rechnet ist das Gesetz für die große Masse, und für die wird es sich als wirksam ergeben. will dem Herrn Vorredner auf allen — die er beschritten bat, um das Geseß ju diskreditieren, nicht olgen; ich glaube aber, entschieden Widerspruch erheben zu müssen gegen jwei Behauptungen, die er aufgestellt hat. Er hat den tz aufgestellt: die Deutschen im Auslande, die ausgewandert sind, haben kein Recht auf einen mehr als moralischen Zusammenhang mit dem deutschen Vaterlande, und er hat als Grund angeführt, weil sie den Blutzins nicht leisteñ, den die Andern zu leiften haben. Ich glaube, es ist den deutschen Auswanderern ebenso wie in der deutschen Nation, so auch in diesem hohen Hause unvergessen, wag sie in den Zeiten geleistet haben, wo die, die im Inlande verblieben waren, den Blutzins zahlten. Der Herr Vorredner hat dann gesagt, er vergliche die Motive des Gesetzes mit der Flöte des Vogelfängers, der nur mit dem schönen Tone eines nationalen Gedankens hinwegtäuschen will über den agrarischen Egoismus, dessen Verwirklichung das Gesetz anstrebe. Er be⸗ bauptet, die Motive ergäben, die Auswanderung solle im Sinne der Landwirtbschaft beschränkt werden. Ich fordere ihn auf, diese Stelle der Motive zu bezeichnen, und ich bin bereit, ihm dann zu antworten. Wenn der Herr Vorredner mit einem gewissen ab⸗ sprechenden Urtbeil über die Thätigkeit der Kommission sprach, so siebt mir nicht zu — das wird wohl von anderer Seite geschehen — das zurückzuweisen. Aber als Zeuge der Kommissionsberathung kann ich sagen, daß nichts nolens volens, sondern alles volens beschlossen ist, was im Bericht steht. Wenn der Herr Vorredner sich darüber wunderte, der Regierung sei es in ganzen sechs Sitzungen — wie er sich ausdrückte — gelungen, die Kommission zu uͤberzeugen, so will ich ibm den Grund sagen: es ist der, daß wir die Verständigung da—⸗ durch gesucht baben. daß wir vor allem uns bemühten, uns zu ver steben. Das gegenseitigs Verständniß von allen Parteien ist der Ver⸗ ständigung vorausgegangen. Ich wüänsche und lebe der bestimmten Heffnung, daß Verständniß und Einverständniß auch die Berathungen des Plenums kennzeichnen werden. .
Abg. Dr. von Cuny (nl): Der Vorwurf der Ueberhastung wird den Kommissionen und dem Reichstage immer gemacht, wenn es sich um die Erledigung einer nationalen Aufgabe handelt. Das geschah beim Bürgerlichen Gesetzbuche, und es geschiebt auch bei dem Aus. wanderungsgesetz. Die Kommission hat alle Anträge zu ibrem Recht kommen laffen, und wenn schließlich die Anträge von der Mehrheit abgelehnt worden sind, so liegt das an ihrem Inhahlt, nicht an der Tenden; der Ueberhastung. Die Frage der Marine lasse ich voll⸗ ständig bei Seite, denn es handelt sich hier darum, daß durch die Auswanderung jährlich Tausende von Deutschen in überseeische Länder geführt werden, wo sie von dem nationalen Interesse sich abwenden. . wehrt sich das nationale Bewußtsein des ganzen deutschen
olkes.
Abg. Dr. Hahn (b. k. F): Es ist schwierig, mit Herrn Lenz mann über nationale Fragen zu debattieren; er bezeichnete die Fragen als sogenannte“ nationale Fragen und bewies damit, daß es ihm an Verstãndniß für diese Dinge fehlt. Die Deutschen im Auslande haben vielfach ein größeres Verständniß für die Pelitik des Fürsten Bismarck gebabt, als die Freunde des Herrn Lenz ⸗ mann, sie nahmen einen böheren Standpunkt ein. Die Deutschen im Auslande tragen allerdings zu unseren Lasten nichts bei. Aber sie haben an der glänzenden Entwickelung des Reichs einen größeren Antheil genommen als die Freisinnigen. Sin großer Theil der Deutschen im Auslande hat allerdings die Nationalttät auf⸗ gegeben und ist ein Völkerdünger in den überseeischen Ländern ge⸗ worden. Deßhalb müssen die deutschen Auswanderer von dort fern gehalten werden, wo sie ibre Nationalität zweifellos verlieren; wir müssen sie dorthin zu lenken versuchen, wo sie, wie in Südwest⸗Afrika, zur Stärkung der stammperwandten Boeren dienen können. In diesem Sinn begrüßen wir die Vorlage mit Freuden.
Abg. Dr. Hasse (ul.) wendet sich ebenfalls gegen die Ausführungen des Abg. Lenzmann und bebt hervor, daß die Vorlage mit dem alten System breche; er freue sich, daß dahin gewirkt werden solle, die Aus⸗ wanderer ibrem Deutschthum zu erhalten.
Abg. Dr. Först er⸗Neusftettin (Reformp.) vertheidigt die Kam mission gegen den Vorwurf der Ueberbastung und wendet sich auch egen den Abg. Lenjmann, der sich gegen die sogenannte nationale
ndenz der Vorlage ausgesprochen habe.
Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): Die graue Theorie ist in den Hansestädten nicht vertreten; dort wohnen die einzigen Sachverstän⸗ digen im Reiche, und diese erackten das Gesetz als durchaus verfehlt, so namentlich die Hamburger Rheder, deren Hhenio die Unterschrift unseres früberen Kollegen Woermann trägt. Er hat seinen Namen nicht bloß als Vorsitzender des Rhedervereins unter die Petition gesetzt, sondern er ist ganz der Meinung der Petition, und die Regierung der Handelsstädte ist vollständig mit ihm einverstanden.
Abg. Graf von Arnim (Ry): Der Widerstand in Hamburg und Bremen ist hervorgerufen, weil gewisse Unbequemlichkeiten für die Rheder entsteben. Eine Broschüre ist ausgegeben worden mit dem Motto: na vigare necesse est, vivere non est necesse. Das ist auch das Moto der freisinnigen Opposition, die die Rhederei an die erste Stelle setzt, während wir den nationalen Gedanken und die Interessen der Auswanderer zuerst in Betracht ziehen und erst in dritter Linie die Interessen der Rbeder. Mit einem Herrn, der nur von sogenannten nationalen Interessen spricht, kann ich nicht diskutieren. Die Rheder wollen nur Dividenden einziehen und daher den Auswanderungsverkehr direkt an den Güterverkehr anschließen.
Ss1 wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Freisinnigen angenommen. .
Nach § 2 soll die Erlaubniß für das Auswanderungs⸗ unternehmen vom Reichskanzler ertheilt werden. Das Zentrum beantragt, daß der Reichekanzler an die Zu⸗ slimmung des Bundesraths gebunden sein solle.
Abg. Dr. Schädler (Sentt.): Ich halte es doch für bedenklich, daß eine einzelne Person die Genehmigung ertheilen soll. Allerdings kann der Reichskanzler durch die auswärtige Vertretung Deutschlands sich informieren laffen; aber diese Informationen können auch dem Bundesrath mitgetheilt werden, dessen Mitwirkung bei der Genehmi⸗ gung um so unbedenklicher ift, als es sich ja nicht um schnell zu er⸗ ledigende Sachen, sondern um tief einschneidende Eingriffe in die Rechte der Einzelnen handelt.
Direktot im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Rath Reichardt: Bevor von dieser Stelle aus eine Erklärung über den Antrag der Herren Abgg. Dr. Bachem und Dr. Schädler erfolgen kann, erachte ich es für notbwendig, näher über das eigentliche Ziel des Antrages aufgeklärt zu werden. Nach den Worten des Herren Vor—⸗ redners soll der Antrag, wenn er angenommen wird, eine Garantie gegen Gewaltakte eines Einzelnen bieten. Das führt mich auf die Annahme, daß er nicht sowohl darauf abzielt, die Miwirkung des Bundes raths bei der Ertheilung als bei der etwaigen Versagung der Konzession in Aussicht zu nehmen (Zuruf) — also, wenn er beides soll. dann gebe ich doch zu bedenken, ob es sich empfiehlt, für die bloße Thãtig⸗ keit der Ertbeilung den ganzen Apparat in Bewegung zu setzen, der unfehlbar mit der Mitwirkung des Bundesraths verbunden ist. Es wurde mir geantwortet: Für Beides! Dann werden Sie wahrschein⸗ sich auch das gleiche verlangen: für den Widerruf und die Be— schränkung der Konzession, immer wieder auf Grund der Er— wägung, es müßten Garantien gegeben werden, damit nicht ein einzelner Mann seine Gewalt mißbraucht. Die Herren haben bier — in der Presse ift derselbe Gesichtspunkt vertreten worden — gesagt: für den jrtzigen Reichskanzler haben wir das volle Vertrauen, aber der Reichskanzler einer künftigen Epoche ist für uns ein Abstraktum, und hinter dem Reichskanzler der Zukunft fleht die Urquelle alles Uebels, die Geheimrätbe, und da wissen wir nicht, was passieren wird. Nun bitte ich, das wenigstens zu bedenken Es hat Zeiten gegeben — und wir alle haben sie durch⸗ lebt — in denen man an amtlicher Stelle über die Auswanderung anders gedacht bat, als heute, in denen ein Gegensatz bestand zwischen der offiniellen Denkungsweise und den Bestrebungen der öffentlichen Meinung — die hin zielten auf eine nationale Regelung der Aũwanderung.
d * 3 — 8 d wanderung zu unterbinden, um dernden esellschaften zu schädigen? Niemals! Glauben Ste denn nun, 236 irgend ein Reichekanzler , wenn Sie mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes einen Schritt auf den Boden nationaler Auswanderunge politik gethan haben, einen Schritt, der, einmal gethan, nicht zurück · gethan werden kann, als möglich gedacht werden kann, der sich in Widerspruch mit der öffentlichen Meinung setzen und ; akte üben wird, wie Sie sie befürchten? Glauben Sie, daß, nachdem sich die deutschen Schiffabrtslinien entwickelt haben zu Lebensadern unserer Betheiligüng am Weltverkebr, auf die wir stolj find, ju einer Institution, die ibre Wurjeln in der ganzen Nation hat — glauben Sie, daß da ein Reichskanzler gedacht werden kann, der solche Lebens- adern unterbindet? Ich glaube, Ste können auch in Zukunft der Stelle, der die Wahrung der geiammten Interessen des Reichs an⸗ vertraut wird, das Vertrauen schenken, daß sie auf diesem Gebiet die zationale Flagge immer boch balten wird. Ich glaube, zu der Er= theilung einer Tonzession bedarf es in keinem Falle der Mitwirkung einer anderen Stelle. Da wir noch nicht bei 8 11 sind, darf dahin gestellt bleiben, ob es für die anderen Stadien sich empfehlen wird.
Abg. Dr. von Marguard sen (al erklärt sich namens eines Theils seiner Freunde für den Antrag des Zentrums — nicht aus Ab⸗ neigung gegen den zentraliftischen Gedanken, fondern weil die ganze Sache dabin führe, den Bundesrath mit in Tbätigkeit zu setzen. Denn im Bundesrath seien die Vertreter derjenigen Bebörden, die am meisten von Auswanderungssachen verständen, nämlich die Vertreter der Sansefstãdte.
Abg. Dr. Barth fiebt in der Mitwirkung des Bundes raths nur ein größeres Hinderniß für die Konzessionsertheilung; der Bundesrath würde dazu benußt werden, Konzessionsgesuche ab⸗ — deren Ablehnung der Reichskanzler allein nicht vornehmen würde.
Der Antrag des Zentrums wird dahin geändert:
„Zur Ertheilung oder Versagung ist der Reichskanzler unter Zustimmung des Bundesraths zuständig.“
Abg. Dr. Bachem (Zentr.): Wir sehen in der Zustimmung des Bundesraths eine größere Rechtsgarantie für die Unternehmer.
Abg. Graf von Arnim baͤlt den Antrag des Zentrums eben- falls für zweckmäßig und spricht seine Verwunderung darüber aus, daß die Herren von der Linken, die über die Konzessionsertheilung Bedenken hätten, jetzt eine solche Rechtsgarantie verwerfen.
Direktor im Auswärtigen Amt, Wirklicher Geheimer Rath Reichardt: Ich möchte noch einmal Ihrer Erwägung anheimgeben, ob Sie den Antrag nicht beschränken wollen auf den Fall der Ver⸗ sagung der Konzession. Ich kann mir keinen Fall vorstellen, wo in der Eitheilung der Konzession ein Gewaltakt liegen könnte, und gegen Gewaltakte wollen Sie sich ja schützen. Sollten Sie aber, ganz oder theilweise den Antraz annehmen wollen, so bitte ich sich gegenwärtig zu halten, daß Sie mit der Annahme vorläufig nur den Gedanken, nicht den Wortlaut annehmen können; denn setzen Sie den Fall, daß Reichskonzler und Bundesrath verschiedener Meinung sind, so ist durch diese Fafsung die Frage, wie die Sache entschieden werden soll, nicht erledigt. Es wird jedenfalls von denjenigen, die dem Antrage zustimmen wellen, eine andere Fassung gewählt werden můũssen.
6 wird nach dem Antrage des Zentrums angenommen.
Die 85 38, 6. 11 werden zusammen berathen. Nach § 3 soll die Erlaubniß in der Regel nur ertheilt werden a. an Reichs angehörige, welche im Reichsgebiet ihre gewerbliche Niederlassung 2 b. an Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristische Personen, welche im Reichs⸗ gebiete ihren Sitz haben; an offene Handelsgesellschaften, Kom⸗ manditgesellschaften jedoch nur, wenn ihre persönlich haftenden Gesellschafter sämmtlich Reichs angehörige sind.
Nach 56 soll die Erlaubniß nur für bestimmte Länder, Theile von solchen oder bestimmte Orte und in Fällen über⸗ seeischer Beförderungen nur für bestimmte Einschiffungshäfen ertheilt werden. . . .
Nach 3 11 kann die dem Unternehmer ertheilte Erlaubniß jeder Zeit beschränkt oder widerrufen werden.
Die Abgg. Frese (fr. Vgg.) und Dr. Barth wollen dem § 3 hinzugefügt wissen, daß die Versagung der Erlaubniß nur erfolgen könne, wenn gegen den Nachsuchen den Thatsachen vorlägen, welche dessen Unzuverlässigkeit in Beziehung auf den Gewerbebetrieb eines Auswanderungsunternehmens darthäten.
Die Abgg. Nadbyl (Zentr.) und Freiherr von Hodenberg (b. k. F.) beantragen übereinstimmend, den § 6 dahin zu beschränken, daß die Erlaubniß im Fall überseeischer Beförderung nur für be— stimmte Einschiffungsbäfen zu ertheilen sei.
Abg. Frese bestreitet zunächst, daß Herr Woermann anderer Ansicht sei, als in der Hamburger Petition ausgesprochen worden. Bei der großen Mehrheit im Hause hätten ja wohl seine Anträge keine Aussicht auf Erfolg. Wenn, fährt der Redner fort, den deutschen Auswanderern von der Regierung ein bestimmter Weg ge— wiefen, alfo ihre Freibeit beschränkt wird, so werden sie sich nicht mit Dankbarkeit ibres Vaterlands erinnern. Vielen Deutschen werden auch von ihren auswärtigen Verwandten Freibillets zugestellt. Mit diesem Gesetz werden. die Unternehmer in Bezug auf Konzessions. Ertheilung und Entziehung dem Reichskanzler überantwortet und in ihrem Kampf mit der auslaäͤndischen Konkurrenz geschãdigt. Vielleicht verbietet man gar Auswanderung nach Nord- Amerika: das wäre der Ruin der Rhederei. Die großen Schiffe der Hamburger Packetfahrtgesellschaft und des Norddeutschen TUoyd und das in ihnen angelegte Kapital würde zum großen Theil brachgelegt, wenn der Auswanderungeverkehr und zu gleicher Zeit der Frachtverkehr gehemmt würde. Bis jetzt haben unsere Schiffe im Auslande den Vogel abgeschossen; es haben sich aber schon Stimmen im Auslande erhoben, daß man den Verkehr der deutschen Schiffe an sich reißen wolle, wenn diese Vorlage Gesetz würde. Es müssen für Grtheilung und Ent. ziehung der Konzession Normativbestimmungen erlassen werden. Aus dem § 6 kann ein Reichskanzler wenn er will, eine Beschrãnkung der Auswanderung berleiten. Die Auswanderung selbft kann nicht verboten werden; wenn aber die Auswanderung nach bestimmten Ein⸗ schiffungsbäfen versagt werden kann, dann bleibt für die Reichs behörden gar keine Kontrole mehr über die Auswanderung. Unsere Handels- marine ist bei dem internationalen Wettbewerb unsere Hauptwaffe, namentlich auch gegenüber England. England kennt aber ein solches Gesetz, wie diefes Auswanderungggesetz, nicht. Nehmen Sie wenigftens unsere Anträge an, wenn die Vorlage, die man wohl als das Kind des Herrn Direktors Reichardt bezeichnen kann, zu stande gebracht werden soll.
Direktor im Auswärtigen Amt, Wirklichker Geheimer Rath Reichardt bemerkt, daß in der Hamburger Petition mehrere Stellen enthalten seien, zu denen sich Hert Woermann nach den Anschauungen, die von ihm bekannt geworden seien, nicht bekennen könne.
Geheimer Regierungs Rath Dr. Richter bestreitet, daß der Gesetz= entwurf außergew hnliche Wege einschlage, und weist auf die Gesetz gebung anderer Staaten hin, in denen ähnliche Vorschriften enthalten leien. Wenn Sz gestrichen würde, dann würden rie Bestimmungen der Einzelstaaten äber die Spenalisierung der Konzession besteben bleiben. In Preußen würden die Konzefsionen schon seit zwei Jabren spezialisiert. Die Vorschriften der S5 3 und 6 könnten nicht entbehrt werden, und man dürfe wohl annehmen, ö der Reichskanzler niemals gegen die Inter ˖ 32 der großen Schiffegefellschaften entscheiden werde, denn sie hätten Vorzũgliches geleistet.
Abg. Gerisch (Soz.) wendet sich gegen die Vorschriften des 53; Anträge hätten seine Freunde nicht geftellt, da dies seitens der Abgg. Frese und Barth zu 5 3 und seitens des Abg. Freiherrn von Hoden⸗
Zar diese Antrãge wẽrden feine Freunde
berg in S 6 geschehen sei.
lten ähig sei. diesen Antt
— etz. . Abg. Dr. von Marquardsen empfiehlt ebenfalls, die Er⸗ ledigung des Auswanderungsgesetzes vorwegzunehmen.
Abg. Dr. Barth: Es ist immer foviel von der nationalen Be⸗ deutung des Aaswanderungsgesetzes gesprochen worden, daß ich mich wundern muß, daß jetzt diese Berathung unterbrochen werden soll.
Abg. Bebel (So): Ich will doch vor dem Lande hier feft. stellen, daß die Herren hierher gekommen sind, um in ihrem eigenen materiellen Interesse für das Margarinegesetz zu stimmen, und daß sie ihre nationale Pflicht als Volksvertreter damit erfüllt zu haben glauben, um nachher wieder aus Berlin zu verschwinden. Wir werden uns so etwas nicht bieten lassen, sondern bei jedem Antrage namentliche Ab- stimmung beantragen.
Abg. von Kardorff: Ich muß die Art und Weise des Herrn Bebel nachdrücklich zurückweisen. Ich bitte den Mäsidenten, die Sitzung morgen etwas früher anzusetzen, damit das Auswanderungs. gesetz wenigftens morgen erledigt wird.
Das Haus beschließt darauf gegen die Stimmen der beiden konservativen Gruppen und der deutschsozialen Reformpartei, am Donnerstag die zweite Berathung des Auswanderungs⸗ gesetzes fortzusetzen Schluß 55/. Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. (Fortsetzung der Berathung des Auswanderungsgesetzes)
Prenßischer Landtag.
Haus der Abgeordneten. 76. Sitzung vom 5. Mai 1897.
Eingegangen ist der Gesetzentwurf, betreffend das Ver⸗ waltungsstrafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zoll⸗ gesetze und die sonstigen Vorschriften über indirekte Reichs⸗ und Landesabgaben, sowie die Bestimmungen über die Schlacht⸗ und Wildpretsteuer.
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Berathung des Etats des Ministeriums der geist⸗ ,, Unterrichts⸗ und Medizinal-Angelegen⸗
eiten.
6 den ersten Theil der Debatte ist gestern berichtet worden.
Mit dem Kapitel ,, Lehranstalten“ steht zu⸗ gleich der Nachtrag zum Normal⸗Etat vom 4. Mai 1892 über die Besoldung der Leiter und Lehrer an höheren Unterrichts—⸗ anstalten zur Berathung.
Dazu liegt folgender Antrag der Abgg. Im Walle Zentr.) und Genossen vor: die Staatsregierung aufzufordern, die der Hälfte bezw. dem Viertel der Oberlehrer zu gewährende pensionsfähige Zulage von 900 S nach keinem anderen Grund⸗ satze als dem der Anciennetät verleihen zu wollen.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich bin mir der Pflicht, für die Interessen der Lehrer an den höheren Unterrichtsanstalten einzutreten, vollkommen bewußt. Der Herr Abg. Seyffardt hat auch Recht, daß ich im vorigen Jahre mich für die thunlichste Annäberung der finanziellen Stellung der höberen Lehrer an diejenige der Richter ausgesprochen habe. Ich kann aber unmöglich jetzt auf die Verhandlungen eingehen, die über diese Frage aus Anlaß der Besoldungsvorlage statt⸗ gefunden haben. Durch den Beschluß des Hauses über die Besoldungserhöhung der Richter ist die Verschiedenheit zwischen der Besoldung der höheren Lehrer und der Richter über den Vorschlag der Staatsregierung hinaus erweitert worden. Nach meinem Wunsch und nach dem Wunsch der Staatsregierung ist das nicht geschehen. Auf der anderen Seite, meine Herren, bitte ich Sie zu erwägen, ob es im Interesse der Lehrer an den höheren Unterrichtsanstalten liegt und ge—⸗ legen haben würde, wenn man um dieser einen Frage willen die ganze Besoldungsvorlage zum Scheitern gebracht hätte. Ich möchte die Verantwortung dafür nicht übernehmen; ich glaube, daß es viel mehr im Interesse der Lehrer an den böberen Lehranstalten liegt, daß ihnen wenigstens die Verbesserung, und ich füge hinzu — die doch recht wesentliche Verbesserung zu theil wird, die ibnen seitens der Staatsregierung zugedacht ist, mag man auch persönlich nach der einen oder anderen Richtung etwas mehr für wünschenswerth halten. So stehe ich also persönlich zu der Sache. Dabei mache ich besonders darauf aufmerksam — wir werden uns darüber wahrscheinlich im nächsten Jahre weiter unterhalten müsfen — daß jede Erhöhung in den Bezügen der staatlichen höheren Lehrer zurückwirkt auch auf die Kommunen und auf die nicht staatlichen Anstalten. Gerade hier ergeben sich außerordentliche Schwierigkeiten. Und nicht allein auf finanziellem Gebiet. Ich erinnere nur daran, daß das Gesetz, durch welches ja mit Zustimmung des hohen Hauses der Normal- Etat in gewissem Umfange auch für die nicht staatlichen An⸗ stalten eingeführt ist, den Kommunen die Möglichkeit belassen hat, den Stellen⸗Etat beizubehalten. Dadurch sind große Un⸗ zuträglichkeiten entstanden, die den Interessen des höheren Lehrer⸗ standes widersprechen. Es wird gesucht werden müssen, auch hier einen Ausgleich zwischen den Interessen der die Schulen unterhaltenden Kommunen und den Interessen des höheren Lehrer⸗ standes zu finden. Durch einen glatten Zwang ist die Sache nicht zu machen. Wir haben dem höheren Lehrerstande ein großes Interesse entgegengebracht und sind ihm die Fürsorge für seine Interessen schuldig. Um das einzusehen, dazu braucht man gar nicht Unterrichts- Minister zu sein. Das wird jeder empfinden, der überhaupt eine höhere Lehranstalt besucht bat und der die Dankbarkeit gegen seine Lebrer empfindet, auf die sie einen Anspruch haben. Darin sind wir wahrscheinlich alle einig; aber das hilft uns über die Schwierigkeiten nicht hinweg. Die Unterrichtsverwaltung ihrerseits ist, soweit es in ihren Kräften gestanden hat, immer für die Interesseg der höheren Lehrer, die nicht bloß finanzieller Natur sind, eingetreten.
Was die Angaben der Schröder'schen Broschüre in Bezug auf die Berufswahl der Abiturienten auf den höheren Lehranstalten an⸗ langt, so erlaube ich mir, den Abg. Seyffardt darauf aufmerksam zu machen, daß diese Angaben nicht ganz zuverlässig sind, schon deshalb nicht — dafür kann Herr Schröder nicht —, weil die Angaben, die der Abiturient beim Empfang des Zeugnisses macht, keineswegs immer definitive sind. Es kommt sehr häufig vor, daß ein Abiturient sagt, er wolle Theologe werden, und er wird Philologe; er wolle Jurist werden und nachher studiert er
Medizin. Also diese Angaben sind nur sehr vorsichtig zu ve rwerthen.
; c bitte Sie von dem Gedante n auszugeben, daß die Unterrichts;
derwaltang gewillt ist, nach dem Maße der Möglichkeit und der Bilikeit den Inter essen der böheren Lehrer in jeder Benehung
t zu werden. (Bravo)
Zentr.) empfie blt die obligatorische Einfübrung der Stenograpbie in den böberen Lebranftalten.
Gebel mer Ober · Regie rungs · Rath Dr. Köpke; Die Frage der Stens srapbie wird von der Unter richts verwaltung mit Interesse verfolgt. Dir steben aber noch heute auf dem Standpunkt von 1890, daß die Stenograpbie an den Schulen als Privatsache zu betrachten sei. Die mmfangreichen Verhandlungen, die im Februar d. J. im Reichstage stattgefunden haben, haben daran nichts geändert, Die Uneinigkeit unter ben Systemen bat zugenommen, und man kann sich nicht für eines derselben entschließen. Professor Oncken hat in einem Vortrage als Stolzeaner zugegeben, daß er, obgleich er begeisterter Stenograpb fei, kaum noch eine flenographische Zeitung lese, weil der Zank unter ben Stenograpben immer mehr zunehme. Und da sollen wir ein be⸗ stimmtes System ein führen? J -
Abg. Im Walle (Sentr.); Herr Seyffardt bat beute absolut nichts Neues angefübrt. Seine Rede war nicht sachlicher und nicht weniger volttisch als die Rede bei der zweiten Lesung des Besoldunge⸗ Ftat. Was meinen Antrag betrifft, so halte ich es für ungerecht, die Oberlebrer ungleich mäßig zu bebandeln. Wer soll entscheiden, ob ein Sberlehrer ein größeres Lebrgeschick hat als der andere? In der Regel wird der Gymnasial Direktor entscheiden, und da kann es bor. kommen, daß alte verdiente Lehrer jüngeren Streberm nachgestellt wird. Weiche Quelle ven Zwietracht im Lehrerkollegium! Die gö0 * mäßten ebenso bebandelt werden wie die Alters zulagen. Die Lebrer baben ihre Fähigkeit jchen durch das Probeja r dokumentiert; gegen Verfehlungen und Vergeben steht der Verwaltung das Disziplinar⸗ verfahren zu Gebote. ö
Minister der geisilichen 2. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Es würde mir zur ganz besonderen Freude ge⸗ reichen, wenn ich in der Lage wäre, dem Antrag des Herrn Abg. Im Walle zuzustimmen, weil ich überzeugt bin, daß nur die aller⸗ besten Motive ihn dazu bestimmt haben, den Antrag zu stellen. Aber ich kann nicht rathen, diesen Weg zu betreten. Die feste Zulage von 900 46 ist beim Zustandekommen des Normal . Etats eingeführt gewissermaßen als ein Ersatz für den früberen Unterschied zwischen Oberlehrern und ordentlichen Lehrern, als ein Mittel, minder werthige Leistungen auf pädagogischem Gebiete etwas geringer zu honorieren, als ausgezeichnete Leistungen. Nun haben wir noch eine große Zahl von wissenschaftlichen Lebrern, die jetzt den Titel Oberlehrer haben, mit Zeugnissen dritten Grades, mit einer mangelhaften Lehrbefähigung und mit theilweise sehr geringen Kennt-⸗ nissen. Sollen wir nun genöthigt sein, diese Lehrer, die mit gering⸗ werthigen Kenntnissen in das Amt gekommen sind und auch im Laufe ihrer Lehrthätigkeit nicht die Energie gehabt haben, sich eine böhere Fakultãt durch Nachprüfungen zu erwerben, in gleicher Weise mit der Oberlehrer Zulage zu bedenken, wie diejenigen Lehrer, die ein aus gezeichnetes Zeugniß besigzen und sich im Amte vortreff lich bewãhren?
Darin irrt sich aber der Herr Abgeordnete, wenn er meint, daß
für die Bewilligung der Zulage das Urtheil des Gymnasial⸗Direktors allein entscheidend sei. Nein, meine Herren, wenn die Zulage versagt werden soll, dann wird und muß der Schulrath beim Provinzial Schulkollegium sich ein persõnliches Urtheil über den betreffenden Lehrer verschaffen, und das Provinzial ˖ Schulkollegium muß zustimmen; ja, in vielen Fällen wird die Sache an mich gebracht, und ich muß schließlich auf Grund der Thatsachen, die mir vorgetragen werden, entscheiden, ob die Versagung der Zulage eintreten soll oder nicht. Sehr häufig wird die Zulage nicht versagt; das werden mir die Herren alle zugeben. Ven der Be⸗ fugniß, die Zulagen zu versagen, wird nur ein sehr mäßiger Gebrauch gemacht; aber es kommen doch Fälle vor, in denen die Genehmigung der Zalage geradezu eine Prämie wäre auf minderwerthige Leistung und auf Vernachlässigung im Dienst.
Daß junge Lehrer im Dienstalter von nur 5 Jabren die Zulage bekommen hätten, während ältere Lehrer in einem Dienstalter von 10, 12, 15 Dienstjahren an derselben Anstalt sie noch nicht bekommen haben, das halte ich für vollkommen ausgeschlossen. Leider kommt es vor,
5 an den nichtstaatlichen Anstalten, für welche eine Besoldungsgemein⸗ schaft zu meinem großen Bedauern bis jetzt noch nicht konstituiert ist, auch Lehrer mit nur drei Dienstjahren schon die Zulage bekommen haben; das balte ich für unrichtig, und ich werde nicht nachlassen, nach Mitteln zu suchen, um diesen Uebelständen entgegenzutreten. Nach alledem möchte ich Sie bitten, meine Herren, daß Sie die Zulage, die wir doch nun einmal mit einander vereinbart haben, aufrecht er⸗ halten, so lange die Staatsregierung sie beizubehalten wünscht. Zu Mißständen in konkreten Fällen hat die ganze Zulage noch nie Ver⸗ anlassung gegeben.
Abg. Pleß: Wenn der Kommissar etwa glaubt, daß ein Stenographiesyftem die Oberhand gewinnen wird, so kennt er Buch⸗ boltzen schlecht. Mit der Einführung irgend eines Spstems würden alle Schwierigkeiten beseitigt. Besser irgend ein System als gar keins in den Schulen. . ö
Abg. Wete amp (fr. Vo lkẽv.) spricht sich gegen die Einführung eines bestimmten Systems aus, da dies jede Konkurrenz ausschließen würde. Er persönlich gebe dem Schrey'schen System den Vorzug. Vielleicht gelinge es, aus allen Systemen das Beste heraus zunebmen. So lange das nicht geschehen sei, dürfe man kein System obligatorsch in den Schulen einführen. Das Unterrichten könne man sehr wobl den Stenographenvereinen oder irgend einem der Lehrer an den Anstalten überlassen. Was die Hilfslehrer betreffe, so babe man im vorigen Jahre versprochen, daß von jetzt ab das Verhältniß der Hilfz. zu den festangestellten Lehrern wie 1:13 sein solle. Bis jetzt sei dieses Verhältnis nicht durchgefũührt worden. Solle dieses Verhältniß erreicht werden, so müßten noch über 1I80 Stellen etatsmäßig besetzt werden. Die Zahl der Stunden der Zeichenlehrer müßte von 13 auf 10 pro Woche ermäßigt werden. Der Antrag Im Walle habe es sehr gut gemeint, treffe aber nicht den Kernpunkt der Sache, da auch die Alterszulagen versagt werden könnten. Die meisten Ünzuträglichkeiten bringe die Gewährung der Funktionszulaze nach der Zahl der Stellen mit sich, die das Prinzip der Altergzulagen durchbreche. Die Funktionszulagen müßten sich nach einem bestimmten Dienstalter richten. Nach dem Normal. Etat beziehe L der Lehrer die Funkiionsulage; es komme aber vor, daß bei sieben Lehrern nur einer die Zalaze beziehe. Das sei eine Ungerechtigkeit. Redner weist darauf hin, daß die Zahl der Realanstalten und der Schüler in ihnen sehr stark gewachfen sei, und hofft, daß dieses An— wachsen auch weiter anhalte. Für die Refsormschulen scheine keine so günstige Stimmung mehr zun berrschen wie Anfangs. Die Versuchs schule in Frankfurt sei jetzt bis zur Ober⸗Tertia gediehen, mehrere Altphilologen bätten fie befucht und sich fehr lobend äber die Erfolge ausgesprochen. Man babe die alten Sprachen immer als unumgängliches Mittel für unfere Bildung betrachtet, jetzt fei der Beweis geliefert, daß es auch ohne sie gehe, und die Zeit werde nicht mebr fern sein, wo die alten Sprochen als obligatorischer ö verschwãnden. Die Schule müsfe, namentlich in den oberen Klassen, auch auf den künftigen Beruf der Schüler Räcksicht nebmen. Die Schüler müßten nach rer Fähigtest in den verschiedenen Fächern eingerbeilt werden, damit sie nicht durch andere Fächer, in denen sie schlechter vorwärts kommen,
äckgehalten würden. In S g babe man mit Erfglg einen olchen uch gemacht. Die gegen die Zulassung der biturienten der Reformschulen zum Studium der . seien nicht durchschlagend; man könne ja besondere Vorbereitungs klaffen dafür einrichten. Durch eine Facheintbeilung der Schäler würde erft die Versetzungeprũfung für Ober Sekunda, welche eigentlich nicht in den Rahmen der böberen Lehranstalten vasse, ibren vollen Werth erhalten. SGebeimer Ober Finanz Rath Dr. Sermar; Die Tommissions. berichte über die Zahl der etatsmäßigen Hilfelehrer sind nicht genau 8 und kaben in der Presse ungerechte Angriffe hervorgerufen. Ich habe in der Kommifsfion Mittheilung davon gemacht, daß die Lage der Hilfelebrer schon bedeutend günstiger geworden ist, und daß sie ge⸗ nügende Remunerationen erhalten. Sie sind jetzt so gestellt, daß sie wohl zufrieden sein können.
Gekreimer Ober Regierungs Rath Dr. Köpke: So lange so zabl= reiche Stenographies vfleme besteben, können wir damit nichts machen. Drängen Sie nicht zu sehr auf die obligatorische Einführung der Stenographie, sonst kommen andere Herren mit anderen Forderungen, 1. B. mit der obligatorischen Einfũübrung des Handfertigkeits⸗ unterrichtsf. Auch an anderen Stellen als Frankfurt sind die Reform- schulen im besten Gange. Es giebt eine gane Reihe von Bůrger⸗ schulen, welche das Latein ia Nebenkursen rflegen. Die Abschaff ang der lateinischen Uebersetzung auf den Gymnasien ist schon wegen der gegenseitigen , . der anderen deutschen Staaten an die Schulleistungen ausgeschlossen. Wir wollen uns ruhig erst in die neuen Verhaäͤltnisse einleben und nicht schon wieder neue Versuche mit einer Facheintbeilung machen, schon mit Rücksicht auf die zahlreichen Lehrer, welche sich in hobem Lebensalter befinden und sich mit den neuen Verhältnissen schwer befreunden können. Die Abschlußprüfungen werden allmäblich leichter werden, sodaß sie schließlich für die Schüler nichts Schreckhafteres haken werten, als eine Verseßung in eine höhere Klasse.
Abg. Dr. Glattfelter (Gentr) tritt für die Verbesserung der Lehrerverhältniffe, namentlich hinsichtlich der Hilfslehrer, ein und bittet um eine Statistik über die Zabl der Studierenden und Kan didaten der einzelnen Fakultäten, damit die Aussichten in den verschie⸗· denen Berufszweigen zu erkennen seien. Redner empfieblt ferner den Antrag Im Walle; es liege im Interesse der Schule, dah die Lehrer einen ficheren Rechte boden unter den Füßen haben und nicht von dem Wohlwollen der vorgesetzten Bebörde abhängen. Die Versuche mit den Refermschulen müßten sehr vorsichtig gemacht und erst die Re⸗ fultate abgewartet werden, ehe man weiter gebe; aber seindselig stehe er der Refermschule nicht gegenüber, sie gebe den Schülern, die in das bürgerliche Leben eintreten, eine abgeschlossene Bildung, das sei die Hauptsache; denn non seholae, sed vitae discimus. .
Abg. Stoetzel (Zentr.) beschwert sich über die Imparität in Dortmund. Das dortige Symnastum werde von 120, die Realschule von 120, das Realgymnastum von 41 katholischen Schülern, die böbere Töchterschule von 30 katbolischen Schülerinnen besucht; ins. gefammt unterrichteten an diesen Anstalten 2 Lebrer, und davon seien 7 einschließlich der beiden Religionslehrer katholisch. Einen um- gekebrten Fall von imparitätischer Behandlung der Evangelischen gebe es in ganz Deutschland nicht.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herren! Ich kann nur bedauern, daß der Herr Abg. Stötzel es für angezeigt gehalten hat, hier nochmals Paritãts fragen bezüglich der katholischen und paritätischen Anstalten in Dortmund zur Sprache zu bringen. Er hat im wesentlichen das wiedergegeben, was vor einiger Zeit in einem Artikel des Westfäͤlischen Merkur! stand — zum theil mit denselben Worten — und ich babe bereits aus diesem Artikel des ‚Westfälischen Merkur Anlaß genommen, mich über die Verhältniffe näher zu unterrichten.
Vor allen Dingen muß ich dem Herrn Abg. Stötzel sagen, daß die sämmtlichen Anstalten in Dortmund städtische Anstalten sind, daß die Beschwerden also nicht gegen die Regierung, sondern gegen die städtischen Kuratorien zu richten sind. (Sehr richtig! rechts) Nun hat aber der Herr Abgeordnete mit den Worten des Westfãlischen Merkurs“ gesagt, es wäre den katholischen Anstalten das billig, was den exangelischen als gerecht gewährt wird. Das gebe ich im Prinzip vollkommen zu; aber wenn man eine solche Beschwerde erhebt, muß man auch mit den Thatfsachen einigermaßen vertraut sein. Da will ich Ihnen nun einiges
Unführen, damit Sie prüfen können, ob wirklich so unparitãtisch
verfahren wird, wie der Herr Abgeordnete annimmt. Wir haben z. B. eine katholische Anstalt in Sagan mit 78 evangelischen und 56 kathelischen Kindern, dabei außer dem evangelischen Religionslehrer nicht einen einzigen evangelischen Lebrer. (Hört, hört! rechts) Ob das richtig ist, ist mir noch einigermaßen zweifelhaft.
In Ratibor ist es umgekebrt; da haben wir eine stiftungsmãßig evangelische Anstalt, aber wegen der großen Zahl katholischer Schüler, die sogar überwiegen, baben wir vier katholische Lehrer an dieser stiftungsmäßig evangelischen Anstalt.
In Kleve ist die Sache ebenso. Dort haben wir eine evangelische Schule mit einer Anzahl katholischer Lehrer. Ich könate noch eine ganze Reihe ähnlicher Anstalten und Verhältnisse anführen, z. B. in Jauer sind 139 Schüler, davon sind 166 evangelisch, 30 katholisch; für die 30 katholischen Schüler ist außer dem Religionslehrer noch ein katholischer Lehrer angestellt. In Königshütte sind 201 katholische Schüler und 83 evangelische. An Lehrern sind 5 evangelische und 6 katholische vorbanden. In Oppeln sind von 340 Schülern 101 evan⸗ gelisch; trotzdem hat die Anstalt außer dem den evangelischen Religions · unterricht ertheilenden Geistlichen keinen evangelischen Lehrer. Diese Fragen richten sich nach den lokalen Verhältnissen. Aber soviel glaube ich unwiderleglich dargetban zu haben, daß eine Tendenz der Unter⸗ richts verwaltung, die katholischen Schüler in der Zahl der katholischen Lehrer zu benachtheiligen, absolut nicht besteht. (Bravo)
Abg. von Arnim (kons.) bemerkt, daß seine Partei gegen den Antrag Im Walle stimme und die Ausführungen des Ministers für völlig zutreffend halte. Es sei nicht richtig, die Funktionszulage ledig⸗ lich als einen Theil des Gehalts anzusehen und nach der Anciennität zu gewähren; die Verwaltung müsse es in der Hand haben, besonders tüchtigen Lebrern sie zukoramen zu lassen. . —
Abg. von Knapp (ul) tritt dafür ein, daß die Gemeinden eine größere Freieit in der Vertheilung der Funktionszulagen erhielten und nicht an eine Schablone gebunden seien. ö. .
Abg. Dr. Arendt (fr. kons.) spricht namens seiner Partei gegen den Anttag Im Walle, dessen Tragweite sich ohne eine Kommissions⸗ beraibung nicht sberfehen lasse. Die Lebrer müßten mit dem, was ihnen jetzt an Gehaltgoerbesserung geboten werde, zufrieden sein; im Intereffẽ der Lehrer selbst liege es, daß die eamtenbesoldungs . Vorlage nicht durch weiter gebende Ansprüche zu Falle gebracht werde. Nur für die Zeichenlehrer hatte er in Being auf die Stundenzahl weitere Ver- besserungen gewäünscht, die sich unschwer erreichen ließen. In 6 aul die Schulreform tbeile er nicht die Ansicht der Regierung, da auf diesem Gebiete Ruhe herrschen müsse; im Gegentbeil, bier gebe die Entwickelung stetig weiter. Wer die alten Sprachen erhalten wolle, müffe gerade ein Freund der Reformschule sein, denn durch nichts könnten die alten Sprachen mebr gefährdet werden, als durch das starre Fenbalten an dem Privilegium des Gpmnasium;. Die Zabl der Reformschulen wachse, weil sie ein dringendes Bedürfniß seien. Die Regierung müsse fich mit Wohlwollen allen diesen Versuchen
egenüberstellen, namentlich in Dinsicht des Berechtigungsweseng. Wir kenne, eines gemeinsamen Unterbaues, damit die Wahl des Berufes
erst in einem spãteren Lebensalter en werden könne. Die Reform
von 1892 563 sei nicht das Ende, sondern der Anfang eines weiteren Forts . ẽ. —
Geheimer Sber⸗ Finanz · Rath Dr. Germar führt aus, daß für die Zeichenlehrer schon hinreichende Verbesserungen eingefũhrt seien und die Pflicht jbl der Stunden berabgesetzt ei ;
Abg. Wetertamp weist darauf bin, daß die nordischen Staaten uns wen voran seien auf dem Gebiete der Schulreform. Er wolle nicht die alten Sprachen selbst, sondern nur den g jum Erlernen
derkelben beseitigen. Das Berechtigungsunwesen könne nicht so bleiben
wie jetzt, die meisten andern Staaten seien darüber längst binaus.
Der Nachtrag zum Normal⸗Etat wird durch Kenntniß⸗ nahme für erledigt erklärt; der Antrag Im Walle wird abgelehnt. J
Abg. von Schöning (kon) macht darauf aufmerksam, daß die . des Gymnasiums in Pyritz abgenommen babe, weil der
oblfiand auf dem Lande abgenommen babe und die Leute ihre Rinder nicht mehr ins Gymnasium senden könnten, und wünscht den Neubau einer Turnballe für das Symnasium.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Ja, meine Herren, wenn es nur von mir abhinge Heiterkeit), so würde ich selbstverständlich dem Herrn Abg. von Schöning mit Freuden den Gefallen thun, in Pyritz eine Turnhalle zu bauen. Ich babe mir auch Mühe gegeben, die Sache in die Wege zu leiten. Aber die Sache liegt in der That so, daß das Gymnasium in Pyritz sebr schwach besucht ist, und sein Besuch seit einiger Zeit fortgesetzt zurũck⸗ gebt. Nun besteht in Pyrit noch eine Turnhalle für das dortige Seminar, und diese Turnhalle befriedigt, wenn auch nicht gerade sehr glänzend, aber doch allenfalls das Bedürfniß beider Anstalten. Ich sollte meinen, so lange, bis das Gymnasium wieder zu etwas größerer Blüthe gelangte, könnte man sich damit wohl be⸗ helfen. Denn das schwach besuchte Svmnasium kostet uns ohnehin sehr viel, und ich trage in der That Bedenken, mit einer Forderung für eine besondere Turnhalle vor das hohe Haus zu treten, so lange ich nicht sagen kann, daß das Bedürfniß des Gymnasiums wirklich diesen Bau erfordert, und zu dieser Ueberzeugung bin ich gegenwärtig noch nicht gelangt. Wenn sich aber das Gymnasium bebt, so werden wir die Frage aufs neue in Erwägung nehmen.
Abg Dr. Lew ald (kons) empfieblt den Neubau des Gymnasiums in Rawitsch.
Geheimer Ober · Regierungs- Rath Bohtz erwidert, daß die aller- dings nicht guten baulichen Verhältnisse wobl noch eine Zeit lang erträglich seien, aber ein Neubau in Erwägung gejogen werden solle, wenn die Schülerzabl noch steige.
Abg. Gorke [Zentr) wünscht einen Neubau für das Symnastum in Leobschüßz und schildert die dortigen baulichen Verhãltnisse.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Ganz so schlimm, wie der Herr Abgeordnete es geschildert bat, haben wir uns den baulichen Zustand des Gymnasiums in Leobschũtz nicht vergestellt. Wir haben vor einigen Jahren auf Grund einer Bewilligung im Extraordinarium 86 000 6 in das Gebäude hinein ˖ gebaut, haben dann noch eine Lehrerwobnung eingezogen und waren der Meinung, daß man allenfalls mit dem jetzigen Gebäude wobl noch einige Zeit auskommen könnte. Wenn die Zustände so baar⸗ strãubend sind, wie der Herr Abgeordnete sie dargestellt bat, kann die Sache so nicht bleiben. Ich werde aus der Anregung des Herrn Abgeordneten Veranlassung nebmen, Bericht zu erfordern und der Sache näher zu treten. (Bravo)
Abg. von Pappenheim (kons.) wünscht, daß auch den Lehrern an den von den Gemeinden unterhaltenen Anstalten die Be⸗ soldungsaufbesserung zu gute komme.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Meine Herten! Es versteht sich ja ganz von selbst und ist auch bei der Vorlage des Normal ⸗Etats bereits erwäbnt, daß wir Vorsorge treffen müssen, daß auch den Lebrern an den nicht staatlichen Anstalten eine entsprechende Gehaltsverbesserung zu theil wird. Daß das noch in dieser Session möglich sein wird, ist mir jweifelbaft; denn das kann doch nur geschehen durch ein Gesetz. Wir müssen das Gesetz von 1892, soweit es sich auf den damaligen Normal ⸗Etat beziebt, ändern. Bei dieser Gelegenheit möchte ich einige Benachtheiligungen, die sich auf Grund des damaligen Gesetzes für die Lehrer an den nichtstaatlichen Anstalten berausgestellt haben, ebenfalls gern be⸗ seitigen. Die Sache hat aber, wie ich mir vorhin schon anzudeuten erlaubte, ihre Schwierigkeiten in der Belastung der Kommunen, und ich werde zunächst einmal Fühlung zu nehmen suchen mit den Kom⸗ munen, die an dieser ganzen Frage stark betheiligt sind. Ich bin bestrebt, den Gesetzentwurf sobald als möglich fertig zu stellen und durch die Vorinstanzen bindurch;ubringen, sodaß er jedenfalls im nächsten Jahre hier zur Vorlage kommt. Die Rücksicht auf die Kommunen verbietet mir jedoch, die Sache i übereilen. Ich muß die verschiedensten Rücsichten einer grũndlichen Erwägung unterziehen; sonst würde ich möglicher Weise mit der Vor⸗ lage hier im hoben Hause einem großen Widerstand begegnen. Dem möchte ich mich nicht aussetzen; ich möchte die Sache so vorbereiten, daß ich mit einiger Sicherheit auch auf die Zustimmung des bohen Hauses rechnen kann.
Abg. Dr. Ditt rich (Zentr) empfieblt ebenfalls die Regelung dieser Sache, damit die betreffenden Anstalten nicht auf minderwerthige Lehrkräfte angewiesen seien. . ö
Abg. von Eynern al) macht darauf aufmerksam, daß in manchen Gemeinden die Gebaltsverbältnifse der Lebrer schon besser seien als in staatlichen Anstalten; andere, kleiner: Gemeinden könnten aber nicht mehr aufwenden für die Lebrerbesoldungen. Es berrscke eine große Verschiedenheit in der Unterstützung der Gemeinden auf dem Schulgebiete durch den Staat. Viele Semeinden belämen gar keine Unterftützung. Der Staat müsse reichlichere Mittel bergeben.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:
Ich boffe, daß die Anregung des Herrn Abg. von Synern nicht dabin gehen soll, daß wir nun alle nichtstaatlichen Anftalten ver⸗ staatlichen. Das würde ich für einen außerordentlichen Schaden so⸗ wohl für den Staat, wie für die Gemeinden balten. Denn wir wrden die idealen Bestrebungen, die durch die Anstalten mit den Gemeinde · verwaltungen verknüpft sind, ganz von den Gemeinde verwaltungen loslõsen, und das würde ich, wie ich wiederbole, für einen gam auỹer · ordentlichen Schaden balten. Das versteht sich ganz von selber, daß. wenn eine Gemeinde nicht mehr leistungsfäbig und andererseits die Anstalt nothwendig ist im öffentlichen Interesse, der Staat helfend eintreten muß, und ich werde bei den Erörterungen über die Silfe. die wir den Lehrern an den nichtstaatlichen Anstalten ju theil werden lassen mũssen, selbftoerstãndlich auch die Frage ju erwägen haben, inwieweit etwa eine einzelne Anstalt eines neuen Staatszuschuffes bedarf.
Abg. Dr. Sattler (al): In der Budgetkommiffion ist unter Zustimmung der Finanzwerwaltung schon erklärt worden, daß in