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Ebenso unrichtig sei die Behauptung, daß die Zuckerfabriken die . willkürlich herabdrücken könnten, denn bei zu niedrigen Preisen würden Zuckerrüben einfach nicht gebaut werden. Als irrig bezeichnete der Minister weiter die Annahme, daß die , einen Vertrag zwischen DOesterreich und
ngarn bedeute, und besprach en in, die Haltung der Oppo⸗ sition. Hierbei erklärte er, daß das Schicksal des Kabinets keineswegs von der Annahme der Vorlage abhänge. Sollte dieselbe fallen, so könnten wohl die Landwirthschaft, die Industrie und der Staatsschatz beträchtlichen Schaden erleiden, aber der Sturz der Regierung werde dadurch nicht herbeigeführt werden. Die⸗ selbe werde ünter allen Umständen ihre Pflicht thun, um den Konstitutionalismus und den Parlamentarismus zu schützen. Die Rede wurde sehr beifällig aufgenommen.
Gestern Abend fand in Budapest eine . der liberalen Partei statt, in welcher der Minister-Präsident Baron Banffy erklärte, daß er heute im Unterhause beantragen werde, die Sitzungsdauer des Hauses bis 3 Uhr Nachmittags zu verlängern. In dieser Maß⸗ nahme liege keinerlei Vergewaltigung. Sollte die Maßregel jedoch erfolglos bleiben, so werde die . schãrfere Vorkehrungen treffen, um die Funktion des Parlaments nicht durch Obstrultion unmöglich machen zu lassen. Koloman Tisza erinnerte daran, daß derartige Beschlüsse schon wieder⸗ holt gefaßt worden seien, ohne daß man darin ein gewalt⸗ thätiges Mittel erblickt habe. Hierauf wurde der Vorschlag des Minister⸗Präsidenten von der Partei einhellig zum Beschluß erhoben.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause wünschte gestern bei den Verhandlungen über den Ausgaben-Etat des Auswärtigen Amts Sir William Harcourt Aufschluß über die Ergebnisse der Vermittelung der europäischen Mächte bezüglich Armeniens, Kretas und der Friedensverhandlungen zwischen Griechenland und der Türkei. Für Kreta sei vollständige Autonomie und die Abberufung der türkischen Truppen versprochen worden, allein erst im Laufe der letzten 48 Stunden habe der Sultan die Absicht, Kreta wieder zu besetzen, aufgegeben. In einem Telegramm der „Times“ werde der Zustand in Kanea als kritisch bezeichnet; die Admirale hätten mit dem Bombardement gedroht, falls thaͤtliche Angriffe auf europäische Soldaten vor⸗ kämen. Der Parlaments⸗Sekretär des Auswärtigen Curzon unterbrach den Redner mit der Erklärung, daß die Regierung keine derartigen Nachrichten erhalten habe. Sir William Harcourt bemerkte, daß die Verbreitung derartiger Nachrichten unter diesen Umständen zu edauern sei, und druckte schließlich die Hoffnung aus, daß die Regierung auf alle seine Anfragen eine zufriedenstellende Antwort werde geben können. Der Parlaments ⸗Sekretär des Auswärtigen Curzon erklärte hierauf: Ueber den mit Abessynien abge⸗ schlossenen Vertrag gegenwärtig eine Erklärung abzugeben, würde nicht angemessen sein. Was Korea anlange, so sei das Land lange Jahre von China abhängig gewesen und lehne sich jetzt an Rußland an. Großbritanniens Handelsinteressen in Korea seien nicht umfangreich; sein Hauptinteresse richte sich auf die Un⸗ abhängikeit Koreas; dasselbe dürfe nicht territorial oder administrativ mit Rußland vereinigt werden, und die koreani⸗ schen Häfen dürften nicht zu Stützpunkten für Operationen gemacht werden, welche, das Gleichgewicht im Ssten stören oder einer Macht die maritime Kontrole in den östlichen Gewässern geben könnten. Wenn ein solcher Versuch gemacht werden sollte, so werde England seine eigenen Interessen zu wahren haben. Zur Lage in Armenien bemerkte Curzon, daß dort bittere Noth herrsche, daß jedoch die türki⸗ schen Beamten in Uebereinstimmung mit den europäischen Mächten bemüht seien, bessere Zustände herbeizuführen. Bei Besprechung der kretischen Frage führte der Redner aus, daß sich mit dem Rückzug der griechischen Truppen die Haltung der Insurgentenführer geändert habe; dieselben schienen ge⸗ neigt, die vollige Autonomie der Insel und die Ernennung eines christlichen Gouverneurs jetzt höher zu schätzen. Durch die Wahl von Abgeordneten zur Nationalver⸗ sammlung würden die Christen den Mächten eine wesentliche Unterstützung bieten. Die Lage in Kandia sei noch etwas gefahrvoll, im allgemeinen hätten sich jedoch die Verhältnisse auf Kreta gebessert. Die Mächte seien von keiner ihrer Er⸗ klärungen und Verpflichtungen zurückgetreten. Ueber die Grundlagen der Autonomie Kretas, nämlich Einrichtung einer Gendarmerie nach europäischem Muster und progressive Verminderung der türkischen Truppen auf der Insel, seien die Mächte einig. Europa könne nur die Bedingungen schaffen, unter denen die Pazifizierung der Insel möglich sei; die Durchführung der Pazifizierung müsse den kretischen Christen überlassen bleiben. Die Blockade Kretas sei noch nicht formell aufgehoben worden, weil es erwünscht erscheine, die Einfuhr von Waffen und die Landung von Freiwilligen auf der Insel zu verhindern; im übrigen sei die Blockade aber that⸗ sächlich nicht in Wirksamkeit. Dschewad Pascha sei nicht nach Kreta gegangen; auch sei es nicht wahrscheinlich, daß er sich dorthin begeben werde, da sein Eintreffen auf der Insel unter den gegenwärtigen Verhältnissen einen falschen Eindruck hervor⸗ rufen würde. Betreffs der griechisch⸗tũrkischen Friedensver⸗ handlungen seien die Mächte von Anfang an darüber einig ge⸗ wesen, den Forderungen der Pforte entgegenzutreten, und hatten die Erklärung abgegeben, daß eine Wiederabtretung Thessaliens an die Turkei nicht zugelassen werden könne. Einer Grenz— berichtigung hätten sie zugestimmt, damit die Türkei in Zukunft nicht so leicht einem plötzlichen Angriff aus⸗ gesetzt sei. Bezüglich der Kriegsentschädigung hätten die Mächte erklärt, daß dieselbe in gewissem Grade nach der Leistungsfähigkeit Griechenlands, die jährlichen Zinsen zu zahlen, bemessen werden müsse. Was die Kapitulationen an⸗ lange, so hätten die Mächte eingewilligt, daß eine Reform der⸗ selben hinfichtlich gewisser Mißbräuche vorgenommen werde. Die Pforte habe im Prinzip der von den Militärbehörden stizzierten strategischen Grenzlinie zugeftimmt; falls innerhalb dieser Linie kleme Gruppen von Christen wohnten, sollten diese die Wahl der Auswanderung haben und Ent⸗ schädigung erhalten. Die Fachleute seien bemüht, den Höchstbetrag der Kriegsentschädigung festzustellen, welche Griechenland zahlen könne. Auch diesen Punkten habe die Pforte im Prinzip zugen immt. Die Dragomane der Botschafter hätten eine Aufstellung der bezuglich der Kapitulationen herrschenden Mißbräuche entworfen, welche mit den Rechte⸗ kundigen der Pferte erörtert würden. Auf beiden Seiten sei die Neigung vorhanden, hierüber zu einer Verständigung zu gelangen; mithin sei ein sehr entschiedener Fortschritt gemacht worden. Während der ganzen zwei Moncte der Unter⸗
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Streitpunkte, ja, er könne sagen, überhaupt keine Streitpunkte enistanden. Es liege kein Grund vor, weshalb die Eintracht nicht fortdauern sollte. Jede isolierte . und einseitige Politik einer Macht könnte die Friedens⸗ aussichten nur gefährden. Es sei nicht zu sanguinisch, zu hoffen, daß das europäische Konzert den Frieden sichern werde. Im weiteren Verlauf der Debatte be⸗ merkte Curzon, die Statthalterschaft auf Kreta sei Droz nicht thatsächlich angeboten worden, aber die Sache werde von den Großmächten erwogen. Der Antrag des Ersten Lord des Schatzamts Balfour auf Schluß der Erörterung wurde so⸗ dann mit 166 gegen 73 Stimmen angenommen und der Etat des Auswärtigen Amts ohne besondere Abstimmung genehmigt, — Bei der Erörterung des Etats des Kolonialamts griff Forster Cecil Rhodes heftig an. Der Bericht des Unter⸗ fuchungs⸗Ausschusses sei unzulänglich und unbefriedigend, um⸗ somehr, da das Vorgehen der Chartered Company nicht untersucht worden sei. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour wies die Angriffe Forster's energisch zurück; seine Beschuldigung, daß die Regierung eine Debatte darüber zu hintertreiben suche, sei grundlos. Die verantwortliche Opposition habe nie die Debatte verlangt; was Rhodes betreffe, so habe der Ausschuß den Einfall Jameson's als gänzlich ungerechtfertigt verurtheilt. Rhodes selbst habe nie versucht, ihn zu rechtfertigen, es sei jedoch billig, anzuerkennen, daß Rhodes Süd-Afrika und dem Reiche werthvolle Dienste geleistet habe: „Was wir zu sichern haben, ist, daß die Verwaltung des Landes eine ge— rechte ist und nicht illegitim durch pekuniäre Rücksichten be⸗ stimmt wird.“ Balfour schloß mit der Versicherung, die Regierung werde alles thun, um dieses Ziel zu erreichen. Sir William Harcourt bemerkte, er sympathisiere völlig mit einem großen Theil von Forster s. Rede; Balfour müsse wissen, daß eine Gelegenheit zur Besprechung einer so wichtigen Angelegenheit gegeben werden müsse. Er verlange daher, daß ein bestimmter Tag für diese Besprechung angesetzt werde. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour erwiderte: falls Sir William Harcourt die Erörterung wünsche, werde er Zeit dafür finden, aber die Sache müsse durch einen spezifischen Antrag angeregt werden, über den abgestimmt werden könne. Er hoffe, daß am Montag oder Dienstag der nächsten Woche die südafrikanischen Angelegenheiten zur Be⸗ sprechung gelangen würden. Stan hope bemerkte: er werde eine Resolution beantragen, welche das Unterlassen eines energischen Eingreifens und den Bericht des Unter⸗ suchungs⸗Ausschusses, namentlich die Unterlassung des Vorschlags besonderer Schritte gegen Cecil Rhodes und die Unterlassung eines sofortigen Berichts über den Ungehorsam des Anwalts n ,. bei Unterbreitung gewisser Telegramme mißbillige; die Resolution werde ferner beantragen, daß Hawksley vor die Schranken des Unterhauses zitiert werde und die Telegramme vorlege. Die Debatte über den Etat wurde hierauf vertagt.
Frankreich. In dem gestern im Elysse abgehaltenen Ministerrath theilte, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister für die Kolonien Lebon mit, daß eine Kavallerie⸗Abtheilung, welche von Timbuktu aufgebrochen war, um Räuberbanden zu verfolgen, eine Niederlage erlitten habe. Die Truppe habe zwei europäische Offiziere und zwei Unteroffiziere sowie 29 ein⸗ geborene Spahis verloren. .
In der heutigen Vormittagssitzung der Deputirten— kammer wurde die Vorlage, betreffend die direkten Steuern, mit 5ls gegen? Stimmen angenommen, nachdem alle Abänderungsanträge zurückgezogen worden waren.
Der Marine⸗Minister, Vize⸗Admiral Besnard hat der Budget⸗Kommission mitgetheilt, daß die Regierung geneigt sei, unabhängig von dem Programm für Schiffsneubauten, die Kreditforderungen für das Jahr 1898 zu erhöhen, um die nöthigen Ausbesserungen in der Flotte sowie die Anlage eines erforderlichen Stützvunktes für dieselbe ins Werk zu setzen. Die Regierung beschäftige sich mit der Frage der Beschaffung der entsprechenden Mittel. ;
Eine Meldung der „Agence Havas“ besagt, daß das kürzlich getroffene Abkommen zwischen Frankreich und China thatsächlich in Peking von dem französischen Ge⸗ sandten Gérard und dem Tsung⸗li⸗Yamen ab geschlossen worden sei. Die Mittheilung des „Reuter schen Buraus“, daß das Tsung⸗li⸗amen Schwierigkeiten wegen des Abkommens
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gemacht habe Is. Nr. 165 d. Bl.), sei also unrichtig.
Rußland. *
Der Gesandte in Stockholm Sinowjew ist, wie W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, zum Botschafter in Kon⸗ stantinopel, der bisherige Botschafter in Konstantinopel von Nelidow zum Botschafter in Rom, der Gesandte in Teheran von Bützow zum Gesandten in Stockholm, der Vize⸗-Direktor des asiatischen Departements Gubastow zum Gesandten in Cetinje und der dortige bisherige Minister⸗ . Argyropulo zum Gesandten in Teheran ernannt worden.
Italien. Der Senat hat sich gestern auf unbestimmte Zeit
. . ⸗ ie „Opinione“ wendet sich gegen die Ausführungen der oppositionellen Blätter in der erythräischen Grenzfrage und sagt: man wolle einen neuen Grund zum Kriege schaffen; man müsse aber gerade jede Eventualität eines Krieges ausrotten. Eine Garantie in diesem Sinne werde geschaffen, wenn man sich, dem Willen des Landes und des Parlaments gemäß, mit dem Hoch⸗ plateau begnüge. Das Ministerium sei vollkommen ent⸗ schlossen, diesen Willen auszuführen. Die Abtretung Kassalas an Großbritannien werde eine sehr leichte Sache sein. (Die Opinione“ hält dieselbe bereits für verwirklicht Was Menelik betreffe, so habe die italienische Regierung nichts von ihm zu verlangen und könne daher keine Zurückweisung erfahren. Die Afrikaschwãrmer täuschten sich, wenn sie glaubten, daß die Re⸗ gierung geneigt sein werde, wegen einiger Meter erythräischer Felsen mehr oder weniger eine neue afrikanische Frage zu er⸗ finden; es beständen daher gegenwärtig keinerlei Schwierig⸗ keiten mit Abessynien. Ueber die Gebietsfrage habe die Kammer sich klar dahin ausgesprochen, daß sie sich mit dem Hoch⸗ plateau begnügen wolle. Es wurde indessen nicht richtig sein, zu glauben, daß die Liquidation der großen Irrthümer der Vergangenheit sich in kurzer Zeit vollziehen könne. Das Blatt schließt: „Wie der Minister⸗Präsident di Rudini an⸗ kündigte, müssen wir nicht aus Afrika flüchten, aber uns vom Hochplateau zurückziehen, wenn unser Interesse und unser
handlungen seien zwischen den Mächten niemals wesentliche
freier Wille es gerathen erscheinen lassen werden.“
Türkei.
Das „Reuter sche Bureau“ meldet aus Konstantinopel, daß der Minister des Aeußeren Tewfik Pascha am Sonnabend den Vertretern der Mächte den Entwurf eines Friedensvertrages vorgelegt habe. Dieser Entwurf halte nicht nur an der Grenzlinie Salambria-=- Feragis fest, sondern fordere auch eine Kriegsentschädigung von 4½ Millionen Pfund, also eine halbe mehr als der von den Botschaftern festgesetzte Betrag, und komme auf die Forderung der Abschaffung der Kapitulationen zurück. — Gestern fand, dem „W. T. B.“ zufolge, eine Kon⸗ ferenz der Botschafter statt.
Aus Kanen berichtet die „Agence Havas“, daß infolge der Schwierigkeit, die Ruhestörungen in der Stadt zu unter⸗ drücken, und in Uebereinstimmung mit dem darüber er⸗ statteten Bericht der Carabinier!⸗ Offiziere, welche mit der Ausübung des Polizeidienstes in Kanea betraut sind, die Admirale 20 Mohamedaner hätten an Bord bringen lassen, welche wegen Mißhandlung von Christen, die Lebens⸗ mittel feilboten, und derjenigen Mohamedaner, die dieselben kauften, verhaftet worden waren. Ein Schiff jeder Großniacht habe vier dieser Gefangenen übernommen, welche später mit dem ersten englischen Packeiboot nach Bengasi gebracht werden würden.
Serbien.
Die Skupschtina hat, wie W. T. B.“ aus Belgrad meldet, die Vorlage des Kriegs-Ministers, betreffend die Er⸗ höhung des Ausrüstungsfonds, durch Acclamation angenommen. Hierauf wurden zwei Interpellationen an den Minister des Aeußeren gerichtet, welche über die Forderungen Serbiens, betreffend die Anerkennung der serbischen gla er a sis un die Eröffnung der serbischen Schulen und die Ernennung des serbischen Metropoliten in Macedonien, sowie über die neuer⸗ dings begangenen Greuel in Altserbien Aufklärung verlangen.
Nach einer Meldung der „Politischen Korrespondenz“ hat die Skupschtina einen Finanzausschuß von 5. Mitgliedern gewählt, welcher zusammen mit dem Finanz⸗Minister über Maß⸗
nahmen zur Tilgung aller schwebenden Schulden sowie zur
Vermehrung der Kassenbestände berathen soll. Ein Theil der demnächst aufzunehmenden Konversionsanleihe soll diesen Zwecken gewidmet werden.
Amerika.
Dingley hat, wie W. T. B.“ aus Washington meldet, gestern den Bericht der Konferenz für die Be⸗ rathung der Tarif⸗-Bill erstattet und dabei eine Aufstellung derjenigen Tarifänderungen verlesen, über welche sich die Kon⸗ ferenz geeinigt hat. Die Zölle für Zucker von nicht über 16 Stan⸗ dard holländisch sind danach so bemessen, wie bereits gestern mitgetheilt worden ist. Zucker über 16 Standard holländisch und raffinierter Zucker sollen 185 199 Cent für jedes Pfund zahlen. Der Rezsprozitätsvertrag mit Hawaii wird aufrecht erhalten. Die Maßnahme soll unmittelbar nach An⸗ nahme des Gesetzes in Kraft treten. Kunstwerke haben einen Zoll von 20 Proz. zu entrichten, es sei denn, daß sie für eine Ausstellung an irgend einem genau angegebenen Platze be⸗ stimmt sind. Erstklassige Wolle zahlt 11 Cent, zweitklassige 12 Cent Zollgebühren, gewaschene, entfettete (6coured) oder in anderer Weise zubereitete oder gereinigte Wolle das Doppelte bezw. Dreifache des Zollsatzes, den die unbearbeitete zu entrichten hat. Wollfabrikate unterliegen im wesentlichen denselben Bestimmungen wie früher zur Zeit der Geltung des Mac Kinley⸗Tarifs. Die Konferenz hat die Bestimmung des Senats angenommen, welche denjenigen Waaren, für welche Ausfuhrprämien gezahlt werden, Kompensationszölle auferlegt. Die Stempelpflicht für Stocks und Bonds wurde abgelehnt. Die Zölle, welche der Senat auf Spirituosen und Weine ge⸗ legt hat, wurden im allgemeinen angenommen. Die Zölle auf Baumwolle bleiben in der Hauptsache so, wie sie vom Repräsentantenhause festgesetzt wurden. Für Flachs und Hanf wurden die vom Senat vorgeschlagenen Zollsätze an⸗ genommen.
Afien.
Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Yokohama erfährt, ist die dortige Presse der Ansicht, daß Japan den Vorschlag Hawaiis, die Streitfrage bezüglich der japanischen Ein⸗ wanderung in Hawaii einem Schiedsgericht zur Entscheidung zu überweisen, wahrscheinlich annehmen werde.
Aus Labuan (Britisch Nord⸗Borneo) wird vom heutigen Tage berichtet, daß die nach Gaya entsandte britische Expedition zurückgekehrt sei, nachdem sie den von den Auf⸗ ständischen gefangen gehaltenen Schatzmeister Neubronner befreit habe; die Aufständischen seien mit ihrem Raube ge⸗ flohen, noch ehe ihre befestigte Stellung angegriffen worden sei.
Arbeiterbewegung.
In Oberhausen fand am Sonntag eine Versammlung der Belegschaft der Zeche Osterfeld statt, in welcher der Rhein. Westf. Ztg.‘ zufolge beschlossen wurde, nicht in den Ausstand zu treten. Der christliche Gewerkverein sorgt für die ausgeschlossenen Mitglieder. Am nächsten Mittwoch wird das Berggewerbegericht über die Klage eines Ausgeschlossenen gegen die Zechenverwaltung entscheiden.
In Düsseldorf sind nach demselben Blatt bei der Firma Max Werner (Eisschrankfabrik) einige zwanzig Schreiner in den Ausstand eingetreten, weil die Firma mehreren bon ihnen Lohn abiüge machen wollte. Bei der gleichen Firma standen diese Arbeiter bereits im verflossenen Winter, und zwar mit dem Erfolg aus, daß die angekündigte Lohnherabsetzung unterblieb. .
In Halle a. S. ist nach dem Vorwärts“ zwischen den Formern der Firma Jakabi, welche ausständig waren, und dem Arbeitgeber ein reid zu stande gekommen. .
In Fürstenwalde haben nach demselben Blatt die Tischler wegen Lohnstreits am Montag die Arbeit eingestellt, nachdem Ver= handlungen der Lohnkommission mit den Arbeitgebern ohne Ergebniß geblieben waren.
Aus Delmenhorst wird der, Weser⸗Ztg.“ über den Ausstand der Textilarbeiter (ogl. Nr. 163 u. gde. d. Bl.) weiter be⸗ richtet: Auf Grund der von der Ausftandskommission mit der Direktion der Jutespinnerei gepflogenen Verhandlungen wurde am Sonnabend mit über Drelviertel, Majorität be= schlofsen, am Montag früh zunächft bedingungslos wieder in die Arbeit einzutreten. Die Direktion hat dies als Bedingung weiterer Verhandlungen für erforderlich erklärt und den von den Ausständigen dankbar anerkannten Vorschlag gemacht, einen ständigen Arheiterausschuß zu bilden, welcher etwaige in Zukunft sich ergebende Mißstände bei der Direktion zur Untersuchung und eventuellen Abstellung vorträgt. Ferner hat die Direktion sich geneigt erklärt, eine angemessene Lohn- erböhung für die Spinner eintreten zu lassen, die jedoch in keinem Falle dle beanspruchte Höhe erreichen könne. Et wurde ein zwölf⸗
llion Pfund
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gehen und welcher i Laufe des Montags eine Verständigung mit er Direktion über Die Lohnerhöhung m erreichen suchen sollte. Cs wird nur für die Feinspinner eine Lohnerhöhung gefordert, da die Reber nur in den Ausstand getreten sind, als ihnen fremde Garne rorgelegt wurden; sie wollten lediglich ihre Arbeitsgenossen in dem Lohnkampf unterstützen. Ein Ausgleich mit der Nord deutschen Bollkämmerei und Kammgarnspinnerei ist bis jetzt nicht angebabnt; die Direktion lehnt die Forderung der Lohnerhöhung ab, und die Ausständigen wollen zur Erreichung derselben den Aus— stand bis zum äußersten fortsetzen. ö ;
In Triest sollen sich einer Mittheilung des Vorwärts“ zufolge die Tischler und Böttcher im Ausstande befinden. :
Aus Meran in Südtirol meldet W. T. B.“ vom gestrigen Tage: Seit sechs Tagen sind über 1009 Bauarbeiter ausstandig. Der Versuch der Ausständigen, vereinzelte Arbeits aufnahmen zu ver⸗ Findern, wurde von der Polizei unterdrückt. Es kamen einige Ver⸗ kaftungen vor. Durch Landesschützen verstärkte Patrouillen halten die Drdnung aufrecht. Behördliche Platate warnen die Ausständigen vor Tusschreitungen. Es kamen keine weiteren Ruhestörungen vor.
Aus London berichtet die .A. K.“ zum Ausstande der Ma—⸗ schinenbauer: In London haben in den letzten Tagen wiederum einige Maschinenfabrikanten den achtstündigen Arbeitstag gewährt. In Halifax haben zwei dem Verbande der Arbeitgeber angehörige Fabrikanten die schon angekündigte Arbeitssperre zurückgezogen. — Die Nationale Gesellschaft freier (d. b. nicht dem Gewerk- Ferein angeböriger) Arbeiter“ hat sich ibrer Aufgabe gewachsen gezeigt. Sie ist im stande gewesen, alle Stellen, welche bisher von Mitgliedern der ‚Verschmolzenen Gesellschaft der Maschinenbauer“ in den Fabriken pon Caston Road, Silvertown und Westminster besetzt waren, mit Nichtgewerkvereinlern auszufüllen. In den letzten vierzehn Tagen sind hood gelernte Maschinenarbeiter in den Verein freier Arbeiter ein⸗ getreten.
siedeiger Arbeiterausschuß gewählt, dem Arbeiter aller Abtbeilungen
Statistik und Volkswirthfchaft.
dohn⸗ und Arbeitsverhältnisse der industriellen Arbeiter in Preußen. 1
Die Veröffentl ichungen der preußischen Gewerbe⸗Aufßichts keamten enthalten in jedem Jahre schätzenswertke Beiträge zur Beurtheilung der sozialen Verbältnisse der großindustriellen Arbeiter. Das gilt auch von den jängst erschienenen „Jahresberichten der Königlich preußischen Regierungs⸗ und Gewerbe ⸗Räthe für 18967. Sie stimmen darin überein, daß wir in einer Zeit außergewöhnlich günstigen Ge— schäftsganges leben, daß infolge dessen fast in allen Gewerbszweigen das Einkommen der Arbeiter gestiegen ist und damit auch ihre Lebens⸗ haltung sich gebessert hat. Besonders befriedigend waren im vergangenen Jahre der Aufschwung und die Arbeitsgelegenheit u a. in der Ziegel industrie infolge der regen Bauthätiakeit der größeren Orte in fast allen Bezirken i . ferner in Berlin⸗Charlottenburg in der Eisengießeret, Maschinenfabrikation, Bronzewaaren⸗, Luxus papier⸗ Industrie, Möbeltischlerei, Pianofortefabrikation, Herstellung von Juckerwaaren und von Putzfedern, sowie in Druckereien, im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. in Tuch, Briquette⸗ fabriken und Glashütten, in der Provinz Posen in der Zucker- und Zigarrenindustrie., in Maschinenfabriken, Eisen⸗ gießereien und Kesselschmieden, der Möbel- und chemischen Industrie, m Schlesien in der Eisengroßindustrie, Maschinenfabrikation, Textil⸗, Holz., Kalk- und Zement, Papier. und Lederindustrie, in der Provinz Sachsen in der Zucker⸗, Maschinen⸗, Metallindustrie und Porzellanfabrikationn in der Provinz Hannover auf den Schiffswerften, in Eisengießereien, Kesselschmieden, Maschinen⸗ fabriken, Jutespinnereien und Webereien, in der Gummifabri⸗ kation und chemischen Industrie, in Westfalen in den Hütten- und Walzwerken, der Kleineisenindustrie, den Metallwagren⸗, Maschinen⸗ fabriken, der Textilind ustrie, Zigarrenfabrikation, den Kalk⸗ und Zement⸗ öfen, im ,,, . Wiesbaden in den chemischen, Fahrrad., Gummi⸗, Telegraphenkabel⸗, Asbest⸗, Glimmerwaaren. und Maschinenfabriken, in der Rheinprovinz in Hütten- und Walz— werken, Metallwaaren⸗, Maschinenfabriken, der Textil! und Bims⸗ sandsteinindustrie. Im Regierungsbezirk Posen mußte die große Zahl der als ‚Sachsengänger' ausgewanderten Personen (im Jahre 1895 13 423 männliche und 10 901 weibliche, insgesammt 24 324 Personen) jum großen Theil durch übertretende russische oder galizische Wander⸗ arbeiter erseßt werden. Sehr zahlreich waren die an die Regierung gerichteten Gesuche um Zulassung galizischer Arbeiter auch im Regierungsbezirk Oppeln, wo der Bedarf an Arbeitskräften in der Induftrie so groß war, daß fast das ganze Jahr hindurch Arbeiter mangel herrschte. Während im Vorjahre solche Gesuche zumeist ab⸗ gewiesen werden kennten, weil sich bei den Erhebungen herauestellte, daß noch inländische beschäftigungslose Arbeiter vorhanden waren, mußten im Berichtsjahre, besonders in der zweiten 5 desselben, diese Gesuche in größerer Zahl genehmigt werden. Ferner wurde in der Provinz Hannover über Mangel an Arbeitskräften ge—⸗ klagt, wo man infolge dessen aus den östlichen Propinzen volnische Arbeiter (Männer und Frauen), ja sogar Russen heran⸗ jon, ebenso in Westfalen, wo die fehlenden Arbeitskräfte von vielen größeren Werken gleichfalls weither, zum theil vom Ausland geholt werden mußten.
In allen denjenigen Industriezweigen und Aussichtsbezirken, in denen Mangel an brauchbaren Arbeitern herrschte, sind auch die Arbeit slöbne erheblich gestiegen, und wo eine Erhöhung derselben nicht eingetreten ist, hat sich das Jahreseinkommen der Arbeiter wenigstens durch vermehrte Arbeitsleistung (bei Stücklöhnen, sowie durch Ueberarbeit) nicht unwesentlich vergrößert, während die Lebensmittelpreise im allgemeinen nicht gestiegen find. Im Regierungsbezirk Oppeln betrug die Lohnerhöhung bis zu 20 0ͤυ/, in vielen anderen Aussichts bezirken bis zu 10 o; für Ueberstunden wurden die Lohnsätze vielfach um 25 υη erhöht, und für Ueberarbeit nach 8 Uhr Abends stieg in manchen Induftriezweigen die Erhöhung um 50 G und noch höher.
enn in einigen Industriezweigen und Bezirken die Löhne der Arbeiter sich nicht in dem Maße gehoben haben, wie es nach dem Aufschwunge des Geschäftsganges vermuthet werden könnte, so wird dies von den Aufsichts beamten darauf zurückgeführt, daß unter dem Druck des allgemeinen rücksichtslosen Wettbewerbes die Fabrikats— preise eine Aufbesserung meist in nur unerheblichem Maße oder gar⸗ nicht erfahren konnten. Aus Arnsberg wird berichtet, daß nach Aeußerungen einiger Industrlellen diese von einer schnellen Lohn- erhöhung deshalb Äbstand nahmen, weil sie fürchteten, daß die Besserung der geschäftlichen Lage nicht von Dauer sein und eine Herabsetzung des Lohnsatzes nach einge—⸗ tretenem Rückschlaze erhebliche Schwierigkeiten machen würde; Andere führten an, Laß sie in den vergangenen ungünstigen Jahren Verluste erlitten hätten, ohne ihren Arbeitern Lohnabüge gemächt zu haben oder zu Entlassungen geschritten zu sein, und daß ihnen diese Verluste zur Zeit eine Lohnerhöhung noch nicht gestatteten.
Von einer erheblichen Verschlechterung der wirthschaftlichen Lage der Arbeiter in einzelnen Industriezweigen wird nur aus den Aufsichts⸗ bezirken Ser n er fen. Magdeburg und Aachen berichtet. In Berlin geht die Handweberei stetig zurück; im Jahre 1895 waren noch etwa 5000 Stühle, 1895 dagegen nur noch etwa 3000 besetzi. Recht ungünstig gestaltete sich ferner die Lage der in der Dandschuhfabrikation im Bezirk Magdeburg beschäftigten Arbeiter. Ii e dort stark vertretene Industriezweig lag infolge Aus leibens der Exportaufträge für Nord ⸗Amerika gänzlich darnieder; die
abriken mußten ihr Arbeiterpersonal h ih vermindern, einige ogar vorübergehend den Betrieb einstellen. Im Aussichtsbezirt Aachen 6. in der für denselben sehr wichtigen, Ws der Gesammtzahl der
xbeiterschaft beschäftigenden E nf während der zweiten Häsfte J , , . Jahres allmählich ein Rückgang ein. Namentlich 6 die Ausfuhr nach den überseeischen Ländern, welche sich im Vorjahre owie auch jm Anfang des Berichts jahres einer lebhaften Steigerung zu
erfreuen hatte, kedentend nach. Die geringere Thätigkeit der Tuchfabriken machte sich zuerst in den Lohnwebereien bemerkbar, da die Tuchfabriken zunächst die an die Lohnwebereien ausgegebene Arbeit einschränken. Die Lohnwebereien taucken in günstigen Zeiten plötzlich in größerer Zahl anf, sie sind aber meist mit ungenügendem Kapstal verseben und geben in Zeiten schlechten Geschäftégangs nicht selten wieder ein. Mancher bisher in größeren Fabriken angestellte Webermeister, der die günstige Konjunktur benutzte, um sich selbständig zu machen, fällt diesen Verhältnissen zum Opfer und verliert häufig die Ersparnisse vieler Jahre. In der zweiten Hälfte des Berichts jahres haben die Beamten mehrfach begbachtet, daß in den Lohnwebereien die vorhandenen Web- stüble aus Mangel an Beschäftigung bis zur Hälfte ibrer Zabl still standen. Unter diesen ungünstigen Verhältnissen hatten von den Textilarbeitern in erster Linie die Weber zu leiden.
Erkrankungen von Arbeitern und Betriebsunfälle bei der Staats⸗Forstverwaltung.
Im Etatsjahre 1896.97 betrug die Zahl der von der Staats⸗ Forstverwaltung beschäftigten Arbeiter in Preußen 148 230 und die Gesammtzahl der Arbeitstage ungefähr 16 825 601. Von der Ge—⸗ sammtzahl der Arbeiter waren solche mit Krankenversicherung bei forstfiskalischen Betriebs krankenkassen 4972, bei Orte krankenkassen oder Gemeindekrankenversicherung 40 919. Von ersteren sind 841, von letzteren 2810 erkrankt; die Aufwendungen des Forstfiskus an Beiträgen 2c. beliefen sich auf 11 153,97 und 37 92007 6 Die Zahl der Betriebs. unfälle betrug 1568, darunter 45 Tödtungen. Die Aufwendungen des Forstfiskus als Betriebeunternehmer betrugen 228 232,58 6, die Kosten des Heilverfahrens während der ersten dreizehn Wochen, soweit sie den forftfiskalischen Gutsbezirken zur Last fallen, 12 81271 Freiwillige Unterstützungen an Waldarbeiter und deren Hinterbliebene sind in der Gesammthöhe von 17 879.40 „ gezahlt worden, Beiträge des Fiskus zur Unterstäßung von Waldarbeitern an die Kassen, die nicht auf Grund gesetzlicher Bestimmungen errichtet sind, in Höhe von 30 915,69 S0 Außerdem sind aus dem Gnadenpensionsfonds 9723,38 66 gezahlt worden.
Kunft und Wissenschaft.
Aus München vom 17. Juli wird das Ableben des Hofraths und UniversitätsProfessors Dr. Max Josef Oertel gemeldet. Er war im Jahre 1835 zu Dillingen geboren und wandte sich erst nach philosopbischen und ästhetischen Studien den Natur- wissenschaften und der Medizin zu. Nachdem er sich 1867 in München als Privatdozent der Laryngologie habilitiert hatte, erhielt er 1876 die neubegründete Professur für die se Wissenschaft. Besondere Verdienste erwarb sich Oertel durch seine sorgfältigen Untersuchungen über die Aetiologie und pathologische Anatomie der Diphtherie, welche er in seiner Monographie „Die epidemische Diphtherie“ niederlegte. Noch bekannter aber wurde sein Name, als er für gewisse Störungen des Blutkreislaufs, wie sie bei Fettsucht und manchen Lungenleiden entstehen, die nach ihm benannte Oertel'sche ‚Terrainkur“ anwandte, für welche alsbald in einer Reihe von Badeorten Deutschlands und Oesterreichs besondere Einrichtungen getroffen wurden. Oertel hat zahlreiche Werke über seine Spezialwissenschaft veröffentlicht.
Land⸗ und Forftwirthschaft.
Ernteaussichten in Nord⸗Bulgarien.
Die anhaltend regnerische Witterung während des Monats Juni gab bereits zu ernsten Befürchtungen Anlaß, doch sollen die Saaten neuern Nachrichten zufolge im allgemeinen weniger, als man erwartet hatte, gelitten haben, sodaß man in Nord⸗Bulgarien immerhin noch auf eine Mittelernte rechnen zu können glaubt. Der Schnitt hat bereits begonnen.
Ernteergebnisse Egyptens.
Nach Schätzung von sachverständiger Seite wird die eingebrachte Weizenernte Egyptens den Bedarf des Landes nicht decken und daher eine Zufuhr von außerhalb stattfinden müssen. Dieselbe wird wie bisher in Mehl erfolgen, wovon im Jahre 1896 ea. 67 000 Tonnen eingeführt wurden, ein Quantum, das auch für das Jahr 1897 zur Deckung des Ausfalls an Brotgetreide nöthig sein wird.
Bei Gerste glaubt man, daß etwa 5000 Tonnen zur Ausfuhr werden gelangen können.
An Mais dürste auf eine Einfuhr von annähernd demselben Betrage wie im Vorjahre, d. h. cd. 8000 Tonnen, zu rechnen sein. ö . Bohnen werden ca. 100 000 Tonnen zur Ausfuhr übrig leiben.
Von der Allgemeinen Gartenbau⸗Ausstellung in Hamburg wird berichtet, daß infolge der beträchtlichen Erhöhung, die allen Preisen zu theil geworden ist, die Beschickung derselben von seiten der Gärtner noch ständig zunimmt. Von der Obst⸗Aus⸗ stellung, welche Ende September stattfindet, verspricht sich die Ausstellungsleitung wegen der offiziellen Betheiligung vieler Staaten, daß dieselbe für die Obstzucht und Obstverweirthung eine epoche⸗ machende Bedeutung haben werde.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der deutschen Pestkommission in Ostindien ist es gelungen, bereits in der ersten Hälfte ihres dortigen Aufenthalts über den Verlauf der Epidemie, über das anatomische und klinische Verhalten der Pest und über die Eigenschaften des Krankheitserregers ein umfang—⸗ reiches Material zu sammeln, welches die Unterlagen für die richtige Beurtheilung des Wesens der Krankheit, ihrer Verbreitungsweise und der Maßregeln zu ihrer Bekämpfung zu geben im stande ist. Nach den letzten bom Mai und Juni datierten Berichten war damals die Thätigkeit der Kommission hauptsächlich auf die Lösung der Fragen gerichtet, wie lange der Krankheitskeim der Pest sich außerhalb des menschlichen Körpets infektionsfähig zu erhalten vermöge, in welcher Weise sich verschiedene Thierarten der Krankheit gegenüber verhalten, und welcher Werth einigen Behandlungs bezw. Vorbeugungsmethoden (Yersin'sche Serumbehandlung, Haffkine'sche Präventipimpfung) beizumessen sei. Die Ergebnisse der zahlreichen nach diesen Richtungen angestellten Ver⸗ suche und Ermittelungen lassen sich nach der Berliner Korrespondenz“, wie folgt, zusammenfassen:
Der Pestbacillus zeigt außerhalb des menschlichen Körpers oder desjenigen gewisser Thiere eine bemerkenswerthe Hinfälligkeit. Reinkulturen von Pestbacillen verschiedenen Ursprungs und Alters, in flüssigen oder auf festen Nährsubstraten gewachsen, zeigten sich nach einer 15 Minuten andauernden Erwärmung auf 700 F. sämmtlich abgestorben. Bei 800 C. genügten schon 5 Minuten zur Sterilisierung. Eine bis zu 1000 C. erhitzte und sofort untersuchte Aufschwemmung ent hielt keine lebenden Pestbacillen mehr. Sublimat in der Ver— dünnung von 1: 1000 tödtete die Bacillen sofort. Ein Gehalt von 1 v. H. Karbolsäure oder 1 v. H. Lysol genügte binnen 10 Minuten zur Abtödtung der Keime. Bei einem Gehalt von 3 v. H. Schmierseife bezw. von 1 v. H. Chlorkalk enthielten die Aufschwemmungen nach 5 Minuten noch virulente Keime, nach 30 bezw. 15 Minuten waren sie steril. Sterilisierte Fäces, mit Pestbaeillen reichlich infiziert und dann zu gleichen Theilen mit der gebräuchlichen Kalkmilch versetzt, enthielten nach 30 Minuten noch virulente Bacillen, nach 1 Stunde waren sie ebenfalls steril, Heberaus empfindlich erwiesen i. die Pest⸗ bacillen gegen Mineralsäuren; so genügte die reine Schwefelsäure schon in der Verdünnung von 1: 2000, um die in der Mischung be⸗ findlichen Pestkeime binnen 5 Minuten abzutödten. In direktem Sonnenlicht starben die Bacillen, in dünner Schicht an Glassplittern eingetrocknet, schon binnen 1 Stunde ab.
Bei einer Reihe von Versuchen zeigte pestbacillenhaltiges Material, in verschiedener Weise auf Leinwand, Wolle, Seidenzeug und »fäden, Gaze, Filterpapier, Glasstücke, Erde und dergleichen gebracht, unter verschiedenen Verhältnissen aufbewahrt und von Zeit zu Zeit auf seine Infeltiosität untersucht, eine Lebensdauer von . 8 bis 10, mehr⸗ fach nur von 2 biß 5 Tagen. In gewöhnlichem Leitungswasser aufge—⸗
schwemmt, wurden die Pestbacillen späteftens nach 3 Tagen, in sterilem Bilgewasser nach 5 Tagen, in sterilem Leitungswasser spätestens nach 8 Tagen abgeftorben gefunden. An der getrockneten Haut zweier an der Pest verendeter Mäuse war in einem Falle schon am 4, in dem anderen am 6. Tage die Infektiositãt erloschen. Peftpneumonisches Sputum, massenhaft Pestbacillen enthaltend und flüssig im Reagens⸗ glase unter Watteverschluß im Eisschranke , erwies sich jwar am 10. Tage noch infektiös, am 16. Tage aber nicht mehr. In allen diesen Versuchen haben sich die Pestbacillen als Organismen erwiesen, die obne Zutritt des atmosphärischen Sauerstoffs nicht zu wachsen vermögen. —
Was die an Thieren binsichtlich ihrer Empfänglichkeit gegen die Seuche vorgenommenen Versuche anbelangt, so zeigten die zu den Versuchen benutzten Tauben, Hähner, Gänse und Schweine, welche mit Injektionen virulenter konzentrierter Pestbacillenauf⸗ schwemmungen behandelt, letztere zum theil mit Pestratten ge füttert waren, überhaupt keine Reaktion. Geimpfte oder injizierte Hunde reagierten fast garnicht, bei Fütterung mit Reinkulturen blieb ein Versuchshund gefund, ein anderer erkrankte leicht, obne, daß sich in den Drüsenschwellungen Pestbacillen gefunden hätten. Injizierte bezw. geimpfte Katzen erkrankten für kurze Zeit fieberhaft, bei der einen kam es zu einer örtlichen Absceßbildung, der Eiter aber war steril.
twas empfindlicher der Inpfung bezw. Injektion gegenüber verhielten sich Schafe und Ziegen; bei den ersteren enthielt der Absceßeiter zahl⸗ reiche Pestbacillen, bei den letzteren keine. Kühe reagierten mit hohem Fieber und starken örtlichen Erscheinungen; der Absceßeiter war auch hier frei von Pestbacillen. Geringere Reaktionserscheinungen zeigten die zu den Versucken verwendeten Pferde. Sämmtliche Versuchsthiere sind, soweit sie überhaupt erkrankten, vollstäadig genesen. Hervor— zuheben ist, daß bei diesen Thierversuchen die Infektionsart eine so intensive war, wie sie unter natürlichen Verhaltnissen nicht vor⸗ kommt. Eine Ratte, welche sich in der Freiheit infiziert hatte, enthielt in ihrem Körper eine jehr große Menge von Pestbacillen. Ueberhaupt erwiesen sich die Ratten, wie spätere Unter- suchungen ergaben, binsichtlich ihrer Empfänglichkeit für die Pest bochgradig empfindlich. Einfache Impfungen mit den geringsten Mengen einer Kultur oder Berührung der äußeren Schleimhäute mit Kulturmaffe oder Fütterung mit kleinsten Mengen von Pest— kultur genügten, um bei ihnen ausnahmslos tödtliche Pest zu erzeugen. Da diese Thiere in der Freiheit bekanntlich die Kadaver ihrer (an der Pest) verendeten Genossen anzunagen pflegen, so ertlärt es sich, daß sich die Seuche unter ihnen rasch ausbreiten und den ganzen Rattenbestand eines Ortes vernichten muß, daß aber auch durch die Vermittelung der Ratten die Pestkeime von einem Hause in das andere verschleypt und auf Menschen übertragen werden können. In der That wurden in dem stark befallenen nördlichen Theile der Stadt Damaon (s. u.) in zahlreichen Häusern kranke und todte, späterhin aber überhaupt keine Ratten mehr gesehen, da sie vermuthlich alle von der Seuche hingerafft waren. Die Bewohner waren bier von dem Zusammenhang der Ratten⸗ und Menschenpest so überzeuzt, daß manche schon ihre Häuser verließen, sobald sie eine todte Ratte fanden; in dem südlichen von der Pest verschonten Theil der Stadt wurde von einer Rattenpest nichts be⸗ merkt. Schweine, Hunde, Katzen und andere Hausthiere sollen dort überhaupt verschont geblieben sein. Bemerkenswerth erscheint, daß Flöhe, welch: von einem Rattenkadaver abgesucht und zergquetscht auf ein Meerschweinchen verimpft wurden, dasselbe mit Pest infizierten.
Zu den Versuchen über die Fragen der künstlichen Immunität gegen Pest und die Verwendbarkeit des von hoch⸗ immunisierten Thieren gewonnenen Serums zu Schutz⸗ und Heil⸗ zwecken wurden ausschließlich Affen benutzt; es stellte sich hierbei heraus, daß die zur Verwendung gelangten grauen Affen (Semnopithecus entellus) ebenso wie die Ratten für die Pest⸗ infektion außerordentlich und in weit höherem Grade wie die braunen Affen (Macacus radiatus) empfänglich sind. Sehr viel wirksamer als die Injektion unter die Haut erwies sich die Injektion in die Bauchhöhle. Diejenigen Affen, welche eine sub— kutane Impfung oder Injektion überstanden haben, besitzen einen hohen Grad von Immunität, sie vertragen nunmehr die Injektion einer verhältnißmäßig greßen Menge einer Pestkultur (etwa 2 mg) ohne merkliche Krankheitserscheinungen. Um braune Affen durch Fütterung mit Pestbacillen zu infizieren, bedurfte es ziemlich großer Mengen von Kultur; geringe Mengen wirkten nicht mehr infizierend, verschafften aber auch keine Immunität. Zur künstlichen Immunisiterung kann man nur bei wenig empfänglichen Thieren lebende und vollvirulente Kulturen benutzen; es erwies sich nöthig, mit abgetödteten Kulturen zu operieren, welchen, wie die angestellten Versuche und auch früher schon die Haffkineischen Schutz ⸗ impfungen bewiesen haben, eine mehr oder weniger hohe Schutzwirkung zukommt. Die letztere wird aber durch alle stärker wirkenden Agentien, wie Siedehitze, geschädigt; um die Bakterien sicher zu tödten, ohne die Schußkraft aufzuheben, zeigte sich die einstündige Behandlung der Kultur mit einer Temperatur von 650 am vortheil⸗ haftesten. Die Immunität tritt nicht sofort ein, sondern nach einem gewissen Zeitraum (etwa vom 5. bis 7. Tage an); sie hat auch nicht einen so hohen Grad wie diejenige, welche durch Infektion mit lebenden Kulturen erworben wird. Ueber ihre Dauer konnten Versuche nicht angestellt werden, da dieselben viele Monate beansprucht haben würden. Aus den geschilderten und anderen Versuchen, welche freilich noch vielfach der Wiederholung und Prüfung bedürfen, ließ sich vorläufig entnehmen, daß, um mit todten Kulturen künftig zu immunisieren, Kulturen von ungeschwächter Virulenz zu verwenden sind, welche in der erwähnten Weise abgetödtet wurden. Die Höhe der natürlichen Immunität, wie sie durch Ueberstehen der Pestkrankheit erlangt wird, läßt sich einstweilen nur durch Nachimpfungen mit lebenden Pestbacillen erreichen. Die todten Pestkulturen wurden ferner noch benutzt, um zu erfahren, ob die Pestbakterien, ähnlich wie die Cholera⸗ und Typhuebakter ien, ein spezifisches Gift enthalten. Die nach dieser Richtung hin angestellten Versuche ergaben, daß die Gift⸗ wirkung voll virulenter Pestkulturen, wenigstens unter den hier gewählten Versuchsbedingungen, sehr gering ist.
Was die Serumversuche betrifft, so war die Zeit zu kurz, um selbst Thiere so hoch zu immunisieren, daß ihr Serum zu Versuchs⸗ zwecken geeignet gewesen wäre. Es wurde daher durch Vermittelung des Dr. Jersin im Institut Pasteur in Paris hergestelltes Serum angewendet. Bei den Versuchen mit diesem Serum ließ sich schon nach einigen Tagen aus einem besonders charakteristischen Verhalten der Haut an der Stelle, wo die Nachinjektion mit lebenden Pestbakterien gemacht war (größere oder geringere Infiltration) auf den Wirkungswerth des verher injizierten Pestserums schließen. Unter Benutzung dieses Kennzeichens für die Schutzkraft des Serums wurde versucht, braune Affen durch eine vorher— gehende Injektion von Serum gegen die tödtliche Wirkung einer 24 Stunden später folgenden Injektion mit lebenden Pestbacillen zu schützen. Es stellte sich bierbei beraus, daß bei Anwendung eines relafiv frischen (starken) Serums die braunen Affen, welche mit 19,5 und 3 cem dieses Serums vorbehandelt waren, die subkutane Injektion von etwa 2 mg Pestkultur, obne zu erkranken, ertrugen, während 1 cem nicht mehr genügte. Für die höher empfiadlichen grauen Affen war aber auch dleses starke Serum in der Dosis von 10 gem gänzlich ohne Wirkung; sie starben infolge der Nachimpfung ebenso schnell wie die unbehandelten Thiere. Die Dauer der Schutzkraft erstreckte sich bei den verwendeten Versuchsthieren auf höchstens acht Tage. ie unter Benutzung starken Serums unternommenen Heilversuche mit Serum ließen erkennen, daß dasselbe unzweifelhaft Heilwirkungen besitzt. wenn dies auch selbstoerständlich nur in Bezug auf die Thiere gilt, an denen diese Versuche angestellt sind. Ob ähnliche Wirkungen auch beim Menschen zu erzielen sind, kann, wie die Beobachtungen an den ähnlich wie diese empfindlichen grauen Affen lehren, nicht ohne weiteres geschlossen werden, sondern muß durch Beobachtungen an
pestkranken Menschen selbst ermittelt werden; bis jetzt sind bei diesen , e, meist nur die älteren, schwächeren Serumsorten angewendet worden.
Von dem Leiter der Kommisston und einem 1 derselben wurde am 18. Mai eine Reise nach der seit März stark von der Pest hehnff uchten portugiesischen Stadt Damaon unternommen. Die Krank⸗
heit sst daselbst fast vollständig auf den hauptsächlich von Fischern be—⸗