1897 / 234 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 05 Oct 1897 18:00:01 GMT) scan diff

erscheinungen an ihnen wahrgenommen wurd en. Bei genauerer Unter⸗ suchung ist aber nach dem Auftreten der ersten Todesfälle zu be—⸗ merken, daß einige Thiere matt und traurig sind, gesträubtes Gefieder besitzen und an stinkendem Durchfall leiden. Ver entleerte Koth ist zuerft breiig und von weißgelber Farbe, später schleimig und wässerig und von grüner Farbe.

Die Krankheit greift in den angesteckten Beständen rasch um sich.

3) Vorkehrungen nach dem Ausbruche der Geflügelcholera.

Eine Behandlung des erkrankten Geflügels mit Arzneimitteln ist in der Regel ohne Erfolg und deshalb nicht zu empfehlen. Zweckmäßiger ist die unverzügliche Trennung der noch vollkommen gesund erscheinenden Thiere von den kranken. Die gesunden Thiere müssen in vollständig ab⸗ gesonderten Räumen untergebracht werden und besondere Futter⸗ und Tränkgeschirre erhalten. Ferner empfiehlt sich die sofortige Tödtung und unschädliche Beseitigung der erkrankten Thiere, da eine Genesung derselben nur ausnahmsweise zu erwarten ist. Das getödtete kranke und das gefallene Geflügel ist mit allen Theilen (auch mit den Federn) entweder tief zu vergraben, sodaß die mit Aetzkalk zu bestreuenden Kadaver mindestens 1 m hoch mit Erde bedeckt sind, oder der Abdeckerei zur Vernichtung zu übergeben. Düngergruben oder Düngerstätten eignen sich nicht zur Beseitigung der Kadaver, weil sich der An steckungsstoff der Geflügelseuche im Dünger langere Zeit erhält und durch diesen verschleppt werden kann.

Nachdem saͤmmtliche erkrankten Thiere krepiert oder getödtet sind, sind die Dertlichkeiten, in welchen das kranke Geflügel untergebracht war, und alle Gegenstände, mit welchen dasselbe in Berührung kam, gründlich von dem Ansteckungsstoffe zu befreien. Dieses geschieht am besten auf folgende Weise:

a. Verbrennen des Kothes, der Futterreste und des zusammen⸗ gekehrten Schmatzes, .

b. gründliche Reinigung des Bodens, der Thüren, Wände, Sitz- stangen, Futter und Tränkgeschirre mit heißer Sodalauge (3 kg käufliche Waschsoda auf 190 1 Wassey). ;

Schwimmbassins müssen abgelassen und ebenfalls gründlich ge— reinigt werden.

Schadhafte und geringwerthige Holzgegenstände werden am zweck— mäßigsten verbrannt.

Erd⸗ und Sandböden sollen, wenn möglich mindestens 10 em tief ausgehoben und mit den Kadavern und dem Kothe unschädlich beseitigt werden.

C. Lüftung und Trocknung der gereinigten Ställe und hierauf

d. Uebertünchen der Böden, Wände, Thüren u. s. w. mit Kalk⸗ milch (0 g Aetzkalk auf 100 1 Wasser).

4 Verhütung der Geflügelcholera.

Aus der Ärt der Verschleppung der Geflügelcholera (1) ergiebt sich, daß ein Selbstschußz gegen die Einschleppung der Seuche durch Beachtung folgender Vorsichtsmaßregeln erzielt werden kann:

a. Vermeidung des Zukaufs von fremdem, namentlich aus dem Auslande importiertem Geflügel,

b. Unschädliche Beseitigung der Abgänge bei Verwendung von fremdem Schlachtgeflügel im Haushalt,

c. Fernhaltung des Geflägels von solchen Straßen und Weiden u. s. w., welche von fremden Gänseherden betreten oder befahren werden,

d. Fernhaltung der Geflügelhändler von den Gehöften.

Ist der Ankauf von fremdem Geflügel nicht zu umgehen, so ist es rathsam, dasselbe drei Tage in einem besonderen Raum abzusperren und erst dann zu dem alten Bestande zu bringen, wenn sich während der angegebenen Zeit Krankheitserscheinungen nicht gezeigt haben. Diese Vorsichtsmaßregel ist geboten, weil bereits angesteckte Thiere noch 24 bis 48 Stunden nach Aufnahme des Seuchenstoffs den Ein⸗ druck gesunder machen können.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Geheimen Regierungs⸗Rath und vortragenden Rath im Ministerlum der öffentlichen Arbeiten Stieg er zum Prä⸗ sidenten der Königlichen Eisenbahn⸗-Direktion in Köln, ferner auf Grund des 3 28 des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 (GS. S. 195) den Regierungs⸗Rath Frei⸗ herrn von Speßhardt in Potsdam zum Mitgliede des Be— zirksausschusses in Stralsund und zum Stellvertreter des Re⸗ gierungs⸗Präsidenten im Vorsitz , Behörde mit dem Titel „Verwaltungsgerichts-Direktor“ auf Lebenszeit, sowie den Landrath Busenitz zu Darkehmen zum Regierungs—⸗ Rath zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Fabrikbesitzer Ferdinand Levin in Göttingen den Charakter als Kommerzien⸗Rath zu verleihen.

Fin anz⸗Ministerium.

Der bisherige Kontroleur der General -Lotteriekasse, Rechnungs⸗Rath Dollhardt ist zum Rendanten und

der bisherige Korrespondenz-Sekretär bei der General— Lotterie⸗Direktion Steinmetz zum Kontroleur dieser Kasse ernannt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Die 4 Landmesser Schlemmer zu Leobschütz

und Baath zu Glogau sind zu Königlichen Ober⸗Landmessern

ernannt worden.

Gern nt nm ag nn g.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz-Samml. S. 357) sind bekannt gemacht:

I) der Allerhöchste Erlaß vom 26. Juli 1897, betreffend Ab⸗ änderung der Tilgungsbedingungen der von der Haupt⸗ und Residenz⸗ stadt Hannover auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom 3. März 1890 aufgenommenen Anleihe, durch das Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hannover Nr. 40 S. 229, ausgegeben am 24. Sep⸗ tember 1897;

2) das am 13. August 1897 unter Aufhebung des Statuts vom 29. November 1852 Allerhöchst vollzogene Statut für den Worringer Deichperband zu Worringen im Landkreise Köln durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Köln Nr. 36 S. 309, ausgegeben am 8. September 1897;

3J. das am 1353. August 1897 Allerhöchst vollzogene Statut sür den Kölner Deichverband zu Köln durch das Amtsblatt der König— lichen Regierung zu Köln Nr. 36 S. 310, ausgegeben am 8. Sep⸗ tember 1897;

P des am 13. August 1897 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft zu Chronstau im Kreise Oppeln durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 36 S. 279, ausgegeben am 3. September 1897;

5) der Allerhöchste Erlaß vom 19. August 1897, betreffend die Anwendung der dem Chausseegeldtarif vom 23. Februar 1840 an—⸗ gehängten Bestimmungen wegen der Chaussee Polizeivergehen auf die

von dem Kreise Ruppin erbaute Chaussee von Neustadt a. D. bis zur Grenze des Kreises Ostprignitz, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 39 S. 381, aus—⸗ gegeben am 24. September 1897;

6) das am 19. August 1897 Allerhöchst vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Entwässerung der Markowsker Wiesen im Kreise Oletzko durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gumbinnen Nr. 37 S. 347, ausgegeben am 15. September 1897;

7) der Allerhöchste Erlaß vom 23. August 1897, betreffend die Ver⸗ leihung des Enteignungsrechts an den Kreis Schmalkalden zur Ent— ziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau und Betrieb einer Kleinbahn von Klein⸗Schmalkalden nach Brotterode in Anspruch zu nebmenden Grundeigenthumz, durch das Amtsblatt der Königlichen , , . Cassel Nr. 37 S. 203, ausgegeben am 15. Sep⸗ ember z

Abgereist:

Seine Excellenz der Präsident des Evangelischen Ober⸗ Kirchenraths, Wirkliche Geheime Rath D. Dr. Barkhausen, nach Kloster Loccum.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 5. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König sind, wie „W. T. B.“ meldet, heute früh von Rominten nach Danzig abgereist.

Der mit der vertretungsweisen Wahrnehmung der Ge— schäfte des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts betraute Botschafter von Bülow ist nach Berlin zurückgekehrt.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Prinzeß Wilhelm“, Kom⸗ mandant Kapitän zur See Thiele (Adolf), gestern in Chefoo angekommen.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Am Sonntag Abend fand im Dom zu Schwerin eine Trauerandacht für Seine Hoheit den Herzog Friedrich Wilhelm statt, an welcher die anwesenden Fürstlichkeiten theilnahmen. Der Ober⸗Kirchenrath Bard hielt die Trauer— rede. Gestern war die Leiche des Herzogs, in geschlossenem Sarge, in Parade ausgestellt. Sechs Offiziere von mecklen— burgischen Truppentheilen und von der Marine hielten die Ehren⸗ wache. Der Sarg war mit Blumen bedeckt, Trauerkandelaber brannten an den Seiten. Unter Orgelklang zog die Bevöl— kerung an dem Sarge vorüber.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Heinrich von Preußen und der Prinz Christian von Dänemark trafen gestern Abend um 71/ Uhr in Schwerin ein. Auf dem Bahnhofe waren Seine Königliche Hoheit der Großherzog, sowie Ihre Hoheiten die Herzoge Johann Albrecht und Adolf zum Empfange erschienen. Sie Höchsten Herrschaften begaben sich vom Bahnhofe sofort in den Dom zum Sarge des Herzogs Friedrich Wilhelm, woselbst der Prinz Heinrich Kränze niederlegte.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Das Namensfest des Kaisers wurde gestern in Wien mit der herkömmlichen Feierlichkeit begangen. In der Metropolitan⸗ Kirche zu St. Stephan zelebrierte um 11 Uhr Vormittags der Kardinal Fürst-Erzbischof Gruscha ein feierliches Hoch⸗ amt, welchem der Minister des Kaiserlichen und Koͤnig⸗ lichen Hauses und des Aeußern Graf Goluchowski, der Minister⸗-Präsident und Leiter des Ministeriums des In⸗ nern Graf Ba deni, der Reichs-Finanz⸗Minister von Källay, die Minister Dr. Freiherr von Gautsch, Dr. von Bi⸗ lins ki, Graf Gleispach, Freiherr von Glanz, Dr. Ritt— ner und FBM. von Guttenberg beiwohnten.

Das ungarische Unterhaus trat gestern Mittag zu— sammen, um als alleinigen Gegenstand der Tagesordnung die Huldigungs⸗Adresse an den Kaiser und König zu be— rathen. Die Mitglieder waren sehr zahlreich erschienen. Der Präsident von Szilagyi eröffnete die Sitzung; in der allgemeinen Debatte ergriffen die Führer der einzelnen Parteien das Wort, und zwar Alexander Hegedues im Namen der liberalen Parteien, Lud— wig Merzleny als Wortführer der 1848er und der Unabhängigkeitspartei, Graf Albert Apponyi für die Nationalpartei, Lud wig Hollas als Vertreter der zweiten Fraktion der 1848er und der Unabhängigkeitspartei und der Abt Johann Molnar als Präsident der Volkspartei. Die Reden, welche sämmtlich von der Treue gegen den Monarchen und die Dynastie Zeugniß ablegten, wurden mit allge— meinem lebhaften Beifall aufgenommen. Der Präsident ver⸗ kündete alsdann die einstimmige Annahme der Aderesse. Nach einer Pause wurde dieselbe auch in dritter Lesung angenommen, worauf der Präsident von Szilagyi und der Schriftführer Molnar dieselbe in offener Sitzung unter stürmischen Eljenrufen unterzeichneten. Die Sitzung schloß mit begeisterten Kundgebungen für den Kaiser und König.

Auf Grund eines vom 29. September datierten Aller⸗ höchsten Handschreibens sind die Sitzungen des kroati— chen Landtages bis auf weitere Anordnung suspendiert worden.

Spanien.

Das neue Kabinet ist, nach einer Meldung des W. T. B. * wie folgt, zusammengesetzt: Sag ,, Vio. Gullon auswärtige Angelegenheiten, roizard Justiz, General Correa Krieg, Kontre⸗Admiral Bermejo Marine, Lopez Puigcerver Finanzen, Capd ep on Inneres, Graf Tiguena Arbeiten und Moret Kolonien. Die Minister haben bereits den Eid geleistet und beschlossen, Amos Salvador zum Direktor der Bank von Spanien, Aguilera zum Präfekten von Madrid und den Grafen Romanones zum Bürgermeister von Madrid zu ernennen.

Türkei.

Aus Kanea berichtet die Agence Havas“, daß bewaffnete Insurgenten innerhalb des Militärkordons Viehherden fort⸗ geschleppt hätten. In Sitig sei der Schiffs⸗Lieutenant Chevalier einer von bewaffneten Aufständischen angegriffenen türkischen Barke zu Hilfe gekommen und habe drei der An— greifer festgenommen.

Die kretischen Führer, unter ihnen Sfakianakis, der zum Präsidenten der kretischen National-⸗Versammlung ,, werden dürfte, begeben sich, wie die „Agence Havas“ erichtet, von Athen nach Kreta. Die National⸗Versammlung wird an die Admirale eine Bittschrift richten, welche die Erklärung enthält, daß die Kreter bereit seien, unter den von den Mächten gestellten Bedingungen, vor allem unter der Bedingung der Entfernung der türkischen Truppen und der Ernennung eines europäischen Gouverneurs, die Autonomie anzunehmen; sie seien sogar ge eg, für die Ernennung Numa Droz' zum Gouverneur zu stimmen, dessen Name auf der ganzen Insel sehr beliebt geworden sei.

Griechenland.

Wie „W. T. B.“ aus Athen meldet, drangen gestern mehrere Kreter auf ein im Piräus liegendes österreichisches Schiff, welches von Prevesa gekommen war, da sich das Gerücht verbreitet hatte, daß 25 griechische Gefangene an Bord desselben nach Konstantinopel gebracht werden sollten. Ungeachtet des Protestes des Schiffskommandanten durchsuchten sie alle Theile des Schiffs, ohne irgend etwas zu finden. Eine große Menschenmenge sah vom Quai aus dem Vorgange zu. Die Polizei war gezwungen, Verstärkungen heranzuzlehen.

Schweden und Norwegen.

Der König hat, dem „W. T. B.“ zufolge, vorgestern das nachstehende Dankschreiben an den Minister des Aeußern, Grafen Douglas, gerichtet:

„Von den Königlichen Gesandtschaften und Konsulaten, von skandinavischen und anderen Vereinen im Auslande, von Schweden und Norwegern, Männern und Frauen, in nahe und entfernt gelegenen Ländern und nicht am wenigsten von vielen, die das Vaterland für immer verlassen haben, aber sich doch immer durch Bande der Liebe mit ihm in Verbindung fühlen, sind Mir und der Königin in der letzten . so viele Beweise von Anhänglichkeit zugegangen durch Briefe, Telegramme, Adressen und Gaben, daß Wir nicht im stande sind, allen und einem jeden persönlich Unseren Dank auszusprechen. Ich ersuche Eure Cxeellenz deshalb, womöglich allen denjenigen, die in dieser Weise Uns Freude bereitet haben, die Ausdrücke Unserer tiefen und aufrichtigen Dankbarkeit zukommen zu lassen. Ich bleibe stets Ihr wohlgeneigter Oskar“.

Dänemark.

Der Reichstag ist, wie ‚W. T. B.“ aus Kop enhagen meldet, gestern eröffnet worden. Das bisherige Präsidlum wurde wiedergewählt.

.Der Finanz-Minister Hörring legte in der heutigen Sitzung des Folkething den Budgetentwurf für das Rechnungsjahr 1898/1899 vor. Derselbe weist 58 600 000 Kronen Einnahmen und 68 400 000 Kronen Ausgaben, somit einen Ueberschuß von 200 000 Kronen auf. Das Heeres⸗ budget ist mit 11 Millionen, das Marinebudget mit 7isg Millionen Kronen angesetzt. Zur Hebung der Land⸗ wirthschaft sind mehrere Summen eingestellt, darunter 200 990 Kronen für Zwecke der Fleischausfuhr, 100 900 Kronen zur Bekämpfung der Tuberkulose unter dem Vieh und zur Herstellung von Tuberkulin. Für neue Sekundärbahnanlagen sind in den Entwurf 8000000 Kronen eingestellt. Zur Herstellung einer Telegraphenverbindung mit Island über die Shetlands⸗ und die Faröer⸗Inseln wird die Regierung acht 54 000 Kronen verlangen; die Kosten der Verbindung ind im Ganzen auf 2 Millionen Kronen veranschlagt. Die große Nordische Telegraphengesellschaft beabsichtigt, die Anlage zu übernehmen. Auf der Insel Anholt im Kattegat soll ein neuer Hafen angelegt werden, der in erster Reihe Fischereizwecken dienen soll; die Kosten sind auf 1 400 000 Kronen veranschlagt. Für die Betheiligung Dänemarks an der Pariser Welt⸗ ausstellung im Jahre 1900 schlägt die Regierung einen Zuschuß von 300 000 Kronen vor. Die Staatsrechnung enthält einen Fehlbetrag von 700 000 Kronen.

Amerika.

In New⸗York eingetroffenen Meldungen aus Guatemala zufolge macht die Regierung gegenwärtig die Streitkräfte von Totonicapan mobil und trifft Vorbereitungen für ein Vor— gehen gegen die Aufständischen in der dortigen Umgegend. Eine entscheidende Schlacht wird erwartet. Der Präsident Barrios hat ein Dekret erlassen, durch welches den Auf— ständischen, welche die Waffen niederlegen, Amnestie ge⸗ währt wird.

Asien.

Unter der Anklage, das Mitglied der Pestkommission Rand durch einen Schuß schwer verwundet und den Lieutenant Dyerst am 22. Juni bei Poona erschossen zu haben, ist, wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Bombay meldet, gestern der 28 Jahre alte Advokat Damodagr Chapekar Deccani, ein Brahmine, verhaftet worden. Derselbe hat die That ein⸗ gestanden und ferner bekannt, die Statue der Königin Victoria zu Bombay besudelt und andere Verbrechen begangen zu haben.

Afrika. Der Landeshauptmann von Deutsch⸗Südwestafrika, Major Leutwein ist, wie „W. T. B.“ meldet, in Kapst adt ein⸗

getroffen und wird morgen an Bord des Dampfers „Moor“ nach Deutschland abreisen.

Nr. 39 des Centralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegehen im Reichzamt des Innern, vom 1. Oktober, hat folgenden Inhalt; 1) KonsulatWesen:; Ernennungen; Exequatur⸗ Ertheilung. 2) Marine und Schiffahrt: Bestimmungen über die gegenseitige Anerkennung der Schiffsmeßbriefe in Han le und Italien. 3) Polizei Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Arbeiterbewegung.

In Hamburg wurde der sozialdemokratische Parteitag am Sonntag mit einer Vorversammlung eröffnet, in welcher der sozialdemokratische Reichstags Abgeordnete Singer und ein Herr Lösche um Vorsitzenden gewählt wurden. Zu der gestrigen ersten Sitzung

er Köln. Itg.“ zufolge mebrere Hundert Delegirte ein⸗ , auch elnige aus ländis Abgesandte waren anwesend. Den mrrnittag füllten die Geschäftsberichte Pfannkuch's und Gerisch's, aus denen lediglich bemerkenswerth ist, daß die Parteigenossen in vielen Orten ibr Geld selbst behalten, statt es an die Zentralkasse abzuführen. Frte mit bo0o bis 18000 Einwohnern hätten nicht einen Pfennig dt. gelang, Stettin hielten die Arbeiter der Stöwersschen Näb⸗— maschinen · und a nnn vorgestern eine Versammlung ab, n welcher die Arbeiter der Näbmaschtnen. Abtheilung Stellung zu bem Ausstand der Fahrradarbeiter nehmen wollten (vgl. Nr. 230 D. BI). Es wurde mitgetheilt, daß in einer der öffent⸗ licken voraufgegangenen Vertrauensmänner-Versammlung be⸗ schlofsen worden sei, einen neuen Ausschuß zu wählen, nachdem pie Direktion es abgelehnt habe, mit dem bisherigen Ausschuß ju verbandeln. Dem neuen Ausschuß solle zu, Unterkandlungen eine Frist bis Mittwoch Abend gewährt werden; er solle der Direktion keinen Zweifel darüber lassen, daß sämmtliche Arbeiter der Stöwer schen Fabrik a den Ausstand treten würden, wenn eine Einigung nicht zu stande lomme. Am Mittwoch Abend soll eine Versammlung der in der Rähmaschinen Abtheilung beschäftigten Arbeiter stattfinden, in der darüber Beschluß zu fassen sein würde, ob die Arbeit schon am Donnerstag Morgen oder erst am nächsten Montag niedergelegt zerden soll.

ö. Aus Berlin berichtet die Berliner Volke⸗Ztg.“ zum Aus—⸗ stand der Former, daß eine Versammlung der Ausständigen am Sonntag beschlossen habe, zu dem Einigung vorschlage (vgl. Nr. 233 Bl) ihre Zustimmung unter der Bedingung zu geben, daß im Art. 3 die Worte nach Bedarf“ und möglichst“ gestrichen werden. Außerdem verlangte die Versammlung die Beilegung aller Streitig⸗ seiten, bevor in irgend einer Gießerei die Arbeit wieder aufgenommen ird. . Aus London wird der „Köln. Ztg., zum Ausstande der englischen Maschinenbauer telegraphirt: Die Aussichten auf Bellegung des Ausstandes der Maschinenarbeiter bessern sich. Die Unternehmer nahmen in einer Versammlung in Birmingham die pon dem Präsidenten des Handels amtes vorgeschlagene Grundlage zu einer Berathung mit den Arbeitern an, die Ende dieser Woche statt⸗

finden würde.

Kunst und Wissenschaft.

In den Sälen der Königlichen Akademie der Künste, Uster den Linden 38, wird am Sonnabend, den 9. Oktober d. J., Vormittags 10 Uhr, die Ausstel lung der Entwürfe für das in Berlin zu errichtende Fürst Bismarck-⸗Denkmal eröffnet werden und täglich von 10 bis 3 Uhr dem Publikum gegen Erlegung eines kleinen Cintrittsgeldes zugänglich sein, das in die Unterstůtzungskasse des für bedürftige Känstler sowie deren Wittwen und Waisen be— stimmten Fonds fließen soll.

In der dritten, am Freitag abgehaltenen Sitzung der 44. Ver⸗ sammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Dresden wurden drel wissenschaftliche Vorträge gehalten, von denen jeder eine allgemeine Bedeutung hatte und doch wieder die Sonderintereffen bestimmter wissenschaftlicher Kreise und Gruppen Ferührte. Professor Hr. Burdach aus Halle sprach über die Ent⸗ stehung des mittelalterlichen Romans, Der Vortrag führte diefelbe, wie das „Dresd. Journ. berichtet, auf die parabolischen und trangcendenten Elemente der christlichen Epik, die namentlich auf altenglischem (angelsächsischem) und deutschem Boden gedieh, auf die Nachwirkungen des griechischen Romans zurück und betrachtete namentlich den um das Jahr 1030 entstandenen ersten frei erfundenen mittelalterlichen Roman „Ruodlieb“ als typisch und im höchsten Maße lehrreich. Von noch stärkerem unmittelbaren Intereffe als diefer inhaltsreiche Vortrag zeigten sich die Aus⸗ sährungen des Professors Pr. Dietrich aus Gießen über den Ursprung des Sarapis. Die für die ganze Erkenntniß der göttermischenden und dem Monotheismus zustrebenden Bewegung der späteren griechischen Religionsgeschichtũe (Synkretismus) so außerordentlich wichtige Einführung des Sarapiskultus, die in die Zeit der alexandrinischen Ptolemäer fällt, erweist, daß der Drang, über die bisher berehrten Hauptgötter einen neuen Gott als höhere Einheit zu setzen, schon so stark war, daß ein König, ein Kultus⸗ Minister und ein attischer Bildhauer den neuen Gott gleichsam schaffen konnten. Professor Pr. Kebrbach aus Berlin erstattete über die wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Gesellschaft für Erziehungs⸗ und Schulgeschichte einen Bericht, der namentlich für die ältere Kultur⸗ geschichte Sachsens wichtige Aufschlüsse gewährte. Die letzte allge⸗ meine Sitzung vom Sonrabend begann mit einem interessanten Vortrag des Professors Dr. Studnicka aus Leipzig über Menander. Nicht um das literarische Bild dieses liebenswürdigen attischen Dichters, des Vaters der neuern Komödie, dessen poetische Schöpfungen wir leider nur aus Bruchstücken, aus Nach— bildern und Nachwirkungen kennen, sondern um ein wirk⸗ liches Bildniß des Diamatikers, um die eigenthümliche Thatsache, daß uns die individuelle und charakteristische Erscheinung besser er⸗ halten geblieben ist als die Dichtungen, handelte es sich in diesem 6 Die kunstkritischen Nachweise, Vergleichungen und Ergebnisse des Vortragenden wurden durch eine Gruppe von Bildwerken und Photo- graphien entscheidend unterstützt, und der mit großem Beifall auf⸗ genommene Vortrag war ein lebendiges Zeugniß dafür, daß auch der Kunstarchäologie noch bedeutende Aufgaben gestellt sind. An diesen letzten Vortrag schlosfen sich die Berichterstattungen über die Arbeiten der verschiedenen Sektionen der Versammlung. Auch die in Dresden zum ersten Mal tagende jüngste Abzweigung, die Sektion für Bibliothetwesen“ gab durch den Direktor der Königlichen öffentlichen Bibliothek, Professor Dr. Schnorr von Carolsfeld Bericht über er⸗ sprießliche Thätigkeit und ihren wohlberechtigten Eintritt in die viel⸗ verzweigten Aufgaben der Philologie und der Philologen⸗Versammlung. Im Namen des Präsidiums theilte sodann der Vorsitzende, Geheime Hofrath, Professor Dr. Ribbeck, den Kommissionsbeschluß mit, zum Ort der nächsten (45) Versammlung Bremen zu wählen, dem die Versammlung laut zustimmte. Zum Schluß gedachte der Vorsitzende noch dankend) der Förderung, welche die Versammlung in Dresden allseitig erfahren habe.

Land⸗ und Forstwirthschaft

Ernteergebniß in Rußland.

Ueber das diesjährige Ernteergebniß in Rußland entnehmen wir der St. Petersburger Zeitung“ vom 4/16. September d. J. Folgendes: Im Ganzen haben 17 Gouvernements eine schlechte Ernte, und zwar klagen einige Kreise über eine totale Mißernte, in anderen ist das Bild ein bunteres. Befonders schlecht ist die Ernte an Winterkorn gerade im Schwarzerde⸗ Rayon, der sonst gewöhnlich Korn abgeben kann. Am meisten hat Winterweizen gelitten und jwar sowohl durch un⸗ günstige meteorologische Verhältnisse, als auch durch die Hessen⸗ fliege und ähnliche schädliche Insekten; an vielen Orten mußte man die Wezenfelder umpflügen und mit Sommerkorn besäen,. Nach den Angaben des Ministeriumß der Landwirthschaft ließ sich anfangs August hinsichflich des Winterkorn eine Mißernte konstatieren: in einem bedeutenden Theile des Schwarzerderayons, in den jentralen Ackerbau treibenden Gouvernements und in, dem Gebiet an der unteren und mittleren Wolga, mit, alleiniger Ausnahme des Gouvernements Kasan; eine Ernte unter Mittel wurde in den 'füdöstlichen und in den weißrussischen Gouvernements sowie in Taurin, Kaluga, Kasan und in den Gouvernements am Ural erwartet, Auch das Sommerkorn hat in einem bedeutenden Theil des Reichs

durch die unglaubliche Dürre gelitten. Eine unbefriedigende Ernte an Sommerkorn früher Ausfaat, über welche man genauere Angaben hat, ftand in Aussicht in den zentralen Ackerbau treibenden Gouwerne⸗ ments, in den Gouvernements an der unteren Wolga, in Slimbirsk, Stawropol, im Land der donischen Kosaken, zum theil auch im Kuban⸗ gebiet, in Tambow, Kasan, Charkow, in den Gouvernements am Ural u. a. m.

Mit einem Wort, eine große Noth steht bevor, wenn sie auch nicht die Intensitãät annebmen wird, wie in den Hungerjahren 1891 und 1892; es werden größere Vorbereitungen als damals getroffen, um ihr , . zu können; von früheren Jahren her liegen bei den Händlern bedeutende Getreidevorräthe, und es wäre möglich, rechtzeitig zu einigermaßen erträglichen Preisen für diejenigen Bauern Getreide aufzukaufen, die selbst nicht mehr im stande sein werden, sich ihren Bedarf zu erstehen. Man darf nur keine Zeit verlieren!

Saatenstand in Rußland.

Die mittlere Temperatur ist in der zweiten Woche des Sep⸗ tembers neuen Stils nach Angabe der Handels, und Industrie⸗ Zeitung‘ in ganz Rußland der normalen ziemlich nahe gewesen, und zwar im Osten etwas höher, im Norden und Westen etwas niedriger. Die Menge der Niederschläge war auch von der normalen wenig ver⸗ schieden, ttwas weniger Regen ist im Osten und Norden und etwas mehr an einzelnen Stellen im Süden und in den mittleren Gouver— nements gefallen. An den verschiedenen Orten der nördlichen und östlichen Gouvernements sind bereits kleine Fröste beobachtet worden.

Dies ist insofern von Bedeutung, als dadurch die Gefahr wächst, daß die bisher durch die Trockenheit verhinderte Aussaat des Winter— getreides nunmehr durch den Frost unmöglich gemacht, oder daß die junge Saat durch denselben vernichtet werden könnte. An vielen Stellen hat der Regen jedenfalls die Aussaat inzwischen ermöglicht, und es ist nur die Frage, ob die Saaten bis zum Winter sich genügend werden kräftigen können.

Aus Saratow wird über die landwirthschaftliche Lage ge— schrieben: Die Getreidepreise sind bedeutend gestiegen; unlängst machte sich allerdings infolge eines kurzen Regenfalles eine kleine rückläufige Bewegung geltend. Der Regen hat aber eher schäd⸗ lich als nützlich gewirkt, weil die durch denselben hervorgelockte Wintersaat vermuthlich der von neuem eingetretenen Trockenheit zum Opfer fallen wird. Alle Anzeichen sprechen daher dafür, daß im nächsten Jahr das Ernteergebniß noch schlechter als in diesem sein wird, und diese Befürchtung wird durch die Erfahrung bestätigt. daß in Rußland gewöhnlich mehrere gute und mehrere schlechte Jahre einander folgen, von 1893 bis 1896 aber vier gute Jahre hinter⸗ einander gewesen sind. Andererseits sind auch in jenen Gegenden weder die Land noch die Pachtpreise bisher zurückgegangen.

Ernteergebniß und Saatenstand in Estland, Polen und den südlichen russischen Gouvernements.

Est land.

Der Ertrag des Winterkorns ist im allgemeinen über Mittel, bei Weizen, der allerdings nur wenig angebaut wird, sogar gut. Die . soll überall, theilweise unter günstigen Verhältnissen be⸗ endet sein.

Die Sommerkornernte ist wider Erwarten durchschnittlich mittel⸗ mäßig gerathen. Hafer hat durch zu reichlichen Regen etwas gelitten, immerhin wird der Ertrag desselben als über mittel bezeichnet, während Gerste vielfach unter mittel und die Qualität derselben gering ausgefallen ist.

Polen.

Die diesjährige Kartoffelernte ist weniger befriedigend ausgefallen, als im vorigen Jahre. In niedrig gelegenen Gegenden sind die Kartoffeln theilweise ausgefault. . . .

Der Stand der Zuckerrüben wird als mittelmäßig bezeichnet. Die Rüben haben wenig Zuckergehalt. .

Die Winterbestellung der Felder geht bei günstigem Wetter vor sich.

Die Preise auf dem Warschauer Getreidemarkt sind für Weijen etwas gefallen, für Roggen und Hafer dagegen gestiegen.

Es wurden gezahlt pro Pud:

am 25. August am 25. September Weizen 112—118 4 107 117 Kop. Roggen . w,, 78— 82 , k 290 838— 95

Südliche Gouvernements.

Nach Berichten aus deutschen Kolonien in Bessarabien, Cherson und Taurien haben die wichtigeren Feldfrüchte folgenden Ertrag er— geben, wobei der Tschetwert (2 hl) Weizen und Roggen zu 10 Pud, Gerste zu 8 Pud und Hafer zu 6 Pud gerechnet ist:

Pud 16,38 kg) pro Dessjätine (1 ha)

Kolonien im Gouv. . Gouv. eg, Gouv. ö. Urch⸗ Urch⸗ Urch⸗ Schwank. schnitt Schwank. schnitl Schwank. schnitt Sommerweizen (Ghirka) . . .. 30—- 60 42 Winterweizen .. 34 Roggen ö ? Gerste 62 24—80 54 40-853 61 Hafer 57 24 108 54 36— 120 68

Diese Ziffern, entsprechen mit Ausnahme des unter Mittel ge⸗ bliebenen Ergebniffes von Winterweizen und Roggen in den Kolonien des Gouvernements Cherson, ungefähr einem mittleren Ernteergebniß, beziehen sich aber natürlich nur auf die betreffenden Bezirke, welche größtentheils im Süden der genannten Gouvernements belegen sind. Mais wird einen übermittleren Ertrag 20 bis 25 ZTschetwert oder 100 bis 125 Pud pro Dessjätine ergeben, aber die Körner sind klein ausgefallen. Im Gouvernement Jekaterinoslaw ist das allgemeine Ernkeergebniß mittel bei den Gutsbesitzern, übermittel bei den Bauern; die Körner sind klein und leicht geblieben.

Die neue Aussaat wurde bisher von der Witterung nicht be— günstigt. Ueberall im Süden herrscht Regenmangel, in vielen Gegenden eine seit 2 Monaten anbaltende Dürre. In den von der Dürre betroffenen Gegenden ist das Erdreich dermaßen eingetrocknet, daß nicht nur die Aussaat, sondern auch das Pflügen für das Winter · getreide, weil der Pflug nicht in den Boden eingreift, aufgeschoben werden mußte. .

In Odessa sind die Weizen. und Roggenpreise unter dem Einfluß der Haltung der auswärtigen Märkte dem vorigen Menat gegenüber um 5—=9 Kopeken pro Pud zurückgegangen. Nichtsdestoweniger ist die Ausfuhr schwach geblieben, zumal die Frachten nach England und dem Kontinent ziemlich hoch sind (12 12 Schillinge pro Tonne Open Charter). .

Die Preise stellten sich am 25. September, wie folgt: Weizen.. 97 112 Kopeken pro Pud, Roggen. 65 69 ö ö ö Gerste 46— B47 . ö ö a 5 ö ö Leinsaat. . 116—117 z ö =.

Die Getreidevorräthe betrugen am 13/1. September d. J. 3 820000 Pud, worunter 1 930 000 Pud Weizen und 3090 000 Pud Roggen, gegen 1965 009 Pud am 15,1. August dieses Jahres.

Seit Beginn dieses Jahres bis zum 11. September / 30. August wurden folgende Getreidemengen ausgeführt:

Tausend Pud 57 714,0 5378119 2 825,0 1499,0 7012,0 4320, 0

20— 41 38 28-80 44 20 44 30

20-50 42 S8 - 50 19 10— 80 265

Nikolajew a Sebastopol .... Theodosia

Gemitscheskk ... Berdjansk H 916,9 Mariupol .... 5 5808.9 1 559,0

Die Getreideausfuhr Odessas im laufenden Jahre hat dem Vor⸗ jahre gegenüber erheblich abgenommen, wie folgende Zusammen⸗ stellung zeigt:

Ausfuhr in den ersten 8 Monaten:

1897 1396

Pud 30717930 39 806 488 9 417 525

Roggen 11 484 419 Gerste 12 505 259 9 490 465 234 128

1 317 761 3. J 1720 1

33 629 3979763

Erbsen und Bohnen 401 659 473 900

Oelsaaten S9h5 146 668 947

. 963 067

ö 252 302

1062257

260 388 Zusammen Pud 58 699 861 Abnahme Pud 8 868 156

Weizen

7 psd 5

Theater und Mufik.

Königliches Opernhaus.

Die Aufführung von Richard Wagner's Oper Lohengrin“ gab am Sonntag Herrn Kraus Gelegenheit, die Titelpartie zum ersten Mal in dieser Spielzeit im OSpeinhause zu singen. Die Stimme klang ebenso metallreich und strahlend wie in den akustisch günstigeren Räumen des Neuen Opern Theaters am Königs platz, sodaß dem Künstler auch hier enthusiastischer Beifall zu theil wurde. Als Telramund gastierte Herr Berger, ein erst dreiundzwanzigjähriger Sänger, der seit kurzer Zeit der Bühne angehört. Diese nicht eben dankbare Rolle ist für einen Anfänger außerordentlich schwer zu bewältigen, da sie ihm keine Gelegenheit bietet, sich hervorzuthun, dagegen die Gefahr in sich birgt, unangenehm aufzufallen. Daß Herr Berger die Klippen glücklich vermied, spricht zu seinen Gunsten. Bei wachsender Vertrautheit mit der Bühne und ihren Anforderungen und fortgesetztem Studium wird er jweifellos später Herporragendes leisten. Die Besetzung der übrigen Rollen war die bekannte und oft ge— würdigte; nur der Heerrufer war in der Wiedergabe durch Herrn Krasa noch unbekannt. Gewiß hat dieser durch seine außerordentlichen muftkalischen Fähigkeiten ausgezeichnete Bassist die für ihn in der Höhe sehr ungünstig liegende Partie, welche seit dem Abgang des Herrn Fränkel verwaist ist, nur provisorisch übernommen. Er führte sie trotz einiger Anstrengung des Organs indessen anerkennenswerth durch.

Konzerte.

Im Königlichen Opernhause fand gestern der erste Symphonie ⸗Abend der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Königlichen Kapellmeisters Herrn Felix Weingartner statt. Daz Konzert wurde mit Spohr's Faust, Ouvertüre eröffnet, zu welcher das Programm den vom Tonsetzer selbst aufgestellten Gedankeninhalt der Komposition mittheilte. Dem Komponisten ist die Durch— führung seiner Absicht, dem Hörer die inneren Lebenszustände Faust's durch Tonbilder anschaulich zu offenbaren, wohl ge— lungen; er zeigt, wie die Sinnenlust in der Seele Macht gewinnt, wie sie das Gute und Edle überwuchert und wie endlich das böse Prinzip der Sinnlichkeit im Kampfe gegen das Gute Sieger bleibt. Die Tonsprache Spohr's ist klar und kraftvoll und wurde durch die vortreffliche Wiedergabe dem Verständniß wirklich näher gebracht. Brahms' zweite Symphonie, die dann folgte, gehört zu den erfreulichsten Gaben des Komponisten; der Reichthum in der melodischen Erfindung und Gestaltung, der Frohsinn und der bald milde, bald schwermüthige Ernst der dargestellten Empfindungen üben einen unveränderlich fesselnden Reiz auf jeden andächtigen Hörer aus. In dem Vortrag dieses in klassischen Bahnen sich bewegenden Werks und in der dann folgenden ersten (C-4ur) Symphonie Beethoven's zeigten das Orchester und sein Dirigent wieder ihre volle Meister⸗ . Schluß des Abends bildete Weber's herrliche Freischütz⸗

uvertüre.

In den übrigen Konzertsälen Berlins begann die neue Saison bereits am 1. Oktober. An diesem Tage veranstaltete der Pianist Herr Ernst von Dohnänyi aus Budapest im Saal Bechstein einen Klavierabend. Er begann mit der bekannten Phantasie und Fuge (G-moll) von Bach Liszt, auf welche Beethoven's Sonate As-dur (op. 110) und die Sonate Fis-moll (op. 1I) von Schumann folgten. Bei aller Anerkennung seines gesangreichen Anschlags und sicheren Technik war doch der übermäßige Pedalgebrauch der Klarheit des Spiels oft hinderlich. Als gewandter Komponist zeigte sich der Künstler noch besonders in stilvoll gehaltenen Varia— lionen über ein Thema eines Ungenannten. Den Schluß des Abends bildete die jetzt nicht mehr recht zeitgemäß erscheinende „Don Juan« Phantasie von Liszt, in der die Bravour des Pianisten noch besonders glänzend erschien. Das Publikum, das mit Recht die Ein— töͤnigkeit solcher Klavierabende ohne Mitwirkung weiterer künst⸗ lerischer Kräfte scheut, war nicht eben zablreich anwesend. An demselben Abend hatten sich in der Sing-⸗Akademie zwei Damen, Fräulein Anna E. Otten aus New. Jork (Violine) und Fräulein Bertha Schelhaas (Alt) zu einem gemeinschaftlichen Konzert vereinigt. Leider ist über die Leistungen derselben wenig Er— freuliches zu berichten. Die Violinistin besitzt eine recht vorgeschrittene Technik, doch ließ die Ausdrucksweise, besonders in dem Adagio des siebenten Konzerts von Spohr, viel zu wünschen. Bei der Sängerin klang die Stimme in der Tiefe gedrückt und in der Höhe angestrengt, sodaß der Vortrag der Lieder von Schubert, Muͤllerhartung und d'Albert keinen rechten Genuß bot.

In demselben Saale veranstaltete am Sonnabend die Altistin Iduna Walter⸗Choinanus aus Weimar einen Lieder- Abend. Ünter den zahlreichen Gesängen von Schubert, Brahms, Schumann, Gluck, Kahn, Leßmann und Strauß, in denen sie ihre trefflich ge⸗ schulte, sympathische, tiefe Altstimme und ihre seelenvolle Ausdrucks- weife zur Geltung brachte, gefielen ganz besonders die Lieder. Der Tod und das Mädchen? von Schubert, Der Schmetterling von Schu— mann, welches letztere auf Wunsch wiederholt wurde, und „Wie sollten wir geheim sie halten von Strauß. Das Konzert war gut besucht. Weniger gefüllt war an demselben Abend der Saal Bechstein, wo die Sängerin Fräulein Martha Hauß— mann unter Mitwirkung der Pianistin Fräulein Martha Sauvan ein Konzert veranstaltete. Die erstere trug mit umfangreicher und kräftiger Stimme mehrere Lieder von Cornelius, Brahms, Gold— schmidt, Schubert, Schumann und Anderen vor. Ihre Ausdrucksweise zeugte von Empfindung, nur ließ die Deutlichkeit der Aussprache mitunter zu wünschen. Die Pianistin zeigte eine geläufige Technik und verständnißvolle Auffassung, wie der Vortrag einiger Klapierst ücke von Chopin, Mendelssohn, Brahms und Strauß⸗Schütt in erfreul icher Weise erkennen ließ. Beiden Künstlerinnen wurde wohlverdienter Beifall zu theil.

Das Eröffnungs⸗Konzert des Philharmonischen Orchesters, welches am Sonntag unter Leitung des Herrn Kapellmeisters Jos-ef Rebiczeck ffattfand, war außergewöhnlich zahlreich besucht. Beliebte Piscen von Weber, Wagner, Massenet, Liszt und Anderen kamen zur Aufführung, die eine feine, korrekte und verständnißvolle genannt werden kann. Auch die Solovorttäge des Violiniften und Konzert⸗ meisters Anton Witek und des Harfen - Virtuosen Herrn Otto Müller fanden lebhaften Beifall.

Die anmuthige und bochbegabte Konzertsängerin Clara Butt gab gestern im Saal der Sing ⸗Akadem ie einen Lieder. Abend, für welchen sie eine reiche Anzahl von Gesängen Schubert's, Beetboven'g, Giordani's, Schumann's und anderer Komponisten zum Vortrag ewählt batte. Ihre kräftige Altstimme ist in der Tiefe fast einer 6 ähnlich und auf das sorgfältigste ausgebildet; gu ibre empfindungsvolle Vortragsweise kam in allen Liedern vortreffli

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