Personal-8Seränderun gen.
Königlich Preußische Armee.
Offiziere, Portepee⸗-Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Neues Palgis, 6. Mai. Frhr. v. Hoverb eck gen. v. Schönaich, Major vom Invalidenhause zu Berlin, zum Komp. Chef bei diesem Invalidenhaufe ernannt. v. Seemen, Rittm. a. D., zuletzt Eskadr. Thef vom damal. Ostpreuß. Ulan. Regt. Nr. 8, die beim FInvaliden⸗ hause zu Berlin freigewordene , , verllehen.
Straßburg i. E., 15. Mai. Koch, bisheriger Seekadett, in der Armee und zwar als Port. Fähnr. mit einem Patent vom 13. April 1896 bei dem Fuß ⸗Art. Bat. Nr. 13 angestellt.
Wiesbaden, 18. Mal. Baron v. Ardenne, Oberst und Kom; mandeur des 2. Großherzogl. Hess. Drag. Regts. (Keib⸗Drag. Regts.) Nr. 24, zur Vertretung des Kommandeurs der 9. Kay. Brig. nach Glogau, v. Woyr sch, Major und etatsmäß. Stabtoffizier des 1. Bad. Leib. Drag. Regts. Nr. 20, zum 2. Großherzogl. Hess. Drag. Regt. (Leib⸗Drag. Rn Nr. 24 behufs Vertretung des Regts. Kom⸗ mandeurs, — kommandiert.
Durch Ver fügung des Kriegs⸗Ministerium s. 30. April. Kloer, Pr. Lt. von 2. Thüring. Inf. Regt. Nr. 32, der Gewehrfabrik in Spandau vom 1. Mai d. Is. ab zur dauernden Dienstleistung, v. Bessel, Sec. Lt., vom 7. Thüring. Inf. Regt. Nr. 96, derselben Fabrik, vom 1. Mai d. Jg. ab bis Ende Maͤrz 1898 zur Dienst⸗ leistung, — zugetheilt.
b hier ten fitigungen. Im aktiven Heere. Straß⸗ burg i. G., 15. Mai. v. Petersdorff, Gen. Lt. und Kommandeur der I7. Div, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit Pension zur Disp. gestellt. ;
Wiesbaden, 18. Mai. v. Schön, Rittm. a. D., zuletzt Bezirks⸗Offizier bei dem Landw. Bezirk Insterburg, unter Ertheilung der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des Ulan. Regts. Graf zu Dohna (Ostpreuß.) Nr. 8, mit seiner Pension zur Disp. estellt.
9 Im Beurlaubtenstande. Straßburg i. E.. 15. Mai.
Karde, Sec. Lt. von der Res. des Kolberg. Gren. Regts. Graf
Gneisenau (2. Pomm.) Nr. 9. mit Pension der Abschied bewilligt. Beamte der Militär⸗Verwaltung. .
Durch Allerhöchste Bestallung. 4. Magi. Nachtigall, Intend. Affeffor, Vorstand der Intend. der 2. Div, zum Intend. Rath ernannt. .
Durch Allerhöchsten Abschied. Schneider (Peter), Zahl⸗ meister vom Inf. Regt. Nr. 130, bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst mit Pension der Charakter als Rechnungs ⸗ Rath verliehen.
Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministerium g. 24. April. Hock, ehemaliger Unter⸗Roßarzt des 1. Bad. Drag. Regte. Nr. 20, der Charakter als Roßarzt verliehen.
36. April. Dörffel, Dorsch, Fraenkel, Freytag, Grether, . ,,, Lem mermann, Memels⸗ dorff, Mueller, Remels. Ritter, Pr. Silber, Söhnlin, Steinbacher, Tiemann. Walther, Wegner, Unter-A Apotheker des Beurlaubtenstandes, zu Ober ⸗ Apothekern befördert. Bohlmann,
ischer, Janzen, Fung, Köhler, Lorenz, Rohde, Ober— potheler des Beurlaubtenstandes, der Abschied bewilligt.
3. Mai. Zwanziger, Intend. Sekretär von der Intend. der 7. Div., zu der Korps ⸗Intend. des Garde Korps, Krohn, Intend. Sekretär von der Intend. des II. Armee⸗Korps, zu der Intend. der 7. Div., Seiffert, Intend. Sekretariatsassist. von der Intend. der 4. Div., zu der Korps. Intend. des VL. Armee-Korps, Kranse, Intend Sekretariatsassist. von der Korps Intend. des J. Armee⸗Korps, zu der Korps. Intend. des II. Armee-Korps, — jum 1. Juli d. Is.
versetzt. . Kaiserliche Marine.
Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Ver setzun gen. Wiesbaden, 17. Mal. Tru ppel, Korv. Kapitän, kommandiert zur Dienstleistung beim Stabe des Ober ⸗Kommandos der Marine, zum Korv. Kapitän mit Oberst-Lieutenantsrang, van Semmern, Kapitän⸗Lt,E, kommandiert zur Dienstleistung beim Reichs. Marineamt, zum Korv. Kapitän, Aders, Lt. zur See, zum Kapitän Lt, Mersmgnn, Unter-Lt. zur See, zum Lt. zur See, Gießen, Zachen, Torpedo⸗Ober⸗Mechaniker, zu Torpedo ⸗Unter⸗ Ingenieuren, unter Vorbehalt der Patentierung, — befördert. Jehle, Wundrack, Arnold, Maschinen ˖ Unter ⸗Ingenieure, erhalten Patente ihrer Charge, unter Feststellung ihrer Anciennetät in vorstehender Reihenfolge unmittelbar hinter dem Maschinen-⸗Unter⸗Ingenieur Striepe. Prelle, Lerche, Hauschildt, Unter ⸗Lts. zur See der Res. im Landw. Bezirk J Oldenburg bezw. Hamburg und J Altona, zu Lts. zur See der Res. des See⸗Qffizierkorps, Hollmann, Vige⸗ Feuerwerker der Res. im Landw. Benirk ITV Berlin, zum Unter Lt. jur See der Res. der Matrosen⸗Art.,, Siebert, Vize⸗Steuermann der Res. im Landw. Bezirk 1 Bremen, zum Unter ⸗Lt. zur See der Res. des See⸗Offtzierkorps, Becker, Ritter, Ser. Lts. der Res. im Landw. Bezirk Duüsseldorf bezw. Straßhurg i. E., zu Pr. Lts. der Res. des 2. See⸗Bats., Kreutz, See. Lt. der Seewehr 1. Aufgebots im Landw. Bezirk Mülheim a. d. Ruhr, zum Pr. Lt. der Seewehr 1. Aufgebots des 2. See. Bats., — befördert. Bech tel, Lt. zur See, vom 20. Mai d. J. ab bis auf weiteres zur Dienstleistung beim Reichs⸗Marine Amt kommandiert.
Abschiedsbewilligungen. Wie sbgden, 17. Mai. Klink sieck, Korp. Kapitän, mit der gesetzlichen Pension zur an,, und gleichzeitig zum Hilfsarbeiter bei dem Kommando der Marine station der Ostsee ernannt. Rit ter, Kapitän⸗Lt., mit der gesetzlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Er⸗ laubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen der Abschied bewilligt. Steinmeyer, Zirzow, Seekadetten, ersterer zur Res. der Marine, 2 behufs Uebertritts zur Armee, aus dem Marinedienst entlassen. chilas ky, Sec. Lt. der Seewehr 2. Aufgebots des 2. See⸗Bats. im Landw. Bezirk 1 Oldenburg, der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗Korps. Wiesbaden, 17. Mai. Dr. Stöve, ?‘ Marine, Unterarzt, zum Marine⸗Assist. Arzt 2. Kl., Dr. Schultz, Dr. Martens (Jakob), Dr. Wessel, Assist. Aerzte 2. Kl. der Marine⸗Res. im Landw. Bezirk 111 Berlin bezw. Kiel und 1 Bremen, zu Assist. Aerzten 1. Kl. der Marine⸗Res., Dr. Kiefer, Unterarzt der Seewehr im Landw. Bezirk III Berlin, zum Assist. Arzt 2. Kl. der Seewehr 1. Aufgebots, Stade, Dr. Schrader, Pr. Keßler, Dr. Hübner, Unterärzte der Marine⸗Res. im Landw. Bezirk Dort mund bezw. Kiel, zu Assist. Aerzten 2. Kl. der Marine⸗Res., —
befördert. Kaiserliche Schutztruppen.
Schutztruppe für Deutsch ⸗Ost frika. Straßburg i. E., 2. ö.. v. Wissmann, Pr. Lt., mit Pension der Abschied be⸗ willigt.
Dentscher Reichstag. 226. Sitzung vom 21. Mai 1897, 1 Uhr.
Die zweite , des Gesetzentwurfs betreffend die Abänderung der. k (Handwerker⸗ vorlage) wird fortgesetzt beim 8 100. Nach diesem können Zwangs⸗ Innungen auf Antrag Betheiligter für Handwerke gleicher oder verwandter Art durch die höheren Verwaltungsbehörden gebildet werden 1 wenn die ehrheit der betheiligten Gewerbe⸗ treibenden dem Zwange zustimmt, 2) wenn der Bezirk der Innung so ab . ist, daß die Mitglieder an dem Genossen⸗ schaftsleben theilzunehmen in der Lage sind, 3) wenn die Zahl der vorhandenen Handwerker zur Bildung einer lebensfähigen Innung ausgreicht. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann gegeben, wenn zwanzig Handwerker beitragspflichtig sind.
Ueber die hierzu gestellten Anträge sowie über den 8 der 2 wurde in der gestrigen Nummer d. Bl.
Nach dem Abg. Dr. Freiherr von Hertling (Zentr) nimmt das Wort der
Abg. Dr. Schneider (fr. Volksp.), welcher erklärt, daß seine Freunde in der zweiten Lesung für den 3 100 der Regierungsverlage FKimmen würden, wenn sie nach seinem Antrag (Wiederherstellung der Vorlage mit der Beschränkung, daß Zwangdbinnungen nur für die n. Handwerker gebildet werden, welche Lehrlinge und Gesellen
alten) umgestaltet werden würde.
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Ich habe den Ausführungen des Herrn Dr. Freiherrn von Hert⸗ ling zu diesen Paragraphen nur wenige Worte beizufũgen. (Rufe: Lauter Der Herr Vorredner hat in so vortrefflicher Weise die Auffassung dargelegt, von der die verbündeten Regierungen bei § 100 ihrer Vorlage ausgegangen sind, daß ich in der That im wesentlichen nur seine Gedanken wiederholen würde, wenn ich nochmals in eine erschöpfende Darlegung hierüber einträte. Ich glaube aber doch noch einige Bemerkungen hinzufügen zu müssen, um den Standpunkt der Regierung speziell zum zweiten Absatz dieses Paragraphen darzulegen.
Die Regierung legt Gewicht darauf, daß der zweite Absatz des § 100, wie ihn die Kommission gefaßt hat, wieder entfernt und in diesem Punkt die Regierungsvorlage wiederhergestellt wird.
S 100 ist ja natürlich die Grundlage der ganzen Gesetzesvorlage, die Grundlage des Kompromisses der verbündeten Regierungen über die Zwangsbildung der Innungen. (Rufe: Lauter) Sie sind dabei von der Voraussetzung aufgegangen, daß es das Allerverderblichste und Gefährlichste für die Zwangsbildung der Innungen sein würde, wenn man dazu übergehen wollte, auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes eine große Zahl leistungsunfäbiger Innungen zu bilden; sie sind der Meinung, daß die erste und wesentlichste Voraussetzung, um die Zwangs ⸗ Innung dem Volke verständlich und zugänglich zu machen, die ist, daß man nur leistungsfähige Innungen herstellt. Die Voraus setzungen der Leistungsfähigkeit einer Innung sind deshalb nach An sicht der verbündeten Regierungen zugleich die Voraussetzungen der Zwangsbildung; es sind die drei in § 100 angegebenen Requisite, vor allem das Erforderniß, daß die Mehrheit der Betheiligten für die Zwangs⸗Innung ist.
Dies liegt in der Natur der Sache. Man hat oft bei der Frage der Zwangsbildung der Innung auf die Analogie der Wohlfahrte⸗ kassen verwiesen, die ja auch auf einem Zwang beruhen: der Kranken-, der Invalidenkassen, der Unfallversicherung; man hat gesagt: da hat man ja auch mit gutem Erfolg den Zwang eingeführt. Diese Analogie halte ich nicht für zutreffend, aus dem einfachen Grunde, weil es sich bei der Zwangsbildung der Innung um ganz andere Dinge handelt, als bei den Wohlfahrtskassen. Bei den letzteren kommt es nur darauf an, daß jederzeit die Mittel vorhanden sind, um die Leistungen der Kasse zu Gunsten der einzelnen Mitglieder sicher zu stellen; bei den Innungen dagegen kommt es auf eine positive Aktion an, die aus der Mitte der Innung hervorgehen soll. Hier ist es unbedingt nöthig, daß für eine solche Aktion auch die erforderliche Thatkraft, der erforderliche Wille der Betheiligten vorhanden ist, d. h. daß die Mehrheit für die Zwangs⸗Innung ist. Denn wenn die Mehrheit nicht dafür ist, wie sollen dann Beschlüsse zu stande kommen: Beschlüsse, die diejenigen Reformen anstreben und durchführen wollen, die wir ja für nothwendig halten, um das Hand⸗ werk aus seiner Verkümmerung, aus seiner Versumpfung zu heben. Diese Reform ist doch eigentlich die Hauptsache, um die es sich handelt; die Innungen sind bloß das Mittel, um diesen Zweck zu erreichen; also die Mehrheit der Betheiligten, die der Errichtung der Zwangs⸗ bildung der Innungen zustimmt, das ist der Arm für die Leistung der Innung, der zu ihrer wirksamen Aktion unbedingt nothwendig ist, an dem man festhalten muß. Von diesem Standpunkt sind die ver⸗ bündeten Regierungen bei der Vorlage ausgegangen. Nun werde ich mir erlauben, die abweichende Auffassung, die in der Kommission her⸗ vorgetreten ist, näher zu erörtern. Man hat in der Kommission ge⸗ sagt: es sind Fälle denkbar, in denen die Minderheit bei der Abstim⸗ mung über die Frage der Zwangs⸗Innung gerade durch die leistungs⸗ fähigsten und intelligentesten Mitglieder repräsentiert wird, während die Majorität nur aus unbedeutenden leistungsunfähigen Leuten bestebt, die indifferent sind, kein Interesse für die Sache haben und kein Ver⸗ ständniß für die Bedeutung der Innung selbst. In solchen Fällen, sagte man sich, ist es doch richtiger, daß nicht die minderwerthige Majorität den Ausschlag gebe, sondern die mehrwerthige Minderheit. Ist das nun richtig? Ich frage Sie, was wollen Sie mit der größeren Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Minderheit anfangen, wenn sie niedergestimmt wird von der Majorität? Ohne die Mehrheit der Stimmen können Sie in der Innung nichts anfangen, das ist die erste Vor⸗ aussetzung für die Leistungsfähigkeit einer Innung, und deshalb nach An⸗ sicht der verbündeten Regierungen auch für die Zwangs⸗Innung. An dem Standpunkt müssen wir festhalten, und von dem Standpunkt aus kann es uns nur in hohem Grade unerwünscht sein, wenn in das Gesetz eine Bestimmung aufgenommen wird, wie sie sich im zweiten Absatz des Paragraphen findet. Danach soll in besonderen Fällen die Möglichkeit offen bleiben, auch dann, wenn eine Mehrheit nicht vorhanden ist, dennoch mit der Zwangs Innung vorzugehen. Was würde die Folge sein? Es muß also in einem solchen Falle, wenn ein Antrag vorliegt, abgestimmt werden. Stellt sich nun heraus, die Mehr⸗ heit ist für die Innung, dann wird die Zwangs⸗Innung gebildet, sodaß die Vorschrift im Absatz 2 unnöthig ist; stellt sich aber heraus, die Mehrheit ist gegen die Zwangss⸗Innung, dann wollen Sie nun die Regierung in die Lage bringen, auch in einem solchen Falle mit der Bildung der Zwangs⸗Innung vorzugehen. Würde das nun wirklich ein brauchbares Institut sein, um die Aufgaben der Innung zu realisieren und die Reform des Handwerks durchzuführen? Die Frage, glaube ich, muß man unbedingt verneinen. Von vornherein ist in eine solche Innung der Keim der Zwietracht hineinbracht, und es würden dann Beschlüsse, die wirklich dazu dienen, das Handwerk zu heben, überhaupt nicht gefaßt werden. Diese Bestimmung, die hier aufgenommen ist, nützt also nichts; die verbündeten Regierungen würden nach der Auffassung, von der sie ausgehen, von der arbiträren Befugniß, die ihnen übertragen werden soll, keinen Gebrauch machen können. Sie würden sich sonst selbst widersprechen. Die Bestimmung nützt aber nicht allein nichts, — sie schadet; denn sie bringt in die Innungen die ganze Agitation, die thatsächlich jwischen Innungt⸗ freunden und Innungtgegnern besteht. Das ist aber nicht wünschenz⸗ werth, denn wir haben beute schon Agitationen genug in unserem offentlichen Leben. Unser ganzes öffentliches Leben ist durchsetzt von
Handwerk vor dem ausbeutenden Borgsyftem zu
dem Streit der Sonderinteressen, und das ist ein Krebsschaden. Dazn sollte man nicht die Hand bieten! ;
Ich kann Sie also nur bitten: stellen Sie in diesem Punkte die Regierungs vorlage wieder her. (Bravo )
Abg. Gamp (Rp.): Man muß bei dem Kenn s tone de lnß
die historische Entwickelung vor Augen haben. e sogenannte⸗ prwilegierten Innungen, welche die Vorrechte der 55 1906 und 1060 erhalten haben, sind zwar keine Zwangs- Innungen, aber sie können für gewisse Zwecke von den außerbalb, der Innung stehenden Hand. werkern Beiträge erheben und für dieselben Vorschriften erlaffen. wischen diesen privilegierten Innungen und den Zwangs. Innungen esteht kaum ein Uuterschied. Gegen die Privilegien der Innungen . daher Herr von Hertling seine Bedenken geltend machen sollen. Dlesen Innungen sind die Privilegien verliehen worden, obgleich ihnen vielleicht nicht die Mehrheit der — 4 Jedenfalls ist dadurch die Leistungsfähigkeit der betreffenden Innungen anerkannt worden. Daß durch die diskretionären Befugnisse für die Regierung die Agi. tation vermehrt werden sollte, kann man nicht annehmen, denn sonst würde die Agitation doch bisher schon bemerklich hervorgetreten sein. Wenn die Kommissionsbeschlüsse abgelehnt warden sollten, so müßten die privileglerten Innungen unter allen Umständen in Zwangs. innungen umgewandelt werden. Herr Schneider hat das Bedürfniß empfunden, die Vorlage zu verbessern; er hätte sich an der Kommisstont. berathung betheiligen sollen, in welcher ja namentlich die Sachper. stãndigen sich vereinigen. Geheimer Qber ⸗Regierungg Rath im Reichsamt des Innern Dr. Wilhelmi: Meine Herren! Angesichts der ausführlichen Darlegungen sowohl in der Kommisston als auch in diesem hohen Hause bezüglich unserer Auffassung über den Abs. 2 des § 1090 habe ich, was diesen Absatz ar. langt, nur noch auf einen Punkt einzugehen, aus welchem der Hert Vorredner ein neues Argument für die ee ig der Kommission herzuleiten versucht bat. Der Herr Abg. Gamp hat ausgeführt, daß in den 55 100 und 1005 der Gewerbeordnung bereits gegenwärtig den höheren Verwaltungsbehörden die Befugniß ohne weiteres und allgemein übertragen wäre, die Innungen mit den in diesem , 533 bezeichneten Rechten auszustatten, und at aus dieser Thatsache den Schluß ge— zogen, daß angesichts dieses Umstandes es keinem Bedenken unterliegen könne, eine ähnliche Bestimmung in den Entwurf auf— zunehmen. Wir können diese Argumentation nicht anerkennen und möchten dringend daven abrathen, daß das Haus sich ihr anschließt. Diejenigen Mitglieder des Hauses, die demselben bereits seit einer längeren Reihe bon Jahren angehört haben, werden mir darin bei⸗ stimmen, daß gerade diese diskretionäre Befugniß der Verwaltungt— behörden dassentge Prinzip gewesen ist, gegen welches das organisierte andwerk und außerdem auch die rechte Seite und die Mitte diesez ohen Hauses seit Jahren die schwersten Bedenken erhoben hat, und ich darf Sie besonders daran erinnern, daß der Herr Abg. von Kleist · Retzom es gewesen ist, der nicht nur in den vor etwa zehn Jahren statt—⸗ gehabten Kommissionsverhandlungen über Fragen der Innungsgesetz= gebung, sondern auch in diesem Hause immer wieder darauf hin, gewiesen hat, daß diese diskretionäre Befugniß der Behörden in den F§ 1606 und 106 es sei, die daran hindere, 24 die Handwerker und Innungen aus diesen Bestimmungen den Nutzen zögen, den sie aus denselben erwarteten; und es ist gerade von jenen Seiten immer darauf hingewiesen und betont worden, daß es dringend er— forderlich sei, gerade in Bezug auf die diskretionäre Befugniß der Verwaltun zbek dre, das Gesetz dahin abzuändern, daß man die Innungen s stelle, daß die Voraussetzungen, unter denen solche Pri⸗ vilegien ausgestellt werden können, im Gesetz selbst so fixiert und die Innungen von der diskretionären Befugniß der Verwaltungt⸗ behörden befreit würden. Hiernach wird man zugeben müssen, daß aus der Fassung der S§ 100 e und 100 f ein Argument für den Absatz ? der Kommissionsbeschlüfse nicht hergeleitet werden kann. Ich kann auch ferner dem Herrn Abg. Gamp nicht darin beistimmen, daß wir, ab⸗ gesehen von diesem Absatz, im übrigen gegen die Beschlüsse der Kom- mission kein Bedenken hätten. Wir haben guch gegen den Beschluß zu Absatz 1 Ziffer 3 Bedenken. In diesem Absatz 1 in der Vorlage als eine Voraussetzung für die Zwangs⸗Innung vorgesehen, daß die Errichtung einer solchen Innung nur erfolgen soll, wenn die Zahl der Handwerker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht. Die Kommission hat auf den Antrag des Herrn Abg. Dr. Hitze zu dieser Ziffer 3 den Zusatz beschlossen: ‚Diese Voraussetzung ist jeden, falls dann gegeben, wenn 20 Handwerker beitragepflichtig sind. Ich habe bereits in der Kommission auf Bedenken hingewiesen, aus denen wir die Aufnahme einer derartigen Bestimmung nicht für erwünscht halten, und bitte, diese Bedenken dem Hause in Kürze noch einmel vortragen zu dürfen. Zur Bildung einer leistungsfähigen Innung kommt es nach der Auffassung der Vorlage keineswegs nur darauf an, daß die Zahl der Handwerker eine gewisse Höhe erreicht, sondern die Leistungsfähigkeit einer Innung ist, auch was die Zahl anlangt, auch nach der Qualität der Handwerker zu be urtheilen. Ich kann das an einem einfachen Beispiel leicht erläutern. Wenn die Herren sich den Fall denken, daß an einem kleinen Ort 20 Handwerker desselben Gewerbes vorhanden sind, und daß ven diesen keiner Gesellen oder Lehrlinge beschäftigt, so wird das Haus da rin mit mir übereinstimmen, daß in einem solchen Fall die etwa ge= bildete Zwangs. Innung nicht in der Lage sich befinden würde, den wesentlichsten Theil derjenigen Aufgaben zu erfüllen, die in diesem Gesetz als die Aufgaben der Innung vorgesehen sind. Dieser Fall kann sehr häufig eintreten; denn die statistischen Erhebungen, die im Jahre 1895 auf Veranlassung des Herrn Reichskanzlers angestellt worden sind, lassen darüber keinen Zweifel, 39 in zahlreichen kleineren Orten die Handwerker entweder gar keine Gesellen und Lehrlinge be schäftigen, oder nur in einer sehr großen Minderzahl. Dieser Umstand führt zu dem anderen Bedenken, daß, wenn in einem solchen Fall eine Innung z. B. von 20 Meister gebildet werden soll, von denen nur zwei oder drei Gesellen oder Lehrlinge halten, diejenigen Meister, welche Personal beschäftigen, in Bejug auf die Vorschriften für det Gesellen., und Lehrlinsswesen von denjenigen Meistern abhängig sind, die thatsächlich ein Interesse an dieser Frage überhaupt nicht haben. Auch im Interesse der Innungen und Handwerker selber, insbesondere im Intere fe der n, Handwerker kaan daher der Beschluß, den die Kommission gefaßt hat, nicht befürwortet werden. Bezüglich der Antrages des Herrn Abg. , kann, wie dies von dem Herrn Abg. Gamp zutreffend ausgeführt worden ist, nicht jweifelhaft sein, daß durch die Fafsung des 5 100 der Vorlage dasienige, was der Antragfsteller beabsichtigt, bereits unzweideutig zum Ausdruck Et bracht ist. Abg. Au gst (J. Velksp.) erklärt sich mit den Ausführungen der
Abg. von Herfling im Wesentlichen einverstanden. In Süd deut schlad werde die Zwangsinnung niemals einen Boden finden.
Abg. Dr. Kropatschek (d. kon): Auch ich kann die Erfabrarn des Herrn von gr, bestãtigen: Wenn das Handwerk von den konsumierenden Publikum genügend untersfüätzt wird, dann wird * nicht untergehen; es muß nur die Möglichkeit 6 e. *
en. 3 kann mich seinen übrigen Ausführungen über die . en nig anschließen. Ebenso wenig kann ich mich dafür begeistern, daß Zwang. Innungen unter allen Umständen eingeführt werden sollen, auch wen Verhältnisse es nicht zulassen. Die Bedenken gegen die diskretic cc. Befugniffe kann ich ebenfalls nicht heilen, denn die Regierung * noch Handhaben genug, um die Bildung von Zwangs Innen aus diesem oder jenem Grunde zu verhindern. Von der Berwen gegen den Willen der Mehrbeit eine Zwanggs. Innung zu bilden. die Regierung nur in außerordentlichen Fällen Gebrauch machen Der Antrag Schneider beschränkt sich auf den Fall. den die 94 missien als Ausnahmefall zugelassen hat. Damit können ir zufrieden fein, beshalb bitte ich um unveränderte Annahme der Ren missionsbeschlũ sse. ö
Abg. Schmidt. Berlin (Soß): Unsere theoretische Ansk⸗ dem bevorstehenden Untergang des Handwerk werben wir 1 leicht aufgeben, wie Herr von Hertling glaubt. Auch die ener
unbestreitbaren
ommen,
— onkurrenj
werk nicht fernhalten, und so teren. bedau
dafür sein.
Abg. Richter (fr. . Wir sind Gegner der Zwangs⸗ Innungen, die niemand so scharf verurtheilt hat, wie der Handels= Ninister. Er hat nur vergessen, daß er mit seinen Worten auch den Stab gebrochen hat über die Zwangs -Innung der Vorlage, welche von der Mehrheit der Handwerker gebildet wird. Wenn die Hand⸗ werker daher sich enttäuscht fühlen, dann können sie nicht wieder aus der Innung heraus. Herr Gamp hat sich den Rückzug schon offen gehalten; er will die privilegierten Innungen zu Zwangs- Innungen machen, weil s sich gut bewährt haben. (Widerspruch des Abg. Gamp.) Diese privilegierten Innungen sind ein Herd der Unzu⸗ friedenheit für die Betheiligten. Ich erinnere nur an die Gastwirths. Innung in Berlin und ihren Kampf mit dem freien Gastwirthsverein. Die Schneider⸗Junung bat 1500 Mitglieder und erhebt von 6000 außerhalb der Innung stehenden Schneidern Beiträge, von denen 3624 durch den Magistrat zwangsweise beigetrieben werden mußten. Wie würden die Zwangs- Innungen in bestehende Verhältnisse ein⸗ schneiden! Wir haben in Berlin Innungen mit großem Vermögen. Wenn sich die Mitgliederzahl vervielfacht, so bekommen sie die Nutz- nießung an dem Vermögen, zu welchem sie nichts beigetragen haben. Wie schwierig wird die Sache. wo zwei Innungen vorhanden sind, wie in Berlin die Bäcker- Innungen Concordia und Germania. Die Verbindung dieser beiden Innungen zerftört ihre besonderen Ein⸗ richtungen. Und welche Schwierigkeiten entstehen bei der Abgrenzung des Handwerks, vom Großbetriebe! Da gemein · schaftlicher Geschäftsbetrieb in den Zwyngs. Innungen nicht statt⸗ finden darf, so bleiben nur die Schiedsgerichte, die Krankenkassen und das Schulwesen übrig. Auf diesem Gebiete haben aber die Innungen weniger geleistet als die Gemeinden und die Großbetriebe. In Berlin haben die Innungen 5900 S, die Stadt 28 000 M und der Staat 10 000 S für die Fachschulen ausgegeben. Wenn die Handwerkt⸗ meister sich das Prinzip der r Vereinigungen zu Nutze gemacht hätten, so würde das Handwerk besser dastehen, als es jetzt dasteht, wo man die Handwerker verleitet hat, in Privilegien ihr Heil zu suchen, ohne daß ein Nutzen dadurch geschaffen würde. Wird die Vorlage angenommen, so wird die Agitation der Handwerker nicht abnehmen, sondern zunehmen und sich gegen die richten, welche sich als die Freunde des Handwerks betrachten.
Abg. Dr. Pach nicke (fr. Vgg) bemängelt es ebenfalls, daß man die Vorlage so schnell zur Berathung gebracht habe. Die Handwerker würden sehr bald erkennen, daß die Vorlage ihnen keinen Nutzen ebracht habe; sie würden gegen die Regierungen den Vorwurf. er⸗ 6 daß sie an den mangelnden Erfolgen schuld seien.
Der Antrag Bassermann, wonach zur Bildung von Zwangs⸗ . 24 der Betheiligten zustimmen müssen, wird ab⸗ gelehnt. . .
Der Antrag der Kommission, daß gegen die Mehrheit der ö. durch Anordnung der Behörde eine Zwangs⸗ Innung gebildet werden kann, wird in namentlicher Abstimmung mit 150 gegen 118 Stimmen verworfen. .
Der Äntrag der Kommission, wonach die Zwangs⸗ Innungen beschränkt werden können auf die Handwerker, welche in der Regel Gesellen und Lehrlinge beschäftigen, wird mit 155 gegen 108 Stimmen angenommen.
Schließlich wird 8 100 mit der beschlossenen Aenderung mit 160 gegen 199 Stimmen angenommen.
Darauf wird gegen 55 / Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 12 Uhr vertagt.
Pren szischer Landtag. Herrenhaus.
14. Sitzung vom 21. Mai 1897.
. den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Zur Verhandlung steht zunächst der Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der preußischen Staats⸗ bahnen im Betriebsjahre 1895/96. Der Referent der Eisenbahnkommission, Ober⸗Bürgermeister Küper, beantragt, den Bericht durch Kenntnißnahme für erledigt zu erklären.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Ich fühle mich verpflichtet, dem hohen Hause nähere Mittheilungen zu machen über den schweren Unfall, den ein Sonderzug mit Reservisten in der Nacht vom 18. auf den 19. dieses Monats auf der Eifelbahn erlitten hat. Ich bitte, mir zu gestatten, mich in dieser Beziehung stützen zu dürfen auf einen mir soeben zu⸗ gegangenen Bericht des von mir sofort an Ort und Stelle entsandten Kommissars. Der verunglückte Zug bestand aus Packwagen und 32 Personenwagen und wurde von Station Jünkerath aus durch eine Personenzug ⸗Lokomotive befördert. Den Vorschriften ent⸗ sprechend, war der Zug mit sechs Bremsern besetzt, die regelmäßig über den Zug vertheilt waren. Die Lokomotive und alle Wagen waren mit Luftdruckbremseneinrichtung versehen. Diese scheint aber — die Untersuchung ist in dieser Beziehung noch nicht abgeschlossen — nicht in Jünkerath für den ganzen Zug, sondern vermuthlich nur für den vorderen Theil des Zuges eingeschaltet worden zu sein. Die Unter⸗ suchung hat bisher diese Thatsachen noch nicht zweifelsohne feststellen können, es spricht aber die Wahrscheinlichkeit dafür, weil sich einzelne der Wagen im zweiten Zugtheil mit geschlossenem Bremshahn vor gefunden haben. Es ist nicht unmöglich, daß der Hahnschluß erst nach der Katastrophe eingetreten ist, aber nicht wahrscheinlich. Die Zug⸗ trennung trat ein zwischen dem 15. und 14. Personenwagen, vermuth⸗ lich bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Hillesheim, der von dem Zug ohne Anhalten durchfahren wurde. Unmittelbar hinter Bahnhof Hillesheim, der in einer Horizontale liegt, beginnt ein ganz kurzes Gefälle im Verhältniß von 1: 140. Bei der Durchfahrt durch Hillesheim war der Zug noch vollständig getrennt, wie der Stationgvorsteher und der Assistent, die beide den durch fahrenden Zug gesehen, übereinstimmend bekundet haben, während der 2,2 km davor entfernte Wärter schon die Zugtrennung bemerkte. Dle Nothsignale, die dieser und auch die folgenden Wärter gegeben haben, sind aber von den vier auf dem getrennten Zugthell besindlichen
Wärtern nicht beachtet worden, vermuthlich weil sie des außerordent⸗ lich dichten Nebels halber die Nothsignale nicht gesehen haben. Injwischen hatte man im vorderen Zugtheil, uamentlich im letzten Wagen die Trennung bemerkt und diesen Theil zum Stehen gebracht. Auch gelang es, die meisten Insassen dieses Zugtheils zum Aussteigen zu veranlassen. In dem letzten Wagen befanden sich Offiziere, und diese haben die Zugtrennung vermuthlich — darüber besteht jedoch auch noch keine Gewißheit — zuerst bemerkt. Sie haben nun nach vorn hin dies zur Kenntniß und den Zug dadurch zum Stehen gebracht; dann aber sofort die kurze Spanne Zeit benutzt, um die Leute aussteigen zu lassen. Das ist auch bei den meisten Insassen gelungen. Für weitere Maßnahmen war die Zeit leider nicht mehr vorhanden, vielmehr lief der abgerissene Zug⸗ theil alsbald, nachdem die Insassen des vorderen Theils den Zug zum großen Theil verlassen hatten, auf denselben auf. Der vordere Theil ist offenbar, nachdem er die Horizontale des Bahnhofes passiert hatte, in dem Gefälle etwas rascher gefahren, als der nun folgende zweite Theil, darum hat der erste Theil zunächst einen Vorsprung gehabt, wie die Wärter bekundeten, die beide Theile auf der Strecke gesehen haben. Dann ist im Gefälle der zweite Theil auch ins Rollen gekommen und hat eine erhöhte Ge⸗ schwindigkeit angenommen und die Katastrophe ist eingetreten. Die Wirkung war eine sehr ernste: drei Wagen wurden gänzlich zer— trümmert, vier weitere stark und einige leicht beschädigt. Auch eine erhebliche Personenanzahl wurde getödtet und verletzt. Trotz der Nacht- zeit und der sehr schwach bevölkerten Gegend ist infolge der zweck⸗ mäßigen Anordnungen, die beiderseits sowohl von dem Truppentheil als von den Eisenbahnbeamten getroffen wurden, ärztliche Hilfe bald nach dem Unfall zur Stelle gewesen. Der militärische Transport- führer war nach Benehmen mit dem verletzten Zugführer, der die Deckung des verunglückten Zuges übernahm, mit der Lokomotive nach Gerolstein gefahren; dort holten der Stationsbeamte und der Bahnmeister, unterstützt von dem Direktor des unmittelbar am Bahnhof liegenden Mineralbrunnens, der sich dabei sehr verdient gemacht hat, die beiden Aerzte, die dort wohnen, sowie nech 10 bis 12 Leute aus dem Orte herbei, und eilten mit diesen, den Rettungskasten und mehreren zum theil sofort zusammen⸗ gezimmerten Tragbahren, wie überhaupt mit allem, was zur Er⸗ leichterung der Verwundeten nothwendig war, zur Unfallstelle. Gegen 1 Uhr trafen dort auch mit Sonderzug die telegraphisch herbei⸗ gerufenen Aerzte aus Jünkerath und Hillesheim nebst Tragbahren und Hilfskräften ein, und gegen Morgen zwischen 3 und 4 Uhr kam von Trier der Vorstand der Betriebsinspektion mit drei weiteren Aerzten aus Trier, Ehrang und Kyllburg sowie mit Tragbabren, Rettungskasten u. s. w. zur Unfallstelle. Es war also in verhältniß⸗ mäßig kurzer Zeit ärztliche Hilfe in genügender Zahl vorhanden. Es fehlte auch nicht an Tragbahren und Verbandsmitteln.
Getödtet sind: 1 Bremser und 9 Reservisten. Schwerverletzt 1 Bremser und 16 Reservisten, sowie 2 Soldaten. Leichter verletzt, aber in ärztlicher Behandlung 1 Zugführer, 19 Reservisten und 1 Soldat, zusammen 40 Verletzte. Auch unter den bei ihren Truppen⸗ theilen verbliebenen Reservisten haben sich noch einige leichter verletzte Personen gefunden. Ueber die Zahl derselben kann indessen eine Aus⸗ kunft zur Zeit noch nicht gegeben werden.
Die Untersuchung ist sofort, nachdem ich die Nachricht erhalten hatte, durch einen von mir entsandten Ksmmissar aufgenommen worden. Das Reichs Eisenbahnamt hat seinerseits auch einen Kom⸗ missar entsendet und drittens hat natürlich die Staatsanwaltschaft die Sache sofort in die Hand genommen. Das hohe Haus darf ver— trauen, daß, wenn die demnächst abgeschlossene Untersuchung einen Anhalt dafür bieten sollte, daß Mängel in den allgemeinen Anord⸗ nungen und Einrichtungen auf die Katastrophe von Einfluß gewesen sind, oder wenn die Untersuchung Fehler oder Versehen seitens des Personals klarlegen sollte, daß dann mit allem Ernst von der Ver⸗ waltung eingeschritten werden wird. Bedauerlich im höchsten Maße ist dieser Unglücksfall, der schwerste, der seit Dezennien die Staats bahnverwaltung betroffen hat.
Der Kommissiontzantrag wird ohne Debatte angenommen.
Auch der Bericht über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Jeitraums vom 1. Oktober 1895 bis ebendahin 1896 wird auf Antrag derselben Kommission durch Kenntnißnahme für erledigt erklaͤrt .
Namens der Petitionskommission berichtet sodann Ober⸗ Bürgermeister Dr. Koh li⸗Thorn über die Petition der Wittwe Anna Hansen in Schwabstedt um Erwirkung einer Entschädi⸗ gung aus Staatsmitteln fin eine ihrem Ehemann gehörig ge⸗ wesene, inzwischen aufgehobene Fährgerechtigkeit. Der Kom⸗ missiongantrag auf Ueberweisung zur ohne Debatte zur Annahme.
Ober⸗Bürgermeister Veltman⸗Aachen berichtet über die . des Bürgermeisters Beuder in Worringen um so⸗ ortige Ausbaggerung der Rheinuferbucht in Worringen auf Staats kosten. Die Kommission hatte bereits den Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung gestellt; auf den Einspruch eines Reglerungskommissars war aber der Gegenstand an die Kommission zurückoerwiesen worden. Ihr abermaliger Antrag au , zur Berücksichtigung, soweit in J. die Wiederherstellung des früheren i der Rheinuferbucht in Worringen beantragt wird, wird nach kurzer Debatte angenommen.
Es folgt die einmalige Schlußberathung des Antrages des Grafen Udo zu Stolberg-Wernigerode, betreffend die Aufhebung von Zollkrediten bei der Ein fuhr von Getreide 2c.
Der Antrag lautet:
die Staatgregierung zu ersuchen, dieselbe wolle ihren Einfluß im Bundegrath dahin geltend machen, da 16 dem vom Reiche. tage angenommenen Antrage, betr. die Aufhebung von Zollkrediten 6 der Einfuhr von Getrelde u. s. w., seine ö ertbeile und die zur Durchführung dieses Antrages erforderlichen Anordnungen sobald als möglich treffe.
Der Referent Herr von Below ⸗Saleske bat ö dem An ·
erüͤcksichtigung gelangt
trage die Zustimmung u ertheilen. Da er verhindert an der Sißung tbellsunebmen, Übernimmt Graf zu Inn und Knyp⸗ hansen an seiner Statt die Begründung dieses 82 Ga gelte, hen Widerstand der Relchsregterun Caen diese so gerechte Forderung der Landwirthschaft zu brechen, und dazu sei auch der Belstand des Herrenhauseg nöthig und werihvoll.
1. Udo zu Stolberg . unter den heutigen Verhältuissen von den kleinen Mitteln zur Besserung der Lage der Landwlrthschaft wel an die * 6 ten: die Sperrung der Grenze zur Abwehr der 6 euchen und die Beseltigung der . Lehtere e sel cine nolhwendige Ergänzung der Ausbebung des Identitätsnachwelses
und trage keinen extrem agrarischen Charakter. Die Transitlager sollten damit keineswegs beseitigt werden. Redner bespricht dann den im Reichstage mit großer Mehrheit angenommenen Antrag im Einzelnen und empfiehlt dem Hause, sein Votum für die Annahme desselben durch den Reichskanzler und den Bundesrath in die Wachschale zu legen. Die Aufhebung der Zollkredite sei das eigne Mittel, um einer⸗ seits sogleich eine Besserung des Getredepreises herbeizuführen und andererseits die kleinen und mittleren Mühlen gegenüber der Groß= müllerei existenzfähig zu erhalten. Die Regierung habe die Pflicht, in solchen Lebensfragen der Landwirthschaft sich nicht erst vom Landtage drängen zu lassen, sondern selbst die Initative zu ergreifen, Schon sei die Angelegenheit lange verschleppt worden; die Ernte stehe vor der Thür, und es sei die höchste Zeit, daß das Stadium der Er⸗ wägungen überwunden werde.
Ober⸗Bürgermeister Struckmann bemerkt zur Geschäfts˖ ordnung, daß der vom Reichstage angenommene Antrag hier garnicht im Wortlaut vorliege. Man müsse doch wissen, für was man sich engagieren solle.
Graf Udo zu Stolberg giebt diesen formalen Mangel zu, . ö daß der Gegenstand auch in seinen Einzelheiten allgemein
ekannt sei.
Ober: Bürgermeister Stuckmann perliest den ihm vom Re⸗ ferenten überreichten Antrag des Grafen Schwerin ⸗Löwitz, um ihn zur Kenntniß derjenigen Mitglieder des Hauses zu bringen, die nach seiner Meinung von dem Inhalt keine nähere Kenntniß haben.
Graf von Klinckowstroem will auch die gemischten Transitlager beseitigt wissen und ist insoweit mit dem Antrage des Grafen Stol⸗ berg nicht einverstanden. Ihm liege nichts an der Nachzahlung der Zinsen für den Kredit, wohl aber sehr viel an der Beseitigung des lebelstandes, ß der auf Transitlager einführende Getreidehändler bis zu einem Drittel des Anlagekapitals spare gegenüber jedem anderen Getreidehändler. Die gemischten Transitlager müßten aufgehoben werden, das verlangten die , und die Landwirthschafts kammern, während nur einzelne Großkaufleute an der Fortexistenz derselben ein Interesse bätten. Bei den Ministern, dem Finanz ⸗Minister wie dem landwirths . lichen Minister, scheine in dieser brennenden Frage noch immer keine Klärung der Ansichten eingetreten zu sein. Auch Graf Mirbach und Graf Kanitz, auf die sich die Minister beriefen, hätten ihre Ansicht über die Transitlager geändert. Unter Heranziehung einer Reihe von Auslassungen von nach seiner Ansicht kompetenten Beurtheilern der Frage in der Pr und in besonderen Broschüren und unter Ver⸗ werthung zahlreicher statistischer Daten sucht Redner die Noth⸗ wendigkeit der Aufhebung der Transitlager darzuthun, die der Land⸗ wirthschaft enorm hr sh seien und eine ganz unverhältnißmäßige Bevorzugung bedeuteten für eine Handvoll großkapitalistischer Ge⸗ treidehändler und für ca. dreißig Riesenmühlen gegenüber 38 000 kleinen Mühlen. Während letztere dem Ruin verfielen, ver⸗ theilten die Riesenmühlen bis zu 19 und 12 0½ ͤ Dividende. Die Be— hauptung der Nothwendigkeit des Mischens des russischen Getreides mit dem ö sei durch gründliche Nachforschungen der ost⸗ preußischen Landwirthschaftskammer völlig als Märchen nachgewiesen worden, als Märchen, ersonnen vom Handel der Seestädte, um sich Vortheile zu verschaffen. Die Transitlager dienten auch keineswegs in der Hauptsache dem Transit resp. Export, sondern die importierten Getreidemengen kämen schließlich in den Inlandeverkehr und drückten auf den Inlandspreis. Also nicht halbe Maßregeln! Man mache tabula rasa, dann werde die Landwirthschaft wirklich erkennen, daß es der Regierung mit der Besserung ihrer Lage Ernst ist. zei Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗
ein;
Meine Herrea! Es handelt sich bei dem vorliegenden Antrag im wesentlichen um eine zollpolitische Frage. Ich gebe zu, daß die Be⸗ deutung der Frage an sich auch eine hervorragend landwirthschaftliche ist; aber der Antrag, welcher bezweckt, die preußische Staatsregierung zu ersuchen, daß sie ihre Stimmen im Bundesrath für die Aufhebung von Zollkrediten abgebe, ist eine zollpolitische Frage und gehört daher nicht in das Ressort der landwirthschaftlichen Verwaltung, sondern, soweit es sich um die Abgabe der preußischen Stimme handelt, zu dem Ressort des Herrn Finanz⸗Ministers. Der Herr Finanz nMinister hat mich gebeten, ihn heut bier zu vertreten, weil er durch anderweite Verhandlungen verhindert ist, an der heutigen Berathung theilzunehmen, und auch seinen Standpunkt in dieser Frage darzulegen. Meine Herren, namens der Staatsregierung und namens des Herrn Finanz⸗Ministers habe ich Ihnen mitzutheilen, daß die Staatsregierung zu dem im Reichstag gestellten Antrag bezw. zu dem Unterstützungbantrage dieses Reichstagsantrages, der im Abge⸗ ordnetenhause beschlossen ist, noch keine Stellung genommen hat. Daraus folgt, daß ich nicht in der Lage bin, hier namens der Staatsregierung zu der materiellen Frage mich zu äußern. Dieselbe Erklärung hat bereits der Herr Finanz⸗Minister im Abgeordnetenhause abgegeben.
Formell, meine Herren, liegt die Sache folgendermaßen: In An⸗ erkennung der großen Bedeutung der Frage, betreffend Beseitigung der Zollkredite, hat die preußische Staatsregierung und zwar durch die verschiedenen Ressorts, die Landwirthschaftskammern, den Handel und andere Sachverständigen über die Frage gehört. Dies Material liegt seit Ende vorigen Jahres vor. Beispielsweise ist ein sebr wesentlicher Bericht der Landwirkhschaftskammer von Westpreußen erst gegen Ende Dezember bei der landwirtbschaftlichen Ver⸗ waltung eingegangen. Ebenso steht es mit dem Material, was der Herr Handels Minister, der Herr Finanz Minister auch durch eingehende Gutachten der Steuerbebörden eingezogen bat. Daraus, meine Herren, ersehen Sie, daß die geschäftliche Bebandlung dieser Frage wegen Zeitmangels kaum vollständig bat geklärt werden können. Das umfangreiche Material war ju sichten, die einzelnen Ressorts mußten zu der Frage Stellung nehmen. Aber, meine Herren, auch damit war die Sache noch nicht erledigt; denn um einen Be—⸗ schluß des Staats . Ministeriums berbeizuführen, war ein Austausch gegenseitiger Noten der Herren Minister unter einander erforderlich und das erfordert stets längere Zeit. So ist die Verzögerung erklärlich und entschuldbar. Wann die Berathung über den Antrag im Bundesrath stattfindet, ist unabhängig von der Entschließung der preußischen Staatsregierung, da darüber im Bundesrath selbst bestimmt wird. So, meine Herren, können Sie sich klar machen, daß, wenn auch die preußische Staats regierung der Bedeutung dieser Frage nach beiden Richtungen bin, sowobl rücksichtlich der Aufhebung der gemischten Transitlager wie rücksichtlich der Zollkredite die größte Bedeutung beilegt und ibrerseits alle gethan hat, um sich Klarbeit üder die Frage zu verschaffen, doch schon wegen der sormellen Schwierigkeiten erklärlich ist, daß die Sache nicht so rasch bat zum Mbschluß gebracht werden können.
Aber meine Herren, ich möchte noch auf einen ganz anderen Gesichtspunkt hinweisen, und in dieser Beziehung befinde ich mich in voller Uebereinstimmung mit Derrn Grafen don Klinckowstroem. Derselbe führte aus, daß es sich nicht alleln um die Frage der Auf⸗ hebung der Zollkredite bandele, daß auch die gemischten Transitlager mit in Frage kämen und daß die Beurthellung dieser Fragen außer . ordentlich schwierlg sei. Meine Derten, es kommen noch weitere Fragen in Betracht. Dat Müblenkonto, was Herr Graf ju Stol