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die doch das geringste Interefft an zer Sache Hat, in der Aktion die Spitze nähme, und daß von Deutschlaad die Blockierung des Pirãus vorgeschlagen ist. .
Abg. Bebel: Es entspricht nicht er Würde des Parlaments, daß zu den Verhandlungen keine Auskunft gegeben worden ist.
Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:
Ich möchte den Herrn Abgeordneten Bebel doch darauf aufmerksam machen, wenn er hier davon spricht, daß die Würde des Parlaments nicht geachtet werden sei, wie es ein feststehender Grundsatz in allen Parlamenten ist, daß über schwebende politische Fragen hier keine Auskunft verlangt wird, ohne vorher bei der Regierung sich darüber zu vergewissern, ob nach dem Stande der Verhandlungen diese Aus- kunft gegeben werden kann. (Sehr richtig) Der Herr Abgeordnete Bebel hat sich also an einer bestehenden Uebung versündigt, indem er diese vorgängige Mittheilung an mich unterlassen hat.
Abg. Bebel; Der Staatssekretär konnt; erwarten, daß beim Etat des Auswärtigen Amts namentlich diese Frage zur Sprache kommen würde.
Nach einer Bemerkung des Abg. Liebknecht wird die Debatte geschlossen. . .
Bei den Ausgaben für die Kolonien erklärt auf eine Anfrage des Abg. Dr. Lieber (Zentr.) der
Direktor der Kolonial ⸗Abtheilung des Auswärtigen Amts Pr, . von Richthofen, daß über die Witu⸗Angelegenheit die Verhandlungen noch schwebten; man habe sich noch nicht über die Einfetzung eines Schiersgerichts verständigen können.
Äbg. Bebel weist auf die Schrift von Giesebrecht über Hr. . hin und, behauptet, dag danach trotz der Kenntniß der Thaten Peters der frühere Kolonial Direktor denselben unter die Kandidaten für Reichzämter ang nemmen habe.
Direktor der Kolonial Abtheilung des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen: Die Untersuchung gegen Herrn Peters ist abgeschlossen; die Akten sind dem Reichskanzler mit⸗ getheilt; der Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf den 34. April angesetzt. Die Schrift von Giesebrecht habe ich noch nicht gelesen. Ich kann alsg darüber keine Erklärung abgeben.
Abg. Werner (Reformp.): Ich bedauere, daß die Witu⸗An⸗ gelegenheit nech nicht zum. Abschluß gekommen ist. Wann soll denn diese seit sieben Jahren schwebende Frage endlich erledigt werden? Die Deutschen sind in dieser Frage nicht zu ihrem Rechte gekommen. Man scheint mit England jeden diplomatischen Streit vermeiden zu wollen, auch wenn die Rechte der Deutschen mit Füßen getreten werden. Mit derartigen Versprechungen und leeren Redensarten sollte man die Leute doch nicht mehr hinhalten.
Direktor der Kolonial Abtheilung des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen: Die Schwierigkeit liegt jetzt bei den Gebrüdern Denhart selbst, welche dasjenige, was das Schiedsgericht gewähren wird, gern hinnehmen wollen, aber nicht daran denken, auf ihre Rechte zu verzichten.
Abg. Werner:; Die Gebrüder Denhart haben keine Ursache, ihre von dem früheren Kolonial, Direktor Kayser als berechtigt anerkannten Forderungen aufzugeben.
Direktor der, Kolonial, Abtheilung des Auswärtigen Amts Dr. Freiherr von Richthofen; Sie sollen nicht auf alle Rechte ver. zichten, sondern nur auf die Ansprüche, zu deren Entscheidung das Schiedsgericht eingesetzt wird.
Die Etats des Auswärtigen Amts und der Kolonien werden unverändert bewilligt:
Zu dem Etat des Reichsamts des Innern liegt folgender Antrag des Abg. Dr. Schultz⸗Lupitz (Rp.) vor:
. Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, eine landwirthschaft⸗
lich · technische Reicht anstalt für Bakteriologie und Phytopathologie in das Leben zu rufen und die hierzu erforderlichen Mittel in den Reichshaushalts Etat für das Etate jahr 1898 / 99 einzustellen.“
Der Antra gsteller begründet seinen Antrag mit dem Hin⸗ veis darauf. daß es hauptsächlich nothwendig sei, die Landwirthschaft prästationsfähig zu machen. Wenn Deutschland seine Getreideproduktion nur um Ho /S heben könne dann sei es ein exportierendes Land. Die Vermeb rung der, Flotte sei begründet mit der Gefahr, daß ihm die FGinfuhr abgeschnitten werden könnte Er (Redner) habe die Mehr⸗ forderungen dewilligt, aber nicht aus diesem Grunde; denn Deutschland könne seine Pflanzennahrung auf eigenem Boden erzielen.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Die Absicht, von der die Resolution, die Ihnen zur Berathung vorliegt, ausgeht, ist gewiß eine anerkennenswerthe und löbliche; wenn wir Einrichtungen treffen können, welche die Wickung der landwirthschaftlichen Schädlinge einschränken bezw. ausschließen, so sollen wir alles, was möglich ist, thun, um solche Einrichtungen auch zweckentsprechend zu gestalten. Der Herr Vorredner hat nun in seinem Vortrage daran erinnert, daß bisher auf dem Gebiete, auf das sich die Resolution bezieht, die Landwirthsckaft selbst bereits vorgegangen sei, und daß auch die preußische Regierung und einzelne andere Regierungen vorgegangen seien, indem Institute errichtet worden sind, in denen bakteriologische und phyto-⸗pathologische Untersuchungen zu Nutz und Frommen der Landwirthschaft vorgenommen werden. Der Herr Vorredner ist aber der Meinung, daß alle diese Institute noch nicht zur vollen Entfaltung ihrer Wirksamkeit gekommen sind und noch nicht die Aufgabe, die ihnen gestellt ist, in vollem Maße erfüllt haben, wesent— lich aus dem Grunde, weil sie nicht im Besitz der erforderlichen materiellen und intellektuellen Mittel gesetzt worden sind. Deshalb schlägt er Ihnen vor, nunmehr das Reich mit dieser Aufgabe zu betrauen und zu diesem Zweck eine besondere Reichsanstalt einzurichten.
So sehr ich, wie gesagt, mit der Tendenz der Resolution ein—⸗ verstanden bin und so wenig ich bis jetzt übersehen kann, welche Auf⸗ nahme diese Resolution, wenn sie vom Reichstage beschlossen werden sollte, im Kreise der verbündeten Regierungen finden wird — sie ist erst vorgestern vertheilt worden; der Bundesrath hat also zu ihr noch keine Stellung nehmen können — so glaube ich doch nicht, daß es der jweckmäßigfte Weg zur Erreichung des Zieles sein würde, wenn man eine besondere Reichsanstalt für diesen Zweck
errichtete. Meine Herren, wir sind sehr leicht bei der Hand, für alle möglichen Zwecke uns nach besonderen Behörden zu sehnen, und wir übersehen gar leicht, daß bereits Behörden vorhanden sind, die durch eine entsprechende Erweiterung ihrer Thätigkeit das besorgen können, wofür wir gern besondere Behörden haben möchten. Das Kaiserliche Gesundheitẽ amt würde, wenn man ihm die in Rede stehende Aufgabe fiellte, und wenn man ihm die materiellen Mittel zufühbrte und zu diesem Zweck auch noch sein Personal verftärkte, unschwer und ebenso gut wie eine besondere Reichs anstalt dem Zwecke genügen, den man im Auge hat. Ich er⸗ innere daran, daß das Gesundheitsamt auf diesem Gebiete bereits thätig ist in so fern, als die Reblausangelegenheit, die Erforschung der biologischen Verhältnisse der Phyllorera und deren Bekämpfung, zu seiner besonderen Thätigkeit gebört. Ich vermag nicht abzusehen, weshalb man, wenn man den Zweck der Resolution des Hermn Abg.
Schultz ⸗Lupitz realisieren will, nöthig haben sollte, noch eine besondere Reichs behörde einzusttzen. Ich mache mich also anbeischig, mir den Grundgedanken der Resolution anzueignen. Ob er, wie gesagt, bei den verbündeten Regierungen Beifall finden wird, kann ich nicht sagen. Ich mache mich weiter anheischig, darüber eite Untersuchung anzustellen, welche Mittel und Wege eröffnet werden müssen, um den Zweck der Resolution zu erreichen, und ich werde mich freuen, wenn die anzustellende Untersuchung dahin führt, daß wir einen bestimmten, praltisch gangbaren und wirkungsvollen Weg ermitteln, und daß ich im nächsten Jahre mit entsprechenden Forderungen an Sie hervortreten kann. Hoffentlich wird dann durch die Thätigkeit des Organs, das wir schaffen oder mit der Ausführung der Aufgabe betrauen werden, ein Nutzen in dem Umfange, wie ihn der Herr Abg. Pr. Schultz -Lupitz so blühend geschildent hat, für unsere heimische Landwirthschaft erwachsen! (Bravo
Abg. Dr. Müller Sagan gfr. Volksp.): Von allen Gegenständen, die bier zur Verhandlung gebracht sind ist keiner so wichtig gewesen, wie dieset. Der Antrag geht aber nicht weit genug, indem er sich nur auf die Phytopathologie beschränkt, während auch die Zoopatho—⸗ logie dabei in Betracht kommt. Ich danke für die entgegenkommende Grklärung des Staatssekretäͤrs, bitte aber, die Sache nicht zu einer Nebenarbeit des Reichs Gesundheitsamtes zu machen, sondern eine be⸗ fondere Abtheilung desselben oder eine befondere Zentralanstalt dafür einzurichten.
Abg. Dr. Schultz-Lupitz spricht sein Vertrauen zur Re—⸗ gierung aus und zieht seinen Antrag zurück. Die Regierung müsse vorgehen, damit nicht die Entwickelung der Naturgeschichte sie schließ⸗ lich überrasche.
Abg. Schmidt⸗ Frankfurt 96 verlangt die Umgestaltung der Fabrikinspeftion aus einer Landeseinrichtung zu einer Reichseinrichtung. Er führt aus, daß der Verkehr der Gewerkschaftskommissionen in ein⸗ zelnen Städten mit den Fabrikinspektoren sich nicht genügend aus⸗ bilde, was wohl an der Einwirkung der Landesinstanzen liege. Redner weist besonders auf Frankfurt a. M. hin.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Ich bedauere, die Hoffnung des Herrn Vorredners durch eine entgegenkommende Erklärung nicht stützen zu können; denn der 5 1396 der Gewerbeordnung läßt keinen Zweifel darüber, daß die Gewerbe⸗ Aufsichtsbeamten Landesbeamte sind, welche der Aufsicht der Landes⸗ regierungen unterstehen. Es müßte also, wenn der Zustand, welchen der Herr Vorredner erstrebt, eingeführt werden soll, eine Aenderung der Gewerbeordnung im Wege der Gesetzgebung erfolgen. Ohne eine solche Aenderung ist es unmöglich, es ist vielmehr unzulässig, daß der Reichskanzler, der freilich die Ausführung der Reichsgesetze zu über wachen hat, die Dienstaufsicht über den Gewerbe ·Aufsichtsbeamten in Frankfurt in seine Hand nimmt. Ich kann deshalb nur noch anheim⸗ stellen, entweder in Preußen wiederholt den Weg der Beschwerde zu betreten, oder wenn das dem Herrn Vorredner nicht paßt, dafür zu sorgen, daß auch im preußischen Abgeordnetenhaus eine Reihe von Sozialdemokraten erscheinen, welche dort die Beschwerde zur Sprache bringen können. (Große Heiterkeit.)
Abg. Wurm (Soz.) Daran sind wir nicht schuld; wenn der Staatsfekretär seinen Einfluß geltend machen wollte, daß Preußen das Dreiklassen Wahlsystem abschaffte, dann würden wir schon für die Wahl von Sozialdemokraten sorgen. Der Fabrikinspektor in Lübeck ist ein Unikum; er ist im Nebenamte angestellt, er ist Vertreter von Siemens u. Halske und des Germanischen Lloyd, außerdem Vertrauensmann einer Berufsgenossenschaft. Fin solcher Mann ist nicht unbefangen genug, um die Interessen der Arbeiter ju wahren. Ein solcher Mann kann die Ausführung der Ärbeiterschutzgesetze nicht überwachen.
Auf eine Anregung des Abg. Dr. Hahn (b. k. F) erklärt
Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:
Der Herr Vorredner wünscht Auskunft darüber, was aus der internationalen Anregung, die ich bei der letzten Berathung des See straßenrechts der Fischdampfer in Aussicht gestellt habe, geworden ist. Die Sache liegt so, daß ich unmittelbar nach Abschluß dieser Berathung das Auswärtige Amt ersucht habe, in London anzuregen, daß man sofort in Verhandlungen Über die Regelung des Seestraßenrechts der Fisch⸗ dampfer eintreten, und daß man diese Verhandlungen so beschleunigen möge, daß mit dem 1. Juli — das ist der Termin, an welchem die Washingtoner Beschlüsse in den verschiedenen Seestaaten durchgeführt werden sollen — auch die anzustrebende Vereinbarung über diese Frage in Kraft treten kann. Das Auswärtige Amt hat auch demgemäß eine Demarche in London gemacht. Ueber den Ausfall dieser Demarche bin ich zur Zeit amtlich noch nicht unterrichtet. Ich häte, daß die englische Regierung der Meinung ist, daß es schwer, fast unmöglich sein würde, bis zum 1. Juli fertig zu werden. Für diesen Fall haben wir bezüglich unseres eigenen Verhaltens mit einer Reihe von Sachverständigen Rath gepflogen. Es hat eine Konferenz am 24. Februar im Reichsamt des Innern stattgefunden, zu der eine größere Zahl von Sachverständigen, Mitglieder der nautischen Vereine, Rheder, Schiffer u. s. w. hinzugezogen worden ist. Nach einer sehr eingehenden Besprechung ist diese Konferenz zu der fast überein“ stimmenden Meinungsäußerung gelangt, daß es sich dringend empfehle, zum 1. Juli die Washingtoner Beschlüsse in Kraft zu setzen, und zwar einschließlich des Art. 2g. Die Konferenz erklärte, und zwar aus den Gründen, die ich mir bei der Besprechung in diesem Hause zu ent⸗ wickeln erlaubte, daß die Herstellung eines einheitlichen Rechts, wenn es auch in diesem Punkt nicht voll oder überhaupt nicht den Interessen unserer Dampffischerei entspricht, doch vorzuziehen sei einer differentiellen Behandlung der Fischdampfer gegenüber den übrigen Schiffen. Die Reichsverwaltung wird hierüber Be—⸗ schluß zu fassen haben, nachdem die Aeußerung der englischen Regierung vorliegt, und es wird insbesondere meine Aufgabe sein, Stellung dazu zu nehmen. Ich kann heute eine abschließende Er— klärung nicht geben; der Herr Vorredner wird aber erkennen, daß alles gescheben ist, was hat geschehen können, um den pon ihm ein⸗ genommenen Standpunkt demnächst auch zur Geltung zu bringen.
Bei den Ausgaben für das Reichs-Versicherungs⸗ amt fährt
Abg. Schmidt⸗ Frankfurt Beschwerde darüber, daß man ihn, da er mehrfach die Interessen der Arbeiter in Unfallversicherungs⸗ sachen unentgeltlich vertreten habe, als gewerbsmäßigen Vertreter zurückgewiesen habe.
Bei den Ausgaben für das Kanalamt führt
Abg. Dr. Hahn Beschwerde über die Beeinträchtigung des Verkehrs der Anlieger des Kaiser Wilhelm - Kanals durch Ein stellung des Fahrbetriebes. Ferner führten die kleinen Schiffer Be⸗ schwerde über die Verzögerung des Durchschleusens und über die Langsamkeit, mit der eine Anzahl kleinerer Schiffe zu Schleppzügen vereinigt würden. Redner beschwert sich ferner über die Versandung des Freiburger Hafens.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Mini 3 2 ster Dr. von
Ich bin dem Herrn Vorredner sehr dankbar dafür, daß er . Wohlwollen anerkennt und an dies Wohlwellen weiter appelliert: aber das Wohlwollen findet eine gewisse Grenze w. den zur Verfügung stehenden Mitteln. Und die Wahrneh. mung, daß man gegenüber den vorhandenen Fonds an der Grenze des Wohlwollens sich befindet, habe ich auch bei der Prüfun der Klagen machen müssen, welche bezüglich der Fährverhãältnisse w. Kaiser⸗Wilhelm Kanal erhoben worden sind. Es ist ja an sich nichtz Auffallendes, wenn man eine tiefe Wasserstraße durchs Land zieht daß dann der Verkehr von einer Seite zur andern nicht mehr s bequem sich gestaltet wie früher, als diese Wasserstraße noch nicht bestand. Wir haben, als der Kanal gebar wurde, allen Anforderungen, die die Königlich preußische Landespolizeibehörde rücksichtlich der Herstellung von Verbindungen von einem Ufer zum andern an uns stellte, durchaus Ge— nüge geleistet; ja wir sind noch darüber hinausgegangen insofern wir eine feste Brücke mehr gebaut haben, als ae. uns verlangt wurde, und insofern wir die Fähren sehr viel besser und sicherer ausgestaltet haben als wie die unter der Königlich preußischen Verwaltung stehenden Fähren. Ich bin nun garnicht der Meinung, daß man sich lediglich auf die Erfüllung der polizeilichen Vorschristen bezüglich der Herstellung der Kommunikationz⸗ wege beschränken soll, wenn man anderseits eine wohlwollende und coulante Verwaltung führen will. Aber so weit, wie es die Anforderungen der Interessenten uns ansinnen, können wir in der Erfüllung der Wünsche unter keinen Umständen gehen. Da, wie gesagt, kommt die Grenze in Betracht, die uns durch die zur Verfügung stehenden Fonds gezogen ist; und so lange, wie der Kanal noch nicht durch seine Einnahmen die Betriebskosten deckt, glaube ich schwerlich voraussetzen zu dürfen, daß der Reichstag bereit sein wird, für große Anlagen neue Mittel zu bewilligen. Eine feste Brücke über den Kanal kostet aber sehr viel Geld, und auch eine Drehbrücke über den Kanal ist nicht unter 7 — 800 000 6 herzustellen. Außerdem ist eine solche Drehbrücke unter allen Umständen ein Hinderniß für die Schiffahrt, und nicht bloß die Schiffahrt, sondern auch die Landetvertheidigung hat dabei ein Wort mitzusprechen. Es ist sehr die Frage, ob, wenn wir mit dem Ansinnen hervortreten wollten, uns die Errichtung von festen Bauten zum Zwecke von Brücken in irgendwelcher Form zu gestatten, wir bei dem Großen Generalstabe und dem Herrn Kriegs— Minister Glück haben würden.
Was den Dienst der Fähren anlangt, so ist dieser Dienst nach Maßgabe des Bedürfnisses fortgesetzt verbessert. Aber freilich, Um— wege müssen die Jnteressenten gegenüber dem früheren Zustande machen; davon können wir sie nicht dispensieren. Ein befriedigender Zustand wird meiner Ueberzeugung nach erst dann eintreten, wenn durch Landaustausch auf der einen und auf der anderen Seite die wirthschaftlichen Verhältnisse konsolidiert sein werden und die ein— zelnen Wirthe nicht mehr nöthig haben, Land, was auf der anderen Seite des Kanals liegt, von ihrer Wohnstelle aus zu bewirthschaften. Erst dann werden befriedigende Zustände eintreten, wenn auch die Schul und Kirchensysteme dieser neuen und, wie zugegeben sein wird, in gewisser Weise zwingenden Grenze sich angepaßt haben. Das alles aber können wir nicht von heute auf morgen machen; allein wir werden im Laufe der Zeit zu befriedigenderen Zuständen gelangen, als sie heute bestehen. Was von seiten der Zentralperwaltung geschehen kann, um billige Wünsche der Interessenten bezüglich der Kommunikation von einem zum anderen Ufer zu erfüllen, das soll gewiß geschehen.
Was nun die kleine Küstenschiffahrt anlangt, so bedauere ich, daß der Herr Vorredner mir keine Kenntniß von den Vorfällen gegeben hat. Ich höre eben, daß die von ihm erwähnte Verzögerung, welche in Bezug auf die Abfertigung eines Schiffes in Holtenau vorge⸗ kommen sein soll und die sich erstreckt hat von Mittwoch Abend bis Donnerstag Abend, damit zusammenhängt, daß der Kanal durch das dänische Schiff Johann Siem“ gesperrt war und man im Augen⸗ blick nicht riskierte, mit Schiffen durch den Kanal zu fahren, bevor nicht die Situation geklärt war.
Daß man Schiffe zu Schleppzügen vereinigt, ist an sich, dem wird der Herr Vorredner zustimmen, ein nicht zu bemängelndes Unter⸗ nehmen. Natürlich darf der dadurch für das einzelne Schiff hervor⸗ gerufene Aufenthalt nicht über die Gebühr ausgedehnt werden. Ich habe aber das Vertrauen zu der Instanz, die den Betrieb auf dem Kanal leitet, daß sie schon im eigenen Interesse und im Interesse unserer Einnahmen darauf sehen wird, daß die Zeitdauer, während der die Schiffe liegen müssen, um zu einem Schiffszuge vereinigt zu werden, nicht zu lange bemessen wird. Denn wenn sie in dieser Beziebung nicht entgegenkommend verführe, so würden unsere Kanal⸗ einnahmen, statt daß sie sich jetzt einer steigenden Tendenz dauernd erfreuen, wahrscheinlich bald heruntergehen.
Was endlich die Schlickablagerung anlangt auf dem linken Ufer der Elbe, so müssen wir ja natürlich mit unserem Baggerboden irgendwo bleiben. Er ist dort abgelagert worden, wo wir es für an⸗ gängig erachtet haben. Sind Schädigungen dadurch entstanden, so wird sich ja darüber reden lassen, ob eine Entschädigung dafür zu leisten ist. Jedenfalls vertraue ich aber, bevor ich eines Besseren be⸗ lehrt bir, der Umsicht der Verwaltung in dieser Beziehung, doß sie sich eine Stelle ausgesucht haben wird, an welcher durch die Ablage⸗ rung möglichst wenig Unheil geschieht.
Abg. Graf von Hol stein (d. kons.) hält es für dringend nothwendig daß die Wünsche der Inkeressenten berücsichtigt würden. Besonders nachtheilig sei die häufige Störung des Trajektverkehrs.
Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:
Ich glaube, meinen verehrten Freund, den Herrn Vortedner durch die Mittheilung beruhigen zu können, daß bereits kommissarische Verhandlungen zwischen der Reichsverwaltung und der Koniglich preußischen Regierung eingeleitet sind zu dem Zweck, um festjustellen, was man billiger Weise und angemessener Weise zur Beseitigung der Uebelstände, die noch vorhanden sind, thun kann. .
Abg. Lorenzen (fr. Vgg) bejweifelt, daß bei der jetzigen Ein; richtung der Fähren während des Winters eine Besserung herbei⸗ gefährt' werden könne. Jedenfalls sollte man Hie Verbesserung, die berfucht werden solle, nicht auf die lange Bank schieben. D Reichstag würde dafür das Geld schon bewilligen.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
Mn X74.
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(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Nachdem der Abg. Thomsen (fr. Vgg.) sich ebenfalls den Klagen der Vorredner angeschlossen hat, wird die Ausgabe fur das Kanalamt bewilligt.
Beim Etat der Verwaltung des Reichs heeres kommt der
Abg. Psus (Soz.) auf seine Ausführungen bei der zweiten Lesung zurück, wonach ein Offizier die Kneipen Dessaus, in denen Sozial⸗ kemokraten verkehrten, mit einem beschimpfenden Namen belegt babe. Er Redner) habe damals von giner Offiziers kneipe gesprochen und der Kriegs; RMinister habe das als Klatsch bezeichnet. Er weise jetzt daraufhin, daß in der von ihm bezeichneten Kneipe eine Offiziersprügelei statt- cjunden habe, in welcher die Offiziere sich mit Säbeln und Bier— eideln die Köpfe zerschlagen bhätfen Das Gericht habe den einen der Betheiligten zu 1500 . Geldstrafe verurtheilt.
Kriegs⸗Minister General⸗Lieutenant von Goßler:
Der Herr Vorredner ist auf einen Fall zurückgekommen, den er bei der Berathung meines Gehalts gelegentlich der zweiten Lesung geschildert hat. Er hat bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß in Dessau ein Lokal vorhanden wäre, „wo sich die Herren Offiziere. und Reserve⸗ Offiziere mit Bierseideln und mit gezogenen Degen die Köpfe ein⸗ schlügen ). Ich habe damals geantwortet:
‚Auch hierüber ist mir nichts bekannt, und kann ich daher diese Nachricht, bis der Beweis der Wahrheit erbracht, nur für Klatsch erklären.“
Hierbei bleibe ich auch noch jetzt stehen. Ich habe mich inzwischen äber die Vorkommnisse orientiert, und da hat es sich denn heraus— gestellt, daß es sich um einen einzigen Fall, der am 27. Januar 1894 n dem erwähnten Lokal vorgekommen ist, handelt, in welchem ein Reserve ⸗ Offizier des Train, der in seinem Zivilverhältniß Fabrikant und an jenem Abend sehr animiert gewesen ist, mit einem Herzoglich anhaltischen Ober⸗Stallmeister, welcher Offizier a. D. war, über die Frage in Streit gerieth, ob die Zigaretten, welche der Fabrikant sabrizierte, gut seien oder nicht. (Heiterkeit) Der Ober⸗ Stallmeister hatte die Güte der Zigaretten bezweifelt, und darauf war der Fabrikant thätlich gegen ihn geworden, wobei sich ersterer allerdings mit einem Bierseidel wehren mußte, weil ihm ein anderes Instrument nicht zur Hand war. Richtig ist, daß der Fabrikant zu 500 (0 Geldstrafe verurtheilt und später aus dem Offizierstand entfernt worden ist, was ja niemanden wundern wird. Der Ober Stallmeister hatte ein ehrengerichtliches Verfahren gegen sich beantragt, ist aber vor Einleitung desselben an Lungenschwindsucht
gestorben. ;
Was dieser Vorfall mit meinem Gehalt zu thun hat, das weiß ich nicht; jedenfalls liegt die Sache schon über drei Jahre zurück, und wie aus demselben Anschuldigungen gegen die Offiziere in Dessau erhoben werden können, ist mir ebenfalls nicht begreiflich. (Sehr wahr) Was den anderen Fall, die Bestrafung eines Arbeits soldaten betrifft, so ist derselbe in der zweiten Lesung ausführlich be⸗ sprochen worden. Aus den Ausführungen des Herrn Vorredners kann ich für mich keine Veranlassung nehmen, in unseren Maßnahmen gegen derartige Subjekte irgend etwas zu ändern. (Bravoh
Abg. Kunert (Soz.): Die Ausführungen des General ⸗Auditeurs Ittenbach auf meine Bemerkungen in der zweiten Lesung haben mich sn keiner Weise überzeugt. Ich behalte mir vor, später weitergehende Darlegungen zu machen. . .
Beiden Ausgaben für die Garnisonverwaltung ommt
Abg. Jorns (nl) auf die Wünsche der Städte Northeim und Ginbeck zuräck, die gerne ihre Garnisonen behalten möchten und bereit seien, Opfer dafür zu bringen, um die Schieß. und Exerzierplätze zeeignef zu gestalten. Die Truppen sollen, führt Redner aus, nach Höttingen verlegt werden, pe eine Kafeine für 800 000 „M gebaut ist; die Milttär. Verwaltung soll eine Miethe zahlen, welche der Ver= zinsung enispricht. Das ist eine große Ausgabe, größer als sie durch die Benutzung der vorhandenen Kasernen in den genannten Stäͤbten verurfacht wird. Einbeck hat in den letzten 14 Jahren über v3 O00 6 auf die Verbesserung der Kaslernen verwendet und will auch noch Unteroffizierwohnungen bauen, Das hätte doch die Militär— Ven waltung abhalten sollen, fo rücksichtslos die Interessen von Einbeck zu schädigen. . General · Major Freiherr von Gemmingen; Die Gründe für die Aufgabe der Garnison Einbeck liegen darin, daß Göttingen eine Verstärkung der Garnison haben muß zur Unterbringung der Ein⸗ saͤhrig⸗ Freiwilligen; dabei konnte nus Einbeck in Betracht kommen, weil die Kafernementsverhältnisse schlecht waren. Der Beschluß ist 1894 gefaßt worden. Angebote hat die Stadt erst im Sommer ö gemacht, als der Beschluß in seiner Ausführung bereits fest⸗ gelegt war.
Nach e gin der ordentlichen Ausgaben des Militär⸗ Etats wird um 6 Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend
1 Uhr vertagt.
Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 57. Sitzung vom 26. März 1897.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Vereinigung der Stadtgemeinde Burtscheid mit der Stadtgemeinde Aachen. Die Gemeinde⸗ Kommission beantragt die unver— änderte Annahme der Vorlage. .
Ueber den Beginn der Debatte ist i. berichtet worden. Abg. Rinte len (Zentr) : Aachen und urtscheid bilden räumlich ,,, Stadt und müßten zu gemeinsamer Verwaltung vereinigt
rden. ö Abg. Mooren IZentr.) tritt gleichfalls für die Eingemein—⸗ ug ein.
Abg. Schlabitz (fr. kons): Die freikonservative Partei stimmt der Vorlage zu.
. Abg. Spa bn IZentr) spricht sich ebenfalls für die Vorlage aus. Burtscheid habe sich nicht aus sich selbst heraus entwickelt, sondern durch die Nachbarschaft Aachens.
Abg. von Re um ann (kons): Wir sind im allgemeinen gegen eine Vergrößerung der Städte und behalten ung sür jeden einzelnen Fall unfer Votum bor. Die Veresnigung von Burtscheid mit Aachen sst von uns als eine Nothwendigkeit anerkannt, weil sie nur die ge— setzlich Festlegung einer bereitz thatsächlich bestehenden Gemeinschast in sozlaler und kommunaler Beziehung bedeutet.
Berlin, Sonnabend, den . März
Darauf wird die Vorlage mit großer Mehrheit gegen die Stimmen einiger Zentrums mitglieder und einiger Konservativer angenommen. Die dazu eingegangenen Petitionen werden für 246 erklãrt.
s folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung des Stadtkreises Breslau (Eingemeindung der Landgemeinden Kleinburg und Pöpelwitz und des Gutsbezirks Pöpelwitz).
Abg. von Pu tt ka m er⸗QOhlau (kons.): Wie wir bereits erklärt haben, behalten wir uns, für jeden Fall einer Eingemeindung unsere Entschließung vor; so hat der größte Theil meiner Freunde für die Vereinigung von Burtscheid und Aachen gestimmt, aber in Bezug auf Breslau und Kleinburg können wir die Nothwendigkeit einer Eingemeindung nicht anerkennen. Wenn auch Kleinburg mehr und mehr städtischen Charakter annimmt, sö ist das doch noch kein Grund zur Eingemeindung; eine Gemengelage beider Gemeinden ist nicht vor⸗ handen, im Gegentheil, die Grenzen sind sehr klar und deutlich. Von einem Widerstreit der kommunalen Interessen ist gleichfalls keine Rede. Die vorhandenen Uebelstände in Kleinburg lassen sich auf anderem Wege beseitigen. als durch die Eingemeindung, wenn man nämlich Kleinburg zu einem selbständigen Amtsbezirk macht. Es ist nicht richtig, daß, wie Herr Wetekamp in der ersten Lesung behauptet hat, die Petroleumlampen bei Schneefall nicht angezündet werden, auch wenn kein Mondschein ist, weil der Schnee genug leuchte. Die Saupt⸗ frage ist die Steuerfrage, und Breslau sehnt sich allerdings nach dem fetten Bissen Kleiaburg. Der ganze Vortheil der Eingemeindung liegt auf seiten Breslaus, Die Mehrheit Kleinburgs ist gegen die Ein⸗ gemeindung und will auch nicht von den Breslauer Sozialdemokraten im Reichstage vertreten sein. Ich hoffe, daß wir nicht etwa zu einer Aera von Eingemeindungen kommen, sondern daß die Regierung eine jede Eingemeindung nur aus zwingenden lokalen Gründen zuläßt. Wir können diese Vorlage nicht annehmen.
Abg. Pr. Porsch Zentr.) stellt sich namens seiner Partei in der Frage der Eingemeindungen prinzipiell auf densel ben Standpunkt wie der Vorredner, hält aber diefe Eingemeindung hier für eine dringende Rothwendigkeit. Gewundert habe er sich, daß Herr von Puttkamer nur gegen die Eingemeindung von Kleinburg fei, aber nicht auch feen die von Pöpelwitz. Mit demselben Rechteé könne er, Redner, agen, daß der Landkreis Breslau den fetten Bissen nicht herarnsgeben wolle. Mit einer eingehenden Schilderung der lokalen Verhältnisse begründet Redner die Nothwendigkeit der Vorlage.
Unter⸗Staatssekretär Braun behrens weist darauf hin, daß der Bezirksausschuß und der Provinzialrath übereinstimmend die Noth⸗ wendigkeit dieser Eingemeindung anerkannt hätten; durchschlagende Gründe gegen dieselbe seien nicht vorgebracht worden.
Abg. Hausmann (ul) meint, was Pöpelwitz recht sei, müsse Kleinburg billig sein. Die Kleinburger sollten auch das ethische PNoment' bedenken, daß sie alle Vortheile einer großen Stadt von Breslau hätten und mitgenössen und dafür auch Lasten übernehmen müßten. Er stimme für die Vorlage. .
Nachdem sich noch der Abg. Gothein (fr. Vgg.) für die Vorlage ausgesprochen hat, wird sie gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Die dazu eingegangenen Peti⸗ tionen werden für erledigt erklärt.
Schluß nach 3i / Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr. (Gesetzentwurf, betreffend die Regelung der Richter⸗ gehälter; kleinere Vorlagen; kleinere Etats; Etat der An⸗
fiedlungskommission.)
Statistik und Volkswirthschaft.
Der auswärtige Handel des deutschen Zollgebiets , 1897.
en Stat stischen Amt herausgegebenen Februarheft.)
A Einfuhr im Februar in Tonnen zu 1000 kg netto: 2341 625 gegen 2023 774 und 1 534 295 im Februar der beiden Vorjahre, daber mebr 317 251 und 786 730. Hierunter Edelmetalle 65, übrige Artikel 2340 957. Gestiegen ist hauptsächlich die Einfuhr von Abfällen (um 16600), von Holz 2c. (38 894), von Material. Spezerei.! und Konditorwaaren ꝛc. (83 113, von Oel und Fetten (15 162), von Stein⸗ und Braunkohlen ꝛc. (185 283), während die Einfubr von Droguerie-, Apotheker-; und Fa hewaaren um 28 460, von Getreide ꝛc. um 7432 zurückgegangen ist. Bei 16 von 43 Num— mern des Zolltarifs zeigt sich eine Abnahme, bei 27 eine Zunahme der Einfuhr.
B Ausfuhr im Februar in Tonnen zu 1000 kg netto: 1968 255 gegen 1 865 827 und 1463 929 im Februar der beiden Vorjahre, daher mehr 22 428 und 454 325. Hierunter Edelmetalle 30, übrige Artikel 1 958 225. Wesentlich gestiegen ist die Ausfuhr von Erden, Erzen ꝛc. (um 84 994), von Steinkohlen 2c. (107 007), während die Gisen. und Eisenwaarenautfuhr um 32 118 zurückgegangen ist. Bei 12 von 43 Nummern des Zolltarifs ist eine Zunahme, bei 31 eine Abnahme der Ausfuhr eingetreten. Trotz der Mehrausfuhr im Februar bleibt die Autfuhr in den beiden Monaten des Jahres um 35 760 gegen die gleichen Monate des Vorjahres zurück, übersteigt 3 . Rusfuhr in dem gleichen Zeitraum des Jahres 1895 um 577 852.
ahrräder wurden in den beiden Monaten des Jahres a,. ein; geführt 1114 Stück und 53 t Fahrradtheile, b. ausgeführt 1153 Stück und 55 t. Fahrradtheile.
Der Jahresbericht der badischen Fabrikinspektion für 1896.
(Nach dem vom Kaiserli
Als erster der deutschen Fabrikinspektionsberichte für das ver⸗ gangene Jahr ist vor kurzem der badische erschienen. Im Eingang desfelben ist darauf hingewiesen, daß die Frage der Vereinigung der Wissenschaft mit der Praxis in der Fabrikinspektion daduich theilweise elöst worden ist, daß ein wissenschaftlicher Hilfsarbeiter zum Fabrik⸗ nspektor und ein ehemaliger Arbeiter, der in einer Baugewer kenschule Die Werkmeisterqualifikation erlangt hatte, zum Assiftenten e nannt wurde. Im laufenden Jahre wird ein zweiter derartiger Assistent folgen. Wirkliche Assistenz wird noch nicht in Aussicht genommen. In 1662 Betrieben wurden 1829 Revisionen vorgenommen. An Sonntagen wurden 266 Bäckereien unterfucht, obwohl sie nicht der Inspektion unterstellt sind. Wiederholt wurde wegen ungenügender Beauffichtigung der Betriebe seitens der Ortsbehörden Klage geführt. Bedauert wird in dem Bericht, daß eine einheitliche gesetzliche Definition des Fabrikbetriebes feblt. Die Arbeitgeber befolgten in der Regel die Wünsche der. Inspektion. zur Beseitigung von Mißständen. Das Verhältniß zwischen Arbeitgebern und nehmern hat sich vertrauensvoller als früher gestaltet. Vie Sprechstunden der Inspektion zur Entgegennahme von Arbeiterbeschwerden wurden allerdings nur spärlich besucht. Außer diefen wurden schriftliche Klagen und solche dur Vertreter vorgebracht. War auch die Information der; eschwerdeführer mitunter eine mangelhafte, so wurde doch fast stets ein berechtigter Kern in den Beschwerden erkannt. Zur Vermeidung direkter Beschwerden der Arbeltnehmer gegen ihre Arbeit eber wird Anschluß an bestehende gewerkschaftliche Gnicht politische) Organisationen emp ohlen.
1897.
Auf dem Gebiete der Unfallverhütung schlagen die Berufsge . schaften nur direkte Schutzmittel vor, die 86h 6 den indirekten Ursachen der Unfälle entgegen. Bei Anklagen wegen Verletzung der Arbeiter eseßzgebung berufen sich die Staatsanwalt⸗ schaften häufig auf das Gutachten der Inspektionen. So bildet sich all mäblich eine entsprechende Instruttion aus
Die jugendlichen Arbeiter in Baden vermehrten sich von 511 im Vorjahre auf 1023, darunter 54 Kinder unter 14 Jahren. Bei Ge— setzesbertretungen anläßlich der Beschäftigung der Kinder und Jugend⸗ lichen sollen die Ortsbehörden bisweilen ungenügendes Verständniß der 4 gezeigt haben. s
n der Bijouteriebranche wurden Befreiung⸗n von den vor geschriebenen Arbeitspausen gewährt. ‚Lehrlingszüchterei“ soll fort⸗ ee ßt vorgekommen sein. In der igt renindustri⸗ zeigte sich das Bestreben, jugendliche Arbeiter durch Lehrverträge Jahre lang fest⸗ zuhalten. Gegen die Mißstände im Fortbildungsschulbesuche, Lohn⸗ abzug wegen desselben, konnte seitens der Inspektion nichts geschehen. Die Zahl der badischen Arbeiterinnen stieg von 48 300 im Vor / jahre auf 49 122; die Gesammtzahl der weiblichen Arbeiter innerhalb derjenigen aller Arbeiter betrug 1895 3214 0,9, 1896 aber nur 30,74 0 /o. Zugenommen hat zie Zahl der verheiratheten weiblichen Arbeiter. Nur in wenigen Fällen wurden die Geseßzesbestimmungen bezüglich des , verletzt. Diese Fälle ereigneten sich besonders in der Bijouteriebranche, in der die Arbeiterinnen oft länger beschäftigt wurden, als gesetzlich zulässig war. Bei dem guten Geschäftsgang er⸗ wies sich eine erhebliche Bewilligung von . als nothwendig. In gewissen, keinen gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Ueber⸗ stunden unterworfenen Betrieben (Konfektion) wurden sebr lange Arbeitszeiten beobachtet. Zumal für die schlecht bezahlten Näherinnen ö ö. amtliche Bericht einen vermehrten Schutz für dringend nothwendig.
Gesundheitsstörende Einflüsse, der Frauenarbeit, sowie Verstöße gegen Anstand und Sitte bezüglich der Ankleideräume für beide Ge— schlechter in den Fabriken wurden wiederholt gerügt.
Die Anzahl der insgesammt beschäftigten Arbeiter stieß von 160 265 in 5976 Betrieben im Vorjahre auf 159 7809 in 6253 Be— trieben. Reben der Zunahme der Heschäftigten war auch theilweise eine Zunahme der Lohnsätze bemerkbar, Während namentlich in den Städten Freiburg im Breisgau und Mannheim sehr niedrige Frauen⸗ söhne gezahlt wurden, hielten sich dieselben in manchen Fabriken des Rbeinthals zwischen Basel und Konstanz den Männerlöhnen fast gleich. .
Vielfach, besonders aber in der Uhrenindustrie, wurde die Arbeittz⸗· zeit von 11 auf 10 Stunden herabgesetzt, ohne daß weniger produziert und rerdient wurde. Der erwähnten Lohnerhöhungen wegen zeigte sich sogar ein Steigen des Verdienstes.
Vielfach wurden 1 stündige Mittagspausen bewilligt. Der An⸗ regung der Inspektien gelang es, die überaus langen Schichten in den meisten städtischen Gasanstalten zu ermäßigen.
Die Mälzereien, die wegen der Sonntagsarbeit zur Petition an den Reichstag geschritten waren, kommen nunmehr den gesetzlichen Vorschriften gut nach. .
Bei der Lohnauszahlung wurde noch nicht alles in bester Ordnung befunden. Anläßlich der Kantinenwirthschaft in den Fahriken wurde da eine Abhängigkeit der Arbeiter beobachtet, wo die Kantinen an Angehörige von Aufsehern und anderen den Arbeitern vorgesetzten An⸗ gestellten vergeben waren.
Bei der Prüfung der Arbeitsordnungen wurde noch immer Mangel an Verständniß beobachtet.
Da von den Unternehmern die in den Arbeiterausschüssen vor⸗ gebrachten Wünsche in der Regel nicht beachtet worden sind. wird von den Ausschüssen fast gar kein Gebrauch mehr gemacht. In einigen Fällen fungierten Gewerbegerichte als Einigungsämter. Bedauert wird in dem amtlichen Bericht, daß die ländlichen und klein⸗ städtischen Arbeiter sich vielfach des Anschlusses an die von den großstädtischen geschaffenen Organisationen enthalten. Die . erhielten sich auf der vorsährigen Höhe. Die gesundheits⸗ schädlichen Einflüsse der Industrie vermindern sich fortgesetzt. Leider fordern jedoch Lungenkrankheiten, inbefondere die Schwindsucht, viele Spfer bei den Zigarren ⸗ und Bürstenarbeitern. Am besten genährt erscheinen die Krbeiter, die in Fabrikspeiseanstalten essen. Auf dem Gebiet der Wohnungsfürsorge kann nach Ansicht der Aufsichtsbeamten nur durch energisches und weitgehendes Eingreifen, etwas erreicht werden. Wohblfahrtseinrichtungen für Arbeiter, wie Krankenhäuser (Kom merzien. Rath ten Brink in Arlon errichtete ein Sanatorium für Blutarme und Schwächliche), Badeanstalten, Wöchnerinnen / Asyle und verschiedene Bildungsanstalten, machen Fortschritte.
Kunst und Wissenschaft. Wie der „Anzeiger“ des Germanischen National ⸗Mwulseumsz
in Nürnberg in der soeben erschienenen Nummer für Januar⸗ ebruar 1897 mittheilt, hat der unlängst zu Regensburg ver— torbene Graf Ernst von Dörnberg zu Herzberg, K. K. Kämmerer und Rittmeister a. D., der sein gesammtes großes Vermögen zu wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecken be⸗ stimmte, in bochherziger Weise auch dieser Anstalt gedacht, venn auch die Vortheile, welche derselben daraus erwachsen, erst der künftigen Generation zu gute kommen werden. Der letzt⸗ willigen Verfügung des Verstorbenen zufolge wird, nach Auesührung verschledener anderer Stiftungen, das Germanische National⸗Museum in der Zeit vom 91. bis 99. Jahre nach dem Hingange Les Erb⸗ lassers jährlich die Summe von 1I0 600 ½ und im 109. Jahre den Betrag von 87 500 ( ausbezahlt erhalten. Die Gesammtsumme soll zur Anlage einer Sammlung von Werken deutscher Kunst und Wissen⸗ schaft verwendet und diese unter dem Ramen „Gräflich von Dörn⸗ berg'sche Sammlung“ im Germanischen Museum in gesonderten Lokalen aufbewahrt und zugänglich gemacht werden. Ferner ist der Anstalt vom 101. bis 116. Jahre, bezw. 111. bis 119. Jahre, nach dem Tode des Testators eine jährliche Zuwendung von 21 875 M, bejw. 13 750 ½ zugedacht, welche als Refervefonds zu behandeln und feiner Zeit für nothwendig werdende Bauten, eventuell Nachschaffung von Einrichtung gegenständen bezw. Kunstwerken zu verwenden sst. Graf von Dörnberg hatte seinem letzten Willen die An⸗ nahme zu Grunde gelegt, daß sein Kapitalnachlaß 5 000 000 4 betrage. Wie jedech das Königliche Amtegericht Regensburg 1 mittheilte, ist nach den dermaligen Erhebungen mindestens ein dreifach höherer Kapitalnachlaß vorhanden, weshalb in gleichem Verhãltniß die angeordneten Stiftungen und Zuwendungen auch bedeutend früher ins Leben treten werden. Es ist deshalb auch die Ausführung der dem Germanischen Museum zugedachten Stiftungen erfreulicher Weise in verhältnißmäßig viel kürzerer Zeit zu erwarten als der Testator Un WAussicht! nahm. — Auch nech, über Jein weiteres be⸗ deutendes Vermächtniß ist das Museums - Direktorium in der Lage berichten zu können. Der K. und K. österreichische Haupt. mann Friedrich Hever von Rofenfeid, geboren am 13. April 1838 zu Gießen in Hessen, gestorben am 31. Dezember 1896 zu Wien, eine anerkannte Autorität auf, dem Gebiete der Heraldik und Genealogie, hat das Germanische Museum zu seinem Universal · erben esngesetzt. Das Museum erhält außer der werthvollen heraldisch · , Bibliolhek des Verstorbenen, der öfter im Museum earbeitet hat, noch beträchtliche Kapitalien, die nach Abzug einiger n. und der verschiedenen Unkosten wohl noch etwas über
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