1897 / 247 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Oct 1897 18:00:01 GMT) scan diff

den Inhaber lautende, seitens der Gläubiger unkũndbare Schuldver⸗ schreibungen unter der Bejeichnung: - ; n 2 der Rheinyrovin auszustellen und auszugeben. . ; . 1. Hesa amt herrn der auszugebenden Anleibescheine darf die Summe von jehn Millionen Mack nicht überschreiten.

§ 2.

Die Anleibescheine werden in vom Provinzialausschuß fest zusetzenden Abschnitten nach dem beigefügten Muster ausgefertigt.

Die Ausfertigung geschiebt durch den Provinzialausschuß. Auf dem Anleibescheine ist die Ünterschrift von drei Mitgliedern des Pro⸗ pinzialausschusses,. sowie des Kontrolbeamten erforderlich. Der , . hat insbesondere darũber ju wachen, daß die zehn

issen Mart nicht überschritten werden. Die Ausfertigung ift öffentlich bekannt zu machen. § 3.

Die Anleibescheine werden alljährlich je nach Bestimmung durch den Provinzialausschuß, mit drei, dreieinhalb oder vier vom Hundert verzinst und die Zinsen halbjährlich am 2. Januar und 1. Juli gejablt. Den An eihescheinen werden iu diesem Zwecke Zins scheine auf je zehn 26 Jahre nebft Anweisangen nach dem beigefũgten Muster beigegeben. ; 1.

Die 36. der Zinsen erfolgt gegen Rückgabe der betreffenden Zinsscheint vom Verfalltage ab durch die Landesbank der Rbein . provinz. Das Forderungsrecht aus einem solchen Zinescheine erlischt wenn derselbe innerhalb fünf Jahren vom Ablauf des Kalenderjahres ab, in welchem er fällig geworden ift, nicht zur Zablung vorgezeigt wird. w 2

Mit dem Ablaufe der fünfsährigen Zeiträume werden nach vor- heriger öffentlicher Bekanntmachung die neuen Zinescheine dem Ein⸗ lieferer der Anweisung ausgereicht. ; .

Bei dem Verluste der Anweisung erfolgt die Aushändigung der neuen Zinsscheine nach Ablauf der für die Umwechselung bestimmten Frift an den Inhaber des Anleihescheins.

8* .

Die Tilgung der Anleihescheine geschiebt durch allmäbliche Ein ˖ lö5sung mit jährlich mindestens einhalb vom Dundert der ausgegebenen Anleibescheine unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Anleibe⸗· scheinen. Die Tilgung beginnt nach Ablauf des auf die erste Aus⸗ gabe folgenden Kalenderjahres. 6

Der Provinzialausschuß bat das Recht, die Tilgung zu ver⸗ tãrken. .

t Die Einlssung wird im Wege der Aufkündigung nach vorheriger Bestimmung durch das Loos vorgenommen. ĩ

Die Ausloofung erfolgt durch die Landesbank unter Zuziehung des Kuratoriums während des Monats Januar, die Bekanntmachung der ausgeloosten und zu kündigenden Anleiheicheine, welche die letzteren nach Reihe, Nummer und. Betrag bezeichnen muß, innerhalb der Monate Februar und Mai, die Einlösung am 1. Juli desselben Jahres. ö .

Der Provinzialausschuß hat das Recht, sämmtliche noch um⸗ laufende Anleihescheine zu kündigen. . ö

Der Landesbank der Rheinprovinz bleibt daz Recht vorbebalten, anstatt der Ausloofung Anleihbescheine auch im Wege des Rüũckkaufs wieder zu erwerben und zur vlanmäßigen Tilgung zu verwenden.

Im Falle des Rüäckkaufs zum Zweck der Tilgung bat auch die Belchntwachung de? sfattgebabten Ankaufg unter Angabe des Be. tragez der angekauften Anleibescheine stattiufinden.

55.

Die Ausjablung des Kapitals für die ausgeloosten Anleihescheine erfolgt nach dem Nennwerth derselben durch die Landesbank an den Vorjeiger der Anleihbescheine gegen Rũdgabe derselben.

Mit den Anleibescheinen sind zugleich die ausgereichten, nach dem Zablangstermin fällig werdenden Iinescheine einzuliefern. .

Der Betrag der feblenden Zinsscheine wird vom Kapital gekärnt und zur Sinlösung dieser Zinsscheine verwendet, . ;

Die Nummern der ausgelocsten, nicht zur Ginlssung eingereichten Anlesßefcheine sind in den nach 5 4 zu erlassenden Bekanntmachungen in Erinnerung ju bringen. ö. .

Berden die Anleikescheine dessen ungeachtet binnen dreißig Jabren zach dem Zablangstermphae nicht jur Ginlösung dorge zeigt, oder ist deren Aufgebot und Kraftloserklärung 18 7) innerbalb dieser Frist nicht beantragt worden, so werden die Anleibescheine nach Ablauf der gedachte Frist am Beften der Provinj als getilgt angesehen.

5 6.

Alle die Anleibescheine betreffenden Bekanntmachungen einschließ⸗· lick der Fündigung ertelgen durch den Deutschen Reichs · und Preußischen Staats Anzeiger“, die Kölnische und Frankfurter Zeitung sowie die Kölnische Volkszeitung“ in Köln.

Sollte eines dieser Blätter eingeben oder die Landesbank andere Blätter fär die Veröffentlichung wählen, so muß die Wahl anderer Blätter in den bisber benutzten und noch erscheinenden Blättern be— kannt gemacht werden. 8

16.

Das Aufgebot und die Kraftloserklärung verlorener oder ver⸗ nichtefer Anleihescheine erfolgt nach Vorschrift der Ss S588 ff. der Ziwilprozeßordnung für das Deutsche Reich vom 30. Januar 15877 Meichs. Gefetzblatt Seite 83) beziehungsweise nach 8 20 des Aus. jnhrungegesezes jur deutschen Zivilprozeßordnung vom 24. Mär; 1879 (GSesetz Sammlung Seite 280). Zinsscheine und Anweisungen können weder aufgeboten noch für kraftlos erklärt werden. Ss kann sedech nach dem Ermessen der Landegbank demjenigen, welcher dor Uriauf der fänfjährigen Vexrjährungsfrist (6 3) den Verluft eines . bei der Landesbank anmeldet und bescheinigt, der

etrag des Jinsscheins, wenn letzterer bis zum Ablauf der Ver— jibrungsfrist nicht vorgezeigt worden ist, nach Ablauf derselben aus gejablt werden. 883

är die Sicherheit der ausgegebenen Anleihescheine und deren mien baftet die Rbeindrobinz.

5 3.

1ichaß überwacht die Befolgung der der Landes-

Die Rheinprovinz verschuldet dem Jahaber dieses Aaleihe- 1 Mark Reich währung, derjins lich mit

1

. des

biert worden. Die Bestimmungen des umseitig abgedruckten Regalatins Faden anf fie Anwendung. Duff orf, den.. ten 16 Der Yrerinialausichuß der Rheinprovin. Materschtift von drei Mitgliedern.) Gingetragen n dag Regrnher der Tandegkark der Rbeirprerin Blatt Der Tontrolbeamte.

Anlelbescheln der Rheinprovinz.

a. Vorderseite der Zinsscheine. z Reihe Nr. 1 (bis 10). Rbeinprovinz. J Erster (bis zebnter) Zinsschein erster Reihe

zum . Anleiheschein der Rheinprovinz ter Ausgabe.

scheins empfängt gegen dessen Rückgabe und sivaterbin

Düsseldorf, den.. ten. . Der Provinzialausschuß der Rheinprovinz. (Fatstmile von drei Mitgliedern.) Der Kontrolbeamte.

zFaktsimile.

b. Rückseite der Zinsscheine. Zahlbar am. . Dieser Zlusschein ist ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht bis . I18 . . erhoben wird.

a. Borderseite der Anweisungen. Rheinprovinz.

Anweisung zum Anleibeschein der Rheinprovini ter Ausgabe. Reihe...

über.... Mark, verzinslich mit

b. Rückseite der Anweisungen. Der Inbaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rũdgabe zu dem vorbezeichneten Anleiheschein die jweite Reibe Zinsscheine für die fünf Jahre vom... bis bei der Landes. band der Rbeinprobin in Düsseldorf, sofern von dem Inhaber des Anleibefcheins nicht rechtzeitig Widerspruch erhoben worden ist. Dũüsseldorf, den. ten K Der l der Rheinprovinz.

(Falstimile von drei Mitgliedern.) Der Kontrolbeamte.

(Faksimile.)

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. .

Der e,, r,, Dr. Joh. Nikel zu Breslau ist zum außerordentlichen Professor in der katholisch⸗ eologischen a e. der dortigen Universität ernannt worden.

Dem Dozenten an der Technischen Hochschule in Aachen Dr. Wilhelm Borchers ist das Prädikat „Professor“ bei⸗ gelegt worden.

Angekommen:

der Unter⸗Staatssekretär im Ministerium für Handel und Gewerbe Loh mann.

Die Personal-Veränderungen in der Armee

befinden sich in der Ersten Beilage.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 20. Oktober.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen eute Vormittag in Wiesbaden den Chef des Zivilkabinets, irklichen Geheimen Rath Dr. von Lucanus zum Vortrage.

Der Ausschuß des Bundes raths für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen und die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuer—⸗ wesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.

Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte Uebersicht der Betriebs-Ergebnisse deutscher Eisen bahnen im Monat September 1897 ergiebt für 64 Bahnen, die schon im Sep⸗ tember 1896 im Betriebe waren, Folgendes:

Gesammtlãnge: 40 738 54 Km.

im gegen auf gegen Ganzen das Vorjahr 1 Rm das Vorjahr 4 4 w

für alle Bahnen im September 1897

aus dem Per⸗

sonenverkchre 10 Qs 556 1 65142 10084 24 * 244 aus dem Güter⸗

verehre rr. gg gig ges 3 950 So, 2134 60 280 für die Bahnen mit dem Rechnungsjahre 1. April 31. März in der Zeit vom 1. April bis Ende September 1897 aus dem Per⸗ ö. sonenverkehre 208748419 97417 6 172 4 186 * 3,11

aus dem Guũter⸗ verehre 416491623 19837120 12 01 4 360 4 3307 für die Bahnen mit dem Ee, . L Ja nu ar 31. . in der Zeit vom 1. Januar bis Ende September 1897

aus dem Per⸗ sonenvertehre 51 179 330 42482 157 86454 37 * 431 aus dem Guter⸗ 5 685 3920 44083 945 15 920 4 554 4 3,60 September: Duderstadt

Einnahme

Erõffnet wurden: am 1. Leinefelde 19339 km und Wolfhagen = Dbervellmar R.6 Em Rönigliche Eisenbahn⸗Direktion in Cassel), ferner 5 Zindenau - Lußen 17 270 km und Lausen = stãdt 3 3) km Königliche Eisenbahn⸗Direktion in Erfurt).

Die ei senbahnfachwissenschaftlichen Vorlesunge nden im Winter⸗Halbjahr 1897/98 in folgender 3

In Ber lin werden in Räumen der Universität Vor—⸗ lesungen über preußisches Eisenbahnrecht sowie über die Ver⸗ waltung der preußischen Staagtgeisenbahnen gehalten. Dat Nähere, namentlich auch bezüglich der Anmeldung zu den Vor⸗ lesungen, ist aus dem Anschlage in der Univerfitãt ersichtlich In Breslau eistrecken sich die Vorlesungen auf Eisen⸗ bahn Betriebslehre und auf geologi sche Technologie

Köln werden Vorlesungen über Eisenbahnrecht und Eisenbahn · Verwaltungslehre, jowie über Elektrotechnik,

in Elberfeld über Technologie,

in Halle a. S. uber Elektrotechnik gehalten.

Der Bevollmächtigte zum Bundegrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath Schnell ist hier angekommen.

Der Regierungs⸗Assessor Freiherr von O uadt⸗Wykr adt⸗ Hüchtenbruck ist der Königlichen Regierung zu Arnsberg ur dienstlichen Verwendung überwiesen und der Regierungs— ssessor Dr. Steputat zu Jautecken dem Landrath des Kreises Regenwalde zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Irene“, Kommandant Kapitãn zur See du Bois, heute in Hongkong angekommen.

Wies ba den, 20. Oktober. Seine Majestät der Kaiser von Rußland und Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog von Hessen trafen, wie ‚W. T. B.“ meldet, heute Mittag 121/ Uhr hier ein und wurden am Bahnhofe von Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm und Seiner Durchlaucht dem Prinzen Adolf zu Schaum burg⸗Lippe empfangen. Die Majestäten begrüßten Sich auf das herzlichste und fuhren darauf unter den lauten Hoch— rufen der zahlreichen Volksmenge zum Schlosse. In den Straßen bildete die Garnison Spalier. Im Schlosse fand ein Deéjeuner statt, zu welchem das beiderseitige er g geladen war. Um 2isz Uhr gedenken Seine Majestät der Kaiser von Rußland und Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen nach Darmstadt zurückzukehren.

Bayern.

Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend in Schillingsfürst ein⸗ getroffen.

Die Kammer der Abgeordneten hat gestern einen Antrag des Abg. Stöcker berathen: es möchten Erhebungen darüber fstattfinden, ob die Straßen und Wege in dem diesjährigen Manövergelände ungewöhnlich beschädigt worden feien, und, falls dies erwiesen würde, den betreffenden Gemeinden und Distrikten entsprechende Bei⸗ trage zur Wiederherstellung der Wege und Straßen gewährt werden. Im Laufe der Debatte sprachen sich Redner aller Parteien fur den Antrag aus. Der Kriegs⸗Minister Freiherr von Asch und der Minister des Innern Freiherr von Feilitzsch bekãmpften den Antrag mit dem Hinweise, daß aus der Annahme desselben weitere Konsequenzen entstehen würden. Man könne dann auch Entschädigung für die Abnutzung der regelmäßig vom Militär benußten Straßen fordern. Das Natural⸗ leistungsgesetz kenne soͤlche Entschaͤdigungsansprüche nicht. Würde die bayerische Regierung darauf eingehen, dann würden im ganzen Reich dieselben Ansprüche erhoben werden. Außer dem würde es schwer sein, jetzt noch durch Erhebungen fest⸗ zustellen, welche Wegbeschädigungen von den Truppen her⸗ rührten. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Sodann begann die e . der Anträge auf Einfüh⸗ rung des direkten ahlrechts bezw. des Pro— portionalsystems in Bayern. Dieselbe wird heute fort⸗ gesetzt werden.

Württemberg.

Die evangelische Landessynode ist gestern in Stuttgart zu einer außerordentlichen Session zusammengetreten. In der von dem Staats⸗Minister des Kirchen⸗ und Schulwesens Pr. von Sar wey verlesenen Eröffnungsrede wurde, dem St⸗A. f. W. zufolge, zunächst mitgetheilt, daß es infolge des Beschlusses der Kammer der Abgeordneten geboten erschienen sei, den kirchlichen Gesetzentwurf über die Ausübung der landesherrlichen. Kirchen⸗ regimentsrech te, obwohl derselbe durch den ständischen Be schluß eine Abänderung nicht erfahren, der erneuten Berathung und Beschlußfassung der Landessynode zu unterstellen. Sodann kündigte der Minlster neben einem die Christenlehrpflicht be⸗ treffenden kirchlichen Gesetzesentwurfe einen solchen über Ab⸗ änderung des Gesetzes, betreffend die Verkündigung und Trauung der Ehen, sowie eine Mittheilung der Ober⸗Kürchen= behörde, betreffend die Gehaltsverhältnisse der evangelischen Geiftlichen, an.

Seffen.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Heinrich von Preußen sind gestern von Wies baden zum Besuch am Großherzoglichen Hofe in Darmstant eingetroffen.

Oe sterreich⸗ Ungarn.

Der Minister des Auswärtigen Graf Goluchows ki hat sich heute nach Budapest begeben. ; k

Bei Beginn der gestrigen Sitzung des õsterreichischen Abgeordnekenhauses wurden drei namentliche Abftim mungen vorgenommen; als die dritte Abstimmung die Beschluß⸗ a ter! des Haufes ergab, wurde die Sitzung ehoben und auf den Abend eine Sitzung anberaumt. . elbe begann um 61 Uhr. Nachdem der Wolf deutsch⸗ national) die Anberaumung einer Abendsitzung be⸗ mängelt hatte, beantragte die Linke eine Reihe namenlliche Abstmmungen. Gegen 1 Uhr Nachts, nach der 13. namen sichen Abstimmung. erklärte der Vize⸗Präsident von Abra m oy icz, Beantwortung iner von den Deut ch

Materschrift.])

Liberalen geslellten Anfrage betreffs einer Berichtigung der

stenographischen Protokolls, nunmehr zur Tagesordnung ehen zu wollen. Die Protestrufe der Linken: aben uns zur formalen Geschäftsordnun gemeldet beachtete der Vize⸗Präsident nicht, 33 ertheilte dem Abg. 2 das Wort zu der auf der Tages⸗ ordnung stehenden isteranklage. Hierauf entstand auf der linken te ein großer Tumult. Einzelne Abgeordnete der Linken schlugen auf die Pulte und klappten die Degel nieder. Mitglieder der Rechten entrissen ihnen die Pultdeckel, und es entstand ein Handgemenge. Der Präsident Dr. Kathrein übernahm darauf unter stürmischem Beifall der Linken den Vorsitz und unterbrach die Sitzung. Nach einer Viertelstunde erschien der Präsident Dr. Kaihrein wieder im Saale und erklärte die Sitzung big 11 Uhr Vormittags für unterbrochen.

In der gestrigen Sitzung des Wiener Gemeinderaths wurde die Mittheilung gemacht, daß das von dem Gemeinde⸗ rath beschlossene und von dem niederösterreichischen Landtage genehmigte Gesetz, betreffend Erhebung einer 100 prozentigen Steuer von dem Erträgnisse des Totalisators zu Gunsten der Armen Wiens, die Kaiserliche Bestätigung nicht erhalten habe.

Frankreich.

Der Wiederzusammentritt des Parlaments hat sich, wie W. T. B.“ meldet, gestern in vollkommener Ruhe vollzogen. Der Senat vertagte sich nach einer nur der Er— ledigung von Formalitäten gewidmeten Sitzung bis Freitag. Die Deputirtenkammer berieth über die hende r der Tagesordnung und beschloß auf Antrag des Minister⸗Präsidenten Méline, die Sitzungen an den Sonnabenden der Berathung von Interpellationen zu widmen. Die Sitzung wurde sodann aufgehoben.

In der Deputirtenkamm er gelangte gestern ein Gelb— buch zur Vertheilung, welches den Wortlaut des am 23. Juli zu Paris unterzeichneten Abkommens über die Grenzregulierung von Togo enthält.

Bei einem gestern in Nancy aus Anlaß der Ein⸗ weihung der neuerrichteten höheren Handelsschu le ver⸗ anstalteten Festmahl hielt der Handels⸗Minister Boucher in Erwiderung der ihm gewidmeten Trinksprüche eine Rede, in der er bemerkte, die Vereinigten Staaten von Amerika hätten eine barbarische Maßregel eingeführt, nämlich die Besteuerung der in den Koffern von Reisenden enthaltenen Gebrauchsgegenstände, sobald solche im Gesammtwerth von mehr als 100 Dollars von Bürgern der Vereinigten Staaten eingeführt würden. Es seien Verhandlungen über diesen Punkt eingeleitet worden, und er zweifle nicht, daß die Regierung der Vereinigten Staaten diese Bestimmung beseitigen werde. Sodann führte der Mi⸗ nister bezüglich der Handelsbeziehungen Frankreichs aus, die⸗ selben seien gegenüber den südamerikanischen Republiken beim Amtsantritt des gegenwärtigen Kabinets sehr gespannte gewesen; seitdem habe jedoch die Regierung 11 Abkommen geschlossen, durch welche die Handels- und politischen Beziehungen neu geknüpft worden seien. Mit Bezug auf Italien ãußerte der Minister, dasselbe scheine sich weder mit der Gegenwart, noch mit der Vergangen⸗ heit oder der Zukunft zu beschäftigen; die Wiederaufnahme der Handelsbeziehnngen sei noch nicht einmal irgendwie in Angriff genommen. Der Minister hob sodann hervor, daß er sich bemüht habe, die Beziehungen Frankreichs zu fremden Ländern zu erweitern und die Zolltarife zu erniedrigen. müsse . die Behauptung protestieren, daß die Regierung eine Regierung des Schutzzolles sei. Sie wolle nur ein kommerzielles Gleichgewicht, welches Frankreich ein dem Stande des Handels Europas entsprechendes ökonomisches Regime geben könne. Wir sind Anhänger einer Zollvereinigung“, schloß der Minister, „wir werden neuen Bedürfnissen Rechnung tragen und werden zeitweilige zollfreie Einlagerungen gestatten, durch welche die Ausfuhr begünfligt werden kann.“

Italien.

Der König und die Königin sowie der Prinz und die Prinzessin von Neapel sind gestern in Mailand ein— getroffen, um den von der Historsschen und von der Numis—⸗ maischen Gesellschaft veranstalteten Feierlichkeiten beizuwohnen. Ihren Majestäten und insbesondere dem Kronprinzen und der Kronprinzessin, Höchstwelche nach ihrer Vermählung zum ersten Male nach Mailand gekommen sind, wurden von allen Schichten der Bevölkerung begeisterte Huldigungen dargebracht.

Eyanien.

Der Marschall Blanco hat sich gestern in La Coruna nach Cuba eingeschifft. .

Wie „W. T. B.“ aus Barcelona meldet, sind daselbst in der Nacht zum Dienstag alle jene Personen freigelassen worden, welche als An arch isten verhaftet worden waren, aber in keinen Prozeß verwickelt sind.

Türkei.

Aus Konstantinopel meldet das Wiener „Telegr.⸗ Korresp. Bureau“, daß die türkischen und griechischen Bevoll⸗ mächtigten sich in der am Montag abgehaltenen Sitzung lediglich mit formellen Fragen beschäftigt hätten. Es sei beschloffen worden, wöchentlich drei Sitzungen, am Montag, Donnerstag und Sonnabend, abzuhalten. Die nächste Sitzung solle morgen staltfinden. Der Präsideni des Rechnungshofes Hassan .. Pa scha wurde zum zweiten Bevollmächtigten und der

eneral⸗Sekretär des Ministeriums des Aeußern Nuri Bey um Adjunkten des türkischen Delegirten ernannt. Die

otschafter Deutschlands, Rußlands und Großbritanniens haben ihre Attachés nach Thessalien entsandt, damit diese der Heimkehr der flüchtigen Thessalier beiwohnen. . Der Verweser des orthodoxen Bisthums Uesküb Firmi⸗ lignos ist, obwohl die bulgarischen Berats noch nicht er⸗ lassen worden sind, infolge des dringenden Ersucheng der russi⸗ schen ,. vorgestern in Uesküb eingetroffen. Die bulgarischen Kirchen und Schulen waren zum Zeichen des Protestes gegen die Ankunft Firmilianos 6 en und die Schlüssel dem Vali übergeben worden. Inf edessen . die Pforte den bulgarischen . und den e fn ager Uesküb anzurathen, von jeder feindli

Griechenland.

Der italienische Delegirte zur Finanzkontrol⸗Kommission Bodigo ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, gestern in Athen an⸗ kommen. Die Abgren zun . hat sich nach olo begeben. Die Kommission zur Ueberwachung der Heimkehr ber flüchtigen Thessalier hat gestern ihre erste Unterredung mit Eren Pascha in Domoko gehabt.

arkow aufgefordert, der än gr, Gemeinde von

en Haltung abzustehen.

Der Minister⸗Präsident Simitsch hat gestern dem König die Demission des gesammten Kabinets über⸗ reicht. Dieselbe wurde von dem König angenommen und das Ministerium mit der Leitung der Geschäfte bis zur Neubildung des Kabinets betraut.

Ueber die Gründe und den Verlauf der Ministerkrisis erfährt, W. T. B. von maßgebender Seite, daß gestern nach der Ankunst eine Unterredung des Königs mit den Ministern statt⸗ gefunden habe, aus welcher hervorgegangen sei, daß die Meinungs⸗ verschiedenheiten, die schon wãhrend der Abwesenheit des Königs zwischen der Krone und dem Kabinet über verschiedene laufende Angelegenheiten finanzieller, militärischer und

olitischer Natur hervorgetreten 2 sich weiterhin noch chärfer gestalten würden. Dies sei namentlich angesichts der Absicht der Regierung, die Verfassungsfrage aufhuwerfen, der Fall, während der König der Ansicht sei, Serbien solle die gegenwärtige Ruhe und voraussichtlich längere Friedens⸗ periode im Orlent und in Europa in erster Linie zu einer okonomischen und finanziellen Reorganisierung und Konsolidierung durch Feststellung des Budgets auf einer Grundlage der Ordnung und Sparsamkeit und durch Erfüllung seiner internationalen Verpflichtungen benutzen. Nach dieser Unterredung habe der Minister⸗Präsident Simitsch die Entlassung des gesammten Kabinets eingereicht. Die Lösung der Krisis könne erst in einigen Tagen, nämlich nach Ankunft des gegen⸗ wärtig in Karlsbad weilenden serbischen Gesandten in Kon⸗ stantinopel Dr. Wladan Georgewitsch erfolgen, welchen der König mit der Neubildung des Kabinets betrauen wolle.

Bulgarien. Die Sobran je ist auf den 27. Oktober einberufen worden.

Amerika.

Der Gesandtschaft von Guatemaln in Washington ist, wie W. T. B.“ erfährt, die telegraphische Nachricht zu⸗ gegangen, daß die Revolution in Guatemala nieder⸗ eworfen und die Ordnung im ganzen Lande wieder⸗ . sei.

Asien.

Auf britischer Seite sind, wie das Reuter sche Bureau“ aus Simla meldet, bei dem vorgestrigen 3. in den Samanabergen ein Offizier und 10 Mann gefallen und 53 Mann verwundet worden. Die Verluste der Eingeborenen sollen schwere gewesen sein.

Nach einer Meldung aus Peschawur ist eine Auf⸗ klärungsabtheilung der bengalischen Kavallerie, welche vom Fort Bara aus auf der Straße gegen Mammanne vorrückte, in einen Hinterhalt gerathen, wobei ein Ein⸗ geborenen⸗ Offizier und 14 Sowar⸗Reiter getödtet wurden; 21 Pferde mußten auf dem Platz gelassen werden.

Afrika.

Aus Abuhamed vom 17. d. M. berichtet das „Reuter'sche Bureau“, daß eine Patrouille berittener Derwische eine Ortschaft 7 Meilen nördlich von Berber überfallen, 11 Einwohner getödtet, eine Anzahl Weiber und Kinder gefangen genommen und Vieh weggetrleben habe. Von Berber aus zur Verfolgung der Derwische entsandte berittene Truppen seien mit denselben 15 Meilen östlich von Berber zusammengestoßen. Nach heftigem Kampfe hätten die Derwische alle Gefangenen und die Beute im Stich gelassen und seien in der Richtung nach den Atbara geflohen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Redakteur Grillenberger, Mitglied des Reichs⸗ tags für den 1. e rn ee ger Wahlkreis, ist gestern in München gestorben.

Nr. 36 des Eisen bahn ⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ ᷓ, . im Minifterium der öffentlichen Arbeiten, vom 16. Oktober, at folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfracht-⸗ verkehr beigefügte Liste, vom 4. Oktober 1897. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten; vom 30. September 1897, betr. Gewährung von Tagegeldern und Reisekosten an Betriebs kontroleure; vom 1. Oktober 1897, betr. Dienstgut⸗Transport⸗ Ordnung; vom 4. Oktober 1897, betr. Gewährung von Verlustentschädigungen an Hilfsbeamte; vom 7. Oktober 1897, betr. Beziehungen zur Reichs⸗ Telegraphenverwaltung. Nachrichten.

Arbeiterbewegung.

Aus Leipzig berichtet die Lp. Ztg.“ von einer Versammlung der Schneider und Schneiderinnen, in welcher beschlossen wurde, für das nächste n, eine Arbeitseinstellung vorzubereiten, wenn die Arbeitgeber ihnen die Forderung der Errichtung von Be— triebswerkstätten nicht bewilligen sollten.

In Schwabach in Bayern haben, einer Mittheilung des Vorwärts zufolge, die Arbeiter und Arbeiterinnen der Gußstahl⸗ Kugelwerke, etwa 140 an Zahl, die Arbeit eingestellt.

In Bern sind nach demselben Blatt 85 Buchbinder ijweier Geschästsbücher⸗ Fabriken ausständig. Die Arbeiter fordern neun⸗ ffündige Arbeitszeit und Festsetzung von Mindestlöhnen.

Kunst und Wissenschaft.

Im Königlichen Kun stgewer be⸗Museum sind zur Zeit in dem oberen, vom vorderen Treppenaufgang zuganglichen Oberlichtraum von Richard Heyer, Lehrer an der 5 zu Hannover, 64 Aquarelle von älteren Bauwerken aus Hildesheim ausgestellt. Die Aufnahmen geben in flotter, , . er Darstellung, welche der malerischen Erscheinung jener Baulichkeiten gerecht wird, die künstlerisch bemerkengwerthen Holzbauten und namentlich eine Reihe der reijpollen und pittoresken Straßenansichten der alterthümlichen Stadt wieder. Hieran schließen sich Darstellungen der hervor. ragenderen Einzelheiten, welche die Aufnahmen vervollständigen und auch für Detailstudien nutzbar machen. Gin größerer Theil dieser Aufnahmen ist bereits für eine Veröffentlichung bestimmt.

In der Schlußsitzung der internationalen Lepra Konferen baben die Schriftfübrer derselben die Gesammtergehnisse der Berathung, die den derzeitigen Stand des Wissens von der Ldeyra darstellen wie folgt, zusammengefaßt: Als Krankbeitserreger der Leyra wird nach dem gegenwärtigen Stande der Forschung der Bacillus leprae bon der Konferenz; angesehen, der der wissenschaft⸗ . Welt du die Entdeckung nsen's und die Arbeiten Neisser's seit 25 Jahren bekannt ist. Zwar sind die Bedingungen. unter denen dieser Bacillus gedeiht und weiter enswickelt, noch unbekannt, ebenso die Art und Weise seines Gindringens in den menschlichen Körper; jedoch deuten die Verband. lungen der Konferenz darauf hin, daß eine Einigung sich anbahnt über die Wege, auf denen er im menschlichen Körper sich verbreitet. Einheitlich ift die Auffassung darüber, daß nur der Mensch der Träger dieses pathogenen Bacillus ist. Ueber die Massenhaftigkeit der Aug⸗ scheidung des Bacillus aus dem kranken Organismus, namentlich von der Nasen · und Mundschleimbaut, sind interefsante Beobachtungen mitgetheilt worden, deren Nachprüfung an einem großen Beobachtungs- material dringend wünschenswerth erscheint. Diesen Fragen von ausschließlich medizinisch · wissenschaftlicher Bedeutung steht die That⸗ sache gegenüber, die praktisch einschneidende Bedeutung bat für Alle, denen die Sorge für das Volkswohl anvertraut ist: die Thatsache der Anerkennung der Lepra als einer kontagiõsen Krankheit. Jeder Lepröse bildet eine Gefahr für seine Umgebung. Diese Gefahr wächst, je inniger und länger andauernd die Beziehungen des Kranken zu seiner gesunden Umgebung und je schlechter die sanitären Verhältnisse sind, unter denen sie sich abspielen. Mithin bedeutet ganz besonders unter der ärmsten Bevölkerungsschicht jeder Lepröse eine stete Gefahr der Uebertragung für seine Familie und seine Arbeits- genossenschast. Jedoch kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die Fälle von Uebertragung auf Menschen in besser situierter Lebenslage nicht mehr vereinzelt beobachtet werden. Zu Gunsten der kontagio⸗ nistischen Auffassung der Lepra hat die Anschauung, daß die Leyra durch Vererbung sich verbreite, immer mehr Anhänger verloren. Die Behandlung der Lepra erzielt bisher nur palliative Erfolge. Auch die Serumbehand⸗ lung hat in dieser Beziehung bisher keinen Wandel gebracht. Angesichts der Unbeilbarkeit der Lepra, angesichts der Entstellung, die sie bervor⸗ ruft, und. der schweren persoͤnlichen und öffentlichen Schäden, die ste mit sich bringt, hält die Lepra⸗Konferenz in logischer Schlußfolgerung ihrer kontagionistischen Auffassung der Lepra die Isolierung für das einzige radikale und am raschesten wirkende Mittel zur Unterdrückung der Leprg, insbesondere wo sie in herdenweiser oder epidemischer Verbreitung sich findet. Die Bestätigung dieser Ansicht sieht sie in den Erfolgen, die die Bekämpfung der Lepra in Norwegen errungen hat, dort, wo die Isolierung der Kranken zielbewußt durchgeführt, d. h. gesetzlich eine Handhabe geschaffen worden ist, die Isolierung bei denjenigen Kranken auch gegen ihren Willen durchzusetzen, die durch die elenden Verhältnisse, unter denen sie ihr Dasein führen, eine ganz besonders große Gefahr für ihre Umgebung bedeuten. Die Konferenz brachte ihre Anschaunngen über das, was zum Besten der Allgemeinheit in der Leprabekämpfung zu geschehen hat, zum Ausdruck durch die einstimmige Annahme des von Dr. Armauer Hansen (Bergen) eingebrachten Antrages: „1 In allen Ländern, in denen die Lepra herdweise oder in größerer Verbreitung auftritt, ist die Isolation das beste Mittel, um die Verbreitung der Seuche zu verhindern. 2) Das Sypftem der obligatorischen Anmeldung, der Ueberwachung und der Isolation, wie es in Norwegen durchgeführt ist, ist allen Nationen mit autonomen Gemeinden und hinlänglicher Zahl der Aerzte zu empfeblen. 3) Es muß den gesetzlichen Behörden überlassen werden, nach Anhörung der sanitären Autoritäten die näheren Vorschriften, i f! speziellen sozialen Verhältnissen angepaßt werden müssen, fest⸗ zustellen.

Der Mineralog und Geolog Dr. Otto Volger, welcher im Jahre 1859 das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt a. M. zur lege und Förderung von Wissenschaft, Kunst und höherer Bildung ins Leben rief und bis 1881 als dessen Obmann und freier Lehrer seines Fachs fungierte, im Jahre 1862 das bis dahin völlig vernach. sässigte Vaterhaus Goethe's kaufte, um es der Jugendzeit Goethe's entsprechend wiederherzustellen und dem Deutschen Hochstift zur Er⸗ haltung zu übergeben, ist nach einer Meldung des . W. T. B.“ in Sulzbach bei Soden gestorben.

Theater und Musik.

Lessing⸗Theater.

Seit Sonnabend wird im Lessing Theater der dreiaktige Schwank „Hans Huckebein' von Oskar Blumenthal und Gu stav Kadelburg gegeben, der gestern wie bei seiner ersten Aufführung bon dem vollbesetzten Hause sehr beifällig aufgenommen wurde. Das neue Stück wunterscheidet sich in seiner Anlage und Durchführung nur wenig von den Komödien, welche dieses Dichterpaar bereits früher geschaffen hat. Es will den Zuschauern und Hörern auch nur einen fröhlichen Abend be⸗ reiten, und die Erfindung einiger lustigen ,. Personen reicht völlig als Grundlage fuͤr den Aufbau der erheiternden komischen Scenen aus, welche die Verfasser aus den menschlichen Schwächen dieser Personen geschickt ableiten. Diesmal bildet die Säule des Schwankaufbaues ein reicher junger Ehemann, Martin Hallerstädt, hinter dem sich der Titelheld. Hans Huckebein, der Unglücksrabe, verbirgt. Dieser Unglücksrabe ist freilich nach sonstigen menschlichen Begriffen ein Glückskind; er ist jung und reich, besitzt eine bübsche, elegante Frau und sogar einen , hilfreichen Schwiegervater, der im Bewußtfein seiner eigenen Schwächen dem Schwiegersohn mit Ausflüchten und Entschuldigungen wie ein guter Kamerad beisteht; aber jedesmal, wenn dieser junge Martin einen Schritt vom Wege thut, deren sein freilich unvermählter Freund Boris Mensky so viele macht, wird er erwischt, einmal sogar mit Hilfe der modernsten Erfindung, des Kine⸗ matographen, der lebenden Photographie. Durch den Kinematographen wird nicht nur der Held Hans Huckebein, sondern auch sein Freund und sein Schwiegervater geschreckt und moralisch vernichtet. Alle drei erscheinen nach einander gesenkten Hauptes wie ertappte Schulknaben vor den Frauen, und so werden viele witzigen Pointen dreimal variiert und in der Wirkung verstärkt vorgeführt; alle drei laufen nach einander vor einem thatendurstigen Athleten davon, und alle drei führen der Schwiegermutter gegenüber denselben garnicht existierenden Kommerzien⸗Rath aus Kotthus ins Feld, um mit ihrer Ausrede eine schmähliche Niederlage zu erleiden. Diese scenischen Scherze und viele Wortwitze erhielten das Publikum in heiterster Laune. Die Darstellung ließ nichts zu wünschen übrig. Für die liebenswürdige und reiche ei des Hans Huckebein ist Fräulein Groß die rechte Dar- sellerin; sie blieb auch in ihrer Empörung über des Gatten Missethaten und in dem Heiterkeitsausbruch über seine Miß erfolge immer anmuthig. Herr Schönfeld gerieth über sein stets wachsendes Unglück in drollige Verzweiflung, und Herr Guthery rief große Heiterkeit als rachedurstiger Athlet hervor. Das Schwieger elternpaar wurde durch Frau Carlsen und Herrn Waldow sehr launig dargestellt; Herr Klein spielte einen beschränkten Russen, den Freund Boris Mensky, mit wirkungs vollem Humor, und Fräulein Jäger gah eine junge Naive, welche sich das Herz des reichen Russen erobert, mit Frische und Munterkeit.

Konzerte.

Am Montag fand im Königlichen Opernhause der zweite Symphonie ⸗Abend der Königlichen Kapelle unter Kapell. meister Felix Wein gartner's Leitung statt. Derselbe wurde mit Gluck's Ouvertüre zu der Oper Alceste“ eröffnet, deren ernste Klänge in vollendeter Schönheit zu Geß r kamen. Es folgte als 6 stück des Programms Liszt's umfangreiches, tonmalerischeg Werk Eine Faustsymphonie in drei Cbarakterbildern (nach Goethe). Man muß das Werk öfter gebört haben, um sich in seine vielen geistreichen Einzelheiten ju vertiefen. Die musikalische Charakterlsierung der drei Hauptfiguren der Goethe⸗