1897 / 68 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Mar 1897 18:00:01 GMT) scan diff

die ganze Masse geht und das R 82 Aber

einem solchen technischen Gemenge, wie die Marineverwaltung, da müssen wir sagen: Wir sind die zur Entscheidung Berufenen und müssen nach unserer Meinung unser Urtheil fällen. Ist der Wider⸗ stand in solchen Fällen berechtigt? Dem Zentrum geht die soꝛial⸗ demokratische Bewegung noch nicht an die Nieren. trum hätte also noch viel weniger Anlaß, dem Vorurtheile und der Unkenntniß des Volkes nachzugeben. Wenn das Volk darüber aufgeklärt sein wird, dann wird von äußeren Gründen für solche Abstriche schließlich keine Rede mehr sein. Ich babe die bestimmte Hoffnung, daß man die Annahme der Anträge der Budgetkommission nicht zum Grunde einer Auflösung dieses Reichstages nimmt. Denn eine bessere Entschließung als aus diesem Reiche tage kommt in dem neuen Reichstage für die Marine auch nicht heraus. In Frankreich sind die Regierungen oft durch die Parlamente gedrängt worden zur Verbesserung ihrer Heeres einrichtungen. Die radikalen Elemente drängen auch jetzt in Frank- reich zur Verstärkung der Marine. In Deutschland sind darüber die Ansichten anders. Man findet im Auslande darin einen inneren Schaden des Reiches, daß man sich nicht verständigen kann über Dinge, über die andere Regierungen eine Verständigung gar nicht nöthig haben. Wir wissen das in Veutschland besser. Wir wissen, daß das am Zu—⸗ ftande unserer früheren Zerrissenheit liegt. Wir müssen erst in das neue Reich hineinwachsen und das Wesentliche von dem Unwesentlichen zu unterscheiden lernen. Im Kriege werden die Feinde Deutsch= lands auf eine einmüthige Nation und eine einheitliche Energie stoßen. Wir können uns die Sache vielleicht noch bis zum nächsten Winter überlegen und dann wird es uns gelingen, zu einer Verständigung zu gelangen.

Der Präsident Freiherr von Buol tbeilt mit, daß ein Antrag auf namentliche Absttimmung über Titel 15 (Kreuzer O) vom Abg. von Kardorff eingegangen ist.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Herr von Bennigsen hätte es vermeiden sollen, das Ansehen des Reichstages dadurch herabzusetzen, daß er es so darstellte, als wenn die Abstimmung erfolgt nach wechselnden Stimmungen im Lande draußen. Seitens der Mehrheitsparteien, namentlich seitens des Zentrums ist keinerlei Agitation getrieben worden; die Agitation ist getrieben worden von den Marineschwärmern und ron den sogenannten nationalen Parteien. Die Absicht der Ablehnung ist seitens des Zentrums schon vor dem Bekanntwerden der Marine pläne vorbanden gewesen und dadurch nur gefestigt worden. Ich kenne Herrn von Bennigsen schon lange; das ist dieselbe Schablone wie gegenüber der Militärvorlage, daß man sich der Regierung fügen müsse in solchen technischen Fragen. In Preußen ist die Marine von keiner Partei so geflärkt und gestützt worden gegenüber der Kargheit der Re⸗ gierung selbst, als von uns. Herr von Stosch hat niemals mit uns zu kämpfen gehabt. Freilich hielt sich die Marine damals in einem mäßigen Umfang. Wie hat sich das verändert seit 18881 Die Anforderungen werden auf das Siebenfache gesteigert! Jetzt soll die Steigerung von 31 auf durchschnittlich 66 - 70 Millionen Mark jähr⸗ lich erfolgen. Wir erfüllen nur die einfachste parlamentarische Pflicht, wenn wir die subjektive Anschauung über die Bedeutung der Marine etwas herabmäßigen. Darin liegt die Bedeutung der Flottenpläne, daß sie wie ein Scheinwerfer die Situation geklärt haben. Es wäre Blindekuhspielen, wenn man so thut, als wenn das Zukünftige nicht vorhanden wäre. Die Pläne gehen nur bis 1901; es ergiebt sich aber, daß, wenn alles Geforderte bewilligt wird, auch dann noch Kreuzer und Panzer fehlen würden. Herr von Bennigsen steht schon

auf dem Standpunkt, daß unsere Flotte Schlachten liefern muß, das macht uns bundesfähig. Unser Bündniß umfaßt aber schon 4 Millionen Landsoldaten. Eine schwache Flotte ist zu nichts da, als sich helden⸗ müthig in den Grund bohren zu lassen, hat der Reichskanzler gesagt. Kann man aber von einer schwachen Flotte sprechen? Sind denn die überkommenen Schiffe nur werth, in den Grund gebohrt zu werden? 86 wir nicht die Reparaturen für die Sachsenklasse bezahlt?

on der Zurückstellung lieb gewordener Wünsche war gestern keine Rede mehr. Jetzt hat der Reichskanzler das Programm des Herrn Hellmann ebilligt, daß eine Flotte geschaffen werden müsse; von einer bloßen Er⸗ 1 ist keine Rede mehr. Wir haben bisher angenommen, daß der Reichskanzler von dieser Denkschrift keine Kenntniß hatte. Er hat auch heute nur erklärt, er habe von der Absicht des Herrn Hollmann Kenntniß gehabt und sie genehmigt. Von dem Inhalt der Mittheilung hat er also wobl keine Kenntniß gehabt; er hat also eine Blanko⸗ vollmachi ertheilt. Die erste Lesung des Etats ist sehr ruhig und sachlich verlaufen. Man konnte vielleicht schließen, daß der Panzer gestrichen, ein Kreuzer vielleicht bewilligt, andere nicht bewilligt werden würden. Die Sache stellte einen ruhigen Verlauf in Aussicht. Als in der Budgetkommission die Frage erörtert wurde, warum die als Schlachtschiffe bewilligten Schiffe in den aus wärtigen Dienst gestellt würden, da hieß es: daran darf nicht erüttelt werden, das ist Sache des Kommandos. Die Ansichten ben sich eben geändert in Bezug auf die Schlachtflotte. Die Kreuzer sind abgelehnt, weil sich ihre Bestimmung geändert hat; die Kreuzer sind jeßt bestimmt zur Begleitung der Panzer. Die sieben eschützten Kreuzer der Denkschrift von 1889 sind niemals be— en gewesen für den politischen Dienst. Dreimal hat sich die Anschauung geändert. Erst sollten sie Schlachtschiffe sein, dann politische Schiffe und schließlich Auftlärungsschiffe für die Schlacht- orte. Unsere Handelsverträge mit Amerika werden durch die lotte und ihre Kanonen nicht gestärkt; sie beruhen auf den überein⸗ immenden Interessen des Verkehrs. err von Bennigsen hat auf den Export hingewiesen, aber der Export bezieht sich zum großen Theil auf den Landverkehr, und den Verkehr mit England werden wir kaum durch unsere Flotte schützen wollen. Wie soll die Marine die Einführung eines Schutzzolltarifs bindern? Durch Machtmittel kann der Staat doch keine Absatzwege schaffen oder die Auswanderung lenken. Unser Absatz hängt ab von der Tüchtigkeit unserer Exporteure und Fabrikanten. Ich finde in den Ausführungen des Staatssekretärs einen Anklang an die Weltpolitik. Es berührt sehr wohlthuend, wenn die Deutschen im Auslande der Heimath sich erinnern. Aber man sollte diese Verhältnisse nicht zu sebr idealisieren. Sie sind ausgewandert, um mehr Geld zu verdienen. Es mag sehr schön sein, wenn ein deutsches Kriegsschiff in das Ausland kommt; das muß die Deutschen be⸗ . das muß einen Flottenenthusiasmus hervorrufen, der um so equemer ist, als sie dazu nicht , brauchen. Alldeutschland hat ja auch für die Flotte gesammelt. ir sind China zu Hilfe ge⸗ kominen gegen Japan; glauben Sie. daß das unserer Ausfuhr nach China zu gute gekommen ist? Die Bestellungen aus Ching werden den Ausfall wohl nicht decken. In Bezug auf Transvaal ist es ein wahres Glück, daß das Ausladungsdetachement vom Adler“ nicht braucht wurde. Für die günstige finanzielle Lage ist der . nicht maßgebend; denn derselbe ist verschoben durch die Ankündigung eines Nachtrags⸗Etats von 44 Mil- lionen für Reservebestände des Militärs. Der Staatssekretär hat das Jahr 1896/97, welches gut abgeschlossen hat, mit dem schlechteren Jahre 1897/98 zusammengeworfen. Ein solches Ver⸗ mischen der beiden Jahre bringt allerdings eine , . Rechnung hervor; aber es beweist nichts fur die günstige Finamlage im Jahre 18971986. Der Staaissekretär hat auch damslt operiert, daß der An⸗ leihebedarf verschwinden wird, wenn die Zölle und Verbrauchssteuern mehr einbringen. Aber eines solchen Opüimismus, daß die Zölle und Verbrauchssteuern 97 Millionen mehr einbringen, habe ich mich niemals schuldig gemacht. Anf das Jahr 189798 allein kommt es nicht an, sondern auf die politische Lage der ganzen nächsten Jahre. Nach unserer Meinung sind die Abstriche noch nicht groß genug, wir würden den König Wilhelm“ auch noch streichen, weil gerade bei den Panzer⸗ schiffen dle Technit 1 fortschreitet. Seit Sf sind die Auf- wendungen für das Militär von 92 auf 700 Millionen gestiegen. Das erklärt es, daß die gesteigerten Steuern und Zölle noch lange nicht ausreichen, daß trotzdem die Staatsschulden gestiegen sind. Da sollen wir leichten Herzens den An leihebedarf vermehren. Streichen Sie mindestens das, was die Budgetkommission gestrichen hat.

Staatssekretãr des Auswãärtig Freiherr nf n von Bieberstein:

Meine Herren! Bei der vorgerückten Zeit will ich meine Er⸗ widerung auf die Ausführungen des Herrn Vorredners auf mẽglichst wenige Worte beschränken.

Der Herr Vorredner hat seine Polemik gegen die gestrigen Aus führungen der Regierungevertreter, speziell auch gegen mich, mit einer Reihe mehr oder weniger guter Scherze gewürzt. Ich nehme ihm das in keiner Weise übel; ich würde ibm gern in derselben Münze heim⸗ zahlen, allein das verantwortliche Amt, das ich trage, mit allen seinen tãglichen Lasten und Mühen, schafft für das heitere Lebenselement keinen so fruchtbaren Boden, wie die unverantwortliche Stellung, deren der Herr Vorredner sich in nahezu beneidenswerther Art erfreut. (Heiterkeit rechts Es kann auch meine Absicht nicht sein, auf den Theil der Ausführungen des Herrn Vorredners des näheren einzugehen, in dem er in nahezu programmatischer Weise seine allgemeine Stellung zu Heeres und Marinefragen dargelegt hat. In den 18 Jahren, in denen ich die Ehre habe, diesem hohen Hause in verschiedenen Eigenschaften anzugehören bezw. darin thätig zu sein, ist mir häufig Gelegenheit geworden, mich über die Stellung zu informieren, die der Herr Abg. Richter zu Heeres und Marinefragen, überhaupt zu Fragen der Landesvertheidigung, ein⸗ nimmt, und ich müßte mich sehr irren, wenn er nicht den ersten Theil seiner Ausführungen schon wiederholt in diesem hohen Hause gemacht bat. (Sehr richtig! rechts) Das soll kein Vorwurf sein; er hat mir ja auch vorgehalten, daß ich gestern eine Rede hier in diesem hohen Hause gehalten, die ich mit ziemlich gleichem Inhalt im vorigen und vor zwei Jahren gehalten habe. Das ist vollkommen richtig, und ich will ganz offen sagen: Wenn ich im nächsten Jahre noch an dieser Stelle stehe, so werde ich ungefähr dieselbe Rede wieder halten, und so in jedem Jahre, bis endlich unsere Kreuzerflotte in einen Stand gesetzt ist, daß sie den Anforderungen genügen kann, die der auswärtige Dienst an sie stellt. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Der Herr Vorredner bat eine ganze Reihe von geistreichen apergus über die auswärtige, die überseeische Politik zum besten gegeben; durch das, was er sagt, bin ich beinahe in meinen alt⸗ bewährten Grundsätzen irre geworden: nil admirari! (Heiterkeit) Wenn wir in der kretischen Frage an einer gemeinsamen Friedens aktion der Mächte nicht mehr theilnehmen können aus Besorgniß, daß die Griechen böse werden könnten, und damit einige Handels geschäfte vielleicht nicht zu stande kommen könnten, wenn wir in Transvaal unsere vertragsmäßigen Interessen nicht mehr schützen dürfen, weil das einige Herren in England krumm nehmen könnten, dann, meine Herren, können wir unsere ganze auswärtige Politik an den Nagel hängen (lebhafte Zustimmung rechts und bei den Nationalliberalen); dann brauchen wir keine Kreuzer, keine Kriegsflotte, ja, dann brauchen wir eigentlich auch kein Deutsches Reich. (Sehr richtig! rechts.)

Der Herr Vorredner wirft der deutschen Politik vor, daß sie überall sich einmische, wo etwas los sei. Das Umgekehrte ist der Fall: es ist ein bewährter Grundsatz der deutschen Politik, den sie seit 25 Jahren unentwegt festhält, sich nur um die Dinge zu kümmern, die uns angehen, da aber, wo unsere Interessen im Spiel sind, auch mit der ganzen Macht und Energie einzu— treten, die un serer Würde und unseren Interessen ent- spricht. Zukunft festhalten.

Nicht ohne einen Anflug von Hohn hat der Herr Vorredner gefragt, welche Erfolge denn eigentlich die Anwesenheit des Vize⸗Königs Li⸗Hung⸗Tschang in Berlin hinsichtlich unserer Beziehungen zu Ost— Asien gehabt hat. Der Herr Vorredner ist doch etwas gar zu rasch mit seinen Forderungen; aber ich will ihm darauf Antwort geben: Der Erfolg unserer Bestrebungen in Ost-Asien wird ganz wesentlich davon abhängen, daß unsre Kreuzerflotte auf den Stand gesetzt wird (Heiterkeit links), daß wir durch entsprechende Machtentfaltung unsre Rechte und unsre Interessen vertreten und schützen können, wie es andere Nationen, die mit uns konkurrieren, auch thun. (Zuruf.) Ich bedaure, daß ich den geehrten Herrn, der die Güte hatte, mich zu unterbrechen, nicht verstanden habe; ich bin also außer stande, auf seine jedenfalls sehr treffende Bemerkung zu antworten. Heiterkeit.)

Der Herr Vorredner hat meine gestrige Erwähnung des christ⸗ lichen Missionars in China bemängelt und darin eine Art captatio benevolentiae gegenüber dem Zentrum erblickt. Mit bewährtem Scharfblick hatte er erkannt, daß ich mit diesem christlichen Missionar bei ihm keine Wirkung hervorrufen wollte. (Heiterkeit) Nur be⸗ findet er sich insofern im Irrthum, wenn er glaubt, daß ich lediglich das Zentrum im Auge habe. Das ist nicht der Fall. Ich wollte appellieren an alle diejenigen in diesem hohen Hause, welche für unser christliches Missionswesen im Auslande Interesse und Verständniß haben (sehr gut! rechts), und ich glaube, daß das doch wohl die große Mehrheit des hohen Hauses ist. Ich kann auch darin, daß man mir eine captatio ben evolentiae vor- wirft, eigentlich kein schweres Gravamen finden; denn schließlich ist jedes sachliche Argument eines Redners dazu bestimmt, darauf hinzu⸗ wirken, daß der betreffende Zuhörer dieses Argument in eine wohl wollende Erwägung nimmt. (Sehr gut! rechts, und Heiterkeit.)

Man kann über den Schutz überseeischer Interessen garnicht reden, ohne daß man unserer christlichen Missionare in China gedenkt: einmal, weil gerade sie besonderen Gefahren ausgesetzt sind, weil die chine⸗ sische Regierung Beschwerden dieser Art nicht sehr rasch erledigt, endlich aber wegen der Vorgeschichte, die unser christliches Misstons⸗ wesen in China hat. Bekanntlich waren in früherer Zeit alle Christen und alle christlichen Missionen in China dem französischen Schutz unterstellt. Als nun anfangs der 70er Jahre deutsche Missionäre nach China zogen, wurde dieser Zustand von uns schwer empfunden, und es war das Verdienst des Fürsten Biemarck, daß er im Jahre 1888 wenigstens das erreichte, daß für deutsche Missionäre deutsche Schutzbriefe denselben Werth haben sollten, wie die französischen Schutzbriefe. Eine durchgreifende Besserung ist aber erst im Jahre 1890 eingetreten, als der patriotische Bischof Anzer sich mit seiner ganzen katholischen Mission ausdrücklich unter deutschen Schutz stellte und zu diesem Behuf seine Mission in die Matrikel des deutschen Konsulats von Tientsin eintragen ließ. (Bravo) Das war in meinen Augen ein Erfolg unserer auswärtigen Politik. (Sehr richtig h Der Herr Abgeordnete Richter wird vermulhlich darin ein gefähr⸗ liches Symptom von Weltpolitik erblicken (Heiterkeit), ich dagegen

igen Amts, Staats-Minister die Beseitigung eines durchaus anormalen

(Bravo! An dieser bewährten Politik werden wir in

in Zustäs, de unserem Ansehen im chinesischen Reich, wie Interessen schãdlich war.

habe man ja ebenso gut halten können, um damit die Forderung acht Kreuzern ju bewilligen als von jwei, (Zuruf linke) oder

schwersten Sorgen zu bereiten. Um aus der Qual der Wahl bern 1ukommen, entschließt er sich auch diesmal, keinen zu bewillfe

(deiterteit Das ist allerdings der einfachste Weg, um aus zien

Dilemma herauszukommen. Der Herr Vorredner hat naturlich ein großes Gewicht

die Denkschrift oder Niederschrift gelegt. Man hat von 2 tionellen Fehlern gesprochen, die in dieser Beziehung begangen worden seien. Ich finde dieselben ausschließlich auf der Seite, w man diese Denkschrift urbi et orbi als einen offiziellen Flotte.

plan verkündete, obgleich man wußte, daß ihr die verbündeten

rungen nicht zugestimmt hatten. Das war allerdings ein Lapsm gegenüber unserer Reichs verfaffung. Das Schicksal, das diese Den.

schrift in der Budgetkommission und im Reichstage erfahren bet

könnte dazu führen, daß, wenn künftig in der Kommisston cha an die Regierung die Frage gestellt wird: wa habt ihr für Zukunftspläne? dann die Antwort erfolgt: das weiß ih nicht, oder, wenn der Regierungasvertreter sich einer urbaneren Fem bedienen wollte, daß er auf die Frage: was werden die verbünden Regierungen im nächsten Jahre fordern? einfach erwidert: das, waz sie nach gewissenhafter Ueberzeugung im nächsten Jahre

im Reichstage

für nöthig halten werden. (Heiterkeit) Vom Standpunkt der bundesstaatlichen Verfassung ist das sogar die einzige korrteh Antwort. .

Der Herr Vorredner hat einen Satz aus dem Flottengründunge. plan vom Jahre 1873 verlesen, wo es heißen soll, es sei nickt

Aufgabe der Kriegsflotte, unsere Handelsmarine zu schützen, das müße

indirekt durch das Landheer geschehen. Ob sich dieser Satz wirllich in dieser Form im damaligen Flottengründungsplan befindet, kann ich in diesem Augenblick nicht verifizieren. Ich nehme an, daß R richtig ist, und schließe daraus wiederum, in wie außerordentlichem Maße sich seit jener Zeit die Anschauungen und Bedürfnisse bezüglich der Verwendung unserer Kriegsschiffe verändert haben. Wenn ich hene den Satz verkünden und ihn praktisch durchführen wollte, daß ez nicht die Aufgabe des Auswärtigen Amts und unserer Kreuzerflotte sei, unsere Handelsmarine gegen fremde Unbill zu schützen, ich glaube, ein Sturm der Entrüstung würde in allen Handels⸗ und Rhederkreisen entstehen. (Sekr richtig! rechts) Man würde mir die schwerste Pflichtverletzung vorwerfen. Mit vollem Recht hat Herr von Bennigsen auf die Vorgänge hingewiesen, die im Anfang der 90er Jahre in Chile und Brasilien stattgefunden haben, auf die Revolutionen, auf

die schwere Bedrohung deutschen Eigenthums, deutschen Lebens und

auf die glänzende und erfolgreiche Rolle, die damals unsere Kreuzer flotte dort gespielt hat, und Herr Abg. Richter möge mir doch einmal Auskunft darüber geben, wie soll ich es denn anfangen, wenn

in Brasilien in Chile, in China unserem Handel, unserer Handell⸗

marine Unbill zugefügt wird, zu diesem Zwecke unser Landheer zu ver= wenden? (Unruhe links.) Ja, dann muß der Herr Abg. Richter nicht Dinge vorlesen, aus denen das nothwendig folgen würde. Für jene Zwecke giebt es kein anderes Mittel, als die Verwendung ron Kreuzern. Der Herr Abg. Richter hat dann gleichfalls mit einem Anflug von Hohn darauf hingewiesen, die Leute, von denen ich gestern ge⸗ sprochen habe, die übers Weltmeer ziehen, um sich dort eine fremde Heimath zu gründen, zögen doch nicht wegen idealer Zwecke dort⸗ hin, sondern, wie er sich sinnig ausdrückte, wegen ihres Geld⸗ beutels“. Zum theil ist es ja der Fall; Andere dagegen, Männer der Wissenschaft, u. s. w. (Widerspruch links) ja, daß alle Deutsche, die übers Weltmeer gehen, lediglich die Interessen ihres Geldbeutel im Auge haben, ist doch eine gewaltige Uebertreibung. (Sehr richtig! rechts) Aber selbst wenn es der Fall wäre, so bleibt unser Interesse darum kein geringeres, daß wir dahin trachten, diese Leute zu erhalten als Deutsche, dafür zu sorgen nach unserem Theil, daß sie festhalten an Kaiser und Reich, und daß ihre Thätigkeit nutzbringend gemacht werde dem Mutterlande. (Sehr richtig! rechts.] Die Engländer, die das Gleiche thun, die leden ihrer Landsleute, der hinauszieht zu gleicher Thätigkeit, mit der Flagge schützen, die thun das doch auch nicht aus Idealismus, sondern aus sehr reellen Gründen lsehr richtig), und ich meine, in dieser Beziehung sollten wir dasselbe thun, wovon Andere uns ein Beispiel geben. Ich will Sie bei der vorgerückten Zeit nicht länger aufhalten, nur einen Saß des Herrn Vorredners möchte ich noch einer kurzen Beleuchtung unter= ziehen, weil er mir von ganz besonderem Interesse erscheint. Er führte aus: den Beweis, daß unsere Kreuzerflotte den Anforderungen des Auslandedienstes nicht genüge, den sei ich schuldig geblieben, denn es ist auch so gegangen“. Darin also konzentriert sich und kondensiert sich die Staatsweisheit des Herrn Vorredners (heiter ˖ keit) man verwirft die woblbegründeten Forderungen der Regierung, weil man sich tröstet mit dem Satze: es geht auch so. Ja, freilich es geht auch so, aber fragt mich nur nicht wie! (Heiterkeit So lange, meine Herren, der Rückgang in dem Bestand unserer Kreunet andauert, so lange können wir die Pflichten nicht in vollem Maße er= füllen, die wir zu erfüllen haben, und dies ist ein Zustand, der auf die Dauer ebenso unserem Ansehen wie unserem materiellen I⸗ntereff abträgig ist. Aus diesem Grunde kann ich nur meine gestrige Bitte wiederholen, Sie möchten die beiden Kreuzer bewilligen. (Bravo! recht.)

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Der Herr Vorredner hat die Behauptung aufgeftellt, meine e be

die deere det Oer Meibecnilert, Ce schennt den Henn ger , die Frage, wie viel Kreuzer man bewilligen solle, die eln ·

auf die Begründung hingewiesen,

muß das Reich

,

dadurch, .

zum Deutschen Reichs⸗Anztiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M* 68.

Zweite Beilage

Berlin, Sannabend, den 20. März

1897.

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(Schluß aus der Ersten Beilage.)

n Leipziger (. kons): Herr Richter hat in der . * gegen 6 Raten erklärt und trotzdem für aft Frsatz Iliis gestimmt. Soffent ändert er seine Meinung äh Kerken Fre en oct. Glne Böchtschhft ißt uns sösteunt nicht vorgelegt worden, sondern eine Nachweisung über den Bestand i durch welche den ũ über die uferlosen Pläne werden follte. Jede Unsicherbeit daruber ift also ehr beseitigt. Durch die Bewilligung der dies jãhrigen Raten perpflichten wir uns in keiner Weise für die weitergehenden Pläne. Redner haben sich meist auf die Denkschrift von 1873 berufen. Bie Denlschrift von 1867 g aber viel weiter, indem sie auch die Itzrung des feindlichen Seehandels und den Angriff feindlichen Landes jn Betracht zog. Was die Höhe der Forderungen betrifft, so betrugen die ersten Raten in den letzten beiden Jahren 10 bezw. 12 Millionen, sie sollen 104 Milt ionen betragen. Das ist doch keine hohe Summe, and in den nächften Jahren ien die ersten Raten nicht einmal 10 Millionen übersteigen, und die Konsequenzen dieser ersten Raten fund nicht erheblicher als die der frũher 2 Raten. In der ersten Lesung habe ich allerdings die Steigerung bedenklich erklärt, aber ich habe es abgelehnt, mich für Streichungen festzulegen, und habe nach welcher unsere Entschließung offen werden wurde. Wir werden, wie in der Budgetkommission, bie gesammten Forderungen eintreten, da die Begründung uns pollsfländig befriedigt hat. Wir können nur bedauern, daß das Zentrum nicht, wie im vorigen Jahre, dem Bedürfnisse der Marine entgegen. kommen will, trotzdem schon im vorigen Jahre der Referent der Fommission zwei weitere Kreuzer als nothwendig bezeichnet und arlfart bat, daß jede Verzögerung der Ausführung unsere Flotte keeinträchligen und später immer empfindlicher nach flaanzieller Seite Fin wirken werde. Die fingnziellen Verhältnisse des Jahres 189697 D günstig, und dag nächste Jahr wird auch nicht allsu ungünstig K*. Unter solchen Verhältniffen muß Deutschland für seine Wehr hat zu Lande und jur See das ausgeben, wat nothwendig ist. Bbgleich wir als Vertreter der Landwirihschaft alle Ursache hätten nah frarsamer zu sein als andere Leute, so wissen wir doch, daß das salte Land und das Gewerbe in den kleinen Städten einverstanden ö mi unserer Zustimmang. Wir wissen, daß die deutsche Re— das eine Ziel hat, den Frieden zu schützen. stark sein, nicht nur zu Lande, sondern auch zu Passer. Unsere stärkste Seite wird stets das Landheer bleiben ber die Marine muß an Qualität in dem Maße gestärkt werden, daß wir . Vorwürfe machen müssen, daß wir die Mannschaften ãhr aben. i ier v. Ploetz (d. kons.); Eine Minderheit meiner politischen Fieunde hat im vorigen Jahre gegen einige Positionen geslimmt pder sich der Abstimmung enthalten. Diese meine Freunde sind aber scht bereit, für die geforderten Ausgaben zu stimmen, um dem Handel und der Industrie den Schutz zu gewähren, dessen sie bedürfen. Abg. Frhr. v. Hoden berg (6. H. F.): Wir wollen die Flotte en, soweit es nothwendig ist zum Schutz der deutschen

gierung nur Dazu

14 essen im Auslande. Wir waren bereit, einen Kreuzer ju be⸗

Dillgen. Aber angesichts der veränderten Anschauungen über die der Kreuzer mußten wir vorsichtig sein. Ich mõchte erspruch erheben, daß diesenigen, welche nicht alles be⸗ er der Marine sind. Den Frieden wahren wir nicht wir in jedem Jahre immer größere Rüstungen vor- nehmen, sondern nur dadurch, daß wir dafür sorgen, daß der Sinn

egen W igen,

. für Recht und Gerechtigkeit immer mehr zunimmt.

Ein Vertagungsantrag wird um 5i / Uhr abgelehnt. Graf zu Lim burg: Stirum C. kons.) führt aus, daß an

den Schwierigkeiten, die der Regierung jetzt gemacht würden, jum tbeil die verbündeten Regierungen selbst schuld seien, deshalb, weil f e

in früheren Jahren nicht energischer mit der Vermehrung der Schi vorgegangen seien. Es handele sich nicht nur um die Kriegsflotte, sondern die Kreuzer feien hauptsäͤchlich bestimmt zum Friedens dienst. Datz Zentrum sollte sich deshalb wohl überlegen, ob es nicht in der dritten Lesung noch für die Bewilligung der Kreuzer stimme.

Nach einer Reihe von persönlichen Bemerkungen wird um oi, Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 11 Uhr vertagt.

Pren sischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 54. Sitzung vom 19. März 1897.

Auf der , , , zunächst der von Mitgliedern aller Parteien unterstũtzte Antrag des Abg. Dr. Virchow fr. Volksp.): die Regierung aufzufordern, 3) im Laufe der gegenwärtigen Session dem Landtage einen Gese lreffend die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Staats (Zomptabilitkätsgesetz , zu verfassungsmäßiger Beschlußfassung vorzulegen.

Nach der bereits im , wiedergegebenen Begrundung desselben durch den Abg. Dr. Virchow nimmt das Wort der

Finanz Minister Or. von Miquel:

Meine Herren! Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten hier im Hause ausgesprochen, daß es auch meine Meinung sei, daß zum Ausbau unseres Verfaffungs rechts, zur Feststellung des etatsrechtlichen Verhältnises zwischen der Staalsregierung und dem Landtage der Erlaß eines sogenannten Komptabilitätegesetzes besser genannt eines Gesetzes, betreffend die Einnahmen und Ausgaben des Staats, so wollen wir es betiteln durchaus erwünscht sei. Ich habe diese Ansicht stets vertreten, auch als Abgeordneter, und ich habe mich als Ninister erst recht überzeugt, daß der Erlaß eines solchen Gesetzes im Interesse beider Theile liegt. Meine Herren, ich habe infolgedessen schon vor einigen Jahren ein solches schwieriges Gesetz ausgearbeitet und dem Staats⸗Ministerium zur Beschlußfassung vorgelegt. Es hat sich, wie naturlich, eine lange, schwierige, eine eine große Reihe von besonderen Punkten, von Streitfällen behandelnde Korresponden; wilchen mir und den übrigen Refsort - Ministern herausgebildet., Durch diese mehrjährigen Verhandlungen zwischen dem Finanz. Minifter und

übrigen Ressort⸗Ministern haben sich manche Meinunge⸗ derschiedenheiten und Differenzen doch sehr wesentlich abgeklärt; che groß. Anhahl im Anfang beftehender, verschiedener Auf- sassungen hat sich ausgeglichen, und ich habe das Gefühl, daß, dem et auch bedauerlich ist, und ich es am meisten bedauere, daß diese Verhandlungen so lange gedauert baben, diese Länge der Ver

lungen doch auch ihr Gutes hatte, indem man allmählich inner

der Kreise des Minifleriums und der Staatsbehörden überhaupt

llarer über die Bedeutung der ganzen Sache und der Differenzen,

m., be⸗

welche man sich viel größer vorftellte, als sie wirklich waren, ge⸗ worden ist. ;

Meine Herren, noch in der neueren Zeit ist es gelungen, auch ohne Gesetz Klarheit in die frãher so sehr umstrittene Frage der so⸗ genannten Staatsnebenfonds hineinzubringen, und wir haben ja der Budgetkommission in dieser Beziehung schon bestimmt erklärt, daß, würde das Komptabilitätsgesetz jzu stande kommen bis dahin oder nicht, im nächsten Etat alle diejenigen Fonds, welche nicht juriftische Per sönlichkeit haben, durch den Etat laufen sollen.

Sodann werde ich in den nächsten Tagen der Budget kommission Grundsätze in Betreff des Remunerationsweseng, welche wir in dem nãchsten Etat verwirklichen und durchzuführen beabsichtigen, mit- theilen, and bestimmt sind, sowobl für Preußen als für das Reich zu gelten. (Bravo)

Meine Herren, diese beiden Punkte: die sogenannten Fonds. und die Remunerationsfrage, gehörten zu den bedeutendsten Streitpunkten, und ich sehe jetzt voraus, daß eine erneute Berathung und definitive Beschlußfaffung über den ganzen Gesetzentwurf im Staats. Ministerium jetzt mehr Aussicht hat, rasch zum Abschluß zu kommen, als das frühe r der Fall gewesen ist. (Bravo!)

Meine Herren, auch eine andere Reihe von Differen;punkten, die uns nach und nach in der Praxis der Etatsberathung in der Budgetkommission und Rechnungskommission hervorgetreten sind, sind längft ausgeglichen. Es bleiben im Ganzen nur noch wenige Punkte übrig. Daraus leite ich die Hoffnung her, daß es vielleicht möglich ist möglich ist, sage ich, ich betone das —, daß noch in dieser Session das Staats-Ministerium mit seinen Be= rathungen und seiner Beschlußfassung über das Gesetz zum Ziele kommt.

Meine Herren, es ist aber andererseits erklaͤrlich und entschuldbar, daß diese Verhandlungen über diesen Gesetzentwurf so lange gedauert haben. Zunächst, meine Herren, glaube ich keinen Menschen zu ver⸗ letzen, weder hier im Hause noch in der Regierung, wenn ich sage: nicht alle haben Gelegenheit gehabt, die Bedeutung des Etats rechts, namentlich in seinen Einzelheiten aus der Erfahrung zu lernen und was man nicht kennt, was abweicht von den bis- herigen Gewohnheiten, das sieht man mit einer gewissen Scheu von ferne an. Namentlich stellte man früher ich glaube, die Ver⸗ handlungen haben in dieser Beziehung schon wesentlich Wandel ge⸗ schaffen diese Fragen des Ctatsrechts sich leicht unter dem falschen Gesichtswinkel dar, als wenn es sich dabei um eine Verminderung der Regierungsrechte und um eine Vermehrung der Rechte des Landtages handelt. Das ist ein vollständig falscher Gesichtspunkt. (Sehr richtig) Meine Herren, wenn man genauer zusieht, so ist eine kon stitutionelle Verfassung und etatsmäßige Verwaltung nur möglich entweder auf der Basis eines Gesetzes, welches alle wesentlichen Streitfälle entscheidet, oder auf der Basis vereinbarter Präj udizien auf einem gegenseitigen Kompromittieren und Entgegenkommen. Wenn ein Landtag seine etatsmäßigen Rechte ohne Rücksicht auf die Folgen, ohne Rücksicht auf die Interessen der Verwaltung und des Staats gebrauchen d. h. mißbrauchen will, so kann er das, und die Staatsregierung jederzeit ich spreche das ganz offen aus in große Verlegenheit bringen. Es bat daher auch die Staatsregierung in dieser Beziehung ein großes Interesse daran, daß solche Fragen, welche leicht zu Differenzen führen können, auf gesetzlicher Basis geregelt werden, an welche dann beide Theile gebunden sind. (Sehr richtig!)

Andererseits ist ja gar kein Zweifel, daß das Interesse des Land⸗ tages an einer korrekten, den Vorschriften der Ordnung und nament- lich der Verfassung vollstandig entsprechenden Finanz Verwaltung vollstãändig übereinstimmt mit dem wohlverstandenen gleichen Interesse der Staatsregierung.

Meine Herren, daß dies Gesetz in Preußen nicht früher zum Ab⸗ schluß gekommen ist, daß ich der erste Finanz ⸗Minister gewesen bin, der eisen solchen Entwurf aufgestellt hat das habe ich schon an⸗ gedeutet ist erklãrlich auch durch die glückliche Thatsache das wird der Herr Antragsteller mit seiner genauen Kenntniß unserer Gtatsgeschichte mir gewiß nicht bestreiten durch die glückliche Thatsache, daß die Finanzverwaltung, die Behandlung der Etats, die Schranken, die den Behörden gezogen waren, welche aus der absoluten Zeit in die Verfassungszeit übergingen, schon fast allen Anforderungen einer verfaffungsmäßigen Regierung entsprachen und noch entsprechen. Das ist einer der größten Ruhmestitel unserer Finanzverwaltung aus der absoluten Zeit, daß es nicht so dringend nothwendig war, nun ganz neue Grundsätze zu erfinden, weil die erforderlichen Prinzipien schon in der Zeit vor der Verfassung festgelegt waren, theil⸗ weise durch die Oberrechnungskammer -⸗Instruktion von 1824, theils durch eine Reihe Königlicher Ordres, theils durch eine feste, durch den Einfluß des Finanz ⸗Ministers sich allmählich herausbildende Praxis in der Behandlung der Etatsfragen. Diese Thatsache, daß wir bis jetzt doch eine korrekte, verfassungsmäßige und auch den Interessen der Finanzen entsprechende Verwaltung ohne dieses Gesetz, um welches es sich handelt, führen konnten, bringt leicht die Meinung hervor: dieses Gesetz sei doch nicht so eilig,. „wir könnten auch ohne dieses Gesetz genügend sicher in allen Finanzfragen operieren; besondere Mißstãnde seien gerade nicht hervorgetreten, die Sache könne also zurücktreten vor anderen dringlichen Geschäften. Meine Herren, ich muß mich in dieser Beziehung gewissermaßen auch selbft entschuldigen. So wichtig und bedeutungsvoll ich die Emanierung dieses Gesetzes gehalten habe, so bin ich doch ich glaube in dieser Beziebung keinen Widerspruch zu erfahren in der Zeit meiner Amtgtbätigkeit so mit anderen großen Fragen uberlastet gewesen, daß ich nicht jeden Tag an dieses Gesetz denken lonnte. (Sehr richtig) Auch die übrigen Ressort ˖Minister waren in ähnlicher Ueberlastung. Durch die langen Sessionen des Reichs tages und Landtages, neben der gewaltigen Entwickelung der Gesetz⸗ gebung, neben dem Auftauchen vollständig neuer Fragen auf den fozialen, gewerblichen und sonstigen Gebieten des Staatslebens waren die Minsfter so in Anspruch genommen, daß man naturgemäß das nicht so unbedingt Dringliche mrückftellte. Wir können

in den Berathungen des Staats. Ministeriums kaum einen Tag finden, wo es möglich ist, dieses Gefetz, das oft auf der Tagesordnung stand, gründlich zu berathen, weil andere noch drängendere Fragen erledigt werden mußten.

Ich glaube, aus allem diesen werden Sie sich wohl überzeugen, daß, was mich betrifft, ich im wesentlichen die Anschauungen theile, die der Herr Antragsteller hier vorgetragen bat, und daß ich mit allen Kräften bemüht gewesen bin und auch in Zukunft sein werde, diese schwierige Gesetzgebung zum Abschluß zu bringen. Sie können sich aber auch überzeugt halten, daß ein eigent⸗ lich prinzwieller, grundsätzlicher Widerstand im Staats⸗Ministerium ebenso wenig vorhanden ist, daß man dort auch mehr und mehr aner⸗ kennt, daß dies Gesetz nicht allein im einseitigen Interesse des Land⸗ tages, sondern ebensowohl im Interesse der Staatsregierung liegt, wie ich überhaupt der Meinung bin: wenn man Differenzen ab⸗ schneiden will und friedlich mit einander regieren, so thut man im mer gut, diejenigen Fragen, die sich dazu überhaupt eignen, auf feste gesetzliche Grundlagen zu stellen, an welche beide Theile gebunden sind.

Nun, unter diesen Umständen möchte ich Ihnen nicht sagen, ich bin auch dazu seitens des Staats⸗Ministeriums nicht ermächtigt, ob es möglich sein wird, dieses Gesetz noch in dieser Session vorzulegen; denn es schweben noch eine Reihe anderer wichtiger Fragen. Ich habe dabei noch besonders zu bedauern, und ich bin überzeugt, Sie theilen hier in Hause das Bedauern, wenigstens diejenigen, welche das Wirken des betreffenden Herrn hier im Hause gesehen haben, daß der Dezernent in dieser Frage in meinem Ministerium, der alle diese Dinge auf das Ausgezeichnetste beherrscht, leider zu meinem allertiefften Bedauern seit Monaten infolge Krankheit nicht mehr mitwirken konnte. (Sehr wahr Wir wollen hoffen, daß er bald seine früheren Kräfte wiedergewinne; aber daß für mich der Verlust eines solchen Mannes auch große Schwierig⸗ keiten herbeigeführt hat, werden die Herren sich wohl klar machen.

Ich halte die Ueberzeugung fest, daß wir, wenigstens vor den Neuwahlen, dem Hause dieses Gesetz vorlegen werden, und ich hoffe, es wird uns gelingen, auch in dieser Beziehung, wie in so vielen anderen Finanjfragen, zu einem gedeihlichen freundlichen Abkommen mit diesem hohen Hause zu gelangen. (Bravo!)

Abg. Bode (kons.): Wir sehen in diesem Gesetz keine Frage von politischer Bedeutung. Man ist von der Ansicht zurückgekommen, daß dieses Gesetz den Landtag stärke und die Freiheit der Verwaltung beschraͤnke. Wir wollen der Verwaltung die freie Bewegung nicht nehmen und die Prärogative der Krone nicht antasten. Der e . ift die geeignetste Person, diese Frage zu lösen.

ir meinen aber, daß in dieser vorgeschrittenen Session das Gesetz nicht mehr durchberathen werden kann, und beantragen, in dem Antrage zu sagen: in der nächsten Session; damit wollen wir aber in keiner Weise die Dringlichkeit der Sache bestreiten.

Abg. Dr. von Woyna fr. kon); Es ist eine falsche Ansicht, daß der Konflikt in den sechziger Jahren hätte vermieden werden können, wenn es damals schon ein Komptabilitätsgesetz gegeben hätte. Wenn solche Fragen, wie die der Staatsnebenfonds und andere, noch nicht gelöst werden können, so kann man wenigstens die Fragen, Über welche Ginverständniß herrscht, regeln. Gine theil⸗ weise Regelung wäre besfer, als noch länger zu warten. Eine Be⸗ schränkung der Kronrechte würden wir aber auf keinen Fall mit⸗ machen. Ich glaube, daß die Angelegenheit sich noch in dieser Session erledigen lassen wird, . :

Abg. Roelle (nl): In dieser Frage herrscht ein allgemeines, erfreuliches Einverstãndniß. Der tüchtigen Arbeit unserer Rechnungs⸗ kommission und auch unserer Budgetkommission ist es zu danken, daß wir bisher ohne das Gesetz ausgekommen sind. Um eine Beein- traͤchtigung der Prärogative der Krone handelt es sich nicht im geringsten. Gegen den Abanderungsantrag des Abg. Bode sind wir entschieden. Das Gefetz würde uns nicht zuviel Zeit kosten und könnte noch er— ledigt werden. .

Abg. Jan sen (Zentr.) stimmt namens seiner Freunde dem Antrag Virchom zu und erinnert als langjähriger Referent der Rechnungs⸗ kom misston an verschiedene Beisplele von Meinungsverschiedenheiten über etatsrechtliche Fragen, welche die Nothwendigkeit eines Kompta⸗ bilitätsgesetzes bewiesen. Unter dem Mangel dieses Gesetzes litten gleichmäßig der Landtag und die Behörden.

Finanz⸗Minister Dr. von Miquel: Ich bin mit dem, was der Herr Vorredner vorgetragen hat, im

Ganzen einverstanden, halte es auch nicht für nöthig, darauf 3. 3. näher einzugehen, auch nicht da, wo ich vielleicht abweichender Mei⸗

nung bin. Ich habe nur nochmals um das Wort gebeten, um auf

die Fassung des Antrags Virchow noch mit zwei Worten einzugehen. Der Herr Vorredner hat, wie andere Redner, den Antrag, die König⸗ liche Staatsregierung aufzufordern, noch im Laufe der gegenwärtigen Session dem Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, unwillkürlich dahin ausgelegt, wenn irgend möglich, noch in dieser Session vorzu⸗ gehen. Der letzte Herr Vorredner hat ja auch gesagt: Wir stellen kein unbedingtes Verlangen, sondern wir ersuchen ja nur die Staats⸗ regierung. Ich glaube, da namentlich auch schon von der rechten Seite des Hauses eine andere Fassung, die die Worte „noch in dieser Session' ganz weglassen will, vorgeschlagen ist, so würde bei der sonstigen großen Einmüthigkeit aller Parteien dieses Hauses es vielleicht erwünscht sein, wenn man sich dahin verständigte, zu sagen: die König⸗ liche Staatsregierung aufzufordern oder zu ersuchen wie Sie wollen wenn irgend thunlich noch im Laufe der gegenwärtigen Session eine solche Vorlage zu machen. Sie erreichen damit ganz denselben Zweck. Auf diese Formulierung könnten beide Theile des Hauses sich vielleicht verständigen.

Meine Herren, ich bin auch mit dem Herrn Vorredner namentlich darin einverstanden, daß es durchaus nicht gerathen ist, Gesetzentwürfe verschiedener Art hintereinander, wenn ich Herrn von Woyna recht ver- standen habe, welche nur einzelne Fragen aus dem Etat betreffen, vorzulegen. Dieser Entwurf, wie er hier in meinen Akten liegt, setzt sich die Auf gabe, das ganze Etatsrecht nach dieser Richtung hin zu umfassen und die Frage zu erschöpfen. Insofern trete ich allerdings Herrn von Woyna

bei, daß es völlig unmöglich sein wird, jede einzelne quaestio facti,

welche im Laufe der Zukunft in unseren Gtatsberathungen vielleicht ganz neu zum Vorschein kommt, hier durch eine gesetzliche Bestimmung in specie zu regeln. Es werden auch immer eine Menge Fälle übrig bleiben, die durch das Gesetz nicht unbedingt und ausdrücklich und speziell geregelt sind. Darüber wird man sich vorkommendenfalls, wie