. Abg. Böttinger (nl) beschwert sich als Techniker darüber, daß

die Eisenbahntechniker immer noch bei der , . und Besoldung er

hinter den Juristen zurückbleiben. Die Bautechaiker, führt er aus, kommen erst mit einigen 40. Jahren zur definitiven Anstellung, die Maschinentechniker ungefähr in derselben Zeit. Das ist eine Folge des früheren Andrangs zu diesen Stellen. 135 Stellen sind allerdings neu in den Etat eingestellt worden. Das ist eine dankenswerthe Ver⸗ mehrung. Die im Etat , . Einschränkung bei der Betriebs—⸗ verwaltung hebt aber diesen Vortheil ö wieder ö Die Techniker müssen ebenso behandelt werden wie die Juristen. Bei der Reorganisation ist die Zahl der Beamten erheblich eingeschränkt worden. Damals litten wir unter einer wirthschaftlichen ,, Inzwischen haben sich die Verhältnisse gebessert. Die Bauthätigkeit hat sich vermehrt, sodaß die damaligen Zahlen als ein Minimum gelten können. Ich hoffe deshalb, daß jene Stellen überhaupt nicht eingezogen werden. Die Techniker erreichen ihr Höchstgehalt erst mit dem 60. oder gar 65. Jahre. Nach der Einführung des neuen Be⸗ amtenbesoldungsgesetzes bleiben die Differenzen zwischen den Gehältern der Techniker und. Juristen bestehen. Ben Technikern muß ihre diätarische Beschäftigung bei der etatsmäßigen Anstellung angerechnet werden. Wir sind stolz auf die Leistungen unserer hervorragenden . K 31 e ist zu bes chin, daß leer n ; uslande weggeschnappt werden, wenn sie n eine ausköm , ihre Leistungen erhalten, namentlich nicht eine Kom⸗

pensation für ihre lange Wartezeit.

Die Petitionen werden der Regierung als Material

. .