Versicherung mr Hieraus folgt jedoch keineswegs, daß auch Unfälle, welche die zu ihrem Vergnügen ge⸗ ladenen Jagdtheilnehmer .. leiche Weise erleiden, von der Berufsgenossenschaft zu entschädigen sind; denn diese Personen können im allgemeinen, und sofern nicht besonders geartete Verhältnisse vorliegen, nicht als von dem Jagdgeber in seinem Betriebe beschäftigt⸗ angesehen werden (1604).
Die Liquidation einer Aktiengesellschaft ist lediglich die vom Gesetz bestimmte Form ihrer Auflösung, ö daß ein Wechsel des Unternehmers eintritt (1605.
Der e,. Gesandte in Oldenburg von Bülow ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der gemiethete Dampfer „Oldenburg! des Norddeutschen Lloyd ist mit der Ablösung für die Schiffe in Ost-Asien — Transportführer: Korvetten⸗Kapitän Pustau — gestern in Singapore angekommen und wird heute die Reise nach dem Ablösungshafen Kobe fortsetzen.
Sessen. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin ist gestern von Bukarest wieder in Darmstadt , . Reuß j. L.
Der frühere Staats⸗Minister Vollert ist am 6. d. M. in Gera gestorben.
Oefsterreich⸗ Ungarn.
Das österreichische Abgeordnetenhaus fuhr gestern in der Berathung der Anträge auf Versetzung der Minister in den Anklagezustand fort. Der Justiz-Minister Graf Gleispach führte aus: die vorgestrigen Erklärungen des Minister-Präsidenten seien durch die nachfolgenden Reden nicht erschüttert worden. Für jeden Juristen und Nicht⸗ juristen stehe es fest, daß einer Regierung, welche denselben Weg betreten habe, den die vorangegangenen Regie⸗ rungen gegangen seien, und der durch übereinstimmende Beschlüsse des Parlaments genehmigt worden sei, weder gulpa noch dolus imputiert werden könne. Daraus folge, daß die⸗ jenigen, welche die Anträge auf Versetzung der Minister in Anklagezustand eingebracht, eine solche Anklage nie ernstlich ewollt hätten. (Beifall rechts, ungeheurer Lärm links.
ufe: „Zurücknehmen.“ Da der stürmische Lärm sich nicht legte, unterbrach der Präsident Kathrein die Sitzung. Nach 64 zweistündiger Unterbrechung wurde die Sitzung wieder aufgenommen. Der Präsident Kathrein ertheilte dem Justiz-Minister Grafen Gleispach das Wort. (Es erhob sich neuerdings großer Lärm auf der linken Seite des Hauses; es wurden Rufe laut: „Ordnungsruf!“) Der Abg. Wolff verlangte, der Präsident solle dem Minister das Wort ent⸗ ziehen. Der Präsident Kathrein rief den Abg. Wolff zur Ordnung und bemühte sich vergeblich, die Ruhe wiederherzustellen. (Rufe: „Abzug oder Widerruf!“ Endlich be— ann der Justiz⸗Minister Graf Gleispach seine Ausführungen, schloß dieselben aber bald unter dem sich wiederholenden stürmischen Beifall der Rechten. Viele Abgeordnete beglückwünschten den Minister. Der Präsident ertheilte nun den Abg. Hofmann von Wellenhof und Dr. Groß das Wort, welche die Be⸗ merkung des Ministers, daß die Anklage nicht ernstlich gemeint sei, unter siürmischer Zustimmung ihrer Parteigenossen für eine Beleidigung erklärten, für welche der Justiz-Minister Genugthuung geben solle, widrigenfalls sie eine weitere Debatte nicht zulassen würden. Der Abg. Groß beantragte den Schluß der Sitzung und namentliche Abstimmung darüber, zog jedoch schließlich seinen Antrag zurück. Auf Verlangen brachte der Präsident Kathrein die vom Justiz-Minister ab⸗ gegebenen, aber bei dem Lärm nicht vernommenen Er— kläͤrungen zur Verlesung. Dieselben lauteten: Die Aeußerungen, die ich geihan habe, und auf Grund welcher Sie mich an der Fortsetzung meiner Rede hinderten, gründen sich auf meine Auffassung, daß es sich bei den Anträgen, die in Verhandlung stehen, lediglich um eine parlamentarische Taktik gehandelt habe, wobei es mir selbstverständlich nicht beigekommen ist, durch Wiedergabe dieser Auffassung irgend eine Partei beleidigen zu wollen. Jetzt trat im Hause Ruhe ein. Im weiteren Verlauf der Debatte empfahlen die Abgg. Pergelt und Hochenburger die Annahme der Anträge, welche die Sprachenverordnungen als ungesetzlich be⸗ zeichnen. Der Abg. von Jaworski erklärte im Namen der Polen und der Abg. Graf Palffy im Namen des böhmischen konservativen Großgrundbesitzes, ihre Parteien hätten nicht den geringsten Grund, die Minister in den Anklage— zustand zu versetzen; sie würden daher bezüglich der Anträge für Uebergang zur Tagesorduung stimmen. Graf Palffy sagte, die Verordnungen enthielten nur Maßnahmen, die seine Partei billige. Niemand werde in denselben eine Ver⸗ gewaltigung der nationalen Existenz der Deutschen erblicken können.
Im ungarischen Oberhause widmete gestern der Präsident von Toöth der Herzogin von Alengon einen warmen Nachruf, worin er der tiefen Trauer und Theilnahme des Hauses an dem für den König und die Königin so schmerzlichen Verluste Ausdruck gab. Sodann genehmigte das Haus ohne Debatte den Handelsvertrag mit Bulgarien und den Gesetzentwurf, betreffend die Deckung der Kosten für die Theilnahme Ungarns an der Pariser Welt⸗ ausstellung.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain, daß er keinen Grund habe, der Nachricht von der Aufhebung des Ein⸗ wanderungsgesetzes durch den Volksraad von Transvaal zu mißtrauen, obwohl bisher keine amtliche Bestätigung ein⸗
laufen sei. Sollte sich die Meldung bewahrheiten, so würde fh die Spannung, welche leider zwischen der englischen und der Transbaal⸗Regierung bestanden habe, sehr mildern. Ueber die Schadenersatzforderung des Präfidenten Krüger finde zur Zeit ein Schriftwechsel statt. —ei der Be⸗ rathung des Etats des Auswärtigen Amts beantragte Robson
die Streichung von 2 von dem Gehalt des Ministers des Aus en und sprach seine Mißbilligung über die in Kreta befolgte Politik aus. Parlamentis⸗Sekretär des Aeußern Cu rzon erwiderte, daß der Einfluß Großbritanniens zu Gunsten des Friedens, der Versoͤhnung und Mäßi⸗ gung bezüglich Kretas aufgeboten worden sei und auch in . die Regierung dahin streben werde. Ob⸗ wohl die Verwirklichung des britischen Planes durch ander⸗ weitige Rathschläge verzögert worden sei, werde die Politik der Regierung doch nicht au ee chen werden; die Regierung hoffe, dieselbe zu einem erfolgreichen Ausgange zu führen. Die Ansicht, daß die Bevölkerung Kretas in christliche Schafe und mohamedanische Wölfe getheilt sei und die Mächte letztere unterstützten, sei falsch. hatsächlich sei das Innere der Insel in den Händen der christlichen Insurgenten, die in bewaffnetem Müßiggange von den Ernten der Mohamedaner lebten und jeden Mohamedaner ohne Unterschied des Geschlechts tödteten, der in ihre Hände falle. In der Nähe der tädte griffen die Insurgenten die Blockhäuser und Vorposten an, schnitten das Wasser ab und versuchten, die Bevölkerung der Städte aus⸗ zuhungern. Die Insurgenten seien größtentheils von ö Offizieren geführt und ihre Reihen von griechischen Freiwilligen gefüllt. Es sei unwahr, daß einige Mächte den von England gewünschten Rück⸗ zug, der Türken verhinderten. Die europäischen Truppen allein könnten nicht die Städte und die mohamedanischen Flüchtlinge beschützen. Würden die türkischen Truppen zurück egen so seien Metzeleien zu gewärtigen, im Vergleich mit enen die armenischen unbedeutend gewesen sein würden. Es sei keine Hoffnung für Kreta vorhanden, bevor den mohamedanischen Bauern die friedliche Rückkehr in die Dörfer gestattet werde, was unmöglich sei, so lange griechische Truppen auf Kreta seien. Er hoffe, daß die Abberufung des Obersten Vassos auf den Rückzug der griechischen Truppen von Kreta hinweise. Dann würde eine Verminderung der türkischen Garnison und die Herstellung der Ruhe auf Kreta e, sein. Das europäische Konzert sei für den türkisch— griechischen Krieg nicht verantwortlich, sondern die Heraus⸗ forderungen von seiten Griechenlands. Die Mächte seien zur Vermittelung bereit gewesen und seien es auch noch, sie hätten auch ihre Bereitwilligkeit dazu ausgedrückt, falls Griechenland gewillt sei, dieselbe anzunehmen. Die Opposition handle unweise, wenn sie das europäische Konzert an reife; für Armenien, Kreta und die anderen Unterthanen der Türkei könne nur in Uebereinstimmung mit den anderen Mächten etwas geschehen. Hierauf wurde der Antrag Robson mit 169 gegen 63 Stimmen abgelehnt.
Der parlamentarische Ausschuß zur Untersuchung des Einfalls Jameson's in Trans vaal beauftragte gestern den Vertreter der Kabel⸗Gesellschaft, Abschriften von den zwischen 6 und Rhodes gewechselten Kabeltelegrammen vorzulegen. Hierauf wurde das Verhör Lionel Phillip's fortgesetzt. In Erwiderung auf eine Frage des Staatssekretärs für die Kolonien Chamberlain sagte der Zeuge aus, alle Lehrer an den Schulen in Transvaal sprächen nur holländisch; deshalb könnten die Kinder englischer Herkunft, welche die holländische Sprache nicht ver⸗ fänden, nichts lernen. Der Herzog von Abercorn, Prä—⸗ sident der Chartered Company“, sagte als nächster Zeuge aus, die Verwaltung der Gesellschaft habe weder irgend welche Kenntniß von dem Einfall noch die Absicht gehabt, Truppen der Gesellschaft gegen Transvgal zu senden. Er glaube nicht, daß Harris der Gesellschaft über das Ergebniß seiner Unter⸗ redungen im Kolonialamt Mittheilung gemacht habe.
Frankreich.
Der Herzog von Aumale ist, wie die „Agenzia Stefani“ meldet, in der Nacht zum 7. d. M. in seiner Villa in Zucco auf Sizilien, wo Höchstderselbe sich bereits seit einiger Zeit aufhielt, plötzlich verstorben. Vor drei Tagen noch schrieb, wie „W. T. B.“ berichtet, die Prinzessin Clementine von Sach sen-Coburg und Gotha, die Schwester des Herzogs, die gleichfalls in Zucco weilt, nach Paris, daß der Herzog sich wohl zu fühlen scheine. Vorgestern Abend unterhielt sich der geren bis min eg, um welche Zeit er sich zur Ruhe begab, mit der Prinzessin Clementine, der Herzogin von Chartres, der Marquise von Beauvoir und anderen Per⸗ sonen. Um 2 Uhr 20 Minuten Nachts hörte der Kammer⸗ diener den Herzog schwer athmen; er rief den Doktor Toupet, welcher jedoch nur den Tod des Herzogs konstatieren konnte. Man glaubt, daß die Nachricht von dem Tode der Herzogin von Alengon tief erschreckend auf ihn eingewirkt habe. — Die Leiche wird noch nicht einbalsamiert, sondern in einen dreifachen Sarg verschlossen und am Sonntag oder Montag nach Palermo in das Palais des Herzogs gebracht werden, auf welchem die Flagge auf Halbmast gehißt ist. Es wird eine große Trauer— feier vorbereitet. Der Bildhauer Civiletti begab sich nach Zucco, um die Todtenmaste abzunehmen. Später wird die Leiche nach Paris überführt werben. Heute werden der Herzog von Chartres, welcher vorgestern auf die Nach⸗ richt vom Tode der Herzogin von Alengon nach Paris reisen wollte, und der Herzog von Orleans von Neapel in Zucco eintreffen.
Der Präsident Faure sandte, sobald er die Nachricht von dem Tode des Herzogs erhalten hatte, einen Ordonnanz— Offizier nach der Wohnung desselben, um sich in den 24 liegenden Listen einschreiben zu lassen.
(Heinrich Prinz von Orleans, Herzog von Aumale, war am 16. Januar 1822 als vierter Sohn des Königs Ludwig Philipp von Frankreich aus dessen Ehe mit der Prinzessin Amélie von Bonrbon⸗-Sizilien geboren. Schon im Alter von 18 Jahren zeichnete er sich in den Kämpfen in Algerien aus, und wurde schlisßlich General Gouverneur daselbst. Die Februar⸗Revolution von 1848 zwang den Herzog, nach England ins Exil zu gehen. In Twickenham bei London widmete er sich mit Eifer geschichtlichen und kriegswissenschaftlichen Studien. Nach Ausbruch des deutsch⸗französischen Krieges bot der Herzog erst der Kaiserlichen, dann der provisorischen Regierung seine Dienste an, wurde aber von beiden abgewiesen; dagegen wurde er am 8. Februar 1571 in die National. Versammlung gewählt, in der er sch dem rechten Zentrum anschloß. 1871 wurde der Herzog in die Akademie aufgenommen. Nachdem er 1873 dem Kriegegericht über den Marschall Bazaine präsidiert hatte, wurde er zum Kommandeur des VIII. Armee Korps in Besangon ernannt. Im Februar 1879 wurde er seines Kom- mandos enthoben und zum General⸗Inspektor der Armee ernannt, 1883 aber auch aus dieser militärischen Stellung entlassen. Auf Grund des Gesetzes vom 23. Juni 1886 wurde er aus der Armeeliste gestrichen; am 15. Juli aus Frankreich ausgewiesen, begab er le, nach Brüssel. Erst im März 1889 erhielt er die Grlauhniß, na Frankreich zurückzukehren. Der Herzog war seit dem 25. November 1844 mit der Prinzefsin Karoline von Bourbon. Sizilien vermählt, die im Dezember 1869 starb. Von seinen beiden Söhnen: Louis Philippe Maria Leopold d Orleans, Prinz von Condé, geboren 15. No⸗
*
vember 13845 in Paris, und Frangois Louis Maria Philippe d' Orl . von Guise, geboren am 2X. Januar 1854 e e 3 der erftere am 24 Mai 1866 am Typhus auf einer Reise nach Australien in Sydney, der jüngere am 25. Juli 1872 in Dreux.)
Der Fürst und die Fürstin Anton Radzipill sind, wie W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag in Paris ein⸗ . . Zwei von Seiner Majestät dem Kaiser
ilhelm und Ihrer Majestät der Kaiserin Au gu ste Victoria 44 Kränze, welche heute von dem Fuͤrsten und der Fürstin an dem Katafalk in der Notre Dame-Kirche niedergelegt wurden, bestehen aus Orchideen, weißen Rosen, 8. Nelken und Palmzweigen, die mit Trauerflor
urchflochten sind. Die seitwärts befestigten Schleifen tragen
die von einer Kaiserkrone überragten. Initialen, Ihrer Majestäten. Gestern Abend stattete Fürst Radziwill dem Minister des Auswärtigen 6 einen Besuch ab.
Der Minister des Aeußern Hanotaux erhielt gestern von dem französischen Botschafter in St. Petersburg Grafen Montehello das folgende, an den Präsidenten Faure ge— richtete Telegramm: „Ihre Majestäten, tief bewegt von dem Unglück im Wohlthätigkeits Bazar, beauftragen mich, Ihnen ihr aufrichtiges und tiefes Beileid auszudrücken“. Der Minister Han ot aux ersuchte den Grafen Montebello, dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland den leb— haftesten Dank des Präsidenten Faure für ihre Antheil⸗ nahme an der Trauer Frankreichs auszudrücken. — Dem Präsidenten Faure gingen ferner Beileidstelegramme des Sultans und des Königs von Schweden und Nor— we gen zu, auf die der Präsident dankend erwiderte.
In der russischen Kirche zu Paris wurde gestern eine Trauerfeier für die Opfer des Brandunglücks in der Rue Jean Goujon abgehalten, der alle Mitglieder der russischen Botschaft beiwohnten. Der Präsident Faure und sämmtliche Minister hatten Vertreter entsandt.
In der Kirche Sainte Clotilde fand gestern Vormittag die Trauerfeier für die Gräfin Hunolstein, Schwägerin der Herzogin von Uzés, statt. An der . nahmen auch der deutsche Botschafter Graf zu Münster und der russische Botschafter Baron von Mohrenheim theil.
Italien.
Auf den Antrag des Deputirten di San Donato, der von dem Finanz-Minister Branca im Namen der Regierung unterstützt wurde, beschloß die Deputirten kammer gestern die große Antheilnahme der Kammer und des Landes an dem ö in dem Pariser Wohlthätigkeits⸗Bazar zum Ausdruck zu bringen.
Der Papst hat anläßlich, der Katastrophe in Paris Beileidstelegramme an den Präsidenten der Republik Faure, den Herzog Karl Theodor in Bayern und an die Familie der Herzogin von Alengon gerichtet.
Schweiz.
Der Bundesrath hat die Volksabstimm ung über die B J betreffend den Erlaß einer eidgenössischen n nnn n,, und die Einführung der Oberaufsicht des Bundes über die Wasser⸗ bauten und die Forstpolizei in der ganzen Eidgenossenschaft, auf den 11. Juli festgesetzt.
Türkei.
Edhem Pascha ist gestern früh mit dem Generalstabe von Pharsala nach Velest ino abgegangen.
Eine amtliche Depesche Edhem Pasch as vom gestrigen Tage an den Kriegs⸗Minister meldet, dem „W. T. B.“ zufolge, den Einzug der türkischen Truppen in Velest ino. Der Kampf sei ein sehr blutiger gewesen. Schließlich seien sowohl Velestino, als auch die feilen in der Umgebung von Pilaw⸗Tepe in der Richtung auf Volo genommen worden. Nach Aussage des Kommandanten von Velestino seien die griechischen Truppen, 15 0900 Mann, größtentheils nach Volo, der Ref nach Ermie geflüchtet. — Wie das Journal „Sabah“ melder erfolgte die Einnahme Velestinos durch die Division Hak ki Paschas und einige Bataillone einer anderen Division
An dem Kampfe vor Pharsala haben, wie die „Agence Havas“ meldet, drei türkische Divisionen theil— genommen. Die Stärke der griechischen Truppen, welche von dem Kronprinzen und dem Prinzen Nikolaus be— fehligt wurden, wird auf 20000 Mann und 5 Batterien geschätzi. Das Gefecht begann um 2 Uhr früh, dauerte den ganzen Tag über und war erst in der Nacht zu Ende. Die Griechen hatten die Höhen von Kara⸗Dernirdii besetzt; von dort wurden sie durch eine geschickte Schwenkung zweier türkischen Batterien, durch welche die griechische Artillerie zum Schweigen gebracht wurde, verdrängt. Gegen Mittag rückte die türkische Artillerie vor und umzingelte den rechten Flügel der Griechen. Die türkische Schlacht= linie rückte überaus rasch vor. Der Souschef des General— stabs Seifullah Pascha zog einige Bataillone zusammen, unter welchen sich auch albanesische Mannschaften befanden, und ließ dieselben einen Vorstoß gegen die Griechen machen, welche sich infolge dessen in die südlich von Tatari sich ausdehnende Ebene zurücklogen. Gegen 2 Uhr. Nach—= mittags war Datari von den Türken genommen. Dieselben setzten ihren Vphrmarsch fort, während die Griechen, das Feuer der Türken erwidernd, sich in ungeordnetem Rückzuge bis zur Brücke von Phärsala drängen ng Die türkische Artillerie lieh der auf die Griechen feuernden Infanterie Unter— stüätzung. Schließlich leisteten die Griechen noch in Vafili Widerstand; die Türken erwiderten das Feuer von Palager⸗Mägula aus. Von den giiechischen Ge⸗ schossen hat nur ein einziges eingeschlagen; es fiel in der Nãhe der beim türkischen Generalstab befindlichen Militär⸗-Attache Frankreichs und Oesterreich⸗-Ungarns nieder, welche sich mit her Aufnahme von Momentbildern der Schlacht beschäftigten. Um 5 Uhr Aoends nahm die türkische Artillerie vor Pharsaln Stellung, während die Infanterie die Brücke überschritt. Am Donnerstag Morgen um 7 Uhr wurde nach kurzem Kampfe die Stadt! genommen. Auf beiden Seiten sind gruß! Mengen Munition verschossen worden. Die Türken hatten eiwa 250 Todte und Verwundete. Das türkische Hauptquartier sollte während der Nacht zum Freitag in Pharsala verbleiben und am Freitag Morgen weiter vor, rücken. Bei dem Kanspfe hat die türkische Artillerie große Manövrierfähigkeit bewiksen; die Einnahme der verschiedenen aufeinander folgenden Stellungen vollzog sich in gro * Ordnung. Mit Pharsalh selbst wurden 50 Dorfer der Um⸗
egend von den türkischen Truppen besetzt, welche dabei eine a , el, mit 18 Maulthieren, zahlreiche Munition u . auch das Gepäck der griechischen
: darunter rinzen, erbeuteten. ⸗
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ang bewerkstell 3 Nach einer in Athen eingetroffenen Depesche des Obersten Manos hat der Vormars der Türken auf Arta am 5. J. M. begonnen. Die gegen Pre vesa operierenden griechi⸗ schen Truppen sind zurückberufen worden.
Dem Wiener Telegr⸗Korresp⸗ Bureau“ wird aus Kon⸗ stantin opel berichtet, daß griechische Freiwillige in Akrotiri von den Kretern mißhandelt worden seien und sich auf das italienische Admiralschiff geflüchtet hätten.
Die „Kölnische Zeitung“ meldet aus Kanea von gestern: Die Aufständischen hätten auf Die ausmarschierende 7sterreichische Kompagnie bei Nerokuru geschossen, jedoch ohne ihr erluste zuzufügen. — . latte zu⸗ folge verlautete in Kanea, der Oberst Vassos sei in der Nacht zu gestern mit 5 Offizieren nach Griechenland ab⸗ gereist und zwar, wie es heiße, auf einem italienischen Tor⸗
pedoboot. Griechenland.
Die Regierung hat, der „Agence Havas“ zufolge, er⸗ klärt, daß Griechenland, falls die Mächte auf der Zurück⸗ berufung der griechischen Truppen von der Insel Kreig als einer Bedingung für die Vermittelung zwischen der Türkei und Griechenland bestehen sollten, den Krieg bis zur Vernichtung vorziehen werde. , ;
Den Vertretern der Mächte in Athen ist mitgetheilt worden, daß der Thermaische Golf und die Küste von Epirus blockiert würden. .
Die Zurückberufung von 25 Offizieren und zwei Kompagnien Sappeurs aus Kreta ist beschlossen worden.
Amerika.
Der Kongreß der Argentinischen Republik wurde, wie das „Reuker'sche Bureau“ meldet, gestern in Buenos Aires mit einer Botschaft des Präsidenten eröffnet, welche die Beziehungen zu den auswärtigen Staaten für ausgezeichnete erklärt. Der Außenhandel beziffere sich im abgelaufenen Ver⸗ waltungssahr für die Einfuhr auf 117163 591 und für die Ausfuhr auf 116753 095 Pesos Gold, In den ersten vier Monaten des Jahres 1897 habe sich der aug⸗ wärtige Handel im Durchschnitt noch günstiger gestaltet. Die Banknoten⸗-Ausgabe belaufe sich auf 256 165 957 Pesos. In der Üeberzeugung, daß die Gesundung der Valuta ein Gebot der äußersten Nothwendigkeit sei, gehe die Regierung damit um, das Papiergeld er uche und zu diesem Behufe die Bildung eines Metallschatzes in AÄngriff zu nehmen. Der aufgestellte Finanzplan verbürge gemäß dem
Beschluß des Kongresses die unverkürzte Zahlung im Schulden⸗
dienste. Die Botschaft spricht die Hoffnung aus, daß die ganze schwebende Schuld prompt werde eingelöst werden, und empfiehlt Sparsamkeit im Budget. Die Devise müsse sein: Ordnung, Sparsamkeit, Arbeit.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reich s⸗ tages und des Hauses der Abgeordneken befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (218) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Pr. von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs-Justiz— amts Dr. Rieberding beiwohnten, stand zunächst die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über das Auswanderungswesen auf der Tagesordnung.
In der Generaldiskussion bemerkt
Abg. Metz ger (Soz.): Wir haben Widerspruch gegen den ersten Theil der Vorlage erhoben, weil die Experimente, die man machen will, um den Auswandererstrom zu hemmen oder zu lenken, schließlich den Steuerzahlern zur Last fallen. Der zweite Theil der Verlage ist uns durchaus sympathisch. Degwegen haben wir daran mitgearbeitet und Verbesserungen versuchk. Aber etwas ist in der Vorlage ganz vergeffen: die Auswandererschiffe sollen ge⸗ prüft werden in Bezug auf die Einrichtung, Ausrüstung, Ver— probiantierung u. s. w., aber von der Mannschaft ist keine Rede, trotzdlem diese auch nach dem Handeltgesetzbuch zu einem richtig aus— gerüsteten Schiff gehört. Wir haben deshalb im Interesse der deutschen Sceleute (inen Antrag gestellt, der für die gehörige Bemannung der Schiffe sorgen will. Bei früherer Ge⸗ legenheit bat der Stagtssekrelͤr von Boetticher einmal er= klärt, daß es begreiflich sei, wenn der Auswanderungs kommisfar feine Revisionen vorher anzeige, damit die Mannschaft an ihrem Platze fein könne. Der Kommissar in Hamburg hahe eine andere Auffassung davon gehabt und revidiere ohne vorherige Anzeige, wiederhole auch die Prüfung des Schiffes, wenn es auslaufe.
Damit schließt die Generaldiskussion. Bei 2 führt
Abg. Dr. Ham macher (ul.) aus, daß die in zweiter desung beschloffene Zustimmung des Bundesraths zur Erlaubniß für die Autzwanderungsunternehmer eine Verschlechterung enthalte insofern, als der Reschskanzler in eine Zwangslage komme, wenn er die Ge— nehmigung versagen wolle, während der Bundesrath gegentheiliger Meinung sei. Der Reichskanzler, der allein verantwortlich sei, komme dann in die Lage, gegen seinen Willen eine Konzession zu ertheilen.
Abg. Graf. von Arnim (Rp.): Ich glaube, der Reichskanzler wird sich über solche Dinge mit dem Bundesrath ö, denn sonst müßte ja beim Meinungszwiespalt der Reichskanzler seine Entlassung nehmen. Der Reichskanzler müßte auch zufrieden sein, wenn er die Konzessionsnachsuchenden abweisen und an den Bundetrath überweifen könnte. Die Nachgiebigkeit eines Ab- theilungs⸗Chefs in der Kolonialperwaltung hat gezeigt, zu welchen
olgen man kommt; ohne diese Nachgiebigkeit wären die unseligen Verträge mit den engüischen Gefellschaften in Südwest -Afrika wohl nicht abgeschlossen worden.
Nach weiterer Debatte, an welcher sich die Abgg. Dr. Bachem (gJentr.), Pr. Graf zu , . (d. kons.), Dr. von Marquardsen (ul.). Dr. Barth gi vgn. und Dr. Ham macher (nl) betheiligten, wurde
2, ebenso die 85 3 bis 24 unverändert angenommen.
Darauf wurße über den s 34, wonach ein Unternehmer dafür zu sorgen hat, daß das Schiff seetüchtig, in dn. . und verproviantlert ist, mit dem dazu gestellten soziagl⸗
emokratischen Ant rage, daß das Schiff auch geh r be⸗ mannt sein solle, berathen. Bis zum Schluß des Blattes betheiligten ch an der Debatte über iesnt Gegenstand der Unter⸗Staats⸗
sekretär im Reichsamt des Innern Rothe, sowie die Tag.
Dr. Spahn SZentr), Jebfen (nl), Stadthagen (So)),
. . Cuny (ul.), Bebel (Soz) und Dr. Bachem entr.).
Das Haus der 2 seßt in ö , C9) Sitzung, welcher der irn g, r. von Miquel beiwohnte, die zweite Berathung des Etats des Ministe⸗ riums der geist lichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten bei den einmaligen Ausgaben fort.
Bei den Ausgaben für den Erweiterungsbau der Augenklinik in Königsberg dankt
Abg. von der Groeben (konf) der Regierung dafür, daß sie energische Maßregeln gegen die granulöse Augenentzündung ergriffen habe, die in Ostpreußen weit verbreitet sei. Die Ausdehnung der Krankheit lasse sich leider nicht genau feststellen, sie sei aber wohl größer, als man anzunehmen scheine. Die Krankheit sei leicht über tragbar, man selle deshalb die erkrankten Kinder vom Schulbesuch ausschließen und bei der Aushebung der Wehrpflichtigen ebenfalls auf diese eminente Gefahr achten. Bie Hauptsache sei, daß man die kranken Personen sofort isoliere.
Ministerial Direktor Dr. von Bartsch entschuldigt die Ab⸗ wesenheit des Ministers, der noch durch die Einweihung der beiden neuen Garnisonkirchen verhindert sei. Die Medizinalverwaltung habe die Schritte zur energischen Bekämpfung der Granulose in ganz Ost⸗ preußen und Westpreußen eingeleitet. Schon über 7000 Erkrankungk⸗ sälle seien untersucht worden. In der Klinik in Königs⸗ berg sei eine besondere Abtheilung zur. Bekämpfung der Krankheit gebildet worden, für die Aerzte werde ein besonderer Kursus über die Betampfungsmethobe abgehalten. Allerdings stehe noch nicht fest, welche der vorhandenen Methoden die geeignetste sei. Es sei ein ganz bestimmter Feldzugsplan entworfen, und er hoffe zu Gott, daß die Unterdrückung der Krankheit gelingen werde. — .
Abg. Dr. Schnaubert (kons.) giebt eine ziffermäßige Dar⸗ stellung über die weite Verbreitung der Granulose in den einzelnen Kreisen Ostpreußens. Leider lasse sich die Bevölkerung die Maßregeln der Aerzte nur ungern gefallen, weil sie mit Umständen und Scherergien verbunden seien. Die Krankheit wirke wie ein schleichendes Gift, und es handle sich daher nicht etwa um ostpreußeische Lokal. schmerzen; denn es liege die Gefahr vor, daß die Krankheit auch auf die benachbarten Provinzen übertragen werde. Redner bittet die Regierung, nicht mit den Mitteln zu sparen, um die Krankheit wirk fam bekämpfen zu können; das Haus werde alle zweckmäßig ver wendeten Mittel gern bewilligen. .
Bei den Ausgaben zum Neubau des ersten chemischen Instituts in Berlin spricht ö .
Abg. vom Rath (nul) seine Freude über die Einstellung dieser Forderung aus, da die Einrichtungen für Chemie an der größten Üniversttaͤt unseres Landes bisher noch zurückgeblieben seien. Hoffentlich werde der Minister . den Forderungen der Lehrer der Chemie in Bezug auf Besserstellung ein willfähriges Ohr leihen. Ünsere chemische Industrie sei, dank dem innigen Zu— sammenwirken mit der chemischen Wissenschaft, die erste der Welt geworden. Möge die Regierung dafür sorgen, daß unsere chemische Wissenschaft auf ihrer Höhe erhalten bleibe.
Von den Ausgaben von 1654 009 4 zur Deckung des Defizits bei der Universitätskasse in Greifswald beantragt die Budgetkommission, 71 800 S6, welche zum Ankauf und zur Einrichtung des Marsson'schen Hauses zur Unterbringung des hygienischen Instituts verwandt werden sollen, r f eh und nur 83 300 S zu bewilligen. Das Haus beschließt diesem Antrage gemäß.
on den Ausgaben von 190 000 a zur Beschaffung eines Versuchsfeldes für das Landpwirthschaftliche In—⸗ stitut in Breslau und zur Herrichtung dieses Feldes bean⸗ tragt die Budgetkommission, 18 000 ( 3 und nur 178 000 M zu bewilligen. Das Haus beschließt demgemäß. Bei den Ausgaben für Neubauten bei der Uni— versität Kiel dankt
Abg. Groth (nl) der Regierung dafür, daß sie in diesem Jahre 245 000 S mehr für diese Bauten verwenden wolle als im vorigen. Die Zahl der Studierenden in Kiel habe seit den 70er Jahren um das Hreifache zugenommen, und es sei daher mit Freude zu be—
. daß die Regierung für die Verbesserung der medizinischen X litute Sorge trage. Aber das pathologische Institut sei noch nicht hinreichend dabei bedacht; auch das pharmakologische Institut sei noch völlig unzureichend. Die Räume der Universität selbst seien gleichfalls nicht genügend; bei der Centenarfeier sei die Aula so überfüllt gewesen, daß mehrere Personen ohnmächtig wurden. Es müsse ein neuer An bau bei der Universität geschaffen werden, wozu der Platz vorhanden sei. Redner bittet die Regierung, in den nächsten Etat Mittel dafür einzustellen.
(Schluß des Blattes)
— Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaug⸗ halts-Etat für das Etatsjahr 1897,58, zugegangen. Dieser Nach‚ trag beläuft sich auf 171 216 66, und zwar auf 71 210 46 an fort⸗ dauernden und auf 100 000 ½νς an einmaligen Ausgaben des ordent - lichen Etats. Die Mittel zur Bestreitung dieses Mehrbedarfs sollen, fowelt sie nicht durch Mebrerträge bei den außer den Matrikular⸗ beiträgen zur Reichskasse fließenden regelmäßigen Einnahmen ihre Deckung finden, durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maß gabe ihrer Bevölkerung aufgebracht werden.
Die fortdauernden Ausgaben in Höhe von 71 210 entfallen auf das Reichtamt des Innern und sollen dazu dienen, das Personal des Reichs⸗Versicherungsamts zu vermehren, das zur Bewältigung der noch in fortgeletzter Zunahme befindlichen Arbeiten nicht mehr aus. reicht. Der Gefetzentwurf sieht daher die Schaffung von Stellen für fünf ständige Mitglieder, neun Bureaubeamte, diei Kanzlei⸗Sekretäre und zwei Kanzleidiener vor. .
Die einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats in Höhe von 100 000 4 sollen in Ergẽnʒung des bereits in den Reichshaushalts⸗ Etat für 1857198 eingestellten Betrages von 30 gog (S zur Durch führung der schwebenden Vorarbeiten für die Betheiligung des Reichs an der Weltausstellung in Paris im Jahre 1900 dienen. Ins—⸗ gesammt wird zur Deckung der dadurch erwachsenen Kosten nach den vorgenommenen Schätzungen ein Betrag von fünf Millionen Mark
erforderlich sein.
— Bei der heute vorgenommenen Ersatzwahl zum Hause der Abgeordneten im 4 Lüneburger Wahl⸗ bezirk (Uelzen wurde nach amtlicher Feststellung der Ober⸗ Regierungs⸗Haih von Tzschoppe ffr. kons) mit den ab— gegebenen 147 Stimmen wiedergewählt.
Arbeiterbewegung.
n Düsseldorf befinden sich einer Mittheilung des, Vorwärts“ . 36 Tischler der Firma. Schön dorf im Ausstande.
In Nordhausen haben sämmtliche Arbeiter der Taback⸗ wagtenfabrik von Knies, 28 an Zahl, die Arbeit eingestellt. Der Augstand sst, wie aus dem Vorwärts, zu ersehen, eine Folgeerschei⸗ nung der fozialdemokratischen Maifeier.
In Torgau haben . he,, Blatt die Maurer wegen Lohnflreites die Arbeit niedergelegt, e
h h Triest meldet W. T. B.: Die Mehrzahl der Werft⸗ arbeiter in San Roco hat die Arbeit nach , Aus⸗ stande wieder aufgenommen. Die Werftdirektion hat ierauf eine einstündige Herabminderung der Arbeitszeit bewilligt.
In Tann wald in Böhmen traten, wie ferner im Vorwärts“ berichtet wird, 400 Web er der Majer'schen Fabrik am 3. Mai wegen Lohnstreits in den Ausstand. ;
e In Trebitsch in Mähren haben 800 Arbeiter der Lob= gerbereien am 4. d. M. die Arbeit wegen Lohnstreits niedergelegt.
Mannigfaltiges.
In Gegenwart Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Maje stäten wurden heute die beiden neuen Garnisonkirchen in der Hasenhaide feierlich eingeweiht. .
Um 3 Uhr schlugen zum ersten Mal die GlockAen der evangelischen Garnisonkirche auf dem Kaiser Friedrich ˖ Platz an, um die Festgemeinde zusammenzurufen. Kurz nach 983 Uhr erfolgte der Anmarsch der von dem Kaiser Franz Garde⸗Grenadier · Regiment gestellten Ehrenkompagnie, welche die Fahnen und Standarten aus dem Schloffe abgeholt hatte. Die Fahnen wurden unter den Klängen des Präsentiermarsches in die Kirche eingebracht, wo die Fahnenträger sich zu beiden Seiten des Altars ausstellten; die Ehren⸗ kompagnie nahm mit dem Musikkorps und der Fahne des Regiments gegenüber dem Hauptportal Aufstellung. Inzwischen . sich die Festgemeinde. Es erschienen Ihre Königlichen , . der Prinz und die Prinzessin Friedrich Leopold die im Garde⸗
orps dienenden Prinzen aus regierenden deutschen Häusern, der General ⸗Feldmarschall Graf von Blumenthal, der Chef. des Militär ⸗ Kabinets General von . der Kriegs. Minister General Lieute⸗ nant von Goßler, der Gouverneur von Berlin Graf von Wedel die Generale von Rauch und von Mischke, und viele andere hohe Offi⸗ ziere, der Chef des Zivilkabinets, Wirkliche Geheime Rath Dr. von Lucanus, der Chef des Marinekabinets, Kontre⸗Admiral Freiherr von Senden! Bibran, der Ober Hofmarschall Graf zu Eulenburg, der Ober Stallmeister Graf von Wedel und der Ober⸗Hof⸗ meister Ihrer Majestät Freiherr von Mirbach. Auch der General / Stabsarzt der Armee Dr. von Coler war zugegen. Das Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten vertrat, der Staats Minister D. Dr. . persönlich, die Militär Bauverwaltung wurde durch den Geheimen Baurath Voigtel, die Stadt Berlin durch den Ober⸗Börgermeister Zelle repräsentiert. Auch der Reichstag hatte Vertreter entsandt. Die zehn Truppentheile, für welche die neue Kirche bestimmt ist: das Kaiser Franz Garde ⸗Grenadier⸗Regiment, das 5. Garde Regiment z. F., das, Garde. Kürassier Regiment, die beiden Garde. Dragoner ⸗ Regimenter, das Garde Pionier⸗ Bataillon, die drei Eisenbahn⸗ Regimenter mit der Luft⸗ schiffer⸗Abtheilung und der Garde⸗Train hatten Abordnungen zu der Feier ommandiert. Ihre Kaiserlichen und Königlichen Maje⸗ kstäten begaben Sich vom Schlosse aus in offenem, von einer Eskadron der Garde Kürassiere eskortierten Wagen nach dem Kirch platz. Seine Majestät der Kaiser hatte die Uniform des Kaiser Franz Garde Grenadier⸗Regiments angelegt. Seine Majestät schritt zuerst die Front der Ehrenkompagnie ab und kehrte dann nach dem Kirchenporkal zurück, um die dort versammelten Prinzen zu begrüßen. Runmehr überreichte Baurath Roßteuscher den Schlüssel der Kirche Seiner Majestät dem Kaiser, Allerhöchstwelcher ihn dem Feldpropst B. Richter weitergab, um das Gotteshaus zu öffnen. In dem Augen⸗ blick, als Ihre Kaiferlichen und Königlichen Majestäten die Kirche betraten, intonierte der aus Sängern der Garnison⸗Kirche und der Kirche am Johannistisch gebildete Chor den 100. Psalm von Men⸗ delsfohn. Inzwischen war der Feldpropst an den Altar getreten, um den Akt der Weihe zu vollziehen. Er knüpfte an Ephes. 2, 19-22: So feid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den , und Gottes Hausgenossen an und sprach den ank dafür aus, daß die Gemeinde nach langer Zeit, in der 6 Gast gewesen, nunmehr ein eigenes Gottes⸗ haut, und zwar ein so schönes, durch die Liebe und Opferwilligkeit so Vieler aus hohem und niedrigem Stande herrlich geschmücktes erhalten habe. Er fügte daran die Mahnung, daß die Gemelnde nun auch selbst sich dadurch zu einem Gotteshaus aufbaue, daß ein Jeder an seinem Theile mit dem rechten Geist sich durchdringe und ein lebendiger Baustein werde. Der Geistliche verwies endlich noch auf das in die von Seiner Majestät dem Kaiser geschenkte Altarbibel eingeschriebene Wort aus Jerem. 7, 23: „Gehorchet meinem Wort, so will ich euer Gott fein und ihr sollt mein Volk sein“', und vollzog alsdann die Zeremonien der Weihe. Der von, den Trompetern der Garde⸗ Kürässiere begleitete Choral „O heiliger Geist' leitete zu der vom Divisions. Pfarrer Franke abgehaltenen Liturgie über, an deren Schluß die Festgemeinde den ersten Vers des Latherliedes sang. Hierauf folgte die Festpredigt des Divisions⸗Pfarrers Wiehe über das von Seiner Majestät dem Kaiser in die Kanzelbibel eingeschriebene Wort aus Joh. 15, H: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; wer in mir bleibet, und ich in ihm, der bringet viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts thun.“ In be⸗ wegten Worten pries der Geistliche Jesum Christum als unsere Kraft und als unfere Hoffnung: „als unsere Kraft, wenn wir an ihn glauben in jener Heilandsliebe, die der Boden ist, auf. dem alle echten Soldatentugenden wachsen können, und die uns die Nächstenliebe lehrt: das einzig richtige Fundament, auf dem das Wohl des Volketäz gebaut werden kann, — und unsere Hoffnung im Hin- blick auf die Cwigkeit!. Mit Segenswünschen und Worten der Mahnung schloß der Geistliche. Die Gemeinde sang danach den vierten Vers, des Lutherliedes: ‚Das Wort, sie sollen lassen stahn“. Militär ⸗Oberpfarrer Wölfing sprach Gebet und Segen; dann beschloß der unter dem Geläut der Glocken und 21 Salutschüssen der Artillerie 5 Gemeinde stehend gesungene Choral: „Nun danket Alle Gott“ die Feier.
Während Seine Majestät der Kaiser die Kirche besichtigte, erfolgte die Ueberführung der Fahnen nach der benachbarten neuen katholi⸗ schen Garnifon-Kirche, wo die Fahnenträger vor dem Altar Aufstellung nahmen. Vor dieser Kirche war eine Ehren . Eskadron des 2. Garde Dragoner Regiments zu Fuß) mit dem Trompeter⸗ korps und der Standarte aufgestellt. Um 108 Uhr hatten hier die Glocken zu läuten begonnen. Der Feldpropst Bischof Aßmann, welcher die Kirche am Morgen unter Assistenz mehrerer Geistlichen nach katholischem Ritus konsekriert hatte, empfing mit der Geistlich keit Ihre Majestäten und die Chrengäste, die sich Allerhöchstdenselben angeschlossen hatten. Den Schlüssel überreichte hier der Bau⸗ rath Vetter Seiner Masjestät dem Kaiser, Allerhöchst⸗ welcher daz Gotteshaus durch den Propst. aufschließen ließ. Dann erfolgte der feierliche Einzug in das Gottes haus. Währenddesfen spielte die Kapelle des ersten Eisenbahn; Regiments die Beethoven'sche Hymne „Die Himmel xühmen /). Nachdem Ihre Kaiserlichen Majestäten und die Ghrengãste Platz genommen hatten, hielt Feldpropst Aßmann die Weihrede, in der er auf das Friedensfest hinwiegz, daß man hier an der Anbetungsstätte für den Herrn der Heerschaaren feiern könne, nachdem das Werk des Baues so herrlich gelungen. Er gab der vollen , beredten Ausdruck, mahnte aber, immer zu bedenken, daß der Mensch wohl in der Welt, aber nicht für die Welt lebe, und hier finden solle eine Zufluchtsftätte in den Stürmen des Lebens, eine Pflanzstätte für den Glauben, für die Vaterlandsliebe und die Treue zum an⸗— gestammten Herrscherhause, Kraft für den Kampf gegen Un⸗ glauben, gegen Unzufriedenheit und Auflehnung gegen die Obrigkeit. Rachdem er nochmals gemahnt hatte, Gott und dem Herrscher⸗= haufe Treue und Liebe zu bewahren, schloß er mit dem Wunsche, daß das Gotteshaus ein Denkmal christlichen Glaubens sein und bleiben möge. An die Ansprache schloß sich ein Pontifikal. Amt, dessen Ge⸗ sänge nach der Missa Gregori vom Oberpfarrer Vollmer eingerichtet, während das Credo nach alten mailändischen Melodien arrangiert war. Der Chor wurde vom Mustkdirektor Pritze geleitet. Mit dem Ambrosiani⸗ schen Lobgesang schloß die Feier. Wahrend des sich anschließenden Rund⸗
angs spielte der Dlrigent des Akademischen Gesangvereins der doch⸗ chule für die bildenden Künste Holtschneider auf der Orgel eine i . Fuge. Seine Majestät der Kaiser nahm hierauf vor der Kirche die Parade über die Ghren⸗Kompagnie, die Ehren ˖ Eskadron,