erhalten bis zur Einrangierung in etatsmäßige Stellen oder bis zu ihrem Ausscheiden ihre Gebührnisse über die Friedens ⸗Verrflegungẽ⸗
tats der Waffe;
b. bei der Kavallerie um ;
5 Rittmeister 1. Klasse, 2 davon vom J. Oktober 1867 ab, 5 Premier ⸗Lieutenants, 2 davon vom 1. Qttober 1897 ab, 15 Second ⸗Lientenants, 6 davon vom 1. Oktober 1897 ab — siehe Ziffern 3 und 42; bei der Luftschiffer⸗Abtheilung um 2 Dauptleute — je einer J. und 2. Klasse — als Lehrer ür die dauernd einzurichtende, bisher versuchsweise estebende Lebranstalt; . bei den Ädjutanten bei den böberen Kommando⸗Behörden um 1ñHSauptmann 2. Klasse als 3. Adjutant bei dem General⸗ Kommando III. Armee-Korps; „bei den Train-Bataillonen um ; 2 Premier Lientenants für Bespannungs / Abtheilungen der 36 Artillerie, vom 1. Oktober 1897 ab — siehe iffer 4b; . ;
f. bei den Bezirks- Kommandos um 30 inaktive Offiziere — in der Regel Hauptleute oder Lientenants — als Bezirks Offiziere, auf welche die Festfetzungen der Ordre vom 26. März 1888, Ziffer 3, Anwendung finden;
g. bei den Divisions⸗Aerzten um 17 Stellen; dagegen fallen die 5 Ober⸗Stabs. und Garnison⸗Arztstellen in Magdeburg, Cassel, Han⸗ noper, Stettin und Münster fort;
h. bei dem Zeugpersonal um
2 Zeug ⸗Hauptleute 2. Klasse und 2 Zeug · Lieu renants; = i. bei der Unteroffizier⸗Vorschule in Greifenberz i. Pomm. um 1ẽHauptmann 2. Klasse, 3 Premier⸗Lieutenants, 3 Second ⸗Lieutenants, 1 Assistenz ˖ Arzt.
3) Die Benennung. Melderelter . Detachement des X. Armee⸗Korps wird in . Detachement Garde⸗Jäger zu Pferde! bezw. „Detachement Jäger zu Pferde des T. Armee⸗Korps“ umgeändert.
Die Stärke des Detachements Jäger zu Pferde eines. Armee— Korps wird unter Abänderung Meiner Ordre vom 30. März 1895 Ziffer 20 — auf die Stärke einer Eskadron desjenigen Kapallerie⸗ Regiments festgesetzt, welchem das Detachement angegliedert ist. Die Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften und Pferde des Detachements treten dem Etat dieses Regiments binzu.
Unter den für jedes Betachement etatsmäßigen Unteroffizierstellen befindet sich eine Stelle für einen Fahnenschmied. Portepee⸗Fähnriche und Trompeter erhalten die Jäger zu Pferde nicht; dagegen erhöht sich der Etat des betreffenden Kavallerie⸗Regiments um 2 Ockonomie⸗ Handwerker.
Die von Mir am 11. Mai 1896 genehmigte Dienstordnung für die Meldereiter⸗Detachements wird abgeändert den betheiligten Dienst⸗ stellen zugehen; die dieser Dienstordnung beiliegenden Besonderen Bestimmungen für den Zasammentritt der Meldereiter⸗Detachements u. f. w. vom Jahre 1895 treten außer Kraft.
4) Es werden neu errichtet: .
a. je ein Detachement Jäger zu Pferde bei dem XIV. und XVII. Armee-Korps am 1. Oktober 1897; dieselben werden dem 1. Badischen Leib⸗ Vragoner⸗ Regiment Nr. 20 bew. dem 1. Leib⸗ Husaren⸗Regiment Nr. I angegliedert und erhalten die gleiche Uniform wie die Detachements des XXV. bezw. J. Armee Korps. Die Unter⸗ . erfolgt durch die Nummer des Armee⸗Korps auf den Achsel⸗ schnüren und Schulterklappen;
b. in Glogau und Thorn je eine Bespannungs⸗ Abtheilung für Fuß⸗Artillerie vom 1. Oktober 1897 ab in der Stärke der bei den Train⸗Bataillonen Nr. I5 und 16 bestehenden Bespannungs⸗Abthei⸗ lungen. Die neuen Bespannungs - Abtheilungen treten den Etats des Schlesischen Train Bataillons Nr. 6 bezw. des Train⸗ Bataillons Nr. 17 hinzu. .
Die bei dem Großherzoglich Hessischen Train⸗Bataillon Nr. 25 bestehende Bespannungs. Abtheilung für Fuß ⸗Artillerie wird zum 1. Oktober 1897 nach Köln verlegt und tritt mit diesem Zeitpunkte zum Rheinischen Train⸗Bataillon Nr. 8 über.
5) Von den bei dem Generalstabe der Armee vorhandenen vier Ober ˖ Quartiermeistern kann einer die Dienstbezeichnung „General⸗ Quartiermeister! erhalten.
6) Es werden umgewandelt:
a. die Stellen von 3 Hauptleuten J. Klasse — Referenten — beim Kriegs⸗Ministerium in solche für Stabsoffiziere; .
b. die mit pensionierten Regiments⸗Kommandeuren besetzten Stellen der Kommandeure der Bezirks-Kommandos III und V Berlin in Stellen für aktive Regiments⸗Kommandeure.
7) Die beiden Adjutanten bei dem Militär ⸗Reit⸗Institut und der Adjutant bei der Inspektion der militärischen Strasanstalten ge⸗ hören für die Folge zu den Adjutanten bei den höheren Kommando⸗ behörden. .
Die letztere Stelle wird vom Kapitel 36 Titel 1 auf das Kapitel 24 Titel 1 übertragen und aus einer Premier-Lieutenantsstelle in eine Second Lieutenantsstelle umgewandelt. .
s) Vie Stellen der Vorstände der Artillerie⸗Depots offener Orte werden für die Folge mit inaktiven Offizieren, welche in der Regel der Feld⸗Artillerie, unter Umständen der Fuß⸗Artillerie oder der Infanterie angehört haben, besetzt. Die Ernennung dieser Offiziere erfolgt erst nach Maßgabe des Freiwerdens der bezüglichen Stellen infolge anderweitiger Verwendung u. s. w. ihrer jetzigen Inhaber. Gleichzeitig kommt für jede der bei der Fuß⸗Artillerie auf diese Weise wegfallenden 14 Hauptmanns stellen ein Premier ⸗Lieutenant bei einem k in Zugang.
9) Nach den in den letzten Jahren stattgehahten Veränderungen der Standorte der Kavallerie. Regimenter kommen für diese 7 Assistenz⸗ Arztstellen in Fortfall.
10) Zur weiteren Durchführung der in Meiner Ordre vom 30. März 1895, Ziffer 12, befohlenen Erweiterung der Kriegs⸗Akademie ist bei dieser Ansialt vom 1. Oktober 1897 ab der dritte Parallel Eötus (11Tc) unter Vermehrung der bisher Kommandierten um 33 einzurichten.
115 Zur Entlastung der 1. Artillerie Offiziere vom Platz in Metz und Thorn von den ihnen zur Zeit obliegenden Verwaltungsgeschäften werden als Vorstände der Artillerie Bepots in diesen Festungen pensionierte Stabgoffizlere, welche der Fuß. Artillerie angehört haben, . Die nähe ren Anordnungen hat das Kriegs ⸗Ministerium zu treffen.
12 Bei der Ober Feuerwerkerschule werden vom 1. September 1897 ab obere Lehrgänge eingeführt.
13) Die Stärke des Lehr⸗Infanterie⸗Bataillons wird während der Monate April bis September jedes Jahres um 12 Unteroffiziere und 155 Gemeine (Kommandierte) erhöht. .
14) Die Verfuchsstelle für Sprengstoffe in Spandau hat künftig die Bejeichnung Militär ⸗Versuchhamt. zu führen; Ziffer 9 Meiner Ordre vom 20. Februar 1890 ändert sich entsprechend. An der Spitze diefes Instituts steht die „Direktion des Militär-Versuchsamts in Spandau“. Mit den Geschäften des Direktors wird einer der für das Institut etatsmäßigen Beamten (Chemiker und Physiker) beauftragt. . ;
15) Zur Weiterbildung von Offizieren der Feld ⸗Artillerie in den Fachwissenschaften dieser Waffe werden — zunächst versuchsweise— bei der Vereinigten Artillerie, und Ingenieurschule am 1. Oktober 1897 eingerichtet:
ein oberer Lehrgang von 91 monatlicher Dauer für höchstens 20 Lieutenants
ein unterer Lehrgang von derselben Zeitdauer für höchstens 30 Lieutenants.
16) Vom 1. Oktober 1897 ab sind big auf weiteres zu jedem Kursus der Feld. Artillerie⸗Schießschule 100 statt 80 Second ⸗Lꝛeute⸗ nants der Feld⸗Artillerie zu kommandieren. .
17, Behufs Ausbildung im tehnischen Revisionsdienst sind für
und
die Folge allsäbrlich 33 anstatt, wie bisher, 29 Lieutenants der Feld⸗ fel 7 je? Monate zu den technischen Instituten der Artillerie
zu kommandieren. . . 18 An Stelle der durch Meine Ordre vom 30. März 1896 fest⸗
gesetzten . von 12 sind künftig 20 Lieutenants der Feld und der n . erie behufs Ausbildung im technischen Dienst nach dem
rmessen des Kriegs, Ministeriums zu den technischen Instituten oder zur Technischen Hochschule zu kommandieren. Pie Kommandierung dieser Sffiziere hat auf Ersuchen des Kriegs- Ministeriums seitens der betreffenden General ⸗ Kommandos bezw. der General⸗Inspektion der Fuß ˖ Artillerie zu erfolgen.
19) Die Zabl der in die Kaiser Wilhelms⸗Akademie für das . Bildungswesen aufzunehmenden Studierenden wird um
2 erhöht.
70) Diese Bestimmungen treten, sofern nicht ausdrücklich vor— stehend für einzelne Maßregeln abweichend verfügt ist, mit dem 1. April 1897 in Kraft. ..
Das Kriegs ⸗Ministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen.
Berlin, den 31. März 1897.
Wilhelm.
von Gohßler.
Der hiesige Gesandte der Vereinigten Staaten von Mexico Manuel Iturbe hat Berlin auf einige Zeit verlassen. Als interimistischer Geschäftsträger fungiert während seiner Ab⸗ wesenheit der Erste Sekretär der Gesandtschatft F. Larrainzar.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Marcus ist von Berlin abgereist.
Der k Winckler zu Glatz ist der Königlichen Regierung zu Potsdam zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der Regierungs-Assessor Freiherr von Houwald aus Danzig, zur Zeit in Berlin, ist dem Landrath des Kreises Waldenburg, Regierungsbezirk Breslau, zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.
Friedrichsruh, 1. April. Die Feier des Geburts⸗ tages des Fuürsten Bismarck hat, wie W. T. B.“ meldet, im engsten Familienkreise stattgefunden. Die Zahl der ein⸗ gelaufenen Glückwunsch⸗Depeschen, sowie der Blumen⸗Arrange⸗ ments war sehr groß. Die von den Musikkorps des 9. Jäger⸗ Bataillons, des 76. und 31. Infanterie⸗Regiments beabsichtigte Morgenmusik konnte nicht zur Ausführung gelangen, da der Fürst noch der unbedingten Schonung bedarf und sich nicht den Beschwerden aussetzen kann, die bei einer Feier nach her⸗ gebrachter Weise für ihn erwachsen würden.
Sigmaringen, 1. April. Ihre Königlichen Hoheiten die Fürstin-Mutter von Hohenzollern und die Gräfin k haben sich heute von hier nach Baden⸗Baden begeben.
Sachsen.
Seine Majestät der König gedenkt, wie das „Dresdener Journal“ meldet, am nächsten Sonntag, den 4. April, Abends, nach Baden-Baden zu reisen, um daselbst mit Ihrer Majestät der Königin zusammenzutreffen, Allerhöchstwelche gestern Abend Mentone verlassen hat und über Marseille⸗Lyon⸗Dijon⸗ Belfort-Straßburg am 5. April in Baden⸗Baden einzutreffen beabsichtigt. Die Rückkehr Ihrer Majestäten nach Dresden erfolgt in der Charwoche.
Mecklenburg⸗Schwerin.
In dem Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Groß— herzogs ist, wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes von gestern gemeldet wird, eine Veränderung nicht eingetreten. Die Nachtruhe ist vielfach gestört, der Puls ist zeitweise kräftiger geworden.
Schaumburg⸗Lippe.
Auf Befehl Seiner Durchlaucht des Fürsten zu Schaumburg⸗Lippe veröffentlicht das Ministerium die Verlobung Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Adelheid zu Schaumburg-Lippe mit Seiner Durchlaucht dem Prinzen Ernst zu Sachsen-Altenburg.
Die Prinzessin Adelheid, geboren zu Ratiboritz an 22. September 1875, ist die dritte Tochter Seiner Durchlaucht des Prinzen Wilhelm zu Schaumburg Lippe und dessen Gemahlin, Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Bathildis, geborenen Prinzessin von Anhalt. Der Prin; Ernst zu Sachsen⸗Altenburg. geboren am 31. Angust 1871, ist. der einzige Sohn Seiner Durchlaucht des Prinzen Moritz zu Sachsen⸗ Altenburg, des Bruders Seiner Hoheit des regierenden Herzogs, und Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Auguste, geborenen Prinzessin von Sachsen⸗Meiningen.
Elsaß⸗Lothringen.
Das „Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen“ vom 31. v. M. veröffentlicht das Gesetz, betreffend die Fest⸗ stellung des Landeshaushalts von Elsaß— Lothringen für das Etats jahr 1897/98.
In der gestrigen Sitzung des Landesausschusses wurde ein Initiativantrag des Hauses auf Einführung der Einkommensteuer behufs Entlastung der Landwirth⸗ schaft berathen. Im Laufe der Debatte gab der Unter⸗-Staats⸗ sekretär von Schraut die Nothlage der Landwirthschaft zu, wies jedoch darauf hin, daß durch die auf dem Wege der Steuer⸗ reform gethanen Schritte bereits eine große Erleichterung für dieselben eingetreten sei. Die Einführung einer Einkommen⸗ steuer gleich der in Preußen würde die Beseitigung sämmt⸗ licher anderen direkten Steuern zur Folge haben. Das lasse sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Der Unter⸗ Staatssekretär erkannte dabei an, daß die Vertheilung einzelner bestehender Steuern ,, sei, namentlich der Personal⸗ und Mobiliarsteuern, durch welche die Minder⸗ bemittelten unverhältnißmäßig belastet würden. Der Antrag wurde schließlich einer Kommission überwiesen.
Deutsche Kolonien.
Der Verlauf der deutsch-portugiesischen Grenz⸗ linie zwischen Kap Delgado und dem unteren Ruvumg in Ostafrika war im Februar 1895 durch eine beiderseitige Kom⸗ mission an Ort und Stelle festgelegt worden. Eine nachträgliche Prüfung der der Grenzfestlegung zu Grunde gelegten astrono⸗ mischen Positionen hatte die Versetzung eines Grenzsteines auf dem Wege von Mbwisi nach Tungi nöthig gemacht. Nachdem diese Versetzung, wie das „D. Kolonialbl.“ berichtet, durch eine gemischte Kommission unter Aufnahme eines entsprechenden Protokolls am 9. Dezember 1896 stattgefunden hat, ist die , nn . Grenze in Ostafrika endgültig fest⸗ gelegt.
Das Kaiserliche Gouvernement in Deutsch⸗Ostafrika hatte den Oberarzt Dr. Gärtner nach dem Usa mbaragebiet
mit dem Auftrage entsandt, sich an Ort und Stelle über die Arbeiterverhältnisse auf den Plantagen zu infor⸗ mieren, und zwar sollte sich seine Revision insbesondere auf folgende Fragen erstrecken:
1) Sind die Arbeitsanforderungen, die an die Arbeiter gestellt werden, übertrieben oder nicht? 2) In welcher Weise wird die Auf- sicht über die Arbeiter ausgeübt? 3) Deutet der Gesundbeitszustand der Arbeiter auf schlechte Behandlung (Mißhandlung) oder schlechte Ernährung hin? 4) In welcher Weise ist dafür gesorgt, daß die Arbeiter gute und billige Lebengmittel einkaufen können? 5) Wie sind die Arbeiter untergebracht? Genügen ihre Wohnräume und die ihnen etwa über⸗ wiesenen Bettgestelle und Decken, um sie gegen die Unbilden des den meisten von ihnen (Japanen, Chinesen, Eingeborenen der Ebene) un⸗ gewohnten Klimas zu schützen? 6) Ist im Fall der Erkrankung für sofortige Bebandlung und Arzneihilfe gesorgt? In welcher Weise geschiebt dieselbe? .
Dr. Gärtner hat seine darauf bezüglichen Beobachtungen nach dem „D. Kolonialbl.“, wie folgt, zusammengefaßt:
Die Arbeittzanforderungen scheinen nirgends übertrieben zu sein. Gearbeitet wird überall durchschnittlich 10 Stunden, Sonntags ist frei. Es liegt ja wohl auch im Interesse der Plantagen leitungen, die Anforderungen nicht zu hoch zu spannen, da ihnen sonst die Arbeiter einfach fortlaufen würden. Die Aufsicht wird überall durch Aufseher desselben Stammes ausgeübt, was schon der Sprachverschiedenheit wegen nothwendig ist, zudem würden Suahelis sich kaum z. B. von Chinesen beaufsichtigen lassen und vor diesen den nöꝛrhigen Respekt haben, und umgekehrt. Die von Herrn von Rhode engagierten Wasukumas haben ihre Führer (Muntamparas), die sie herunter gebracht haben, als Ausseher beibehalten, doch hat man zur Arbeit ihnen noch Suaheli⸗Aufseher beigeben müssen, da die Muniamparas allein zu wenig intelligent sind, um eine selbst recht einfache Arbeit beaufsichtigen zu können. Der Gesundheitszustand war auf allen Plantagen ein guter, trotzdem zu der Zeit, in welcher die Inspektions. reise ausgeführt wurde, das Wetter das denkbar schlechteste war; es regnete sehr viel, zudem war es in den Bergen oft empfindlich kalt. Auch der allgemeine Ernährungszustand der Leute war durchweg als gut zu bezeichnen; wirklich abgemagerte Gestalten sah man nirgends; im Gegentheil sahen auf einzelnen Plantagen in der Ebene die Arbeiter sehr wohlgenährt aus. Die Ernährung der Arbeiter bietet in den in der Ebene gelegenen Plantagen keine Schwierigkeiten. In der Nähe finden sich meist Schamben genug, von denen die Lebensmittel direkt, das heißt ohne Zwischenhändler, bezogen werden können. Die Ein⸗ richtung, daß auf den Plantagen alle Tage zu bestimmter Stunde Markt ftattfindet, zu welchem die Verkäufer ihre Waaren selbst hin— bringen, ist jedenalls ganz praktisch. Es wird dadurch vermieden, daß die Arbeiter ihre Plantage verlassen und selbst ins Land ziehen, um sich Lebensmittel zu suchen, was leicht zu Diebstählen und Räubereien führen könnte... Im Großen und Ganzen kann als festgestellt gelten, daß man sich überall Mähe zu geben scheint, für das leibliche Wohl der Arbeiter gut zu sorgen, was ja schließlich auch nur im eigenen Interesse der Plantagen liegen kann.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Im ungarischen Unterhause meldete gestern der klerikale Abgeordnete Kalman gegen den Abgeordneten Julius Rosenberg die Inkompatibilität an.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhaguses sprach der Erste Lord des Schatzamts Balfour die Meinung aus, daß die Osterferien des Hauses vom 13. bis 26. April dauern und die Budgetvorlage nach den Osterferien zur Berathung kommen werde. Sir Charles Dil ke fragte an, ob Deutschland Truppen nach Kreta sende. Balfour erklärte, diese Anfrage ohne vorherige Anzeige derselben nicht beantworten zu können. Mac Neill verlangte Aufschluß über die Stellung Lord Salisbury's während seiner Abwesenheit sowie über die Stellung des Parlaments-Sekretärs Curzon Balfour erklärte hierauf, daß die Pflichten und die Ver⸗ antwortlichkeit Lord Salisbury's als Premier⸗Ministers und Ministers des Auswärtigen unverändert seien und daß die Stellung Curzon's genau die seiner Vorgänger in demselben Amt sei. Mac Neill beantragte hierauf die Vertagung des Hauses, um gegen Lord Salisbury's Abwesenheit zu protestieren. Der Antrag wurde, nachdem sich kein Minister zum Wort ge⸗ meldet halte, ohne namentliche Abstimmung abgelehnt. Schließlich wurde die dritte Lesung der Bill über die Militär— bauten ohne namentliche Abstimmung genehmigt.
Die Regierung hat, wie das „Reuter sche Bureau“ er⸗ fährt, eine Gebirgsbatterie, bestehend aus sechs Geschützen, die von Maulthieren getragen werden, mit fünf Offizieren und 180 Mann für den Dienst auf Kreta beordert.
Frankreich.
In dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde der Marine⸗Minister, Admiral Besnard ermächtigt, in der Deputirtenkammer einen Gesetzentwurf einzubringen, durch welchen der Regierung die Genehmigung zum Bau neuer Schiffe im Gesammtwerth von 80 Millionen Francs ertheilt wird. Diese Summe soll auf mehrere Jahre vertheilt werden; der Kredit für das Jahr 1897 soll 8 500 009 Fr. betragen.
Der Senat ertheilte gestern nach unerheblicher Debatte mit ziemlich großer Stimmenmehrheit, dem Antrage der Kommission gemäß, die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfelg ung bes Senators Levrey und nahm darauf die Artikel 1, 2 und 3 der Vorlage, betreffend die Zuckersteuer, an. — Die Deputirtenkammer nahm die Berathung des Gesetz⸗ entwurfs über die Ernennung eines Höchstkom man⸗ dierenden der Armee wieder auf. Der Berichterstatter Vicomte de Montfort wies die gegnerischen Kritiken des Entwurfes zurück und suchte die Nothwendigkeit darzuthun, daß die Heerführer schon in Friedenszeiten ihre wirklichen und scharf bemessenen Funktionen ausübten, indem er auf die Gefahr hinwies, welche die improvisierte Bestellung eines Höchstkommandierenden im modernen Kriege in sich berge, wo die Schläge rasch und entscheidend seien. Er erinnerte dabei an die Greignisse des Krieges von 1870. Die weitere Be⸗ rathung wurde sodann auf morgen vertagt.
Italien.
Der Deputirte Gianforte Suardi ist, wie W. T. B.“ berichtet, zum Unter⸗Staatssekcetär im Ackerbau⸗Ministerium ernannt worden. Der Senator Farini wurde als Senats⸗ Präsident bestätigt, ;
Der Papst hat beschlossen, in dem nach Ostern abzu⸗ haltenden Konsistorium die Erzbischöfe von Lyon, Rennes, Rouen und Compostella zu Kardinälen zu ernennen.
. Spanien.
Die Königin-⸗Regentin erhielt gestern, wie W. T. B.“ melde, während Allerhöchstdieselbe einem Konzert im Theater beiwohnte, eine Depesche, mit der Meldung, daß Noveleta auf
Lugçon in die Gewalt der Spanier gefallen sei, und ließ dieselbe
verlesen. Die Nachricht rief große Begeisterung hervor; das Publikum verlangte den Königsmarsch und die Volkshymne und brachte Hochrufe auf den König, die Königin⸗ Regentin, die Armee und die Marine aus.
Türkei.
Der griechische Gesandte Fürst Maurokordato hat, wie das Wiener „Telegraphen⸗Korrespondenz-⸗Bureau“ aus Kon⸗ stantinopel meldet, mit dem Minister des Aeußern Tewfik Pascha wegen einiger Vorfälle an der Grenze eine Unter⸗ redung gehabt, bei welcher beiderseits die Versicherung gegeben wurde, daß die Truppen an der Grenze die strengste Instruktion erhalten hätten, Reibungen zu vermeiden. Der Ge⸗ fandte soll bei diesem Anlaß nochmals eine direkte Verständigung zwischen der Türkei und Griechenland angeboten haben, indessen scheine die Absicht der Entsendung eines besonderen türkischen Abgesandten nach Athen wieder aufgegeben zu sein. — Das Kanonenboot des 1. Geschwaders „Hisgr“ hat in⸗ folge einer großen Havarie nach Konstantinopel gebracht werden müssen. — Der britische Konsul in Siwas, Major Bollmann hat bisher in Tokat 89 todte und 36 verwundete Armenier gezählt, sowie die Plünderung von drei Dörfern der Umgebung ãkonstatiert. Nach einer Meldung aus dem französischen Kloster in Tokat wurden auch zwei armenische Priester getödtet. Aus Malakia sind beunruhigende Stimmungsberichte eingelaufen. — Die Lage in Skutari (Albanien) ist noch immer gespannt. Die Mohamedaner erwarten, daß der Vali ihnen die versprochene Genugthuung verschaffen werde
Der Oberst Vassos hat, wie „W. T. B.“ aus Kaneg meldet, gestern ein Schreiben an den orthodoxen Bischof in Kane gerichtet, worin er anbietet, 42 türkische Soldaten und 2 Offiziere, welche in dem letzten Gefechte bei Malaxa gefangen genommen worden seien und in Mikiagnu zurück⸗ gehalten würden, unter der Bedingung ihrer Entfernung von Kreta auszuliefern. Die Admirale seien von der Angelegenheit sofort unterrichtet worden.
Das „Reuter'sche Bureau“ berichtet aus London: die Admirale der internationalen Flotte hätten ihre Regierungen um Sendung von je 50 Mann Kavallerie und einer halben Batterie Artillerie ersucht; diese Truppen seien als Besatzung der Forts bestimmt und sollten lediglich zur Ver⸗ theidigung dienen.
*
Griechenland. Der „Agence Havas“ wird aus Athen berichtet, daß die
britischen Kriegsschiffe außerhalb der Blockadelinie drei kleine, mit Lebensmitteln beladene griechische Segelschiffe
genommen hätten.
Amerika.
Der Präsident Mac Kinley hat, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, Andrew D. White zum Botschafter in Berlin ernannt.
Die Festsetzung des 1. April als Beginn der Wirksam⸗ keit der Tarifbill ist als Sperr bestimmung anzusehen und giebt der Vorlage rückwirkende Kraft, durch welche die Masseneinfuhr in der Zwischenzeit verhindert werden soll. Der Senat hat die Bill noch nicht angenommen, doch gilt die Annahme als zweifellos.
In Mexiko ist gestern der Kongreß eröffnet worden. Die babei verlesene Botschaft des Präsidenten besagt, nach einer Meldung des „W. T. B.“, u. a. Folgendes:
Die laufenden Einnahmen des Staatsschatzes vermehren sich andauernd mit dem Wohlstande und der Entwickelung des Landes . der ungünstigen Lage der Landwirthschaft während der letzten Jahre. Dle Gesammteinnahmen während der ersten Hälfte des Etatsjahres betrugen mehr als 255 Millionen mexikanische Dollars, überschreiten also beträchtlich die Voranschläge des Budget. Der AUnterschied fällt noch mehr ins, Gewicht, wenn man das letzte Jahr zum Vergleich heranzieht. Vie Import zölle ergaben im ersten Semester dieses Jahres ein Plus von 00 000 Doll., die Stempeleinnahmen ein solches von einer Million. Diese in hohem Grade günstige Lage gestattet, verschiedene Zweige der Verwaltung mehr zu entwickeln und die Steuer auf Gehaltsbezüge u. s. w. sowie andere Kontributionen von geringerer Bedeutung abzuschaffen. Das neue Gesetz läßt die Errichtung von Emissions-Hypotheken, und anderen Banken zu. Die Gesetze, welche die Steuern auf Gold und Silber sowie den Zolltarif modifizieren, vereinfachen die Erhebung dieser Abgaben und gestalten dieselben ergiebiger. Verschiedene Verwaltungsvorschriften verbessern den öffentlichen Dienst.
Asien.
Nach einer in Madrid eingetroffenen Depesche aus Manila hat der General Jaramillo die Aufständischen bei Bundokan geschlagen, wohei 149 Aufständische und 1 spanischer Soldat fielen.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (204) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher und der Staats sekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding beiwohnten, ehrte das Haus zunächst das Andenken des verstorbenen Abg. Schultze⸗Königsberg (Soz) in der üblichen Wei se und ging dann zur Berathung des folgenden Antrages der Abgg. Liebermann von Sonnenberg (Refp.) und Gen. über:
Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach bei allen gerichtlichen Vereidigungen von 6 Zeugen und Sachverständigen die konfessionelle Eidesformel wieder eingeführt wird.
Abg. Liebermann von Sonnenberg: Im Jahre 1861 schlug der preußische Justiz.Minister Bernuth eine Neuregelung des Eides vor; es wurde damals beantragt, jede Beziehung auf das Christenthum auß dem Eide herauszust reichen, was aber keinen Anklang fand. 1868 wurde eine Petition wegen Be⸗ seitigung der für den Judeneid bestehenden besonderen Förm⸗ lichkeiten dem Bundeskanzler zur Berüdsichtigung überwiesen. Zu einer Beschlußfassung über eine in Aussicht gestellte Vorlage zur Gleichmachung des Gides für alle Konfessionen kam es aber vor dem Kriege von 1870 nicht mehr. Durch die Zivilprozeßordnung wurde die für die Juden festgestellte Gidesformel einfach ver⸗ allgemeinert. Es verschwanden die Schlußformeln: „So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum zur ewigen Seligkeit! und .So wahr mir Gott helfe durch sein heiliges Evangelium; es verschwand ferner die Aufhebung der drei Schwurfinger. Die Vereidigung eines pangelischen Geistlichen gab Anlaß dazu, daß eine Ver⸗ fügung des Justiz⸗ Ministers erging, wonach es jedem
überlassen bleiben sollte, nach seinem Wunsch den Gid zu leisten. Aber eine gesetzliche Aenderung wurde trotz mehrfacher Anregungen nicht beschlossen. Seit 1894 ift der vorliegende Antrag von mit und meinen politischen Freunden wiederbolt gestellt worden. Eine Nothlage, eine Gewissensbedrängung liegt für die christliche Bevölkerung vor. In einer Zeit, wo wir durch das Bürgerliche Gesetzbuch eine Einheitlichkeit des Rechts anstreben, muß auch für die Eidesformel Einheitlichkeit geschaffen werden. die jetzt durch die Erlaubniß durch⸗ brochen ist, daß in Preußen die konfessionelle Eidesformel angewendet werden kann. Das schristliche Volt ist im Deutschen Reich doch noch die Mehrheit gegenüber den Andersgläubigen. Es pflegt nur ein Kennzeichen eines unterworfenen Volket zu sein, sich die Sitten des berrschenden Volkes aufdrängen zu lassen. Bei den traurigen Erfab⸗ rungen, die man bezügli der gewissenlosen, fahrlässigen Ab⸗ leitung des Eides gemacht hat, sollte man denselben mit einer gewissen Feierlichkeit umgeben. Für die Dissi⸗ denten könnte eine besondere Eidesformel eingeführt, werden. Die Regierung hat keine Veranlassung, unseren Wunsch nicht zu er⸗ fällen; denn es wird niemand dadurch geschädigt; aber das deutsche Volk würde dankbar sein für eine solche gesetzgeberische That.
Abg. Vogtherr (Soz,) hält dafür, daß keine Partei Anlaß habe, den Antrag anzunehmen.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Ich scheide bei dem Antrage und seiner Begründung alles aus, was nach Antisemitismus aussieht. Wir nehmen einen anderen Standpunkt ein als der Vorredner und seine polltischen Freunde. Der Eid ist eine religiöse Handlung auch im Gerichtsfaale. Die Religion ist nicht reine Privaisache, sondern auch eine öffentliche Angelegenheit, denn unsere ganze Staats. und Rechtsordnung steht auf dem Boden des Christenthum. Aber vom Standpunkte der Gewissens⸗ freiheit aus, auf dem wir in allen Parlamenten stehen, haben wir garnichts dagegen, daß für diejenigen, welche nicht an einen persön⸗ lichen Gott alauben, die einfache Auslage zugelassen wird bei Ver⸗ meidung von 15 Jahren Zuchthaus. Die einheitliche nichtkonfessionelle Formel des Eides und die häufige Anwendung desselben haben dazu geführt, daß der Eid als eine Geschäfissache betrachtet wird, nament- lich wenn wegen einer Polizeistundenüberschreitung ein Dutzend Eide geleistet werden können. Wir können mit dem Antrag einverstanden sein, müssen aber bezüglich der Gesetzesvorlage, die gefordert wird, Veiwahrung einlegen hinsichtlich der Ausgestaltung der einzelnen Be— stimmungen.
Bis zum Schluß des Blattes sprachen noch die Abgg. Lenzmann (rr. Volksp.), Graf von Bernstorff (Rp.), Pr. Osann (nl), Sch all, (d. kons.) und Rickert (fr. Vgg.)
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (63) Sitzung, welcher der Minister des Innern Freiherr von der Recke beiwohnte, die zweite Berathung der Entwürfe einer Städteordnung und einer Landgemeindeordnung für die Provinz Hessen⸗Nassau fort.
Ss 15 der Städteordnung enthält die Bestimmungen über die Einführung des Dreiklassenwahlrechts für die Wahlen der Stadtverordneten. Die stimmberechtigten Wähler sollen nach Maßgabe der von ihnen in der Gemeinde zu ent⸗ richtenden direkten Staats⸗, Gemeinde-, Kreis,, Bezirks- und Probinzialsteuern in drei Abtheilungen getheilt werden und zwar in der Art, daß auf jede Abtheilung ein Drittel der Ge⸗ sammtsumme der Steuerbeträge aller Wahler fällt.
Die Abgg. Cahensly und Kircher sZentr.) beantragen den Zusatz, daß in der ersten Klasse mindestens 10 Proz, in der zweilen Klasse mindestens 20 Proz. aller Stimm⸗ berechtigten Aufnahme finden müssen, und falls dies abgelehnt werden sollte, anstatt 19 Proz. bezw. 20 Proz. zu setzen: 5 Proz. bezw. 10 Proz.
Der Abg. Kircher beantragt ferner, das Dreiklassenwahl⸗ recht nur für den Regierungsbezirk Wiesbaden gelten zu lassen und für den Regierungsbezirk Cassel zu be⸗ stimmen, daß die Stadtverordneten von den stimmfähigen Bürgern aus ihrer Mitte mit gleichem Wahlrecht gewählt werden und daß mindestens drei Fünftel der Stadt⸗ verorbneten zu den hochbesteuerten Bürgern gehören müssen, d. h. zu den 25 Ortsbürgern, welche mit den höchsten Steuer⸗ beträgen herangezogen sind; in Städten mit mehr als 100 Bürgern treten für je 50 mehr die fünf nächsten höchst— besteuerten Bürger hinzu.
Abg. Kircher (Zentr.) weist in der Begründung seines Antrages darauf hin, daß die ECiaführung des Dreiklassenwablrechts gerade die große Erregung unter den Bewohnern des Regierungsbezirks Cassel uber die Vorlage hervorgerufen habe und daß man lieber die ganze Vorlage ablehnen, als dieses Wahlrecht auf sich nehmen wolle. Man ziehe die liebgewordenen alten Eigenthümlichkeiten des hessischen Wahlrechts dem preußischen vor, welches in Gestalt des Dreiklassen⸗ wahlrechts dorthin verpflanzt werden solle. Redner schildert an einigen Beispielen den überwiegenden Einfluß der wenigen Stimmen der ersten Klasse beim Dreiklassenwahlrecht. Gegen das gleiche Wahlrecht wende man ein, daß es das Eindringen sozialdemokratischer Elemente in die Stadtverordneten⸗Versammlungen begünstige. Um diesem Bedenken Rechnung zu tragen, beantrage er, daß mindestens drei Fünftel der Stadtverordneten zu den hochbesteuerten Bürgern gebören sollen. Wolle man aber die Provinz durchaus mit dem Dreiklassenwahlrecht beglücken, so möge man wenigstens den Antrag Cahensly⸗Kircher annehmen, um die plutokratische Wirkung der Drei⸗ klassenwahl etwas einzuschränken.
Abg. Dr. Schilling (kons. ): Bei der Umgestaltung des bessischen Gemeinderechts durch diese Vorlage würde das alte hessische Wahl- recht ein ganz anderes Bild ergeben als früher und müßte schon deshalb geändert werden. Wenn wir auch die berechtigten Eigen⸗ thümlichkeiten Kurhessens nach Möglichkeit schonen wollen, so bleibt uns doch nichts Anderes übrig, als das Dreiklassen⸗ wahlrecht einzuführen, das allerdings gewisse Bedenken hat; aber gewisse Bedenken hat schließlich jedes Wahlrecht. Zahlreiche Petitionen gegen die Vorlage sind allerdings aus der Bevölkerung eingegangen; aber es ist nichts leichter, als Petitionen gegen eine Vorlage zu stande zu bringen. Keine der Petitionen hat uns einen anderen gangbaren Weg vorgeschlagen. Die Anträge des Vorredners sind ungnnehmbar. Von dem überwiegenden Einfluß eines einzelnen reichen Mannes in der ersten Klasse ist in der Praxis keine Rede.
Abg. Dr. Enneccerus (ul.): Der Vorredner erklärt, er wolle die berechtigten Eigenthümlichkeiten Hessens schonen, erweist sich aber dann in seiner Rede völlig ungeneigt dazu. Mir ist diese Stellung⸗ nahme verwunderlich, da der Herr aus dem Osten ist und unsere Ver⸗ hältnisse in Hessen garnicht kennt. Für Frankfurt a. M. hält man eine Ausnahme für möglich, für den Regierungsbezirk ö für un⸗ möglich. Die Bedeutung bes Dreiklassenwahlrechts hat sich durch die Steuerreform sehr wesentlich in plutokratischer Richtung verschoben; die Degression der Wähler geht bis zu einem Steuersatz von 9000 hinauf. Dazu kommt, daß erf r die Differenz zwischen den großen und den mittleren Vermögen viel größer geworden ist als früher. Die Eintheilung der drei Klassen war ursprünglich so gedacht, daß in die erste Klasse die Bessersituierten, in die zweite der ganze große Mittel stand gehöre; das hat sich völlig verschoben, nur noch die böchsten Spitzen des Mittelstandes befinden sich in der zweiten Klasse, der e. Res ist in die dritte Klasse zurückgeworfen worden. Den größeren Steuerleistungen größere Rechte gegenüberzustellen, ist ein längst durchbrochenes Prinzip; sonst dürften die, welche über haupt keine Kommunalsteuer zahlen, gar kein Wahlrecht haben. Ich würde beantragen, die drei Klassen wenigstens so einzutheilen, daß in der ersten Klasse Üio, in der zweiten „io und in der dritten zi der Steuern vertreten sind, um die plutokratische Wirkung dieses
Systems zu beschränken; ein solcher Antrag ist aber aussichteloz. Der § 15 wird mehr schaden, als die ganze Vorlage nützen kann. Wir wollen an dem alten Rechte Hessens festhalten. ö Hierauf nimmt der Minister des Innern Freiherr von der Recke das Wort. ö. 9 x Nach weiterer längerer Debatte wird § 16 unter Ab⸗ lehnung aller Anträge unverändert in der Kommissionsfassung angenommen. (Schluß des Blattes.)
Von den Abgg. Graf zu Limburg⸗Stirum und Genossen, sowie von den Abgg. Rickert und Genossen ist im Reichstage gleichlautend folgender Antrag ein⸗ gebracht worden:
Der Reichstag wolle beschließen: dem folgenden G tw die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen: ; en,
. Gesetz, betreffend die Aufhebung des §52
. es Gesetzes über den Orden der Gesellschaft Fesu vom 4 Juli 1872 (Reichs⸗Gesetzbl. von 1872 S. 255).
51.
Der 32“) des Gesetzes, betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu
vom 4. Juli 1872 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 253) wird aufgehoben. ö . 8 2.
. Das gegenwärtige Gesetz tri mit dem Tage seiner Verkündigung
in Kraft.
Der § 2 des Gesetzes vom 4. Juli 1872 lautet:
Die Angehörigen des Ordens der Gesellschaft Jesu oder der ihm verwandten Orden oder ordengähnlichen Kongregationen können, wenn sie Aus länder sind, aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden; wenn sie Inländer sind, kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orden versagt oder angewiesen werden.
Nr. 9 des. Eisen bahn- Verordnung sblatts*, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 30. März, hat folgenden Inhalt: Allerhöchster Erlaß vom 17. März 1897, betr. Festsetzung des Eisenbahn-Direktionsbezirks Mainz, sowie anderweite Abgrenzung der Eisenbahn,Direktionsbezirke Frankfurt a. M, Köln, St. Johann Sgarbrücken, Elberfeld, Bromberg und Danzig. — Er— lasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 12. März 1837, betr. Uebernahme der Dienstanfänger in das Kündigungsverhältniß; vom 12. Mär 1897, betr. Ausübung des staatlichen Aufsichtsrecht über die auf preußischem Staatsgebiet gelegene Theilstrecke der Eisen⸗ babn Zittau — Nikrisch und die Brölthaler Eisenbahn; vom 13. März 1897 betr. Aenderung der Fundordnung vom 6. März 1895; vom 17. März 1897, betr. Einstellung von Wagen ohne durchgehende Bremse bei Zügen mit dieser Bremseinrichtung und Anbringung der Zugleine; vom 209. März 1897, betr. Aufnahme der Königlich Preußischen und Großherzoglich hessischen Eisenbahn Direktion in Mainz in den Staatsbahnwagenverband. — Nachrichten.
Arbeiterbewegung.
In Brandenburg a. H. sollen einer Mittheilung des Vor- wärts“ zufolge die Maurer auf sämmtlichen Bauten die Arbeit niedergelegt haben.
In Lübeck haben, wie die „Voss. Ztg.“ meldet, die in den dortigen Möbelfabriken beschäftigten Tischler gestern die Arbeit niedergelegt, weil ibre Forderungen um Bewilligung einer erheblichen Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit nicht bewilligt wurden.
In München stehen, wie im Vorwärts“ mitgetheilt wird, die Stuckateure der Firma Rapp u. Globe im Ausstande zur Durch⸗ führung des von den Münchener Stuckateuren aufgestellten Lohntarifs.
Hier in Berlin haben nach demselben Blatt die Steinmetzen in der Marmorwaarenfabrik von C. Fink die Arbeit, angeblich wegen Verlängerung der Arbeitszeit auf zehn Stunden, eingestellt.
Kunst und Wissenschaft.
Seine Majestät der Kaiser hat, wie die Weim. Itg.“ meldet, nachstehendes Handschreiben an den Vorstand der Goethe ⸗ Gesellschaft gerichtet:
»In Meinem Schmerze über den Heimgang Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin von Sachsen gedenke Ich auch des schweren Verlustes, welcher die Goethe⸗Gesellschaft durch das Hin⸗ scheiden ihrer Erlauchten Gönnerin betroffen hat. War es der Ver⸗ ewigten, der Begründerin des Goethe⸗ und Schiller⸗Archios, doch innige Herzenssache, das Andenken der beiden Geisteshelden an der Stätte ihres Wirkens durch Sammlung und Pflege ihrer handschriftlichen Denk⸗ mäler zu ehren und allen Deutschen ein tieferes Eindringen in den Geist ihrer Werke zu ermöglichen. Noch im vorigen Jahre war eß der Entschlafenen vergönnt, ihre unermüdliche und kein Opfer scheuende Fürsorge auf diesem Gebiete durch die Vollendung des von ihr in hochherziger Weise geschaffenen neuen Heims für das Goethe⸗ und Schiller ⸗Archio gekrönt zu sehen und die Einweihung desselben im Verein mit der Goethe⸗Gesellschaft festlich zu begehen. Mir selbst ist leider nun die Freude versagt, die neuen Archivräume und ihre jedem Deutschen theuren Schätze unter Führung der Hohen Frau in Augenscheln zu nehmen, wie es für dieses Jahr von der Heim- gegangenen Mir in Aussicht gestellt war. Ich ersuche den Vorstand, den Ausdruck Meiner herzlichen Theilnahme der Goethe ⸗Gesellschaft zu übermitteln.
Berlin im Schloß, den 26. März 1897.
Wilhelm, J. R.“
In der Sitzung der pbilosophisch historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften Gorsitzender Sekretar. Herr Vahlen) legte Herr Harnack Mittheilungen zur ältesten Geschichte der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften vor. Er sprach über die Quellen und schilderte einige Abschnitte aus der ältesten Geschichte des Instituts.
In der Sitzung der physikalisch⸗mathematischen Klasse von dem ⸗ selben Tage (vorsitzender Sekretar: Herr Waldever) las Herr Virchow über die Bevölterung der n , . Dieselbe theilt sich natur⸗ gemäß in eine schwarze (Negritos) und eine hellfarbige (Indios der älteren Schriftsteller Abtheilung. Die Negritos müssen als eine wirkliche Urbevölkerung betrachtet werden, verwandt den Andamanesen und Sakais. Die Indios, die neuerlich als Malayen aufgefaßt werden, dürften in mehrere ethnische Gruppen eingeordnet werden müssen. Wie alt sie sind, ist nicht zu erkennen. Die aͤltesten prähistorischen Höhlenschädel bieten andere Charaktere, als die heutigen Gräberschädel; sie haben am meisten Aebnlichkeit mit den Kanaken⸗ Schädeln von Hawal. — Herr Klein überreichte das Manuserspt seiner in der Sitzung vom 22. Oktober 1896 2 wir,, über Leucit und Analcim und ihre gegenseitigen Beziehungen?. D Arbeit wird eröffnet durch eine kritische Zusammenstellung der vor. handenen Literatur; dann folgt die Betrachtung neuer Methoden, die geeignet sind, um mit ihrer Hilse entscheidende Unter-