1897 / 101 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Apr 1897 18:00:01 GMT) scan diff

esordnung wurden die des Handelsgesetz und eines zugehörigen Ein⸗ ungsgesetzes nach Beschlüssen des 3 an⸗ 1 und die vom Reichstage dazu eat r den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Entw von Gesetzen für Elsaß⸗Lothringen über die Vizinalstraßen und über die Besoldung der Lehrer und Lehrerinnen an öffent— lichen Elementarschulen, ferner einem Antrage, . den Zollverwaltungskosten⸗ Etat für das Großherzogthum Oldenburg, sowie einem Antrage wegen gleichmäßiger Aus⸗ legung des 34 des Ausführunggsreglemenks zum Reichstags⸗ ahlgesetz wurde die Zustimmung ertheilt. Der Entwurf einer Verordnung wegen Ausdehnung der 135 bis 138, 139 bis 139 der Gewerbeordnung auf die Werkstätten der Kleider⸗ und Wäsche⸗ Konfektion, der Entwurf einer Ver⸗ ordnung zur Ausführung des Patentgesetzes vom 7. April 1891, die Vorlage, ö die den Landesregierungen ür die Durchführung der Berufs⸗ und , vom . 1895 zu gewährende Kostenvergütung, der Entwurf eines esetzes wegen . eines zweiten 1 zum Reichshaushalts⸗Etat für 1897/98, sowie die Beschlüsse des Landes⸗Ausschusses von Elsaß⸗Lothringen zu der allgemeinen Rechnung über den Landeshaushalt für 1892,93 und zu der Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung e 1895/96 wurden den zuständigen e rn überwiesen. ußerdem wurde über die Seiner Majestät dem Kaiser zu unterbreitenden Vorschläge wegen Besetzung von Stellen bei den Disziplinarbehörden, sowie über ö Reichstags⸗ resolutionen Beschluß gefaßt.

Nach der im Reichs-Versicherungsamt gefertigten Zusammenstellung, welche auf den Mittheilungen der Vorstände der Invaliditäts⸗ und Altersversicherunge⸗Anstalten und der ugelassenen Kasseneinrichtungen beruht, betrug die Zahl der . dem Inkrafttreten des Invaliditäts- und Altersver sicherungs⸗ esetzes bis einschließlich 31. März 1897 von den 31 Ver— . und den 9 vorhandenen Kasseneinrichtungen bewilliglen Invalidenrenten. . . .238 551; davon sind infolge Todes oder Auswanderung der Berechtigten, Wiedererlangung der Ene n . keit, Bezuges von Unfallrenten oder aus anderen Gründen in Wegfall gekommen . sodaß am 1. April 1897 laufend waren. I am 1. Januar 1897.

Die hl der während desselben Zeitraums be⸗ willigten Altersrenten betrug... davon sind infolge Todes oder Auswanderung der Berechtigten oder aus anderen Gründen in Wegfall gekommen JJ i ö sodaß am 1. April 1897 laufend waren 1 am 1. Januar 1897.

Beitragserstattungen sind bis zum 31. März 1897 bewilligt .

a. an weibliche Versicherte, die in die Ehe getreten e ö gegn n

b. an die Hinterbliebenen 24 540 gegen 18952

von Versicherten 1 zusammen 117 246 gegen 90615 bis zum 31. Dezember 1896.

. 65 899, 172 632 161 670

301 945

97 747,

204198 203 955

Der Kaiserliche Gesandte in Guatemala von Bergen hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben fungiert der dorthin ent⸗ sandte Legations⸗Sekretär bei der Kaiserlichen Gesandtschaft in Rio de Janeiro von Erckert als Geschäftsträger.

Laut telegraphischer Meldungen an das QOber⸗Kommando der Marine ist S. M. S. n Augusta“, Komman⸗ dant Kapitän zur See Koellner, gestern von Kreta nach Phaleron in See gegangen; S. M. S. „Falke“, Komman⸗ 36 Korvetten⸗Kapitän Krieg, ist heute in Auckland ange⸗ ommen.

Wiesbaden, 29. April. In der heutigen 2. Sitzung des Kommunal⸗Landtages wurde zunächst die Wahl eines Landtags⸗-Mitglieds für gültig erklärt. Sodann wurde der von den Abgg. von Ibell und Ge⸗ nossen gestellte Antrag auf Abänderung der Geschäfts⸗ ordnung des Kommunal⸗Landtages dahin, daß die Mitglieder des Landesausschusses auch den Kommissions-Sitzungen des Kommunal⸗Landtages beizuwohnen berechtigt sein sollen, an⸗ genommen. Der Bericht des Landesausschusses, betreffend den Beschluß des vorjährigen Kommunal⸗Landtages wegen Dotierung des Reservefonds der Landesbank aus dem Ver⸗ mögen desselben, wurde der Finanzkommission übererwiesen. Alsdann wurde dem von dem Landesausschuß entworfenen Reglement für die Irrenanstalt Weilmünster die Genehmigung . und demnächst, dem Antrage des Landes⸗ ausschusses maß der Austritt der Stadtgemeinde n. a. M. aus der Kommunalbeamten⸗Wittwen⸗ und

aisenkasse bezüglich der ehemals Bockenheimer Beamten unter den ö dem Landesausschuß und der Stadtgemeinde Frankfurt vereinbarten Bedingungen genehmigt.

Württemberg.

Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin zu Waldeck und Pyrmont sind zum Besuch Ihrer Maßestäten des Königs und der Königin vorgestern Nachmittag in Stuttgart eingetroffen.

Anhalt.

Der Geburtstag Seiner Hoheit des Herzogs ist 6 im ganzen Lande festlich begangen worden. Die Stadt essau prangte im Schmuck der 8 und Flaggen. Ein⸗ eleitet wurde die Feier bereits vorgestern Abend urch einen großen . Gestern früh um 6 Uhr fand großes Wecken statt, um 7 Uhr wurde von der Galerie des Schloßthurmes ein Choral eblasen. Vormittags wurden in sämmtlichen Schulen der Ein patriotische Festakte abgehalten. Die sonst übliche Parade der Garnison kam diesmal in Wegfall. Um A /e Uhr fand ein Festdiner statt, bei welchem der Regierungs⸗-Präsident Dr. Walther das Hoch auf Seine Hoheit den Herzog und das

Herzogliche Haus ausbrachte.

Elsas · Lothringen. . Der Landesausschuß ir gr. in seiner vorgestrigen Sitzung das , n mn äftsbericht der öffent⸗ lichen a. ußkassen, in dritter Lesung. en Ver⸗ lauf der Sitzung wurden die Anträge auf Einführung einer Einkommensteuer abgelehnt, 3 der Antrag des Abg. Winterer, „die Regierung zu ersuchen, die Neueinschätzung des Ertrages von Grund und Boden zu beschleunigen und dem Landes⸗ ausschuß sobald als möglich mitzutheilen, wie sie diejenige Entlastung herbeizuführen gedenke, welche der Lage der Land⸗ wirthschaft entspreche“, fast einstimmig angenommen.

Großbritannien und Irland.

Der Schatzkanzler Sir M. Hicks⸗Beach legte gestern im Unterhause das Bud get vor.

Bei der Begründungs desselben wies der Schatzkanzler, wie W. T. B.“ berichtet, auf die Zunahme der Volkswohlfahrt hin, welche aus dem bedeutenden Steigen der Staatseinnahmen ersichtlich sei; doch sei die Regierung zur Sorgfalt bei der Aufstellung des Voranschlags ge⸗ nöthigt gewesen, namentlich infolge der Kriegswolke, welche soeben im Osten aufgezogenn sei und von welcher niemand sagen könne, wie lange sie währen und wie weit sie sich ausdehnen werde. Die Einnahmen des letzten Betriebssahres hätten 104 Millionen Pfund, die Ausgaben 1015 Millionen Pfund Sterling betragen, sodaß sich der Ueberschuß auf nahezu 23 Millionen Pfund belaufe, die nationale Schuld habe sich um 74 Millionen Pfund verringert. Da das laufende Jahr das Jubiläumsjahr der Königin sei, so nehme er Anlaß, den bedeutenden Aufschwung Englands seit dem Jahre 1836 vergleichsweise darzustellen. Der Gesammtbetrag des auswärtigen Handels habe sich in jenem Jahre auf 125 Millionen Pfund belaufen, jetzt habe er die Höhe von 738 Millionen Pfund erreicht. ‚Unsere Monarchie, sagte Redner, ist dem Lande niemals so werthvoll gewesen als jetzt. Wir haben die beste und die wohlfeilste Monarchie; die Kosten dafür waren im Jahre 1836 eine halbe Million, jetzt sind es 385 000 Pfund. Die Ausgaben für das laufende Betriebsjahr seien auf 101 791 000 Pfund, die Einnahmen auf 103 360 000 Pfund veranschlagt, sodaß sich ein Ueberschuß von 1569 000 Pfund ergebe. Die Regierung habe gemäß der vor kurzem von dem Ersten Lord der Admiralität angekündigten Politik beschlossen, den Flotten⸗ voranschlag um eine halbe Million Pfund zu erhöhen. Auch habe sich die Regierung genöthigt gesehen, Englands Stellung als vorherrschende Macht in Süd⸗Afrika sehr sorgfältig in Erwägung zu ziehen, und habe beschlossen, eine wesentliche Erhöhung der Garnisonen von Reichs truppen in jenem Theile der Welt vorzunehmen. Diese Maßregeln seien nicht in einem aggressiven Geiste getroffen worden. Die Regierung gedenke, ihre Verpflichtungen bis zum Aeußersten zu erfüllen, sie erwarte aber auch, daß Andere das Gleiche thäten. Diese Maßnahmen bedingten eine Ausgabe von 200 000 Pfund. Der Schatzkanzler legte sodann die Reformen im Postwesen, im Telegraphenwesen, im Packetpost· und Druck- sachenverkehr des Inlandes dar, welche die Regierung vorschlägt, und fügte hinzu, der englische Vertreter auf dem Weltpostkongreß werde vorschlagen, den Portosatz für den? Briefverkehr Englands mit seinen Kolonien und dem Auslande von 2 Pence auf 2 Pence herab⸗ zusetzen. Hierdurch werde sich der Ueberschuß auf eine halbe Million erniedrigen; dieser Betrag solle für Unterrichtszwecke in Irland und Schottland sowie zur Ausübung der Gastfreundschaft gegenüber den auß den Kolonien und dem Auslande zu der Jubiläumsfeier der Königin kommenden Gästen verwandt werden.

Sir W. Hareourt beklagte, daß der Ueberschuß nicht zur Steuererleichterung verwendet werde, und bekämpfte die kriegerische Politik gegen Transvaal; der Staatssekretär für die Kolonien habe sich bemüht, durch seine Reden die Gefühle in Süd⸗Afrika aufzureizen. Die Opposition werde diese Politik, welche eine Steuerreduktion verweigere, um kriegerische Operationen in Süd⸗Afrika zu fördern, ganz entschieden be⸗ kämpfen. Der Staatssekretär der Kolonien Chamberlain

erwiderte:

Es sei schwer, anläßlich der Budgetvorlage die Politik in Süd⸗Afrika zu rechtfertigen, aber er müsse auf Sir W. Harcourt 's verderbliche, gefährliche und unpatriotische Sprache antworten. Diese Sprache schädige die Sache des Friedens. Die Erklärungen Sir W. Har⸗ court's, daß die Regierung eine aggressive und kriegerische Politik in Süd⸗Afrika verfolge, und daß die ,, und das Volk sie zurück⸗ gewiesen habe, seien absolut ungenau. Die britische Politik in Süd⸗ Afrika sei genau das, was sie früher gewesen sei, nämlich die Aufrecht⸗ haltung der Verpflichtung, keine aggressiven Operationen vorzunehmen und nicht die Unabhängigkeit eines Staats anzugreifen, der selbst in der diplomatischen Sprache ein befreundeter Staat genannt werden könne, aber dabei die Rechte der Nation zu wahren. Er hätte gehofft, diese Politik würde auch fernerhin nicht eine Partei⸗ politik sein, aber die Sprache Sir W. Harecourt's habe diese Hoffnung vernichtet. Er fordere Sir W. Harcourt und die

pposition auf, die Regierung direkt zu interpellteren. Während die britische Regierung Transvaal, in freundlichen und ver⸗ söhnlichen Worten aufgefordert habe, Großbritannien zu befriedigen, nehme Sir W. Harcourt die Gelegenheit wahr, Transvaal zu sagen, es möge uns nicht befriedigen, und zu behaupten, wir seien aggressiv. Das Kap⸗Parlament habe einstimmig die Beobach⸗ tung der Verpflichtungen von beiden Seiten verlangt. (Sir W. Harcourt unterbrach Chamberlain mit der Frage: „Friedlich ) Jo, es ist erwünscht, daß der Friede erhalten wird, aber ich glaube nicht, daß er erhalten werden kann, wenn man der Trans vaal Regierung sagt, sie könne ihre Verpflichtungen ungestraft verletzen; und während die Frage schwebt, sagt Harcourt, wir verfolgten eine allgemeine Politik, die er nicht unterstützen könne. (Sir W. Hareourt warf dazwischen: Sie verlangen 200 000 Pfund.“ „Wir verlangen diese Summe, nachdem wir wissen, daß Transvaal eine Million und Hunderte von Hundert⸗ tausenden verlangt hat. Transbaal hat in einer für Zwecke der Defensive absolut nicht zu rechtfertigenden Weise gerüstet. Die Rüstungen Transvaals stehen gegenwärtig ganz außer Verhältniß zu unseren Vertheidigungsmitteln in Süd⸗Afrika. Nachdem Transvaal bedeutend mehr als eine Million verausgabt hat und die Rüstungen fortdauern, nachdem es ferner Batterien von Maxim ⸗Geschützen, Millionen von Patronen und Hunderttausende von Gewehren vom Auslande eingeführt hat, was soll England unter diesen Umständen thun? Ist es aggressiv und kriegerisch. wenn wir die Garnisonen in der Kapkolonie zu verstärken verlangen? Die Summe reicht hin, um eine Artillerie Brigade und ein weiteres Regiment nach dem Kap zu senden. Die dort herrschende Gesinnung wird diese Politik nicht zurückweisen, sondern jeder loyale Brite am Kap wird dankbar und befriedigt sein, daß wir unsere Stellung als Vertreter der vor⸗ herrschenden Macht verstehen und erkennen und entschlossen sind, alle aus der Konvention uns zustehenden Rechte unversehrt aufrecht zu halten.“

Courtney äußerte sich in ähnlichem Sinne wie Sir W. Harcourt. Darauf bemerkte der Erste Lord des Schatz⸗ amts Balfour:

Er wisse nicht, durch welch unglückliches Geschick es sich zutrage, daß Reden gehalten würden, welche die entgegengesetzte Wirkung, als beabsichtigt, hätten. Er könne sich keine wei Reden denken, die geeigneter seien, die Beziehungen zwischen England und Transvaal zu verschlechtern, als die Sir W. Harcouri's und Courtney's. Courtney habe angenommen, daß der Zweck der Regierung die Pro⸗ vokation sei, und daß es sich um eine aggressive Bewegung handele. Courtney habe gesagt, die vorgeschlagene Ausgabe sei nutzlos für ein aggressives Vorgehen, reiche auch für die Vertheidigung nicht hin und könne nur zur Erschwerung, der Verhältnisse beab⸗

sein. (Courtney bemerkte, den Redner unterbrechend, er habe nur von der Wirkung, nicht von einer Absicht gesprochen. 6 ich nichts denken, was gerigneter sei als Courtney's 6 die Buren * veranlassen, die Handlung der Regierung als eine absichtliche chwerung der Verhäͤltnisse anzusehen. Courtney habe sein Beftes gethan, um Gefühle zu entflammen, welche alle die zu d . Schwierigkeiten steigerten, anstatt freimüthig die Er= klaͤrung der Regierung anzunehmen, daß die Entsendung der Truppen nur eine Vorsichtsmaßregel sei. Der Regierung liege absolut jeder aggressive Zweck fern. Sie habe nie den ng gebabt, mehr zu 6 als die thatsächlichen und zugestandenen Rechte aufrecht zu balten; die Regierung würde jede Feindseligkeit mit Trangvaal nicht nur als ein nationales Unheil, sondern auch als Unheil für die Regierungepartei betrachten.

Die Rede wurde beifällig aufgenommen. Sir W. . court erklärte, er sei über die Ausführungen des Ersten Lords des Schatzamts erfreut und hoffe, dieselben würden eine gute Wirkung in England und Süd⸗Afrika haben.

Der Erste Lord der Admiralität Goschen erklärte, die Marinepolitik sei lange vor Beginn der Session ö worden; die jetzt beabsichtigte Etatserhöhung sei mit Bezug auf die allgemeinen Ausgaben Europas für die Marine be— schlossen worden. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde dann eine Resolution, betreffend die Einkommensteuer, an⸗

genommen. Frankreich.

Der Minister des Auswärtigen Hanotaux machte in dem gestrigen , Mittheilung von den Ereignissen im Orient sowie von Verhandlungen, die zwischen den Mächten

stattsänden. Rußland.

Der Kaiser Franz Joseph nahm gestern, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, mit dem Erzherzog Otto das Frühstuͤck in der österreichisch⸗ungarischen Botschaßft ein. An der Tafel nahmen das Gefolge, die zum Ehrendienst befohlenen Offiziere und die Mitglieder der Botschaft theil. Abends fand bei der Kaiserin-Wittwe im Anitschkow⸗ palais eine Familientafel statt, an welcher der Kaiser

ranz Joseph und der Erzherzog Otto theilnahmen.

ünktlich um 10 Uhr erfolgte dann die Abreise des

aisers , Joseph und des Erzherzogs Otto vom Nikolai⸗Bahnhof. Der Minister des Kaiserlichen Hofes Graf Woronzow⸗Daschkow, der Minister der Verkehrswege Fürst Chilkow, der Ober⸗Zeremonienmeister Fürst Dolgoruky, die General ⸗Adjutanten, viele hochgestellte Offiziere, ferner Deputationen des Kexholmer Regiments mit dem Kommandeur und des Ljubenskischen Dragoner⸗Regiments waren am Bahnhof anwesend. Mit dem Kaiser von DOesterreich erschienen der Kaiser Nikolaus und alle in St. Petersburg anwesenden Großfürsten. Der Kaiser Nikolaus und die Großfürsten Wladimir, Alexis und Paul trugen die österreichische Uniform, der Kaiser Franz Joseph hatte die Uniform des Kexholmer Regiments, der Erzherzog Otto diejenige des Ljubenskischen Dragoner⸗Regiments angelegt. a herzlicher Verabschiedung beider Monarchen bestieg der Kaiser Franz Joseph den Waggon, worauf sich der Zug in Bewegung setzte.

Der Minister des . Graf Murawjew und der österreichisch⸗ungarische Minister des Auswärtigen Graf Goluchowski hatten gestern Vormittag eine längere Be⸗ sprechung; später wurde Graf Murawjew von dem Kaiser Nikolaus empfangen. Nachmittags hatten die beiden Minister nochmals eine längere Schlußkonferenz.

Wie das Wiener „Telegr⸗Korresp⸗Bureau“ aus St. Petersburg erfährt, haben die beiderseitigen Minister des Aeußern Graf Murawjemw und Graf Goluchowski vor⸗ gestern identische Noten an die russischen bezw. österreichisch⸗ ungarischen Vertretungen in Belgrad, Sofia, Bu karest und Cetinje des Inhalts gerichtet, daß der zwischen dem Kaiser von Rußland und dem Kaiser von Oesterreich stattgehabte Gedankenaustausch beiden Souveränen Gelegenheit geboten habe, mit Befriedigung die korrekte Haltung festzustellen, welche die Regierungen Ser⸗ biens, Bulgariens, Rumäniens und Montenegros in der gegen⸗ wärtigen Phase der Ereignisse in der europäischen Türkei be⸗ wahrten. Diese Haltung entspreche umsomehr den Wünschen beider Souveräne, als letztere fest entschlossen seien, den allgemeinen Frieden, das Prinzip der Ordnung und den status quo auf— rechtzuerhalten. .

Wie der „Regierungsbote“ meldet, empfing der Kaiser gestern den außerordentlichen siamesischen Gesandten.

Italien.

Gestern Mittag wurde im Arsenal zu Venedig in Gegen⸗ wart des Prinzen und der Prinzessin von Neapel, des Marine⸗Ministers Brin, des Unterrichts⸗Ministers Gianturco, der Spitzen der Behörden und einer großen Zuschauer⸗ menge das Kriegsschiff erster Klasse „Saint Bon“ vom Stapel gelassen. Den Taufakt vollzog die Kronprinzessin, welche einen goldenen Ring, in den der Name des Schiffs sowie das Datum des Stapellaufs eingraviert war, an einem vom Steven herabhängenden Bande befestigte, worauf der Patriarch von Venedig, Kardinal Sarto den Segen über das Schiff sprach. Der Stapellauf verlief ohne jeden Unfall unter großem Jubel der Volksmenge.

Spanien.

In dem gestern in Madrid abgehaltenen Minister⸗ rath vollzog, wie „W. T. B.“ meldet, die Kön igin⸗ Regentin das Dekret, betreffend die Einführung von Reformen auf Cuba, nachdem der General Weyler in einer Depesche erklärt hatte, daß im westlichen Theil der Insel friedliche Zustände hergestellt seien.

Niederlande. Die Königin und die Königin⸗Regentin haben sich heute incognito von Amsterdam nach Stuttgart begeben.

Türkei.

Das Wiener „Telegr.⸗Korresp. Bureau“ meldet aus Konstantinopel, daß sich die Militär⸗Attachés von Oesterreich⸗ Ungarn, Frankreich und Serbien im türkischen Hauptquartier . Aus Kleinasien lägen Anerbieten einiger tausend Freiwilliger zum Eintritt

in die Armee vor. . in Kleinasien wohnende Notablen

2 Gelder gesandt; ferner seien dort Sammlungen für ie Angehörigen der einberufenen Soldaten und Freiwilligen sowie für den Sanitätsdienst und den sonstigen Kriegsbedarf veranstaltet worden. . Die türkischen Truppen rücken, wie die „Agence avas“ meldet, von allen Seiten in der th essalischen bene vor. Die Avantgarden beider Heere stehen sich an mehreren Punkten direll gegenüber. Der Kampf in

Ebene von harsala steht unmittelbar bevor. . türkischen Militärbehörden bewahrten die Bewohner her Stäbte, vor Ausschreitungen der Soldaten. Auf Einladung Seifullah Beys, des Stabschefs Edhem Paschas, feilen eine Anzahl Bewohner nach Larissa zurückgekehrt, Die Türken haben sechs Geschütze, die sie in Larissa vorgefunden hatten, unbrau bar gemacht. In der Richtung auf Trikkala stehen zwei Bataillone Infanterie, mehrere Batterien Artillerie und eine Schwadron Kavallerie. Der Kronprinz Kon⸗ stantin habe mehrere Lagerplätze besucht. Der frühere Generalstab sei nach Athen zurückgekehrt.

Aus Athen wird der „Agence Havas“ weiter gemeldet: Eine Nachricht aus Pharfala besage, daß die Brigade Smolenski seit gestern Abend 6 Uhr mit einem türkischen Korps bei Ainali im Gefecht stehe; die griechischen Truppen seien durch ein Bataillon Epzonen und eine Batterie verstärkt worden. Falls die griechischen Truppen zurückgeschlagen würden, werde die griechische Armee sich bei Domokos kon⸗ zentrieren. .

Die Admirale haben, wie „W. T B.“ meldet, die Bewohner des Innern von Kreta aufgefordert, ohne Waffen nach Kanea zu kommen, um sich zu verproviantieren; wenn es nöthig sein sollte, würden sie ein Geleit erhalten.

Griechenland.

Aus Athen meldet die „Agence Havas“, daß der König, nachdem sich der Minister⸗Präsident Delyannis, dem Allerhöchsten Wunsche entsprechend, in das Palais begeben hatte, ihn gebeten habe, seine Entlassung ein⸗ zureichen. Die Führer der QOpposition Ralli, Cara⸗ pa nos, Deligiorges, Skuludis, Soteropulos und Simopulos . von dem König mit der Bildung des neuen Kabinets beauftragt worden und hätten sich vom Palais nach der Kammer begeben, wo eine Ver⸗ sammlung der Mitglieder der Opposition abgehalten worden sei. Die Führer der Opposition hätten eine Ministerliste ent⸗ worfen, welche drei von ihnen alsdann dem König unter⸗ breitet hätten. Da Delyannis sich weigere, selbst seine Entlassung zu nehmen, werde er wahr⸗ scheinlich entlassen werden, wenn er nicht seinen Entschluß noch ändere. In seiner Unterredung mit den Führern der Opposition habe der König die einzige Bedingung gestellt, daß Theotoki dem Kabinet angehören müsse. Theotoki solle heute in Athen eintreffen. Als die wahrscheinlichste gelte folgende Ministerliste: Ralli Vorsitz und Marine, Oberst Tsa mados Krieg, Simopulos Finanzen, Carapanos Unterricht, Theotoki Inneres. Ueber die Besetzung des Postens des Justiz-Ministers sei noch nichts bestimmt. Ralli sollte gestern Abend 8 Uhr dem König die endgültige Liste vorlegen.

In der Deputirtenkammer hatten sich gestern nur 10 Deputirte eingefunden; die Sitzung mußte deshalb unter⸗ bleiben. In der Kammer und in der Umgebung derselben kam es zu keinem Zwischenfall.

Dänemark.

Bei der Galatafel, welche gestern zu Ehren des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg, Höchstwelcher die offi⸗ zielle Anzeige von dem Thronwechsel in Schwerin erstattet hatte, im Königlichen Schlosse zu Kopenhagen stattfand, brachte der König auf den Großherzog von Mecklenburg⸗ Schwerin, auf den Herzog⸗Regenten und das ganze Großherzogliche Haus einen Trinkspruch aus, wobei er besonders ö. die Verlobung der Herzogin Alexandrine von Mecklenburg mit dem Prinzen Christian von Dänemark hin⸗ wies, welche bei der Königlichen Familie wie beim ganzen dänischen Volke große Freude hervorgerufen habe. Der Herzog Adolf Friedrich wird heute die Rückreise nach Schwerin antreten.

Amerika.

Gestern ist ein chilenisches Geschwader in den Hafen

von Rio de Janeiro eingelaufen. Der Empfang desselben

gestaltete sich äußerst glänzend; Abends wurde die Stadt illuminiert. Die Feierlichkeiten werden bis zum 15. Mai währen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (212.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher beiwohnte, wurde die erste Berathung des Entwurfs eines Invalidenversicherungsgesetzes und der dazu gehörigen, von den Abgg. von P lötz (d. kons) und Genossen und Roesicke (b. k. F. und Genossen eingebrachten oer, fortgesetzt.

bg. Freiherr von Stumm (Rp.) ging als erster Redner ausführlich auf die Vor⸗ und Entstehungsgeschichte der drei Versicherungsgesetze sowie auf die Aufgaben und den Charakter der Berufsgenossenschaften ein.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (C2) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen 2c. An⸗ gelegenhelten D. Dr. Bosse beiwohnte, die zweite Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unter⸗ richts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bei dem Titel „Gehalt des Ministers“ fort.

Abg. Schmieding (ul.): Ich will in die große Kulturkampf⸗ Debatte nicht eintreten, aber die Herren aus dem Zentrum werden wohl vorgestern und g stern eingesehen haben, daß es besser gewesen wäre, diesen lahmen Gaul im Stalle zu lafsen. Ich will nur die Bemerkungen des Abg. Dasbach über die Dortmunder Wahl nicht unwidersprochen lassen. Daß das Zentrum dabei den Sozialdemo⸗ haten unterstützt hat, ist. keine Legende, sondern. Wahrheit. Bei, der Hauptwahl erhielt der sozialdemokratische Kandidat 17182, der nationalliberale 17117 und der Zentrumskandidat 14 635 Stimmen. Daraus geht boch klar hervor, daß das Zentrum es in der Hand hatte, den Nationalliberalen oder Sozial- demokraten zum Siege zu verhelfen. Bel der Stichwahl erhielt der Sozialdemokrat 25 000 und der Nationalliberale nur 2A 009 Stimmen. Glaubt Herr Dasbach, der doch in Wahl— agitationen groß ist, daß die Sozialdemokraten bei der Hauptwahl noch 7000 eigene Stimmen in Referve gehabt haben? Allerdings hatte das Zentrum Wahßsenthaltung proklamtert, weil ein Sozialdemokrat . gewählt werden könne und weil eln Mitglied der national egen Partei, die als eine Vorfrucht der Sozialdemokratie zu be⸗ agen sei, auch nicht gewählt werden könne. Ueber solche Leistungen .

ann man sich nicht wundern, wenn man sich erinnert, daß das Zentrum r den Fürsten Bigmarck wegen seiner Stellung zur Frage der ; er , g he einen Sabbathschänder genannt hat. Dabei hat 1891 er Sonaldemokrat Reitinger gesagt, daß die Trierer durch das Ver⸗

halten des Abg. Dasbach Sozialdemokraten geworden seien . Dasbach hat die wenigste Veranlassung, in fo ern. tlcher Weiße über die Nationalliberalen herzufa * 1 :

Abg. Schröder (Pole): Wir wollen nicht, daß unsere Wünsche aus Sentimentalität erfüllt werden, sondern wir appellieren an die Gerechtigkeit, die mit Sentimentalität nichts zu thun hat. Der Abg. Sattler hat Unrecht damit, daß im polnischen Reiche keine Toleranz geherrscht habe. Von der Toleranz mußte aber wegen des Verhaltens der Dissidenten und der Intriguen der Nachbarstaaten abgegangen werden. Ehe Herr Sattler solche Behauptungen aufftellt, sollte er sich erst über die Verhältnisse orientieren. Im polnischen Reiche gab es deutsche Schulen, deutsche Kirchen, deutschen Gottesdienst. Die Polen halten es für eine Schmach, einer fremden Nation ihre Muttersprache zu nehmen. Graf Limburg ⸗Stirum will die Polenpolitik des Fürften Bismarck fortsetzen. Ging die etwa auch dahin, daß die polnische Muttersprache in der Volksschule beinahe ganz beseitigt werde? Was noch davon erhalten ist, steht nur auf dem Papier. An die Unfehlbarkeit des Fürsten Bismarck können wir nicht glauben, der so oft seine Politik gewechselt hat. Wenn Fürst Bismarck noch am Ruder wäre, hätte er sich vielleicht längst gefragt, ob es nicht besser wäre, den Beschwerden der Polen abzuhelfen. Woher hat Graf Limburg⸗Stirum die Kenntniß, daß die deutsche Nationalität durch einen konzentrierten Angriff der Polen be— drängt wird? Beweise hat er dafür nicht angeführt. Wie kann eine so kleine Minderheit von Polen die deutsche Nation gefährden? Die Polen lassen von ihrer Sprache ebensowenig, wie es dem Fürsten Bismarck gelungen ist, durch den Kulturkampf die Priester von der katholischen Bevölkerung zu trennen. Redner be⸗ streitet das Vorhandensein einer polnischen Agitation und schiebt alle Schuld an dem Unfrieden zwischen Polen und Deutschen den Germa⸗ nisierungsbestrebungen zu. Der Minister verlangt, daß jedes polnische Kind die deutsche Sprache erlerne. Glaube er denn, daß die polnischen Kinder, wenn sie die Schule verlassen, das Deutsche beherrschen? Aber die polnische Muttersprache werde dadurch beeinträchtigt. Der Optimismus, germanisieren zu können ohne Einverständniß der Polen, wird sich bitter rächen.

Abg. von Eynern (nl): Der Einfluß des Zentrums ist in Preußen und Deutschland von Jahr zu Jahr mehr gewachsen. Katholisch ist heute Trumpf. Im Reichstage beherrscht das Zentrum die ganze Situation; zwei Präsidenten sind aus der Partei der Präsident läßt dort dem AUeber⸗

hervorgegangen, und Das Zentrum ver⸗

muth seiner Parteifreunde freien Lauf. weigert die Mittel für die Wehrkraft der Nation wegen finanzieller Schwierigkeiten, die garnicht vorhanden sind. Natürlich nur zu dem Zweck, um Kompensationen für sein Parteiinteresse zu erzwingen. Wir wollen in Preußen keinen evangelischen, keinen katholischen, wir wollen einen chriftlichen Staat. Ob jemand evan—⸗ gelisch oder katholisch ist, ist für seine Stellung zum Staat nach unserer Meinung ganz gleichgültig. Daher sind die Klagen über Imparität in der Anstellung der Beamten vollkommen unberechtigt. Mit diesen Klagen wollen sich die Herren vom Zentrum im Volke nur den Anschein der Bedrücklen geben. Der Erbauer des pro— testantischen Domes in Berlin, Herr Raschdorf, ist Katholik und sogar in Ihrem Sinne. Die katholische Presse hat anerkannt, daß nicht genug Katholiken sich der Verwaltungslaufbahn widmen. Die Kölnische Volkszeitung führt aus, daß z. B. immer mehr Mangel an katholischen Philologen herrsche und die Regierung deshalb bisher mit Katholiken besetzte Stellen künftig mit Cvangelischen besetzen müsse. In welcher urzulässigen Weise das Zentrum die sozial⸗ demokratischen Wahlen begünstigt, ist hinreichend bewiesen worden. Bei der Kandidatur des katholischen Landes⸗Direktors Klein für die Wahl in Solingen war von dem katholischen Wahlcomits ein Kompromiß mit den Nationalliberalen verabredet worden. Die Zentral⸗ leitung des Zentrums in Berlin verhinderte es aber, und der Sozial⸗ demokrat wurde gewählt. Herr Windthorst und der damals allmächtige Herr Julius Bachem hintertrieben die Wahl eines Kandidaten der Ordnungsparteien. Sie sind also kein Schutz gegen die Sozial⸗ demokratie, sondern fördern sie. Herr Dasbach wirft mir seit 10 Jahren vor, daß ich mich einmal versprochen und von Erasmus von Amsterdam gesprochen habe. Die Bedeutung des Erasmus scheint Herrn Dasbach davon abzuhängen, ob Erasmus in Amsterdam oder Rotterdam gelebt hat. Die Zunahme des Klostergutes ist ein Hemmniß für die Kultur⸗ entwickelung des Landes. Schon Karl der Große hat es getadelt, daß die katholische Kirche danach strebe, sich Güter schenken zu lassen. In einem katholischen Blatt wird der Rath gegeben, im Testament Kirchen, Stiftungen z. zu bedenken. Das beweist, daß die katholische Kirche Geld und Gut zu ergattern su bt. Herr Porsch empfahl, das Westfalenlied aus dem Riemenschneider'schen Lesebuch ganz fortzulassen; Herr Kirsch empfahl im vorigen Jahre eine ‚Reini⸗ gung ! der Klassiker. In einem katholischen Lesebuch für Gymnasien werden Goethe, Schiller und Herder in den Staub gezogen; es sei ein purer Schwindel von einer Freundschaft zwischen Schiller und Goethe zu sprechen, Schiller habe nicht Schnaps, sondern nur Kaffee getrunken, Goethe aber viel Wein und sogar Kirschwasser. Lessing wird als ganz gemeiner Dieb bezeichnet. Solche Dinge müssen hier an den Pranger gestellt werden. Der von mir zitierte Ausspruch von Leuis Veuillot steht in einer Uebersetzung der „Katholischen Kirchengeschichte Frankreichs“. . Dasbach sprach von seiner „Würde als katholischer

istoriker̃“. Seine Logik kennen wir aus seinem Blatt. Dort hieß es vom Hunde; Die 5 essen Freitags Fleisch, des⸗ halb können sie keine Katholiken sein; sie können aber auch leine Juden sein, weil sie nicht den Sabbath heiligen, deshalb können sie nur Protestanten sein. Herr Dasbach ist der Besitzer von 7 Zeitungen, mit denen er den Frieden zwischen den Konfessionen fortgesetzt zu stören in der Lage ist. Durch die Zerfahrenheit der anderen Parteien ist der Einfluß des Zentrums gewachsen. Ich habe zeigen wollen, wohin wir mit unserer Kultur kommen werden, wenn dieser Einfluß noch zunimmt.

Präsident von Köller: Ich habe schon neulich Gelegenheit genommen, die Herren zu ersuchen, wenn sie über den Reichstag und sein Präsidium sich äußern, es dabei nicht an derjenigen Rücksicht mangeln zu lassen, welche Parlamente gegenseitig zu nehmen sich schuldig sind. Ich wiederhole diese Bitte und bemerke, daß, wenn ein Redner dennoch in scharfen Ausdrücken sich über den Reichstag oder sein Präsidium ergehen sollte, ich ihn zur Ordnung rufen werde.

(Schluß des Blattes)

Dem Reichs tage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreff end den Servistarif und die Klasseneintheilung der Orte, zugegangen.

Arbeiter bewegung.

Aus Magdeburg berichtet die Mgdb. Ztg.“. In der Maschinenfabrik⸗Aktiengesellschaft vormals C. L. Strube in Buckau sollen zwischen den Mefallarbeitern und der Direktion Streitigkeiten aus⸗ gebrochen fein. An dem Kanglbau im Wilhelmsgarten haben etwa 60 Bauarbeiter wegen Nichtbewilligung einer Lohnforderung die Arbeit niedergelegt. ö ö

In Erfurt haben, einer Mittheilung des Vorwärts“ zufolge, die Steinmetz en der Firma Herda wegen Nichtanerkennung ihres Tarifs die Arbeit niedergelegt. .

Aus Heiligenhaus im Reg. Ben. Düsseldorf wird der Rhein. Westf. Ztg. be, d,. Der von den i,, ... der Firma Arnold Kiekert Söhne in Aussicht gestellte Ausstand (vergl. Rr. 85 d. Bl.) ist nicht zum Ausbruch gelangt, da die Inhaber der Firma die von den Arbeitern geforderten besseren . 6. hee, Arbeitsjeit und Lohnerhöhung) zum großen Theil be willigten. . .

. Bremen theilt die, Wes, Ztg. mit, daß am Mittwoch in der Fute⸗Spinnerei und Weberei Bremen“ bis auf den

größeren Tei der Sp nner nnen alle Arbeiter zur Arbeit ange⸗ ( treten sind. er in Berlin haben die Graveure der Firma F W. Atlas,.

wie im „Vorwärts berichtet wird, wegen der Enklassung Arbeitsgenossen die Arbeit eingestellt.

Aus Trautenau wird der Voss. Itg.“ unter dem 28. April

6 Die allgemeine Lage im hiesigen Ausstandsgebiet st nach wie vor sehr ernst und auch durch die Heranziehung von itãr nicht wesentlich gemildert worden. Bis 6 sind ausständig die Arbeiter der Firmen: Faltis⸗Jungbuch, Etrich⸗Jungbuch, Haase⸗Trau⸗ tenau, Hönig Trübenwasser, Kluge Dunkelthal und der größte Theil der Weberwerkstätte von Walzel in Parschnitz; im Ganzen etwa 4350 Ar⸗ beiter. Dagegen wird noch gearbeitet bei den Firmen Faltis⸗Trautenau, Josef Etrich⸗Oberaltstadt, in der Duncan'schen und Hanke ' schen Bleiche zu Trübenwasser und bei den Firmen in, ,, und F. A. Kluge ⸗Oberaltstadt. Die Fabrikbesizer haben heute in einer Be- kanntmachung erklärt, daß sie mit Räcksicht auf die ungũnstige Lage der Leinenindustrie und auf die ausländische Konkurrenz, die unter günsti⸗ . Verhältnissen arbeitet, nicht in der Lage sind, die angestrebte

ohnerhöhung eintreten zu lassen. Die Ausständigen sollen mit den Bergarbeitern in Schatzlar Verbindung gesucht haben, um diese zur Einstellung der Arbeit zu bewegen.

Kunst und Wissenschaft.

In der Sitzung der philosophisch-⸗historischen Klasse der König-⸗

lichen Akademie der Wissenschaften vom 22. d. M. (vor- sitzender Sekretar: Herr Vahlen) lag zunächst Herr Sachau über „geographische Studien zu den assyrischen Königs⸗Inschriften.. Er legte die Bedeutung der geographischen Literatur der Araber für die Probleme der ältesten asiatischen Geographie dar und erörterte jwei topographische Angaben der assyrischen Königs⸗Inschriften aus dem Gebiet der medischen und babylonischen Geographie. Herr Harnack legte vor: „Die griechischen christlichen Ee. steller der ersten Rei Jahrhunderte! (hippolytus, Bd. I). Derr Conze überreichte Etruskische Spiegel“. herausgegeben von Eduard Gerhard, V. Bd., 15. u. 16. (Schluß,) Heft. Ferner wurde vorgelegt „Philonis Alexandrini opera“, Vol. II, Ed. P. Wendland.

In der Sitzung der physikalisch⸗mathematischen Klasse von dem⸗ selben Tage (vorsitzender Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr Munk über weitere Untersuchungen über die Schilddrüse! Die Lehre von der lebenswichtigen Bedeutung der Schilddrüse findet danach in den Versuchen am Thiere nirgends Bestätigung. Ein ansehn⸗ licher Theil der Thiere erkrankt garnicht oder nur leicht und vorübergehend nach dem völligen Verlust der Drüse. Auch widerspricht die in Art und Verlauf höchst mannigfaltige Krankheit nach solchem Verlust der Annahme toxischer Produkte des normalen Stoffwechsels, welche in der Norm durch das Sekret der Schilddrüse unschädlich werden sollen. Endlich ist weder die künstliche Zufuhr von Schilddrüsen⸗Substanzen, noch die Trantzplantation der Schilddrüse im stande, die Krankheit nach dem Verlust der Drüse zu berhüten oder zu heseitigen. Die Krankheit findet ihre zureichende Erklärung durch Schädigungen der in der Umgebung der Drüse be⸗ findlichen Nerven und steht in ähnlichem Verhältniß zur Schilddrüsen⸗ Exstirpation, wie die Rinden Epilepsie zur Großhirnverletzung.

Der Gesammtvorstand der Comenius⸗Gesellschaft hat in seiner am 25. April in Berlin abgehaltenen Sitzung beschlossen, die von ihr zur Pflege der Volkserziehung geplanten gemeinnützigen Veranstaltungen, besonders die Hoch schulkurse und die nach dem Vorbild der englischen Pablic libraries einzurichtenden Bücher⸗ hallen kräftig zu unterstützen. Es wurde mitgetheilt, daß die Ein⸗ richtung einer derartigen „Bücherhalle! durch das Entgegenkommen der Stadtverwaltung für Charlottenburg gesichert und für ö in Aussicht genommen ist. Die wissenschaftlichen

ui, der Gesellschaft, zu deren Förderung die . Monatshefte der C.. G; *. bestimmt sind (pie ersten Hefte des sechsten Jahrgangs dieser Zeitschrift sind erschienen), erstrecken sich besonders auf philosophische, historische und pädagogische Fragen, und es wird beabsichtigt, mit weiteren bezüglichen Unternehmungen vorzugehen, sobald es gelungen sein wird, andere, an diesen Fragen gleichfalls interessierte Kreise zur Mitwirkung zu bestimmen. Der Bericht über das abgelaufene Ge—⸗ sellschaftjahr (1896) ergab den regelmäßigen Fortschritt der Gesell⸗ schaft, sowohl in der Mitgliedszahl wie in den Einnahmen. Der Vorsitzende wies ferner auf den Erfolg der in Berlin am 4. April auf Anregung der Comenius Gesellschaft veranstalteten Böhme Feier hin und theilte mit, daß ähnliche Feiern unter Mitwirkung der Gesellschaft auch noch in anderen größeren Städten stattfinden werden. Der Vorstand ernannte durch Zuwahl zu Mit- gliedern des Gesammtvorstandes die Herren Direktor Dr. Begemann Charlottenburg), Universitäts-Professor Dr. A. Lasson (Berlin- riedenau), Professor G. Hamdorff Malchin). Zu Diplom ˖Mit⸗ gliedern wurden gewählt die Herren: Paul Sabatier (Paris), Pro⸗ fessor H. C. Newman, (Toronto), Pastor Ernst Müller (Langnau). Dr. S. Romundt (Freiburg a. Elbe), Professor Dr. 99 er (Berlin), Direktor Melvil Dewey (Albany, NewYork), Professor Dr. Abbe (Jena).

. Im Verein für deut sches ö sprach am Mittwoch Abend der Direktorial Assistent beim Antiquarium der König-⸗ lichen Museen, Prof. Dr. Winter über die Silberarbeiten des i Alterthumtz. Durch die neueren Funde auf italiischem Boden, besonders durch den herrlichen Schatz von Boscoreale, der durch Schenkung in das Louvre zu Paris gelangt ist, hat sich, wie der Vortragende ausführte, das Interesse auch an den älteren Beständen neu belebt. Der heimische Besitz ist jedoch in Fachkreisen noch wenig bekannt. Der Hildesheimer Silberfund im Antiquarium des Neuen Museums, welcher jetzt restauriert, ergänzt und aus den Fragmenten sogar um neue Stücke bereichert wird, übertrifft an Kunstwerth alle bisherigen Entdeckungen. Aus allen diesen Schätzen spricht ein außerordentlicher, aber stets künstlerischer Luxus, nicht nur in dem Prunkgeräth der Tafel, der Becher, Schalen ꝛc., sondern auch in den eigentlichen Ge⸗ brauchsstücken; finden sich doch sogar darunter Bratpfannen aus Silber. Von höchstem Reiz ist es, die technische Vollendung dieser antiken Arbeiten zu studieren: die Treibarbeit, die von vollster Rundung bis zum zartesten Flachrelief und zur Gravierung wechselt, die Gußarbeit der angesetzten Henkel und Füße. Wie die klaren und schlichten Formen der Gefäße von figürlichem und orna⸗ mentalem Schmuck umzogen sind, oft in sprechender Symbolik an

das Gelage oder an die Vergänglichkeit des Daseins anknüpfend,

zum theil mit fast japanischer Naturfreude aus der Pflanzenwelt

Tenn und zie lebenden Blätter wiederholend, mit denen man die eche

r zu umkränzen pflegte: alles das läßt sich mannigfach be⸗ legen und verfolgen an unserm köstlichen Besitz oder an den treff⸗ an Aufnahmen der Pariser Bestände, die zur Erläuterung des , Vortrags im Saale aufgestellt waren. Je weniger von den alteren griechischen Silberarbeiten erhalten ist, schloß der , um so glücklicher müssen wir uns schätzen, durch die Funde aus der besten Römerzeit einen so hohen Begriff von den antiken Silber künsten gewinnen zu können.

Die Gesellschast für bildende Kunst und vaterländische Alter- thümer' in Emden hat das dortige alte Hafenthor, welches feit dem Jahre 1619 an der abgebrochenen Emsmauer gestanden hat, in ihrem Gesellschaftsgarten rekonstruieren lassen.

Bauten.

Wie aus Aurich berichtet wird, ist mit dem Bau des Verbin⸗ (Dortmund ei Borssum Emden Wolt.⸗ husen begonnen und zur demnächstigen Verbindung dieses Kanals mit

dungskanals vom Seitenkanal r, Ems Kanal) bis zum Fehntjer Tief

dem . der Entwurf für einen Schleusenbau am Fehntser Tief aufgestellt worden.

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