Aichtamtliches Deuntsches Reich.
Preußen. Berlin, 3. Juni.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten 6 Vormittag im Neuen Palais die Vorträge des Kriegs⸗ inisters, General⸗Lieutenants von Goßler, des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke, des Chefs des General⸗ stabes, Generals Grafen von Schlieffen und des Chefs des Ingenieur⸗ und Pionier⸗Korps, Generals Vogel von 6 stein. Um 12 / Uhr empfingen Seine Majestät den Reichs⸗ kanzler Fürsten zu Hohenlohe.
Der Bundesrath versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung. Vorher beriethen die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen.
Der Kaiserliche Botschafter in Paris Graf zu Münster ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Bot⸗ schaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische 2 Geheime Kriegsrath Habel ist nach München abgereist.
Sachsen⸗Meiningen.
Seine Hoheit der Herzog ist gestern von England nach Meiningen zurückgekehrt.
Oefterreich⸗ Ungarn.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses gab der Abg. von Jaworski im Namen der Majorität folgende Erklärung ab:
„Wir und mit uns die große Mehrheit der österreichischen Völker sind zu der unumftößlichen Ueberzeugung gelangt, daß bei den gegen⸗ wärtigen Verhältnissen im Hause nicht nur jede ersprießliche parla— mentarische Arbeit unmöglich ist, sondern der Parlamentarismus selbst auf das Aeußerste bedroht ist. Wir erachten es daher für müßig, die Sitzungen weiter zu führen. Wir beharren aber auf der Grundlage der Prinzipien unseres Adreßentwurfs und zwar: der Anerkennung der historischen und politischen Rechte der Königreiche und Länder, der gerechten Durchführung der Gleichberechtigung aller Nationen, der Pflege echter Religiosifät und Sittlichkeit, sowie fruchtbarer wirth= schaftlicher und sozialer Hebung aller Klassen der Bevölkerung. Wir werden daran als an unserem Programm auch für die Zukunft fest⸗ halten. (Lehhafter Beifall rechts, Lärm links.)
Der Minister⸗Präsident Graf Badeni erklärte: Namens der Regierung konstatiere ich mit lebhaftem Bedauern die offenkundige Thatsache, daß das Haus durch die Vorgänge, welche seit einiger Zeit sich in diesen Räumen abgespielt haben, in der Aus- übung seiner ihm verfassungsmäßig obliegenden Thätigkeit gewaltsam verhindert wurde (Unterbrechungen links), wodurch der Gang der öffent lichen Angelegenheiten eine dem Staatsinteresse abträgliche und den klaren Bestimmungen der Verfassung zuwiderlaufende Hemmung erfahren hat. (Neue Unterbrechungen links) Das Haus wird sich gewiß nicht der Erkenntniß verschließen, daß das öffentliche Leben durch die weitere Fortsetzung und Duldung solcher die Grundlagen der parlamentarischen Einrichtung untergrabenden Auftritte in hobem Grade bedroht erscheint. Denselben ein Ende zu setzen, ist geradezu ein Gebot der staatlichen Nothwendigkeit. Die Regierung, welche die Erfüllung ihrer staatlichen Aufgaben in und außer dem Hause jederzeit sich vor Augen hält (lärmende Unterbrechungen links), ist überzeugt, hierbei in Uebercinftimmung mit der überwiegenden Mehr— heit der Mitglieder des hohen Hauses vorzugehen. Sie ist sich aber auch ihrer Verant woriung voll bewußt weitere Unterbrechungen links)] und erachtet sich als verpflichtet, eine Beeinträchtigung der Staatsinteressen, welche sich aus der Vereitelung der parlamentarischen Thätigkeit ergeben muß, unter allen Umständen hintan zuhalten. Im Allerhöchsten Auftrage erkläre ich die zwölfte Session des Reichsraths für geschlossen. (Lebhafter Beifall rechts, großer Lärm links) . ꝛ
Der Vize⸗Präsident Abrahamonicz richtete sodann eine kurze Ansprache an das Haus und schloß mit einem Hochruf auf die geheiligte Person des Kaisers, welcher hoch über Allen und über den letzten Stürmen stehe“ Sämmtliche Mit—⸗ glieder brachten ein dreifaches, begeistertes Hoch auf den Kaiser aus. Unter großer Erregung verließen sodann die Abgeordneten den Sitzungssaal. ; ö
Gestern Nachmittag wurde der Minister⸗Präsident Graf Badeni von dem Kaiser in einer einstündigen besonderen Audienz empfangen.
Großbritannien und Irland.
Die „Times“ bringt aus Aden vom gestrigen Tage die Nachricht, daß die britische Gesandtschaft, welche den König Menelik von Abessynien besucht hat, mit der Ueber— bringung eines Schreibens Menelik's und von Geschenken der Königin von Abessynien für die Königin Victoria be⸗ auftragt worden sei.
Frankreich.
Die Bureauxy der Deputirtenkammer wählten estern die Kommission zur Vorberathung des
udgets für das Jahr 1898. Von den 33 Mitgliedern der Kommission sind, dem „W. T. B.“ zufolge, 28 Anhänger des Ministeriums, und diese dürften das Budget so annehmen, wie es vorgelegt ist. Unter den Gewählten befinden sich Graux, Roux, Delombre, Krantz, Berger und Millsrand.
Italien.
Der König von Siam ist heute Vormittag in Rom eingetroffen und am Bahnhofe von dem König Humbert, dem Kronprinzen und den Vertretern der Behörden empfangen worden. Vom Bahnhofe bis zum Quirinal bildeten Truppen Spalier; auf dem ganzen Wege . sich eine große Menschenmenge zur Begrüßung angesammelt. Im Quirinal, woselbst der König als Gast des Königs Humbert weilen wird, wurde derselbe von der Königin und der Prinzessin von Neapel empfangen.
Eine aus dem Kommandeur, SOberst⸗Lieutenant von Alten und zwei anderen Offizieren des 1. Hessischen Husaren⸗Regiments Nr. 13 bestehende Deputation welche dem König die Glückwünsche zu seinem 25 jährigen Jubiläum als Chef des Regiments überbringt, ist, wie
„W. T. B.“ berichtet, gestern Abend in Rom eingetroffen und am Bahnhof von einem Ordonnanz-Offizier des Königs und dem deutschen Militär⸗Attachs, Major und Flügel⸗Adjutanten von Jacobi empfangen worden.
Spanien.
Die Königin-⸗Regentin hat, wie ‚W. T. B.“ meldet, gestern das Dekret, durch welches die Session der Cortes geschlossen wird, 2
Der Minister⸗Präsibent Canovas del Castillo hat angesichts der schwierigen Verhältnisse in den Kammern der Königin⸗Regentin die Demission des Ministeriums angezeigt. Die Entscheidung der Königin⸗Regentin wird in der heutigen Conseilsitzung erwartet.
Türkei.
Das Wiener „Telegr⸗Korresp⸗Bureau“ meldet aus K on⸗ stantinopel, daß heute auf der Pforte die erste Sitzung stattfinden werde, in welcher über den Friedensschluß ver⸗ handelt werden solle. Der Minister des Aeußern und die Botschafter würden an derselben theilnehmen.
Der Standard“ erfährt aus Konstantinope!l vom gestrigen Tage, daß der Ministerrath die Aufmerksamkeit der Mächte auf die unbefriedigende Lage auf Kreta gelenkt und die Ansicht ausgesprochen habe, daß die Türkei mit der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung auf der Insel be⸗ traut werden sollte.
Griechenland.
Die griechischen Delegirten sind aus dem türkischen Lager wieder in Lamia eingetroffen. Die Verlängerung des Waffenstillstandes sollte heute bei Sonnenaufgang unterzeichnet werden und zwei Vertreter der Zivilbehörden seitens Griechenlands an der Unterzeichnung theil nehmen.
Die „Ephimeris“ setzt ihre Enthüllungen über die Ethnike Hetairia“ fort und veröffentlicht ein Zirkular des Verwaltungsraths der Gesellschaft vom 26. März d. J., welches an alle Unterabtheilungen derselben gerichtet ist. Dieses Zirkular greift die Regierung an, weil diese das Werk der Gesellschaft hindere, erklärt, die Gesellschaft habe 3000 Mann bewaffnet, und appelliert an alle Mitglieder der Gesellschaft, jede antinationale Lösung zu verhindern. Es heißt sodann weiter: das begonnene Wer könne erst dann unterbrochen werden, wenn die von Rechtswegen Griechenland zustehenden Provinzen frei sein würden. er Verwaltungsrath der „Ethnike Hetairia“ lege jedem Mitgliede der Gesellschaft dringend ans Herz, alles in seinen Kräften Stehende zu thun, um den Ausbruch des Krieges herbei⸗ zuführen und jede Lösung zu verhindern, die nur Flick— werk wäre.
Amerika.
Aus Havanna wird berichtet, daß eine Proklamation des Generals Weyler größere Operationen im östlichen Theile der Insel ankündige und verschiedene Maßregeln verfüge, af welche den . alle Hilfsmittel entzogen werden ollten.
Afrika.
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Cape⸗Coast⸗ Castle vom gestrigen Tage gemeldet, daß Lieutenant Hendersön sich auf dem Ruͤcmarsch aus dem Jimini⸗Gebiet nach Kumassi befinde und Geschenke von Samory für den Go vverneur überbringe.
Nr. 22 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts“ vom 2. Juni hat folgenden Inhalt: Gefundbeits⸗ stand und Gang der Volkskrankheiten. — Sterbefälle im April. — Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. — Gesundheitswesen im Reg. Bei. Frankfurt, 1592594. — Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich) Ge⸗ heimmittel. — (Preußen, Reg.-Bez. Posen.) Spiritusbrennereien. — (Reg.⸗ Bez. Breslau.) — Schweine seuchen. — (Reg. Bez. Köln.) Mineralwasserfabriken. — (Anhalt.) Viebentschãdigungen. — (Dester⸗ reich) Lebensmittel ꝛc. — (Frankreich) Kunstweine. — (Belgien.) Backstein, und Dachziegelbrennereien. — (Vereinigte Staaten von Amerika) RindfleischausfuhtS:: — Gang der Thierseuchen. Influenza unter den Pferden in Preußen und Braunschweig, 1896. — Thierseuchen in Ungarn, 1895. — Desgl. in Rußland, 1896. — Desgl. in Bulgarien 16597, 1. Vierteljahr. — Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuchen. (Württemberg, Oesterreich, Straits Settlements.) — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften. (Preußen.) Homöopathie, Kurpfuscherei ꝛc. — Vermischtes. (Preußen. Berlin. Ausstellung für Nahrungsmittel ꝛc. — Geschenkliste. — Monats tabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, April. — Deegl. in größeren Städten des Aus landes. — Wochentabelle über die Sterbefaͤlle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Aus- landes. — Erkrankungen in Kranken häusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt ⸗ und Landbezirken. — Witterung.
Arbeiterbewegung.
Die Metallarbeiter Erfurts erklärten sich, wie der Vorw. meldet, am Sornabend in einer Veriammlung für folgende Forde⸗ rungen: Verkürzung der Arbeitszeit, Lohnerhöhung von wenigftens 15 Ho, 333 0 Aufschlag für Ueberstunden und Sonntagsarbeit; ferner soll den Accordarbeitern wöchentlich eine Summe ausgezahlt werden, die dem üblichen Wochenlohn entspricht. Eine Kommission hat den Unternehmern diese Forderungen im Laufe der Woche vorzulegen.
Die Klempner Bielefelds (ogl. Nr. 123 D. Bl) haben, dem ‚Vorw.“ zufolge, die Forderung auf 3 Minimallohn fallen lassen, um den Ausstand schneller zu beenden. ö .
Wie dasselbe Blatt mittheilt, haben 45 Tischler der Firma Zulebner u. Co. in Cassel, sämmtlich Mitglieder des Holjarbeiter⸗ Verbandes, die Arbeit niedergelegt, weil statt einer direkten Ver⸗ kärjung der Arbeitszeit eine Verlängerung der Vesperpause auf 1è Stunde eingefũhrt werden sollte. ; ;
Hier in Bertin hielten, der ‚Voss. Ztg. zufolge, gestern Abend einige Tausend Maurer (vgl. Nr. 127 d. Sl) eine Versammlung ab, um zu der ablehnenden Antwort der Berliner Maurer⸗Innung auf die Forderungen der Maurergesellen — reunständige Arkeits zeit und s) 3 Stundenlohn — Stellung zu nehmen. Der Ver⸗ trauensmann Silberschmidt griff die Innungsmeister an und theilte mit, daß nach der letzten Kontrole auf 653 Berliner Bauten 7316 Maurer tbätig gewesen seien. Auf 145 Bauten hätten 1631 Maurer bei neunstündiger Arbeitszeit gegen 609 3 Stundenlohn gearbeitet auf 464 Bauten bi67 Maurer bei gleicher Arbenlszeit mit oö 3 Lohn, auf 27 Bauten 336 Maurer bei neunstündiger Arbeitszeit mit 55 bis 60 3 Lohn, auf 13 Bauten 82 Maurer bei zebnstündiger Arbeitszeit gegen oo bis 55 3 Lohn und auf 4 Bauten 79 Maurer gegen Accord. 100 Maurer seien gemaßregelt, 300 arbeitslos, und 500 besäßen keine Kontrolkarten und arbeiteten in Vororten. Der Rehner empfahl, der Pfingstfeiertage wegen von einem Augstande abzusehen. Eg wurde beschlossen, in der Woche nach Pfingsten in einer Versammlung über einen allgemeinen Ausstand zu berathen.
In Mannheim hat, wie die ‚Volksstimme“ mittheilt, eln Theil der Schmiede und Wagner die Arbeit eingestellt.
In Dregden wollen, wie die Frkf. Zig.“ erfäbrt, die Tischler⸗Gesellen behufs Erreichung einer Lehnerhöhung einen allgemeinen Ausftand ins Werk setzen.
In Zwickau beschloffen, der Lpj. Ztg.“ zufolge, die Maurer vergl. Nr. 114 d. Bl) am 29. Mai in einer Versammlung, einen Klassenlobntarif von 34 bis 37 3 die Stunde gusarbeiten zu lassen und den Meistern zu unterbreiten, um nöthigenfalls nach Ablehnung des Tarifs zum allgemeinen Ausftand zu schreiten.
Der. Köln. Ztg. wird aus Verviers gemeldet: Der Maurer= ausstand im hiesigen Arrondissement, der zu Ende voriger 34 beendigt schien, dehnt sich von neuem aus. Gestern stellten sämmtliche
ter an der neuen Kirche in Lambermont die Arbeit ein. Die Aueständigen halten täglich mehrere Versamm lungen ab und berufen ich auf die Angebote deutscher Arbeitgeber, die Maurer zu 4 bis 4.50 ½ Tagelohn suchten.
In New⸗Jork haben demselben Blatt zufolge, 22 0090 Kleider⸗ macher gl. Nr. 11898 2 Bl.), die Mehrzahl russisch⸗olnische Juden, den Ausftand erklärt. Sie verlangen Lobnerhöhung und Abschaffung der Stückarbeit. Es wird erwartet, daß die Zahl der Ausständigen sich auf 35 000 erhöhen werde.
Kunft und Wissenschaft.
Die vhilosopbisch historische Klasse der Königlich vreußischen Akademie der Wifsenschaften bat vor mehreren Jahren die Herstellung eines wissenschaftlichen Wörterbuches der deut- schen Rechtssprache in Aussicht genommen:; ein Unternehmen, das die germanistische Rechts, Geschichis⸗ und Sprachwissenschaft schon längst als ein dringendes Bedürfniß empfunden hatte. Nachdem daz Kuratorium der Bermann und Elise geb. Heckmann Wentzel-Stiftung“ die für jenen Zweck voraussichtlich erforderlichen Mittel zum theil fest be—= willigt, zum theil unter gewissen Bedingungen und Voraussetzungen in Aus⸗ sicht gestellt hatte, wãhlte die Klasse am 5. November 1896 für das Unter nehmen eine akademische Komm ission, die aus den Herren von Amira in München, Brunner, Dümmler, Gierke, Weinhold in Berlin, Frensdorff in Göttingen und Richard Schröder in Heidelberg besteht. Diese Kommission einigte sich in ihren Sitzungen vom 3. und 4 Ja—⸗ nuar d. J. binsichtlich der Anlage des Wörterbuches über folgende Grundsäße, deren Veröffentlichung beschloffen und von der Klasse ge⸗ nehmigt wurde: *)
J. Nur ein Wörterbuch der deutschen, nicht ein Wörterbuch der germanischen Rechts sprache wird geplant. Damit ist es ausgeschlossen, daß die skandinavischen Quellen spstematisch ausgezegen werden. Dennoch erscheint die Berücksichtigung der nordgermanischen Ter- minologie als geboten, soweit es sich um gemein⸗germanische Wörter handelt und soweit die Geschichte und Erläuterung eines deutschen Rechts wortes sie verlangen. Dasselbe gilt von den gothisch- burgundischen Quellen.
1I. Dagegen sind die deutschen, das heißt die westgermanischen Rechtstermint sämmtlich aufzunehmen, also auch die langobardischen, friesischen und angelsächsischen. Rechtsterminus ist jeder Ausdruck für eine rechtlich relevante Vorstellung mit Einschluß der Symbole, Maße und Münzen. Ausgeschlossen bleiben Fremdwörter, ebenso Eigennamen, soweit sie nicht, wie z. B. Malberg, Detmeld, eine technisch juriftische Bedeutung haben. Dagegen sind zu berücksichtigen einerseits die Lehnwörter des deutschen Sprachschatzes, andererseits — aber nur auf Grund der vorhandenen Glofsare und Wörterbücher — die dem Deutschen entlehnten Rechtswörter der nordgermanischen und romanischen Sprachen.
Zusammengesetzte Wörter werden, wo dies von Interesse sein kann, auch nach dem zweiten Kompositionsgliede eingestellt, also z. B. balemund, leibgeding, landgraf, afgan unter mund, geding, graf, gan, dagegen nicht erhalen unter holen, nicht eilos unter los. Aufjunehmen sind alle selbständigen (kompositionsähnlichen) Wortvmerbindungen, j. B. Hab und Gut, Erb und Eigen, Haus und Hof u. dergl.
IHII. Die Quellen sollen bis etwa 1750 spstematisch ausgebeutet werden. Deshalb ist aber die Berücksichtigung jüngerer Quellen nicht grundsãtzlich ausgeschlossen. ; .
IV. Jeder Wortartikel soll bringen: 1) Belegstellen in Aus—⸗ wahl, wo möglich aus allen Rechtsgebieten und Zeitaltern, wichtigere Stellen in eztenso. Bei allgemein gebräuchlichen Wörtern genügt es, Anfangs und Endpunkte des Gebrauches zu fixieren. Besondere Be—⸗ rücksichtigung verdienen Stellen, welche Etymologien, Definitionen, Synonyma, Glossen oder Gegensätze enthalten; 27 die verschiedenen Bedeutungen des Wortes oder der Wortverbindung in mög⸗ sichst genetischer Ordnung, bei Wörtern mit wechselnder Be— deutung, soweit es durchführbar, belegt durch Beispiele aus jedem Halbjahrhundert. Usuelle und ocęgasionelle Bedeutung . aus einander gehalten, auf den Zusammenhang zwischen Wörtern verschiedenen Stammes, auf Synonyma und Gegensätze soll bingewiesen werden; 3) die Etymologie des Wortes, soweit sie festgestellt werden kann; ) die Altersbestimmung u. a. nach der Lautgestalt, insbesondere bei Entlehnungen aus fremden Sprachen — wie z. B. Kerker (Karkari) aus carcerem, Manger (wangari) aus mango. Münze Cmunita, ags. mynst, ahd. munizza) aus moneta, Pacht (mhd. phaht, ahd. pfahta) aus pactum — oder auf Grund der Entlehnung aus dem Deutschen in fremde Sprachen — 3. B. burgus (burgum) im Lateinischen seit dem zweiten Jahrhundert — oder nach Parallelen in verwandten Sprachen, oder von Wörtern, die zum Zweck der Ueber setzung fremder gebildet sind = . B. Gläubiger (glauber) nach ersditor; 5) Literaturangaben in möglichst deutlicher Gruppierung. — * ein Wortartikel zur rechte geschichtlichen oder rechtsantiqugrischen ono- graphie auswachse, ist schlechterdings zu vermeiden. Rechtssätze dürfen nicht um ihrer selbst willen angeführt werden. Das Wörterbuch soll weder ein Reallexikon noch ein antiquarisches Glossar werden.
V. Sie Vorbereitung und Ausarbeitung des Werkes wird in zwei scharf zu sondernde Äbschnitte zerfallen: .
1) Die sammelnde Thätigkeit, das Zusammenbringen des zu ver- arbeitenden Materials. Sie besteht hauptsächlich in dem Excerpieren der Rechts denkmaler und der Nebenquellen (d. b. der mittelbaren Erkenntnißquellen des Rechts, der gelegentlich sogenannten Profan= quellens. Urkunden und Nebenquellen werden nur in sachgemäßer Auswahl excerpiert. Ungedrucktes Material systematisch heranzuziehen, wird nicht beabsichtigt. Eine Vorarbeit, welche dem Unternehmen namentlich für die Abgrenzung der Rechtswörter gegenüber dem son= stigen Wortvorrath zu statten kommen dürfte, wird das Rechtswörter verzeichniß darbieten, welches Richard Schröder auf Grund der Wörter⸗ bücher und der den gedruckten Rechtsquellen beigefügten Gloffare auszuarbeiten begonnen bat. Nur die allerwichtigsten Rechtsquellen follen auf Perikopenbogen abgeschrieben und verzettelt werden. Für bie Excerpforen hat die Kommission eine besondere Instruktion fest⸗ geftellt, welche vervielfältigt werden soll. Zu den Excerpten darf nur ein genau bestimmtes Zettelfermular verwendet werden und zwar das Oktapblatt des fogenannten Reichsformats. Das Nähere sagt die er⸗ wähnte In ftruktion. ö U ö .
3) Die verarbeitende Thätigkeit, darin bestehend, daß auf Grund⸗ lage des gewonnenen Materials die einzelnen Wortartikel abgefaßt, in gebzrige Srdnung und in gegenseitige Beziehung gebracht werden,. Verweifungen werden sich in beträchtlicher Menge ergeben, weil jede Wortform, soweit sie nicht eine bloß graphische Besonderheit ift, in der asphabetischen Ordnung vertreten sein muß, . sie leicht nachgeschlagen werden kann. Wenn angänzig, ist der Wort ⸗ artikel unter der neubochdeutschen, eventuelUl unter der älteren hoch⸗ dentschen oder unter der dem Hochdeutschen zunächst stehenden Wort- form zu bringen, wogegen die Woriformen, die sich nicht an derselben Stelle der alphabetischen Ordnung einreihen lassen, gehörigen Orts mit kurzer Verweifung auf den Wortartikel aufzunehmen sind, 3. V.
) Sitzungsberichte d. Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin‘, Jahrgang 1397, Nr. VII.
frief. bon siehe Bann. Die Exceryten zettel erhalten daber ein zwei⸗ aches Stichwort: eines, das der Ercerptor nach der Wortform der undstelle anbri igt, ein zweites, das der Herausgeber einsetzt, um auf den Wortartikel zu verweisen, in dem das Excerpt verwerthet werden soll. Die wissenschaftliche Leitung des Unternehmens und zu⸗ leich die Hauptarbeit bat * Geheimer Hofrath, Professor Dr. ichard Schröder zu Heidelberg (Neuenheimer Landstraße 2) über- nommen.
Die Kommission ist der Ansicht, daß das Werk in zebn bis zwölf Jahren hergestellt sein werde und daß der Umfang des Wörterbuchs ie nne, Druckbogen doppelt gespaltenen Quartformats jedenfalls nicht überschreiten werde.
— Die soeben erschienene Nr. 23 des Limesblattes“ enthält eine Mittheilung über die von den Herren Ober -Schulrath Seldan und Professor Anthes in Darmstadt an der Lim es strecke Kapers⸗ burg bis Kloster Arns burg in Hes sen neuerdings ausgeführten Unterfuchungen, bei denen es sich vornehmlich um die Erforschung der sogenannten Begleithügel handelte. Es sind dies Erd⸗ bügel, die von einem Graben umgeben sind und eine mehr oder weniger flache Erhebung von meist nicht bedeutendem Umfang dar⸗ stellen. Die früheren Grabungen der Herren Soldan und Anthes an den Begleithügeln der Odenwaldlinie barten ergeben, daß alle Hügel einen z. . in Höhe von 1 m erhaltenen viereckigen Steinunterbau aus Trockenmauerwerk enthielten. Bei allen diesen Steinbauten waren die vier Ecken ausgespart; darunter befanden sich 150 m tief in den Boden eingeschnittene Locher. Beim Ausräumen der letzteren ergab sich, daß sie zur Aufnahme starker Pforten gedient haben, die jeden⸗ falls einem hölzernen Oberbau angehörten. Gewöhnlich befinden sich die Hügel in der vächsten Nähe von Steinthürmen. Die neuen Grabungen der Herren Soldan und Anthes am Limes zwischen Kapersburg und Klofler Arnsburg baben nun zu dem Ergebniß geführt, daß diese in verschiedenster Weise gedeuteten Werke Theile einer selbständigen Limes Anlage darstellen. In allen Hügeln fladet sich. wie auf anderen Strecken, eine nach Art einer Tenne her⸗ gestellte Plattform, die von einem nahezu kreisförmig verlaufenden Spitzgraden umgeben ist. Gine Steinsegzung mit ausgesparten Ecken, wie fie sich im Odenwald findet, ist nickt vorhanden. Dagegen zeigen sich überall Löcher, in welche die 30 - 35 em starken, vierkantig be. bauenen Eckpforten eines Holjzthurmes 130 bis 140 m tief serkrecht eingesetzt waren. An einzelnen Stellen lagen neben den Holztbürmen noch Baracken oder Bleckbäufer. Vor den Holitbürmen, 30 bis 32 em von ihrer Front entfernt, fand ich überall, wo danach gesucht wurde, ein besonderes Gräbchen, welches mit dem längst bekannten, vor dem eigentlichen Pfablgraben oder dem Pfahl“ sich hinziebenden Gräbchen nicht ver⸗ wechselt werden darf. Anscheinend waren in diesen neu aufgefundenen Gräbchen nicht dicht nebeneinander stehende Palissaden eingesetzt, sondern vielmehr einzelne Pfosten mit Flecktwerk dajwischen. Neben den Holzthürmen oder doch wenigstens in der Linie derselben wurden stellenweise Erdschanzen aufgefunden, die noch einer genaueren Unter⸗ suchung harren; die in ibnen gemachten Scherbenfunde sind wie die in den Begleithügeln“ theils römischer, tbeils germanischer Herkunft und weisen auf dieselbe Zeit hin, in der die Holjthürme errichtet wurden. Die Erdschan zen, Holzthürme, Blockhäuser und der Palissadenzaun (xas Gräbchen) bilden zusammen eine selbständige Limeslinie, die militärisch sehr gut gezogen war. In ibr vermuthen Soldan und Anthes die älteste Limes Anlage, deren Entstebung sie in die Zeit Domitian s verlegen. In den bisher bekannten, den Pfahl begleitenden Palissaden⸗;
räben, den Steinthürmen und dem Pfahl selbst hat man nach ihrer e , die Anlage der mittleren und jüngeren Periode zu erblicken; der mittleren Periode dürften das Palissadengräbchen und die Stein⸗ thürme und der jüngeren Periode der Pfahl angehören, neben dem die Steinthürme noch beibehalten wurden. Die gemauerten Zwischen⸗ . auf dieser Linie stammen wobl aus der zweiten und dritten eriode.
Literatur.
Eine dramatische Dichtung in drei Akten Die Kaiserin des Balkans“ von dem Fürsten Nikolaus J. von Monte negro ist in einer deutschen Bearbeitung von Heinrich Stümcke im Verlage von E. Ebering in Berlin erschienen. Diese Dichtung ij von hohem poetischen Reiz in allen Einzel⸗ beiten, obgleich selbst durch eine gute Uebersetzung, wie sie hier vorzu⸗ liegen scheint, nicht der ganze Reichthum der ursprünglichen Sprache wiedergegeben werden kann. Der Fürstliche Dichter, der be⸗ sonders als Lyriker sich längst einen ehrenvollen Namen auch in Deutschland erworben hat, tritt bier mit einem groß angelegten dramatischen Werk hervor, welches ihm auch auf diesem Gebiete einen hervorragenden Platz sichert. Im Mittelpunkt der Dichtung steht, wie schen der Titel Die Kaiserin des Balkans“ vermuthen läßt, eine edle Frauengestalt, des Fürsten Perun tugendreine, junge und schöne Tochter Daniza, welche die Liebe jenes historischen . Stanko aus dem Hause Crnojevi gewonnen hat, der aus Neld gegen seinen älteren Bruder Georg zu den Türken übergeht. Wenn man von diesen historischen Punkten der Handlung ausgeht, muß man sie ans Ende des fünfzehnten Jahrhunderts verlegen; aber die dramatische Dichtung bindet sich nicht eng an die wirklichen historischen Vorgänge, sondern sucht in dieser 666 einzelnen Handlung ein volles Bild des
ebens und Charakters der serbischen Stämme, der Fürften und Völker zu geben. Wir sehen in dem Gedicht jene Fürstentochter ihrer großen Liebe zum Prinzen Stanko aus Vaterlandsliebe entsagen und, als sie den vaterlandeverrätherischen Geliebten auch nach einer verlorenen Schlacht, in der sein Bruder Sieger geblieben ist, nicht auf den rechten Weg zurückführen kann, freiwillig in den Tod gehen. Die einzelnen Gestalten der Dichtung sind klar und kräftig gezeichnet; die Handlung schreitet folgerichtig fort, wobei es nicht an lyrisch stimmungsvollen und an leidenschaftlich erregten Scenen fehlt. Die Sprache ist bilderreich, obne schwülstig zu werden. Der Fürst-⸗ liche Dichter bat sein Werk durch ein einleitendes Gedicht den Frauen Montenegros gewidmet, denen er eine seltene Auszeichnung zu theil werden läßt, indem er in der . Fürstin Daniza, wie er sagt, alle Frauen seines Volkes nach Verdienst ehren will. — Heinrich Stümcke hat der Dichtung eine interessante historische und literarhistorische Einleitung vorausgeschickt, welche dem Leser als Ein⸗ führung in die Handlung des Dramas willkommen sein wird. Außer⸗ dem ift das Buch mit einem guten Porträt des Fürsten Nikolaus J. geschmückt.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Weizenernte in der Kolonie Neu⸗Süd⸗Wales im Jahre 1896.97.
Nach einer neuerdings von dem Regierungsstatistiker der Kolonie Neu Sũd. Wales veröffentlichten Schätzung stellt sich das Ergebniß der diesjährigen Weizenernte in der genannten Kolonie, wie folgt:
Anbaufläche: Ernteertrag in 1000 ha auf 1 ha im Ganzen in kg in 1000 t
351 705,5 247, 8
Gesundheitõwesen, . , r. und Absperrungs⸗ eln.
Aus den ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. vom 2. Juni.
Pest.
Japan. Einer Mittheilung vom 14. April zufolge sind seit dem 23. März in der Präfektur Tainan (Süd- Formosc) 22 Pest- erkrankungen (davon 21 mit tödtlichem Verlauf) und 35 (30) zweifel⸗ hafte Fälle gestellt worden. In der Präfektur Taichu (Mittel. Formofa) wurden in dem Hafenplatz Lokang seit dem 17. März 3
G3) ur zweifelbafte und 4 (4) verdächtige Fälle angeieigt. In der Präfeltur Taipeh (Nord- Formosa) sind seit dem J. Januar d. J 16 unzweifelhafte und 141 verdächtige Fälle zur Meldung gebracht worden; 19 Erkrankte starben.
Cholera.
Britisch⸗Ostindien. Kalkutta. Vom 18. bis 24. April r. 117 Personen an Cholera, 6 an Pocken und 210 an ie b ern.
Gelbfieber.
Verschiedene Erkrankungen.
New⸗Jork 2. St. Petersburg 3, Warschau
Pocken: Petersburg 20 Erkrankungen;
4 Todesfälle; Paris 4, St. ĩ Rückfallfieber:; Motkau 3 Todesfälle; Genicktarre⸗ Elberfeld 2, Regierungsbezirk Düsseldorf 3, New Vork 5 Todesfälle; in den Regierungsbezirken Arnsberg 4, Düsseldorf und Minden je 2, Kopenhagen, Wien je 4 Erkrankungen; Influenza: Berlin 3, Frankfurt a. M., Amsterdam je 2, Lendon 18, New⸗YJork II, Paris, St. Petersburg je 3, Rom 2 Todesfälle; Kopenhagen 28, Stockholm 27 Erkrankungen; Keuchhusten: Wien 64 Er—⸗ krankungen. — Mehr als ein Zehntel aller Geftorbenen starben an Masern ¶Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1891,90: L300 9): in Edinburg — Erkrankungen wurden angemeldet in Berlin 68, Breslau 383, in den Regierungsbezirken Arnsberg 123, Düsseldorf 104, Münster 130, Posen 294, Stettin 91, Wiesbaden 175, in Hamburg 25. Budavpest 241, Edinburg 311, St. Peters. burg 270, Prag 25, Wien 707 — desgl; an Scharlach in Berlin 24, im Reg. Bez. Posen 76, in Budapest 35, Edinburg 35, London (Krankenhäuser) 311, Paris 50. St. Petersburg 116, Stockholm 27, Wien 73 — desgl. an Diphtherie und Croup in Berlin 44, Hamburg 28, Kopenhagen 30, London (Krankenbäuser) 108, Paris 59, St. Petersburg 123, Wien 56 — desgl. an Unterleibstyphus in St. Petersburg 166.
Im Monat April sind nachstehende Todesfälle gemeldet worden:
Pocken: Bukarest 12, Marseille 21, Kairo 14 Bombay 7, Buenos Aires 5, Rio de Janeiro 1; Cholera und Pe st: vgl. die fortlaufenden Mit⸗ theilungen in den Veroͤff; Gelbfieber: Rio de Janeiro 28; Genickstarre: Baltimore 2, Brooklyn 5, St. Louis 3; Trichinose! Braunschweig 1; Influenza: Berlin 20, Ham- burg 11, Halle 9, Breslau, Danzig je 8, Leipzig, Braunschweig ie 6, Bremen 5. Elberfeld, Hannover, Kreuznach, Altenburg je 4, Qued⸗ linburg, Soest, Freiberg je 3, Aschersleben, Frankfurt a. O., Lüne⸗ burg, Magdeburg, Müblhausen i. Th., Stettin, Stralsund, Crim mitschau je 2, in 16 deutschen Orten je 1, Kairo 1, Baltimore 28, Cincinnati 4, Buenos Aires 2. — Im übrigen war in nachstehenden Orten die Sterblichkeit an einzelnen Krankbeiten im Vergleich zur Gesammtsterblichteit eine besonders große, nämlich höher als ein FJehntel: an Masern (1881.90 erlagen denselben 1,B30 von je 100 in sämmtlichen deutschen Berichtsorten Gestorbenen): in Fürth; an Diphtherie und Croup (1881790: 449 0ᷣ0 in allen deuischen Orten): in Bocholt, Grabow, Kalk, St. Johann, Hagenau. — Mehr als ein Fünftel aller Gestorbenen ist ferner nachstebenden Krankheiten erlegen: der Lungenschwindsucht (188190: 13.19 80 in allen deutschen Orten): in Forst, Frankfurt a. M. M. Gladbach, Halberstadt, Cassel, Kattowitz, Köslin, Lüdenscheid, Meiderich, Neun kirchen, Ohligs, Remscheid, Solingen, Trier, Velbert, Wald, Watten⸗ scheid, Bayreuth, Hof. Kempten, Landshut, Ludwigshafen, Nürnberg, Speyer, Cannstatt, Gmünd, Ulm, Pforjheim, Gießen, Offenbach, Oldenburg, Hagenau, Genf. Le Havre, Nanch, mehr sogar als ein Drittel in Neustadt OS., Passau; akuten Erkrankun⸗ gen der Athmungsorgane (1881/90: 11,11 0 in allen deutschen Orten): in 53 deutschen Orten, darunter sogar mehr als ein Drittel in Beeck, Weißensee, Bocholt, Kreuznach, Ueckendorf, Göp⸗ pingen, ferner in Genua, Brooklyn, St. Louis; akuten Darm- krankheiten (1881390: 10,32 0,½ in allen deutschen Orten): in Burg, Linden, Ingolstadt, Glauchau, Apolda, Gera, Le Havre, Alexandrien.
Unter den 262 deutschen Orten hatten im Berichtsmonat eine ver⸗ hältnißmäßig hohe Sterblichkeit (über 35,9 auf ie 1000 Ein—⸗ wohner und aufs Jahr berechnet) 2, nämlich Colmar 35,36 (1881/90: 27,3) und Becholt 38,3. Im Vormonat betrug das Sterblichkeits⸗ maximum 42.3 oo.
Die Säuglingssterblichkeit war in 10 Orten eine be⸗ trächtliche, d. h. höher als ein Drittel der Lebendgeborenen, in Straubing 343 (Gesammtsterblichkeit 29,?). Apolda 344 (28.3), Königsberg 349 (25,2), Ingelstadt 369 (26.7), Langenbielau 370 31,35), Werdau 373 (22,4), Prenzlau 377 (30,9), Lands hut 379 (33,6), Meerane 413 (26, 8), Tilsit 415 (29, ).
Die Gesammisterblichkeit war während des Berichtsmonats
eringer als 15,0 (auf je 1000 Einwohner für den Zeitraum eines Sihl berechnet) in 30 Orten. Unter 13,0 900 blieb dieselbe in Döbeln LES, Wilbelmshaven 12,8 (1890/94: 163), Hagnnau 12.8, Wald 12,7, Insterburg 12.5 (1881,90: 23,2), Schöneberg 123 (1888,92: 20.3), Velbert 11,7 (1893/85: 20,6), Grlangen 11,55 (1881,90: 32,4, Borbagen Rummelsburg 10,5 (1891/95: 31,6), Ludwigsburg 10,5 (1882/91: 17,0.
Die Säuglingsfterblichkeit blieb unter einem Zehntel der Lebendgeborenen in Bielefeld (Gesammtsterblichkeit 13,3), Celle (18, , Giebichenstein (13 4), Hameln (17,9), Hamm 7,43, Inster⸗ burg (12.6), Iserlohn (15,07, Kattowitz (15,5), Krefeld (15,9), Kreuznach (25.17, Langendreer (143). Lüdenscheid (15,8), Meiderich (18,7), Minden (13,6). Mühlbausen i. Th. (27.8), Dẽnabrück (16,4), Saarbrücken (25, 8), St. Johann (15,1), Siegen (22,6), Soest (32,5), Velbert (117), Döbeln (12,9), Gmünd (13,8), Offen bach (17.7), Güstrow (26, i, Weimar (17, 1). Weniger als ein Siebentel der Lebendgeborenen starb in 62, weniger als ein Fünftel derselben in 85 Orten.
Im Ganzen scheint sich der Gesund heits zu st and gegenüber dem Vormonat gebessert zu haben. Eine höhere Sterblichkeit als Zh, 0 ooo fand sich in 2 Orten gegen 4 im Vermonat, eine geringere als 15,0 υάοm in 30 egen 15. Mehr Säuglinge als 333, auf je 1000 Lebendgeborene starben in 10 Orten gegen 18, weniger als 200,0 in 173 gegen 172 im Vormonat.
Alexandrien 6,
Rußland.
ur Verhütung der Einschleppung der Pest sind für die Des- infekflon der poftalischen Korrespondenz. die aug pestverseuchten Gegenden nach Rußland versandt wird, nachstehende Regeln eingefuhrt worden:
1) Die Briefe und Kreuzbandsendungen mit Drucksachen und Ge= schäftspapieren aus von der Pest infinierten Ortschaften werden einer Desinfektion mittels strömenden Dampfes ke,.
2) Briefe (Packetsendungen) mit deklariertem Werth aus von der Pest infißzterten Gegenden werden zur Beförderung an russische Post⸗ anstalten nicht . und im Falle ihres Gingehens an der Grenze an ihren Absendunggort retourniert.
3) Ebenso sind zur , g. aus von der Pest infizierten Gegenden kommende Post . Packetsendungen (Obiets de mossagerie colls postaux) und Kreuüjbandsendungen mit Gegenständen, deren Einfuhr aug jenen Gegenden verboten sind, unzulaͤssig.
4 Die Desinfektion wird von der westlichen 8 be⸗ werkftelligt: in Wirballen. Alexandrow, Graniza. Wolostschisk und RVadsiwilow; ferner in Odessa, Ssewastopol, Batum, Balu und Wladiwostok; an der persischen Grenze — in Dschulfa und Haudan und an der chinesischen Grenze — in Troizkofsawsk. Die aug dem Auslande in besonderen Postsäcken versandte Korrespondenz nach St. Petersburg, Moskau, Warschau, Riga, Mitau, Libau, Tiflis wird in den Postanstalten dieser Städte desin miert.
5) Als Bestätigung der erfolgten Desinfektion wird jeder Brief oder jede Kreuibandsendung von der betr. Postanstalt mit einem Stempel mit der Aufschrift desinfiziert versehen.
Die Postverwaltung von Britisch⸗ Indien ist telegraphisch ersucht worden, die Korrespondenz Absender zu warnen, der Korrespondenz keine derartigen Gegenstände beizulegen, die bei der Desinfektion mittels strömenden Bampfes (j. B. Papierwerthe, Dokumente mit Lack⸗ siegeln ꝛc.) verdorben werden können.
Türkei.
Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Konftantinopel sollen die unter dem 7. Dezember 1892 erlassenen Beftimmungen über die Einfuhr von Häuten und sonstigen thierischen Abfällen in Zukunft auch auf die Federn von Vögeln, Daunen (les plumes d'olseaux, duvets) Anwendung finden. Letztere müßen fonach von einem Ursprungszeugniß begleitet sein. (Vergl. . Reichs Anzeiger Nr. 307 vom 238. Dezember 1892.)
Verdingungen im Auslande.
Spanien.
26. Juni, 2 Uhr. Ministerium des Innern in Madrid und Stadtverwaltung von Murcia: Bau eines öffentlichen Schlacht⸗ bauses in Murcka. Voranschlag 191 813,56 Peseten. Kaution 50. Näheres bei genannten Behörden.
14. Nodember. Stadtverwaltung von Linares, Provinz Jasn: Konzession für Zuführung und Vertheilung des Trinkwassers aus den Quellen Luis Albert? und ‚La Hoz del Titorero“ in der Stadt Linares. Näheres bei genannter Behörde.
Niederlande.
9. Juni. Gesellschaft Landbouw Casino Beek Elslos“ in Beek: Lieferung von 72 300 kg gemahlener Thomas⸗Schlacke.
12. Juni, 3 Ubr. Justiz⸗Ministerium im Haag: Bau eines Justizpalastes auf dem Noordsingel' in Rotterdam, Voranschlag 335 400 Gulden.
Rumänien.
8. Juni. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukaxrest: Fundierungsarbeiten, Tunnelsbauten z. auf der Eisenbabnstrecke Comanesti = Palanca (l. Loos). Voranschlag 1 350 000 Fr.
10. Juni. Desgl. 2. Loos. Voranschlag 1 550 000 Fr.
15. Juni, 4 Uhr. Bürgermeisterei der Stadt Jassp: Lieferung 2 ö mit mechanischem Zuge. Vorläufige Kaution
O0 Fr.
21. Juni, 4 Uhr. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Bau des Stationsgebäudes in Calafat und zweier Halte⸗ stellen auf derselben Linie. Voranschlag 400 09009 F.
21. Juni. Direktion der . Eisenbahnen in Bukarest: Errichtung verschiedener Gebäude für die Zentral⸗Werkstätten in Bukarest und Bau der Verbindungslinie zwischen den Werkstätten und den Linien des Nordbahnhofs. Voranschlag 904 203 Fr.
23. Juni. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Buka rest: Errichtung verschiedener Gebäude, Einzäunungen und Brunnen auf der Linie Tirgu—Oena — Moinesti⸗ Saline. Voranschlag 800000 Fr.
27. Juni. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Bukarest: Legung der Schienen, Chausseebauten u. s. w. auf der Eisenbahnstrecke Berlad = Galatz. Voranschlag 822 000 Fr.
9. Juli, 11 Uhr. Direktion der rumänischen Eisenbabnen in Bukarest: Fundierungs“ Ausmauerungs. 2c. Arbeiten, sowie Tunnelsbauten auf der Strecke Rimnie — Valcea —-Riul — Vadului. Voranschlag 10 036112 Fr.
Kapland.
I. Juli, 4 Uhr. M. P. Thomson, Stadtschreiber Town ⸗Hall, Uitenhagne: Lieferung von 1325 t gußeiserner Röhren, von 16 Zoll im Durchmesser für Wasserleitungen und von 17 * gußeiserner Röhren von geringerem Durchmesser. Näheres bei der Institution of Civil Engineers, Great George Street in London.
Verkehrs⸗Anstalten.
Aus Bres lau wird gemeldet: Die Bahnstrecke Glatz — Landeck ist soweit gefördert, daß seit dem 1. Mai Arbeitszüge benutzt werden können. Der Grunderwerb für die Bahn Liegnitz Rawitsch — Kobplin ist im Kreise Steinau abgeschlossen, und bezüglich des Klein bahnprojekts Breslau — Trebnitz ist das Planfeststellungs verfahren eingeleitet. Der Kreistag des Kreises Waldenburg hat beschlossen, der Niederschlesischen Elektrizitäts. und Kleinbahn Aktien⸗ Gesellschaft die Genehmigung jur Benutzung der Waldenburg Dittersbacher Kreischaußse in einer Länge von 4,4 km zur Anlage einer elektrischen Straßenbahn für Personen⸗· und Güter— beförderung mit 1 m Spurweite zu ertheilen. Seitens der Provinzial verwaltung ist für die Provinzial ⸗Chausseestrecken Waldenburg — Sorgau — Salzbrunn — Weißstein — Hermsdorf — Waldenburg auf 16,2 km diese Genehmigung bereits früher gewährt worden.
Bremen, 3. Juni. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. D. Lahn“ 1. Juni 12 Mittags v. New-⸗ Jork via Plymouth n. d. We er abgeg. Trave“, v. New⸗Jork kommend, 2. Juni 3 Mrgs. in Plymouth angek. und 35 Mrgs. Reise n. Bremen fortges. Daxmstgdt‘ 2. Juni Vm. Reise v. Albany n. Colombo fortgef. Aachen“, v. Baltimore kommend, 2. Juni 1 Nm. auf der Weser angek. Saale“, n. New⸗NYork bestimmt, 2. Juni Vm. Beachy Head passiert. „Habsburg“, v. Brasilien kommend, 2. Juni 11 Vm. auf der Weser angek. Gera“, v. Australien kommend, 2. Juni 9 Vm. in Genua angek. Bayern“, v. Ost⸗ Asien kommend, 2. Juni 5 Mrgs. Dover passiert. Sachsen“, n. Ost⸗Asten bestimmt, 2. Juni in Neapel angekommen.
Ham burg, 3. Juni. (W. T. B.) Hamburg ⸗Amerika« Linie. D. „Fürst Bismarck“, von New⸗York kommend, hat heute früh 8 Uhr Lizard passiert.
London, 2. Juni. (W. T. B.) Castle- Linie. D. . Ha— warden Castle“ hat heute auf der Ausreise Madeira passiert.
Rotterdam, 2. Juni. (W. T. B.) Holland ⸗Amerika⸗ Linie. D. . Maasdam“, von New. Vork nach Rotterdam, ist heute Vormittag in Rotterdam angekommen, D. „ Spaarndam “ von . nach New · Jork, ist heute Nachmittag von Rotter dam abgegangen.
Theater und Musik.
Die Sommer ⸗ Spielzeit im Neuen Königlichen Opern⸗ Theater wird morgen mit Rossini's komischer Oper Der Barbier von Sevilla“ eröffnet. Die Besetzung lautet: ier, 8 Bulß; Rosine: Fräulein Dietrich; Graf Almaviva: Herr Naval; Basilio: Herr Mödlinger; Bartolo: . Schmidt. Hlerauf folgt das Ballet Die Puppenfeen mit den Damen Dell' Era und Urbanska in den Hauptrollen. Preise der Plätze: J. Rang ⸗ Loge und Mittel Balkon 6. ½0 ; J. Rang Seiten⸗Balkon 3 ; 1. Rang Tribüne 2 ; Mittel ˖ hen 1. bis 10. Reibe Z M, 11. bis 23. Reibe 4 M. Seiten.
arquet 3 66; Stehplatz! Æ — Im Garten findet von Nach⸗ mittags 6 Uhr ab großes Konzert, ausgeführt vom Mustkkorpg des 2. Garde⸗Regimentg 3. F., unter Leitung des Königlichen Musik⸗ dirigenten Herrn Graf statt.