1897 / 112 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 May 1897 18:00:01 GMT) scan diff

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Aus Neustadt a. H. wird der Frkf. Itg.“ unter dem 10. d. M. eschrieben: Der Ma urerau sstand, der vor etlichen Tagen in ever ausgebrochen ist (egl. Nr. 104 d. ln scheint sich nach und nach weiter ausdehnen zu wollen. Seit beute ist auch ein Theil der Maurer Neustadts ausständig und, wie man hört, soll auch in den übrigen pfälzischen Städten eine i . unter den Maurern bemerklich sein. Die Forderungen der Arbeiter richten sich durchweg auf die Einführung der zebnstündigen Arbeitszeit, welche von den Unternehmern abgelehnt wird.

Aus Mailand wird demselben Blatte gemeldet: In Land- bezirk von Frem ona stellten die Landarbeiter und Koloniften die Arbeit ein. Die Bewegung dehnt sich rasch aus. Mehrere Dörfer wurden militärisch besetzt, obgleich bisher keine Unruhen eintraten.

In Lyon haben, wie im Vorwärts“ mitgetheilt wird, sämmt⸗ liche Maurer wegen Lohnstreits die Arbeit eingestellt.

In Marseille sollen die Kupfer schmiede, 400 an der Zahl, ausständig sein.

stunst und Wissenschaft.

Kunstgeschichtliche Einzeldarstellun gen“, von Pro⸗ fessor Pr. Adolph Philippi. Nr. 1 bis b; „Die Kunst der Renaisfance in Ftalien. Erstes Buch: „Die Vor⸗ renaiffance.“ Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. 6 eleg. kart. 2 In diesem Werke wird eine im besten Sinne populäre Darstellung der Entwickelung der Renaissancekunst in Italien unternommen. Der Verfasser schildert, aus dem reichen Born der Kunst. Wiffenschaft schöpfend, das spontane Erblühen der selbstãndigen Kunstübung in den einzelnen Landstrichen Italiens, soweit sie für den Gegenstand in Frage kommen. Indem er das Wirken der führenden Geister darstellt, unterläßt er nicht, den Ein⸗ flüssen unpersönlicher Art, denen sie ausgesetzt waren, Rech⸗ nung ju fragen; er berücksichtigt die Eigenthümlichkeiten der Landschaften, die Einflüsse der Gesellschaft, in der sich die großen Künstler der Renasssance bewegen, und sucht so die pragmatische Art der kunstgeschichtlichen Darstellung zu vertiefen. Der Verfasser ver meidet zu viele Namen und Einzelheiten, giebt aber die Bahn der Sterne erster Größe am Kunsthimmel Italiens möglichst klar und bestimmt an. Hiermit wird besonders denjenigen Lesern gedient sein, die einen allgemeinen Ueberblick über das Ganze gewinnen wollen, ohne sich durch alle Einzelheiten hindurcharbeiten zu müssen. Das Werk i, in fünf einzeln käuflichen Abtheilungen, die je 2 bis JZ M kosten. Der vorliegende erste TheiUl handelt von den Künstlern der Vorrenaissance Zeit, den Bildhauern pon Pisa und den Malern Giotto und Fiesole. Die Ausstattung ist gefällig, die Illustration (565 Abbildungen) reich und gut. Ansführliche Prospekte werden auf Verlangen von der Verlagsbuchhandlung persandt.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Rußland.

Nachrichten aus Nikolajew zufolge, läßt der Stand der Saaten in dem füdlichen Cherfoner und Jekaterinoslawschen Gouvernement zu wünschen übrig. Regen ist dringend erwünscht. In Bessarabien werden bereits ernste Befürchtungen laut. In dem Poltawaschen und Kiewschen Gouvernement sind die Aussichten besser, doch verlangt man auch dort nach Regen.

Saatenstand im nördlichen Bul garien.

Die Saaten sind gut durch den Winter gekommen. Die seit Anfang April anhaltende kühle Witterung hat das Wachsthum und die kräftige Entwickelung der Wintersaaten sowie das gute Ansetzen des Sommergetreides wesentlich gefördert, sodaß der Stand der Felder zur Zeit als sehr gut bezeichnet werden kann.

Theater und Mußfik.

Theater des Westens.

Herr August Jun kermann, der treffliche Darsteller Reuter⸗ scher Bestalten, fetzte gestern sein Gastspiel mit großem Erfolg fort. Er spielte in der dramatischen Idylle Hanne Nute“ den Pastor lebendig und mit Gemüth, sodaß die heiteren und wehmüthigen Seiten des Seelenlebens des alten Geistlichen ihre volle Wirkung auf die Hörer und Zuschauer ausübten. Der kleine Schwank, den sich der Darsteller aus dem bekannten Reuter'schen Ge⸗ dicht Jochen Päsel, wat büst Du rvör'n Esel“ geschaffen

bat, versetzte die Zuschauer in die heiterste Laune. In der That kann der Offiztẽrsbursche, den Junkermann hier verkörpert, in der äußeren Erscheinung und im Wesen als ein Muster von komischer Naivetät gelten. In der dramasssierten Episode Müller Voß aus Ut de Franzosentid stellte Junkermann eine lebenswahre, olle Bauern gestalt auf die Bühne, mit der er seine für die Charakte⸗

ristit von Volksiypen wieder nach einer anderen Richtung hin zeigte.

Im Königlichen QOvernhause geht morgen zum 41. Mal Carl Goldmarl's Over: Das Heimchen am Herd“ unter Kapell⸗ meister Dr. Mucks Leitung in Scene. Die Besetzung ist folgende: Dot: Frau Herzog; May: Fräulein Weitz; Plummer: Herr Philipp; Tackleton: Herr Krolop; eg, Frãulein Rothauser. Als Jobn gastiert zum ersten Male Derr Bachmann vom Stadt⸗Theater in Nürnberg. Die am Sonnabend neueinstudiert jum 70. Male in Scene gebende Oper Aida ift folgendermaßen befetzt: König: Herr Krolop; Amneris: Fr. Götze; Aida; Frãulein Hiedler; Radames: Herr Sylva; Ramphis: Herr Moͤdlinger; Amonasro: 6 Hoffmann. Kapellmeister Sucher dirigiert. Das Werk ist in Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. die dekoratixe Einrichtung vom SOber⸗Inspektor Brandt besorgt. Die letzte Aufführung fand am 6. Oltober 1892 statt.

Im Königlichen Schauspielbause wird morgen Shake⸗ . . Drama „Coriolanꝰ mit Herrn Malkowsky in der Titelrolle gegeben. ;

Im Deutschen Thegter ist eine Neuaufführung von Schiser's Räubern‘ auf nächsten Dienstag, den 18. Mai, festgeseßt. Außer Herrn Leffler vom Stadt-⸗Theater in Bremen und Josef Kainz wirken darin noch mit Fräulein Annie Trenner sowie die Herren Paul Biensfeldt, Hanns Fischer, ö Gregori, Emil Marx., Ludwig Menzef, Hermann Müller, Hermann Nissen, Max Reinhardt, Rudolf Rittner, Guido Tielscher, Richard Vallentin. .

Ludwig Fulda's Lustspiel Fräulein Wittwe“ kommt in aller⸗ nächster Zeit am Schiller ⸗Theater zur Aufführung.

Jagd.

Zusam men stellung des im Bezirk des Königlich preußischen Hof-Jagd⸗ amts in der Jagdsaison jss6 / 7 erlegten Wildes und Raubzeuges.

A. Auf Hofjagden wurden erlegt; am 3. November 1896 im Grunewald bel der Parforce⸗Jagd (St. Hubertus) I grobe Sau; am I3. und 14. November in der Kolbitz⸗Letzlinger Heide bei drei Lapp— jagen mit Kammern und Laufstellung auf Damwild, einer Suche mit der Findermeute auf Sauen im . Distrikt 151 Schaufler, 412 Spießer und Wild, 202 grobe Sauen; am 4. und 5. Dezember im Saupark bei Springe bei zwei Suchen mit der Findermeute auf Sauen im abgestellten Bist t und einem abgestellten Jagen auf Damwild und Sauen 14 Schaufler, 31 Spießer und Wild, 239 grobe, 107 geringe Sauen; am 11. Dezember im Grunewald bei einem eingestellten Fagen auf Damwild 71 Schaufler, 244 Spießer und Wild; am 5. Januar 18977 im Enten ig bei drei Standtreiben auf Fasanen 408 Fasanen, 3 Hasen, 8 Stück verschiedenes Wild; am 15 Januar in den Feldmarken Britz, Buckow. Groß⸗Ziethen bei zwei Standtreiben auf Hasen, in denen Seine Majestäͤt streiften, 817 Hasen.

B. Auf Hof⸗Jagdamts- Jagden wurden erlegt: am 98. Ja⸗ nuar 1897 in Kiekebusch und Rotzis bei vier Kesseltreiben und einem Standtreiben 307 Hasen; am 12 Jannar auf den Feldmarken Lankwitz und Mariendorf bei drei Kesseltreiben und einem Standtreiben 52 Hasen und 1 Fuchs; am 13. Januar auf der Feldmark Bornim bei sechs Standtreiben 187 Hasen. ;

C. Auf der Pürfche, Suche, Parforce- und kleinen Treibjagden sowie durch Fang: in der Schorfhaide, im Grune⸗ wald, bei Potsdam und Falkenhagen: 71 Hirsche, 24 Rothwild⸗ Spießer und Wild, 106 Schaufler, 469 Damwild Spießer und Wild, 6 grobe, S geringe Sauen, 1160 Rehe, 1 Fasan, 70l Hasen, 223 Rebhühner, 63 iner und Cormorane, 122 Füchse, 20 Marder, 11 Iltisse, 1 Wiesel, 23 Raubvögel; in der Kolbitz⸗Letzlinger Heide: 5 Hirsche, 10 Rothwilr⸗Spießer und Wild, 65 Schaufler, 118 Dam⸗ wild⸗ Spießer und Wild, 19 Rehe, 6 Hasen, 20 Reiher und Cormo⸗ rane, 10 Füchse, 5 Marder, 2 Iltisse, 4 Wiesel, 20 Raubpöngel; in der Göhrde, im Saupark bei Springe, im Thiergarten bei Kirchrode: 11 Hirsche, 25 Rothwild⸗Spießer und ⸗Wild, 10 Schaufler, 35 Dam⸗ wild. Srießer und Wild. 42 grobe, 48 geringe Sauen, 5 Rehe, 12 Hafen, 23 Reiher und Cormorane, 5 Marder, 3 Altisse, 2. Wiesel, I9 Raubvögel; im Hammer ⸗Königs⸗Wusterhausener Gehege: 1 Hirsch,

Rehe. 113 e, 4 Iltisse, 37 Wiesel, 4 Raub.

; . 7

474 Raubvögel; im Feldjagdgehege bei Cassel: 5 Rebe,

3 Fasanen, 17 Hasen. 65 Rebbühner, 18 Füchse 2 Marder, 3 Iltisse,

14 Wiesel, 33 Raubbögel. Ferner wurden auf den unter C ange—

führten Jagdgebieten erlegt 393 Gänse, Enten, Schnepfen ꝛc. und 1529 Stück Verschiedenes, Krähen ꝛc.

. wurden 2 96 Hirsche, 317 Rothwild. Spießer und Wild, 419 Schaufler 13539 Damwild⸗ Spießer und Wild, 523 86 Sauen, 163 geringe Sauen, 217 Rehe, 689 Fasanen, 3106 Hasen,

O66 Rebhühner, 147 Reiher und Cormorane, 383 Gänse, Enten,

Schnepfen 26, 218 Füchse, 63 Marder, 135 Iltisse, 154 Wiesel,

k— und 1537 Stück Verschiedenes, mithin im Ganzen 248 Stück.

Mannigfaltiges.

Die Gartenbau⸗Aus stellung im Treptower Park hat gestern Abend ihre Pforten geschlossen. An den letzten Tagen, an denen der Eintrittspreis 50 8 betrug, war der Besuch trotz des regnerischen Wetters noch ein verhältnißmäßig guter. Die Besucherzahl schwankte zwischen 3. und 5009. Heute wird mit den Aufrãumungsarbeiten be⸗ gonnen. Die anläßlich der Ausstellung verlängerten Linien der elektrischen und der Pferde Bahn werden von heute ab wieder auf ihre frühere Fahrtgrenze verkürzt.

Die Erhebung der Stempelgebühren erfolgt in den ver— schiedenen Kulturstaaten durch Verwendung von Werthzeichen in der Art, daß die den Steuerbetrag darstellenden Marken auf die Urkunde geklebt und entsprechend entwerthet werden. Eine Wieder vemrwendung kassierter, von wertblos gewordenen Urkunden abgelöster

Marken ist möglich, wenn es gelingt, den fehlenden Theil der auf das

Papier der Urkunde hinübergreifenden Entwerthungsstempel oder Vermerke auf den neuen Urkunden wieder zu ergänzen. Die Gefahr der Wiederverwendung ist eine um so größere, als dieselbe leicht gus⸗ geführt werden kann und bei bohen Werthbeträgen auch verlockend und lohnend erscheint. Den Bemühungen des Kontroleurs des hiesizen Haupt Stempel Magazins Thielemann (8. Gneisenaustr. 55) ift es nun gelungen, durch ein einfaches und sinnreiches Verfahren die Wiederverwendung vorschriftsmäßig verwendeter Stempel. marken unmöglich zu machen. Das neue Verfahren sichert nicht allein die Einnahmen an Stempelgebühren, sondern es eignet sich auch für das Publikum zur Selbstkassierung von Uikunden aller Art, die namenklich für die Veisteuerung von Quittungen ꝛc. erwünscht erscheint. Die Einführung des Verfahrens ermöglicht übrigens die Beibehaltung der seitter benutzten. Original ⸗Druckstempel, ver ursacht somit keine wesentlichen Unkosten, Die Details des Ver, fabrens werden von dem Erfinder desselben den Betheiligten auf Wunsch direkt mitgetheilt.

Hamburg, 12. Mai. Die Bürgerschaft berieth heute die zu erlassende neue Radfahrer⸗Ordnung und genehmigte mit 65 gegen 58 Stimmen im Prinziv den Nummernzwang. Es wurde sodann ein Ausschuß von 3 Mitgliedern mit der weiteren Ausarbei— tung der Vorlage beauftragt.

Wien, 12. Mai. Aus Ober ⸗Oesterreich, Steiermark, Kärnten und Tirol werden starke Schneefälle und Be— schädigungen der Saaten und Obsibäume gemeldet.

Paris, 13. Mai. Aus Bordeaux, Montlugon und Macsn wird star ker Frost gemeldet, welcher in den Wein⸗ gärten sehr großen Schaden anrichtete.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

icht vom 13. Mai, r Morgens.

cd J. * * 8 * *

Wind. Wetter.

Stationen.

Bar. auf H Gr. . u. d. Meeressp. red. in Millim.

in 0 Celsius 50 C. 40 R.

Temperatur

Regisseur Tetzlaff. Inspektor Brandt. Anfang 74 Uhr. Schauspielhaus. Abonnement B.

WSW 2bedeckt NNW bedeckt 2 bedeckt 2 bedeckt 4 bedeckt Regen 2 wolkenlos 1 wollenleot

Bel mullet .. Aberdeen. Christiansund N Kopenhagen. 7 OMD Stockholm. 757 NW ,.. . NO t. Petersbg. OSO Moskau... ONO Cork,. Queens . H ö heiter Gherbourg. alb bed. . 5 3 halb bed. 1 imburg .. winemünde Neufahrwasser Memel ...

i k tünster ... Karlsruhe.. Wiesbaden. München.. Chemnitz.. Berlin... 1 Breslau ... le dAix .. itzia .... volkig K bedeckt

Uebersicht der Witterung.

Auch heute zeigt die Wetterlage wenig Aenderung. Das Hochdruckgebiet, dessen Kern westlich von Irland liegt, hat sich ostwärts über Deutschland hinaus ausgebreitet, barometrische Minima liegen über

häuser in Scene

Brandt. Anfang einstudiert: Aida. Bühne bearbeitet

bedeckt heiter bedeckt bedeckt heiter bedeckt heiter wolkig wolkig wolkenlos

halb bed.

Glocke. Anfang

O 1 0 2 Q O O D O

S 0 Q Q & & R , Q M . . O . .

In Deutschland ist das Wetter bei schwacher Dperette in 3 Alten don

Zuftbewegulng kühl und trübe, nur in dem Streifen Sidney Jones.

. . t heitere Witt ö Julius Freund. (Ferenezy˖ Ensemble.) Anfang 75 Uhr. 1 . Sonnabend. Die Geisha. (Ferenczn - Ensemble.) G. Zeller. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Gastfriel des Frãuleins Annie Dicker g.

ist Niederschlag gefallen, 20 em zu Königsberg; im zentralen Deutschland fanden Gewitter statt. Deutsche Seewarte.

Sonntag: Die

Königliche Schanspiele. baus. 118. Vorstellung. Das Heimchen am Bderd. Dper in 3 Abtheilungen (frei nach Dickens' gleich= namiger Erzählung) von A. M. Willner. Mustk 74 Uhr. von Carl Goldmark. In Scene gesetzt vom Ober— Dekorative Einrichtung vom Ober. Vorher: Der neue Ganymed.

8e, . . ö. 5 r . . ö Shakespeare, übersetzt von Schlegel und Tieck. ten Nach der Bühneneinrichtung von Wilhelm Dechel⸗ P. Potter, dutch don Emgnuel Lederer.

geset vom Ober Regisseur Max Seen? gefetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang

Grube. Dekorative Einrichtung vom Ober⸗Inspektor 76 Ubr. Sonnabend: Opernhaus. 119. Vorstellung. Neu Tert von Antonio Ghislanzoni, für die deutsche

Paul Taglioni. Anfang 75 Uhr. ;

Schaufhielhaus. 159. Vorstellung. Viel Lärmen Der G wissens wurm, um Nichts. Lustspiel in 5 Aufzuͤgen von William Shakespeare, übersetzt vsn August Wilhelm von Schlegel und Ludwig Tieck. Anf

Sonnabend: Freiwild. Sonntag, Nachmittags 25 Uhr: Abends 77 Uhr: Die versunkene Glocke.

Berliner Theater. Freitag (65. Abonnements. Vorstellung): Krieg im Frieden. Anfang 75 Uhr. en Male? Unser Toctor.

. . 3 Sonntag. ĩ 3 Uhr: Bei halben Preisen: Sonntag, Nachmittag 7 Uhr: Die Brüder,⸗ = tan Nachmittags 3 Abende 73 Uhr: Renaissanee. Maria Stuart. Abends 77 Uhr: Unser

Sonnabend: Renaissance.

Lessing Thenter. Freitag: Die Geisha, den! bänischen Infeln und dem Rigaischen Busen. Eder: Eine jgnanische Theehaus-Geschichte. Direktien: Julius R

Theater.

Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck.

129. Vorstellung. 19. Vorstellung.

Sonder⸗

Coriolan. Nenes Theater.

76 Uhr. Sonnabend: Trilby.

Oper in 4 Äkfsen von . Verdi. Marcelle.

Schiller · Theater.

von Julius Schanz. Ballet von

ang 74 Uhr.

76 Uhr.

Doctor.

Geisha. (Ferenez⸗Ensemble.) k Der Vogelhändler.

Residenz ˖ Theater. Direttion: Sigmund Lauten burg. Freitag: Vaterfreuden. Freitag: Opern 3 Akten bon P. Hirschberger und G. Klitscher. Vorher: Der neue Ganymed. (Café Lefort.) Schwank in 1 Akt von Bolten⸗Bäkers.

Sonnabend und folgende Tage: Vaterfreuden. Freitag: Diittletztes Gastspiel der

Schiff auerdamm 4 a. / 5.

Direktion: Sigmund Lautenburg. Freitag: Trilby. Koꝛrachy⸗Karczag und des Herrn Bauberger. Die Schauspiel in 4 Akten nach George Maurier und . v !

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zu halben Preisen:

Freitag, Abends 8 Uhr:

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der Bureaukrat.

J Theater des Weslens. Kantstraße 12. (Bahn. Geb orten: e Freitag: s hof Zoologischer Garten.) Freitag: Gastspiel des

euisches Thenter ,,,, Königlich württembergischen Hofschauspielers Herrn August Junkermann. Hanne Nüte s Abschied. Hamlet. Hierauf: Müller Voß. Zum Schluß: Jochen ; . ; Päsel, wat büst Du vorn Esel. Ankang 77 Uhr. Gestorben: Fr Superintendent Luise Seidenstũcker, Sonnabend, Nachmittags 35 Uhr: Kinder⸗Vor⸗ stellung. Hänsel und Gretel. Abends 7 Uhr: ; Gaftfpiel des Herrn August Junkermann, des Herrn Rath Wilhelm Franz Guthery und Fräulein Martha Glück. Zum

Theater Unter den Linden. Bebrenstr. S / g. sche. Freitag: Gastspiel Owen Hall. Musik von deg Fräuleins Annie Dirkens vom Theater an der Deutsch von C. . Roehr und * in Wien. Der Vogelhändler. Operetie Dru der Nerddeutschen Buchdruckerei und Verlaat⸗

in 3 Akten von M. Weft und L. Held. Musik von

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bei halben Preisen:

Schwank in Ter Bettelstudent.

Thalia Theater (vorm. Adolph Srnst · Theater Dresdenerstraße 72373. Direktion: W. Hasemann. . rau Julie Kopaczy⸗Karczag und zweites Gastspiel des Herrn Oscar Bauberger. Letzte Woche. Die schöne Helena. Operette in 3 Akten von J. Offenbach. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Vorletztes Gastspiel der Frau Julie

Anfang

Montag: Frau Lieutenant.

Familien ⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Frida Lucks mit Hrn. Gutsbestzer und Prem = Lieuf. d. S. Arthur Henninges (Kulm Trebisfelde).

Verehelicht: Fürstl. Lipp. Brunnenarzt Dr. Georg Edler von Hoffmann mit Frl. Helene von Natz mer (Görlitz).

Eine Tochter: Hrn. Divisions⸗

Auditeur Schramm. (Bresden)t. Hrn. Re—⸗

gierungs⸗Assessor Scherer (Münster i. 2

W.. Hrn. Professor Dr. Wilhelm Neumann (Bret lau). Hrn. Rentmeister Heyne (Koseh.

geb. Weber (Westeregeln) Hr. Pfarrer m. Gustav Spendelin 9 otsdam). Hr. .

ablfs (Wennigsen)].— . Kanjlei⸗ Rath und Geheimer Registrator 56 Dedow (Berlin). Hr. Geheimer Kriegsrat a. D. Carl Weppler (Berlin).

mn.

Verantwortlicher Redakteur: Siemen roth in Berlin.

Verlag der Gpedition (Scholz) in Berlin

Anstalt Berlin Sy, Wühelmftraße Nr. 32. Sechs Beilagen leinschließ lich Boͤrsen · Beilage).

M 1H2.

Erste Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger

Berlin, Donnerstag, den 13. Mai

Berichte von deutschen Fruchtmãrkten.

Qualitãt

gering mittel gut

Ver⸗

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

nie⸗ drigster

6

höch⸗ / nie⸗ ster drigster

.

böch⸗ nie⸗ ster drigster

16

1

16

Durch⸗ schnitts⸗

preis fũr

1Doppel⸗ zentner

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nach über⸗ schlãglicher Schãͤtzung verkauft Doppel⸗ zentner

(Preis

unbekannt)

Am vorigen Markttage

Stargard. Limburg a. X. . Dinkelsbühl . Schweinfurt. Braunschweig

Breslau Neuß

Insterburg

Stargard. wN Bromberg . ö. imburg a. L. ld Dinkelsbühl, . Schweinfurt. Braunschweig.

Breslau Neuß

* 85 a na n aa n nan, an 8

ö 727272

Insterburg Elbing. k Paderborn. imburg a. L. Dinkelsbühl, . Schweinfurt. Breslau

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Insterburg. Elbing .

targard. ö Bromberg .

aderborn.. imburg a. L. J, Dinkelsbühl . Schweinfurt. Braunschweig Breslau Neuß

9 9 9 9 9 9 9 9 9 *

831

schnütspreis wird aus den unabgerundeten Zah) Ein liegender Strich —) in den S

Frankfurt a. O..

Frankfurt a. S. .

rankfurt a. 8

186 830

15, 80 1700 15,90 1350 19550 151,80

11,80 11566 lo .

1550

10, S0 14,20 13, 25 11,550 11,20 10,80

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* 8 8 82 S O O

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1757 13

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12,00

14.50 1280 12530

1258 1519 1450 1480 1330 130 1350 1320 13 i 1s

15,40 1600 18,09 16,30 17,10 16.15 1400 16,20 16,30

Roggen.

11,00 11 3836 11.336 1055 11566

13,40 11,30 14,50 13,70 11,B70 11.50 . 11,30

Ge 183,90 5, 14 12,40 / 14 00

15 30 1660 15,10 13500 B56

H af 104,00 1210 14969 14.50 16, 20 13, 00 13,20 12,50 12,0 12,80 1352 11,80

15,40 15,60 13,75 14,00 13,20 13,70 13, O0 13,40 180

Weizen.

15,40 1600 18,42 16, 8(0 17.29 16,15 1400 1650 16,80

11,090 11,90 11.80 10,95 11,00

13,651 11,80 14,50 13,70 11,70 11,70 11,80

st e.

13,90 14,29 12,40 14,00

16, 40 15.10 1446

e r.

14,00 14,00 16,20 13,20

12730 13 0

1280 165, 16 14.06 13376 1356 123.30

Bemerkungen. Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufwerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durch⸗

ahlen berechnet. palten fär Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein

Punkt (. in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

14,00 12,80

1280 17.46

13520 13 34 12656 165.5

1270

& 8

do = S8 ,, , o. ,,

12.5.

Deutscher Reichstag.

221. Sitzung vom 12. Mai 1897, 2 Uhr.

nung steht der Antrag der Sozial⸗ 95, N, 99 und 101 des Strafgesetz⸗ ie Majestätsbeleidigungen betreffen,

Auf der Tagesord demokraten, die 88

buchs, welche aufzuheben.

Vor dem Beginn der Berathung bemerkt

Abg. Singer (Soz.):

Mir ist die Mittheilung geworden, daß Ich nehme an,

auf den Tribünen Kriminalpolizisten anwesend sind.

daß sie nur als Zuhörer erschienen sind. Veranlassung nehmen, das Publikum auf den Tribünen zu warnen, solche Aeußerungen zu thun, welche vielleicht zu Denunziationen Ver⸗ anlassung geben könnten. räsident Freiherr von Buol: Das Publikum auf den Tribünen bat. ich jeder Aeußerung zu enthalten, sonst würden bei der geringsten törung die Tribünen unnachsichtlich geräumt werden.

Zur Begründung erhält das Wort

Abg. Bebel (Soz.): Es liegt hier zum ersten Mal ein Antrag auf Milderung des Strafgesetzhuchs vor. tung nur dann herangehen will, wenn die betreffenden Vergehen nicht mehr vorkommen, dann muß unser Antrag abgelehnt werden, denn die Zahl der Bestrafungen wegen Majestätsbeleidigung vermehtt sich. Die Verurtheilungen betrugen 1890 50 Jahren auf 524, 26, 59g3, 622, und erst 1895 ist eine Verringerung eingetreten. Zur Zeit Luther's bestand kein Majestätsbeleidigungt⸗ DVaragraph. Auch Friedrich der Große wollte von Majestãts beleidigungen nichts wissen. Die größte Zahl der Majestätsbeleidigungs⸗Prozesse wäre niemals angestrengt worden, wenn sie nicht durch Denunziationen an⸗ geregt wären, die auf der niedrigsten Rachsucht beruhten. Als 1878 nach enunziationen einen hohen Grad er— reichte, sprach sogar der Minister Graf zu Eulenburg sich dagegen aus und meinte, man hätte solche Aeußerungen gleich selbst strafen ollen. Redner führt einzelne Fälle an, in denen die Denunziation von den eigenen Verwandten der Angeklagten gusgegangen sei, und fährt dann fort: Richt bloß die Beleidigung, sondern auch die Ehr⸗ verletzung eines Fürsten wird als Majestäts verbrechen angesehen; man * sogar eine indirekte Majestätsbeleidigung erfunden. Durch die

nwendung des dolus eventualis werden Majestätsbeleidigungen obgleich die größten juristischen Auto—⸗ iderspruch es solche

h Der Ober ⸗Staatganwalt Drescher wo assungen, daß eine Nebenregierung bestehe, als Majestätsbeleidigung auffassen. Solche Vorkommniffe lassen 36.

dem Attentat die Sucht nach

bewiesen und 1. 5 rofessor von zt,

täten, wie z. B. Urtheile erheben.

erscheinen. Auch das Sitzenblelben beim a wurde als Mar t. eich aufgefaßt. ö.

Ich möchte aber daraus

Wenn man an eine Milde⸗

8, sie stiegen in den folgenden

Alles uf einen e , Die Ursache zu zahlreichen

te die Aus⸗ laubhaft

Majestätsbeleidigungen ist die Provokation dazu, die durch Angriffe

gegen Parteien und Personen hervorgerufen wird.

Die beleidigenden

Angriffe richten sich gegen meine Partei insbesondere, aber auch gegen andere Parteien und Bevölkerungeschichten, ja gegen den ganzen Reichstag. Der regierende Monarch befindet sich in einer unverantwortlichen Stellung, befreit von jeder Schranke des Strafrechts. Für die Handlungen des Monarchen sind die Minister verantwortlich. Daraus folgt, daß der Monarch sich alles Eingreifens in die Parteipolitik enthalten müßte. Hält der Monarch ein Einschreiten gegen eine Partei für nothwendig, so muß er Minister auswählen, die dafür die Verantwortung über⸗ nehmen. Wenn jemand seinen Mannesstolz vor Königsthronen zeigen wollte, so würde bald der Strafrichter einschreiten. Was man e alles gefallen lassen muß, beweisen Aeußerungen, die zu verschiedenen Zeiten und Gelegenheiten aus Fürstlichem Munde gefallen sind. 1889 dieß es, daß jeder Sozialdemokrat gleich sei einem Reichs und Vater⸗ landsfeind. Die Aeußerung, daß die Soldaten auf ihre Brüder und Eltern schießen müßten, wenn es befohlen würde, hat ebenfalls schwer verletzt, weit über die Kreise der Sozialdemokratie hinaus. Eine Aeußerung richtete sich gegen die Nörgler, womit nach dem Zusammenhange die

Herren von der Rechten gemeint waren.

Schließlich kommt auch der

Tag, wo die Partei der Rechten als Umsturzpartei angesehen wird; sie hat in Bezug auf die Untergrabung der Verhältnisse in den

letzten Jahren mehr geleistet als die Sozialdemokratie.

In der

schärfften Weife wurde der Beschluß des Reichstages wegen der Be⸗

glückwünschung des Fürsten Bismarck getadelt.

Keinem Parlamente

der Welt ist je etwas Aehnliches gesagt worden. Gegen uns wurde gefagt: Eine Rotte von Menschen, nicht werth, den Namen Deutsche zu tragen. Die Pastoren wurden aufgefordert, von der Politik zu

lassen, dieweil sie das garnichts angehe—

Das geht doch so nicht weiter,

dogegen muß man sich wehren, da muß der ganze Reichstag wie ein

Mann auftreten.

ann die Aeußerungen von dem Herrn und dem

Knecht, von den Edlen und Unfreien, die Front machen müßten gegen den Ümsturs. Wenn über die Verweigerung der Marine Ausgahen nach Zeitungsnachrichten gesprochen wird von den vaterlandslosen Gesellen, wohin foll das führen! Wenn derartige Beschuldigungen gegen die geschleudert werden, welche zum Wohle des Vaterlandes gehandelt zu

haben glauben, so müssen w Präsidenten.)

ir uns dagegen wehren. (Glocke des

Prãäsident fee f, pon Buol: Ich muß den Redner unter⸗

brechen. Es Hause, daß

allgemeine und althergebrachte Sitte in diesem das Staatsoberhaupt in keiner Weise in die Debatte

ejogen wird. Mit Rücksicht auf die Eigenartigkeit des Gegen= are. habe ich dem Redner die Schranken weit gezogen, muß aber unbedingt daran festhalten, daß jedenfalls nicht in irgend auch nur

entfernt unehrerbietiger oder gar

verletzender Weise das Staatzzober⸗

baupt hier erwähnt wird. Das scheint mir aber der Fall zu sein, wenn der Redner dazu übergeht, die großen Gefahren und die schreck. lichen Zustände zu schildern, welche eintreten würden, wenn das so

1897.

fortgehe. Ich hatte gehört, daß er besonders den Vorwurf in dem angeblichen Telegramm als Zeitungsnachricht bezeichnet hat, und habe ihn deshalb hierbei nicht unterbrochen; aber ich möchte doch gerade mit Rücksicht auf das, was er im Begriff ist auszuführen, ihn er⸗ suchen, an dieser Sitte unbedingt festzuhalten, daß jedes Hineinziehen des Staatsoberhauptes in die Debatte nur in der ehrerbietigsten und jedenfalls in keiner verletzenden Weise zu e behen hat.

Abg. Bebel (fortfahrend): Ich glaube mich bemüht zu haben, direkt keine Persen in die Debatte zu ziehen. Beim letzten Beispiel insbesondere habe ich lediglich von Zeitungsnachrichten gesprochen. Es ist bisher allerdings Gepflogenheit . keinerlei regierende Person in die Debatte zu ziehen; man hat sich dafür besonders auf das englische g . berufen. Ich bestreite das. Nicht blos regierende Personen, sondern auch Mitglieder des Königlichen Hauses sind im dortigen Parlament in der lebhaftesten Weise kritisiert worden, namentlich bei Geldforderungen für Heirathszwecke. Das englische Parlament hat sich stets auf das energischste gewehrt gegen die Re⸗ gierung; ich wünschte, daß der Deutsche Reichstag auch nur die Välfte dieses Muthes zeigen möchte. Auf die Dauer geht es nicht, daß zweierlei Recht besteht, daß für gewisse Personen eine besondere Jr,, geschaffen wird. Das kann beseitigt werden, ohne daß Deutschland in seiner Stellung als Staatswesen irgend welche Ge= fahr läuft. Der Staat kommt nicht in Gefahr, wenn ein Trunken⸗ bold oder eine Frau eine unbedachte Aeußerung thut. Früher, als die einzelstaatlichen Strafgesetze noch bestanden, war wenigstens der Antrag zur Strafverfolgung nothwendig. Wie es zu Luther's Zeiten keine Majestätsbeleidigungen gegeben hat, so kann man auch heute ohne solche auskommen.

Abg.. Dr. Lieber (Zentr,): Der Vorredner schien in einem Tbeile seines Vortrags eine ruhige, sachliche Behandlung einleiten zu wollen. Der Gedanke, die Bestrafung der Her r n, von einem Antrag oder einer Genehmigung abhängig zu machen, ist von anderer Seite außerhalb des Reichstages auch schon ausgesprochen. Der Begriff der Majestätsbeleidigung hat eine Ausdehnung gefunden, die niemals im Sinne der Gesetzgeber gelegen hat. Der dolus even- tualis hat nirgend größere Veiwüstung angerichtet, als gerade auf dem Gebiete der Majestätsbeleidigung. Aber trotzdem können wir uns nicht dazu entschließen, das Kind mit dem Bade auszuschütten und die Strafbestimmungen überhaupt aufzuheben. Daß es früher keine Majestätsbeleidigungsstrafe gegeben hätte, ist ein Irrthum des Abg. Bebel, Ich möchte nicht die Strafen der Carolina auf die Majestätsbeleidiger von heute, angewendet sehen. Es sind schon Vorschläge gemacht, um nur die wirklichen Fehltritte zu bestrafen, so von Herrn . von Schulte⸗ Bonn. Wir könnten daher in ganz ruhiger Weise verhandeln. Aber die Beispiele, die der Redner angeführt hat, zeigen, daß der Antrag ab irato ver⸗ handelt werden sollte. Er hat ausgeführt, daß derjenige, welcher sich eines besonderen gesetzlichen Schutzes erfreut, ö besondere Pflichten habe, daß der Reichstag daher gegen gewisse Aeußerungen Front machen müsse. Man kann über derartige Dinge verschieden⸗ artiger Meinung sein. Ich verstehe ek, daß die Freunde des Herrn Bebel es schwer ertragen, wenn sie von wem immer Vaterlandsfeinde oder ähnlich genannt werden. Wir unsererseits sind in dieser Be⸗ ziehung schon härter geworden. Wir haben vor Jahrzehnten uns solche Vox⸗würfe vom ersten Beamten des Reichs ins Gesicht schleudern lassen müssen, sind jedoch unbeirrt unseren Weg gegangen. Auch wenn von noch höherer Stelle derartige Aeußerungen über uns fallen sollten, so werden meine Freunde den Beweis, daß dieser Vor⸗ wurf zu Unrecht erhoben werde, nicht zwingender erbringen, als dadurch, ö für diesen Antrag unter dieser Begründung nicht stimmen werden.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Wir werden für diesen Antrag guch nicht stimmen, aber wir halten die Frage für revisionsbedürftig. Man sollte ihn benußen, um in einer Kommission den Weg zu suchen, auf dem diese Revision sich bewegen muß. Die Beseitigung der betreffenden Bestimmungen des Strafgesetzbuchs würde nicht Alles erreichen. Wir halten bei der Revision des Strafgesetzbuchs folgende Aenderung für nothwendig: Die Staatsanwaltschaft darf nicht gezwungen sein jede Anzeige wegen Majestätsbeleidung weiter zu verfolgen. Höhere Justizbearate, sogar der preußische Justiz⸗Minister, baben sich dahin , daß sie einen solchen Zustand bedauern. Die Einleitung eines Prozesses sollte daher abhangig gemacht werden von einer Ermächtigung des Justiz⸗Ministers, der für die Justiz⸗ politik verantwortlich ist. In Fällen der Majestätsbeleidigung wird oft die Begnadigung ausgesprochen, aber erst nach Durchführung des Prozesses. Majestätsbeleidigungs Prozesse tragen niemals zur Hebung des Ansehens der Majestät bei. Das Straf⸗Minimum ist ferner viel zu hoch gegriffen, so daß der verurtheilende Richter meist selbst zu einem Begnadigungsgesuch auffordert. Aber es giebt Personen, die nicht Gnade, sondern ihr Recht verlangen. Bei der Stellung der fürstlichen Personen ist die Widerklage ausgeschlossen; der Richter muß auf die Strafe erkennen, auck wenn eine Probokation vorliegt. Wenn die fürstlichen Personen ohne ministerielle Begleitung in die Arena hinabsteigen, dann ändert sich die Situation vollständig. Der betreffende Angegriffene wird dann wehrlos, und das muß ihn verbittern und in der Erregung u Aeußerungen veranlassen, die er sonst unterlassen hätte. Es stellen sich deshalb auch andere Personen auf seine Seite, welche den Angriff auf einen Wehrlosen für unrecht halten. Wenn sich Aeußerungen Fürstlicher Personen gegen den Reichstag oder seine Mitglieder richten, so müssen die Angegriffenen sich vertheidigen können. Wenn verletzende Aeußerungen fallen, wenn der Reichstag nicht versammelt ist, so sind die Angegriffenen wehr⸗ los, weil sie des Schutzes der Immunität entbehren. Wenn der Reichttag versammelt ist, wäre die Möglichkeit vorhanden, das Privi⸗ legium der Redefreiheit gegen das andere Privilegium der Unverant= wortlichkeit anzuwenden. Hier tritt uns aber die Sitte entgegen, daß Aeußerungen Fürstlicher Personen nicht zum Gegenstand parlamen; tarlscher Erörterungen gemacht werden dürfen. Diese Sitte rührt aus einer Zeit her, wo es undenkbar war, daß Fürstliche Personen den Reichstag zum Gegenstand einer solchen Kritik machten. Wenn Herr Lieber auf die Bejeichnung des Zentrums als Reichs. seinde hingewiesen hat, so ist das doch etwas Anderes. Gegenüber dem Reichskanzler konnte sich das Zentrum vertheidigen, und es hat ihm wahrlich nichts geschenkt. Wenn solche Aeußerungen Fürstlicher Per- sonen allgemein bekannt werden, so ist es möglich, ihren Wortlaut zur Verhandlung zu bringen, ehne daß die Person genannt wird, denn das ist peinlich für den Präsidenten. Es muß eine volle, offene, ehrliche Auselnandersetzung parlamentarisch möglich sein, wenn solche Angriffe vorkommen; man darf nicht fingieren, daß solche Aeußerungen überhaupt nicht vorhanden sind. Wir sind der Ansicht, daß es für die Geschäftgordnungè Kommission eine zweckmäßige Aufgabe wäre, zu er= wägen, ob die bisherige parlamentarlsche Praxis noch länger aufrecht erhalten werden kann. Wenn der Reichstag dazu übergeht, eine solche Aeußerung zur Digkussion zu stellen, dann wird die alte gute Sitte sich wieder einbürgern, daß die Fürsten in Bezug auf die anderen gesetz⸗ gebenden Faktoren sich jeder Aeußerung enthalten werden. Die ein sache Aufhebung der betreffenden Paragraphen ist nicht möglich. Be⸗ leidigungen der Maiestät können auch auf Grund der gewöhnlichen Be⸗ seidigungs⸗ Paragraphen sehr schwer geahndet werden. Richtig ist es wohl. den Antrag an elne Kommisston zu überweisen und die Bestimmungen des Strafgesetzbuches einer Reviston zu unterziehen.

Abg. Dr. von Levetzow (d. konf ): Aus den von Herrn Bebel

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