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Berichte von deutschen Fruchtmãrkten.
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Bem er kungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppeljentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durch⸗
schnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
Ein liegender Strich —) in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
Dentscher Reichstag. 206. Sitzung vom 5. April 1897, 11 Uhr.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.
Tagegordnung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Handelsgesetzbuches, und zwar bei dem sechsten Abschnitt: „Handlungsgehülfen und Handlungslehrlinge.“
Die S8 70 bis 71 betreffen die Gründe, aus denen der . bezw. der Prinzipal ohne Kündigung von dem Vertragsverhältnisse abgehen kann.
Der Handlungsgehilfe kann ohne Kündigung den Vertrag aufheben, u. a. wenn sich der Prinzipal Thätlichkeiten oder e iche Ehrverletzungen gegen ihn hat zu Schulden kommen
en. Die Kommission hat den Satz hinzugefügt: wenn der Prinzipal sich unsittliche Zumuthungen hat zu Schulden kommen lassen, oder wenn er den Handlungsgehilfen gegen solche Handlungen eines anderen Angestellten oder eines Familien⸗ angehörigen des Prinzipals nicht schützt.
Nach § 71 kann der Prinzipal das Vertragsverhältniß auflösen, wenn der Handlungsgehüͤlfe sich Thätlichkeiten gegen den Prinzipal (die Kommission hat hinzugefügt: oder „dessen Stellvertreter“ zu schulden kommen läßt.
Abg. Beckh (fr. Volksp. bean tragt, auch die Familien⸗ angehörigen des Prinzipals hier einzufügen, während
Abg. Roeren (Zentr.) die Aufhebung des Vertragsverhältnisses auch zugelassen wissen will, wenn der Handlungsgehülfe sich einem unstttlichen Lebenswandel ergebe.
Abg. Len zmann (fr. Volksp.) hält es für besser, die ganzen Bestimmungen zu streichen und es dem Richter zu überlassen, ob ein Grund zur Auflösung des Vertrages vorliege. Venn es sei schwer zu sagen, was ein unsittlicher Lebenswandel sei. Wenn man die Vor⸗ schrift bezüglich des Handlungsgehülfen annähme, dann wäre sie viel⸗ leicht viel nothwendiger bezüglich des Prinzipals, und es müßte der Antrag Roeren zum § 70 angenommen werden.
Abg. Roeren: Ich weiß nicht, wie mein Antrag solchen Widerspruch hervorrufen kann. Warum soll die Bestimmung über den unsittlichen Lebenswandel gestrichen werden, obgleich sie niemals zu irgend welchen Bedenken in der Praxis Veranlassung gegeben hat?
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath im Reichs. Justizamt Dr. Hoff⸗ mann hält es nicht für möglich, daß aus der Weglassung deß un⸗— sittlichen Lebenswandels gefolgert werden könne, daß darin kein Grund mehr für die Aufhebung der Vertragsverhältnisses liegen solle.
Abg. Singer (Soz.) erklärt sich ebenfalls gegen den Antrag Roeren, der nur Verwirrung in das Verhältniß hineinbringen würde.
Abg. Dr. Osann (ul.) hält es für bedenklich, eine Kasuistik ihn das Gesetz einzufügen, die doch nicht erschöpfend sei; er er— kläre sich daher gegen den Antrag Roeren.
Die Anträge Roeren und Beckh werden abgelehnt und die S§ 70 und 71 unverändert angenommen.
Die 88 73— 74 betreffen die Konkurrenzklausel. Nach § 73 der Kommissionsbeschlüsse soll eine Vereinbarung über die Beschränkung des Handlungsgehülfen in seiner ge⸗ werblichen Thätigkeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses nur so weit verbindlich sein, als sie nach Zeit, Ort und Um⸗ ständen nicht die Grenze überschreitet, durch welche eine un⸗ billige Erschwexrung des Fortkommens des Handlungsgehilfen ausgeschlossen wird.
Die Kommissien hat hinzugefügt, daß die Beschränkung sich nicht auf mehr als drei Jahre nach Beendigung des Dienst⸗ verhältnisses erstrecken dürfe. Die Vereinbarung solle nichtig sein, wenn der Handlungsgehülfe zur Zeit des Abschlusses minderjährig sei.
Nach j 74 soll der Prinzipal Ansprüche aus der Kon⸗ kurrenzklausel nicht geltend machen können, wenn er durch vertragswidriges Verhalten dem Handlungsgehülfen Grund zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat; ebenso soll nach dem Satze 2 des 8 74 der Prinzipal Ansprüche nicht geltend machen können, wenn er das Dienstverhältniß kündigt, es sei denn, daß ein Anlaß dazu vorliegt, den er nicht ver⸗ schuldet hat, oder daß während der Dauer der Beschraͤnkun
em Handlungsgehülfen das zuletzu von ihm bezogene Gehalt
, . wird.
ie Sozialdemokraten wollen die Konkurrenzklausel vollständig gestrichen und derartige Vereinbarungen für nichtig erklärt wissen.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) beantragt, im S 73 den von der Rommission zugefügten Satz zu streichen (Beschränkung auf 3 Jahre) und im S 74 den zweiten Satz zu streichen.
Abg. Singer hält dafür, daß mit wenigen Ausnahmen die Konkurrenzklausel im Reichstage bei dem Gesetzentwurf über den un⸗ lauteren Wettbewerb verurtheilt worden sei; man habe nur damals diesen Entwurf nicht als den richtigen Platz für die Beseitigung der Klausel
angesehen. Redner weist darauf hin, daß eine Mannheimer . ihre Angestellten auf Ehrenwort zu einer solchen Konkurrenzklausel verpflichte. Ein anderer Vertrag eines Kabelwerks in Duisburg ver⸗ pflichte einen mit 1600 M bezahlten Angestellten zur Zahlung von 30 0090 MÆ Konventionalstrafe für den Fall des Bruchs der Konkurrenz- klausel. Die meisten Korporationen hätten sich gegen die Konkurrenz⸗ klausel erklärt, mit Ausnahme des Zentralverbandes der In- dustriellen. Die chemische Industrie, welche die Konkurrenzklausel befürworte, habe dabei ausgesprochen, daß der Betriebsinhaber für die Dauer der Klausel das Gehalt weiter bezahlen müsse. Dem deutschen Handel würde eine Schmach abgenommen, wenn den unlauteren Elementen verwehrt würde, solche Verträge abzuschließen.
Abg. Freiherr von Stumm: Der Zentralverband hat sich mit dieser Frage garnicht befaßt; die chemische Industrie gehört dem Zentralverbande nicht an. Ich habe meine Verträge niemals auf Ehrenwort oder mit Konventionalstrafe abgeschlossen. Bei der Verhandlung über den unlauteren Wettbewerb hat man durchaus nicht daran gedacht, jede Möglichkeit der Beschränkung zu verhindern. Es wird immer so dargestellt, als ob anständige Prinzi= pale eine solche Konkurrenzklausel überhaupt nicht anwendeten. Die Sache besteht in der Praxis gerade umgekehrt. Es handelt sich darum, daß die unanständigen Prinzipale sich der Handlungsgehilfen zur illoyalen Konkurrenz bedienen würden. Um eine mißbräͤuchlich hohe Konvpentionalstrafe zu verhindern, genügt die Vorschrift des § 73 vollkommen. Die Beschränkung auf 3 Jahre kann zu kurz oder zu lang sein. Wenn es sich um den Eintritt in ein Konkurrenzgeschäft in einer anderen Gegend Deutschlands handelt, so würden drei Jahre zu lange sein. Wer es sich aber um ein Kon⸗ kurrenzgeschäft in derselben Straße handelt, so würden drei Jahre nicht aut reichen, da könnten es zehn Jahre sein.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding:
Meine Herren! Ich darf wohl sagen, daß in dem ganzen Ent— wurf des Handelsgesetzbuches sich kaum eine Bestimmung befindet, die uns bei der Vorbereitung der Vorlage so viel Mühe und so viele Gedanken gemacht hat, wie die Bestimmungen über die Konkurrenz- klausel, und daß auch keine Bestimmung in dem Ihnen vorliegenden Entwurf sich befindet, die so sehr die Kritik wachgerufen und uns so viele Vorwürfe zugezogen hat, weil wir die Tragweite der Frage nicht vollständig ergründet hätten. Wenn wir nun mit demjenigen, was wir Ihnen vorgelegt haben, doch noch einigermaßen uns zufrieden geben dürfen, so beruht das in der Wahr⸗ nehmung, daß doch auch Ihre Kommission, trotz der allergründlichsten Arbeit bei der Erwägung aller Vorschläge, die in der Kritik und der Oeffentlichkeit zur Verbesserung der Bestimmung über die Konkurrenzklausel hervorgetreten sind, hat anerkennen müssen, daß die Vorlage im Großen und Ganzen das Richtige getroffen habe, und daß es nur einiger Ergänzungen bedürfe, um wirklich eine aus⸗ reichend gerechte Linie zwischen den Interessen der Prinzipale und Handlungsgehilfen zu ziehen.
Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Singer bei der Ver⸗ tretung seines Antrages allerdings die ganze so schwierige Frage in sehr einfacher Weise gelöst, indem er die Berechtigung ihres Daseins über⸗ haupt verneint hat; er erklärt: eine Konkurrenzklausel ist über⸗ haupt nicht anzuerkennen, streichen wir die Bestimmung aus dem Entwurf völlig heraus! Wenn der Herr Abg. Singer sich dabei darauf berufen hat, daß früher, als hier im Hause aus Anlaß des Gesetzentwurfs über den unlauteren Wettbewerb diese Frage aufgeworfen wurde, die Meinung fast ausschließlich dahin ge⸗ gangen sei, daß die Konkurrenzklausel aus dem geschäftlichen Leben beseitigt werden müsse, so glaube ich, irrt er darin. (Sehr richtig! Anerkannt wurde hier im Hause allgemein die Nothwendigkeit einer gesetzlichen Regelung auf diesem Gebiete, aber im Sinne einer aus⸗ gleichenden Gerechtigkeit zwischen den Interessen der Prinzipale und der Handlungsgehilfen, durchaus aber nicht anerkannt wurde von der Mehrheit des Hauses, daß eine Konkurrenzklausel überhaupt nicht mehr zugelassen werden solle! Auch die Erklärung, die ich damals die Ehre hatte hier im Hause abzugeben, indem ich zusagte, daß wir den Versuch machen würden, bei der Ausarbeitung des Handelsgesetzbuches eine Regelung zu finden, ging nicht dahin, die Konkurrenzklausel zu beseitigen, sondern sie versprach nur, daß wir eine Regelung versuchen wollten, die den so lebhaft vertretenen Interessen der Handlungsgehilfen entgegen⸗ kommen würde. Das, meine Herren, haben wir in der Vorlage versucht. Daß auf seiten der Gehilfen, wie der Herr Abg. Singer behauptete, die Meinung übereinstimmend dahin gehe, die Konkurrenz⸗ klausel zu beseitigen, auch das ist nicht richtig. Große Gehilfen verbände Deutschlands, angesehene Organisationen der Handlungs⸗
gehilfen haben sich die Objektivität bewahrt, indem sie, während sie
ihre Interessen in dieser Sache verfochten, doch anerkannten: auch die Prinzipale haben ihre Interessen in dieser Frage, und auch ibre Interessen müssen bei der gesetzlichen Ordnung geschützt werden.
Also in dem Sinne, in dem der Herr Abgeordnete Singer die Sache hier vertreten hat, sind, glaube ich, abgesehen von den Ver⸗ tretern seiner Partei, in der öffentlichen Meinung nirgendwo Stimmen laut geworden. In der That, man braucht sich doch die Verhält- nisse, wie sie in der Wirklichkeit auf seiten der Prinzipale liegen, nur einigermaßen zu vergegenwärtigen, um sich sagen zu müssen,
daß, wenn man den Weg beschreiten wollte, den der Antrag
der Abgg. Dietz und Genossen hier eingeschlagen hat, man die wirthschaftlichen Existenzbedingungen der kleineren Prinzipale vielfach geradezu gefährden würde. Das Interesse, welches von seiten der Prinzipale gegenüber den Handlungsgehilfen vertreten wird, beruht einfach darin, daß sie diejenigen Erfahrungen und Kenntnisse, die sie im Laufe ihres geschäftlichen Lebens unter Aufwendung langer Arbeitszeit, ihres kleinen, vielfach schwer erworbenen Kapitals ge⸗ sammelt haben, einigermaßen doch für sich selbst bewahren können, daß diese geschäftlichen Werthe nicht der Raub eines jeden in das Geschäft gekommenen Handlungsgehilfen werden, der kurze Zeit in dem Geschäft verbleibt, um es dann wieder zu verlassen und die fremden Erfahrungen für sich auszunutzen ohne Mühe und Kosten, während der Prinzipal mit Mühen und Kosten und Zeit⸗ aufwand sie im Laufe der Jahre sich errungen hat. Kann denn darin eine Gerechtigkeit gefunden werden, daß, wenn ein fleißiger Geschäfte⸗ mann im Laufe von Jahren mit Arbeit und Reisen, mit Geld⸗ und Zeitaufwand sich eine Reihe zuverlässiger Bezugsquellen verschafft hat, die das Ansehen seines Geschäfts stützen, sich eine Reihe sicherer und guter Abnehmer gesichert hat, die die Einträglichkeit des Geschäfts be⸗ gründen, dann der Handlungsgehilfe in der vielleicht kurzen Zeit, die er im Geschäft zubringt, ohne weiteres zu eigenem Nutzen Kenntniß nehmen kann von diesen Bezugsquellen und Absatzgebieten, sie soll ausnützen dürfen ohne Rücksicht auf den dem Prinzipal daraus erwachsenden Schaden? Meine Herren, darin liegt eine wirthschaftliche und eine moralische Ungerechtigkeit, deren sich die Gesetzgebung nicht schuldig machen darf.
Nun hat der Herr Abg. Singer unseren Vorschlägen den Vor⸗ wurf gemacht, daß wir hinter den Beschlüssen, die in der Kommission für Arbeiterstatistik gefaßt worden sind, sehr zurückgeblieben seien unter augenscheinlicher Berücksichtigung der Interessen der Prinzipale. Ja, meine Herren, die Aufgabe, die der Kommission für Arbeiter statistik gestellt war, mußte im Verhältniß zu der Aufgabe, die uns gestellt war, verhältnißmäßig leicht erscheinen; denn die Kommission hatte sich nur mit Uebelständen und überhaupt mit den Verhältnissen im Ladengeschäfte zu befassen, wir dagegen hatten die Aufgabe zu lösen, eine übereinstimmende Regelung herbeizuführen für das gan ze Gebiet des Handels: für große und für kleine Geschäfte, für offene Ladengeschäfte und für geschleßene Unternehmungen, und da stellen sich die Dinge doch ganz anders, als wenn man einen kleinen Zweig des Handelsbetriebes sich allein zum Vorwurfe nimmt.
Es ist auch nicht ganz richtig, wenn Herr Singer uns vorhält, daß wir bei unserer Regelung uns im wesentlichen darauf beschränkt hätten, alles in das Ermessen des Richters zu stellen. Wir sind in zwei Beziehungen, die für das praktische Leben große Bedeutung in Anspruch nehmen können, erheblich weiter gegangen. Der Entwurf erklärt zunächst: für alle minderjährigen Handlungsgehilfen giebt es keine Konkurrenzklausel. Das will : sehr viel bedeuten, wenn Sie berücksichtigen, wie groß die Zahl der Handlungsgehilfen ist, die im minderjährigen Alter bereits im Geschäfte stehen. Der Entwurf erklärt ferner, daß für diejenigen Handlungsgehilfen, die ohne einen triftigen Grund von ihrem Prinzipal entlassen werden, die aus der freien Initiative des Prinzipals oder durch dessen Schuld genöthigt werden, anderweit einen Erwerb zu suchen, es keine Konkurrenzklausel giebt. Nur für die Verhältnisse der übrigen Gehilfen soll es gestattet sein, einen Vertrag zu schließen, kraft dessen der Handlungs⸗ gehilfe eine gewisse Zeit sich der Ausnutzung des geistigen Kapitals, wenn ich so sagen darf, das der Prinzipal in seinem Geschäftsbetriebe für sich erworben hat, zu enthalten hat. Daß der Fall vorkommen könnte, wo jemand auf Lebenszeit genöthigt würde, dem Betriebe seines früheren Prinzipals keine Konkurrenz zu machen, das wird im Ernste niemand besorgen wollen. Käme ein exorbitanter Fall dieser Art vor, so würde der Richter sicherlich einschreiten und kraft der ihm durch den Entwurf zugedachten Vollmachten derartige Dinge un⸗ möglich machen. Wenn Sie berücksichtigen, meine Herren, was der Entwurf in dieser Weise vorgeschlagen hat, das richterliche Ermessen in allen denjenigen Fällen, in denen überhaupt eine Konkurrenzklausel zulässig ist, frei walten zu lassen, weil es eben nicht möglich ist, alle Ver⸗ hältnisse durch bestimmte Vorschriften zu regeln, daß der Entwurf den Ausschluß der Konkurrenzklausel für alle minderjährigen Handlungs⸗ gehilfen, auch den Ausschluß der Konkurrenzklausel für alle diejenigen Handlungsgehilfen vorsieht, die aus der freien Initiative oder durch die Schuld des Prinzipals aus dem Geschäfre ausscheiden, so werden Sie zugeben müssen, daß den Wünschen der Handlungsgehilfen in weitgehendem Maße entgegengekommen ist, — so weit entgegengekommen ist, als es, ohne die Interessen der Prinzipale auf das empfindlichste zu berühren, geschehen kann. Und wenn der Herr Abgzg. Singer den Wunsch ausspricht, daß das hohe Haus bemüht sein möge, eine Lösung zu finden, die es für die Zukunft verhindert, daß Handlungsgehilfen genöthigt werden zum Eingehen entehrender Verpflichtungen, so bietet die Vorlage den Weg dazu. Dem Ein⸗ gehen entehrender Verpflichtungen wird durch die Bestimmungen der Vorlage in jeder Weise vorgebeugt werden.
Meine Herren, ich kann Ihnen also nur empfehlen — und es wird in dieser Beziehung vieler Worte kaum bedürfen —: lehnen Sie den von dem Herrn Abg. Singer vertretenen Antrag ab und treten auf den Boden der Regierungsvorlage!
Nun hat die Regierungsvorlage von seiten Ihrer Kommisston in zwei Punkten Abänderungen erfahren, von denen ich nicht anerkennen kann, daß sie glückliche gewesen sind.
Meine Herren, Ihre Kommission hat entgegen dem Wunsche der verbündeten Regierungen vorgeschlagen, daß in denjenigen Fällen, in denen eine Konkurrenzklausel zulässig sein soll, die Dauer dieser Konkurrenzklausel unter allen Umständen beschränkt bleiben müsse auf drei Jahre. Der Herr Abg. Freiherr von Stumm hat sich die Auffasfsung der Regierungen zu eigen gemacht und beantragt, diese Bestimmung zu streichen. Meine Herren, ich würde es nicht nur vom Standpunkt der Prinzipale, sondern auch der Handlungsgehilfen als einen Gewinn ansehen, wenn dieser Vorschlag Ihrer Kommission gestrichen würde.
Ich glaube nicht, daß durch eine derartige mechanische Beschränkung der Konkurrenzklausel auf einen unbedingten Zeitraum von höchstens drei Jahren dem Interesse der Handlungsgehilfen Rechnung getragen ¶ wird. Ich glaube, ich täusche mich in der Art und Weise, wie das Leben derartige Bestimmungen in die Praxis einzuführen pflegt, nicht, wenn ich der Besorgniß Aus—⸗ druck gebe, daß die nächste Folge einer solchen Vorschrift die sein wird, daß nunmehr die meisten Konkurrenzabkommen auch in der That auf den von Ihrer Kommission vorgeschlagenen Maximalzeitraum abgeschlossen werden. Gegenwärtig ist das glücklicherweise nicht so; die übergroße Mehrzahl der Konkurrenzklauseln erstreckt sich auf die Zeit von ein big zwei Jahren. Wenn aber nunmehr im Gesetze ausdrücklich gesagt werden sollte: auf länger als drei Jahre darf die Konkurrenzklausel nicht lauten, — dann wird die öffentliche Meinung daraus schließen: drei Jahre darf sie aber der Regel nach dauern, auf drei Jahre wird sie infolge dessen auch regelmäßig lauten. Ein solches Ergebniß wird also aus dem Vorschlage er⸗ wachfen, lediglich zum Nachtheil der Handelsgehilfen.
Aber, meine Herren, auch im Interesse der Prinzipale kann ich doch nicht anerkennen, daß dieser Zeitraum ausreichend Rücksicht nimmt auf die Verhältnisse des praktischen Geschäftsbetriebes. Nehmen Sie doch nur einmal an den Fall, daß einem ausscheidenden Handlungs⸗ gehilfen nicht die Konkurrenz untersagt werden soll für den ganzen Umfang des Betriebes des Prinzipals, sondern nur für einen einzelnen Artikel aus dem Geschäft; der Prinzipal hat es verstanden, für einen einzelnen Artikel sich eine besonders große Anerkennung zu verschaffen, für diesen einen Artikel einen zuverlässigen Kundenkreis zu gewinnen, weil er gerade für ihn vorzügliche Bezuges quellen hat und die pfleglichste Behandlung kennt. Da kann es doch durchaus nicht unbillig erscheinen, daß die Konkurrenzklausel auch einmal eine längere Zeit als drei Jahre um⸗ faßt, und ich kann mir sehr wohl den Fall denken, daß das Interesse des Prinzipals in keiner Weise genügend gedeckt wird, wenn er nun auch hier gezwungen sein soll, die Konkurrenzklausel auf drei Jahre zu beschränken.
So, meine Herren, sage ich: Sie schädigen in vielen Fällen das Interesse des Prinzipals, wenn Sie eine derartige mechanische Zeit grenze ziehen; Sie schädigen in vielen Fällen auch das Interesse des Handlungsgehilfen. Lassen Sie daher auch hier dem Leben Spiel⸗ raum und daz verständige Ermessen des Richters walten.
Wenn ich in diesem Punkt mit den Ausführungen des Herrn Abg. Freiherrn von Stumm mich einverstanden erklären kann und Sie bitten muß, den Zusatz, den die Kommission zu § 73 der Vorlage gemacht hat, nicht anzunehmen, so bin ich auf der anderen Seite nicht in der Lage, den Ausführungen des Herrn Vorredners zuzustimmen, soweit sie den § 74 betreffen. Lieber wäre es mir auch in 5 74, wenn Sie nicht den Vorschlag der Kommission, sondern den Vorschlag der verbündeten Regierungen annehmen wollten; aber da ein dahin gehender Antrag nicht gestellt worden ist, so, glaube ich, werden die verbündeten Regierungen Resignation üben und sich mit dem Vorschlage der Kommission einverstanden erklären müssen. Aber der Antrag des Herrn Freiherrn von Stumm geht nicht dahin, lediglich dasjenige zu beseitigen, was die Kommission dieser Bestimmung zugesetzt hat, sondern er will die praktische Tragweite des ganzen § 74 in einer nach Auffassung der verbündeten Regierungen nicht zulässigen Weise einschränken.
Ich gebe dem Herrn Vorredner vollständig zu, daß die Bestimmung, wie wir sie vorgeschlagen haben, und auch so, wie die Kommission sie formuliert hat, für viele Geschäftsunternehmer Unzuträglichkeiten nach sich ziehen wird; wir haben hier aber nur die Wahl zwischen zwei Uebeln: ent⸗ weder die Handlungsgehilfen in einer verhältnißmäßig schutzlosen Lage zu lassen, oder auf der anderen Seite den Prinzipalen Verpflichtungen aufzulegen, die für sie oft unbequem und empfindlich sein werden. Indessen glaube ich doch, daß man hoffen darf, daß auch hier im praktischen Leben bei einem besonnenen und vorsichtigen Vorbehalten der Prinzipale gegenüber den verständigen Gehilfen die Schwierigkeiten nicht unüberwindlich sein werden.
Unter den obwaltenden Verhältnissen bleibt in der That nichts Anderes übrig, als den Weg zu wählen, den die Vorlage Ihnen vor⸗ schlägt. Ich kann Ihnen deshalb nur empfehlen, die Vorschläge Ihrer Kommission zu 5§ 73 und 14 mit Ausnahme des Absatzes? des §73, den ich abzulehnen bitte, anzunehmen.
Abg. Roeren; Die Beseitigung der Konkurrenzklausel liegt nicht im Interesse der Handlungsgehülfen, die doch daran denken, selbst einmal selbständig zu werden und die sich nicht dafür bedanken können, daß sie sich nicht durch eine Konkurrenzklausel mehr zu schützen e er. Ich empfehle die unveränderte Annahme der Kommissions⸗ e .
Abg. Galler (J. Volksp.) bedauert, daß der in der Kommission gestellte Antrag, die Konkurrenzklausel für Gehülfen unter 30090 M0 Gehalt zu streichen, nicht angenommen sei; wenn auch noch die kleine Verbesserung, welche die Kommission vorgeschlagen habe, wieder be⸗ ing werden solle, dann sollte man lieber die ganze Vorschrift
treichen Abg. Him burg (d. kons.) erklärt sich für den Vorschlag der Re⸗
gierung.
ie S8 73 und 74 werden ohne Aenderung nach den Beschlüssen der Kommission genehmigt.
F 75 betrifft das Lehrling sverhältniß. Die Abgg. Dietz (Soz.) und Genossen beantragen, hierzu folgenden Zusatz:
„Bei Personen unter 17 Jahren, welche mit kaufmännischen Hilfsleistungen nicht 3 ausnahmzweise oder vorübergehend be⸗ schäftigt werden, gilt die Vermuthung, daß sie in einem Lehr⸗ verhältniß stehen.“ ö
Abg. Dietz weist auf eine analoge Beftimmung der Gewerbe⸗ ordnungsnovelle bezüglich der Handwerkslehrlinge hin.
Abg. Dr. Viel haben (Reformp.) erklärt sich für den sozial⸗ demokratischen Antrag. . .
Geheimer Ober⸗Regierungs Rath Dr. Hoffmann hält den Antrag für überflüssig. .
Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wird der An⸗ trag abgelehnt.
Nach 8 76 soll sich die Dauer der Lehrzeit nach dem ö oder, wenn nichts ausgemacht, Jai, Ortsgebrauch richten.
Die Sozialdemokraten (Abgg. Dietz u. Gen.) verlangen einen schriftlichen Lehrvertrag und wollen die Lehrzeit auf 3 Jahre in der . höchstens auf 4 Jahre festgesetzt wissen.
Geheimer Ober r,, n, Er. Hoffmann: Me verbün⸗ deten Regierungen wollen auch auf die Schriftlichkeit der Lehrverträge hinwirken; deshalb ist vorgeschrieben, daß die Lehrherren nur auf Grund schriftlicher Verträge Ansprüche erheben können.
Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wird der An⸗ trag abgelehnt. ;
Nach einem neuen 8 80 a soll derjenige bestraft werden, der die ihm den Lehrlingen gegenuber obliegende Pflicht in
einer dessen Gesundheit, Sittlichkeit oder Ausbildung gefähr⸗ denden Weise verletzt. ; .
Abg. Freiherr von Stum m beantragt, zu sagen: „ Gesundheit oder Sittlichkeit, weil der Prinzipal eines großen Geschäfts sich nicht um die Ausbildung seiner Lehrlinge im einzelnen kümmern und, w ferner ein Lehrling nicht in alle Geschäftszweige eines großen Unter nehmens eingeführt werden könne.
Abg. Singer; Die Annahme des Antrags würde die Lehrlinge schlechter stellen als bisher. An die Stelle des Prinzivals würde nach dem Gesetz in den großen Geschäften einfach der Stellvertreter desselben treten. 9 Führung des Hauptbuchs braucht der Lehrling natürlich nicht berufen zu werden.
. cl ö. Viel haben tritt für die Annahme der Kommissions⸗ eschlüsse ein.
Abg. Lenzmann hält es für unrichtig, alle Dinge unter Strafe zu ftellen, auch die Nichterfüllung einer sittlichen Pflicht. Erstens würde ein pflichtvergessener Lehrherr keine Lehrlinge mehr be—⸗ kommen, und weiter würde die neue Bestimmung der Denunziation Thür und Thor öffnen. ⸗
Abg. Dr. Spahn (Sentr.). hält die vorgebrachten Bedenken für nicht zutreffend und empfiehlt die Annahme des § 80a.
Abg. Freiherr von Stumm: Die Sozialdemokraten wollen gar keine l nge, sie wollen an deren Stelle nur bezahlte Kräfte haben; dieser Standpunkt widerspricht aber den Interessen der jungen Leute, welche als Lehrlinge ausgebildet werden möchten.
* ö. Singer: Ich wünsche auch eine gründliche Ausbildung der
ehrlinge.
3 80a wird unverändert angenommen.
ach 8 81 soll für die Personen, welche andere als kauf⸗ männische Dienste leisten, es bei den für das Arbeitsverhältniß geltenden Vorschriften bewenden.
Die Sozialdemokraten beantragen den Zusatz: .
„Zum Gesinde sind in dem Betriebe eines Handelsgewerbes lediglich ausnahmsweise beschäftigte Personen nicht zu rechnen.“
Abg. Singer macht darauf aufmerksam, daß Dienstboten viel- fach in kaufmännischen Geschäften, in Gastwirthschaften u. s. w. für den Betrieb verwendet würden. Wenn ein Dienstbote ab und zu in dem Betriebe beschäftigt werde, so verliere er nicht den Charakter als Dienstbote. Aber es sollte verhindert werden, daß dauernd beschäf⸗ tigte Gewerbegehilfen als Dienstboten bezeichnet und der Gesinde⸗ ordnung a r n, würden.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Hoffmann bezweifelt, daß durch den Antrag alle Zweifel beseitigt werden könnten, welche hier obwalteten.
Abg. Stadthagen (Soz.) glaubt, daß der Antrag nicht dem widerspreche, was die Regierung über die Stellung dieser Arbeiter denke.
Es liege gerade im Interesse der Arbeiter, daß ihre Rechts verhältnisse, die
letzt unsicher selen, sestgelegt würden; wenn auch für einen kleinen Kreis von Arbeitern noch Zweifel blieben, so sollte man doch deshalb den Antrag nicht ablehnen. . ö
Der Zusatz wird abgelehnt und § 81 unverändert ge⸗
nehmigt. siebenten Abschnitt
Beim erklärt
Abg. Singer, daß die Sozialdemokraten ihre in der Kom⸗ mission gestellten, aber abgelehnten Anträge nicht wiederholen würden.
Im übrigen wird das erste Buch ohne weitere Debatte erledigt, ebenso die beiden ersten Abschnitte des zweiten Buchs „offene Handelsgesellschaft!“ und „Kommandit⸗ gesellschaft “.
In dem dritten Abschnitt: „Aktiengesellschaft“ wird bestimmt, daß die Aktien auf einen Betrag von 1000 6 lauten müssen, daß jedoch für ein gemeinnütziges Unternehmen im Falle eines örtlichen Bedürfnisfes der Bundesrath auch die Ausgabe von Aktien in einem geringeren Betrage, jedoch nicht
unter 200 M, zulassen kann. ö. Abg. von Strom beck (Zentr.) beantragt, in dem letzten Satz das Wort „örtlichen“ zu streichen.
Staatssekretãr des Reichs⸗Justizamts Dr. Rieberd ing:
Meine Herren! Ich möchte gegenüber den Ausführungen des Herrn Vorredners nur konstatieren, daß die Bestimmungen des bestehenden Gesetzes, die mit dem Entwurf in diesem Punkte übereinstimmen, im Bundesrath noch niemals Anlaß zu Zweifeln über ihre Auslegung und Anwendbarkeit geboten haben. Unter diesen Umständen ist, glaube ich, die Besorgniß des Herrn Antragstellers, als könnte in Zukunft aus der Fassung der Vorlage irgend welche Unklarheit bezüglich der Kompetenz des Bundesraths sich ergeben, eine unbegründete. Das steht jedenfalls fest: der Begriff des örtlichen Bedürfnisses beschränkt sich nicht auf einen einzelnen Ort, sei es Stadt oder Ge⸗ meindebezirk; der Begriff ist hier allgemeiner verstanden, auch Be⸗ dürfnisse innerhalb eines größeren, wenn nur räumlich beschränkten Umkreises um einen einzelnen Ort gehören unter die Vorschrift. Das steht außer allem Zweifel und liegt auch im Sinne des Herrn An⸗ tragstellers. Wenn ich gleichwohl bitte, an der Regierungsvorlage festzuhalten, so geschieht es deshalb, weil darin der gesunde wirth⸗ schaftliche Gedanke ausgedrückt ist, daß kleine Aktien nur ausgegeben werden sollen für solche Unternehmungen, die auch wirklich sich in engeren räumlichen Grenzen bewegen, weil man Aktien von kleinem Nominalbetrage nicht unter das große Publikum und hier vor allem unter die kleinen Leute gelangen lassen will. Es ist aber zweifellos, daß, wenn Sie das Wort „örtlich“ streichen, daraus vielfach Veranlassung genommen werden würde, mit Anträgen an den Bundesrath zu kommen, die nicht im Sinne des Gesetzes liegen; und ich möchte Sie bitten, verschonen Sie den Bundesrath mit der Möglichkeit derartiger Anträge. Es handelt sich nach dem Antrag des Herrn Vorredners um ein Vertrauensvotum für den Bundesrath, und insofern könnte ich den Antrag dankbar acceptieren. Dem Bundesrath ist aber lieber, wenn ihm dieses Vertrauensvotum nicht ertheilt wird. Ich glaube, es liegt im allseitigen Interesse, wenn es nicht geschieht.
Ich bitte, lassen Sie es beim Vorschlage der Kommission und lehnen Sie den Antrag ab.
Der Antrag wird abgelehnt und im übrigen dieser Ab⸗ schnitt , nach den Beschlüssen der Kommission bis
S8 237 inkl. genehmigt. . . Um 48 Uhr wird die weitere Berathung bis Dienstag
1 Uhr vertagt.
„Handlungsagenten“
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
65. Sitzung vom 5. April 1897.
Ueber den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Bei der dritten — Landgemeindeordnung für die Provinz Hessen⸗Nassau ,, . (Ver⸗ waltung der Landgemeinden) der Abg. von Pappenheim Len; die Wiederherstellung der Regierungsvorlage dahin: In
andgemeinden von mehr als 500 Einwohnern kann durch Ortsstatut ein kollegialischer Gemeindevorstand (Gemeinde⸗
rath) eingeführt werden. (In der zweiten Lesung war beschloffen 2 5 in diesen Gemeinden ein aer g, e e. . vorstand gebildet werden muß. Abg. Dr. Beckmann (kons.) beantragt, in dem Antrage von Pappenheim die Begrenzung von 500 Einwohnern über⸗ haupt zu streichen.
Abg. von Tepper⸗Laski (fr. kons.) beantragt für den Fall der Ablehnung der Anträge von Pappenheim und Beck⸗ mann den Zusatz zur Fassung der zweiten Renn, daß „ia kleineren Landgemeinden mit umfangreicher Vermögengver⸗ waltung! ein kollegialischer Gemeindevorstand durch Ortsstatut eingeführt werden kann.
Minister des Innern Freiherr von der Recke:
Meine Herren! In den bisherigen Verhandlungen hat sich in allen sonstigen wesentlichen Punkten eine sehr erfreuliche Ueberein stimmung in der Auffassung des hohen Hauses mit der der König lichen Staatsregierung herausgestellt. Nur der § 45, welcher das Prinzip der Verwaltung der Landgemeinden regeln soll, hat eine Gestaltung erfahren, die nach meiner Auffassung keine zweckmäßige ist. Es wird jwar an den Anfang des Paragraphen der Satz gestellt: an der Spitze der Verwaltung der Landgemeinde steht der Bürger⸗ meifter“, und man sollte danach annehmen, daß das bureaukratische Prinzip das allein geltende bei der Verwaltung ist. Dieses Prinzip wird aber sehr bald dadurch abgeschwächt, daß in dem fünften Absatz gesagt ist: in Landgemeinden mit mehr als 500 Einwohnern wird ein kollegialer Gemeindevorstand gebildet. Mit diesem fünften Absatz wird daher ein gemischtes System geschaffen. Noch größere Bedenken erregt es bei mir, daß in dem vorletzten Absatz den kleineren Landgemeinden, die nach der Regel in den vor⸗ stehenden Absätzen bureaukratisch verwaltet werden sollen, die Möglich⸗ keit gegeben ist, durch Ortsstatut einen kollegialen Gemeindevorstand zu bilden.
Diese Fassung des 5 45 geht weit über die Vorschläge hinaus, welche der Provinzial ⸗Landtag seiner Zeit angenommen hat. In diesen Vorschlägen machte man wenigstens eine Grenze nach unten, indem nach ihnen nur Landgemeinden über 200 Seelen die Möglichkeit eines kollegialen Gemeindevorstandes gewährt wurde. Außerdem enthielt der Vorschlag des Provinzial Landtages noch ein weiteres Sicherheits- ventil, indem daselbst eine längere Reihe von Jahren vorgesehen war, innerhalb deren es gewissen Gemeinden noch nicht möglich war, zu dem kollegialen Gemeindevorstand überzugehen.
Meine Herren, ich würde es nun sehr bedauern, wenn durch die Fassung des 5 45 dem Gesetzentwurf unüberwindliche Schwierigkeiten entgegengesetzt würden, und ich möchte deswegen an das hohe Haus die dringende Bitte richten, sich diesen Paragraphen doch noch einmal recht reiflich zu überlegen. Die Königliche Staatsregierung ist, wie ich mir bereits bei der früheren Verhandlung auszuführen erlaubt habe, der Meinung, daß für die Landgemeinden die bureaukratische Verfassung die richtige sei, und daß nur den größeren Landgemeinden ein kollegialischer Gemeindevorstand auf ihren Wunsch gegeben werden solle.
Die Königliche Staatsregierung hat sich auch nicht davon über zeugen können, daß in den Verhältnissen der Provinz Hessen⸗Nassau eine zwingende Veranlassung vorliegt, von diesem Prinzip abzugehen. Es ist gewiß nicht der Drang nach Uniformierung, welcher uns dazu veranlaßt, bei diesem Vorschlage stehen zu bleiben, sondern es ist die feste und redliche Ueberzeugung, daß eine derartige Kon⸗ struktion, wie sie in 5 45 von Ihrer Kommission vorgeschlagen wird, den Interessen der Gemeinden nicht dienlich sein wird. Hauptsächlich wird jetzt hervorgehoben: man habe sich in der Provinz an diesen kollegialischen Gemeindevorstand gewöhnt, und es sei nicht gut, den Gemeinden die Möglichkeit zu verschließen, den kollegialischen Gemeindevorstand zu erhalten, bew. ihn sich zu verschaffen. Ja, meine Herren, wenn die Sache so läge, daß wir einfach Befugnisse des seitherigen Gemeinderaths dem Bürger⸗ meister übertragen wollten, so würde ich ganz der Meinung sein, daß die Konstruktion, wie sie in der Kommissionsvorlage ihren Ausdruck gefunden hat, die richtige sei. Dem ist aber nicht so, sowohl von meiner Seite, als auch von anderen Rednern des Hauses ist darauf hingewiesen worden, daß gerade ein großer Theil der Befugnisse, die früher der Gemeinderath aus= übte, auf die Gemeindevertretung übergehen soll. Also das Kollegium, was Sie sich gern erhalten wissen wollen, werden Sie bereits haben in der Gemeindevertretung, und es ist nach meiner An- schauung in der That nicht zweckmäßig, in den kleinen Land—⸗ gemeinden zwei Kollegien neben einander zu stellen. Wollen Sie vielleicht die Gewogenheit haben, sich folgenden praktischen Fall zu vergegenwärtigen. Nach der jetzigen Kon⸗ struktion des 5 45 würde es möglich sein, daß eine Landgemeinde von 200 Seelen sich einen kollegialischen Gemeindevorstand wählte. Nun handelt es sich darum, irgend eine Ausgabe zu beschließen, ich will einmal sagen, für die Bekiesung eines Weges, der Kosten⸗ punkt beträgt 100 M Die Gemeindevertretung, bezw. die Gemeinde⸗ versammlung beschließt diese Ausgabe, und beschließt auch zugleich, daß die Bekiesung nunmehr vor sich gehen sollte. Nun wäre doch nichts einfacher, als daß der Bürgermeister am nächsten Tage sofort die Sache ins Werk setzte. Sowie diese Landgemeinde von 200 Seelen sich aber einen kollegialischen Gemeindevorstand gewählt hat, so muß der Bürgermeister z. B. die Frage, wann soll mit der Bekiesung vor⸗ gegangen werden, noch einmal dem Gemeinderath vorlegen, und dann hat er zu gewärtigen, daß der Gemeinderath ihm noch Schwierig keiten macht, z. B. wegen der Zeit der Ausführung. Das ist nur ein kleines Beispiel, das ich Ihnen anführen wollte, um darzuthun, daß es wirklich nicht angängig ist, überall zwei Kollegien nebeneinander zu stellen.
Es ist nun eine Reihe von Anträgen eingebracht, die darauf abzielen, diese Konstruktion der Regierungsvorlage etwas näher zu bringen. In erster Reihe steht der Antrag des Herrn Abg. von Pappenheim, welcher wünscht, daß in die Regierungsvorlage an Stelle der Zahl 1200 die Zahl 500 eingesetzt wird. Es würde danach also allen Landgemeinden über 500 Seelen möglich sein, durch Ortsstatut, also unter Zustimmung des Kreis- autschusses, sich einen kollegialen Gemeindevorstand zu geben. Ich bin nach wie vor der Meinung, daß es zweckmäßiger sein würde, die Zahl von 1200 stehen zu lafsen. Ich habe aber vorgestern mich schon dahin ausgesprochen, daß man über die Zahl diskutieren könne, und ich würde auch keinen Anstand nehmen, mich mit dieser Zahl von 500
einverstanden zu erklären.