1897 / 104 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

verbunden sind. Das sind Dinge, die sich durch Zahlen nicht ausdrücken lassen. (Sehr wahr! links.)

Der Herr Vorredner hat auch eins übersehen. Er glaubt, alle die Schwankungen in unseren Exportzablen nach den Vereinigten Staaten der Tarifgesetzgebung der letzteren zur Last legen zu müssen. Ich bin der Ansicht, daß von weit größerer Wirkung jene wirtbschaftlichen GErscheinungen in den Vereinigten Staaten gewesen sind, jene stoßweise erscheinenden großen Depressionen, jener große Aufschwung, der regel · mäßig nach solchen Depressionen wieder einzutreten pflegt. (Sehr richtig) Je umfangreicher und je weit verzweigter die wirthschaft⸗ lichen Beziebungen jweier großer Staaten sich gestaltet haben, um so sicherer wird man die Wahrheit treffen mit der Behauptung, daß diese Entwickelung dem Wohlstande beider Lander in annäbernd gleichem Maße zu gute gekommen ist, und daß die Erhaltung dieser Beziebungen ein gemeinsames Interesse bildet. Ich fürchte allerdings und in dieser Beziehung bin ich dem Herrn Vorredner für seine Darlegungen dankbar daß drüben über dem Meere vielfach die Anschauung besteht, daß wir ein weit größeres Interesse an der Erhaltung dieser Beziehungen bätten. Ich kann das nur als einen bedauernswerthen Irrthum bezeichnen. Und wenn auf dieser Grund lage gesetzgeberische Maßregeln getroffen würden, so könnte die Ent⸗ täuschung nicht ausbleiben. (Sehr wahr! links.)

Aus dem Gesagten ergiebt sich, daß die verbündeten Regierungen, als sie 1891 den Handelsvertrag mit Desterreich · Ungarn geschlossen hatten, keinen Zweifel darüber haben konnten, daß sie verpflichtet waren, die Desterreich⸗ Ungarn gewährten Zollermäßigungen obne weiteres auch den Vereinigten Staaten von Amerika zukommen zu lafsen. Es wärde gegen Treue und Glauben verstoßen haben, wenn wir, nachdem wir wiederholt von seiten der Vereinigten Staaten Rechte zu unseren Gunsten beansprucht hatten, unsere Rechts anschauung verleugnet bãtten, wo die eigene Verpflichtung in Frage stand. Wenn damals trotz dieser klaren Sachlage Verbandlungen mit den Vereinigten Staaten stattgefunden haben, die später ju dem Notenaustausch ven Saratoga führten, so batte dies ausschließlich seinen Grund darin, daß die damalige amerikanische Gesetzgebung, die man jusammenfaßt unter dem Namen Mac Kinley ˖ Acte, erhebliche Zweifel darüber ließ, ob wir für unsere Rechtsanschauung auf volle Reziprozitãt rechnen konnten. Es waren nämlich die Meat ⸗In⸗ spection · Bill und die Cdmunds · Bill, welche den Präsidenten der Ver⸗ einigten Staaten diskretionäre Befugnisse übertrugen, andere Länder differentiell zu behandeln; über das Verhältniß dieser Befugnisse zur Meistbegunstigung war nirgends die Rede. Um uns in dieser Be⸗ ziebung ficher zu stellen, baben jene Verhandlungen stattgefunden, deren Endergebniß fixiert wurde in dem Notenaustausch von Sara⸗ toga. Daraus ergiebt sich, daß mit diesem Notenaustausch keine neuen Rechte und keine neuen Pflichten geschaffen wurden, daß das vorbandene Meistbegänstigungsrecht nicht erweitert, sondern nur be⸗ stätigt wurde, daß mit anderen Worten der ausschließliche Zweck war, klar zu stellen, wie sich das bestebende dertragẽmãßige Meistbegũnstigungsverbãltniß gestalten werde in der Anwendung auf die neuere bandelspolitiche Gesetzgebung der beiden Staaten. Ich halte es für durchaus nothwendig, in diesem Augenblick auf den rein deklaratorischen Charakter jenes Notenaustausches binzuweisen schon aus dem Srunde, weil ich es vermeiden möchte, daß von unserer Seite in einem Augenblicke, wo wir Protest erheben, weil unser Recht verletzt ist, Vorwürfe erhoben werden, denen die rechtliche Grundlage abgebt. So ist es ein Irrthum, zu glauben und ich abe aus den Worten des Herrn Vorredners entnommen, daß auch er von diesem Irrthum nicht ganz frei ist als ob die Vereinigten Staaten uns in jenem Notenaustausch über den Rabmen des Meiftbegẽnstigungsrechts hinaus für die Dauer die Zusage der Zollfreibeit des Zuckers gegeben hätten. Das ist ebenso wenig der Fall, als vir in jenem Notenaustausch das Versprechen gegeben kaben, den Weizen zell dauernd auf 3.50 A herabzjusetzen. Es war der ganze Inhalt jenes Notenaustansches begrenzt durch die Dauer der beiderseitigen Gesetzgebung. Die Vereinigten Staaten von Nord⸗ Amerika batten die Verrflichtung, uns die Zollfreibeit des Zuckers ju gewähren, so lange sie trgend einem Staate auf der Welt dieses Yririlegium einrãumen, und wir batten die Verpflichtung, den Ver⸗

cirigten Staaten so lange den Weizernoll von 3 50 * u. s. w. jukommen

n .

18 Kir irgend einem anderen Staate diesen gemãßigten Sachlage, das war der Inbalt und die Absicht Als daher

eine Verletzung reckt) Wehl aber baben wir eine Verletzung dieses rin erblickt, daß durch dieselbe Bill ein Zuschlageioll pro Pfund eingefäbrt wurde auf den Zucker,

Ländern nach den Vereinigten Staaten

ja den vrãmienzjahlenden Landern

des dentschen Zuckers war um so

Bestimmang lediglich Anwendung fand

Prãmien, nicht aber bezüglich der ge⸗

beimen ien, wie sie damals noch in Frankreich bezahlt orden sind. r richtig! rechts) Aus diesem Grunde baben wir, Her Acte es war im August 1834 Geseges

amtlichen Protest gegen die Echebung dieses Die Regierung der Vereinigten Staaten

2 rrseres Pretestes anerkannt. In einer Bot-

bejũglich

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darm gebeten ned dan aach der Schein werde. De Nerrasentantenhans

einer

zäsder ten Grfallaag richt . meme Herren, ich konftatiere gan einfach die

auch fe eine Verleßnng unserts Mer nfttegẽsstigange rechtz erblickte.

Hi, bebe, e, Pretefie damals keine weiteren Folgen gegeben (ẽtt, bert er,, Grmmel argefiktz der Anerkennung aa serer Rechts as fetten, der Regierung der Vereinigten Stare (Heiter · barn Wer ae hren anderen Grande, der vielleicht

. zar xn

ke eee

mender 1834 Fat Prästrent Cleveland sich an den erer, me mrter Bezagnabme auf den dentschen Protest daß dieser Zaschlagenoll wieder auf⸗ Vertrag verletzung bat diesem Anfinnen

Dansch des

recht) Za, atfache, daß die NRegierrng der Vereisigten Staaten damals alles gethan bat, was in jkr Matt lag. 1 einer Gesezgebangatt wieder anfabeben, in der

die Einfuhr deutschen Zuders in den Vereinigten Staaten eine schwere Einbuße erleiden, sich zunächst nicht als zutreffend erwiesen hat, daß vielmebr infolge der Revolution auf Cuba der deutsche Zucker 1896 eine Höhe erreichte, wie nie zuvor, aach unserer Statistik im Werthe von 65 O00 000 Æ (bört, bört! links) und nach der amerikanischen Statistik voraussichtlich noch weit mebr. (Bewegung rechts.)

Ich wiederhole: wir haben damals dem Protest eine weitere Folge nicht gegeben, weil infolge außergewõöhnlicher Umftãnde die Befürchtung, die wir an jene Bestimmung der Wilson · Acte geknũpft hatten, sich in der Praxis nicht verwirklicht. (Bewegung recht.) Ich bin außer stande, auf die Zwischenrufe irgend eine Antwort zu geben, die nicht laut genug erfolgen, als daß sie meinem Ohr zu⸗ gänglich sind. Die Erwartung, die wir begen konnten, daß, nachdem die Re⸗ gierung der Vereinigten Staaten die Berechtigung unseres Protestes vom Jabre 1894 anerkannt bat, nunmehr nach dem Regierung wechsel eine Remedur eintreten würde, bat sich nicht bestãtigt. ( Heiterkeit rechts) Wie der Herr Vorredner richtig anführt, ist in der Dingley⸗ Bill, die bereits das Reprãsentantenbaus passiert hat, nicht nur der allgemeine Zoll auf Zucker erheblich erböbt, sondern auch der Zuschlagẽ· zoll auf Zucker aus prämienzablenden Ländern von io o/o per Pfund das sind etwa 92 3 vro 100 Kilo auf den ganzen Betrag der Prämie, die das betreffende Land zahlt das würde für uns 2,50 sein.

Wir haben sofort durch den Kaiserlichen Botschafter in Washington Protest gegen diese Beftimmung der Dingley⸗Bill erhoben. (Heiterkeit rechts) Ich glaube, die Anfrage des Herrn Vorredners, was geschehen sei, um die Gefahren bintan zu halten, nicht besser beantworten zu können, als wenn ich die betreffende Stelle dieser Protestnote vom 5. April vorlese. Da heißt es em Schluß:

die Kaiserliche Regierung würde in einem solchen Falle

d. h. wenn dieser Gesetzentwurf Gesetzeskraft erlangen sollte die Voraussetzungen, auf welchen die deutschen Erklärungen in einem Schriftwechsel vom August 1891 beruhten, als hinfällig be⸗ trachten mussen, und sie würde sich ferner vor die Frage gestellt sehen, ob diejenigen Vergũnstigungen noch länger zu gewãhren seien, welche sie den Vereinigten Staaten bisher durch die Anwendung der niedrigen Zollsãtze aus den zwischen dem Deutschen Reich einerseits und Oester⸗ reich ⸗Ungarn sowie verschiedenen anderen Staaten andererseits ab⸗ geschlofsenen Zollvertrãgen auf die Einfuhr aus den Vereinigten Staaten, namentlich binsichtlich der landwirthschaftlichen Erzeugnisse geboten bat.“

Auf diese Note ist bis jetzt die vorläufige Antwort eingetroffen, daß dieselbe dem Vorsitzenden des Finanzcomités des Senats zur Prüfung überwiesen worden sei. Dem Vernehmen nach wird der Senat in nächster Zeit seine Berathungen beginnen.

Das ift, was von seiten des Herrn Reichskanzlers geschehen ift, um den Gefahren entgegenzutreten, die der Einfuhr des deutschen Zuckers in den Vereinigten Staaten durch die bestehende Gesetzgebung drohen. Mit vollem Recht hat der Herr Vorredner darauf hingewiesen, daß, ga nz abgeseben von dem Zuckerzoll, die Dingley⸗Bill eine ganze Reibe von Zollsätzen entbält, die in ibrer Höhe geeignet sind, die deutsche Industrie auf das schwerste zu schädigen und zu einem nicht unerheblichen Theil die deutsche Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten unmöglich zu machen. Wir haben wegen dieser vollkommen berechtigten Besckwerde eine amtliche Reklamation in den Vereinigten Staaten nicht erhoben, und jwar aus dem Grunde, weil wir glaubten, daß es junächft Sache der dortigen Interessenten ist, sich gegen diese Maß⸗ regeln, die auch sie schwer treffen werden, zu wehren; dann aber aus dem Grunde, den der Herr Vorredner bereits angefũührt hat, daß man diesen Beschwerden mit dem Einwande begegnen könnte, daß, wer von seinem Recht Gebrauch macht, niemanden verletzt. Und in der That bleibt ja die Autonomie der beiderseitigen Tarifgesetzgebungen durch die Meiftbegũnstigungs vertrãge unversebrt. Daraus folgt nicht, daß diese Autonomie eine unbegrenzte sei. Ich finde die Grenze in dem un⸗ geschriebenen Gesetz, daß kein Staat darauf rechnen da rf⸗ den fremden Markt für feine eigenen Produkte auf die Dauer zu erhalten, wenn er den eigenen Markt dem fremden Produkt verschließt. (Lebhafte Zustimmung.) Kein Staat der Welt ist mächtig genug, um sich der eisernen Konsequenz dieses Ge⸗ setzes zu entziehen. Und dann noch ein Anderes! Es ist eine alte menschliche Erfahrung, daß jede Aktion, wenn sie gewiffe Grenzen überschreitet, ganz naturgemãß eine um so kräftigere Reaktion auf der anderen Seite beworruft; und es wãre nicht zum ersten Male, daß drüben über dem Diean in dem Augenblick, wo eine Fluthwelle handels volitischer Anschauungen die böchste Höhe erreicht zu baben scheint, in der Ferne bereits die Gegenströmung sichtbar wird, die bestimůmt ist, die Kraft dieser Welle zu brechen und zu vernichten. Das, meine Herren, ist die Sachlage. Mit Bedauern habe ich wahrgenommen, daß, als ich davon sprach, was unsererseits in dieser schwierigen Frage unternommen ist, man meine Ausführungen auf der reckten Seite dieses Hauses mit Heiterkeit begleitet hat. Vielleicht wird einer der geehrten Herren von rechts mir mittheilen, was wir unter diesen Um ständen angesichts der Sachlage Anderes hätten thun können lsehr richtig! links), als was geschehen ist. Ich wiederbole, es ist heute noch alles in der Schwebe, und jetzt schon entschiedene Entschlũsse zu fassen, alles das zu thun, was Herr Graf von Kanitz entwickelt hat, das wärde der größte Febler sein und die schwerfte Versundigung an den Intereffen, deren Schutz und Pflege den verbündeten Regierungen anvertraut ist. Daruber kann ja kein Zweifel sein, daß die Lage eine schwierige und ernste ist, und ich begreife, daß die fernere Entwickelung nicht nur in weiten Kreisen Deutschlands, sondern in dem ganzen europäischen Kontinent mit Spannung verfolgt wird. Ich kann in diesem Augenblic nur darum bitten, es möge der Reichetag zu den verbündeten Regierungen das Vertrauen haben, daß sie fich der Schwierigkeit ihrer Aufgabe bewußt find, daß sie, wenn extscheid erde Entschlẽße ju fassen sind, mit der Festigkeit, die auf unser autes Recht sich stũtzt, auch die küble und ruhige Erwãgung verbinden werden, auf welche die großen und weitvermweigten Interessen, die kier im Sriel sind, einen wohlbegrũndeten Ansyruch haben. (Leb⸗ hafter: Bravo linke und in der Mitte.) Auf Antrag des 2 * jh fr. Vgg.) tritt das in di techun Interpellation ein. darm * 36 . tie Mac Kinley ⸗Bill hat allerding? der Error Der schlan ds abgenommen, aber durch die Ermãßiqungen e Terre in Jabre 18334 it der Erwort wieder gestiegen. Allein

Ich erinnere auch an die = Die Saratoga · Konvention bildet ke eine Deklaration des beste henden Mei! daß der ee fũr dentschen ö Der W

son⸗Tarif von 1894 enthie

Ser Dingley⸗Tarif enthält jwar auch eine solche Klausel, a beniebt fich nicht mebr auf Zucker. . Retorfioneflaufel also gar kein Interesse mehr, und da Amerika sich vollstandig auf dem Boden seiner ges fo können wir, fo unangenehm die Zollerbö ist, nichts machen. Der Wilson ˖ Tarif mit der Retorfionsklausel ift . dem Zucker nur angewendet worden gegen die Lãnder mit offener, 23 23. een. ö rhöhung der utzzölle an a erheben, da Vertragzrechte nicht entgegensteben. Aber die, ganze Situation giebt Veranlassung, die Frage zu prüfen, ob nicht über die Auslegung von i selben durch ein Schiedsgericht entschieden werden kann. lischen Kolonien gegenüber z. B. kann Nei ausgelegt werden, daß die deutschen Waaren nicht schlechter behandelt werden als die englischen. einen Zollabschlag für alle seine Waaren ebenfalls verlangen; auch die eng⸗ sische Fachpresse erkennt das vollständig an. Tarifsãtze der daran, regeln spielt ; ; und bloß die wirklichen Intereffen. Die Leidenschaft wird gemöhnlich um so größer, je weiter der . Bacillus verbreitet ist; da seine Verbreitung in Amerika ge d dort fehr stark fein, und schon deshalb ist kaltes Blut dringend noth⸗ wendig.

Deutschland bat an

eberis B isse befindet, o 2 2 Industrie

nicht gegen diejenigen mit verfteckter Prämie. Dagegen h Regierung Widerspruch erbeben. Gegen die sich kann Deutschland keinen Protest

Handelsverträgen und über Streitigkeiten aus den eng⸗

die Meiftbegünstigung dahin

Kanada hat aber den englischen Waaren ollabschlag von 25 9 zugestanden. Deutschland kann diesen Trotz der hoben Dingley⸗Bill denkt in England niemand Retorsionsmaßregeln zu ergreifen. Bei solchen Maß. immer die Leidenschaft eine Rolle und nicht

ehr ausgedehnt ist, würde die Retorsion

ch Drohungen werden sich die Amerikaner nicht

einschüchtern laffen, ebensowenig wie man die deutschen Schutz ʒõllner

1875 durch Drohungen zurückgehalten batte. Man kann nur die Soff⸗

nung begen, daß die Amerikaner mit der Dingleꝝy . Bill dieselben

schlünmen Erfahrungen machen werden, wie mit der Mac Kinley. Bill.

Wenn wir uns gedulden, werden die Dinge in Amerika bald wieder

ein erfreuliches Ansehen gewinnen.

Abg. Freiherr Hevl zu Herrns heim (ul): Ich babe das volle

Vertrauen zu dem Herrn Reichskanzler, daß er in der schwierigen Sitna⸗

tion das Rechte treffen werde. Der Vorgänger des jetzigen Reichs

kanzlers erfreute sich dieses Vertrauens nicht. Die Freihändler und

auch der Staatssekretär, der an dem Abschluß der Dandelsvertrãge

stark betheisigt ift, schlagen die Zugeständnisse auf Grund der Meifst⸗

begunstigungsklaufel vielleicht nicht so hoch an wie diejenigen, welche

Gegner der Handelsperträge sind. Nach der Mac Kinley · Bill

ist unsere Handelsbilanz eine passive geworden, und jwar in

Höbe von 6 , und durch die Ausdehnung der Meist⸗

begünstigung auf Nord Amerika ist das Passtvum sogar bis

auf 18 ( gestiegen. Daß wir gegen dieses neuere Vorgehen Amerikas

nichts thun dürfen, will mir nicht einleuchten. Wenn die Thorheiten

allzuweit gehen, dann müssen wir uns doch fragen, ob wir das ruhig

binnebmen können, nachdem Amerika die Meiftbegünstigung obne jede

Konzefsion erhalten hat. In den englischen Kolonien ist die Ver⸗

Ehrung für die Meistbegünstigungsklausel stack ins Wanken ge⸗

kommen; in Kanada hat man es lebhaft bedauert, daß man die Zugeständnisse, die England gemacht wurden, infolge der Meist⸗

Fegünstigung auch auf Deutschland ausdehnen mußte. Der Wilson⸗

Tarif bat den Mac Kinley -⸗Tarif nur unwesentlich ermäßigt, und die

zunehmende Versendung landwirthschaftlicher Produlte dan, Amerika nach Deutfchland hat die europälsche Landwirkhschaft vollständig er= schüttert und ein Sinken der Grundrente herbeigeführt. Der neue Dingley. Tarif hat aber für Deutschland eine um so größere Bedeu⸗· tung, als dadurch die deutsche Steuer und Sozialvolitik beeinflußt wirs. In Frankreich besteben keine Einkommensteuern und keine soßialposttischen Lasten. Ferner sind die Beziehungen zwischen Nord! und Sid Amerika stetig gewachsen, und die pan amerikanische Bewegung steht nicht mehr bloß auf dem Papier. Die Schutzm olle sind erhöht für alle diejenigen Induftrien, die mit dem Dentschen Import zu konkurrieren batten; die amerikanischen jungen Leute füllen unsere Schulen und Universttäten und befõrdern badarch das Aufblühen der amerikanischen Industrie. Dazu kommt das Verfahren der Deklaration, welche seitens der amerikanischen Konsuln verlangt wird. Ein Fabrikant, welcher zur Ausfuhr nach Amerika detlariette, wurde veranlaßt, die Deklargtion auf seinen Eid zu nehmen, damit er, wenn sie sich als falsch ergäbe, vor Gericht be⸗ langt werden könne. So etwas dürfen wir uns doch nicht gefallen laffen von einem Land, welches seine Thore unserer Einfuhr verschließt; denn die Zölle der Dingley. Bill steigen bis auf 57 90 ad valorem, während unsere Zölle höchstens 170i des Werthes ausmachen. Amerika verlangt, daß wir seine Rohmaterialien einführen, sie aber nicht mit Fabrikaten, sondern mit baarem Gelde bezahlen. Unfere Repressivmaßregeln sind unbedeutend. Hundert Prozent Zuschläge auf ganz niedrige Zölle bedeuten garnichts. 1383 dat der Bundestath die Verträge mit Spanien und Italien als für Amerika nicht gat, anerkannt; fũr die spãteren Ver⸗ träge ift aber Amerika die ein beg ufig eingerãumt worden. Amerika hat den deutschen Zucker schlechter ebandelt als den ameri- kanischen und den Rohrzucker. Um die Prämien, die im Inlande geiahlt werden, hat sich das Ausland nicht zu kümmern. Wenn es geschieht, so wird die Im d g fen, verletzt, und diese ift dadurch eigentlich aufgehoben. Das Einfuhrverbot für amerikanisches Fleisch n. s. w. wurde aus gesundheitlichen ten erlassen. Amerika fäbrte die Fleischbeschan ein, die natürlich bei der dortigen großen Fleischvroduttion wenig wirksam sein konnte. Durch die Drohung mit dem Juschlag für Zucker haben unsere Unter handler sich ein · schüchtern lafsen, und so kam das Saratoga⸗ Nebereinkommen zu stande. Ser Präsident Cleveland beschwerte sich über die Maßregelung gegen die Vieh und Fleischeinfuhr infolge des Texasfiebers und gegen das Vorgehen gegen einzelne Versicherungẽgesellschaften; es wurden die Tonnengelder eingeführt, angeblich weil Deutschland auch Tonnen⸗ gelder erboben, während das thatsächlich nicht der Fall war. In Deutschland handelt es sich um eine reine Steuereinnahme ohne Gegenleistung. Wir müssen ebenso vorgehen wie Frankreich und einen Maximal und Minimaltarif einführen und auf Grund deren unsere Beziehungen zu den anderen Staaten regeln. Aber die deutsche Aengfllichkeit hat ein solches Vorgehen bisher verhindert. Bejuglich der einzelnen Artikel, die von Amerika eingefũhrt werden ist zu bemerken, daß wir unter einem amerikanischen Petroleum⸗ monopol leben. Wir wärden aus dem russischen Petroleum genqu dieselben Produkte erzielen wie

r n e,, , i i es Objekt der Repression. o li mi

33 m e. auf Grund günstiger Frachtver hãltnisse an Sckaden der deutschen Obstvreduktion eingeführt wird, Wenn ir inen Minimal. und Maximaltarif einführen,

Denn dur

; ; dann 587 . ĩ tarsf nur denjenigen Staaten gegeben werden, w ondere —— ö * die h e r ige. luseste Wenn ft und Industrie geschloften in die Schranken treten, dann wird es möglich fein, daß wir eine für die nationale Arbeit gůunftige Handel g politik erreichen. . . Staatssekretãr des Auswãrtigen Amts, Staats ⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein: Meine Herren! Ich bitte Sie, nicht zu befürchten, daß ich mich mit dem geehrten Herrn Vorredner auf eine prinzipielle Erörterung äber Handelevolitik einlassen werde. Ich fürchte, wir würden nur schwer einen Berührunge punkt finden; ich kenne ja seine geringe Vor⸗ liebe für Melstbegũnstigunge verträge und seine grohe Sympathie für die Beseitigung derselben. Ich habe stets seinen Ausfübrungen mit der größten Aufmerksamkeit zugehört; allein das Gine ist mir auf⸗ gefallen: er weiß genau, daß die Verträge zu kundigen sind, aber er

Heiterkeit au der Necten nämli die Bernnrchtuag, et

Fer tönrte

de Hauses dadurch

ertschemend fird die Zollverhãltnisse für Grport und Import nicht.

läßt uns jedesmal im Stich, wenn wir die Frage aufwerfen, was

denn eigentlich an deren Stelle gesetzt werden soll. (Zuruf rechts.) Gin autonomer Tarif allein bildet noch keine Handelspolitik, namentlich nicht in einem Staat, der eine so bedeutende Ausfuhr hat wie Deutschland, eine Ausfuhr, von deren Entwickelung doch das Ge⸗ deihen sehr weiter Erwerbszweige in Deutschland abhängt.

Wenn ich mir das Wort erbeten habe, so geschieht es lediglich, um in jwei Punkten die Ausführungen des Herrn Vorredners richtig zu stellen. Er hat uns eine sebr drastische Schilderung gegeben von den Verhandlungen, die dem Notenaustausch von Saratoga voraus⸗ gegangen sind; er weiß sogar oder will wissen, was damals hinter den Kulissen vorgegangen ist, und hat hier Dinge erjählt, die mir bis jetzt vollkommen unbekannt geblieben find. Seine Konklusion war, daß die Gewährung der an Oesterreich⸗ Ungarn gegebenen Zollermäßigungen an die Vereinigten Staaten nichts Anderes als ein reiches Ge⸗ schenk unsererseits gewesen sei. (Sehr richtig! rechts) Ja, meine Herren, die Herren, die sehr richtig!“ rufen, erwecken in mir ein ge— wisses Gefübl der Beschämung; denn ich entnehme daraus, daß der erste Theil meiner Ausführungen außerordentlich unklar gewesen sei; denn nur so ist es erklärlich, daß man jetzt noch von einem Geschenk spricht. Ich habe vorhin unter Bezugnahme auf aktenmäßige Dokumente den Beweis geliefert, daß wir seit Gründung des Reichs fortgesetzt den Standpunkt gegenüber den Vereinigten Staaten ver⸗ treten baben, daß der Vertrag mit Preußen vom Jahre 1828 noch in voller Kraft ist, daß insbesondere nach Art. 5 und 9 das unbedingte Meistbegünstigungs recht gegenseitig besteht. Wir haben auf Grund dieser Rechtsauffassung wiederholt von den Vereinigten Staaten zu unseren Gunsten Rechte beansprucht und auch durchgesetzt. (Zuruf rechts) Ja, meine Herren, wenn das nicht genügt, so darf ich auf eine Aeußerung des Fürsten Bismarck hinweisen, die er in der Sitzung vom 10. Februar 1885 gethan hat. Damals hat es sich um die Frage gehandelt, ob nach Einführung des 3 MÆ⸗Zolles für Roggen der Spanien gegenüber gebundene 1 Æ-Zoll auch den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika belassen werden soll; damals hat Fürst Bismaͤrck sich in folgender Weise ausgedrückt:

Ich möchte noch gleich einen anderen Irrthum berichtigen. Der Herr Vorredner nahm an, daß Amerika nicht zu den meist⸗ begũnstigten Staaten gehöre. Faktisch gehört es dazu nicht infolge von Reichsverträgen, aber infolge von Verträgen mit Preußen und mit mehreren deutschen Staaten, die sich aus dem Reich nicht aus⸗ sondern lassen. Praktisch behandeln wir uns mit Amerika gegen⸗ seitig als meisftbegünstigt, was für uns z. B. den Anlaß bildet, wenn der Vertrag, den Spanien für Cuba und Porto ⸗Rico mit Amerika geschlossen hat, sich verwirklicht, für uns, für Deutschland, in Amerika dieselben Vortheile beispielsweise für die Zuckereinfuhr zu beanspruchen, die der spanischen Kolonie gewährt werden, und in Spanien ähnliche Vortheile, wie sie Nord Amerika und Cuba gewährt werden. Fürst Bismarck hat also damals, als der Roggenzoll gegenüber Spanien auf 1 6 gebunden wurde, genau dasselbe gethan, was wir im Jahre 1891 gegenüber den Vereinigten Staaten bezüglich der Zollermäßigung an Desterreich⸗Ungarn gethan haben. Ich weiß nicht, ob der Herr Vorredner der Ansicht war, ob das damals auch ein reiches Geschenk war. Nein, das war es nicht; es war einfach die Erfüllung einer uns obliegenden vertragsmäßigen Pflicht, und ich bleibe bei der Meinung bestehen: es würde gegen Treu und Glauben verstoßen haben, wenn wir die Rechtsanschauungen, auf Grund deren wir Rechte bei den Vereinigten Staaten beansprucht und durchgesetzt haben, dann auf einmal verleugnen, wo Verpflichtungen unsererseits in Frage sind; das war meines Erachtens vollkommen unmöglich.

Der Herr Vorredner ist dann auf die Frage der Tonnengelder übergegangen, hat dabei aber ein wenig zutreffendes Bild von der ganzen Frage entworfen; er glaubt, die ganze Sache sei eigentlich eine Intrigue der American line, und es habe sich wesentlich darum ge⸗ handelt, der American lins ein Privilegium zu schaffen auf Kosten der deutschen Schiffe; davon ist gar keine Rede. Die Streitfrage ist einfach die, ob in Deutschland Tonnengelder und Gebühren im Sinne der Dingley shipping-act erhoben würden oder nicht. Es ist aber niemals den Vereinigten Staaten beigefallen, Tonnen gelder von deutschen Schiffen deshalb zu erheben, um amerikanischen Schiffen ein Privilegium zu gewähren; im Gegentheil, die amerikani⸗ schen Schiffe haben genau ebenso Tonnengelder, wenn sie nach Amerika kamen, bezahlt, aber immer unter der Voraussetzung, daß sie aus solchen Hafenorten kämen, die Ländern angehörten, wo solche Ge⸗ bühren gezahlt werden. Mit anderen Worten: diese Tonnengelder werden garnicht von der Flagge erhoben, sondern erhoben nach der Provenienz des betreffenden Schiffes, und die amerikanischen Schiffe unterliegen den Tonnengeldern unter der Voraussetzung, daß sie von den Häfen der erwähnten Länder kommen, genau ebenso wie die deutschen.

Der Herr Vorredner hat wiederholt von der deutschen ‚Aengst⸗ lichkeit in handelspolitischer Beziehung gesprochen. Vielleicht ist es keine Anmaßung von mir, wenn ich diesen Ausdruck, wenn auch nur zum theil, auf meine Person beziehe. Ich kann dem Herrn Vorredner nur darauf erwidern, daß ich der Kühnheit, mit der er Pläne für die Zukunft entwirft, die im wesentlichen darin bestehen, die bestehenden wirthschaftlichen Beziehungen mit anderen Ländern überall zu zer⸗ stören, daß ich dieser Kühnheit vollkommen neidlos gegenüberstehe. (Bravo h)

Abg. Rich ter (fr. Volksp.): Der neue amerikanische Tarif ist zum theil eine freihändlerische Vorlage, weil sie namentlich für die Textilindustrie Tarifermäßigungen vorsieht, und es sind noch weitere Erleichterungen in Aussicht genommen; wenn man diese Deutschland . zugestehen würde, fo würde das ein Unrecht sein. Die Verhält- nisse in Kanada aber zeigen, daß wir einen großen Vortheil von der

eistbegünstigung haben. Wenn die kanadischen Staatsmänner die Meistbegünstigung bedauern, so kann das für uns ganz gleichgültig sein. Graf Kanitz ist als Vertreter der Industrie aufgetreten; in dieser Eigenschaft war er mir nicht bekannt. Die deutsche Industrie wird auch den Verfasser des Antrags, der den deutschen Arbeitern die Lebensmittel vertheuern will, nicht als ihren berufenen Vertreter an- erkennen. Dieser Beschützer der Industrie will amerikanisches Vieh * is. . 7 59 Zoll belegen, 9 3 die D gn ie wird auch Herrn von s . induffrieller ist, nicht als . ö . . eigene Handelskammer in Wormg, deren Präsident er ist, er⸗

kennt seinen Standpunkt nicht mehr an. Wenn nach Herrn von 1 die Meistbe innen gekündigt würde, dann würde eine

zeunruhigung der Industrie eintreten, was eine große Arbeitslosig⸗ keit ö. ö haben müßte. Herr Me. Kinley 3 ein Schüler der deutschen Schutzꝛsllner, der sich ausdrücklich uf den Fürsten Bismarck berief. Die Meistbegünstigungsklausel ist eine Schranke gegen die

anderer Staaten. Die Theorie der Handelsbilanz ist von der enschaft längft aufgegeben, und Graf Kanitz und Herr von Heyl find die letzten Vertheidiger dieser falschen Theorie. Nach dieser falschen Theorie 23 England längst verarmt sein. Die Theorie der Handelsbilanz läßt den indirekten Verkehr und die Kaxitalnutzung vollstãn dig außer Betracht. Wenn der Vertrag von 1828 noch in Geltung ist, dann mußten wir die Meiftbegünftigung obne weiteres zugeftehen. Zur Aufhebung des Einfubwerbots ameri- kanischen Schweinefleisches waren wir verpflichtet, sobald die Bedenken gegen die Behandlung des Schlachtviehes verschwunden waren. Be⸗ züglich der internationalen Zollstreitigkeiten könnte das Schieds. gerichtsverfabren sehr wobl eingeführt werden. Bezüglich des Petroleum ⸗Monopols haben sich schon Rückschläge gezeigt. Die Zu⸗ nahme des Verbrauchs von Gläblicht und Clekttrizitat sorgt dafür. Daß das amerikanische Obst in Deutschland Absatz gefunden hat, ist ein Beweis dafür, wie sehr der Obstkonsum noch der Ausdehnung fãhig ist. Aber Sie (rechts) seben in jeder Zollerböhnng einen Vortheil, während wir darin einen Nachtbeil erblicken, weil da⸗ durch der Konsum vermindert wird. Durch Drohungen und aufregende Reden, durch Zollchikanen u. s. w. wird sich Amerika nicht einschüchtern lassen. Wir müssen dafür sorgen, daß nicht die naticnale Leidenschaft in diese Frage hineingezogen wird. Ist denn jetzt der Moment, wo man diese ase erörtern kann? Liegt nicht die Gefahr vor, daß die Hochschutzzöllner Amerikas erst recht auf ihrem Vorhaben beftehen? Man soll die Meistbegünstigungs verträge nicht aufheben, sondern sie zu Tarifverträgen zu entwickeln suchen. Wenn wir alle unsere Vertragsbeziehungen aufgãben, dann würden die anderen Staaten davon den Vortheil baben, welche ihre Verträge aufrecht erhalten. Man will diese Vorgänge in Amerika nur benutzen, um höhere Zölle auf Lebensmittel herbeizuführen.

Abg. von Kardorff (Rr): Herr Richter sollte doch mit der Lebensmittelvertheuerung hier nicht mehr kommen. Was bedeutet die Lebensmittelvertheuerung für den Mann, der nichts verdienen kann? Berechnen Sie einmal, daß 1400 Millionen Mark Lebensmittel nach Deutschland importiert werden, welche die deutsche Erde selbst er⸗ zeugen könnte. Diese 1400 Millionen Mark würden als Arbeitslohn der arbeitenden Bevölkerung in der Landwirthschaft zu gute ge⸗ kommen sein. Nachdem der Zolltarif von 1879 den Reichstag passiert batte, reichte Herr von Varnbühler mit mir dem Fürsten Bismarck ein Promemoria ein, worin wir uns dafür aussprachen, sämmtliche Meift= begünstigungsverträge zu kündigen und mindestens einer Revision zu unterwerfen. Fürst Bismarck wollte damals nicht darauf ein gehen, ihm lag der Frankfurter Friede noch ju nahe, durch welchen Frankreich das Meistbegünstigungẽ recht eingeräumt war. In späteren Jahren bestand Fürft Bismarck selbst darauf, daß im Auswärtigen Amte eine sorgfältige Statistik aufgeftellt wurde und zwar wurde sie von dem Grafen Berchem, der leider aus dem Reichs dienft geschieden ist, aufgenommen über die Wirkung der Meist- begünftigungs ysteme mit den verschiedenen Ländern, mit der aus- gesprochenen Absicht, sich für die Zukunft einen autonomen Tarif, einen Minimal und Maximaltarif zu schaffen, von dem aus man auf Grund von Handelsverträgen zu Konventionaltarifen mit anderen Ländern gelangte. Wir haben es sebr bedauert, daß, ehe diese Idee zur Aus. führung kam, das jetzige System der Handelsverträge inguguriert wurde. Noch 1891 und 1892 hätte man sich dieser Aufgabe unter⸗ ziehen und uns so vor den Handelsverträgen bewahren können, von denen ich fürchte, daß sie, wenn sie unverändert fortbesteben sollten, zum Ruin der Landwirthschaft fübren werden. Staatssekretär von Marschall hat gesagt, wir sollten doch Vertrauen zur Regierung haben, daß sie diese Frage im Interesse des deutschen Vaterlandes zu lösen suchen würde. Ja, wenn wir dieses unbedingte Vertrauen gehabt hätten, so hätten wir diese Interpellation nichtigestellt; denn ich erkenne an, was der Fürst Bismarck gesagt hat, daß in einer Interpellation an sich eine Art Mißtrauenspotum gegen die Regierung liegt. Wir wünschen, daß durch diese Verhandlung die Regierung beeinflußt wird, in unserem Sinne zu handeln und nicht in der Weise der Abgg. Richter und Barth, die hier mehr als , . des Auslandes auf⸗ getreten sind denn als Delegirte dentscher Wahlbezirke. Das Verfahren, das in dem Saratoga Abkommen vom Auswärtigen Amt einge⸗ schlagen ist, muß uns mit einem gewissen Mißtrauen erfüllen. Es wurde damals den Vereinigten Staaten der Fleischexport nach Deutschland freigegeben, nachdem sie durch Gesetz eine Fleischschau etabliert hatten. Nach den Ausführungen eines Technikers ist aber die Art, wie die Fleischschau in Chicago ausgeführt wird, ein wahrer Hohn auf. dieselbe, Die Zahl der täglich geschlachteten Thiere und die Zahl der Thierärzte, die sich mit der Fleischschau be- schäftigen, ergiebt schon, daß von einer Fleischschau, wie sie bei uns geübt wird, nicht die Rede sein kann. Wir baben damals an genommen, daß die Amerikaner nicht bloß von einer Belastung des jenigen Zuckers Abstand nehmen würden, der von uns mit der Export⸗ prämie auf den Weltmarkt kommt, sondern überhaupt von einer Er⸗ böhung der Zuckersteuer. Das ist nun anders interpretiert worden. Herr Barth meinte zwar, die Zuckerprämie wäre in Amerika nicht abgeschafft worden, weil der Senat es verweigert habe. Ja, wenn solche Dinge vorkommen, und wir sehen, daß unsere Regierung nicht einmal den Versuch macht, den Vereinigten Staaten gegenüber eine Kündigung der Meistbegünstigung in Aussicht zu stellen, worn sie unzweifelbaft das Recht hat, so müßsen wir doch wünschen, daß sie . wirklich eine entschiedenere Sprache führe. Wir haben das Ge— fühl. daß zu Zeiten des Fürften Bismarck die Amerikaner sich das nicht erlaubt haben würden, was sie sich jetzt uns gegenüber erlauben. . Barth hat uns den Rath gegeben, bejüglich des Zuckers mit den

ereinigten Staaten Prozesse zu führen. Dieser Weg ist, kaum gangbar. Ihm und Herrn Richter gebe ich Recht, daß es nützlich sein würde, wenn die verschiedenen Nationen sich zu internationalen Schieds⸗ gerichten über solche Fragen vereinigten; ob aber eine solche Einigung möglich ist, 3. ich nicht. Herr Richter hat Herrn von Heyl vor= geworfen, er habe die Industrie nicht vertreten, er wäre ja der reine Agrarier. Es ist dankbar anzuerkennen, daß wir endlich zu dem alten Spyftem zurückkehren, daß Industrie und Landwirthschaft sich vereinigen. Ich habe 1879 mit Erfolg in diesem Sinne gewirkt. Nachher ist die Landwirthschaft von der Sn gu j etwas im Stich gelassen worden. In der Währungsfrage verhielt sich die Industrie ablehnend und gegen die Forderungen der Landwirthschaft und dann vor allen Dingen bei den Handelsverträgen. Wir müssen und werden wieder dazu kommen, uns wieder zu vereinigen, um etwas Segen reiches zu schaffen. Man hat gesagt, vor Drohungen fürchten sich die Amerikaner nicht. Wir wollen fle auch gar nicht mit Krieg überziehen. Aber eine kleine

ndhabe haben wir doch in der Hand und die wird es den

merikanern nahe legen, uns etwas rüäcksichtWvoller zu be—⸗ handeln. Die Herren Amerikaner entsenden jetzt eine Kom⸗ mission nach Europa, um internationale Berhandlungen in der Währungefrage anzuknüpfen. Zu keinem Dinge gehört mehr abfolutes Vertrauen zu der Zuxerlässigkeit und Loyalität des anberen Staats wie gerade in der Währungsfrage. Die Amerikaner follten ssch überlegen, ob sie durch ihr Verfahren in der Meist. begünftigungsfrage sich dieses Vertrauen nicht in recht hohem Maße verscherzt haben. Auch von bimetalliftischer Seite wird man ihren Verficherungen nicht Glauben schenken, wenn sie Deutschland fort⸗ während fo behandeln. Hoffentlich tragen unsere heutigen Verhand- lungen dazu bei, daß die verbündeten Regierungen die deutschen Inter; essen mit aller Energie bei dieser Gelegenheit vertreten. Nach Ablehnung eines Vertagungsantrages erhält um 5 Uhr das Wort Abg. Graf zu Limburg - Stirum (d. kons.): Deutschland macht eine Reklamation, der Präsident erklärt sie als berechtigt, ebenfo einer der beiden gesetgebenden Körper, und da meint man, wir hätten uns an die amerikanischen Gerichte wenden müssen, Das sieht ja ganz so aug, als ob es gar kein Völkerrecht giebt. Man braucht ja nicht gleich zu dem alleräußersten Mittel ju greifen. Ich muß das bedauern, wir werden uns an eine bescheidene Haltung im Aus- lande gewöhnen * In Bezug auf, die gegenwärtigen Verhandlungen habe ich noch nichts in den Ausführungen des Staatz.

sekrelärg gefunden. Reklamationen sind gemacht worden; aber es ist

noch nicht 83. was darauf erfolgen wird. Die Amerikaner smd nũchterne schäfteleute; man kann es ihnen nicht ver es ebenso zu machen wie bisher. Das Verhö tniß zu Amerika ein recht unklares. Es ist durchaus kein vollständiges Meistbe = der haltniß. Die Amerikaner haben schließlich * dass

Interefse, in guten handels politischen Bejiehungen zu stehen, wie wir. Aber eine solche Behandlung, wie die Amerikaner sie geübt baben, dürfen wir uns nicht gefallen laffen. Selbst der Zolltrieg wäre dem Fortbesteben des n Zustandes vorzuziehen. Wir haben den Amerikanern sehr viel mehr und Werthvolleres gewährt, als sie uns zugestanden haben. Deshalb kann ich der Regierung nur rathen, daß wir baldigst zu einem autonomen Tarif kommen mögen. Die Handels vertrãge, deren Abschließzung ich nicht zugestimmt babe, sind abgeschlossen. Aber sie sind nicht genügend ausgenutzt worden, und daß dies geschehen möge, dazu möge die heutige Verhandlung dienen. Staatssekretãr des Auswärtigen Amts, Staats⸗Minister Freiherr Marschall von Bieberstein:

Der geehrte Herr Vorredner hat die Behauptung aufgestellt, wir hätten uns bei unserem Proteste gegen die Wilsen⸗Bill, wodurch ein Zuschlag auf den Zucker von 31½10 Cent pro Pfund gelegt ist, einfach des balb gefügt, weil der Senat nicht den von dem Präsidenten beantragten Beschluß gefaßt habe, und er hat dabei von einer bescheidenen Sdaltung unsererseits gesprochen. Da muß ich doch darauf hinweisen, daß nach meinen vorhin gemachten Ausführungen wir uns nicht des- halb gefügt haben, weil der Senat diesen Beschluß gefaßt hat, son⸗ dern aus einem doppelten Grunde: einmal weil unser Recht anerkannt war durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten, dann aber und das war der Haurtgesichtspunkt weil unmittel- bar nach jenem Beschluß des Senats gewisse außer⸗ gewöhnliche Umstãnde eintraten, welche die Befürchtung in den Hinter⸗ grund treten ließen, daß unser Zuckerimport durch diese differentielle Haltung schweren Schaden erleiden könnte. Gewiß hat der Herr Vorredner Recht, daß man auch in bandelepolitischen Frage auf seine eigene Würde Bedacht sein muß. Ich glaube, man muß aber auch Bedacht sein auf die Wahrung der Interessen, und ich meine, wir würden der Zuckerindustrie einen sehr schlechten Dienst geleistet haben, wenn wir damals in einen Konflikt mit den Vereinigten Staaten eingetreten wären. Denn ich wieder⸗ hole: im vorigen Jahre hat nach der deutschen Statistik der deutsche Zuckerexport nach den Vereinigten Staaten einen Werth von 65 Millionen Mark gebabt. Soviel ist niemals in einem Jahr vorher nach den Vereinigten Staaten erportiert worden. Das, meine Herren, wollte ich auf die Bemerkung des Herrn Vorredners bemerken. Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Ich boffe, daß die Aus⸗ einandersetzungen die Wirkung baben werden, daß ein autonomer Zoll tarif aufgestellt wird, damit Zugeständnisse nur gemacht werden können, wenn die anderen Staaten auch Zugestãndnisse machen.

Um 5 Uhr werden ein Schlußantrag und ein Ver⸗ tagungsantrag abgelehnt.

Abg. Ahlwardt (b. k. F.). Früher war Amerika das Land des Mittelstandes. Jetzt stehen die Arbeiter schlechter als in Deutschland. und dadurch gelangte der Schutzioll zur Oberherrschaft. Bryan zeigte den Amerikanern, daß nicht die europäische Konkurrenz die Schuld an der schlechten Lage trage, sondern das Zusammenfließen der Kapitalien in den Händen . Dabei benutzte er auch die Silberfrage, und Herr Barth bekämpfte den Freibändler Bryan deshalb und führte die Wahl Mac Kinleys mit herbei, den er hier bekãmpft. Das ist die Wahrheit der Herren, wenn es sich um das liebe Gold. handelt. (Präsident Freiherr von Bu ol bittet den Redner, bei der Sache zu bleiben. Für die nãchsten vier Jahre ist für Deutschland nichts zu hoffen. Die amerikanischen Hochschutzzöllner werden ihre Pläne durchfübren zur Schädigung des deutschen Handels und der deutschen Industrie. Rach vier Jahren wird Bryan doch wohl gewäblt werden und dann können wir mit Amerika zusammen auf Grund der Silberwährung gegen England vorgehen. Aber schüchtern dürfen wir nicht sein, denn davor haben die Amerikaner keinen Respekt.

Damit ist die Besprechung erledigt.

Abg. Dr. Barth: Ich würde auf die absurde Bemer ung des Herrn von Kardorff, daß wir, Herr Richter und ich, als Delegirte des Auslands aufgetreten sind, nicht eingehen, wenn Herr Ahlwardt nicht etwas Aebnliches ausgeführt hatte, nämlich, daß ich als Delegirter Deutschlands gegen die Wahl Bryan's gewirkt habe. Diese Behauptung ist ebenso absurd wie die Behauptungen des Herrn von Kardorff.

Präsident Freiherr von Buol: Das Wort ‚absurd“ ist parla⸗ mentarisch nicht zulãssig. ;

Abg. Richter: Der Vorwurf des Herrn von Kardorff ist ebenso häßlich, wie wenn ich behaupten wollte. daß Herr von Kardorff als 2 amerikanischer Silberminenbesitzer auftrete.

bg. Ahlwardt: Ich babe nicht gesagt, daß Herr Barth der bl Bryan g,

Delegirte Deutschlands war jzur Bekämpfung der der eigentlichen

sondern er war der Abgesandte der Goldjuden, Herrscher seiner Partei.

Abg. Dr. Barth: Der Präsident hat meine Bezeichnung einer Aeußerung des Herrn von Kardorff als absurd“ gerügt. von Kardorff hat aber Herrn Richter und mich als Delegirte des Auslandes“ bezeichnet. Wenn wir nicht darauf abwehrend ant- worten können, dann sollte uns der Herr Präsident wenigftens n Bemerkungen schützen, die eine empfindliche Beleidigung enthalten.

Praͤsident Freiberr von Buol; Ich weiß nicht, ob die Be

merkung gefallen ist; jedenfalls ist aber der Ausdruck absurd“ gebraucht worden, und ich halte ibn für unzulässig. Abg. Dr. Barth: Daran, daß Herr von Kardorff den bemängelten Ausdruck gebraucht hat, hat im Haufe niemals ein Zweifel geherrscht. Abg. von Kardorff: Ich bin den Herren zu jeder versönlichen Genugthuung bereit.

n . Freiherr von Buol behält sich vor, nach Untersuchung der Sache darauf zurũckiukommen. .

Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 2 Uhr. (Rechnungsvorlagen, Servistarif und Reliktengesetz)

Preuß ischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 74. Sitzung vom 3. Mai 189. . den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden. Das Haus setzt die zweite Berathung des Etats des Ministertums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten fort. Bei den Ausgaben für die Bisthümer und die zu den⸗ selben gehörigen Institute beantragen die Abgg. von der Acht ** und Genossen, die Regie⸗

rung zu ersuchen, eine Erhöhung der i fe der Domkapitularien.

Domvikarien, Diözesanbeamten, Diszesananstalten und Dom⸗ kirchen in Aussicht zu nehmen und 22 Feststellung des Be⸗ darfs mit den katholischen Bischöfen in Verbindung zu treten. Abg. Dr. Porsch (Zentr.) bittet, entgegen dem ablebnenden Be- schlufse der Budgetkommission, um Annahme des Antrages. Die Bezüge der Geistlichen seien sowobl in der katholischen wie in der

evangelischen Kirche zu gering. bg. Dr. . entr.) führt einige Beispiele aus Ermland