1897 / 181 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Aug 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Dentscher Reichs⸗Anzeiger

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Staats⸗Anzeiger.

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Tana Königlich Freußischen taats - Anzeiger

Berlin 8 T., Wilhelmstraße Nr. 32. *.

n 181.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem 15 Legations⸗Sekretär bei der Großherzoglich bobadischen Gesandtschaft an ‚n ,, Hofe von Gulat⸗ Wellenburg, dem Banquier Pflaum zu Wien und dem Kaufmann Böhm n ebendaselbst den Rothen Adler⸗ Orden vierter Klasse, dem Kaiserlich russischen Konsul, Staatsrath Petkowitsch ezu Breslau den Königlichen Kronen⸗-Orden zweiter Klasse, dem Mitgliede des Aufsichtsraths der Dresdner Bank, Bankdirektor Hartmann zu Dresden den Königlichen Kronen⸗ Orden dritter Klasse, sowie U dem Hof⸗Musikalienhändler Gutmann zu Wien den Königlichen Kronen⸗Orden vierter Klasse zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Premier⸗Lieutenant von Kropff vom 1. Groß— erzoglich Hessischen Infanterie⸗(Leibgarde⸗) Regiment Nr. 115 ie Erlaubniß zur Anlegung des ihm verliehenen Ritterkreuzes

vwweiter Klasse des Herzoglich braunschweigischen Ordens einrich's des Löwen zu .

Dentsches Reich.

Dem bisherigen Kaiserlichen Vize ⸗Konsul in Coban Zentral⸗Amerika Freiberrn H von Türckheim ist die er⸗ Petene Entlassung aus dem Reschsdienst ertheilt worden.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Staats⸗Minister von Koeller zu Kammin zum ber⸗Präsidenten der Provinz Schleswig⸗Holstein zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen außerordentlichen Professor in der evange— lisch-theologischen Fakultät der Universität zu Bonn Lic. Otto Ritschl zum ordentlichen Professor in derselben Fakultät zu ernennen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Der bisherige Privatdozent Dr. Felix Solmsen zu

Bonn ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen

Fakultät der dortigen Universität ernannt worden.

weeDem Musiker Theodor Müller in Krefeld ist das n „Königlich preußischer Musik-Direktor“ beigelegt worden.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Vorschriften

für die Aufstellung von Lehrplänen und das Lehr—

der fahren im Deutschen und Rechnen an den vom

Staat unterstützten gewerblichen Fortbildungs—

chulen mit wöchentlich 4 bis 6 Unterrichts stun den für jeden Schüler.

A. Allgemeine Bestimmungen.

. Aufstellung der Lehrpläne für gewerbliche Fortbildungs⸗ dulen ist davon auszugehen, daß der Unterrichtsstoff vorzugs⸗ * für das bürgerliche Leben von Rutzen sein und den ns- und Berufstinterefsen der Schüler dienen soll. Dabei 1 die örtlichen gewerblichen Verhäͤltniffe (Ueberwiegen ö estimmten Berufs u. J. c.) Rückficht zu nehmen und g eich die ute des religiösen Sinnes und der Liebe zum aterlande im uge zu be alten. .

Lehrgegenstände und Zahl der Unterrichtsstunden.

jeder Klasse müssen wöchentlich mindestens 4 Unter— e ertheilt werden, von denen je 2 dem Unterricht deut chen und Rechnen leinschließlich Buchführung) zu dmen sind. Bei 5 Stunden sind 2 auf Zeichnen und 3 auf zeutsch und Rechnen, bei 6 je 2 auf Jeichnen, Deutfsch und echnen zu verwenden. Die Lehrstunden sind so zu vertheilen, 9 abgesehen vom Zeichnen, für gewöhnlich dieselben Schüler em ,. ee brzegenftanid nicht 2 Stunden hintereinander

Berlin, Mittwoch, den 4. August, Abends.

27) Gliederung der Schule.

Der Unterricht im Deutschen und Rechnen ist in je vier aufsteigenden Stufen zu ertheilen, für die thunlichst besondere Klassen einzurichten sind. Haben zwei oder mehr Stufen zu⸗ sammen weniger als 30 Schüler, so sind fie in einer Klasse in getrennten Abtheilungen zu unterrichten; zählt dagegen eine Stufe mehr als 40 Schüler, so sind Parallelklassen zu schaffen. Jeder Schüler ist, nõthigenfalls nach voraufgegange ner Prüfung, derjenigen Stufe zu überweisen, in die er nach seinen Vor⸗ kenntnissen gehort. Aus denjenigen Schülern, die noch nicht für die unterste Stufe reif sind, werden besondere Vorbereitungs⸗ klassen gebildet.

3) Bezeichnung der Klassen.

Die einzelnen aufsteigenden Klassen sind mit römischen Ziffern, und zwar die oberste mit I, die unterste mit T zu bezeichnen; bei Parallelklassen wird der Buchstabe a, b, C u. . w. eis hinzugefügt. Die Vorbereitungsklassen heißen „Vor⸗

assen/.

B. Bestimmungen über den Unterricht im Deutschen. 1) Lesen. Auf gaben des Leseunterrichts.

Durch den Leseunterricht sollen die Schüler in der Lese— fertigkeit gefördert, zu verständiger Auffassung und richtiger Beurtheilung des Gelesenen 2 und an nützlichen Kennt⸗ nissen auf den verschiedenen Gebieten des gewerblichen Lebens bereichert werden. Außerdem sind sie durch den Leseunterricht zu selbständiger Beschäftigung mit guter Lektüre anzuregen und und in ihrer Gemüths⸗ und Charakterbildung zu fördern.

Lesebuch und Auswahl der Lesestücke.

Dem Unterricht ist ein gutes Lesebuch zu Grunde zu legen, dessen Inhalt das Interesse der Schüler für ihren Be⸗ ruf zu fördern, ihren sittlichen Willen zu stärken und die Vaterlandsliebe zu beleben geeignet ist.

Lesebücher, deren Inhalt die Angehörigen einer Kon⸗ fession verletzen könnte, sind nicht gestattet; auch ist die Be⸗ nutzung von Lesebüchern, die in den Volksschulen gebraucht werden, zu vermeiden. Schüler, denen das mechanische Lesen noch Schwierigkeiten bereitet, find nach einer Fibel zu unter⸗ richten. Die zu behandelnden Lesestücke sind im Lehrplan für jede einzelne Stufe genau zu bezeichnen und so auszuwählen, daß ein Fortschritt vom Leichteren zum Schwereren stattfindet. Auf jeder Stufe sind Lesestücke zu berücksichtigen, deren Inhalt entnommen ist: i.

h dem religiös⸗sittlichen Leben,

2) der Gewerbekunde,

3) der Naturwissenschaft, Geschichte und Geographie,

4) der Gesetzeskunde und Volkswirthschaftslehre.

Aus der Gesetzeskunde sind im Anschluß an geeignete Lesestücke die Grundzüge der Verfassung des Deutschen Reichs und des Preußischen Staats, die Vorschriften der Gewerbe⸗ ordnung über die Arbeiterverhältnisse (einschließlich der Ge⸗ sellen⸗ und Lehrlingsverhältnissey, das Gesetz über die Gewerbe⸗ gerichte und die Versicherungs⸗Gesetzgebung zu behandeln.

Belehrungen aus dem Gebiete der Volkswirthschaft haben sich auf die Erläuterung wichtiger Einrichtungen des heutigen wirthschaftlichen Lebens (wie Sparkassen, e en de en, Besteuerung u. . w.) zu beschränken, wobei theoretische Er—⸗ errungen der Grundbegriffe nach Möglichkeit zu vermeiden ind.

Lehrverfahren.

Bei Besprechung der Lesestücke ist zu beachten, daß die in der Volksschule übliche Lehrweise nicht ohne weiteres auf die y, n,, , übertragen werden kann; es ist vielmehr auf das Alter und auf den Umstand Rücksicht zu nehmen, daß die Schüler bereits im praktischen Leben stehen und von jedem 3 einen Gewinn für ihre allgemeine oder gewerb⸗ liche Bildung erwarten. Zergliederungen des Gelesenen bis ins einzelne find nicht zweckmäßig; grammatische Er⸗ örterungen sind nur insoweit statthaft, als sie zum sprachlichen Verständniß eines Satzes unerläßlich sind. Dagegen ist besonderer Werth darauf zu legen, daß die Schüler den Hauptinhalt der gelesenen Stücke klar und gewandt wieder⸗ geben lernen. Poetische Stücke sind nur in beschränkter Zahl

zu behandeln. 2) Aufsãätze.

Die Aufsatzübungen haben den Zweck, die Schüler zu be⸗ fähigen, sich über einfache, ihrem Anschauungskreise und Berufs⸗ leben naheliegende Fragen klar und bestimmt schriftlich aus⸗ zudrücken. Auch sollen sie die Form der im bürgerlichen und en n, Leben vorkommenden Arbeiten kennen lernen. Geschãftsaufsãätze )

Alle vierzehn Tage ist abwechselnd ein Aufsatz all⸗ gemeinen Inhalts und ein Geschäftsaufsatz anzufertigen. Diese Arbeiten dürfen nicht so vorbereitet werden, daß die Schüler die einzelnen Sätze auswendig lernen und dann fast wörtlich niederschreiben. Die Schüler

1897.

sind vielmehr an die selbständige Wiedergabe der Gedanken Anderer und demnächst auch an eigenes Entwerfen zu gewöhnen.

Die Aufsätze müssen nach der Vorbereitung zunächst im Tagebuch entworfen, dann unter Zugrundelegung dieser Entwürfe gemeinsam besprochen und, nachdem sie von den Schülern noch⸗ mals durchgesehen und nöthigenfalls verbessert sind, in das Rein⸗ heft eingetragen werden. Dabei ist jeder Aufsatz mit einer fort⸗ laufenden Nummer und mit dem Datum des Ablieferungs⸗ tages zu versehen. Der Lehrer hat die Aufsätze zu Hause sorgfältig durchzusehen, die Fehler zu unterstreichen und sein Urtheil über die Arbeit unter Beifügung des Datums der Durchsicht darunter zu setzen. Nachdem die orthographischen, grammatischen und stilistischen Fehler, die sich der ö gruppenweise zusammenstellen muß, mit der ganzen Klasse besprochen sind, haben die Schüler eine Fehlerverbesserung anzu⸗ fertigen, die bei der Korrektur der nächsten Arbeit mit durch⸗ zusehen ist.

Die Aufsätze allgemeinen Inhalts sollen sich möglichst an die durchgenommenen Lesestücke anschließen; einfache Um⸗ setzungen von Gedichten in Prosa sind nicht zulässig.

Bei der Anfertigung von Geschäftsaufsätzen find die Schüler über die richtige Form und Fassung von Briefen, Rundschreiben, Rechnungen, Quittungen, Geschäftsanzeigen, Lehrverträgen, Eingaben an Behörden, Anträgen auf Erlaß von Zahlungsbefehlen u. s. w., sowie über die wichtigsten Bestimmungen des Post⸗, Telegraphen⸗ Telephon⸗ und Eisenbahn⸗Verkehrs zu belehren. Dabei empfiehlt es sich, auf den unteren Stufen von einem den Schülern vorliegenden Musterbeispiel auszugehen und es unter Anpassung an ähnliche Verhältnisse, wobei auf den Beruf der verschiedenen Schüler Rucksicht zi nehmen ist, nachbilden zu lassen. Dagegen ist auf den oberen Stufen die Benutzung von Mustern thunlichst zu vermeiden und dahin zu streben, die Schüler derartige Schriftstücke selbständig abfassen ernen.

Auf die sprachlichen Mißbräuche des sogenannten kauf⸗ männischen Geschäftsstils ist fortgesetzt aufmerksam zu machen.

3) Ssprachlehre, Rechtschreibung und Schönschreiben.

Ein planmäßiger Unterricht in der Sprachlehre und Rechtschreibung kann in der Fortbildungsschule nicht ertheilt werden; es wird sich indessen bei der Besprechung der in den Aufsätzen von den Schülern gemachten Fehler Gelegenheit bieten, die in Betracht kommenden Regeln kurz zu wiederholen. Auf den unteren Stufen wird es ferner noͤthig sein, häufiger Diktate schreiben zu lassen. Diese sind so einzurichten, daß diejenigen Wörter und Sprachformen geübt werden, deren Schreibweise den Schülern erfahrungsmäßig besondere Schwierig⸗ keiten bietet.

Ein besonderer Unterricht im Schönschreiben ist in der Regel nicht zu ertheilen; zur Erzielung einer gefälligen Hand⸗ schrift ist aber streng darauf zu halten, daß alle schriftlichen Arbeiten sauber und so gut wie möglich angefertigt werden. Auf den oberen Stufen sind die Schüler im Schreiben ohne Linien zu üben.

C. Bestimmungen über den Rechenunterricht.

Aufgabe des Rechenunterrichts.

Durch den Rechenunterricht soll unter steter Berücksichti⸗ gung der Anforderungen des gewerblichen Lebens die Rechen⸗ fertigkeit der Schüler erhalten und gesteigert werden.

Lehrstoff.

Der Lehrstoff ist auf die 4 Stufen in der Regel in fol⸗ gender Weise zu vertheilen:

Stufe II. Die 4 Grundrechnungsarten mit unbenannten und benannten ganzen Zahlen sind gründlich zu wiederholen, wobei auf die Uebungen im Zahlenkreise von 1—100 be⸗ sonderes Gewicht zu legen ist. Ferner ist das deutsche Münz-, Maß⸗ und Gewichtssystem und die abgekürzte Schreibweise einzuprägen.

Stufe III. Das Rechnen mit gewöhnlichen und Dezimal⸗ brüchen ist eingehend zu behandeln und demnächst an Sorten⸗ verwandlungs⸗ und Regeldetri⸗Aufgaben, sowie an einfachen Beispielen aus der Zinsrechnung zu üben.

. II. Die Prozentrechnung (Zins⸗, Diskont⸗ Rabatt⸗, Gewinn⸗ und Verlust⸗ und Tara⸗Rechnung, Aufgaben über Lebens- und Feuerversicherung, Berechnung von Staats⸗ und Kommunalsteuern u. s. w.) muß hier gründlich durch⸗ genommen werden; ferner sind Aufgaben aus der Flächen⸗ und Körperberechnung zu behandeln, auch Gesellschafts⸗ und Mischungsrechnung an einigen Beispielen zu erläutern.

Stufe J. Zunächst sind schwierigere Aufgaben aus den vorher behandelten Gebieten, besonders aus der . en⸗ und Körperberechnung, zu wiederholen. Bei den Aufgaben aus der Diskontrechnung sind die wichtigsten Bestimmungen der Wechselordnung einzuprägen. Sodann sind Aufstellungen von Lohnlisten und Kostenanschlägen vorzunehmen, wo⸗ bei namentlich auf die richtige Berechnung der Ge⸗ after n, Gewicht zu legen ist; ferner sind olche Aufgaben zu behandeln, die sich auf die Arbeiter⸗