26. April. Pappadiamantopoulo, Sec. St. vom 1. Feld- Art. Regt. Nr. 12. Argyropou los, Sec. St. vom 1. Könige - Huf. Regt. Nr. 18, — aus allen Militärverhältnissen entlassen.
Beamte der Militär⸗Verwaltung.
Durch Verfügung des Kriegs⸗M inisterium s. 26. April. Meißner, KasernenInsp. in Dresden, unter dem 1. Mai 1896 —— , auf Probe zur Garn. Verwalt. nach Königsbrück versetzt.
Dentscher Reichstag. 214. Sitzung vom 4 Mai 1897, 2 Uhr.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl berichtet.
Für die allgemeinen Rechnungen für 188586 bis 1891592 wird, entsprechend den Anträgen der Rechnungs—⸗ kommission, die Entlastung ertheilt.
Ebenso werden in dritter Berathung die Rechnung en der Kasse der Ober⸗Rechnungskamm er und die Ueber⸗ sichten der Einnahmen und Ausgaben der Schutz⸗ gebiete für 1894/95 und 1895,96 erledigt.
Bei dem letzteren Gegenstande erklärt auf eine Anregung des Abg. Dr. Ham macher (nl) der
Direktor der Kolonial⸗Abtheilung des Auswärtigen Amt, Dr. Freiherr von Richthofen, daß keine Nachricht und auch kein Anhaltspunkt. dafür varliege, daß in West⸗ Afrika die Rinderpest ausgebrochen sei. Für den Fall, daß dies ge⸗ schehen sollte, dürfe man sich wobl der Erwartung hingeben, daß die Erfahrungen des Geheimen Rath Dr. Koch dem Schutzgebiet zu Gute kommen würden und er seinen Assistenz Arit Dr. Kohlstock dorthin entsenden werde. ö
Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Servistarif und die Klasseneintheilung der Orte.
Abg. Richter (fr. Volkẽp.): Es werden stãndig neue Anforderungen an den Reichstag gestellt, wäbrend alte Forderungen des Reichstags unerfüllt bleiben. Ich möchte daber an den Kriegs. Minifter die Frage richten, wie es mit der Militär⸗Strafprozeßordnung stebt.
Staatssekretãär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Die Vorlage bezüglich der Nengestaltung des Militärstrafprozesses liegt, was dem Herrn Abgeordneten ja wobl äußerlich bekannt ge⸗ worden sein wird, im Bundesrath. Sie ift dort an die Ausschüsse überwiesen. Soviel ich weiß, sind die Ausschußberathungen noch nicht abgeschlossen. Sobald das gescheben ist, wird sich der Bundesrath in seinem Plenum unverzüglich (Heiterkeit, mit dem Gegenstand be⸗ schäftigen. und wenn dann der Bundesrath Beschluß gefaßt baben wird, wird die Vorlage unrxerzüglich (Heiterkeit dem Reichstage zugeben.
Abg. Dr. Hamm acher beantragt die Ueberweisung der Vorlage an die Budgetkommissien und spricht sein Bedauern darüber aus, daß die Gemeinde Sarn, für die er schon mehrmals eingetreten, nicht in eine böbere Serdisklasse gekommen sei. .
Abg. Dr. Lieber (Zentr,) schließt sich im Namen seiner volitischen Freunde dem Antrage an. ö
Abg. Richter:. Der Staatssekretär von Boetticher batte die Güte, mich über den Geschäftẽgang im Bundesrath zu belehren. Dieser Belehrung bedurfte es für mich nicht, dazu ist meine varla— mentarische Erfabrung alt genug. Es handelt sich bier um die be stimmte Zusage des Reichskanzlers, die Reformrorlage dem Reichs tage im Herbst vorzulegen.
Staatssekretãär des Innern, Boetticher:
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Abg. von Salisch (d. kons.); Die Preise haben sich einiger maßen ausgeglichen; es ist nicht auf eine Versetzung der Ortschaften in eine 3 Servisklasse Bedacht zu nehmen, sondern auf eine Ausgleichung der Differenzen zwischen den einzelnen Klassen.
Abg. Richter bält es auch für nothwendig, den eigentlichen Servistarif zu prüfen und einen Ausgleich berbeizuführen. Der Reichskanzler habe bei seiner Zusage, dem Wortlaute nach, doch wohl angenommen, daß der Bundesrath die Militär ⸗Strafprozeßreform schneller erledigen würde; denn er babe davon gesprochen, daß sie den gesetzgebenden Faktoren, also auch dem Reichstage, im Herbst vorgelegt werden sollte.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Der Herr Abg. Richter, ein Kenner unseres Verfassungsrechts wie kaum ein Zweiter, weiß, daß zu jedem Reichsgesetz die Zustimmung der beiden Faktoren, des Bundesraths und des Reichtages, gehört. Wenn in Aussicht gestellt wird, daß diesen gesetzgebenden Faktoren eine Vorlage gemacht werden soll, so ist es ganz selbstverständlich, daß diese Vorlage zunächst, sowohl wenn sie eine Präsidialvorlage ist, als auch wenn sie auf dem Antrage eines Bundesgliedes beruht, dem Bundesrath zugehen muß. Die bezüglich der Militär⸗Strasprozeß⸗ Ordnung gegebene Zusage des Herrn Reichskanzlers ist, das wiederhole ich, in vollem Maße dadurch erfüllt worden, daß dem Bundesrathe die Vorlage zugegangen ist. Der Herr Reichskanzler würde meines Er⸗ achtens nicht allein nicht vorsichtig, sondern auch nicht der that⸗ sächlichen Lage der Dinge und ihrer naturgemäßen Entwickelung entsprechend gehandelt baben, wenn er hätte in Aussicht stellen wollen, daß im Herbst auch der Reichstag mit dieser Vorlage beschäftigt werden soll. Denn der Herr Reichskanzler weiß ebenso gut wie wir alle, daß die Thatsache der Vorlage eines Entwurfs, der einem der gesetzgebenden Faktoren zugefertigt worden ist, noch keineswegs die Bürgschaft in sich dafür schließt, daß innerhalb einer bestimmten Zeit die Vorlage aus der Beratbung dieses gesetzgebenden Faktors wieder berauskommen wird. Ich behaupte also — und ich glaube nicht, daß mir irgend jemand darin wird widersprechen können —, daß der Herr Reichskanzler die Zusage, die er bier im hohen Hause ertheilt hat, in vollem Maße der Erfüllung entgegengeführt hat.
Abg. Richter: Dann würde der Reichskanzler gesagt haben, daß die Vorlage dem Bundesrath vorgelegt werden sollte. Uebrigens bört man, daß die Schwierigkeiten nicht im Bundesratb, sondern beim preußischen Staats. Minifterium lägen, von dem die Vorlage ausgegangen ift.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher:
Was man bört, ist nicht immer richtig! (Heiterkeit)
Die Vorlage wird darauf der Budgetkommission über— wiesen.
Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs wegen anderweiter Bemessung der Wittwen- und Waisengelder.
Von den Sozialdemokraten liegt ein Antrag vor, die Mindestpension der Wittwen von 216 (6 auf 450 6 oder doch mindestens 360 (6 zu erhöhen.
Abg. Stadthagen (Soz.) begründet diesen Antrag unter Hin weis arf seine Ausführungen bei der ersten Lesung; die Pension müsse so bemessen werden, daß eine Wittwe mindestens täglich 1 ( Pension habe.
Der Antrag wird gegen die demokraten abgelehnt.
Ein weiserer Antrag des Abg. Stadthagen geht dahin, für die Wittwen der Personen des Soldatenstandes vom Feldwebel abwärts im Falle eines Unfalls ebenfalls eine Mindestpension von 450 bezw. 360 6 zu gewähren, für die Waisen aber statt des Betrages von 44 (6 für eine vaterlose, von 72 66 für eine vater⸗ und mutterlose Waise die Beträge von 150 und 225 66 zu bewilligen.
Staate sekretär des Reichs⸗-Schatzamts Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich möchte mir nur einen formalen Einwand gegen diesen Antrag erlauben. Wenn bier die Rente für die Kinder der Militärpersonen in der Weise erhöbt wird, also über den bis— ber igen gesermäßigen Satz von einem Drittel bezw. einem Fuͤnftel des Relikte es der Wittwen binaus, so wird natürlich für die Kinder
er Zixilbeamten derselbe Fall eintreten müssen. Dann liegt die Möglichkeit vor, daß die gesetzlich, zugebilligten Reliktengelder that⸗ sächlich nicht kejogen werden können aus dem einfachen Grunde, wil die Reliktengelder der Kinder und die Wittwenvension zusammen nicht einen köberen Betrag ausmachen dürfen wie die Pension, die der bekommen bãtte, wenn er an seinem Todestage persicniert wäre. Eine solche Erböbung liegt aber auch meines Er— achters auferbalb des Bereichs der finanziellen Möglichkeit. Ich babe
⸗ — die Anträge sind mir so spät zugegangen, daß
sfreiielle Rechnungen nicht aufftellen lassen konnte; ich babe aber
e Berechnungen anstellen lassen — daß, wenn die Anträge Abg. Stedtbagen genebmigt würden, nach dem Prinzipal⸗ antrag dann das Mehrerforderniß im Bebarrungezustande 6 Millionen bãtte, wenn der Gren tualantrag durch⸗ Mebrerferterniß 4 Millionen betragen wir sind jetzt schon ziemlich weit entgegen⸗ Wern der Herr Abg. Stadthagen namentlich die Fälle erung im militärischen Dierst berworgeheben hat, so gesatte ich mir daran zu erinnern, daß erst im Jahre 1895 ein Gesetz gent igt worden ift, worach den Angebsrigen der im Dienst ver⸗ magläckten Militärpersonen überbaurt Reliftengelder zugebilligt sind. Aber Reliftengelder zu gewähren, wie es hier vorgeschlagen ist, geht meines Erachtens ü unbedingte Bedürfni und auch über die Leider ist der Staat nicht in der Lage, it seinen Mitteln aufkommen. Ich
ge abzulebnen.
elehnt.
tg. Stadthagen auch für die Wittwen der in Reichsbetrieben verunglückten ie von ihm beantragten Mindestrenten hewilligt
Stimmen der Sozial—⸗
. Ver storbene
4 — — * betrogen
2 =. getommen.
1 ele * —
ich dieser Antrag wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demotraten abgelehnt. Schluß M, Uhr. Nächste Sitzung. Mittwoch, 2 Uhr. (Zweite Berathang bes Aut wanberungsgesekes
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 75. Sitzung vom 4. Mai 1897.
Das Haus setzt die zweite Berathung des Etats des Ministertums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten bei dem Titel „Universi⸗ täten“ fort.
Nach der bereits gestern im Auszug wiedergegebenen Rede des * Freiherrn von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.) nimmt das Wort der
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse:
Meine Herren! Der Herr Abgeordnete Freiherr von Zedlitz hat, wie ich mit Freuden anerkenne, große Gesichtspunkte zur Sprache ge bracht, die für die ganze Entwickelung unseres Universitätswesens von sehr erheblicher Wichtigkeit sind. Es ist mir deshalb willkommen, zu den angeregten Fragen arch die Stellung der Staatsregierung und insonderbeit der Unterrichtsverwaltung mit einigen Worten darzulegen.
Meine Herren, ich bin mit den meisten Ausführungen des Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz einverstanden, aber ich muß sie doch nach einigen Richtungen bin zu ergänzen und vielleicht auch zu berichtigen suchen. Ich will dem Gange seiner Ausfübrungen folgen.
Er bat zuerst im Anschluß an die gestrige Behauptung des Herrn Abg. Dr. Virchow den Vorwurf berührt, daß es wobl vorkomme, daß die Statuten der Universitäten durch einseitige Verfügungen der Unterrichtsverwaltung geändert würden. Meine Herren, ich kann nur sagen: mir ist in meiner länger als fünfjährigen Verwaltung ein solcher Fall nicht entgegengetreten, und es läge doch sehr nahe — ich glaube, das ist kein zu großes Verlangen — daß in solchen Fällen zunächst die Universitätsbehörden selbst Beschwerde erhöben und mit derselben an mich beranträten. Ich kann versichern, daß ich das sofort aufnehmen würde, und daß ich vollkommen damit einverstanden bin, daß Statuten änderungen der Universitäten, dieser bedeutsamen Korporation in unserem öffentlichen Leben, nicht einseitig und nicht mit Neben- verfügungen zu machen sind, sondern daß sie und jwar thunlichst nach Anbörung der Korporation gemacht werden müssen, und daß sie in ordnungsmäßigem Wege festzustellen und zu publizieren sind. In diesem Punkte bin ich mit den beiden Herren vollkommen einver⸗ standen. Ich kann aber sagen, daß mir ein solcher Fall bis jetzt nicht vorgekommen ist.
Sodann bat sich der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz dem Falle Arons zugewandt. Im Ganzen und Großen ist die praktische Bedeutung dieses Falles in der Oeffentlichkeit überschätzt worden. Die hiesige vhilosophische Fakultät hat Bedenken getragen, dem Dr. Arons wegen seiner Zugehörig⸗ keit zur sozialdemokratischen Partei, die er offen erklärt hat, die venia legendi zu entziehen und die Remotion gegen ihn aus— zusprechen. Dagegen hat sie im Juli 1895 dem Dr. Arons wegen verletzender Aeußerungen gegen staatliche Organe eine amtliche Ver⸗ warnung und den Rath ertheilt, sich in Zukunft politischer Partei⸗ agitationen zu enthalten. Ich glaube, wenn Sie die Stellung der Unterrichts verwaltung in dieser Frage richtig beurtheilen wollen, muß ich wobl diese Warnung im Wortlaut mittheilen. Es heißt in der Verfügung der Fakultät:
Die Fakultät siebt sich daher veranlaßt, Ihnen die Verwarnung zu ertheilen, sich in Zukunft solcher Mittel der öffentlichen Agitatien zu enthalten, welche entweder direkt durch die thatsächliche Art ihrer Handhabung, oder indirekt durch leicht entstehende mißverständliche Auffassung geeignet sind, Ihnen selkst zum Nachtheil zu gereichen und darüber hinaus den guten Ruf unseres Lebrkörpers zu schädigen, sowie auch vielleicht in weiterer Folge den Stand der Privat dozenten in ihrem Verhältniß zur Fakultät zu beeinträchtigen.
Nun, meine Herren, bei dieser Stellungnahme der Fakultät ergab sich für mich die Frage, ob nicht von Aufsichtswegen weiter gegen den betreffenden Dozenten einzuschreiten sei. Das führte zunächst auf die Vorfrage über die Disziplinarbefugnisse des Ministers den Privat— dozenten gegenüber überbaupt. Eine sehr sorgfältige Prüfung auf Grund eirgebolter Gutachten stellte fest, daß die Meinungen über die Frage getbeilt waren. Sehr hervorragende Juristen bejahten und andere ebenso hervorragende Juristen verneinten die Visziplinargewalt des Ministers über die Privatdozenten. Ich will hier auf die Gründe nicht näber eingehen, sie werden demnächst auch zu Ihrer Kenntniß kommen.
Meine Herren, was folgt daraus? Ich mußte mir sagen: wenn ich gegen einen Privatdozenten einschreite, dann muß ich schon im Interesse der Staatsautorität einen festen Rechtsboden haben; faßt man in solchen Fällen zu, dann muß man auch fest zufassen, dann muß man seiner Sache sicher sein. Für mich ergab sich aus diesem Verlauf der Sache desbalb die Nothwendigkeit, zunächst rechtliche Ordnung und Klarheit in die Disziplincrverhältnisse der Privat- dozenten zu bringen. Ich habe deshalb über die Frage einen Gesetz⸗ entwurf ausarbeiten lassen. Ueber den Gesetzentwurf sind die Universitäten gebört, und gegenwärtig schweben darüber noch Verhandlungen mit den anderen betheiligten Ressorts; das wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauern; ich glaube kaum, daß es möglich sein wird, den Gesetz⸗ entwurf noch in dieser Session einzubringen; aber er wird eingebracht werden, und dann werden wir hier Gelegenheit haben, diese ganze Frage nach allen Seiten hin gründlich zu erörtern.
Nur eins möchte ich schon jetzt hervorheben: In der Presse ist von einer Seite mit einer Konsequenz, die ich nicht recht verstehe, be⸗ bauxtet worden, es dürfe gegen die Privatdozenten überhaupt keine dis ziplinarische Gewalt bestehen oder konstituiert werden; gerade die absolute Freiheit der Privatdozenten sei ein ungemeines Gut der Universitäten und ein wesentlicher Schutz der Lehrfreiheit an den Universitäten überhaupt. Das ist ein Standpunkt, den ich meiner⸗ seitg nicht theilen kann. Den jangen Privatdozenten, die da⸗ durch, daß sie sich an der Universttät habilitieren, das Recht bekommen, an der Universität Vorlesungen ju halten unter öffentlicher Autorität in den Lolalen des Staats und unter Benutzung der staatlichen Lehrmittel, — kann man unmõglich biese Sonderstellung vor den Professoren einräumen. Haben wir gegen die Professoren eine Visziplinargewalt, und müssen wir sie haben, so müssen wir sie gegen die Privatdozenten meiner Meinung nach ebenfalls haben. Also auf dieser Basitz werden wir die Sache demnächst ordnen.
Nun bat bie Sache in dem vorliegenden Falle nach der praktischen Selte eine so beraut große Gile nach melner Ueberzeugung nicht. Nach jener Verwarnung ist Herr Dr. Arongz agitatorisch in keiner Weise mehr hervorgetreten, sondern hat sich auf seine Vorlesunge=
tbätigkeit beschränkt. Run kann man ja sagen — ich will das auch garnicht bestreiten — die bloße Thatsache, daß ein Privatdozent, rer der sozialdemokratischen Partei angehört, Universitãts · Vorlesungen hält, bat etwas — ich will einen ganz gelinden Autdruck gebrauchen Befremdendes. (Sehr richtig! rechtsz Ich gebe das vollstãndig zu. Aber auch abgeseben von der rechtlichen Lage der Scche, die ich Ibnen eben dargelegt babe, darf man doch nicht ganz außer Acht lassen, worauf sich die Thätigkeit des Privatdozenten beschränkt. Er liest zwei Kollegien, das eine über Anwendung der Differential. und Integralrechnung auf physikalische und chemische Aufgaben‘, und das andere: elektrische und magnetische Meßmethoden“, und dabei hat er einmal fünf, einmal sechs, einmal acht, einmal zehn Zuhörer ge⸗ habt. Nun, meine Herren, ist nicht der leiseste Anhalt dafür vor⸗ handen, daß der Mann seine Vorlesungen über Jategral und Diffe⸗ rentialrechnung und über elektrische und magnetisch Meßmethoden be⸗ nutzt hätte, um etwa seinen Zuhörern auch nur andeutungsweise sozial⸗ demokratische Gedanken darzulegen. Ich glaube, diese Gefahr besteht auch nicht; dazu ist der Herr auch viel zu wissenschaftlich. Also wir werden die Sache ohne praktische Unzuträglichkeiten solange mit an⸗ sehen können, bis wir eine bestimmte rechtliche Basis für ein weiteres Vorgehen haben.
Ich komme nun zu der von dem Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz in dankenswerther Weise angeregten Frage über die Grundsätze, nach denen die Unterrichtsverwaltung die national 5konomischen Professuren besetzt. Ueber diese Frage möchte ich mich allerdings etwas weiter verbreiten schon um mancher Legende auf diesem Gebiete entgegenzutreten.
Bor allen Dingen liegt es uns vollständig fern, eine bestimmte Richtung in der Staatswissenschaft, insbesondere in der national— zkonomischen Wissenschaft, zu monopolisieren. Gerade im Gegentheil. Ich kann die Frage, nach welchen Grundsätzen die Unterrichts— perwaltung bei Besetzung der Lehrstühle in der Staatswissenschaft ausgebt, ganz kurz dahin beantwortey, daß sie dabei dieselben Gesichtẽs⸗ punkte beobachtet, die überbaupt bei Besetzung von akademischen Lehr- stühlen für sie leitend sind. Ich halte es für meine Pflicht, nicht einseitig der einen oder der anderen wissenschaftlichen Richtung zu dienen. Es ist vielmehr mein Bestreben, die verscbiedenen Rich- tungen auf jedem wissenschaftlichen Gebiet — natürlich alle nur, soweit sie wissenschaftlich legitimiert sind — zur Geltung zu bringen, eine justitia distributiva zu üben in dem Sinne, daß an unseren Univer- sitäten alle wissenschaftlich anerkannten und berechtigten wissenschaft⸗ lichen Richtungen vertreten sind, Licht und Schatten zwischen diesen Richtungen möglichst billig und gerecht vertheilt werden.
Meine Herren, daran darf sich nach meiner Ueberzengung die Unterrichtsverwaltung auch nicht irre machen lassen durch eine ein⸗ seitige Richtung der einen oder anderen Fakultät. Es liegt nun einmal in der ganzen Organisation der Fakultäten die Möglichkeit und die Gefahr, daß eine Fakultät einseitig eine in ihr wesentlich vertretene Richtung begünstigt und eine andere Richtung zurückstellt, und daß daraus, ich will es mal etwas stark ausdrücken, eine Ver— knöcherung der wissenschaftlichen Behandlung des betreffenden Faches entsteht. So werthvoll im allgemeinen die Vorschläge der Fakultäten für die Besetzung der Professuren sind, so darf sich doch die Re⸗ gierung gegenüber einseitiger Bevorzugung einzelner Richtungen der großen Verantwortlichkeit, die sie trägt, nicht entziehen. Ich thue das auch nicht; ich kann es schon im Interesse der Lehr⸗ und Lernfreiheit nicht thun, die ich meinerseits unbedingt aufrecht erhalten will. In letzterer Beziehung will ich hier nur ganz kurz einschalten — was übrigens im vorigen Jahre von Herrn Abg. Dr. Friedberg sehr richtig hervorgehoben ist — daß ja die Lehrfreiheit der Universitäten auch gewisse Schranken hat. Es giebt gewisse Vor— kommnisse, die es absolut ausschließen, daß ein Professor weiter in einer Fakultät lehren kann; so würde z. B. der Uebertritt eines katholischen Theologen zur evangelischen oder umgekehrt, eines evangelischen Theologen zur katholischen Kirche eine Fortführung seiner Lehrthätigkeit absolut unmöglich machen. Das geht nicht anders. Aber ich muß weitergehend, auch etwaigen ein— seitigen Richtungen in den Fakultäten gegenüber, dafär sorgen, daß die Lehr- uad Lernfreiheit nicht zu einem leeren Schall wird, daß sie nicht verwandelt wird in einen geradezu unerträglichen Lehr und Lernzwang. Das ist der grundsätzliche Standpunkt, von dem die Regierung bei Besetzung akademischer Lehrstühle ausgeht. Ich habe das rin diesem hohen Hause bereits wiederholt dargelegt, namentlich in Bezug auf die Besetzung der evangelischtheologischen Lehrstühle.
Meine Herren, außerhalb dieses Hauses — das möchte ich doch auch nicht unerwähnt lassen — ist dieser Standpunkt der Unterrichtẽ⸗ verwaltung vielfach dahin mißverstanden worden, als ob ich nun bei jeder einzelnen Fakultät alle Richtungen vertreten haben wollte. Das wäre garnicht durchführbar; dazu liegt auch nicht schlechthin ein Be dürfniß vor. Denn, meine Herren, auf unseren Universitäten herrscht ja Freizägigkeit, und die Studierenden sind ja nicht an eine Univer⸗ sität absolut gebunden. Die Vertretung aller Richtungen bei einer Fakultät ist auch nicht immer rathsam — schon deshalb nicht, um das einheitliche Zusammenwirken einer Fakultät nicht unnöthigerweise zu stören. Der Grundsatz, den ich über die Vertretung mehrerer Richtungen aufgestellt, läßt sich nur in Bezug auf Gruppen von Universitäten durchführen und nicht nach einem bestimmten Schema, sondern unter Berũck⸗ sichtigung der konkreten Verhältnisse, wie sie an der betreffenden Uni⸗ versität liegen; ich will mal sagen, in den theologischen Fakultãten unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Provinzialkirche, — kuri, unter konkreter und verständiger Beachtung aller Momente, die hier in Frage kommen.
In dieser Beschränlung, meine Herren, gilt nun ganz dasselbe auch von den ftaatgwissenschaftlichen Professuren; auch hier soll mög⸗ lichst jede Einseitigkeit vermieden, möglichste Vielseitigkeit angestrebt und nach Kräften für eine Vertretung der verschiedenen staatewissen⸗ schaftlichen Richtungen gesorgt werden. Indessen ist mir diese Auf⸗ gabe, wie der Herr Freiherr von Zedlitz sehr richtig hervorgehoben hat, außerordentlich durch den Umstand erschwert, daß im Ganzen nur 20 staatswissenschaftliche Professuren, darunter 8 Extraordinariate, zur Verfügung stehen — ich komme auf diesen Gegenstand nachher noch einmal zurück.
Nun ergiebt sich die weitere Frage: wieweit ist die Unterrichts⸗ verwaltung in der Lage gewesen, jenen Grundsatz auch wirklich ins Leben einzuführen und danach zu handeln? Bei diesem Anlaß läßt sich die Frage nicht umgehen: welche Richtungen sind denn in der deutschen Nationalbkonomie vertreten?
Meine Herren, die Gegensätze innerbalb unserer nationalökono⸗ mischen Wissenschaft sind für denjenigen, der der Sache näber stebt, bei weitem nicht so groß, als häufig in weiten und auch in gebildeten Kreisen angenommen wird. Bis vor einigen Jabrzehnten herrschte in Deutschland bekanntlich fast ausnahmslos das Manchestersystem, die Theorie des laisser-aller laisser-faire: die Ansicht, daß die Aufgabe des Staates nur darin bestehen könnte, Hindernisse wegzuräumen, die der freien Entfaltung wirthschaftlicher Kräfte im Wege sind, daß aber der Staat zu einer pesitiven Mitarbeit auf sozialem und wirtbschaft lichem Gebiete überhaupt nicht oder doch nur in möglichst geringem Umfange berufen sei. Das hat sich geändert seit dem Anfang der siebziger Jahre, und diese Aenderung ist wohl wesentlich auf unseren großen Staatẽmann, den Fürsten Bismarck, zurückzuführen, der nicht nur ein großer Staatsmann, sondern auch ein ebenso großer Volkswirth ist, und dessen bon sens — will ich es mal nennen — auch auf wirthschaftlichem Gebiet in Verbindung mit der energischen Anfassung dieser Frage in der Praxis große Veränderungen hervorgerufen hat, die dann auch tief hineingewirkt haben in die wissenschaftliche, wirthschaftliche und soziale Theorie. Anfangs der siebꝛiger Jahre bildete sich unter unseren Nationalökonomen und den Männern, die sich es professo mit den Staatswissenschaften befaßten, eine neue sozialreformatorische Richtung, eine realistische Schule, die nicht wie die alte Freihandelsschule a priori annahm, daß staatliche Thätigkeit der Volkswirthschaft nur Schaden, aber keinen Nutzen bringen könne, sondern die an den Staat die Forde⸗ rungen stellte, auch auf diesem Gebiet leitend und mit dem ganzen Gewicht der Staatsgewalt im Interesse des allgemeinen Wohles einzugreifen. Diese Schule nahm nicht, wie die alte Schule, a priori eine naturgesetzliche Harmonie der Interessen an, die nach der Meinung der Freihandelstheorie gegenwärtig nur nicht zur vollen Entfaltung käme, weil die künstlichen Schranken die volle wirthschaftliche Bewegungsfreiheit und damit auch das wirth⸗ schaftliche Glück hinderten. Vielmehr nahm die neue Schule an, daß das freie Spiel der wirthschaftlichen Kräfte auch sehr erhebliche Miß stände erzeugen, insbesondere eine den Interessen des Gemeinwohles nicht entsprechende Verkürzung des Antheils der großen Masse der Bevölkerung an dem Produktionsertrage mit sich bringen könne. Sie glaubte aber, daß die Macht des Staats ausreichen würde, und daß der Staat berufen sei, solche Uebel wenigstens zu mildern und ihre gemeinschädliche Wirkung zu heben. Sie unterschied sich von der früheren Theorie wesentlich darin, daß sie in die Beurtheilung dieser wirthschaftlichen Verhältnisse ethische Gesichtspunkte hineinbrachte, von dem Gedanken ausgehend, daß die Verhältnisse auf menschlichem Handeln beruhten, welches dem sittlichen Urtbeil nicht entzogen werden dürfe. Ich glaube, daß die neue Schule damit im wesentlichen Recht hat. So verband sich nun mehr und mehr mit der realistischen Forschung eine praktische Tendenz. Man betrachtete die sozialen und wirthschaftlichen Erscheinungen nicht mehr wie die Freihandelstheoretiker lediglich vom optimistischen Standpunkte, sondern kritisch; und in dem neuerwachten Zutrauen in die soziale Leistungsfähigkeit des Staats empfahl man Reformen zur Beseitigung der erkannten Uebel. Für diese Schule wurde 1871 der Spottname „Kathedersozialisten“ erfunden, und zwar — die Herren werden es zum größten Theil wissen — von J. Oppenheim in der ‚Nationalzeitung“. Niemals ist ein Name weniger gerechtfertigt gewesen als dieser. Wenn diese Schule richtig bezeichnet worden wäre, so hätte sie weit eher „Katheder⸗ Antisozialisten heißen müssen. Es war nicht einer darunter, der nicht direkt antisozialistisch war, und nichts destoweniger wurde der Name gang und gäbe. Diese Richtung konsolidierte sich in dem „Verein für Sozialpolitik“, wie der Herr Abg. Freiherr von Zedlitz ganz richtig dargelegt hat, und dieser Verein bezeichnete eine maßvolle soziale Reform als nothwendig, protestierte aber gleichzeitig gegen alle sozialistischen Experimente. Die Leistungen dieses Vereins liegen ge—⸗ fammelt vor in 70 Bänden, und vergebens wird man in dieser ganzen Bändereihe nach einem einzigen Satze suchen, den man als sozialistisch bezeichnen kann. Man wird vollends nichts darin finden — das will ich außerdem noch hervorheben —, was mit staatstreuer und monarchischer Gesinnung im Widerspruch stände. Es waren auch Männer aller Parteien bei dem Verein betheiligt, von der äußersten Rechten bis — ich will nicht sagen zur äußersten Linken; das ist ja heute ein Begriff, der schwer zu definieren ist — aber doch bis weit hinein in die Reihen der liberalen Volkswirthe und Politiker.
Nun, meine Herren, gegenwärtig gehören fast alle Universitäts⸗ lehrer — ich weiß wenigstens augenblicklich keine Ausnahme — in ihrer Grundanschauung dem Verein für Sozialpolitik an, und unter ihnen ist kein einziger, der nicht völlig auf dem Boden der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 und der sich 1890 daran an⸗ schließenden Allerhöchsten Kundgebungen stünde, die ja nichts Anderes sind als eine Bestätigung der vom Kaiser Wilhelm dem Großen er—⸗ lassenen Botschaft. Insofern giebt es also keine verschiedenen Richtungen in der deutschen Nationalökonomie. Aber im einzelnen besteht natürlich auch innerhalb dieser wissenschaftlichen Gruppe eine sehr große Zahl von Verschiedenheiten. Insbesondere lassen sich zwei Hauptgruppen unterscheiden: eine liberale Richtung, die die Gewerk⸗ vereine nach englischem Muster in den Vordergrund stellt, und eine mehr konservative, die sich an die altpreußischen Staatstraditionen anschließt. Daneben gehen nach der wissen⸗ schaftlichen Methode auseinander einmal die Historiker, die nach dem Vorgang von Roscher und Schmoller mit Vorliebe wirihschaftsgeschichtliche Fragen behandeln, und auf der anderen Seite die Systematiker, die etwa im Anschluß an Adolf Wagner sich vor⸗ zugsweise mit der Theorie und den dogmatischen Fragen beschäftigen. Auch nach dem Arbeitsgebiete gehen die Richtungen dieser Gruppe auseinander. Cs sind aber verhältnißmäßig doch nur wenige, die sich spezifish mit der Arbeiterfrage beschäftigen, in Preußen etwa sechs; dabei ist der Professor Hitze in Münster eingerechnet, der nicht eigentlich Vertreter der Staats wissenschaften, sondern Theologe ist. Alle diese sind arbeiterfreundlich; aber ich muß doch hervorheben, daß das keineswegs gleichbedeutend ist mit unternehmerfeindlich. Ich brauche zum Beweise dafür nur auf die bekannten und sehr beredten Worte binzuweisen, in denen einer der bedeutendsten dieser Professoren, Schmoller, in seinem Aufsatze über die Entwickelung des Großbetriebes — im Jahre 1892 er⸗ schienen — die hohe Bedeutung und die Verdienste des großen Unter⸗ nehmerthums nachdrücklich anerkannt bat.
Meine Herren, wenn wir nun alle diese Richtungen überblicken und damit die Besetzung der staatswissenschaftlichen Lehrstühle ver⸗
gleichen, so darf ich voll behaupten, daß dabei in der That die justitia distributiva zur Geltung gekommen ist, soweit das nach der be⸗ schränkten Zahl der vorhandenen Professuren und der sonstigen Ver⸗ hältnisse, der entstandenen Vakanzen u. s. w. möglich gewesen ift. Damit soll aber nicht verkannt werden, daß auch in dieser Beziehung wie bei allen menschlichen Einrichtungen noch manches zu wünschen und zu bessern übrig bleibt. Es wird sich dabei namentlich um folgende Gesichtspunkte handeln.
Einmal bin ich mit dem Herrn Abg. Freiherrn von Zedlitz darin vollkommen einverstanden: es giebt keinen besseren Schutz gegen doktrinäre Einseitigkeiten als eine gediegene praktische Erfahrung. Ich glaube daher in der That, daß es die Aufgabe auch der Unterrichts- verwaltung ist, sich nach wirthschaftlich durchgebildeten Männern der Praxis umzusehen und zu versuchen, wie weit man sie für eine akademische Lehrthätigkeit auf dem Gebiete der Staatswissenschaften gewinne und sie ihnen zugänglich machen kann. Das wird nicht leicht sein; indessen ist es doch auch nicht ganz unmöglich. Die großen Neugestaltungen, die infolge der sozialpolitischen Gesetzgebung des Reiches entstanden sind, haben doch eine Menge Kräfte in die Praxis hereingebracht, aus denen auch wissenschaftlich tüchtige und wobl—⸗ befäbigte Leute hervorgehen, die im stande sind, auch eine akademische Lebrthätigkeit zu übernehmen. Ich werde also dieser Frage meine Aufmerksamkeit zuwenden, wie ich dies auch schon gethan habe, und ich boffe, es wird auch gelingen, da einige Kräfte zu gewinnen, die nach dieser Richtung bin die akademische Lehrthätigkeit in günstiger Weise durch genaue Kenntniß der Praxis ergänzen.
Meine Herren, was dann die Arbeiterfraze angebt, so wird es wohl zweckmäßig sein, wenn sich Gelegenheit dazu bietet, Bedacht darauf zu nehmen, daß auch der Standpunkt der Arbeitgeber etwas mehr als bisher dabei zur Geltung kommt. (Sehr richtig) Meine Herren, ich muß bei dieser Frage wieder an den Fürsten Bismarck erinnern und an ein bekannt gewordenes Wort von ihm. Der Fürst Bismarck hat immer bei Behandlung der Arbeiterftage mit Räcksicht auf die Stellung des Unternehmerthums und der Arbeitgeber an den alten Satz erinnert, daß man die Henne nicht schlachten solle, die die goldenen Eier legt. Und das ist in der That einer der Grundschäden der ganzen sozialdemokratischen und anderer wirtbschaftlichen Theorien, daß sie diesen Gesichtspunkt viel zu sehr außer Augen lassen. Er muß also bei der Besetzung der Lehrstüble auch in Betracht gezogen werden, und er muß auch da mit zur Geltung kommen.
Meine Herren, ob es möglich sein wird, auch in agrarpolitischer Beziehung, oder ich will lieber so sagen: aaf die agrarpolitische Theorie und Lehre nach dieser Seite hin größeres Gewicht zu legen als bisher, das wird man ebenfalls in Erwägung zieben müssen. Ich glaube, daß sich das recht eigentlich nach den Verhältnissen der be⸗ treffenden Universität, an der ein Lehrstuhl zu besetzen ist, wird richten müssen. Es giebt Provinzen, wo die agrarischen Verbältnisse so im Vordergrunde stehen, daß die Landwirthschaft einen vollen Anspruch darauf hat, daß ihre Interessen auch wissenschaftlich an der betreffenden Universität vertreten sein müssen.
Und endlich viertens würde ich — ganz im Einverständnisse mit dem Herrn Freiherrn von Zedlitz — mir ein sehr günstiges Ergebniß davon versprechen, wenn es gelänge, die nationalökonomischen und die staatswissenschaftlichen Professuren mit der juristischen Fakultät zu vereinigen. Die Priorität dieses Ge⸗ dankens darf ich, glaube ich, für uns in Anspruch nehmen, denn wir tragen uns damit schon seit geraumer Zeit. Aber, meine Herren, ich habe bisher Bedenken getragen und trage noch Bedenken, im Wege des Zwanges, eines Eingriffs in die bestehenden korporativen Verhält- nisse der Universitäten die Sache etwa nun, weil es uns als ein guter Gedanke erscheint, der sich ja allerdings in Straßburg bewährt hat — ich sage, ich habe Bedenken getragen, das nun im Wege des Zwanges zu thun. Ich verspreche mir von dieser Vereinigung sehr viel, zweifle aber gar nicht, daß sie in Universitätskreisen selbst in sehr ernste Erwägung genommen werden wird und daß man wahrscheinlich hier und da zu einem erwünschten Resultat kommen kann. Denn, meine Herren, das liegt auf der Hand, daß das bisherige völlige Auseinanderhalten der juristischen und der wirthschaftlichen Auffassung zu gesunden Resultaten nicht führen kann und auch nicht geführt hat. Ich entsinne mich aus meiner eigenen Studienzeit des Staunens, als ich zum ersten Male in den Pandekten die juristische Bedeulung des Geldes und des Eigen thums habe erörtern hören ausschließlich nach rechtlichen Gesichts⸗ punkten, ohne auch nur die leiseste Bezugnahme, ohne auch nur ein Eingehen auf den wirthschaftlichen Inhalt dieser Be— griffe. Ich bin damals sehr unbefriedigt gewesen, ob⸗ wohl ich das Glück gehabt habe, bei einem ausgezeichneten Juristen damals meine juristischen Studien zu machen. Und das ist nicht bloß mir so ergangen, sondern vielen jungen Juristen. Es ist auch dann kurz darauf in der Literatur, nicht bloß in der juristischen, der Versuch gemacht, die Darstellungen der Rechtslehrer mit dem wirthschaftlichen Inhalte derjenigen Rechtsbegriffe, die sich auf wirth⸗ schaftliche und soziale Dinge beziehen, zu verbinden, und das ist sehr glücklich. Es liegt ja auch auf der Hand: die vorwiegend logische und formulistische Behandlung der Rechtsfragen, die größte Gefahr, die wir in unserer Rechtspflege haben, muß abgeschwächt nicht bloß, sondern sie muß verbessert und mit einem tieferen In⸗ halte erfüllt werden, sobald man auf den materiellen oder wirthschaftlichen und sozialen Inhalt der Begriffe, um die es sich handelt, eingeht. Dadurch wird die formalistische Nei- gung des Juristenthums zurückgedrängt, und umgekehrt unsern Wirth⸗ schaftsleuten wird es garnichts schaden können, wenn sie genöthigt werden, mit juristischer Schärfe auch ihre materiellen, ihre spezifisch nationalökonomischen Begriffe daraufhin zu prüfen, wie sie sich zum Rechtssystem stellen. Meine Herren, in dieser Beziehung hatte unser altes, preußisches Landrecht, das so viel getadelte, vor allen anderen Grundlagen rechtlicher Anschauungen das voraus, daß es einen guten Ansatz nach dieser Richtung hatte, und Gott sei Dank, im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch wird das in noch viel größerem Maße der Fall sein. Es ist gar nicht daran zu zweifeln, daß auch an der Hand unseres Bürgerlichen Gesetzbuchs dieser Zusammenhang zwischen nationalölonomischen, sozialen und juristischen Begriffen unseren Juristen zum Bewußtsein kommen wird, und davon erwarte ich sehr viel. Daraus wird sich denn auch ergeben, daß die Wissenschaft selbst auf diese Verbindung hinzuwirken suchen wird, und ich werde alles thun, um das, und wäre es auch zunächst nur in einzelnen Fällen, zu fördern, soviel in meinen Kräften fteht.
Das, meine Herren, ist die Erwiderung, die ich im wesentlichen auf die dankenswerthen Darlegungen des Herrn Abg. Freiherrn